1830 / 8 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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giesischen Thron entwickelte. *) Gleich entfernt, sowohl trans- montanen, als-ultraliberalen Träumereien das Wort zu reden, und Unpartheilichkeit zum Losungswort aufstellend, dürsten wir hier den Grundsaß geltend machen: Audiatur et aliera pars. Dieser andere Theil is vorliegende Broschüre, Was ihren Gegenstand, die Streitfrage über die Succession ín Portugal so interessant, ja zu einer Europäischen Frage macht, ist, daß gerade jene extremen Ansichten in der Politik, welche überall vorhanden, doch in Frankreich zur schärfsten Entgegen- sezung gefommen sind, bei der Lösung dieser Frage sich_in die größten Widersprüche verwickeln, und um zu siegen, der E des Gegners sich zu bedienen genöthigt werden. Denn die Liberalen vertheidigen aus feinem andern Grunde Dom Pedro und seine Charte, (ob fie für Portugal paßt, oder nicht, ist eine andere, hier nicht her gehörige Frage), als weil Dom Pedro für den legitimen Erben und Souverain Portugals nicht nur von seinem Vater und dem ganzen Hause Braganza ohne Dom Miguel selber auszunehmen, fondern auch von allen Cabinetten Europa’s anerkannt wor- den ist. Die Ultra - Royalisten aber, wohl fühlend, daß die Rechte Dom Miguels an sich nicht hinreichend waren, um ihm Anerkennung zu verschaffen, suchten sich durch den Aus- eng des Volkes zu verstärken, und beriefen die Cortes von- Lissabon, um Dom Pedro, ohne ihn einmal zu hôren, vom Throne auszuschließen. Und kann das unhaltbare Dogma der Souverainität des Volks wohl deutlicher ausgesprochen werden, als durch diese That - der Miguelisten? Wenn wir aber die Vernunft der Sache fragen, so darf das Volk sich nicht in die Thronfolge mischen; sonst entsteht die verderb- lichste der Monarchieen, die Wahl-Monarchie, nur allzu leicht daraus. Und wenden wir ‘uns ans Portugiesische Staats- Recht, so durften danach die Stände nur entscheiden, im Fall der verstorbene König keine Kinder hatte. Doch selbst dieses Recht hatten die Stände durch den Verlauf der Ge- schichte bereits verloren. Wie verlebten also hier Diejenigen, _welche das Mittelalter immer für das Höchste halten, die vom Mittelalter ihnen überkbommenen Rechte selber? a, das Manifest der Cortes von Lissabon, welche doch die Sache der Religion vertheidigen wollten , geht seinen eigenen Wor- ten nach, die unser Verfasser anführt, so weit, die Religion des Eides umzustoßen, wenn er dem Wohl und Willen des Volkes zuwider sey. So erkennt Europa an dieser Streit- frage, wie leiht die Extreme, eben weil sie dieses sind, in ihr anderes Extrem umschlagen,. und die Wahrheit nur in der Mitte liegt.

Unser Verfasser druckt das Manifest der Cortes von Lissabon ab, und sucht es Schritt vor Schritt zu wider- legen. Der Hauptangrif}f gegen Dom ‘Pedros Rechte ist im- mer der, daß er durch die Annahme der Krone Brasiliens,

als eines fremden Reichs, die Ansprüche auf die Krone Por- | tugals verloren habe. Erstens ist aber Brasilien kein fremdes

“Reich, sondern ein Schwesterland Portugals , und Portugie- sischen Ursprungs. Und ferner müssen die Cortes von Lissa- bon selber eingestehen, daß mehrere Beispiele in der Portu- giesischen Geschichte vorkommen, wo Kronprinzen, welche aus- wärtige Kronen annahmen. dennoch succedirten. Auch scheint das Argument, daß beide Reiche getrennt seyn müßten, Dom edro nicht auszu|chließen. Denn die Reiche könnten getrennt eyn, und ganz verschiedene Verwaltungen haben, die Krone aber dennoch auf einém Haupte vereinigt seyn, wie Schwe- den und Norwegen , Hannover und England u. s. w. Ju- dessen die Ansicht und Meinung des Tractats, wodurch Dom Zuan VI. Brasilien als unabhängig anerkannte, ist doch wohl die, daß beide Reiche auch einen besondern Regenten haben sollen , und daß DomPedro optiren müsse. Indem er nun für Brasilien optirte, und der Krone Portugals entsagte,- so durfte er freilih weder bestimmen, wer ihm succediren Ee noch irgend etwas anderes über Portugal verhängen. olste aber demnach nun auch klar seyn, daß das Oftroyiren der Charte, (wenn er es nicht blos als Vormund und im Namen des legitimen Erben Portugals that), ein über-

_—.— +

*) S. Nr. 162 und 165 der Staats - Zeitung vom vorigen ahre, -in welcher leßteren Nummer auch Auszüge aus der in _ Rede stehenden Schrift, betitelt: „Das wahre Interesse der Eu-

ropäischen Mächte und des Kaisers von Brasilien, in Hinsicht Be T N Angelegenheiten Portugals//, gegeben wor-

eilter Schritt war, so folgt daraus noch“ nicht, daß Dóôm Miguel legitimer König sey. Das Recht allein hat über die Succession zu entscheiden. Und hier widerlegt unser Verfassér die Stelle aus der Schrift der Cortes, wo das Recht Dom

tiguels aus dém Gruündfaße des Portugiesischen Staats-

rechtes erhärtet - wird, daß wenn ein König von Portugal ¿wei Kronen auf seinem Haupte vereinigt, die getrennt wer- den sollen, der älteste Sohn die größere, der jüngere die klei- nere erhalten müsse. Dom Juan V1. hat nämlich, sagt unser Verfasser, nie die Krone Brasiliens besessen , sondern er hat Brasilien nur als Portugiesische Kolonie beherrscht. Dee erste Portugiesische König, der beide Kronen vereinigte, ist Dom Pedro. Sein nächster Erbe, (das is sein Sohn, denn, obgleich jünger, geht er-doch, ‘als in derselben Linie, sei- ner ältern Schwester vor), erhäit also die gkößere Krone, Brasilien. “Der zweite, (das ist seine Tochter , Donna Maria), Portugal. Und in der That, wenn wir fragen, wer der nächste Erbe Dom Juans V1. nah dem Ausfall Dom Pedro’s gewesen wäre, so lautet“ die Antwort nicht Dom Miguel, sondern Dom Pedro’s Kinder. Denn ‘die äl- tere Linie schließt unbedingt die jüngere aus, und nach Por- tugiesischem Rechte |\chließen sogar die Frauen der älteren Linie die Männer der jüngeren Linie aus. Auch trift es' sich,

sagt unser Verfasser, daß Donna. Maria geboren wurde, als

Brasilien noch cine Portugiesische Kolonie war, so- daß nicht der leiseste Zweifel gegen ihr Jundigenat erhoben werdem fönnte. Nur ein Neuling în der Politik aber kann behaup- ten, daß Dom Pedro durch seine Entsagung den Rechten seiner Kinder Eintrag that. Das Prinzip der Legitimität wäre gänzlich verießt, wenn nicht immer der nächste Erbe nach dem Entjagenden damtt unmittelbar und an und für sich: an feine Stelle träte. Niemand darf weder zu Gunsten

noch zum Nachtheil eines Dritten entsagen. Kein Beschluß.

von Ständen darf an diesem Heiligthume rühren. Das

Entsagen gilt dem Tode gleich. Und selbst wenn, nach der. Behauptung der Cortes von Lissabon, Dom Pedro schon bei

Lebzeiten seit der Unabhängigkeit Brasiliens den Portugiesi-

schen Thron verwirkte, so war er als todt zu’ betrachten beim

Absterben seines Vaters; und hätten nicht auch in diesem

Falle seine Erben ihrem Oheim vorgezogen 4 tue müssen ? Vote did 2

Königliche Schauspiele. Donnerstag , 7. Jan. Jm U ae Gö6 vom Berlichingen mit der eisernen Hand, Schauspiel in 5 Abe theilungen, von Göthe. i

Königsstädtsches Theater. * Donnerstag, 7. Jan. Ein Tag vor Weihnacht, Ge- máälde aus dem Bürgerleben in 2 Akten. Hierauf: Staberl als Freishúß, Parodie mit Gesang in 3 Akten.

Auswärtige Börsen,

* msterdam, 31. Dec. : Oesterr. S5proc. Aletalliques 101. Bank-Actien 1540, Russ.

Engl. Aul. 1012. uss. r, Hamb, Gert 1005.

Hamburg, 4. Jan. g ÜVesterr. ck84 Meiall. 1043; MAproc. 943. Part. - Oblig, 1355. Bank-Actien exdiv. 1274. uss. ingl. Anl. 1063. Russ, Anl. Hamb. Cert. 1012. Dëa. 745. Poln. pr. 1. Febr. 1173. Eogl. Neap. 972. Falc. 925. London. 29. Dec. 3proc. Lans. auf Abrechnung 954. Russ 1095. Dän, 755 3. Brasíil. 72x. Port. 60. Griech. 285. Columb. 257. Me- xic. 255. '

wes 31. Dee.

“proc. Mets. 103, Loose zu 100 FI, 1783. Part. - Ob-- lig. 1333. Bank-Actien 12635. | 45

Berichtigung. E Ím gestrigen Zeitungs - Blatte pag. 38 Sp. 1 Z. 31 v. u. statt Verziegelung lies: „„Verriegelung‘. |

_ Neueste Börsen-Nachrichten. Frankfurt a. M., 3. Jan. Oesterr. 52 Metallig. 103. Bank - Actien mit - Div. 1529. Partial-Obligationen 1342, Loose zu 100 Fl. 180.

__ Paris, 30. Dec. compt. 108 Fr. 40 Cent., fin cour, 108 Fr. 55 Cent.

Gedrutt bei A. W. Hayn,

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E E Ewa

Zproc. Rente per compt. 83 Fr. 65 Cent. , fin cour, 83 ‘Fr. 80 Cent. 5proc. Rente per-

Redactear Fo hn. Mitredacteur Cottel.

London.

“_ást in E “Anerkennung seiner eifrigen und auegezeic

Allge ir 14e

| Preußische Staa ts-Zeitunsg.

M8.

Amtlihe Nachrichten. “Kronik des Tages. Des Königs Majestät haben dem Postmeister Siemens

in Fserlohn däs Prädicat als Post-Direktor beizulegen geruhet.

Angekommen: Der Wirkliche Geheime Ober-Finanz- Rath, Präsident der Haupt-Verwaltung der Stäats -Schul- den und Chef des Seehandlungs - Jnstituts, Rother, aus Ober-Schlesien. |

Abgereis: Der Fürst Joseph Wrede, nah Warschau.

Durchgereist: Der Königl. Großbritanische Cabinets- Courier Meates, von St. Petersburg kommend, nach

Zeitungs-Nachrichten. Ausland.

24 i Rußland. St. Petersburg, 31. Dec. Se. Majestät der Kaiser Haben mittelst: gnädigsten Rescripts vom -17ten d. dem Admi-

-xal Mordwinow zur Bezeichnung Ihrer besondern Erkennt-

lichkeit für dessen vieljährigen und eifrigen Dienst die dia- tan eee, E des St. Andreas-Ordens verliehen. Der Leib-Medicus Sr. Majestät, Collegien-Assessor Rauch,

zeten Dienste zum Ritter vom St. Annen-Orden 2er Klasse ernannt worden.

“Der Ober-Hüttenverwalter Menschenin, welcher den Kö- niglich Preußischen Wirklichen Geheimen Rath von Humboldt auf dessen Reise durh Rußland begleitet hat, ist zur Beloh- nung für seine während derselben geleisteten Dienste, wie auch für seinen sonstigen, von der Behörde bezeugten , ausgezeich- neten Diensteifer, zum Ritter vom St. Wladimir-Örden A4ter Klasse ernannt worden. E :

Unterm 18. Dec. ist ein Kaiserlicher Ukas wegen Ge-

halts -Erhöhung für die bei den' Landtruppen und bei der lotte angestellten N etschienèn; es heißt darin un- ter Anderm: ¿Der Groß- Almosenier bei den Landtruppen und bei der Flotte ‘erhält von aun an ein Jahrgehalt von 3000 Rubeln ;- die ersten Almoseniere der großen Armeen er- sten 2500, und der abgesonderten Armee-Corps 1800 Ru- jährlich ; alle Almoseniere der Linien-Regimenter und Ba- «aillone genießen denselben Gehalt und. haben ‘die Erlaubniß,

eben so viele militairische Dienstboten zu ‘halten, als die Jn-

fanterié- Kapitaine der Truppen, bei denen sie angestellt sind ; die Alwmioseniere, die sich mit den Truppen auerhalb der Gränzen des Reiches - befinden, bekommen ihr Gehalt nicht Q onst úblich) in Silber nah dem jedesmaligen Wechsel- urse,- sondern. das Zwiofache der Summe in Banknoten.‘ Am W.- November um 2 Uhr Morgens traf der Prin Chosrew--Mirza in Woronesch ‘ein, und empfing am dara A Tage die Beamten und die“ Bürgerschaft. Abends wohnte Se. Hoheit der Oper „der König und der Hirt‘ ‘bei; am 2, Dec. aber, wo der Civil-Gouverneur; Baron von Aderkas, zur Feier des: Thronbesteigungs-Tages Sr. Maj. der Kaisers, nach dem Gottesdienste ein Mittagsmahl gnt fonnte der Prinz, wegen einer Jhm zugestoßenen Unpäßlichkeit, das ome nicht ‘verlassen. Sein Gefolge war e bei der afel zugegen, bei welcher Gelegenheit die Gesundheiten Sr. ‘Maj. des Kaisers, des Durchlauchtigsten .Kaiserhauses und ck wingg ‘pa Reisenden ausgebracht wurden. Am Abend dessel- ben Tages-war Ball im Adelshause und- allgemeine Erleuch-

eung der Stadt. ‘Am 8. Dee., wo der Prinz sich wieder wohl

Berlin, Freitag den gien Fanuar

. sche Notizen über die

‘immer mehr

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1830.

fühlte, hatte derselbe zum Abschiede eine Abendgesell schaft bei sich, und trat am folgenden Mittage seine A L (

Am 25. December ist dèr General der Cavallerie und Commandeur des 2ten Jufanterie-Corps, Graf von der Pahlen, von hier nach Satunnow abgegangen.

Die hiesige akademische Zeitung macht in einem ihrer lesten Blätter auf die Wichtigkeit des Kaspischen Meeres für den Handel aufmerksam. Sie sagt unter Anderem: „Das Kaukasische Gebiet, von dem Kaspishen und dem Schwarzen - Meere bespült, “erhält durch beide eine leichte Verbindung mit dem Junnereïi ‘des Reiches. Jn Hinsicht des Handels verbindet das Kaspische Meer uns unmittelbar- mit Persien und könnte vielleicht auch den Handel mit Chiua und der Bucharei befördern. Auf der anderen Seite bringt das Schwarze Meer uns mit der Europäischen und Asiati- schen Türkei und mit Griechenland in Berührung, während es uns zugleich. den Weg nah Aegypten und allen Ländern am Mittelländischen Meere eröffnet. Diese so ausgedehnten Verbindungen zu Wasser gewähren dem Handel des Kauka- sischen Gebietes die günstigsten Aussichten, welches Land viel- leicht mit der Zeit einmal der Mittelpunkt des Handels zwi-

| schen Asien und Rußland werden kanu; wenigstens ist es

feinem Zweifel unterworfen, daß Rußland für den Ab-

saß seiner Produkte , sowohl nah dem nördlichen Persien,

als nah dem Türkischen Armenien und selbst nah Ana- colien, tin “entschiedenes Uebergewicht “über ganz Europa erhalten fann und muß. Der natürliche, gerade und bequeme Weg auf dem Kaspischen Meere bietet uns so viele Vortheile dar, daß hierin feine Nation mit uns fonkurrirèn kann. Das westliche Ufer des Kaspischen Meeres zerfällt in den Theil desselben, der Rußland gehört und in den, der- unter Perst- scher Botmäßigkeit steht. Der erstere erstreckt sich von Aen chan bis zur Gränze des Chanats Talyschin und hat außer Astrachan 6 gute Landungen e der lebtere geht von dort bis zu den Gränzen- von Turfkmenien und bietet 5 mehr oder minder günstige Landungspläße dar. Die Hauptvereinigungs- Punkte unserer Transportmittel auf dem Kaspischen Meere sind Astrachan und Baku. Astrachan hat 11 Kron- und 42 Kauffahrtei- Schiffe, zusammen mit einer Lastengrôöße von 64,000 Pud. Außerdem sind daselbst noch 232 Fischer -Böte und 10 andero Fahrzeuge. “Baku hat 8 grôyere Fahrzeuge, mit einer Lastengrôöße von 24,200 Pud und 36 kleinere von 52,700 Pud; außerdem befinden sich in Saljan, einem. der

-Landungspläße auf Russischem. Gebiet, 5 Kron- und 44 Pri-

vat - AOIrIcuge. s Journal R M ENLTENOUTS enthält histort- he | esse von Jrbit, deren Verfasser der Civil - Gouverneur von Perm, Herr von Tufiajeff, ist. Jrbit war, diesen Notizen zufolge, früher nur eine Slobode (großes Dorf aus einer ‘einzigen aße bestehend). und ward im Sahr 1775 zur Stadt erhoben. “Jn zwei größen Feuers- brünsten in den Jahren 1747 und 1790 sind alle dentlichen Documente , die über den Ursprung der jährlich dort statt- findenden Messe p geben könnten, ein Raub der Flammen geworden ; mündlichen Traditionen zufolge fand die erste Messe gegen 1630 statt. Eine in der Nähe von Jrbit bereits im Jahr 1628 angelegte Eisengießerei, welche die erste in Sibirien, ja selbst in Rußland war, zog nah und nah Kaufleute aus dem Jünern Rußlands nah Jrbit , die dort agegen ihre Waaren die Erzeugnisse der Ei- sengießerei mit Vortheil eintauschten. Später nahmen die Geschäfte durch die mit China über Kiachta eingeleiteten Halbesryerbindungen uwd dur Errichtung einer größen aus ußland âber Catharinenburg nah Sibirién führenden Lands straße, - die im Jahr 1753 vollendet wurde, bedeutend zu. Die Messe beginnt am 27. Februar und dauert einen. Monat; wie sehr sie an Wichtigkeit Lin abn hat, geht daraus her- vor, daß der Werth der dorthin gebrachten Waaren im Jahre