1830 / 145 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Das Land wird sich jeßt durch das Organ der Wähler aus- ; gehört jest der Geschichte an; sie war eine Kammer

sprechen ; es wird erklären, ob seine Wünsche von seinen bis- herigen Mandatarien richtig verstanden und ausgedrückt wor- den sind oder nicht. Die Wöhler mögen dabei -wohl beden- fen, daß, wenn es ihnen heutiges Tages möglich ist, nach ihrem Gewissen zu wählen und allen Wahlbetrügereien vorzubeu- gen, sie solches allein dem Preß- und dem Wahllisten-Geseße ‘verdanken. Die jeßt entlassene Kammer zeigte gleich bei ih- rem ersten Zusammentreten, welcher Geist sie bejeele ; es war ein Geist der Rechtlichkeit ; sie bethätigte ihn durch eine strenge ring der Vollmachten der Deputirten ; ihr verdankt das and’ jene beiden heilsamen Geseke, die allein uns vor den Gewaltschritten des Ministeriums vom 8. Aug. ges{hüßt ha- ben. Unter ihren Auspizien bildete sich eine Verwaltung, der die Kaminer mit Vertrauen entgegenging und der sie gern ihren Beistand lieh. Die Verbesserungen gingen freilich nur langsam von statten; aber manch’ fruchtbares Saamenforn wurde ausgestreut und versprach mit der Zeit eine reichliche Aerndte. Das Land, das von den Jesuiten und Kongrega- nisten für immer befreit zu seyn glaubte, faßte neuen Muth, als es sah, daß man sich ernstlich mit seinen Angelegenheiten beschäftige. Mißbräuche in den Finanzen wurden abgestellt, das System der indirekten Besteuerung war nahe daran, verbessert zu werden, und die Grundlagen einer neuen Mu- nicipal-Verfassung waren entworfen. Dies war die Kam- mer, die jeßt aus den Rath eines unpopulairen Ministeriums aufgelóst rwoorden ist. Sache der Wähler ist es jeßt, zwischen diesem Ministerium und der leßten Kammer zu entscheiden. Was die Kandidaten zur Deputation betrifft, so glauben wir, daß die 221 Deputirten, die für die lebte ehrfurchts- volle Adresse gestimmt haben, sich hierdurch allein einen hin- länglichen Anspruch auf die Stimmen aller constitutionnellen Royalisten erwarben, denn, wenn die Minister es für gut befunden haben, den Sinn einer Phrase in jener Adresse zu entstellien und dem Könige zu rathen, durch cinen strengen Tadel darauf zu antworten, so haben sie das. Vertrauen des Tonarchen gemißbrgucht und bleiben dafür dem Lande ver- antwortlih. Die Wähler mögen die Adresse noch einmal durchlesen und sie werden sich überzeugen , . daß die Deputir- ten darin ihre Anhänglichkeit an deu Thron betheuern und dem Könige versprechen, die ihnen vorzulegenden Ge- seße gewissenhaft zu prüfen ; die Deputirten waren also wedêr Unverschämte noch Rebellen. Den ängstli- chen Wählern, die auch jeden Schatten eines Verstoßes gegen die parlamentarischen Formen vermeiden wollen, rufen wir daher zu: ;//,-Seht, dies ist das angeschuldigte Aktenstä; seyd Richter, ob die Deputirten dem Monarchen ihre Mit- wirkung versagt haben, ob es nicht vielmehr das Ministerium war, das dieje Verweigerung willkührlich vorausseßte, um sich eineWaffe gegen eine Versammlung zu bilden, deren Wachsam- keit undPatribtismus es fürchtete.// ‘Den beherzteren Wählern, die sich durch die Großsprechereien der Minister nicht eins üch- texn lassen, sagen wir ebenfalls : „„„„Leset die Adresse; verglei- chet Eure eigenen Gefühle mit den darin ausgesprochenen Gesinnungen und entscheidet, ob Eure Mandatarien sich ge- irrt haben, als sie dem Könige erklärten, daß zwischen Euren Wünschen und den politischen Anfichten der Minister feine Uebereinstimmung herrsche.//// Wir zweifeln nicht, daß, sobald die Frage also gestellt wird, alle Wähler sich zu Gun- sten der Unterzeichner der Adresse aussprechen werden. Was jene ehrenwerthen Deputirten betrifft, welche die Contre-Re- volution Verräther und Ueberläufer nennt, so halten wir es für überflüssig, ihrer noch besondeës zu erwähnen. Diese ge- wissenhaften Royalisten waren die ersten Urheber der Adresse und sind die festeste Stüßke der National - Opposition. Jun Jahre 1827 eröffneten wir ihnen unsere Reihen, und sie -ha- ben seitdem beständig mit uns gestimmt. Wir machen daher auch, in unserm Kampfe mit der alten Regierung, keinen Un- terschied mehr zwischen ihnen und uns.“ Dee Courrier français sagt : Uls Herr V, Poli- nac die Kammer prorogirte, hatte er noch feinen bestimmten Plan entworfen; er grisf zu dieser Maaßregel, ohne die Fol- gen derselben vorauszusehen; später suchten ihn die Trúmmer des Villèleschen Ministeriums zur Auflösung der Kammer zu bewegen. Dieser Schritt scheint seit der Abreise des“ Grafen „Bourmont beschlossen gewesen zu seyn, die Ausführung desselben wurde aber durch Zögerungen und Besorgnisse von einer Zeit zur andern verschoben ; bis die Rückkehr des Dauphin allem Schwanken ein Ende. machte, und man sich entschloß, die Auflôsungsverordnung zu publiciren. Diese Lösung. des Prö- blems ist verfassungsmäßig; die Krisis konnte nicht län- ger dauern, „ohne in alle unsere Angelegenheiten Unruhe und. Verwirrung zu bringen und unsere Zukunft zu ge- fährden. Die Kammer von 1828 ist niht mehr und

der Loyalität und Ehre, hatte aber zu viel Schwäche gegen ein Ministerium gezeigt, das ebenfalls so schwach war, daß wir demselben vielleicht unsere gegenwärtige Lage ver- danken. Sie hat zwei große Dinge verrichtet: die Amende- meits, welche sie zu den Wahllisten und dem Preß - Geseke machte, sind noch heute verfassungsmäßige Garantieen. Sie zeigte áber bei der Bewilligung des Budgets für 1830 zu viel Vertrauen und gab das Geld einem Ministerium, hinter welchem man das jeßige bereits im Hintergrunde" erblickte. Ín der leßten kurzen Sißung hat die Kammer den Weg der ôffentlichen Wohlfahrt getreulih verfolgt, und durch die Adresse ist eine der großen Fragen der Repräsentativ - Ver- fassung gelöst worden. Die Frage ist aber jetzt keine parla- mentarische iehr, sie ist eine Wahl - Frage geworden. Der Kampf entspinnt sich nunmehr zwischen dem Ministerium und den Wahl-Kollegien. Die Krone hat sich ihres Rechtes bedient, indem sie die-Kammern auslöste; nunmehr beginnt das Recht der Wählér. Eine Haupt-Frage, die man an das Ministerium richten kann, wäre folgende: Will es die Wähler als Richter in leßter Justanz anerkennen? Wird es sih, wie die Opposition, dem Ausspruche des Landes, als einen unabänderlichen Urtheile unterwerfen / Antwortet man uns, daß man sich darüber noch nicht aussprechen föônne,

so fragen wir die Wähler, ob es sich in dem bevorstehenden.

Kampfe nicht um ihre Ehre und politische Existenz handele ? Wir fragen, ob nicht in dieser Zögerung allein hinreichender Grund liegt, um ein ministerielles System zurúefzuweisen, das nicht ansteht, si als einen Feind unjerer polirischen Ein- richtungen , der unsere dffentlihen Rechte in ihrem Wesen verändern will, anzukündigen? Es handelt sich für die Wähler darum, zwischen dem System verfasjungsmäßiger Verbesserungen und zwischen einem andern Syiieme zu ent- scheiden, das bei jeder constitutionnellen Frage, bei jeder Aus- übung verfassungsmäßiger Rechte über Éingrisse in die Kö- nigl. Präroggtive flagt, jeden Fortschritt unserer politischen Ideen als einen Schritt zur Reoolution betrachtet -und die Censur, die Wahl-Unterschleife, das Erstgeburtsrecht, die Ari- stofratie und die Congregation als Bedürfnisse der- Gesell- chaft verlangt.‘ : e

Der Constitutionnel äußert sich in folgender Weise“: „Endlich, dem Himmel sey Dank, is der große Wurf geschehen. Wir fönnen es jest wohl sagen : diese entscheidende Maaßre- gel, der Gegenstand unserer lebhafcesten Wünsche, war auch bis auf den leßten Taa der Gegenstand unsers Zweifels. Unsere bisherige ungewisse Lage ist jest durch den von den Ministern gefaßten Ents{chluß treflih geworden. Unbedenk- lich wird die große Mehrheit der Franzosen lieber eine Ord- nung der Dinge haben wollen, die ihren Wünschen und Be- därfnissen genügt und uns nach innen Ruhe «und Freiheit, nach außen Sicherheit und Würde verspricht, sie wird mit

„einem Worte lieber die verfassungsmäßige Regierung mit al-

len ihren legitimen Folgen wollen, als ein Ministerium , das offen sür einen Feind dieser Regierung gilt. - Und es hängt nur von jener Mehrheit des Volfs ab, das, was sie wi, auch zu erlangen. Sie gebe ihre Stimmen nur solchen Män- nern, die für Freunde cines constitutionnel gesinnten Mini- steriums befannt sind, cines Ministeriums, ‘das die Jury in Preßsachen, ein gutes Municipal-Geseb, die Organisation der National-Garde und cin Geseß úber die Verantwortlich-. feit der Minister vorkegt. Jn ihren Händen liegt Freiheit oder Knechtschaft, Sieg oder Entehrung, gesckliche Ruhe oder innere Fehde.‘ s : Der Globe läßt sich folgendermaßen - vernehmen : ¡Weder ohne Unruhe noch ohne Bedauern hat sich das Mi- nisterium zur Auflösung der Kammern entschlossen. Es isk bekannt, daß die Berichte des Kriegs-Ministers aus den mit- täglichen Provinzen feinesweges von Bedenken und Zweifeln frei gewesen sind, ja_man seßt hinzu, daß der Thronerbe Herrn von Bourmont hierunter nichts weniger als Unrecht gegeben habe. Andererseits ist Herr von Chabrol sehr uns ruhig und hat dem Könige úber die ernsthafte Lage der Dinge eine ausführliche Denkschrist überreicht. Endlich, und dies ist bei Weitem das Wichtigste, gab es i verschiedene Arten, die Kammern aufzulösen. Die Auflösung konnte nämlich zum Vor- theil und unter dem Panier der äußersten Nechten geschehen, und so hatte e sich Herr von Polignac auch wohl gedacht. Dent nur so schien sie ihm für die Unabhängigkeit und Dauer seiner Macht gefahrlos zu seyn. Er foll sogar, um den Ein- tritt des Hrn. von Villèle unmöglich zu machen, so weit ge- gangen seyn, daß er Hrn. v. Berthier in däs Ministerium berufen wollte. Es gab aber auch noch eine andere, neutrale Weise, die Kammern aufzulösen, welhe der Königl. Autorität freie Hand ließ und dém Ministerium ‘eine üngewisse Existenz

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entwaffnet worden waren.

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sicherte. Dieses System hat den. Vorzug erhalten, und Hrn. von Polignac ist es nicht gelungen, das seinige durhzuseßén. Sein Wille hat sich an einem höheren gebrochen. Die Ausflds- sung ist also in der Art, wie sie geschehen ist, für Hrn. von Villèle günstiger, als für Hrn. von Polignac; ja sie is für den Leßteren beinahe cine Niederlage, und wir hosen, daß sie für den Ersteren eben so wenig ein Sieg sey werde Jeden- falls freuen wir uns darúber, daß das Königthum vollkommen Herr seiner ‘selbst hat bleiben und keine Verbindlichkeit ein- gehen wollen. Für Frankreich ist dadurch mehr Möglichkeit vorhanden, daß es gehört werde.“

Der Temps bemerkt: „Die Appellation an das Land ist erschienen; an_ ihm is es jeßt, zu antworten. Man wird versuchen , die Wahlen zu verfälschen und die rechtmäßigen Wähler einzushüchtern und zu verführen, aber ohne Muth und Vertrauen. Unsere Gegner, die hohen wie die niedri- gen, sind selbst eingeshüchtert; wir haben sie im Jahre 1827 geschlagen, nahdem wir so lange Zeit hindurch besiegt und

i Wir haden jeßt neue Bürgschaf- ten des Sieges für uns, nämlich die Wassen, die wir mit dem Geseße vom 2. Juli 1828 erobert haben, und die Ver- stärfkungen, welche die Neihen der mit uns übereinstimmen- den Wähler alljährlih erhalten. Der Muth und Verstand der Bürger wird einen glänzenden Sieg davon tragen.‘

Die Quotidienne stellt bei Gelegenheit der Auflésung der Kammer folgende Betrachtungen an: „Diese wichtige Maaßregel läßt sich aus mehr als. einem Gesichtspunkte be- trachten ; vor allem Andern aber erblicken wir darin mit Freu- den die allmälige Entwickelung der Königlichen Prärogative. Schon lange mußte das Königthum sih durch die parlamen- tarischen Combinätionen , denen der Parteigeist seine Rechte unterordnen wollte, seltsam geschwächt fühlen. Das König- thum’ verlor. mit seiner Freiheit seine Kraft, und diese war schon dergestalt gelähmt, daß die ganze Macht des Monar- chen sih, den Wünschen des Liberalismus zufolge, bald nur noch darauf beschränke haben würde, seine Minister aus den Händen einer Faction zu empfangen. Da erschien der 8. August; das Königthum erwachte, zerbrach die Fesseln, die man ihm angelegt hatte, und übergab die Verwaltung Män- nern von seiner Wahl. Die Faction erblaßte und war in ihrer Todesangst auf die elendesten Mittel bedacht, um die Lei- denschaften aufzuregen. Gleichwohl blieb Alles ruhig. Bald nahete der 2. März und die Kammern wurden versammelt. Eine Majorität wollte das Werk der Revolution fortseßen und verfolgte das Königthum bis auf die Schwel- len des Thrones. - Wie hätte aber eine freche Rede erschüttern können? Das Königthum sag- te sich los von den Männern, die es einzushüchtern gedachten, und jeßt sind diese Männer nichts mehr. Das monarchische Prinzip der Königl. Prärogative hatte sich- hier- nah am 8. Aug. zuerst wieder geltend gemacht; am 2. März offenbarte es sich abermals durch die Thron-Rede, am 18ten auf eine noch energischere Weise durch die Antwort auf die Adresse, und am 17. Mai endlich hat die Auflösung der. Kam- mer dem Werke -die Krone aufgesest. Das Königthum hat dadurch seine geseßliche Unverleblichkeit, die es künftig den Intriguen der Parteien unzugänglich macht, wieder erlangt. Wir schäßen uns glücklich, eine ‘Politik befolgt zu sehen, die mit unseren Grundsäßen so genau" zusammentrifst. " Diese Ue- bereinstimmung beweist uns einerseits, daß wir das König- thum, seine Ansichten und Bedürfnisfe, seine Kraft und Frei- heit richtig verstanden haben, andererseits, daß unsere Poli- tif, von der-man so lange behauptete, daß sie in der Anwen- dung nicht bestehen kônne, vielmehr in hohem Grade prafk- tisch, leicht ausführbar und fruchtbringend ist , indem sie das Königthum neu- belebt und Frankreich den Wahl - und Par- laments-Jntriguen entreißt.(/ : : H H

Die Oppositions - Blätter machen die Wähler wiederholt

darauf aufmerksam, daß ihnen, vom Tage der Bekanntma- chung der Auflösungs-Verordnung an, nur acht Tage zur An- bringung etwaniger Reclamationen in Betreff der Wahllisten bei dem General-Präfektur-Secretariate ihres Departements übrig -bleiben. «o „Dem Temps zufolge, wird die Listeder Präsidenten -der Wahl - Collegien erst in zwölf ‘bis vierzehn Tagen erscheinen. Dajjelbe Biatt glaubt , daß das Ministerium den ‘Plan, eine ‘Proclamation zu erlassen , aufgegeben haben.

Der General - Postdirektor hatte gestern, wie man ver- sichert, den Befehl, die Abfertigung der Posten um einige Stunden zu verzögern , damit die Königl. Verordnung, w0- dur die Deputirten-Kammer aufgelöst wird , noch mit nach den Departements versandt werden fonnte. :

Der Englische Gesandte am Großherzoglich Tosfkanischen Hofe; Lord Burghers\h, ist gestern hier angekommen.

Die Gemahlin des Färsten Suzzo, den man als den fünftigen Gesandten Griechenlands am diesseitigen Hofe bes zeichnet, ist mit ihrer Familie hier angekommen.

Der Baron Fourier, immerwährender Sekretair der Akademie der Wissenschaften, Mitglied der Französischen Afa- demie und einer der Stifter der polytechnishen Schule, ist in- Folge eines chronischen Uebels, woran er seit rnehreren Jahren litt, hiérselbst mit Tode abgegangen. : Der Abbé Combray ist zum Oberfeldprediger der Ex- peditions-Armee ernannt worden. :

Großbritanien und Jrland.

Parlaments - Verhandlungen. Jn der Sißung des Unterhauses vom 17. Mai war der Minister Sir Robert Peel seit dem Tode seines Vaters zum erstenmale wieder anwesend. Viele Gegenstände, die wegen seiner Ab- wesenheit verschoben worden waren , famen daher heute zur Erledigung. Zunächst überreichte Hr. Huskisson eine von den mit Westindien und Súd-Amerika in Verbindung stehen- den Kaufleuten Londons herrührende Bittschrift, um Ermä- ßigung der Fracht von Comptanten, die auf Königl. Schiffen aus jenen Gegenden nach England gesandt werden. Herr Davenport übergab die längst angekündigte von 25,000 Einwohnern Birminghams unterzeichnete Bittschrift um Par- laments-Reform. Beide Petitionen wurden zum Druck be- fördert, nachdem sich einige niht uninteressante Debatten daran gefnüpft hatten. Am meisten hatte jedoch in dieser Sißung die Bill wegen Emancipation der Juden, deren zweite Lesung angekündigt worden war, das allgemeine Jn- teresse erregt. Vorher schon wurden zahlreiche Bitt- schriften zu Gunsten derselben eingereiht , namentlich der Einwohner von Canterbury durch Sir. H. Par- nell, der von Manchester durch Sir G. Phillips, der von Uxbridge durch Hrn. Hume, der von Sheffield

durch Lord Milton, der von Portsmouth durch Hrn. Car-

ter, der von Birmingham durch Hrn. Lawley, und endlich durch Hrn. Cavendish eine Bittschrift mehrerer Geistlichen und Mitglieder der Anglikanischen Kirche. Als der Alderman Wood die von dem Lord-Mayor und dem Stadtrathe'von London abgefaßte Bittschrift um Reduction der StaatsAus- gaben und um Parlaments-Reform überreichte, sagte er unter Anderm, daß am vorigéu Freitage in ciner Versammlung des Gemeinde-Raths durch eine Majorität von-54 gegen 27 Stim- men beschlossen worden sey, den Juden das Recht zu erthei- len, Freiburger der City werden zu können, sobald: sie den Sreibürger-Eid, jedoch nach den Formen ‘ihrer eigenen Reli? gion, leisteten. Der General-Fisfkal erklärte, er habe kürzlich bei Ueberreichung der Bittschrift eines Herrn: Levy gesagt, der Bittsteller sey der Meinung, dap es seinen Glau- bensgenossen nur um die Sicherung dès Eigenthums-Rechts, nicht aber um Wahl-Freiheiren und Parlaments-Sige zu thun sey. Gegeuwärtig finde er sich veranlaßt, hinzuzufügen, daß er gedachten Hrn. Levy -persdnlich gar nicht fenne, jene Meinung aber sey ihm im Namen desselben von dem Rechts - Konsulenten, Herrn Binell, mitgetheilt worden. Herr Brougham äußerte darauf, er wünschte wohl zu wis- sen, wer dieser Herr Levy sey, der es übernähme, im Namen aller seiner Glaubensgenossen sich so auszusprechen. Sir R. Wilson bemerkte, daß die Juden bereits im Besige des Wahlrechtes sich befänden ; seyen sie auch nicht geseßlich dazu autorisirt, so besäßen sie es doch de íacto, indem sie es über- all ausúbten. „Wenn also’, sagte hierauf der General- Fisfal, „die Juden bereits im praktischen Besiße des Wahl- rets sind, so fällt ja eine ihrer Beschwerden ganz und gar fort. Ueber Herrn Levy weiß ih, wie gesagt, keine weitere Auskunft zu geben.“ Dr. Lushington meinte, unmöglich kônne es dem General - Fiskal Ernft seyn, wenn er äußere, daß sich Jemand mit dem praktischen Besibe eines Rechtes vollfommen begnügen fönne. Eiù solcher Besiß würde immer, sobald das Votum von Wichtigkeit sey, - bestritten werden, und darum fönne fein Verständiger es dabei blos bewenden lassen. Herr O’Connell überreichte èine Bittschrift von Einwohnern Dublins aller Glaubensbekenntnisse zu Gunsten der Juden. Lord Killeen und Hr. Martin überreichten Bittschriften zu demselben Zwecke, die von Katholiken herrühr- ten. Det Leßtere äußerte, die Katholiken seyen ungemein dankbar für die ihnen in der vorigen Session bewilligte Maaßregel, glaubten jedoch ihre Dankbarkeit nicht besser bethätigen zu können, als indem- sie darum nahsuchten, daß man altidhe

Rechte auch ihren jüdischen Mitbürgern ertheile. „Diese Pe-

tition,‘/ fuhr Herr Martin fort, „wird, wie ih hoffe, hin- länglich beweisen, daß diejenigen, die man als bigott und un- duldsam- immer verschrieen hat, weit entfernt davon sind, solche Gesinnungen zu hegen.“ Herk A. B aring sagte