1893 / 22 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

sind. Ich bin nicht in der Lage, den Fall nach einer folhen Dar- stellung ohne Vorbereitung zu beurtheilen, aber ih werde gern die Anfrage, die hier gemacht ist, in Erwägung ziehen. Soviel ih von dem Herrn Vorredner verstanden habe, scheint mir aber das Verfahren an sich nicht unrichtig zu sein. Denjenigen Per- sonen, welhe Berufung erheben, steht es ja völlig frei, alle Beweis- mittel, die sie zur Unterstüßung ihrer Berufung für zweckdienlih halten, schriftli anzuführen, und dann müssen diese Beweise auf- genommen werden. Wenn nun, wie die Erfahrung lehrt, \chrift- lide Berufungen häufig sehr mangelhaft motivirt, genügende Beweife gar nit angegeben sind, und der Commissar sich bemüht, sich an Ort und Stelle zu begeben, um durch mündliche Rücksprache mit den Censiten mehr zu erfahren, so kann ich darin keine Beschwerde für die Cenfiten finden. Das, was sie \hriftlih niederlegen können und der Herr Vorredner sagt ja, daß es leichter wäre, ihre Mei- nung sch{riftlich einzureihen —, das wird ja naturgemäß der Prüfungs- commission vorgelegt und muß, wenn es relevant ist, näher geprüft und beweismäßig festgestellt werden.

Ich sehe also noch nit ret, wo in diesem Falle die Beschwerde liegt. Wenn der Herr Commissar in manchen Fällen den Leuten, die Berufung erhoben haben, gerathen hat, sie fallen zu lassen oder ihre Ansprüche zu ermäßigen, so wollen die Herren wohl bedenken,

daß eine ganze Menge von Berufungen völlig unbegründet erhoben sind, und da kann er sehr wohl im einzelnen Falle im besten Glauben den Leuten den Rath geben, um ihnen unnöthige Kosten zu ersparen. Aber ich will über

den vorliegenden Fall nit urtheilen. Wir haben überhaupt den Grundfaß im Sinanz-Ministerium, gerade bei der ersten Veranlagung und den nächsten Veranlagungen, die sich daran knüpfen, alle Be- schwerden, die an uns in Bezug auf das Verfahren gerihtet werden, auf das forgfältigste und eingehendste zu prüfen und überall da rückfihtsloss Abhilfe zu sichern, wo wirklih Mißstände und Mängel im Verfahren sich gezeigt haben.

Abg. Bödiker (Centr.): Man sagt, daß die Neuregelung der Dienstaltersstufen für die Verwaltung eine Ersparniß herbeiführen wird. Das kann man jeßt nit controliren. Vielleicht stellt die Regierung nach fünf oder se{chs Jahren ein Tableau über die Wirkung dieser Neuregelung auf. Das Dienstalter soll berechnet werden von dem Eintritt in die etatsmäßige Stellung an. Das genügt noch nicht, denn die Diätare müssen oft lange auf Anstellung warten. Fehl \oll ja dabin gewirkt werden, daß sie nach vier Jahren angestellt werden. Wenn das aber nicht geschieht, dann sollte man den über vier Jahre Nene Zeitraum auf die Dienstzeit anrechnen.

Geheimer Ober-Finanz-Rath Lehnert führt aus einer Zu- eins an, daß eine Mehrauëgabe aus der Neuregelung entstebe.

Abg. Krah (freicons.) glaubt, daß die Neuregelung manche Un- gleihheiten mit sih bringen wird. Ueber das Verfahren der Berufs- commissionen sind auch in Swleswig-Holstein Klagen laut geworden, namentlich über allzugroße vexatorische Nachforschungen.

Abg. Dr. Sattler (nl.) begrüßt die Einführung des Systems der Dienstalterszulagen als großen Lie und hofft, daß es dem- nächst auch mögli léin werde, die Beamten in einzelne großen Klassen mit einer Einheitsscala zusammenzufassen. i:

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa glaubt, daß bei der Neuregelung die Kreissecretäre gegenüber den Regierungs-Secre- tären benactheiligt sind, obgleih man für das erstere Amt nur ältere Perfonen auswählen kann. f L

Geheimer Ober-Finanz-Rath Lehnert weist nach, daß die beiden Arten der Beamten vollständig gleihmäßig behandelt sind; in 24 Jahren erreichen beide das höchste Gehalt, davon entfallen bei den“ Negierungs-Secretären sechs auf das Assistentenamt, achtzehn auf das Secretariat, während die Kreis\ecretäre nicht Assistenten werden.

Abg. Dr. Friedberg (nl.) beklagt, daß die mit festen Einheits- {épen angestellten Beamten von den Diensta terszulagen ausgeschlossen eien.

Geheimer Ober-Finanz-Nath Lehnert entgegnet, daß cine Be- rüdsihtigung dieser Beamten nicht angängig sei, da diese sonst anderen gegenüber bevorzugt werden würden. 2 ¿ :

Für die Umwandlung von diätarischen Stellen in etatsmäßige sind 1700 000 a mehr erforderlich geworden, die die Commission zu genehmigen empfiehlt.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Es ist fraglih, ob man niht bei dieser außerordentlichen Maßregel von einer besonderen Bevorzugung der Militäranwärter hätte absehen müssen. Diese gelangen jeßt \{neller zur Anstellung, als die älteren Civilanwärter. L

Geheimer Ober-Finanz-Rath Lehnert: Die Militärverwaltung bestand auf ihrem Rechte der alternirenden Anstellung von Miilitär- anwärtern, was auch berechtigt ist, da leßtere sich meist „in höherem Alter befinden. Wenn einmal Militäranwärter sih nicht finden, so treten Civilanwärter ein, es tritt dann nachher ein Ausgleich ein. A

Abg. Bödiker (Centr.) meint, daß dadurch die Civilanwärter erst recht geschädigt werden. 2 L

Die Mehrausgaben werden bewilligt, soweit sie im Etat des Finanz-Ministeriums zur Erscheinung kommen; ebenso der Rest des Etats des Finanz-Ministeriums.

Schluß 4 Uhr.

Höhe der Schneedecke in Centimetern am Montag, den 23. Januar 1893, um 7 Uhr Morgens. Mitgetheilt vom Königlich preußishen Meteorologischen S ITETUL (Die Stationen sind nah Flußgebieten geordnet.)

Memel (Dange) —, Tilsit (Memel) 32, Insterburg (Pregel) 32, Heilsberg (Pregel) 18, Königsberg i. Pr. (Pregel) 27.

Weis el.

San (Bobr, Narew) —, Czerwonken (Bobr, Narew) —, Marggrabowa (Bobr, Narew) —, Klaussen (Pissa) —, Neidenburg (Wkra) 37, Osterode (Drewenz) 20, Altstadt (Drewenz) 19, Thorn —, Koniß (Brahe) 18, Bromberg (Brahe) 16, Berent (Ferse) 51, Marienburg. (Nogat) 32, Lauenburg i. P. (Leba) 43, Köslin (Mühlen- bah) —, S ivelbein (Rega) 45. Oder. ; Leobshüß (Zinna) 27, Ratibor 28, Beuthen (Klodniß) 27, Oppeln 27, Wölfelsdorf (Glaßer Neisse) 25, Brand (Glaßer Neisse) —, Neinerz (Glater Neisse) —, Glaß Glaßer Neisse) 26, Görbersdorf Glazer Nel 64, Friedland (Glaßer Neisse) 63, Weigelsdorf (Glaßer eisse) 13, Rosenberg (Stober) 36, Breslau 32, Fiegnig (Kaßbach) 21, Fraustadt (Landgraben) 36, Grünberg 35, Gottesberg (Bober) —, Krummhübel (Bober) —, Wang (Bober) 93, Eichberg (Bober) 40, Schreiberhau (Bober) —, Warmbrunn (Bober) 35, Bunzlau (Bober) 28, Görliß S Neisse) 30, Frankfurt 25, Ostrowo (Warthe) 30, osen (Warthe) 22, Tremessen (Warthe) 15, Samter (Warthe) 25, aprotsch (Warthe) 42, Neustettin (Warthe) 37, Deutsch-Krone (Warthe) 22, Landsberg (Warthe) 12, Stettin 23, Pammin (JIhna) 28, Prenzlau (Uecker) 24, Demmin (Peene) 27, Putbus 27, Kirchdorf auf Poel 40, Rostock Warnow) 25, Segeberg (Trave) 18, Lübeck

A R E a n E E R ù d 2

bur

S e Gramm (Fladsau) —, Westerland auf Sylt —, Wyk auf

—, Husum 19, Meldorf 25.

Elbe. -

Torgau 20, Dessau (Mulde) 9, Rudolstadt (Saale) 15, Jena (Saale) 18, Ilmenau (Saale) —, Stadtilm (Saale) —, Dingelstädt (Saale) 22, Erfurt (Saale) 12, Sondershaufen (Saale) 11, Nord- hausen (Saale) 19, Halle (Saale) 18, Klostermansfeld (Saale) 17, Bernburg (Saale) 15, Ouedlinburg (Saale) 12, Harzgerode 23, Magdeburg 16, Neustreliß (Havel) 35, Kottbus (. avel) 32, Dahme (Havel) 25, Berlin (Havel) 30, Blankenburg bei Berlin (Havel) 26, Spandau (Havel) 24, Heinersdorf (Kr. Teltow) (Havel) —, Potsdam (Havel) 25, Brandenburg (Hafel) 23, Kyriß (Havel) 35, Gardelegen (Aland) 31, Jeete (Aland) 20, Waren (Elde) 30, Marnitz (Elde) 29, Schwerin (Elde) 35, Uelzen (Ilmenau) 14, Lüneburg (Ilmenau) 19, Neumünster (Stör) 20, Bremervörde (Oste) —.

Weser.

Meiningen (Werra) 25, Liebenstein (Werra) 23, Altmorschen (Fulda) 18, Shwarzenborn (Fulda) 30, Cassel (Fulda) 16, Bielefeld (Werre) 13, Herford 19, Scharfenstein (Aller) —, Islsen- burg (Aller) 17, Braunschweig (Aller) 21, Celle (Aller) 17, Göttingen (Aller) 18, Herzberg (Aller) 34, Klausthal (Aller) 55, Seesen (Aller) 14, Hannover (Aller) 24, Bremen 15, Oldenburg (Hunte) 13, Elsfleth 16, Jever 17. 5

m s.

Gütersloh (Dalke) 15, Münster i. W. 15, Lingen 13, Osnabrück

(Haase) 12, Löningen (Haase) 12, Aurich 15, Emden 12. Nett:

Darmstadt 20, Coburg (Main) 28, Franktenheim (Main) —, Frankfurt (Main) —, Wiesbaden —, Geisenheim 17, Birkenfeld (Nahe) 27, Schweinsberg (Lahn) 23, Nauschenberg (Lahn) 22, Mar- burg (Lahn) 38, Weilburg (Lahn) 30, Schneifel-Forsthaus (Mosel) —, Bitburg (Mosel) 25, von der Heydt-Grube (Mosel) 18, Trier (Mosel) 10, Neuwied 24, Siegen Sieg) 30, Hachenburg (Sieg) —, Köln 12, Krefeld 12, Arnsberg (Nuhr) 26, Brilon (Nuhr) 30, Lüdenscheid (Nuhr) 33, Alt-Astenberg (Ruhr) —, Mülheim (Nuhr) 17, Kleve 7, Ellewiek (Ysse)) —, Aachen (Maaß).

Der Höhe von 1 cm. Schneedecke entsprachen:

ulda (Fulda) 24,

am 22. Januar 1893 in Neidenburg ; 1.4 mm Schmelz- E I THTIADE | (Weichsel) 1 S Da fer L S « s Schivelbein (Nega) 9E z

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4 S u E) eue , " Rabat e S M « v.d. Heydt-Grube Í 121255 ä 2E » » Neuwied (Rhein) 13 7; B 2 Tro t 5

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die „auf hoher See“ auf einem deutshen Schiffe, gleichviel ob auf einem Kriegs- oder Staats\chiffe oder auf einem Schiffe der Handelsmarine, be angenen Verbrechen oder Ver- gehen sind, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, TVY. Strafsenats, vom 21. Oftober 1892, als im Gebiet des Deutschen Reichs begangen zu bestrafen.

Pflanzen, welche aus anderem Boden nach einem Grab- hügel übertragen und daselbst zur Umpflanzung des Hügels in den Boden eingepflanzt sind, sind nah einem Urtheil des Meichsgerichts, IT. Strafsenats, vom 1. November 1892, im Sinne des preußischen Feld- und Forstpolizeigeseßes vom 1. April 1880 als „Bodenerzeug- nisse einer Gartenanlage“ zu erachten; ihre Entwendung vom Grabhügel ist demnach nicht als Diebstahl aus § 342 des Strafgeseßbuchs, fondern nur als Feldfrevel aus § 18 des Feld- polizeigeseßes zu bestrafen.

Kunft und Wissenschaft.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Sizßung vom 11. Januar 1893.

Herr Oberlehrer Dr. J. Bolte theilte aus einer auf der König- lichen Bibliothek befindlichen hohdeutschen Anekdotensammlung, die der Dichter L. Tieck gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aufge- zeichnet hat, mehrere Geschihten mit, die riedrich den Großen und einzelne seiner Offiziere, wie den General Tauen ien, den bekannten Gouverneur von Breslau, den General von Meeyer, von Ramin, von Renßtell, betreffen und als harakteristishe Aeußerungen einer a foldatishen Periode in den Berliner Bürgerkreisen umliefen.

Herr Oberlehrer Dr. T\chirch aus Brandenburg a. H. berichtete über eine von ihm neuerdings im Brandenburger Stadtarchiv auf- efundene Urkundenabschrift, die Vebertragung der Mark Branden- urg von Jobst an den Markgrafen Wilhelm von Gle betreffend. Die vom 16. Oktober 1402 datirte Urkunde is weder bei Riedel ab- gedruckt, noch seitdem bekannt geworden. An der Cchtheit des Stücks ist kaum zu zweifeln, da uns ein Schreiben des preußischen Hochmeisters an den Ma1kgrafen Wilhelm vom 6. November 1402 erhalten ist, in welchem jener diesen wegen des erlangten Besites der Mark beglückwünsht, und so seßt denn schon die bisherige Geschichtsschreibung ¿. B. Heide- man das Vorhandensein des Vertrages voraus, ohne seinen Wortlaut zu fennen. Die Urkunde ist in Berlin ausgestellt, während die Zeit- umstände und Jobst's JFtinerar feinen Aufenthalt in Berlin sehr unwahrscheinlih maten. Es ist daher anzunehmen, daß die Urkunde von einem Bevollmächtigten ausgefertigt worden ist. Der Vortragende findet einen Hinweis auf diesen, den Hauptmann der Mark (es war damals Balthasar von Schlieben), in der stark abgekürzten Aufschrift. Die Urkunde überantwortet Wilhelm von Meißen die Mark mit allen Nehten und-Einkünften, giebt ihm die Befugniß, Beamte ein- und abzuseßen, geistliche und weltliche Lehen zu verleihen, bis zur Ln drang für entstandene Kosten und Schaden. Bekannt ih war diese Uebertragung der Mark an Wilhelm von Meißen nicht die erste. Schon 1395 war das Land von Jobst an Wilhelm gegen be- deutende Darlehen überantwortet worden, und Mannen und Städte hatten dem neuen Inhaber s{chwören müssen. E ist diese Ab- tretung nicht als eine reine Verpfändung anzusehen, sondern Wilhelm wurde Mitregent und Statthalter, ohne daß Jobst auf Negierung und Einkünste thatsählih verzichtete. 1402 nun war zwar Wilhelm noch Statthalter, fühlte sich aber im Besiße seiner Rechte bedroht, als König Sigismund {einem Vettér Iobst die Herrschaft über den unglücklichen Wenzel und sein Böhmerland entriß, Wenzel mit sich nach Wien führte, Jobst aber des ungarischen Thronfolgerehts beraubte und den österreihishen Herzogen die An- wartschaft auf den Besiß der Mark Brandenburg verschrieb. Damals knüpfte sich das Verständni zwischen dem klugen Meißner und dem bedrängten Jobst wieder fester. Wilhelm unterstüßte ihn dur Hilfs- truppen und neue Darlehen, und als Dank wurde ihm die erwähnte Urkunde ausgestellt, die freilih nit die geringste praktische Wirkung gehabt hat. Denn in den folgenden Heimsuchungen der Mark bleibt der Markgraf von Meißen dem Lande sern, während Johann von Mecklenburg Schußherr und Statthalter der Mark wird.

(Trave) —, Eutin (Schwentine) 19, Schleswig (Schlei) 14, Flens-

Herr Dr. Hinte spra im Ans luß an die Arbeit von Toeche- Mittler über den Wasserverkehr ibe, Berlin und anbe Ae

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17. und 18. Jahrhundert. Der Bau des Friedri Wilhelms-Kanals, - der 1668 beendet wurde, gab den Berliner Sciffern einen mächti ent Antrieb, die Concurrenz mit den Hamburgern, die diesen Verkehr bis- her fast L beherrscht hatten, aufzunehmen. 1700 kam es zu einer gemeinschaftlihen Regelung der Schiffahrt zwischen beiden Theilen, deren Hauptpunkt, die Einführung der Reihe- fahrt, für die märkischen Elbschiffer, die sich übrigens 1716 zu einer Gilde zusammenthaten, zunächst eine erwünschte Beschränkung der bisherigen rüdsichtslos ausgebeuteten Ueberlegenheit der Hamburger bedeutete. Der Concurrenzkampf nahm jedoch bald wieder eine schärfere Form an; die Hamburger banden sich in den zwanziger und dreißiger Jahren niht mehr an jenen Vertrag und suchten die Berliner gewonnenen Position zu verdrängen. 1731 wurden

planmäßig aus der die Hamburger Schiffe in Berlin mit Beschlag belegt, 1746

von dem Verkehr mit Berlin gänzlih ausges{lofsen. Während dieses Kampfes mit den Hamburgern eis s kurmärkischen Elbschiffergilde 1733 eine geshlossene Mit-

gliederzahl und ein aus\{ließendes Privile tigungen, die sie bis in die NReformzeit zu zähe festgehalten hat. In die 50er und 60 er Jahre fällt ihre N [üthezeit ; seit den 70 er Jahren ging sie mit dem Elbhandel und dem Berlin-Hamburger Verkehr überhaupt zurück. Es war ein Vorgang, der in der engsten Verbindung mit dem gesammten wirthschaftspolitishen System stand, das Preußen für seine mittleren Provinzen seit Friedrich Wilhelm T. und namentlich unter E dem Großen angenommen hatte, und das im Gegensay zu früheren Bestrebungen darauf hinaus- lief, die al aussichtslos erkannte Beförderung des Außenhandels und des Durchgangsverkehrs mit einer energischen Entwickelung des inneren Verkehrs und der etgenen Production zu vertauschen und die Grenzen gegen das Ausland wirth aftspolitisch mehr und mehr abzuschließen. Nicht „mehr die Elbe, sondern die Oder war es, der die Hauptfrage der fridericianischen Verwaltung gewidmet war. Im Kunstgewerbe-Museum sind für kurze Zeit die Prachtg eräthe ausgestellt, welche in der Ghrenhalle e Welt- ausftellung in Chicago ihren Plaß finden sollen. Da die füc den Bedarf arbeitende Industrie nicht im stande ist, kostbare, von Künstler- hand entworfene Prunkstüke herzustellen, so hat im Auftrage der Reichscommission Professor Dr. Lessing es übernommen, von den hrengeschenken, welhe während der leßten Periode für hervor- ragende Persönlichkeiten gefertigt worden sind, eine móöglidst glänzende Sammlung zu veranstalten. Es sind jeßt bereits 67 Kunst- werke von 26 Besißern vereinigt und ausgestellt; manches wird f noh anschließen. An der Spibe stehen die von Seiner Majestät dem Kaifer Allergnädigst bewilligten Kunstwerke des Hohenzollern- Museums, die kostbarsten Adressen an Kaiser Wilhelm k. und Kaifer Friedrich, sodann in reicher Zahl die Ehrenpreise, welche der Kaiser an Regatta-Vereine, bei Jagdrennen und ähnlichen Veranlafssungen gestiftet hat, zumeist nah des Kaisers * persôn- lichen Intentionen durch Gustav Lind gefertigt. Prinz Heinrich von Preußen hat die filberne Bowle, ein Geschenk von der Ritterschaft der Provinz „Schleswig-Holstein, hergeliehen. Fürst Bismarck und die pas des Grafen M oltke haben aus den Schäßen von Schönhausen und Kreisau bereitwilligst die höchst- vollendeten Stücke zur Verfügung gestellt, vieles, was bisher auf keiner Ausstellung gewesen : der große Tafelaufsay aus dem Geschenk der Industriellen an den Fürsten Bismarck, der Ehrenhumpen der deutshen Studenten, prachtvoll ausgestattete Chrenbürgerbriefe deutscher Städte, darunter die - Blätter von Adolf Menzel,

bewilligt worden, Berech- nfang dieses Jahrhunderts

die Tafel von München und die mit Juwelierarbeit be- deckte Cassette von Hanau sind hier vereinigt. Die König- liche tademie der Künste hat die Votivtafel des

Ministers von Goßler E der Minister von Sto sch den Enn Chrenschrein, Ober-Bürgermeister Voß einen prachtvollen

afelaufsaß mit Muschelwerk. Ganz hervorragend sind die Arbeiten von Otto Lessing, Repliken der von ihm ausgeführten Ehren- geschenke. Der große hölzerne Pavillon, für die Ausstellung der chemischen Industrie in Chicago bestimmt, bleibt bis zum 29. Ja- nuar im Lichthofe des Museums ausgeitellt. er NRomanist und Kirchenrechtslehrer Freiherr von Scheuerl, vordem Professor an der Universität Erlangen, ist laut Nud des „W. T. B.“ vom gestrigen Tage in Nürnberg gestorben.

7 Aus Wien wird von demselben Bureau der gestern Abend erfolgte Tod des Professors Otto Kahler gemeldet. :

i Mitglied

Der Ingenieur - General Eduard Thillot, mehrerer gelehrten Gesellschaften, ist nah einer Meldung aus St. Petersburg gestorben.

Literatur.

Geschichte. E:

ff Forschungen zur Brandenburgischen und Preu- ßischen Geschichte. Herausgegebew von lbert Naudé. 9. Band, 2. Hälfte. (Pr. 6 4) Leipzig, Duncker und Humblot, 1892. Im ersten Aufsatz des vorliegenden eftes behandelt G. W olf ein wichtiges Kapitel in der Entwicklung des brandenburg-preußischen Territoriuums: Die Beziehungen Brandenburgs zu Magde- burg im 16. Jahrhundert. Das Kurfürstenthum Brandenburg, das im 15. Jahrhundert eine hervorragende Stellung im Reich ein- et hatte, trat im 16. feit der Abtrennung der fränkischen Markgrafschaften mehr und" mehr an Bedeutung zurück und wurde allmählih von seinem Nachbar Kursachsen überflügelt. Arm von Nätur und in ungünstiger geographischer Lage, mußte es dana \treben, fein Gebiet zu vergrößern, wenn es wieder eine führende politische Stelluug ein- nehmen wollte. Zu dem Zwecke \ch{lossen die Kurfürsten im Laufe des Neformationsjahrhunderts theils Erbverträge mit deutschen Fürsten, theils suchten s durch Erwerbung benachbarten Gebiets ihre Grenzen besser zu gesta ten. So richteten sie vor allem ihr Augenmerk auf die Erwerbung des böchst günstig gelegenen Erzbisthums Magdeburg. Da in diesem Hochstift der Protest antismus bereits festen Fuß ge- faßt hatte, so strebten die Hohenzollern seit Joachim IT. danach, Prinzen ihres Hauses zu Coadjutoren und Erzbischöfen wählen zu lassen und fo die Säcularisation und Annexion vorzubereiten. Da aber die sähsis en Kurfürsten sh mit ähnlichen Projecten trugen, \o begann zwis chen beiden Fürstenhöfen ein heftiger Wettkampf, der mit allen Mitteln einer rüdsichtsTosen Diplomatie geführt wurde. Den Hohenzollern waren dieUmstände im allgemeinen günstiger als den Wettinern : es gelang ihnen, dem brandenburgisc en Prinzen Sigismund die erzbishöfliche Würde zu verschaffen, während dessen Amtsführung das Regiment der Hohenzollern in Magdeburg populär wurde und die evangelische Lehre weitere Fortschritte mate, jodaß an eine Säcularisation zu Gunsten des Hauses Brandenburg gedacht werden konnte. Dieser Plan wurde freilich durch den Tod des Prinzen und die Bemühungen der Sachsen vereitelt, indessen gelang es do, troß aller Gegen- anstrengungen des Kurfürsten von Sachsen, wiederum einen Hohen- zollern zum Administrator von Magdeburg und Halberstadt wählen zu lassen, der sich aber manche ‘Beschrän ung seiner Machtbefugnisse dur das Domkapitel gefallen lassen mußte. Allerdings war biermit noch niht die dauernde Vereinigung Ma deburgs mit Branden- burg bewirkt: diese erfolgte erst 100 ATO später unter der Regierung des Großen Kurfürsten. In dem zweiten Aufsatze wendet Es elix Rahfahl gegen FSriß Zickermann, der in einer Unter- uchung über das branden urg-pommersche Lehensverhältniß behauptet hatte, daß den Markgrafen von Brandenburg die Lehens- hoheit über Pommern erst e Kaiser Friedri IT. verliehen sei. Dagegen sucht Rachfahl nachzuweisen, daß die brandenburgische Lehens- hoheit über Pommern bereits e um, das Jahr 1200, bestanden habe. Ebenfalls wesentlih polemisch ist die folgende Abhandlung, in der Ernst Berner die Schrift von Thömes, den Antheil der Jesuiten an der preußishen Königskrone, bespricht. Diese Arbeit, die {hon so viel ntgegnungen hervorgerufen hat, wird hier von einem gründlihen Kenner der E Geschichte noch einmal ausführlich beleuWtet. Nah Berner übersieht Thömes, der weder uellen noch Literatur über den Gegenstand

genügend beherrscht, gänzli, daß die beiden Jesuitenpatres Wolff und