1874 / 88 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Apr 1874 18:00:01 GMT) scan diff

R ¿A E S oe M oie Bit 12 E

Es E ¿f 5 2

C A T E, dic ai C N

‘tisterresidenten der Republik Costa-Rica ernannten Dr. Siegfried

den Inhalt derjenigen Artikel, in welchen der Entwurf des Reich3-Eisenbahn-Gesekes besprochen is, ein zusammenstellendes üÜbersihtlihes Referat zu veröffentlichen, ersuchen wir die Löbl. Redaktionen, uns die betreffenden Artikel unter Kreuzband zu- gehen zu lassen. Ein gleihes Ansuchen richten wir an die Herren Verleger der den Entwurf des Reihs-Eisenbahn-Gesegzes betreffenden Broschüren. Den Eingang derselben werden wir in diesem Blatt jedesmal fofort anzeigen.

Nach dem lezten Berichte der „aiser Wilhelm- Stiftung für deutshe Invaliden“ zählte Preußen 8 Provinzial-, 4 Bezirks- und 282 Zweigvereine. In Betreff der übrigen Staaten Deutschlands hält \fich dex Bericht nur in allgemeinen Angaben. In B ayern is von dem Centralkomite des Landesvereins die statutenmäßige Organisation mit Erfolg durchgeführt. Das über das ganze Land ausgebreitete Ney von Vereinen sichert jedem hülfsbedürftigen Krieger die Gewährung zureichender Hülfe. In Württemberg hat Se. Majestät der König das Protektorat und Se. Hoheit der Prinz Hermann zu Sasen - Weimar - Eisenah das Präsidium des Vereins übernommen. Nach vollständiger Organisation des Württembergishen Landesvereins hat der Verwaltungs- rath durch Vermittelung der Behörden über die Be- dürfnisse sämmtliher im Lande wohnenden FInvaliden und deren Hinterbliebenen Erhebungen aufgenommen und über die Art und Größe der zu gewährenden Hülfe Beschluß gefaßt. Außer Geldunterstüßungen läßt der Verein fh auh die Ver- mittlung angemessener Beschäftigung ter Invaliden angelegen sein. Im Königreich Sachsen is der dortige Landesverein der Ansicht, daß durch Zuweisung von Arbeit den Hülfsbedürf- tigen eine größere Wohlthat erwiesen werde, als dur Geldunter- stüßung. In Baden war der Gesammtverein bemüht - mit Hülfe sciner Bezirksvereine den an ihn gestellten Anforderungen Genüge zu leisten. Für das Großherzogthum Hessen haben die bis Schluß des Iahres 1872 gewähren Unterstüßungen den 9. Theil der gesammten Einnahmen in Anspruch genommen. Im Großherzogthum Mecklenburg-Schhwerin beruht die direkte Wirksamkeit der Stiftung in der Thätigkeit von 24 Ziveig- vereinen. In Oldenburg if ein Landesvercin vom 1. Iuli 1872 ab ins Leben getreten.

Der Finanz-Minister und der Minister des Innern ha- ben den Grundfag aufgestellt, daß die städtishen Magistrate zwar verpflichtet find, das ihnen in Gewerbesteuer-Kontra- ventions\fachen erwachsende Porto insoweit zu tragen, als der betreffende Kontravenient zur Erstaitung nit herangezogen werden kann, daß im Uebrigen aber das von den Staatsbehör- den in derartigen Angelegenheiten vorgesho}ene Porto im Falle der Uneinziehbarkeit auf die Staatskasse zu übernehmen ift.

Hiernah haben die Magistrate ein Interesse dabei, daß die an fie ergehenden Verfügungen der Staatsbehörden in Gewerbe- steuer - Kontraventions\ahen den bestehenden allgemeinen Vor- riften entsprehend (8. 1 des Regulativs vom 28. November 1869 und Cirkular-Verfügung vom 30. Juni 1871) von der betreffenden Staatsbehörde frankirt werden, weshalb die Bezirks- regierungen veranlaßt worden find, den gedachten Vorschriften gemäß künftig auch in Kontraventionssachen der fraglihen Art ¿u verfahren.

_— Der General-Lieutenant und Inspecteur der Gewehr- fabriken Wolff von Linger hat fih in dienstlihen Angele- genheiten nah dem Elsaß und Thüringen begeben.

Der Vice-Admiral z. D. Jachmann, zuleßt Befehlg- haber der sämmtlichen in Dienst gestellten Seestreitkräfte, hat feinen Wohnsiß von hier nach Oldenburg verlegt.

Der Kaiserlich Königlich österreihish- ungarische Gesandte am Königlich dänischen Hofe, Graf Kalnotcki, ift gesiern Abend nach Kopenhagen abgereist. F Gil

Hannover, 14. April. Ihre Königliche Hoheit die erzogin Wilhelm von Mecklenburg ist gestern Nachmittag Uhr 45 Minuten hier eingetroffen.

Bayern. München, 13. April. Zufolge Allerhöchster Bestimmung wird am 24. d, M. am Königlichen Hofe das Fest des Ritterordens vom h. Georg gefeiert werden, und werden, wie die „Allg. Zig.“ meldet, bei Demttben die Prinzen Ludwig und Leopold den Rittershlag als Großpriore erhalten. Seit 1870 war kein Ritterfest mehr abgehalten worden.

__— Das Heute ausgegebene „Geseß- und Verordnungsblatt“ veröffentliht den Königlichen Abschied für den Landrath von Oberbayern, in dem es heißt: „Der Landrath hat in rihtiger Würdigung der hohen Bedeutung, welche die Förderung und Hebung des Volks\hulwesens und hiermit der Volksbildung behauptet, diesem wichtigen Gegenstande, wie in den Vorjahren, fo au bei seiner legten Versammlung eine besondere Bedaht- nahme zugewendet und bedeutende Mittel für diesen Zweck be- willigt. Wir nehmen hiervon gern Veranlassung, demselben hierfür Unsere volle Anerkennung auszusprechen.“

Der Staats-Minister Dr. v. Fäustle wird erst in einigen Tagen wieder nah Berlin abreisen.

Braunschweig. Braunschweig, 14, April. Der Ge- neral v. Voigt3-Rhez hatte am Sonntag cine längere Audienz bei dem Herzog und nahm später an der Herzoglihen Tafel Theil. Am Montag hat \ih derselbe zu einer Inspektion des zweiten Bataillons des 67. Infanterie-Regiments nah Blanken- burg begeben, von wo er heute nah Hnnnover zurückehrt.

Sachsen-Altenburg. A [tenburg, 14. April. Die Geseßsammlung enthält: Bekanntmachung des Herzog- lihen Ministeriums, Abtheilung des Innern, die Bildung eines allgemeinen altenburgischen Baugewerken - Vereins betreffend. Vom 283. Februar 1874. Geseg, betreffend die Aufhebung einiger Vorschriften des §. 123 des Grundgeseßes vom 29. April 1831 über die Wahlen der Vorstände der Stadträthe. Vom 2828. Sfentlid S s Ministerial-Velannimacung, die Ver- offentliqung der Einträge in die Handelsregistern ; Vom 9. März 1874. 9 9 B A

Bremen, 9. April. Die Bürgers haft beschäftigte gestern mit ihrem eignen Wahlgesez. Es wurde beschlossen, bie gestellten Anträge, welhe namentli auf eine gerechtere Verthei- e De ras A die Wählerklassen gerihtet waren,

Lepulation wegen Verringerung der Zahl d ürger- \chaftsmitglieder zu Séovelan, E E E

Oesterreich - Ungarn. Wien, 13. April. Wie die „Wiener 3.“ meldet, hat der Kaiser am 9. d. M. den zum Mi-

Borchardt in besonderer Audienz empfangen und d - B aN een gegen dcis y E

Aus Rom wird dem „Ung. Lloyd* telegra irt, da Graf Paar das Kaiserlihe Schreiben am 10. d. M. den Babe

Der apostolishe Nuntius Erzbishof Iacobini trifft heute Abend hier ein.

Pest, 13. April. Der hauptftädtishe Finanzaus\{huß wird bei der Generalversammlung des Munizipiums die Einberufung einer Enquête unter Betheiligung der Handelskammer und der Handelsfreise verlangen, um über die Mittel zur Hintanhaltung des drohenden Verfalls des Getreidehandels zu berathen.

Schweiz. Bern, 14. April. (W. T. B.) Der Bun- desrath hat eine Verordnung erlassen, wonach Tele gra- phenlinien im Innern der Schweiz dem Publikum zur Privatbenuzung miethweise überlassen werden können. ** Dur Urtheils\spruch des hiefigen Appellationshofes find die renitenten Mitglieder des fkatholishen Kirchenge- meinderaths von Charmoille im Berner Iura abge- seßt worden.

Niederlande. Haag, 11. April. Graf Sievers, Lega- tionsrath bei der russishen Gesandtschaft am niederländischen Hofe, hat \ich vorgestern vom Haag nach Amsterdam begeben und wird dort einige Tage verweilen, um aus Anlaß der bevor- stehenden Ankunft des Kaisers von Rußland in der nieder- ländishen Hauptstadt einige vorbereitende Anordnungen zu treffen. P E E E

In einer gestern abgehaltenen außerordentlihen Sißzung des Gemeinderaths von Rotterdam wurde die offizielle An- zeige gemacht, daß der König und die Königin den daselbst am 21. Mai aus Anlaß des 25jährigen Regierungsjubiläums stattfindenden Festlichkeiten beiwohnen werden. Der Gemeinde- rath nahm diese Eröffnung mit lebhaftesten Beifallsrufen auf.

Großbritannien und Jrland. London, 13. April. Auf Dsborne empfing die Königin am Freitag die von der Goldküste zurückgekchrten Commandcure der Eingeborenen-Trup- pen, Kapitän Glover und Kapitän Sartorius. Es wurde ihnen die Chre zu Theil, zur Königlichen Tafel gezogen zu werden. Prinz Arthur wird, nachdem er drei Jahre beim ersten Ba- taillon der Schüzenbrigade gestanden, demnächst in das in Maid- stone ftationirte 7. Husaren-Regiment eintreten, um so seine Dienst- runde in den verschiedenen Zweigen des Militärdienftes zu kom- pletiren.

_— Der Kaiser von Rußland wird den gegenwärtigen Dispositionen zufolge ers am 15. Mai in England eintreffen. In Folge dieses Besuches wird die Königin ihren üblichen Früh- jahrsbesuch in Balmoral ausfallen lassen. Zu Ehren des Kai- sers wird eine große Truppen-Revue im großen Park von Wind'or stattfinden, und in Verbindung mit derselben werden 10,000 Mann Truppen auf dem Kavallerie-Uebungsp'ate in der Nähe von Windsor kampiren.

Der Premier-Minister Disraeli und Lord Derby find anläßlih der heute wieder beginnenden Parlaments- session vom Lande noch London zurückgekehrt. Die übrigen Minister hatten die Hauptsiadt während der Osfterferien niht verlassen.

Frankreich. Paris, 13. April. Der Präfident Mar- \chall Mac Mahon besucht heute die Stellen, wo die neuen Pariser Forts errihtet werden sollen.

. Im Kriegs-Ministerium beschäftigt man ih gegen- wärtig mit der Bewaffnung und der Equipirung der Terri- torial-Armee. Im Monat Mai sollen die Bestellungen in dieser Hinsicht gemacht werden.

Die Seine-Präfektur hat an den Mauern von Paris folgende Bekanntmachung anschlagen lassen:

eTerritorial Armee. - Klassen 1866, 1865, 1864, 1863, 1862, 1861, 1860, 1859, 1858, F857, 1856, 1855. Laut den Instruktionen des Kriegê-Ministers ist der Termin für das E-nschreiben in die Listen der Territorial-Armee bis zum Samstag, 25. April 1875 cin- shließlich verlängert. Die Leute der obenerwähnten Klassen, die si noch nicht haben einschreiben lassen, werden in ihrem cigenen Interesse aufgefordert, sih bis Ablauf des ncuen Termins auf der Maîrie ihres Domizils einzustellen und die zu ihrem Einschreibcn auf die Listen der genannten Armee vorgeschriebenen Erklärungen abzugeben.“

Der Herzog von Aumale isst gestern aus Lyon in Paris angekommen.

Der Civil-Ingenieur Lander wurde gestern morgen unter der Anklage, fich bei der Kommune betheiligt zu haben, verhaftet. ¿ ;

14. April. (W. T. B,) Die Bonapartisti efinnten Mitglieder des Generalraths von Koi ta der Sizung des leßteren niht ershienen, um dadurch gegen das Verhalten des Prinzen Napoleon, des Vorsizenden des Gencral- raths zu protestiren. Die Sizung des Generalraths, zu der von 60 e nur 19 erschienen waren, mußte deshalb vertagt werden.

Spanien. Madrid, 13. April. (W. T. B.) Der Admiral Topete ist gestern hier eingetroffen. Derselbe hat einem Ministerrathe beigewohnt und mehrfache Besprechun- gen mit den einzelnen Ministern und anderen hervorragenden politishen Persönlichkeiten gehabt. Der Admiral wird morgen sich wieder nah dem Hauptquartier der Armee vor Bilbao zurückbegeben.

Ein Telegramm aus Bayonne, 14. April, Morgens, meldet: Die Verhandlungen zwischen den um Bilbao ftehen- den Carlisten und Regierungstruppen sind abgebrohen. Der Wiederbeginn der Feindseligkeiten steht bevor.

i Italien. Rom, 11. April, Der Kronprinz Humbert hat die Ehrenpräsidentschaft der internatianalen Blumen- und Garten- frühte-Ausftellung und des botanischen Kongresses, welche näch- sten Monat in Florenz eröffnet werden sollen, angenommen. ‘Der Prinz Leopold von Bayern nebst Ge- mahlin, Erzherzogin Gisela sind von Turin im ftrengften Incognito in Mailand angekommen. Die „Ftalienishen Nachrichten“ veröffentlihen heute LE der Rubrik: „Unsere Informationen“ folgende Er- arung: „JItalienishe und andere Blätter haben in leßter eit mehrfa von Unterhandlungen gesprochen, elche stattgefundee ea MS Versöhnung des Vatikans mit der italienisch:.n Regierung. an gab fogar eiue Reihe von Einzelheiten an, nannte die Ptrsdilèn, welde am meisteu dabei betheiligt gewesen seien, und als Basis der Versöh- nung wurde ein Abkommen über das Exequatur der Bischöfe hinge- tellt, worüber man von beiden Seiten übereingekommen wäre. Alle diese Gerüchte sind gänzlih grundlos. Die Regierung halt \ich bei der Ertheilung des Placet und Exequatur ganz genau an die Vo:- schriften des Gescßes vom Jahre 1871 und hat dem Vatikan betre 3 der Präsentation der Ernennungsbulle gar keine Vorschläge gemacht. Zwei oder drei Bischöfe haben sich allerdings nicht selbst um die Ertheilung des Königlichen Erequatur beworben, sondern dritte Personen beauftragt, dem betreffenden Syndikus ihre Bulle vorzulegen und für sie das Ere- quatur zu verlangen, und dem steht der Geist des angeführten Gesetzes nicht im Wege. Ebenfo bedarf eine andere Nachricit der Berichtigung. Œs heißt, die neapolitanischen Bischöfe ern-nnen, ohne das Königlicle

in besonderer Audienz überreicht habe.

rung nicht offiziell anzcigen, so werden sie von dieser auch nicht in den Genuß ihrer Benefizien eingeseßt, und sie sind zwar die Seelsorger ihrer Gemeinden, bleiben gber ohne Gehalt. Ju den Streit des Bischofs von Mantua mit den von ihren Gemeinden ernannten Pfar- rern hat si die Regierung nit eingemischt, sondern ganz unbekümmert um die E Frage nur für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung geforgt. :

Türkei. Belgrad, 13. April. Der Sultan hat seinen Ober-Ceremonienmeister und seinen Adjutanten nah Varna ent- sendet, um daselbst den Fürsten Milan zu begrüßen. Der Fürst wird die Reise nah Konstantinopel auf der Yacht „Petrew befinde machen; in seiner Suite werden fich etwa 40 Personen efinden.

Schweden und Norwegen. Sto ckholm, 10. April. Der Reichstag hat heute den Regierungsvorshlag zum neuen sogenannten „Mellemrigslov* für Shweden und Norwegen in unveränderter Form angenommen. Derselbe Vorschlag wurde {hon früher vom Storthing genehmigt.

_: Nach der Verabschiedung des Justiz - Ministers Adler- creuß hat der Staatsrath Bredberg die Geschäfte des Justiz- Ministeriums übernommen.

Der Amtmann im Amte Malmöhus, v. Troil, welcher um seinen Abschied eingekommen is, wird von dem früheren Justiz-Minister Adlercreuß in diesem Amte erseßt werden.

“- Amerika. Betreffs der Vertheilung der L!avra:an- Entschädigung meldet eine Washingtoner Depesche der „New - York Tribune“, daß das Justiz - Komite des Repräsen- tantenhauses in seiner Sizung vom 29. März dic Hauptpunkte des Gesezentwurfs festgestellt habe, betreffend die Vertheilung des Genfer Zuerkennungsfonds. Die erste Resolution be- trifft die Ausschließung der Versicherungs - Gesellschaften von der Vertheilung des Fonds. Man i|st der An- sicht, daß- fie durch ihre erhöhten Prämien für ihre Verluste völlig entshädigt wurden. Die zweite Resolution ver- fügt, daß die Eigenthümer von gekaperten Schiffen und Ladun- gen eine dem Uebermaß des Verlustes über die erhaltene Ver- fiherungsfumme gleihe Summe erhalten sollen. Die dritte Resolution bestimmt, daß Personen, die bei der Verficherung ihrer Schiffe und Ladungen Kriegsrisikos zahlten, eine Summe céhalten sollen, die der Differenz zwischen den wirklih gezahlten Prämien und den Prämien, die unter gewöhnlichen Verhält- nissen gezahlt worden wären, gleichkommt.

Asien. Ueber die Hungersnoth in Bengalen liegt heute das vom 11. April datirte Wochentelegramm des Vice- Königs vor. Demselben zufolge is in den Preisen wie in der allgemeinen Situation \eit dem Telegramm vom 4. keine we- sentlihe Veränderung eingetreten. Die größten Schwierigkeiten find nah dem Bericht des Statthalters auf den Distrikt Tirhut beshränkt, von wo die jüngsten Berichte indeß günstig lauten. Vier neue Hungersnoth-Todesfälle sind gemeldet worden; im Ganzen 17.

Buitenzorg, 13. April. (W. T. B) Die an der Westküste von Sumatra belegenen Bezirke haben von Troemon bis Waylah die niederländische Oberhoheit anerkannt. A E dieses Theils der Küste ist deshalb aufgehoben IworDen= i

Aus Singapore meldet ein Telegramm vom 11. d. M., daß bei Sir Andrew Clark, dem Gouverveur der Staatsnieder- lafsungen, einige atschinesishe Gesandte zum Besuch weilen.

Afrika. Der „Wien. Ztg.“ wird telegraphisch aus Alexandrien, 12. April gemeldet: Die ägyptische Re- gierung {loß eine neunprozentige konfolidirte, niht rückäuf- lihe Nationalanleihe von fünf Millionen Pfd. Sterl. ab, welche zum Paricourse emittirt wird. Die Anleihe ist völlig von Eingebornen gezeichnet.

Nusiralien. Aus Melbourne wird unterm 11. d. per Kabel gemeldet: „Das Resultat der zweiten Serie von Wahlen zu dem Parlament von Victoria if der Regierung günstig. Die Vierteljahrseinkünfte von Victoria belaufen sich auf über 1,000,000 Lftr.“ i

Neichstags - Angelegenheiten.

Berlin, 15. April. In der gestrigen Sizung des Deut- schen Reichstags äußerte sich in der Diskussion über 8. 1 des Reichs-Militärgeseßes der stellvertretende Bundes-Bevollmäch- tigte, General-Major von Voigts-Rheßt über die zu diesem Ba pen gestellten Amendements, wie folgt:

, Meine Herren! Das sehr eingehende Referat des Herrn Abg. Mee wird mir gestatten, kürzer zu sein, wie ich es sonst hätte sein müssen.

Das Amendement Bennigsen hat bereits eine Erklärung vom Bundesrathéêtische erhalten; darauf näher einzugehen, erscheint daher nit erforderlich, und es bleiben mir nur übrig die beiden Amen- dements von Mallinckrodt und Ausfeld.

__ Diese beiden Amendements coincidiren in der Hauptsache. Es ist die alljährlihe Feststellung der Friedenspräjsenzstärke durch das Etatsgeseß. Es ist das Amendement Mallinckrodt ein Anschluß an das Geseß vom Jahre 1814, aber mit dem oben genannten Zusatz, der allerdings den Geist und - den Gedanken des Geseßzes von 1814 so wesentlich modifizirt, daß von demselben in dem Amendement wenig übrig bleibt. Die Zusäße in dem Amendement Busfeld, wonach die einjährig Freiwilligen nicht eingerechnet werden sollen, und daÿ für das Jahr 1875 die Friedenspräsenzstärke von 401,000 Mann feftgeseßt wird, unterscheidet im Wesentlichen die beiden Amendements nicht von einander. Eine jährlihe Feststellung der Friedenspräfenzstärke durch ein Etatgeseß trifft nicht dasjenige, was die verbündeten Regierungen fordern zu müssen glauben. Ein solches Etatgesch hängt naturgemäß von der Auffasjung des jeweiligen Reichs- tages ab; es ist möôglih, daß ein solcher Reichstag in späterer Zeit dieselbe Auffassung hat, wie der j:ht tagende; es kann aber auch an- ders kommen. Wenn aber die Reichstage wechseln, so ift es Erfahrung, daß in früherer Zeit fo au bei den Wahlen des zeitigen Reichstags die Armee das Hauptagitationsmittel hat abgeben müssen. Man hat gesagt, es würde si dies nicht ändern, dadurch daß die Friedens- prâ]enzstärke, die Cadres für immer festgestellt wären; man würde bei den Wahlen dem Volke versprehen, man wolle das Geseß ändern, das ift aber ein himmelweiter Unterschied von dem Versprechen, mau wolle das Budget beschränken oder wohl gar nit bewilligen. Ein G-seß kann man eben nur ändern, wenn die Faktoren, welche dabei mitzusprehen habén, darin einverstanden sind; das Budget kann da- gegen einfeitig verworfen werden. Wir würden aber, meine Herren, wenn wir uns auf ein jolches alljährlihes Budgetberathen und Feststellen der Friedenspräsenzstärke einlassen wollten, zu schr unliebsamen Debatten kommen, Was wir in dieser Richtung zu erwarten haben, ist schon ganz flar ausgesprohen. Es handelt si dabei von vornherein darum, daß ganze Waffengattungen gestrihen werden können; es handelt fich ferner darum, daß 21 Kavallerie-Regimenter und eine sehr namhafte Zahl von Bataillonen in der Luft hängen sollen, und daß von den jährlichen Berathungen es abhängen würde, ob diese Regimenter und Bataillone weiter bestehen sollen. Es versteht sih von selbst, daß sclhe Zustände

I

Erequatur erlangt zu haben, eincn Pfarrer nah dem andern. Das dürfen fie thun; aber wenn diese Pfarrer ihre Ernennung der Regie-

in der Armee demoralisirend wirken und Erbitterung erzeugen müßten, das aber fönnen Sie nicht wünschen, die Regierung ebenso wenig.

Mich anschließend an die Aeußerungen des Hrn. v. Benningsen glaube auch ich, daß die Armee die glücklihe Stellung im Lande hat, als ein Eigenthum des Landes angesehen zu werden, daß Jeder \ih als ein Stûück der Armee und die Armee als ein Stück von sich ansieht.

Das Interesse, meine Herrèn, was die verbündeten Regierungen an dem Zun andekommen dieses Geseßes nehmen, is gewiß eben fo groß wie das, welches Siè selbst daran haben. Die verbündeten Re-

ierungen wissen, daß, wenn einmal ein Reichstag kommt, der andere

uffassungen als der gegenwärtige hat, dieses deshalb feineswegs ein |

ogenannter illoyaler Reichêtag zu sein braucht und do der Regierung ses größten Verlegenheiten bereiten kann. Wir wissen aus den Mit- theilungen in der Kommission, die von Seiten des Centrums gemacht sind, und denen von feiner Seite des Centrums widersprohen worden sind, daß es si darum handelt, die zweijährige Dienstzeit cinzufübren, daß man von der Ansicht ausgeht, die einjährige Dienstzeit sei cine Ungerechtigkeit, die Cadres feien zwar nicht gesezwidrig, aber auch nicht

* geseßzlich festgestellt. Wir wissen ferner, daß man der Meinung ist,

mit einer Friedenspräsenzstärke von circa 300,000 Mann die Armee fünftig im Stande erhalten zu können. Dies ist aber synonym mit einer Dienstzeit von etwa 1 Jahr 8 Monaten bei der Infanterie. Wir wissen ferner durch die Mittheilungen einer andern großen Partei, daß sie allerdings eine gewisse Cadreszahl bew.lligen will, daß fie si aber vorbehâlt, diese einmal auch nicht zu bewilligen, wenn die Ver- hältnisse ihres Erachtens es gestatten sollten. Nun stehen die augen- blicklihen Majoritätsverhältnisse im Hause derart, daß ein anderer Reichêtag diefe beiden Parteien um so viel Stimmen vermehren kann, daß dieselbe dann die Maj rität habe. Sie würden gewiß weit ent- fernt sein zu glauben, daß sie nunmehr isloyale Parteien seien, weil fie eine andere Meinung haben als die heutige Majorität.

Der Herr Abg. Richter hat hervorgehoben, wenn subversive Ten- denzen im Reichstage zur Sprache kämen, dann würde der §. 1 mit einer fixirten, dauernden, oder zeitweise fixirten Friedensprä)enzstärke Feine Abhülfe bieten. Das ist allerdings insofern richtig, als ein folher Reichétags das Budget verwerfen oder so verstümmeln kann, daß damit nicht regiert werden kann. Das ist aber dann wieder be- denklich, weil die Verfassung vorgesehen, wie die Regicrung in solchem Falle verfahren könnte. Man würde voraussihtlich auf einen Appell an das Land eine Antwort bekommen im Sinne der Regierung. Wollte man Absetßungen vorausfeßen, die den Bestand der Armee unmöglich machen, indem z. B. der Reichstag das Futter für die Pferde, Löhnung, Verpflegung, Ausrüstung für die Leute und was dergleichen mehr ist, nicht mehr bewilligen wollte, so ist Gott sei Dank! eine solche Kenntniß über die Armceverhätnisse im Lande, daß Jeder wissen würde, was er da zu thun hätte, wenn die Regie- rung bâte, andere Abgeordnete zu shick :

Es darf hervorgehoben werden, daß in dicefem Geseße gegeben wird, was sie fordern, das heißt: daß viele Dinge, die bisher im Wege der Verordnung geregelt sind, nunmehr im Wege des Gesetzes geregelt werden sollen. Während seither Verordnungen die Mög- lichkeit einer leihten und fluxiblen Verwalturg der Regierung ermöglichte, soll dies jeßt geändert werden. Jch nebme nicht an, daß Sie dieie meine Worte dahin verstehen werden, cs handle fich hierbei um Willkür und Parteilichkeit. Sie kennen unsere Instruktion, haben sich ernstlih damit beschäftigt, und- wissen daher, daß es der Heeres- verwaliung fern liegt, Parteilihk.it und Mißwollen bei der Ausfüh- rung diescr Instruktionen zu üben. ,

Eine Reihe konstitutioneller Bedenken sind es nun, wenn ih den Verhandlungen richtig gefolgt bin, die dem vorliegenden Gesehe in der Ferm, wie die Regiecung es gefordert hat, entgegentreten. s

Zunächst, daß Sie den berechtigten Einfluß des Reichstages auf die Angelegenheiten dec Armee durch eine dauernde Fixirung der Cadres und der Friedenspräsenzstärke bedroht glauben. Ich kann die- sen Grund nit für durchschlagend erachten; sobald das Gefeß perfekt ist, wird der Richter angesprochen, oder, wie das sonst geschieht, der Weg der Petition an den Reichstag beschritten werden, um etwaige Remedur cintreten zu lassen. E A E F

Ein zweiter vielfah besprohener Grund ist das beschränkte Budgetreht gewesen. Es ist rihtig, daß, wenn Friedenspräsenzstärke und Cadres festgeseßt sind, wenn, wie es in den l:ßten verflossenen fieben Jahren der Fall gewesen ist, eine Summe Geldes pro Kopf bewilligt würde, daß darn das Budgetrecht ein äußerst eingeschränktes sein würde. Anders steht die Sache aber, wenn nur die Friedenêprä- senzstärke fixirt wird. Sie werden jede einzelne Positiou Jhrer Prü- fung und Ihrer Berathung unterziehen. Es ist bereits gesagt worden, daß der Militäretat eine große Zahl von Titeln enthält, die aus- \{ließlich nah wie vor Ihrer Prüfung und Ihrer Entscheidung un- terbreitet sein werden; aber auch die andern Titel, die jeßt mehr oder minder beshränkt sind, lassen immerhin einen sehr weiten Spielraum offen. Es handelt sich aber nicht blos um das Ordinarium, sondern, da jede Armee auch vem Extraordinarium lebt, um dieses; es handelt sih ferner um Nactragskcedite, um Ermäßigung oder Steigerung der Preise, wobei ich nicht unterlassen will, zu bemerk:n, daß es mir allerdings außerordentlih sachgemäß erscheint, wenn man Fachmänner über die Preise fragen würde, womit aber keineswegs ausges{lossen wäre oter bestritten werden könnte, daß nur vom Reichstage zu ent- scheiden sein würde, in wie weit dergleichen Urtheilen Folge zu geben wäre. - i ;

Es ift fernerhin angedeutet, daß das Budgetreccht nur in demselben bes{ränkten Maße vermindert werden würde, wie dies durch jedes andere Finanzgeseß, welches anstandslos durch das Haus gegangen ist, geschieht, Ich erinnere an das Invalidengeseß. Dasselbe fordert die Anerkennung des Invaliden und die Zahlung der Be an ihn; das Reichs- beamtengeseß nicht minder, wenn der Reichstag eine Abseßung feiner Kompetenzen eintreten lassen sollte, so hat derselbe ein klagbares Recht darauf. Wenn das Deutsche Reich in die Lage kommen wi.rde, eine Anleihe zu machen, so würden für die Amortisation und für die Zinsenzahlung Zahlungen geleistet werden müssen; es ist unzweifelhaft richtig, daß Sie die Bewilligung ausgesprochen haben, aber cs ist damit nicht ebenso ausgesprochen, daß Sie die Bewilligung unter- lassen könnten. Eigentlich steht es nicht anders mit dem Militärbudget. Es darf auch nich: übersehen werden, meine Herren, daß es sich nit um einen Zwang, sondern um eine Sclbstbeshränkung handelt, die der Reichstag sih auflegt, eine Selbstbeshränkung, der sih der Staats- mann so wenig entziehen darf, wie der Privatmann.

Die finanziellen Bedenken, meine Herren, die hier Ausdruck ge- funden haben, müssen anerkannt werden. Sie wissen, daß das Pausch-

uantum, als es bewilligt wurde, nicht bles ven dem damaligen riegs-Minister, sondern auf allen Seiten des Hauses als unauékömm- lich betrachtet wurde; man glaubte, die Kompensation in der Ofkupa- tion und im Retablissement zu finden, hat sie au theilweise gefun- den, aber nit vollständig. Man ift dadurch gezwungen worden, zu allen möglichen Virements zu greifen. Man hat die Rekruten später eingestellt, Wintermanquements eintreten lassen, die Ein}jährig-Freiwilligen auf den Etat genommen; das alles waren finanzielle Nothwendigkeiten, die immer mit s{werem Herzen von Seiten der Heeresverwaltung acceptirt worden find, aber unter dem Drang der Verhältnisse acceptirt werden mußten. Es ist nothwendig, daß eine wesentlihe Erhöhung der Geldmittel bewilligt werde. Das Budget fordert von Jhnen im Ganzen 19 Millionen mehr, eine Summe, von der man wohl nach den Ausführungen, die in diesem Hohen Hause wiederholentlich ge- bört worden sind, glauben durfte, daß fie in sofern mit Befriedigung aufgenommen werden würde, als man auf eine Budgeterhöhung von 125 oder 130 Millionen gefaßt zu sein schien. 5

Es ist vielfach ausgesp:ochen worden, daß die Gelder nicht pro- duktiv angelegt seien, welche für die Armee gegeben würden. Das ist richtig ; die Armee kann nicht produktiv sein in dem Sinne wié Eisen- bahnen, Forsten, Bergwerke u. #. w., aber so ganz unvroduktiv sind die Gelder nicht angelegt. Es ist in neuerer Zeit voin Professor Jäger ein wissensaftliches Werk herausgegeben, welches unter Ande- rem nachweist, daß die aktive Dienstpflicht im Heere eiu außerordent- lich großes Kapital an Arbeit entwickelt, indem fie den einzeinen Mann zur Arbeit stählt und erzicht. Und, meine Herren, ich bitte Sie, doch nicht zu vergessen, daß die Armee keine? Jsolani gewesen ist ; sie ist stets zur reten Zeit gekommen, und hat redlich alles zurü- bezahlt, was für sie gegeben ist.

Der Hr. Abg. Reichensperger sagt, das Volk würde übermaßig belastet, und zitirt eine Aeußerung, daß die Regierung bereits vom Kapitalstock des Volks zu zehren anfange. Es ist rihtig, die Armee kostet Geld, sehr viel Geld, aber wenn die Armee gut ift, wenn sie ihre Zwecke erfüllt, dann bleibt sie relativ billig, wogegen, weun sie ihren Zweck nicht erfüllt, sondern geshlagen wird, dann ist sie eine

Verschwendung. Kostet die Armee nun wirklich relativ so viel Geld? |

Gestatten Sie, daß ih einige Zahlen über die Armee - Budgets der maßgebenden großen Staaten mittbeilen darf.

Franfreih hatte im Jahre 1868 rund 92 Millionen Thaler, im Jahre 1874 124 Millionen Thaler, also eine Differenz von 31 Millionen oder 34 Prozent es ist dies lediglich da3 Ordinarium -- ; Oesterreich steigt in denselben Jahren von 50 Millionen auf 67 M llionen, also um 16 Millionen oder 32 Prozent; Rußland von 112 Mislionen auf 144 Millionen und wird in den nächsten drei Jahren auf 148 Millionen steigen, also um 32 Millionen oder um 29 Prozent ; Jtalicn von 38 Millionen auf 44 Millionen, also um 6 Millionen oder 16 Prozent; England hat 105 Millionen, eine Zahl, die alternirend etwas böher, etwas geringer gewesen ift, Deutschland steigt von 99 auf 95 Millionen und durch das demnächst Ihnen vorzulegende Budget im Ganzen auf 109 Millione-, also um 19 Millionen oder um 20 Prozent.

Die Friedenspräsenzstärken, meine Herren, sind wiederholentlih hier genannt worden; ich darf Sie durch Wiederholung nicht ec- müden, jedenfalls abzr, wenn Sie die Zählenverhzältnisse des Budgets und die Fricdenspräsenzstärke mit einander in Vergleich stellen wollen, werden Sie uns das Zeugniß nicht vorenthalten, daß wir billig wirth-

schaften und keine Gelder vergeuden. Damit ist die Sache aber noch |

nicht abgethan. Für die Steuerzahler tritt noch hinzu das Budget der Marine. Dieses hinzugerechnet stellen sich die Zahlen folgender- maßen : Frankreih und Rußland 165,000,000, Deutschland 118,000,000. Urtheilen Sie bitte selbst, daß die relative Belastung mit Rüdfsicht auf die Bevölkerungszahl keine zu große ist,

___ Jett wende ih mich zu der Präsenzziffer. Diese Präsenziffer ist wiederholentlih als zu hoch bezeichnet; sie ist es in der That nicht. Die allgemeine Wehrpflicht und -die dreijährige Dienstzeit sind dur die Verfassung festgestellt. Die Majorität dieses Hauses glaubt mit den verbündeten Regierungen, daß, die provisorische Formation ausge- nommea, die Cadres zureht bestehen.

Endlich, meine Herren, giebt der Mobilmachungsplan mit seinen Beilagen auf Grund des §. 61 der Verfassung die Stärke der Kriegs- armece an. Diese Stärke ist von Niemand bemängelt worden.

Wollen Sie diesen Faktorcn fsämmtlich volle Rechnung tragen, dann würden Sie bei durhgeführter dreifähriger Dienstzeit und bei der Nothwendigkeit, zur Kriegskompletirung der Armee 190 Rekruten in die Bataillone einzustellen, gezwungen sein, die Bataillone von 9566 auf 610 Mann zu erhöhen, d. h. die Armee statt 401,000 etwa 434 000 Mann ftark zu machen und wollten Sie auch die allgemeine Wehrpflicht zur vollen Wahrheit machen, dann würden Sie die Armee auf 450,000 bis 454,000 Mani bringen müssen.

Die Zahl von 401,000 Mann ist, wie bekannt, auf das eine Prozent der Bevölkerung von 1867 basixt. Schon jezt ist eine Herab- minderung eingetreten; in 5 Jahren werden wir um 30,000 Mann, in 25 Jahren um 100,000 Mann unter die jeweilige Präsenzziffer berabgemindert sein, wobei ih nur annehme, daß die Bevölkerung in Deutschland gleichmäßig, richt progressiv steigt.

Die Regierungen haben aber geglaubt, mit 401,000 Mann weiter- hin fertig werden zu können und eine Vermehrung nicht vorschlagen zu sollen, mit Rüdsiht auf andre Verhältnisse und auf die Finanzlage. Sie wissen, daß mit der Stärke von 401,000 uud mit der Kriegs- stärke von 1,251,000 Mann es nothwendig ist, eine große Zahl von Mannschaften nach zweijähriger Dienstzeit zu beurlauben, und daß diese Beurlauburgen unter dem Drucke des Pauschquantoms bis zu zwei Dritteln des zur Entlassung kommenden Jahrganges hincufgeschraubt wurden; mit diesen zwei Dritteln glauben aber die verbündeten Regierungen die Schlagfähigfkeit des deutschen Heeres nicht aufrecht halten zu können, und fie sind ge- zwungen, davon zurückzugehen und die Beurlaubungen einzuschränken in einem Maße, daß das Interesse der Armee gewahrt bleibt, und daß dennoch die bürgerlihen Verhältnisse des Individuums berück- sichtigt werden.

Die Gründe, meine Herren, eine Herabminderung der Friedens- präsenzstärke niht anzunehmeu, beruhen nun einerseits in unserer augenblicklich gespannten Lage. Sie erkennen an, daß die Lage der Dinge der Art ist, daß cine Verminderung, sei es in der Stärke, sei es in der Qualität der Armee, nicht geduldet werden kann. Diesen Stand- punkt nimmt au die Militärverwaltung in vollem Maße mit Jhnen an. Von hier aus aber, meine Herren, trennt sich die Auffassung der Hceresverwaltung von der Ihrigen. Der Gedanke, in späteren Zeiten eine andere Organisation, eine Verminderung der Dienstzeit in der Kopfstärke eintreten zu lassen, geht von der Meinung aus, daß eine eine Friedensära eintreten werde, die uns dazu berechtigt. Eine solche Friedensâra, meine Herren, kann allerdings ex post schr wohl erkannt werden, fie aber pro futuro zu erkennen, wird wohl Niemand gegeben jein. Wollen Sie berücksichtigen, daß wir im Jahre 1830, im Jahre 1848 und 49, im Jahre 1850, 1856, 18958, daß wir im Jahre 1864, 66, 70 vor großen Kriegen gestanden haben, viermal zum Kriege gekommen find, die anderen Male wieder abgerüstet haben. Nun aber ift unfere Armee wie alle Armeen, die auf der allgemeinen Wehrpflicht und auf dem Cadresystem beruhen, nicht in der Lage wie Armeen, die auf dem Werbesystem beruhen, zeitweise sih verstärken oder vermindern zu können. Jede Jahreseinftellung und toe Jahrsentlassung bedingt ein Zwölftel der Stärke und ein Zwölftel der Tüchtigkeit unserer Armee, die wi- dereinst ins Feld stellen sollen. Jch möchte Sie fragen, meine Herren, wer will entscheiden, ob die Mannschaft, die wir heute eingestellt haLen, über zwölf Jahre aus- der Landwehr ausscheidet, oder ob sie vor dem Feinde steht? Das kann Niemand. Meine Herren! Es ist ein alter Spruch: keine Natien darf die Lehren der Geschichte ungestraft ignoriren. Jch will nicht hinausgeben in die alte Geschichte, da könnte ih der Beispiele viel anführen, sendern ich halte mich genau an unsere vaterländischen Verhältnisse. Jch erinnere Sie daran, meine Herren, daß in den Revolutionëfriegen Preußen viermal, im Felde dreimal gefochten hat für feine Unabhängigkeit, daß Oesterreich viermal, Rußland dreimal, daß Spanien die Waffen nicht niedergelegt hat, ebenso wenig England. Das waren schwach bevöskerte, finanziell s{chwache Staaten, unter einem furchtbaren Dru:!e leidend, und dennoch haben sie es möglich gemacht, immer wieder auf- zustehen, als es sich darum handelte, ihre Freiheit zu erringen. Mit welchem Rechte darf man nun glauben, daß das große Frankrei mit 374 Millionen Bewohnern sich in einem ersten Kriege werde für immer niedergeworfen ecrachten? Im Gegentheil, es kann D einem zweiten Kriege schreiten, ja, wenn der zweite unglücklich, so ift es mögli, in einem dritten aufzustehen, und wenn es einsieht, daß es zu selbständiger Aktion zu shwach, so wird es voraus- sichtlich feine Freunde da suchen, wo wir unsere Feinde zu finden

aben, ¿ s Ich möchte an die Aeußerung des Hrn. Abg. Reichensperger an- knüpfen, der sagte: Die Koalition werde uns gefährden und dieser Koalition müssen wir gewachsen sein. Das Deutsche Reich davon bin ich so innig überzeugt wie irgend einer von Jhnen is zwar ein großes, ein starkes und in der Einigung ernsthaft begriffenes Reich, aber, meine Herren, es ist nicht alt, niht geeint und nicht stark genug, um {on Niederlagen ertragen zu können; wir dürfen nicht anders renen als mit dem Siege, und wollen wir eine fieghafte Armee haben, dann dürfen wir nicht feilschen mit den Mitteln, die die Armee fordert an Menschen und an Geld. E

Meine Herren! Es ist von dem Herrn Referenten bereits die große Zahl derjenigen Mannschaften, die in den verschiedenen Armeen um Kriege vorbereitet werden, aufgeführt worden. Sie haben dem Linen großen Werth beigelegt, und das spricht für die guten deutschen Nerven und für Ihre militäcishen Kenntnisse, die Jhnen fagen, daß große Haufen ausêgebildeter und braver Leute noh lange keine Armee ausmachen. Aber, meine Herren, es giebt andere Zahlen, mit_ denen Sie es nicht zurückweisen werden zu renen; es sind das die Stärken der Operationsarmeen, wie sie thatsächlich nicht bles auf dem Papier

bestehen. Sie sind genommen aus dem Matecial, welches so offiziell ist, wie cs nur irgend zu haben war.

Meine Herren! Die Operationsarmee in Frankreich besteht nah Abzug der Trains, die Hâlfte der Gcnsd’armerie und die alge- rishen Truppen mit eingerechnet aus 712,000 Mann; die rusfische Armee und zwar nur die reguläre aus 942,000 Manu. Ich hole nach, daß Frankreich 2160 ins Feld stellt, Rußland 2512 Geshüße; Oesterrei hat 548,000 Mann mit 1456 Ge- \{üßen, Deutschland 568,000 Mann mit 1800 Geschüßen. Danach- also sind wic der Kriegsstärke nah die dritte größte Armee. Wir haben demnach alle Veranlassung, wenn wir unsere zeitige politishe Situation, unsere geographische Lage ins Auge fässen, daran zu denken, daß unsere Armee durch ihre Tüchtigkeit er- seßen muß, was ibr in der Zahk gebricht. :

Die Tüchtigkeit der Armee, meine Herren, besteht nun in der Schnell igkeit, mit der sie mobil wird, in der guten Führung, in der guten Bewaffnung und Ausrüftung, in der Ausbildung des einzelnen Mauncs und in der numerischen Stärke, Von diesen sämmtlichen Dingen, meine Herren, dürfen wir wohl nur als unser Eigenthum die Führung und die inn:re Ausbildung #o lanze betrachten, als wir nihté versäumen, in dieser Bezichung immer vorwärts zu reiten

! und uns vor Rückschritten zu hüten. Die anderen Dinge, meine

Herren, können wir nicht als Mcenopol betrachten, nachdem die anderen Armeen ja im Wesentlichen unsere Instituticnen adoptiren. Die all- gemeine Wehrpflicht wird Überall angenommen, das Uebrige wird sich von felbst ergeben. /

Nun fragt es \ich, ob wir denn wirklich alles Mögliche thun, um im Felde als die innerlich tüchtigste Armeen zu erscheinen. Er- lauben Sie mir, Jhnen einiges bezügliche statistische Material zu geben.

Es sind Kriegs-Bataillone zusammengestellt, wie sie sih in Deutsch- land bei zweijähriger, bei unserer jeßigen Dienstzeit, und wie bei fünf- jähriger Dienstzeit darstellen: Es besteht das Kadre bei zweijähriger Dienstzeit aus 464 Mann, die 6 Monate bis 13 Jahre dienen, vorausgeseßt, daß wir im Frühjahre mobil maGen. Dazu kommen 478 Mann Augumentation, die nur eine zweijährige Dienstzeit haben. Bei unsern jetzigen Verbältrissen kommen wir zu einem Kadre von 492 Mann, welche 6 Monate, 1 Jahr 6 Monate und 2 Jahr 6 Mo- nate dienen. Wir stellen uur 459 drei-, eventuell zweijährig Gediente ein. Bei fünfjähriger Dienstzeit bestebt das Kadre aus 475 Mann von F bis 4zjährig gedienten Leuten, 320 Mann von 5 Jahr und 113 Mazn ron 6 Monaten Gedienten.

3 Unter diesen Umnständen frage ich Sie, meine Herren, bei welchem Bataillon liegt die Vorauescßung der größten innern Tüchtigkeit ? Es würde eine Selbstüberhebung der Hcereêverwaltung sein, wenn sie mit den Bataillons Nr. 1 mit Bestimmtheit darauf rehnete, nicht die Schlacht allein, sondern gegen das Bataillon Nr. 2 und 3 siegreich auch den Krieg zu gewinnev. Wir fordern niht mehr in der Dienst- z?it, als wir früher geb&bt haben; wir haben das Recht a priori zu {chließen, daß wir damit auch jeder fünftigen Aufgabe gewachsen sein werden; wir können aber dexen nicht zustimmen, welche behaupten, daß eine zweijährige Dienstzeit auch ausreihe. Es sei denn, daß der Beweis dafür erbracht werde; ich bezweifle aber, daß dies gelingen werde.

Aus einer mir sehr erklärlichen, von mir wohlverstandenen Dis- kretion haben si die Parteien des Hauses nicht gemüßigt gefunden, auch noch auf die zweijährige Dienstzeit einzugehen. Jch folge auf diesem Wege, disfutire diese Frage nit, fo viel Verlockendes es auch an und für sih hat, damit von dieser Stelle aus wieder einmal ganz klar der militärishe Standpunkt unter der veränderten Lage der Jeßtze.t dar- gelegt werde. Ich sliezz, meine Herren, mit dem Ausspruch: wir brauchen eine starke Armee, um eine kräftige und starke Politik zu treiben; wir brauchen eine gefürhtete Armee, um den Frieden zu er- halten. Das, meine Herren, werden Sie nicht erreichen, w:nn Sie alljährlich die Armee in ihrem Bestande in Frage stellen, und deëhalb bitte ih Sie, daß Sie die beiden Amendements, von denen ich An- fangs zu fprecen die Ebre hatte, ablehnen wollen.

Dem Abg. von Mallinckrodt entgegnete der Bundesbevoll- mächtigte, Staats-Minister Delbrück:

Meine Herren! Jch will Jhre Aufmerksamkeit nicht auf lange Zeit in Anspruch nehmen. Jch habe überhaupt nicht die Absicht ge- habt, in dicser Diskussion das Wort zu ergreifen, 1ndesfen ich darf einige von den Acußerungen des Herrn Vorredners nicht ohne Erwide- rung lassen; denn fi: fallen mehr auf das Gebiet, was ich zu vertreten habe, als auf das militärische. Er hat im Eingange seiner Rede ein Bild des Militarismus, des Imperialismus und Cäfacismus ent- worfen, wie er j-t über Deutschland hereindringt, und ich kann viel- leiht dieselbe Bemerkung in Beziehung auf ihn gebrauchen, die er vorher cinem anderen Herrn Abgeordneten gegenüber gebraucht hat. Ich habe das auch schon öfter gehört und gelesen, und 1ch mache ihn nicht zum Autor davon; indessen als Jllustration dieser seiner An- führung hat cr auf zwei Punkte hingewiesen, auf die ich doch mit einigen Worten zurückommen muß. S

Er hat gefcagt: wo find die Milliarden geblieben? Sie find ver- {lungen von der Armee oder für überwiegend militärische Zwecke. Meine Herren, da möchte ich doch daran erinnern: was hatten denn eigentlih diese Milliarden für eine Bedeutung? Diese Milliarden sind von Frankreich gefordert worden als eine Entschädi- gung für die Kriegsfkosten, sie sind niht gefordert worden, damit die deutschen Regierungen sich damit Kapitalien maten, Dieser Forde- rung entsprehead sind die von Frankreich geleisteten Zahlungen ver- wendet, und es war ganz natürlich, daß sie in ganz überwiegendem Maße, abgesehen von der unmittelbaren Deckung der Kriegskosten, verwendet werden mußten theils für die mittelbaren Folgen des Krie- ges, wie z. B. die Pensionen, theils für die Wiederherstellung und Ausbildung der Wehrhaftigkeit des Volkes, mit anderen Worten: im Interesse der Erhaltung des Friedens. Wenn auf die einzelnen Bundes- staaten nah der Erfüllung dieser Zwecke noch Beträge gefallen sind, von denen ih sehr wohl weiß, daß sie nicht sehr groß gewesen sind, so fal- len sie ebenfalls in die Kategorie der Kriegsentshädigung ; denn, meine Herren, durch alles das, was hat direkt ausgeglichen werden können uad Sie clbst haben ja im Laufe der gegenwärtigen Session noch eine Bewilligung in diesem Sinne gemaht durch alles das haben zatlreihe Verluste, welhe die Nation durch den Krieg erlitten hat, ihre Ausgleichung nicht finden können, wie sie überhaupt einer direkten Ausgleichung gar nicht fähig sind. Darin liegt in der That die Berechtigung dessen, daß die einzelnen deutihen Staaten aus der Kriegséentshädigung Zahlungen empfangen haben. Diese Zahlungen dienten auch zur Ausglei{ung von Kriegs\häden, wenn auch in fehr indirefter Weise, und an eine Bereicherung ich wiederhole es an eine Bereicherung für die deutschen Staatskassen hat man bei Fest- seßung der Kriegskosten-Emschädigung niemals gedacht. E

Es ist das ein Stück Militarisinus. Ein Stück Jmperialismu3 oder Câsarismus findet der Herr Vorredner darin, daß es im Deutschen Reich keine Minifter mehr gebe. Jch bin vielleiht der Unbefangenste, der darüber sprechen kann, weil ich im spezifischen Sinne für mein Theil, obgleich ich dieses Prädikat führe, keinen Anspruch darauf mache, aber um deswillen bin ih, glaube ich, ein um so unbefangnener Zenge, um versichern zu können, und ih kann es ofen aussprechen, weil es ja kein Geheimniß ist daß mir die in BDeuischland vor- handenen Minister in meiner Stellung als Präsident des Reichskanzler- Amts und Vertreter des Reichskanzlers schon sehr viel Sorge gematht haben, daß ih versichern kann, sie sind niht weggewischt aus der deutschen Politik und aus dem deutshen Staatswesen, sie reden noch ihr sehr gewihtiges Wort mit in jeder Woche und an jedem Tage.

Das wäre das, was ih über den Câfarismus zu sagen habe. Jch will nicht eingehen auf die Behauptung, daß, sei es die Vorlage der verbündeten Regierungen, sei es das von anderer Seite gestellte Amendement, mit dem si die Regierungen einverstauden erklärt häben, von dem Reichstage verlangt, auf eine vollständige Mitwirkung bei der Gestaltung des Militärbudgets zu verzichten, es ift das eine wie- derholt besprohene und wiederholt widerlegte Behauptung. Jh kann mich wenden zu dem eigentlihen Fond des Vortrags des Herrn. Abgegrdneten, welcher darin gipfelte, daß . er an die Stelle der dreijährigen eine durchschnittlliG zweijährige