1830 / 84 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Stralats-Zritung.

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Amtliche Nachrichten.

Fronik des Tages.

Abgereist: Se. Excellenz der General - Lieutenant und

Commandeur der 5ten Division, von Brause, nach Frank-

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Zeitungs-Nachrichten. Ausland. Frankreich.

Deputirten - Kammer. L DEN óffentlichen Sibung vom 16. März, welche der geheimen Sibßung, worín die- Adresse votirt wurde, voranging, berichtete der Baron Mercier über die Wahl des Baron Dudon uud trug auf die Zulassung dieses Deputirten an: Herr Duver- gier de Hauranne benubte diese Gelegenheit, um die Cnt- lassung des Grafen von Sesmaisons, der, wie die dffentliche Stimme sagt, dafür, daß er nicht für Hrn. Dudon gestimmt, aus der Armee- Liste gestrichen worden ist, zut Sprache zu briugen. Durch dieje Absé6ung, -meinte er, sey ein, _versa]- ‘sungsmäßiges Prinzip verleßt worden ; es gebe keine Stimm; freiheit mehr, wenn das Votum den Beamten unter Andro- hung der Dienst - Entlassung geboten würde; man trete da- durch ihren bürgerlichen Rechten zu nahe und würdige fie herab, indem. ma die Lúge der Wahrheit unterschiebe ; bei - Militairs gewinne die Frage noch ein ernsteres Ansehu; Niemand wähle die militairische Laufbahn, um die- ses oder jenes ministerielle System zu unterstüßen, man diene dem Könige und dem Lande, nicht den Ministern ; Eigenschaften, die den Militair. vorzüglich auszeichneten, seyen Loyalität, Muth und Ehre, und es |cy unwürdig, von ihm zu verlangen, daß er bei dem Eintritt in ein Wahl-8 oslegium diese Eigenschasten ablege, um dem Könige und dem Lande zu lúgen und sich in seinen eigenéèn Augen herabzuseßen; da eine Auflôsung der Kaminer wahrscheinlich nahe bevorstehe, so sey leider zu befürchten, daß man zu den Wahl-Umtrieben von 1824 wieder seine Zuflucht nehmen und die Beamten- Klasse durch die Verabschiedung des Hrn. Sezmaisons [con vorher habe einschüchtern wollen. Der Fürst v. Polignac, welcher sich veranlaßt fand, zur Widerlegung des Hrn. Duvergier de Hauranne die Tribune zu besteigen, bemerkte, der vorige Redner mache dem Ministerium die Entlassung etnes Militairs, in seiner Eigenschaft als Wähler, zum Vorwurfe; hier begehe derselbe aber einen Anachronismus , denn Jene Entlassung habe erst einige Tage nach der Wahl stattgefunden. Bei diesen Wor- tea erhob sich ein gewaltiges Gelächter , und eine Stimme zur Linken (der Graf Sébastigni) rief: „Der Schluß ist nicht úbel; man hôâtte ihn (Hrn. v. Sesmaijons/ lieber* gar vor der-Wahl abseßen sollen.‘ Auf die Aussorderung meh- rerer Deputirten, sich deutlicher über den Grund der Entlas- sung zu erflären, bemerkte Herr v. Polignaë, daß er spâter- hin die nôthigen Aufschlüsse darüber geben würde. ¡¡Spôä- terhin//, rief der Baron Méchin, „möchte es wohl zu spät seyn!‘ Einige Mítglieder der. linken Seite rügten den Um- stand daß der Baron Dudon fein Certificat des Maire, das -den Jahres-Besilz seines. Grund-Cigenthums bescheinige, sondecn nur ein solches des Direktors der direkten Steuern, beigebracht habe, und suchten aus diesem Grunde dessen #0- fortige Aufnahme zu. hintertreiben/ wobei sie sich auf das Beispiel des Herrn Kératry beriefen , dessen Zulassung im Fahre 1823 wegen Nichtbeibringung eines Certificats des Maire ebenfalls um einen Monat verschoben worden sey. Der Baron Dudon gestand dies zwar ein: „Es that mir

Geschäft ausübe./‘

1830.

aber damals leid‘, fügte er hinzu, „daß man das At- test eines Subaltern-Beamten verlangte, während das ver- bürgende Wort eines Deputirten hätte hinreichend seyn sollen.“ Diese Aeußerung erregte große Unzufriedenheit zur léukeu Seite; mau! rief: „Wenn ein Maire ein Subaltern - Beam- ter ist, ¡2-if es wenigstens fein salarirter; mancher Máire ist mehr wetth, als gewisse Deputirte.// Eine Stimme schrie sogar: ¿Der Maire meines Dorfes wiegt hundertmal Herrn Dudon auf.‘ Da Herr Pataille abermais die Entlassung des Grafen von Sesmaisons berührte, fo bestieg der Minister des Jnnern die Rednerbühne und äußerte: „Der Charakter des Herrn vön Sesmaisons ist mir bekannt genug, um überzeugt zu seyn, daß er nichts weniger als danf- bar dafür seyn wird, daß man seinen Namen in diese Dis- fussion gemischt hat. Der König hat es für gut befunden, ihm eine ihm bewilligte Gunst zu entziehen, Die Entlassung - des Hrn. v. Sesmaisons hat init seinem Votum, welches frei seyn mußte, nichts gemein. (Zeichen der Ungläubigfeit. ) Den Wählern ist in keinerlei Hinsicht gedroht worden, aber die Pflicht der Regierung erheischt, daß sie einen Einfluß auf das Wahl- „Dies ist unrichtig‘, rief man hier zur linken Seite. Der Minister wiederholte aber seinen Saß und fügte hinzu: „Die Regierung hat ißre Pflicht. gethan, e wird fie frets thun, und man woird in dieser Beziehung ihr niemals einen gegründeten Vorwurf machen fönnen. Der Baron Méchin hielt es für eine unpassende Aeußerung, daß der Minister zu verstehen gegeben, Hkr. v. Sesmaisons lege feinen Werth auf die Beioeije der Achtung und Theilnahme der Majorität der Kammer, und meinte, der Präsident hätte deu Redner fúglich dieserhalb zur Ordnung verweisen sollen. Zuleßt wurde der Baron Dudon, da das Certificat des Diref- tors der direkten Steuecn besagte, daß er seit länger als ei- nem- Jahre mit 3509 Fr. 90 Cem. besteuert sey , aufgenom- men, nahm steinen Plaß anf der zroeiten Bank der äußersten rechten Seite und leistete den üblichen Eid. Die Kammer trat demnächst in einen geheimen Ausschuß zusammen. (S. unten.) Nachtrag zu der geheimen Sißung der Deyu-

tirten-Kammer vom 15. März. (S. das gestrige Blatt der Staats-Zeitung.) Folgendes ist cin Auszug aus dem Vortrage, welchen der Minister des Fnneru in dieser Si6ung hielt: „Meine Herren! Wenn man den Zustand Frankreichs nach den traurigen Schilderungen betrachten wollte, die wir täglich darüber hören, so müßte man glauben , das Volk seufze unter einem harten Drucfe, seine Rechte würden verkannt, es selbst würde eigensinniger Willkühr aufgeopfert, die höchste Ungerechtigkeit diftire alle Maaßregeln der Regie- rung, und die Quellen der öffentlichen Wohlfahrt seyen vor dem Uebermaaß des Despotismus versiegt ? Ach frage Sie, m. H., was ist Wahres an solchen Declamationen ? Die df- fentlihe Ruhe wird nur durch das Geschrei der Zügellosig- feit gestôrt, das uns täglich die Vernichtung der Freiheit an- fundigt. Allerdings liegt in diesem seltsamen Geschrei mehr Wahrheit, als ran glauben möchte; denn, wenn die Stimme der Zügellosigkeit sich vernehmen läßt, ist die Freiheit bedroht. Was wird in der That aus der Freiheit des rechtschassenen. Mannes, den dis Verläumdung unterdrückt, aus der Freiheit des Verwalters, dessen reinste Gesinnungen man verlästert und dessen Thätigkeit man zu hemmen dessen Einfluß man zu vernichten bemüht ist? Wenn das Uebel nicht wirklich be- steht, entgegnet man uns, so ist wenigstens die _Be- sorgniß vox dem Uebel vorhanden, und diese Besorgniß ist zugleich mit einem Ministeríum entstanden welches wir be- huldigen, sie) zwischen den König und sein Volk zu stellen. In der That, m. wischen den König und sein Volt „N hat, m. H., zwischen 2 gestellt, waren wir die Spender der unerschöpflichen Wohl: thaten des Monarchen gegen die erfkenntliche Nation „, de- ren Huldigungen und Segnungen wir ihm dafür dargebracht haben. Während ein harter Winter so viele Uebel über