1899 / 47 p. 10 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Feb 1899 18:00:01 GMT) scan diff

durchaus gerechtf Die Verminderung des Baumbestandes L eribwrnbia, wril eine Anzabl von Bäumen abgeftorben sel oder dem Absterben nahe sei. Die Thiergartenverwaltung habe durchaus das Richtige getroffen. ; ;

A nôrcke (fr. Volksp., auf der Journaliftentribüne hwer verständlih) weift darauf hin, daß die Stadt Berlin bereits für den Thiergarten Mittel in thren Etat eingeftellt habe, andererseits komme das Gros der Bürgerschaft selten in den Thiergarten. Berlin thue per Verschönerung der Stadt außerordentlih viel. Man habe aber

dem Antrag die Em findung, ß man Berlin bei jeder Gelegen- heit, z. B. auh beim Lehrerbesoldungsgeseß, alles Mögliche aufhalsen wolle. Er bitte, den Antrag für jeßt abzulehnen.

Unter-Staatssekretär Meinecke: Eine Verpflihtung zu einem Zuschuß besteht für Berlin niht, wohl aber hat die Stadt 30 000 A ur M anernnu des Thiergartens ausgeworfen. Diese 30 000 M find nah Vereinbarung mit der Stadt verwendet worden. Allerdings am es dabei zu Meinungsverschiedenheiten, Der Thiergarten wird niht etwa bloß von der Bevölkerung des Westens, sondern au von den niederen Klassen der Berliner Bevölkerung aus anderen Stadts- theilen besucht. Es soll jeßt aus dem Thiergarten ein wirklicher Park gemacht werden, und mit den Jahren werden die Kosten steigen, während die Einnahmen aus dem Thiergarten zurückgehen werden. So gut nun die Stadt für die anderen Stadttheile Parks geschaffen hat, B würde sie sih auch für den Westen dazu entschließen müssen. Sie hat also die moralische Verpflichtung, zu den Unterhaltungskosten des Thiergartens beizutragen.

Abg. Im Walle (Zentr.): Wir haben in der Kommission gegen diesen Antrag gestimmt, niht aus prinzipiellen, sondern aus praktischen Gründen. Sollen bloß Verhandlungen mit Berlin gepflogen werden, so wird die Regierung das ohne unsere Anregung thun. Der Antrag enthält aber zugleih die Auffassung, daß die Stadt Berlin zur Bei- tragéleistung verpflichtet sei; eine solhe Verpflihtung besteht aber nicht, da der Thiergarten fiskalishes Eigenthum is. Wenn Berlin zu den Unterhaltungökosten beitragen soll, dann muß ihm auch ein Antheil an der Verwaltung eingeräumt werden. Der Thiergarten dient aber nicht bloß Berlinern, sondern auch Fremden.

Abg. Schulz (fr. Volksp.): Wir möchten auch den Botanischen Garten und die Hasenhaide als Park erhalten; darin kommt man uns aber niht entgegen. Merkwürdigerweise verlangt man gerade jeßt einen großen Zushuß von der Stadt Berlin, wo’ der Thiergarten mit groben Kosten zu einem Park umgewandelt werden soll. Ueber den

th einer solhen Umwandlung kann man aber vershiedener Meinung sein. Die Stadt Berlin verdient das Mißtrauen nicht, das in diesem Antrage liegt. Der Zuschuß wäre höchstens als Kompensationsobjekt für andere Leistungen des Staats zu betraten.

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Ich möchte dem Herrn Vorredner doch bemerken, daß die von ihm hier vorgetragenen Deduktionen das hohe Haus wahrscheinli niht in die Stimmung bringen werden, den Antrag abzulehnen. (Sehr richtig! rechts.) Das kann ih ihm wenigstens versichern, daß ein doch immerhin nur mäßiger Zuschuß der Stadt Berlin, wenn er als Kompensationsmittel dienen f\oll, um andere Forde- rungen bei der Staatsregierung „durhzudrücken“, von der Staatsregierung nicht würde angenommen werden können. Der- artige Durchdrückungen oder Forderungen von Kompensationen für lediglich lokale Wünsche Berlins würde die Staatsregierung einfach ablehnen. (Bravo! rechts.) Es i} hier niht die Gelegenheit und die Aufgabe, die bedeutenden Vorzüge, welhe Berlin aus Auf- wendungen des Staats im Gegensaß zu sämmtlichen Provinzialstädten der Monarchie genießt, noch besonders zu betonen. (Sehr richtig ! rets.) Aber sih außerdem noch zu beklagen, wie es der Herr Vor- redner thut, dazu liegt kein Grund vor, und das möchte ih wenigstens bei dieser Gelegenheit zurückweisen.

Die Sache liegt doch heute so, daß das, was die Stadt Berlin mit den 30 000 M leistet, wesentlih ißte Aufgabe ist als Inhaberin und zur Unterhaltung der Wege Verpflichteter, die jeßt gebessert werden sollen. Die frühere Leistung ‘für die Vershönerung des Thiergartens is} in- soweit weggefallen. Allerdings ist zuzugeben, daß die Verbesserung der Wege au im Interesse des Thiergartens liegt; aber der eigent- lie Grund dieser Ausgaben liegt in der Stellung von Berlin als Inhaberin der betreffenden Wegeftrecken.

Nun steigen unzweifelhaft bei der theilweisen Verwandlung der jeßigen Thiergartenwaldung kann man fast sagen in einen Park die Unterhaltungskosten für den Staat sehr erheblich, und es könnte daher wohl sein, daß auch im Schoße der \tädtishen Ver- waltung von Berlin ein Billigkeitsgefühl erwüchse, daß sie bei der bedeutenden Verschönerung der Anlage und den fteigenden Unter- haltungskosten des Staats geneigt wäre, au ihrerseits etwas mehr zu leisten. Rechtlih verpflichtet dazu is Berlin niht; davon kann keiné Rede sein.

Wir haben zwar in Betreff der 30 000 4, die niht bloß für die Fremden bestimmt sind, sondern beispielsweise zur Herstellung von Kinderspielpläßen das ist doch wesentlich im Juteresse der Berliner Bürgerschaft (sehr rihtig! rechts) ausgegeben sind, uns immer bestrebt, mit der Stadt Berlin in freundschaftliher Ver- ftändigung über die Verwendung zu berathen, und es if {hon von dem Herrn Unter-Staatssekretär hervorgehoben, daß eine folhe Ver- fländigung fast immer gelungen ist.

Weiter würde aber die Staatsregierung niht gehen können. Wenn auch ein neuer mäßiger Zushuß geleistet würde, so würde doch die Staatsregierung auf das Recht, allein den Thiergarten zu verwalten, niht verzihten, und wenn die Herren aus Berlin auh selbft zugestehen, daß hier ein größeres Interesse vorliegt als ledig- li das Berliner Lokalinterefse, so würde die Staatsregierung, glaube ih, hier im Hause niht auf Zustimmung rechnen können, wenn sie ihre freie Disposition über die Verwaltung des Thiergartens aufgäbe. (Bravo ! rets.)

Abg. von Eynern (nl) bält eine spezielle Aufforderung an den Finanz-Minister für überflüssig. Die Stadt Berlin habe nicht nur von dem Thiergarien einen großen Nuße#, sondern auch von den Königlichen Museen, Theatern 2c., es werde aber wohl kaum jemand verlangen, daß sie auch zu diesen Kosten beitragen solle. Erft daun, wenn Berlin sh überhaupt weigere, etwas für den Thiergarten zu thun, würde man an ‘einen solhen Antrag denken können. Er werde gegen den Antrag stimmen.

Abg. Dr. Langerhans (fr. Volksp., auf der Journalistentribüne \{wer verständlih) weist darauf hin, daß Berlin sch von anderen Städten, wie Paris, in der Förderung öffentliher Zwecke nicht über- treffen lasse. Die Stadt Kölln habe im 16. Jahrhundert einen großen Théil des Thiergartens dem damaligen Kurfürsten und später einen

roßen Theil von Moabit dem Großen Kurfürsten geschenkt. Das

Ge henk sei zwar angenommen worden, aber eine Gegenleiftung aus-

eblieben; es sei sogar ein Antrag abgelehnt worden, daß der Kleine iergarten als Park erhalten bleiben solle.

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ich hake immer anerkannt bei den verschiedensten Gelegenheiten, daß die Kommunalverwaltung von Berlin als solche

eine vorzügliche ift. Aber darum handelt es si hier garniht. Eine andere Frage ift ja auch die darüber kann man verschiedener Meinung sein —, ob die Stadtverwaltung bei manhen Gelegenheiten in genügender Weise sich ihrer Stellung als Königliche Nesidenzstadt bewußt ift. Darauf will ih aber garnicht eingehen. j

Wenn der Herr Borredner {ih bezogen hat auf eine Schenkung, ih weiß nicht an welhen Fürsten, von seiten der Stadt Berlin, und daraus gewissermaßen hergeleitet hat, was die Stadt Berlin für die Krone leistete, so, glaube ih, würde die Stadt ein sehr shlechtes Geschäft machen, wenn eine Aufrechnung der Verwendungen der Krone zu Gunsten der Stadt Berlin mit den Verwendungen der Stadt Berlin stattfinden sollte. (Sehr richtig! rechts.) Darauf brauche ih garniht einzugehen. ;

Einer der Herren Vorredner, auch ein Berliner Stadtverordneter oder Stadtrath, hat sich auch darüber ungehalten geäußert, daß es nicht gelungen fei, wegen des aufzuhebenden Botanischen Gartens mit der Stadt Berlin eine Einigung zu erlangen. Meine Herren, wir werden ja später, da diese Frage geseßlih dahin geregelt ift, daß aus den Einnahmen aus dem Botanischen Garten nah dem von dem hohen Hause genehmigten Geseß eine Tilgungs8quote einzustellen ist für die Anleihen, die wir für die großartigen Bauten der Charitó machen, und für die Herstellung eines neuen großen Botanischen Gartens in der nächsten Nähe von Berlin, auf die Frage noch zurück- kommen. Hier möchte ih bloß bemerken, daß die Staatsregierung, wenn ih nit irre, für 24 Millionen Mark der Stadt Berlin von dem alten Botanischen Garten einen Play überlassen wollte, viermal so groß als der Dönhofsplaß (hört! hört! rechts), und daß sie für dieses nah unserer Auffassung eminent billige Angebot keine Zustim- mung, ih glaube sogar, nicht einmal eine Antwort von der Stadt erhalten hat. (Hört! hört! rechts.) Ih wollte das, damit keine Legende enisteht, einfah hier bemerken. Wir werden aber diese Frage noch weiter zu erörtern bei anderer Gelegenheit Anlaß haben.

Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Nachdem die Stadt bisher allen berechtigten Wünschen entgegengekommen ist, muß sie in einem solchen Antrag, wenn er die Mehrheit des Hauses findet, ein Mißtrauens- votum- erblicken und wird auf eine solche Drohung überhaupt nicht reagieren. Darum is der Antrag unzweckmäßig. Soll Berlin zu den Kosten beitragen, so müfsen ihm auch gleichzeitig erweiterte Vers waltungsrehte an dem Thiergarten zugestanden werden. Jch erlaube mir, ein solches Amendement zu stellen.

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel: /

Wenn dieses Amendement ernst gemeint is, so möchte ih {on jeßt bemerken, daß dann jedenfalls der Antrag überhaupt keine Wirkung haben kann, weil die Staatsregierung für einige Tausend Mark um die es sih hier handeln würde ihr freies alleiniges Verwaltungs- recht in Bezug auf den Thiergarten in keiner Weise preisgeben würde. (Zuruf des Abg. Dr. Barth (Kiel). Heiterkeit.)

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (kons.): Von einer Feind- seligkeit gegen die Stadt Berlin tît hier keine Rede. Die Stadt wird gut verwaltet ; ih verdenke es ihr auch nit, daß sie möglicœft billig fahren will. Wir meinen aber, daß die Stadt ganz enorme Vortheile aus den Einrichtungen des Staates hat und mit ihren Gegenleistungen sehr zurückhaltend ist. Sie erinnern sich, wie früher der Thiergarten war, daß man niht gern hinging. Jeßt ift es ein angenehmer Ort zum Spazierengehen, und deshalb wäre es sehr ge- rechtfertigt, daß Berlin au etwas für den Thiergarten bezahlte, auch {hon deshalb, weil es für die Museen 2c. nihts beiträgt.

Abg. Im Walle hebt hervor, daß zu einem solchen Antrage jeder Rechtsboden fehle. :

Abg. Schulz: Die Erleuhtung des Thiergartens koftet der Stadt ungeheure Summen. Neuerdings if noch die elekltrishe Be- leuhtung der Kurfürsten-Allee hinzugekommen. Wenn der Magistrat bisher l den Vorschlag des Finanz-Ministers bezüglih des Thier- gartens nicht geantwortet hat, so liegt das vielleicht daran, daß die Stadt ohne Ober-Bürgermeister ift.

Abg. von Eynern erklärt sih gegen das Amendement Barth.

Abg. Kreitlin'g (fr. Volksp.): Der Thiergarten ift erst \{öner geworden, nahdem mit Stadtmitteln die Wege angelegt worden sind.

Der Antrag Arendt wird mit den Stimmen der Frei- agen, Nationalliberalen und des Zentrums abgelehnt, ebenso das Amendement Barth gegen die Stimmen der Freisinnigen. Die Einnahmen aus der Verwaltung des Thiergartens bei Berlin werden bewilligt.

Zu den Ausgaben für das Gehalt des Ministers führt

Abg. von Bülow-Bossee (fr. kons.) aus, daß die Régierung die Verpflihtung habe, der Stadt Wandsbek für die ihr entzogene Zoll- freiheit eine Entschädigung zu zahlen. Redner giebt ferner zu er- wägen, ob niht den Mitgliedern der Voreinshäßungskommission Versäumnißgebühren in höherem Umfange gewährt werden könnten. Es kämen hierbei die ländlichen Distrikte in Betracht.

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Es wäre mir lieber gewesen, wenn der Herr Vorredner diese Frage bei Gelegenheit der Berathung des Etats der direkten Steuern zur Sprache gebracht hätte. Aber ih glaube doch, auf diese leyten Bemerkungen aus meiner Erinnerung antworten zu können.

Das Amt eines Kommissionsmitgliedes bei der Steuerveranlagung ift ein Ehrenamt; als solches wird es im Gese bezeichnet, und für die Wahrnehmung von Ehrenämtern werden besondere Vergütungen niht gegeben. Wir haben Ehrenämter in allen Verwaltungszweigen, Es wird ja vielfa über die {were Belastung der Laien wenn ih fo mal sagen darf geklagt, daß diefe Uebertragung von Ehren- ämtern nah und nach zu weit ginge, und daß man das möglichst zu vermeiden habe. Aber ein Ehrenamt kann an und für sich auf eine Vergütung für seine Erfüllung niht einen Anspru erheben. Infolge dessen wurden nun ursprünglich Vergütungen auch in vereinigten Bezirken niht gewährt, und es war mir immer sehr zweifelhaft, ob wir dazu befugt wären, auch nur in diesen Fällen eine solche Vergütung zu geben, wo eine Reise von einem Ort zum andern in einem vereinigten Bezirke stattfinden muß. Das war {hon rechtlih etwas zweifelhaft: wir sind aber \{ließlich darüber hinweggegangen, weil ¿8 doh ein be- sonderes Verhältniß ist, wenn jemand von einem Ort zum andern in einem Bezirk, der für diese Thätigkeit als einheitlicher konftituiert ift, sih begeben muß, aber wir haben uns nit berehtigt gehalten, innerhalb einer bestimmten Ortschaft für die Versehung eines Ehrenamtes noch be- sondere Vergütung für Versäumniß zu gewähren. Ih glaube, darauf wird man auch in Zukunft nicht eingehen. Jn Berlin {find Tausende und Abertausende bei der Steuerveranlagung betbeiligt; denken Sie nur einmal, was das bedeuten würde, wenn wir da anfingen, als Pauschale mehr oder weniger willkürlih festgeseßte Versäumnißbeträge zu geben. Mit dem einzelnen Betheiligten können wir doch nit ein förmlihes*Verfahren über die Höhe seines Versäumnifses anstellen ; das würde ja zu ganz unmögli{hen Resultaten führen. Ich glaube

daber, daß es für mich nicht nothwendig sein wird, deswegen eine

Reise zu machen, um mih anderswo zu überzeugen, wie es in

dieser Beziehung gehalten wird. Wenn ih das-für nöthig hielte, fo könnte ih mih in Berlin selbst genug von der Lage der Sale über- zeugen. L

Was die andere Frage; nämli den Gntshädigungsanspruchß von Wandsbek betrifft, so kann ich mi darüber jeßt niht erklären ; ih bin aber bereit, dem Wuns des Herrn Vorredners zu folgen und mich noch näher über die Sache zu orientieren, Es kann sein, daß die Akten niht einmal im Finanz-Ministerium sind, sondern fich im Ministerium der öffentlihen Arbeiten befinden. Jh werde aber aus

den Erörterungen des Herrn Abg. von Bülow gern Anlaß nehmen, |

mich persönlich über die Saché genau zu orientieren. Jch kann

mich auch nit erinnern, daß irgend welche Eingaben oder Anforde-

rungen von Wandsbek in dieser Beziehung an uns gelangt wären. Jch habe vielleiht noch iw Laufe der Etatsberathung Gelegenheit, au mündlih auf diesen Fall zurückzukommen.

Abg. von Bülow-Bosseir weist darauf hin, daß für die Städte Versäumnißgebühren nitz nöthig seien.

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Jh möchte dem Herrn Vorredner nur erwidern, wir haben diese Vergütung in dem Fall, wo ein Mitglied einer Kommission von einem Ort zum andern gehen muß, zwxir Versäumniß- gebühr genannt, es war aber eigentlich nur die Gewährung einer ge- wissen Vergünstigung füc Mehrkoften an solche Personen, die vielleiht auswärts essen müssen oder Fuhrwerke brauchen u. f. w. Ich habe {on hervorgehoben, daß rechtlih nah dem Gesetz die Frage mir zweifelhaft war. Eine eigentlihe Versäumnißgebühr für die Versehung eines Ehrenamts ift in keinem anderen und auch in diesem Fall zulässig. Dadurch hört der Charakter des Ghrenamts auf; es werden gewissermaßen Diäten gegeben. Ehrenamt heißt, im öffentlihen Interesse Dienste leisten, ohne dafür eine Vergütung zu erhalten, in Ausübung einer allgemeinen Staatsbürgerpfliht. So ift

es au hier. Jnnerhalb einer Ortschaft willkürlich festgeseßte Ver-

\äumuißgebühbren zu gewähren, würde ih mich rechtlich garniht ver- pflihtet halten. Das würde thatsächlich auch zum allergrößten Unrecht führen. Die Gebühr, die der eine mit Reht als Versäumniß berehnen kann, reiht bei dem anderen vielleiht auch niht zum hun- dertsten Theil aus. Wie ift ein solhes System durchzuführen? Ich glaube daher, daß au. nicht zweckmäßig den Wünschen des Herrn Vorredners bei einer möglichen Aenderung des Geseßes entsprochen werden kann. Das Gehnult des Ministers wird bewilligt.

__ Bei den Ausgaben für einen Dispositionsfonds zur Förderung des Deutshthums in Posen, West- preußen, Oppeln und Nordschleswig berührt

Abg. Jebsen (nl) die Ausweisungen in Nordschleswig und wendet sih gegen die Aeußerungen des Abg. Johannsen im Reichs- tage. Der Fonds sei erfreuliherweise erhöht worden, aber nur um 20 000 4. Das genüge nicht. Man sollte an den gewerblichen und fllen Tala en Schulen Nordschleswigs möglichst viele Frei-

ellen en.

Abg. Dr. Mizerski (Pole): Dieser Fonds verleßt die Parität und widerspriht dem Geiste der Verfaffung. Der Staat darf in den Streit der Nationalitäten ebenso wenig hineinmischen, wte in den Kampf dêr Konfessionen. Dazu if dieser Kampf ein für die Polen ungünstiger, und so hat die polnishe Bevölkerung gegen die Ver- wendung dieses Fonds dasselbe Mißtrauen wie gegen den früheren Welfenfonds.

Abg. Dr. Barth: Es ist eine verkehrte Welt, daß von bier aus zu Mehrausgaben angereizt wird, wie es von Herrn Jebsen ges{chen ist. Besonders bedenklich is die Vermehrung von Dispositionsfonds. In diesem Falle ist die Nothwendigkeit einer solchen Vermehrung niht nachgewiesen worden. ‘Mit 20 000 A kann man das Deutsch- thum nicht befestigen. Der Ober-Präsident von Schleswig erfreut sich ja einer solhen Sympathie, daß er auch ohne die 20 000 Æ das Deutschthum befestigen kann. E Wähler freilih hat er nicht auf seine Seite gezogen. Diese materielle Beihilfe hat überhaupt. nihts Schônes an sih. Nationale Eroberungen macht man doh mit idealen Mitteln. Will man aber dafür Geld ausgeben, so follte man nicht Page veranstalten, sondern diese 20 000 4 dur freiwillige Beiträge aufbringen. Das wäre für die Bewohner Nordschleswigs die reine Bagatelle. Ich hâtte nihts dagegen, u für die Gründung von Volksbibliotheken und Schaffung von Schulfreistellen besondere Mittel in den Etat eingestellt werden. Für die Erhöhung dieses Fonds kann ich nicht stimmen.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Der Staat hat niht ur das Recht, sondern auch die Pflicht zum Schutze des Deutschthums. Hter handelt es sich niht um einen Geheimfonds wie beim Welfenfonds, sondern um einen Dispositionsfonds, über dessen Verwendung wir jederzeit Rechenschaft fordern können. Solche Mo Lao sind nun einmal nihcht aus der Welt zu schaffen. Erscheinen Herrn Barth 20 000 Æ zu wenig, so wollen wir fie eben erhöhen. Der Verein zum Schuße des Deutshthums hat son viel gethan. Hoffentlich tritt Herc Barth dem Verein bei und unterstüßt thn dur einen recht

namhaften DERE Abg. von Glebocki (Pole) glaubt, daß der Dispofitionsfonds thatsächlih ein geheimer sei, denn es werde für die Verwendung des onds keine Rechenschaft gegeben. Der Vize-Präsident des Staats- inisteriums habe den Ministerialerlaß als einen Friedenserlaß be- zeichnet, während doch die Beamten durh diesen Fonds angereizt würden, das Polenthum zu unterdrücken. Die milden Worte des. Ministers täuschten die Polen nicht.

Abg. Dr. Sattler verweist den Abg. Glembocki auf die Rech- nungskommission, in der er Auskunft über die Verwendung des Fonds erhalten könne. |

Abg. Dr. Barth: Ein klares Bild über die Verwendung des

onds haben wir bisher jedenfalls niht erhalten. Wenn ich auf die rivatthätigkeit hingewiesen habe, so versteht es sih von selbft, daß ch mich davon nicht autshließen will.

Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) betont auch seinerseits, daß in der Budgetkommission die Verwendung dieses Fonds niemals auf- geklärt worden sei.

Abg. Neubauer (Pole) maht darauf aufmerksam, daß ein Mitrag f Span auf Klarstellung der Verwendung abgelehnt worden sei.

Die Ausgabe für den Dispositionsfonds wird angenommen.

Zu erbo drrr fehl Mem wald Mb für Unter- beamte und einzelne Kategorien von mittleren Beamten sind 9832000 A in den Etat eingestellt.

gur Diskussion werden damit zugleich gestellt: der Bericht der Budgetkommission über - die A YEL betreffend- die Diensteinkommensverbesserungen, und ein Antrag des Abg- Gothein, das Gehalt der unteren Werksbeamten 1, Klasse der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung auf 1200 bis 1600 6 in vier Stufen, von 4 zu 4 Jahren steigend, festzuseßen.

2: Cahensly (Zentr.) tritt für cine Gehalt8aufbefserung der Bahntelegraphiften und der Bahnsfteigschaffner ein,

(Schluß in der Vierten Beilage.) |

Reichs - Telegraphenverwaltung.

zum Deutschen Reihs-A

N 47.

(S{luß aus der Dritten Beilage.)

Abg. Freiberr von Zedliy und Neukirch t Ma Auch wir. hätten noch weitere Gehaltsverbesserungen gewünscht, stellen aber keine Anträge, da wir glauben, daß den dringendsten Wünschen Ge- nüge geen ift. Kritisieren is leichter, als besser mahen. Die Unterbeamten können mit diesem Abshluß der Gehaltsreform wohl zufrieden sein. : Abg. Dr. Wiemer (fr. Volkép ): Wir glauben nicht, daß mit dieser iel allen Wünschen der Beamten Recnung getragen - ift. Deshalb is uns der Plan der Regierung nihts Unabänderliches. Wir wollen die Wünsche der Beamten auf ihre Berechtigung prüfen und entsprehende Anträge stellen. Stekllenzulazen sind im Interesse der Ausgleihung nothwendig; aber sie soliten als Theuerungészulagen

verwendet werden.

Abg. NRickert: Wir müssen uns hier auf ein Kompromiß beschränken und weitergehende Wünsche mögli zurückstellen. Geschieht das nit, so müssen auh wir mit Anträgen hervortreten. Einen absoluten Abschluß ver Gehälterreform sehe ih in dieser Vor- lage nit, ich würde aber eine Ablehnung einzelner Anträge für einen Shaden für die betreffenden Beamten halten.

Abg. Möller (nl.): Wenn au diese Reform im wesentlihen abgeschlossen ist, so bleibt doch noch eine Reihe von Wünschen übrig, z. B. die Wünsche der Eisenbahn-Telegraphisten, die fh zurüdgeseßt fühlen, weil sie schlehter behandelt werden als die Telegraphisten der Anträge will ih niht stellen, möchte aber betonen, daß die Mittel zur Befriedigung dieser Wünsche vorhanden sind. Die Stelienzulagen sollten den Charakter von Orts- oder Theuerungszulagen tragen. hâtte

ewünsht, daß [statt der gleichmäßigen Teraufemag, der Ge-

hälter diese Theuerungszulagen erhöht worden wären. Die Theuerungs- zulagen könnten nah Analogie des ortsüblichen Tagelohns bemessen werden. In den westlihen Industriebezirken ersheinen die Gehälter der Unterbeamten zu niedrig, in anderen Gegenden wiederum zu hoh. Es müßte hier noch mit einigen Millionen nachgeholfen werden.

Abg. Dr. Opfer gelt (Zentr.) hält feste Grundsäße für noth- wendig, nah denen die Stellenzulagen gegeben werden. Die politische oder fonstige Gesinnung der Beamten dürfe für die Zulagen nicht maßgebend jein.

Vize:Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ih möchte mit zwei Worten auf die Bemerkung des Herrn Vorredners erwidern; aber zuvörderft allgemein voraus- \{icken, daß die Herren doch niht, namenilich nit diejenigen Herren, die glauben, man hätte einen zu geringen Betrag für Stellenzulagen eingeseßt niht übersehen möchten, daß gegenwärtig son in unserem Etat der gleihe Betrag an Stellenzulagen verausgabt wird, sodaß wir in Zukunft einen Gesammtbetrag von 5 Millionen für Stellen- zulagen haben wetden und zwar für Unterbeamte. Das ist do hon ein recht erhebliher Betrag.

Fnfolge einer mißverstandenen Zeitungsnotiz wurde ih bei der Vorberathung dieser Gehaltsaufbesserungsfrage in verschiedenen Zei- tungen heftig angegriffen, daß ih beabsichtige, die Beamten völlig abhängig zu machen von dem Belieben der vorgeseßten Behörden, in- dem ih die Gehaltsaufbesserung wesentlich auf Stellenzulagen redu- zieren wollte. Die Vorlage hat bewiesen, wie unbegründet der Vor- wurf war.

Jch finde es ganz natürli, daß die Herren aus den theuren Gegenden des Landes den Wunsh hegen, es möchte in dieser Beziehung noch mehr geshehen können; wir glauben aller- dings, die Ungleichheiten, die \sich aus den Lebenéverhältnissen in den einzelnen Provinzen ergeben, im großen Ganzen mit diesem Betrag ausgleihen zu können, Diese Stellenzulagen, wie der Herr Abg. Dr. Opfergelt ganz richtig gesagt hat, sind eigentlich integrierende Theile dieser ganzen Aufbefserungsvorlage. Sie sollen die Verschieden-

_ heiten, die \sih troß der Erhöhung der Beamtengehälter ergeben, und

die zu Härten in einzelnen Provinzen und zu Schwierigkeiten für die Beamten führen können, ausgleihen, natürlih mit Rücksicht auf die Gesammteinnahmen, die die Beamten infolge dieser Vorlage erhalten; sie stehen also in einem organishen Zusammenhang mit der ganzen Vorlage, indem sie mit der Erhöhung der festen Gehälter ein Ganzes bilden.

Wenn nun der Herr Vorredner gefragt hat, ob bei solhen Ver- wendungen, die allerdings mehr oder weniger in das diskretionäre Ermessen der Verwaltung gestellt sind, irgend welche politischen Rücksichten in Frage kommen können, so kann ih das nur in der allerentshiedensten Weise verneinen. Aus politishen Rücksichten können größere, geringere oder gar keine Stellenzulagen in keiner Weise bemessen werden.

Ebensowenig kann die besondere Tüchtigkeit eines einzelnen Beamten bei den Stellenzulagen in Frage kommen; sfolhe besondere Tüchtigkeit und besondere Leistungen find im Ganzen zu ver- güten durch Remuneration, aber nicht durch Stellenzulagen. Die Remunerationen sind namentlich bei einem Aufrücken der Beamten nach Altersstufen nicht zu entbehren. Man würde sons vielfah den Anreiz zu tüchtigen und eifrigen Dienst- [eistungen entbehren; aber mit den Stellenzulagen hat das nichts zu thun. Die Stellenzulagen sollen gegeben werden aus- zwei besonderen Gründen, die nebeneinander oder einzeln bestehen können. Einmal follen die Rücksichten auf die theuren Lebensverbältnisse in einzelnen Landestheilen oder Orten ents{heidend sein, und zweitens foll allerdings die besondere Schwierigkeit oder Gefährlihkeit der Er- füllung der Aufgabe der Stellen oder derartige Rülk- fihten auch in Betracht kommen. Das hat biôher auch chon stattgefunden; in dieser Beziehung ist nihts Neues eingeführt, und es sind, darüber keine Beshwerden entstanden, Jh glaube auch niht, daß irgend Jemand nahweisen kann, daß aus sonstigen Nück- sichten, besonderer Beliebtheit des Beamten, politischer Gesinnung u. st. w., bisher jemals die Stellenzulazen ertheilt sind.

Meiñe Herren, die Stellenzulagen sind in einem Lande, wie Preußen, nicht zu entbehren, weil vom äußersten Osten bis zum äußersten Westen die Verhältnisse in Bezug auf die Lebenshaltung der Beamten so verschieden sind, daß man durch eine gleihe Regel die Beamtengehaltssäße in ihren Verschiedenheiten nicht ausgleichen kann. Einen anderen Modus aber, der auf bestimmten festen Grund- säßen beruht und das verständige unparteiishe Ermesseri der vor-

Vierte Beilage

nzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 23. Februar

1899.

geseßten Behörden ausschlö}e, baben wir troy aller Bemühungen in dieser Beziehung nicht finden können, und ih bin überzeugt: wenn wir den Versuch gemacht hätten, wären wir auf dieselben großen Vér- \hiedenheiten und Ungleihheiten gekommen, wie sie heute s{hon, ohne daß man in dieser Beziehung Wandel schafen kann, bei den Woh- nungsgeldzushüssen bestehen.

So viel über die Stellenzulagen. - Meine Herren, ih habe meine Stellung in Bezug auf die Frage, ob wir es hier mit dem definitiven Abschluß der allgemeinen Gehaltsaufbesserungen zu thun haben oder nicht, früher {hon genügend dargelegt. Die Staatsregierung betrachtet die im Jahre 1890 begonnene Erhöhung der Beamtengehalte mit dieser Vorlage abges{chlofsen. Aber natürli kann niemand veränderten Verhältnissen in der Zukunft gewissermaßen die Thür verschließen wollen, noch weniger kann die Staatsregierung Anträgen aus dem Hause die rechtlihe Zulässigkeit bestreiten. Das Haus braucht si in

gar nicht mögli@. Wohl aber allerdings hat die Staatêregierung den dringenden Wunsch, daß Sie nun anerkennen, daß das, was man dem preußishen Volk denn darum handelt es sich an Leistungen für die Beamten des Staates, an Opfern, auferlegt hat, auh in abseh- barer Zeit im Großen und Ganzen hiermit erledigt ist.

Wollen wir fortfahren, die Petitionen der Beamten aus einer Zeit, wo wirklih, wie wir ießt ja anerkennen dur diese Vorlage, vielfa die Gehalts\äße nicht genügend bemessen waren, noch weiter in Zukunft in gleicher Weise zu behandeln, so würde die Staatsregierung hierauf nicht eingehen, und der einzige Erfolg wäre: gesteigerte Unzufriedenheit der betreffenden Beamtenklassen selbst. (Sehr richtig!) Ich meine, die Volksvertretung hat in dieser Beziehung genau das gleiche Interesse wie die Staatsregierung.

Ih möchte daher bitten, daß die Einzelwünsche niht bloß gegen- über dieser Vorlage, sondern, wenn das Petitionieren und Drängen und Treiben und Agitieren in der Presse noch fortgeht, daß die Volks- vertretung in dieser Beziehung in der Zukunft dieselbe Reserve sih auflegt, die im Interesse der Sache die Staatsregierung sih auf- legen muß.

Meine Herren, der Herr Abg. Möller hat gemeint, die Aus- ‘gleihung mit diesen 24 Millionen an Stellenzulagen genüge nicht. Das kann ih von seinem Standpunkt als eines Mannes des Westens ja verstehen. Aber gewisse Dinge fönnen überbaupt niht ganz ausgeglihen werden; und ich meine, der Herr Abg. Möller selbst hat bei der Wahlagitation mit großem Recht gesagt: die hohen Löhne, die im Westen gezahlt werden, können für diejenigen Arbeiter, die nun etatsmäßig angestellt werden wollen, naturgemäß nah der ganzen Organisation des Staates nit voll ausgeglichen werden; und es ist daher garniht ein so großes Interesse, überall neue etatsmäßige Stellen zu kreiren; es ist für sie vielleicht besser, wenn die Arbeiter die höheren Löhne, welhe ih rihten nah den Lebensverhältnissen in Rheinland und Westfalen, dort genießen. Ich habe gehört, daß diese Rede von den dortigen Arbeitern gut aufgenommen ift, aber troßdem, wenn das der Fall wäre, erleben wir doch nicht, daß bei unseren Gehaltsfäßen und sonstigen Vortheilen der Beamtenstellung eine Abneigung vor- handen wäre, Beamter zu werden; im Gegentheil, meine Herren, ein wachsendes Gedränge (sehr rihtig!), an die Staatskrippe zu kommen, ift überall vorhanden. Das liegt in der außerordentlichen Sicherheit der Beamtenstellen, in den Vortheilen für Wittwen und Waisen u. #. w.; ich will das niht weiter aufzählen. Mangel an Arbeitskräften haben wir bei unseren Beamtengehalten felbst niht vor dieser Gehaltéaufbesserung gefühlt. Das ist ein Beweis, daß au schon vorher ein \o großer Abstand zwischen dem Verdienst im freien Verkehr und den Vortheilen der Beamtenstellung niht vorhanden war. Wir haben in Preußen und in Deutschland gar keinen Grund, dieses Drängen in die Beamtenstellungen noch weiter zu vermehren und dadurch die guten Kräfte abzuhalten von der Arbeit im freien Verkehr, welche auf dem Vertrauen auf die eigene Leistungsfähigkeit beruht. Ih fürchte allerdings, daß diese Beamtenaufbesserungen {hon jegt diese Wirkung haben werden; aber die Neigung fortwährend zu steigern dadurch, daß man jedem Wunsch irgend einer Beamten- klasse, der, ganz aus dem Zusammenhang gerissen, garniht zu erfüllen ist, ohne andere Klassen wieder zurückzuseßen, wohlwollend entgegen- kommt, dazu liegt kein Anlaß vor.

Meine Herren, ih lege ja dem hohen Hause keine Schranken auf ; selbstverständlich is es verfassungsmäßig berechtigt, zu thun, was ihm gut scheint... Ih möchte nur dringend wünschen, daß wir uns in diesen eben bezeihneten Gesichtspunkten für die Zukunft ver- ständigen und einig zusammengehen; das wird das beste Mittel sein, um wirklich Ruhe, Zufriedenheit und verständige Selbstbeshränkung in unsere Beamtenschaft zu bringen. (Bravo!)

Abg. Freiherr von Erffa (kons.): Für so wünschenswerth wir auch die Erhöhung der Gehälter der Gendarmen halten, io werden wir doch einen darauf abzielenden Antrag im Interesse des Zustande- kommens der Vorlage nit einbringen. Dagegen halten wir fest an der von der Kommission beshlofsenen Erhöhung der Gehälter der Gendarmerie-Wachtmeister. j

Abg. Schmid t-Warburg (Zentr.) will auf weitergehende Anträge nicht verzichten. ; :

Um 41/4 Uhr wird die weitere Berathung auf Donnerstag 12 Uhr vertagt. (Vorher Vereidigung von Mitgliedern des

Hauses.)

XXVIL. Plenarversammlung des Deutschen Landwirthschaftsraths.

II.

Beim Beginn der gestrigen dritten Sihung, welcher wiederum zahlreihe Vertreter der Regierungen des NReihs und der Bundes- \taaten beiwohnten, theilte der erste stellvertretende Vorstßende Reichs- rath Freiherr von Soden-Fraunhofen mit, daß das Kaiserliche Ge- fundheitsamt dem Deutshen Landwirthschaftsrath eine Denkschrift

über das Färben der Wurst sowie des Hack- und Schah: fleisches in

50 Exemplaren zur Verfügung gestellt habe, welhe zur Vertheilung gelangen sollten.

dieser Beziehung nit formell zu verpflichten; das ist ja auh |

Hierauf berichteten die Herren Wirklicher Geheimer Admiralitäts-

Rath, Professor Dr. Neumayer - Hamburg .und General - Sekretär Dr. Dade- Berlin über folgenden gemeinsamen Antrag, betreffend die Ginführung eines wettertelegraphishen Dienstes für die deutsche Landwirthschaft: „Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschließt: bei dem Herrn Reichskanzler zu beantragen, daß zum Zwecke der Einführung eines wettertelegraphishen Dienstes für die deutsche Landwirthschaft thun- lihst bald eine Konferenz aus den Direktoren der meteorologischen Zentralstellen im Deutschen Reih, aus Kommissaren der Reichs- regierung und der größeren Staatsregierungen und aus Vertretern der Landwirthschaft einberufen werde; dem Herrn Reichskanzler als den S Konferenz Hamburg, den Siß der deutschen Seewarte, zu empfehlen.“

Dieser Antrag gelangte einstimmig zur Annahme.

Der nächste Gegenstand, „Entwurf eines Schlachtvieh- und Fleisch- schaugeseßes“, wurde auf die heutige Tagesordnung verschoben und sofort in die Berathung des Entwurfs eines Reichsgeseßes über die privaten Versiherungsunternehmungen eingetreten. Ueber denselben referierte Geheimer D -konomie - Rath, rofessor von Langsdorff-Dresden. Nach längerer Diskussion, in welcher u, A. der Vertreter des Reihsamts des Innern, Geheime I eG Eig Rath Grunert wiederholt das Wort nahm und eine Reihe von Ab- änderungs- und Zusayzanträgen gestellt wurden, gelangte der Antrag des Referenten in folgender Fassung zur Annahme:

„T. Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt im allgemeinen sein Einverständniß mit den Grundzügen des bekannt gegebenen Ent- wurfs eines Reichsgeszes über die privaten Versiherungsunter- nehmungen. ;

[T. Der Deutsche Landwirthschaftsrath billigt die von dem Ent- wurfe in Ausficht genommene Einrichtung einer Reichsbehörde für die Ertheilung der G:schäftserlaubniß und für die Beaufsichtigung der Neichs- Versicherungsanfstalten. : :

111. Der Deutiche Landwirthschaftsrath beschließt, an die Reichs- regierung das Ansuchen zu stellen, die Abänderung des §7 in folgender Weise in Erwägung ziehen zu wollen:

& 7. Die Erlaubniß ¿um Geschäftsbetrieb darf nur versagt werden, wenn in die Versiwerungsbedingungen unzulässige Verwir- fungéflaufeln aufgenommen find, und wenn die dauernde Erfüllbarkeit der aus den Versicherungen sih ergebenden Vertflichtungen niht ge- nügend gewährleistet ersheint oder vom Standpunft des Gemeinwohls Bedenken gegen den Zweck oder die Einrichtung des Unternehmens Behr di der persönlichen Zuverlässigkeit des Unternehmers zu er-

eben sind.

1V. Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschließt, folgende

Punkte I], 4 bis 21 des Antrages dem Vorstande zu geeigneter Ber- werthung zu überlassen :

4) Als § 7 a einzuschalten : Í :

a eler e E E aller Art dürfen si mit der Versicherung jener Gebäude und Gebäudebestandtheile nit be- fassen, deren Versiherung gegen Feuershaden durh die Landesgeseß- gebung aus\cließlich einer öffentlihen Anstalt vorbehalten ift. L

Ebenso if solhen Unternehmungen untersagt, Gegenstände, die bereits bei einer öffentlichen oder Privatfeuerversiherungs- Anstalt ver- fichert sind, gegen Feuerschaden zu versichern. /

Thiere, die auf Grund reihs-, landes- oder ort8geseßlier Be- stimmungen versithert sind, dürfen private Vieh-Versiherungs-Gefell- schaften nur insoweit zur Versiherung annehmen, als diese sih auf Verluste erstreckt, deren Ersaß dur die erwähnten geseßlihen Be- stimmungen nit vorgesehen ift. L

5) Zu § 9. Versicherungs - Gesellshaften auf Gegenseitigkeit dürfen einzelnen Versicherten oder Gruppen von folhen besondere Vergünstigurgen niht einräumen, ausgenommen den Wegfall oder die Verminderung von Agenturgebühren. Die Höhe gewährter Rabatte darf die Höhe der von den Agenturgebühren gemachten Ersparnisse nit überschreiten. j ¿ j

6) Zu Î 10. Die maßgebenden allgemeinen Versicherungébedin- gungen müssen in dem dem Versicherungsnehmer zu bebhändigenden Exemplar in deutlihem Druck wiedergegeben sein.

7) Zu § 11. Der Geschäftsplan einer Lebensversicherunganftalt muß die von ihr angenommenen Tarife sowie die Grundsätze für die Berechnung der Prämien und Prämienreserven und für die Vertheilung des etwaigen Jahresgewinns enthalten. 7

8) Zu 88 22 Abs. 2. Insoweit der Gründungefonds nit voll eingezahlt, sondern durch Wechsel gedeckt wird, ist die Sicherheit der hinterlegten Wechsel nachzuweisen. L

9) Zu § 22 Abs. 5. Eine Tilgung des Gründungsfonds darf nur aus den Jahreseinnahmen und nur insoweit erfolgen, als die der Tilgung entsprehenden Summen der nach § 36 zu bildenden Rüdcklage hinzugeschrieben sind. +0

10) Zu § 42 Absay 4. Die zwischen den Mitgliedern und dem Vereine bestehenden Versicherungsvyerhältnifse erlöschen mit dem in dem Auflösungsbeshlusse zu bestimmenden Zeitpunkte, frühestens doch mit dem Ablaufe von acht „Wochen. s

11) Zu § 45 Absay 1, dritter Saß. Für die Frnenuneg und Abberufung von Liquidatoren dürfte die Zuständigkeit der Aufsichts- behörden in Frage fommen. :

12) Die Vorschriften der §§ 45 und 46 baben auch auf die Gesellshaften Anwendung zu finden, welhe zur Zeit des Inkraft- tretens des Geseßes sih in Liquidation oder im Konkurse definden ; die entgegenstehende Bestimmung in § 99 ift aufzubeben.

13) In § 52 empfiehlt es ih, an die Stelle der Hinweisungen auf die betreffenden Paragraphen des Bürgerliwen Gefegbus und des Gesetzes, betreffend die Erwerb8- und Wirtbscaftsgenofsenschaften, die angezogenen Bestimmungen dieser Gesetze thunlichst selbst zu seßen.

14) Zu § 52 hinzuzufüggn : N

Die einer staatlichen Landet-Versicherungsanftalt angesclofsenen E Ens fallen niht unter die Bestimmungen

es § 52. :

15) Zu § 70 Als Mitglieder des Sachverständigen-Beiraths bei dem Privat-Versiherungsamt möchten auch Vertreter der öffent lichen oder s\taatlihen Versicherungsanstalten, sowie Vertreter der Landwirtbschaft aus den Kreisen der Versicherten binzuzuzieben sein.

181 Zu § 92. Bereits verfallene Kautionen find bei Uebergang der Aufsicht von einer Landesbehörde auf das Privatversiherungsamt zu Gunsten der Landesbehörde vorzubehalten. j

17) Zu § 97. Die Aufsichtsbehörde muß das Recht, eine bereits zugelassene Bersiherungsanstalt aufzufordern, binnen bestimmter Frist ihren Gesellschaftsvertrag oder ihre Saßungen mit den Vorschriften dieses Belege in Einklang zu bringen, au dann baben, wenn diese einer der beiden in § 97 bezeichneten Gruppen angebdört; § N ilt daher entsprehend abzuändern oder ganz aufzudeben.

18) In das Geseh ist eine Bestimmung einzufügen, durch welche dem Versicherten auferlegte Versicherungsbedingungen, die im we!ent- lihen Punkten zu Ungunsten des Versicherten von den durch die Auf- sichtsbehörde zugelassenen Bedingungen abweichen, Ju Gunsten des Versicherten für nas erklärt werden.

19) Nach § 103 ift anzufügen: L

§ 103a. Agenten oder sonstige Vertreter der Verfideru E unternehmungen, die der VorsFrist în § 10 Ads. 1 zuwiderdan

verfallen der in § 103 Abs. 1 bestimmten Strafe. M N

20) Zu § 109. Den Landesregierungen ist die Befugniß einz

räumen, die privatrechtlihen Beziedungen der privaten Verstêderang&