1874 / 130 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Jun 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Sachsen. Drcsden, 4. Juni. Die Zweite Kammer erledigte heute in einer halbstündigen Sizung eine Anzahl Pe- titionen und Beschwerden. z |

Nach hier eingetroffenen telegraphishen Meldungen aus Eibenstock find gestern Abend von den am Tunnelbau bei Eibenstock beschäftigten italienischen Arbeitern (circa 200 Mann) Excesse verübt worden. Ein Referendar, 4 Polizeidiener und 2 Ingenieure wurden, wie das „Dr. J.“ meldet, dabei von den Excedenten festgehalten. Von Schneeberg wurde Militär requi- rirt, durch welhes in voriger Naht 56 Italiener verhaftet worden sind. Erhebliches soll nicht vorgefallen sein.

Leipzig, 2. Juni. Für die diesihrigt Ger bstübungen des Königlih \ächsishen Armee-Corps sind, wie die „L. Z.“ ver- nimmt, nachfolgende Bestimmungen getroffen worden: :

„Die Infanterie wird Brigadeürungen auf dem Manöverirterrain bei Dresden bez. auf den durch Nachbargrundstücke entsprehend zu vergrößernden Exercirpläßen bei Baußen, Zwickau und Chemniß ab- halten und zwar die 1. Jufanteriè-Brigade Nr. 45 vom 27. bis mit 31. August, die 2. Infanterie-Brigade Nr. 46 vom 24. bis mit 28. August, die 3. Infanterie-Brigade Nr. 47 vom 25. bis mit 29. August, die 4. Jnfanterie-Brigade Nr. 48 vom 27. bis mit 31. August. Für die in der Zeit vom 3. bis mit 14. September zwischen Lom- matsch, Nossen, Wilsdruff und Meißen atzuhaltenden Divisionsübun- gen der 1. Jnfanterie-Division werden selbigèr drei Escadrons der 1. Kavallerie-Brigade und das Regiment „Corps-Artillerie“, aus\chließ- lich der reitenden Abtheilung, für die in derselben Zeit zwischen Zschopau, Hainichen und Oederan abzuhaltenden Divisionsübungen der 2. Jnfanterie-Division dieser drei Escadrons der 2. Kavallerie- Brigade und das Regiment „Divisions-Artillerie*“ zugetheilt. Die Uebungen der Kavallerie, das Regiment zu 4 Escadrons, nebst zuge- theilter Abtheilung reitender Artillerie werden vom ‘24.-August bis mit 5. September bei Großenhain stattfinden.

AVürttemberg. Stuttgart, 3. Iuni. Jun der vor- gestrigen Sizung der Kammer der Standesherren wurde der Staatsvertrag mit Baden über die Herstellung weiterer Eisenbahnverbindungen berathen. Fürst Hohenlohe-Langenburg erklärte sih dur diesen Vertrag für sehr befriedigt und befür- wortete einen ähnlihen Vertrag mit Bayern, um “insbesondere eine Bahn von Weikersheim nah Würzburg zu Stande zu bringen. Indessen bei Artikel ‘1 fragte Direktor v. Werner: ob in der Ziffer 3 des Artikels 1 des Vertrags, der von dem An- #\{luß .bei Alpirsbah handelt, auch die Annahme des Baues der Bahn von Stuttgart über Böblingen begriffen sei, was Minister v. Mittnacht bejahte. Darauf stellte Fürst Hohenlohe-Langenburg den Antrag: die Bens des Vertrags fo lange auszusetzen, bis über das neue Eisenbahnbaugesey berathen und Beschluß gefaßt sei. Dieser Antrag fand Annahme und wurde somit auf heute vertagt.

Heute hat nun die Kammer der Standesherren mit der Berathung des Gesegentwurfes, betr. den Bau von Eisen- bahnen in der Finanzperiode 1873/74, begonnen und den Art. 1 und 2 (Linie Bietigheim—Hessenthal und Stuttgart—Böb- lingen—Freudenstadt) angenommen, leßtterec mit der Bitte: „daß, soweit thunlih, unbeschadet der Arbeiten auf der Linie Stutt- gart—Eutingen, gleichzeitig die s{hwierigeren Bauten auf der Linie Eutingen—Freudenftadt in Angriff zu- nehmen seien.“

Der Wirkliche Geheime Kriegs-Rath von Mand, bis- her in Königlich preußischen Diensten, ist zum Chef der Oeko- nomie-Abtheilung des Kriegs-Ministeriums ernannt worden.

Baden. Karlsruhe, 3. Iuni. Das Großherzog- lihe Finanz-Ministerium giebt bekannt, daß außer der

General-Staatskasse hierselb, der Ober-Einnehmerei Mannheim .

und dem Haupt-Steueramt Freiburg auch das Haupt-Steueramt Konstanz zur Einlösung der preußischen Friedrihsd'or ermächtigt worden ist “Zuglei wird daraüf uufmerksam gemacht, daß die mit dem 1. April. d. I. außer Kurs geseßten Münzen, nämlith: 1) die Kronenthaler deutschen, österreihishen und brabanter Ge- präges ; 2) die im 20-Gulden-Fuße ausgeprägten ganzen, hal- ben und viertels Konventions- (Spezies-) Thaler deutschen Ge- präges, so wie 3) sämmtlihe Goldmünzen deutshen Gepräges (mit Ausnahme der neuen Reichs - Goldmünzen) nur noch bis zum 30. Juni d. I. umgewehselt werden.

__ Sessen. Darmstadt, 3. Juni. In der heutigen (59.) Sizung der Zweiten Kammer wurde zunähst der gestern bereits mitgetheilte Antrag Goldmann und Genossen über das Octroi mit 24 gegen 21 Stimmen angenommen. Hierauf wurde die Vorlage, betreffend die Vereinigung der Burgkaserne und des sogenannten Feldwebelbaues zu Friedberg mit dem Groß- herzoglichen Familieneigenthum, zustimmend erledigt. Ferner wurde dem Beschluß der Ersten Kammer, daß die für die ver- fallenen Grundrentensheine wiederholt anzuberaumende Ein- lôsungsfrist mit dem 31. Dezember 1875 zu Ende gehen solle, beigetreten. Dagegen wurden der Antrag des Abg. Dernburg auf Nachzahlung der 1872 bewilligten Gehaltsaufbesserung für jenes Jahr an die Forstwarte, ebenso wie der Antrag des Abg. Dumont auf Aufhebung des Gesezes vom 22. November 1872, dic Mitwirkung der Forensen bei der Festseßung des Gemeinde- voranshlags betreffend, abgelehnt; der Äusshußantrag auf Revision des legztgedahten Geseßes fand die Billigung der Kammer. Die Berathung über den Antrag Königer-Küchler auf Erhebung der städtishen Realshule zu Groß - Umstadt zu einer Staatsanstalt wurde auf die kommende Sizung vertagt. Die nächste Sißung findet Freitag, den 5. d. M.,, statt.

Meelenburg. Schwerin, 4. Juni. Die Herzogin Marie und die jüngeren Prinzen und Prinzessinnen Tbe: von gestern an Aufenthalt in Rabensteinfeld genommen.

___ Neustrelitz, 1. Juni. Der Erbgroßherzog, welcher in London die Masern \o leiht überstanden, daß er nah 9 Tagen das Zimmer wieder verlassen konnte, i bereits auf der Heim-- reise und wird morgen zur Eröffnung des Pferde-Zuchtmarktes in Neubrandenburg erwartet, wohin auch die Großherzoglichen Herrschaften von hier aus sich begeben werden.

Neuß j. L. Gera, 3. Juni. Gestern if die Fürstin Mutter ebenfalls von hier abgereist, um a EomiinE enthalt in Shloß Thallwiß zu nehmen. In einigen Tagen wird auch die regierende Fürstin den Osterstein verlassen und sih nah dem Sommersiß Heinrihsruhe begeben, um dort mit dem Fürsten zusammenzutreffen.

Greiz, 2. Juni. Der Fürst und die Fürstin haben ih zu einem mehrwöchigen ‘Aufenthalte nah Schloß Burgk begeben.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 3. Iuni. Der Kaiser hat dem vom galizischen Landtage votirten Gesezentwurfe, mit welhem der 2. Absay des Art. V. des Geseßzes vom 22. Juni 1867, betreffend die Unterrihts\prahe an den Volks- und Mittelschulen Galiziens und Lodomeriens mit dem Groß- uergog ume Krakau, abgeändert wird, die Sanktion ertheilt.

uf Grundlage dieses Gesezges wird nunmehr an dem akade- mischen Gymnasium in Lemberg auch in den vier oberen Klassen

die ¿useuishe Unterrichts\prache, und zwar stufenweise eingeführt werden. ; Karlsbad, 3. Juni. Der Großherzog von Mecklen- burg-Schwerin ist zum Kurgebrauche hier angekommen.

Triest, 3: Juni. Der Gesandte Baron Schwarz-Sen- born ist gestern hier eingetroffen. Derselbe besuchte heute die Hafenbauten, die Schiffswerfte, den „Navale adriatico“, ferner die Handelskammer und die Lloyd-Direktion und nahm die Wünsche betreffs der Handelsgverbindungen Triests nah Amerika entgegen.

Pest, 4. Juni. Der Minister Szapary motivirte in der Konferenz der Deák-Partei die Wahlgesehvorlage. Ein voll- ftändig neues Wahlgeseß sei wegen der Zeitkürze unmöglich; doch

edenke er, den größeren Uebelständen, wie der geringen Anzahl bauptstädtischer Deputirten, durch besondere Vorlagen abzuhelfen. Die Ausdehnung der Reichstagsperiode auf fünf Jahre wird gleihfalls besonders beantragt werden. Ludwig Horvath erklärte, er hâtte ein neues Wahlgeseß gewünscht; - die Novelle werde den Mängeln des 1848er Gcsezes nicht abhelfen, die statistischen Daten seien unzuverlässig. Pulszky wünschte, daß die Census- bestimmungen weggelassen würden und sich auf die Errichtung ständiger Wählerlisten so wie Regelung des Wahlverfahrens be- \{chränkt werde. Der Minister-Präsident Bitto betonte, daß die Regierung nur die Präzisirüng zweifelhafier Bestimmungen be- absihtige und keineswegs an den Details festhalte. Die Vorlage wurde sodann im Allgemeinen angenommen.

Schweiz. VBern, 2. Iuni. Auf der heutigen Tages- ordnung des Ständerathes stand der Auslieferungs- vertrag mit Deutschland, “welhem der Nationalrath {hon im Laufe der legten Wintersession (in seiner Sizung am 31. JIa- nuar d. I.) die Ratifikation ertheilt hat. - Der Ständerath ge- nehmigte denselben ebenfalls ohne weitere Diskussion.

Der Nationalrath begann heute die Berathung des neuen Gesehes über Pfandrechte an den Eisenbahnen, mit welcher der Stänterath sich \chon in der Wintersession be- schäftigt hat. Die Kommission beantragte eine vom Entwurfe des Ständeraths sehr abweichende Redaktion. Heute wurden 3 Artikel erledigt. Im Ganzen umfaßt ‘das Geseß 43 Artikel.

St. Gallen, 4. Juni. (W. T, B.) Der Piesige Große Rath hat die Aufhedung des nach jesuitishem Systeme ein- gerihteten Knabenseminars zu St. Georgen mit 91 gegen 52 Stimmen beschlossen, auch dem Regierungsrathe die Befugniß zur Abberufung renitenter Geistlichen ertheilt,

Niederlande. Haag, 1. Juni. Gestern Nachmittag ist dem Kolonien-Miristerium ein an demselben Tage in Buiten- zorg aufgegebenes Telegramm des General-Gouverneurs von Niederländish-Indien ‘mit nachstehenden Meldungen aus cinem Berichte des Militär- und Civilbefehlshabers in Atchin, des Obersten Pel, zugekommen. Angrisse des Feindes auf Kota- radja, Penajong und Maraksa waren zurückges{chlagen worden, der leßte mit s{hwerem Verluste für den Feind. Dieser nistete fich döstlih auf verschiedenen Punkten ein. Der Gesundheits- zustand war nicht günstig. Der Rath von aht in Penang, in dieser britishen Handelsstadt, ansässigen vornehmen Atchinesen hatte wegen der Bedingungen für die Unterwerfung von Atchin angefragt und {hien zur Annäherung geneigt.

__ Frankreich. Paris, 1. Juni. Fourtou hat noch in seiner Eigenschaft als Unterrichts- und- Kultus-Minister an den Bischof von Amiens einSchhreiben gerichtet, worin es heißt:

_ oMonseigneur! Seit dem Jahr 1840 hat sih der Staatsrath ge- weigert, die juristische Person“ und Befügniß der Diözese. anzuerkennèn, obáleih ‘eine beträchtliche Reihe von Verordnungen und Etlassen, welche den rechtlichen Bestand diéser Anstalt vorausseßen, von ihm genehmigt worden find. Das Kulku&-Ministerium hat, der alten Jurisprudenz treu, zu wiederholten Malen versucht, ihr über eine neue, hon so oft von der Pcaxis widerlegte Doktrin die Oberhand zu ver- haffen. Die Bemühungen meiner Vorgänger sind fruchtlos geblieben, und in der leßten Zeit glaubte man nit über ein System hinauêgehen zu dürfen, welches dem Bischofe ausgedehntere persönliche Befugnisse, dagegen aber der geistlihen Anstalt, deren Titular er ist, keine juristische Existenz zugestand. Jch habe mi gegen eine Uebereinkunft gesträubt, welche nur in der Doktrin unrichtig, in der Praxis unzu- länglich sien, und mih daher persönlich an der Regelung einer An- gelegenheit betheiligen zu sollen geglaubt, die [hn so lebhaften Wider- spruch angeregt hat und für den Episkopat so wichtig ist. Es freut mich, Jhnen mittheilen zu können, Monseigneur, daß der Staatsrath sich nah einer eingehenden Prüfung der verschiedenen vorgeschlagenen Systeme für meinen Antrag entschieden und anerkannt hat, daß die Diözese einen legalen Bestand hat und folglich mit der rechtlichen Befugniß ausgestattet ist, zu erwerben, zu besißen, kurz gleih den anderen sffentlihen Anstalten alle Akte des bürgerlichen Lebens zu

vollziehen.“ :

4. Juni. (W. T. B.) Das rechte Centrum der Nationalversammlung hat ein Parteiprogramm auf- gestellt und in demselben die Erklärung erneuert, daß es der vom Kabinet des Herzogs v. Broglie verfolgten Politik treu bleibe. Es wird sodann weiter ausgeführt, das rechte Centrum werde auch den Nachfolgern . des Kabinets Broglie seine Unter- stüßung angedeihen lassen, dasselbe müsse aber auf der Nothwen- digkeit einer Organisirung der Regierung des Marschall-Präsiden- ten bestehen. Denn der Legtere würde die ihm gestellte Aufgabe niht zu lösen im Stande sein, falls er nah dem Auseinander- gehen der Nationalversammlung nicht in der Lage sein sollte, auf weise erwogene und abgemessene Institutionen sich stügen zu können. Was die Eventualität einer Erledigung der Exekutivgewalt anbetreffe, die in der Person des dermaligen Trägers derselben eintreten könnte, so werde das rechte Centrum an dem auf 7 Jahre abgeschlossenen, zur Beruhigung der Parteien bestimmten Waffenstillstande nicht rütteln, erst nah Ablauf dieses Zeitraums werde die Frage der definitiven Regierungsform ohne Gefahr weiter behandelt werden können. Das rechte Centrum habe in Gemäßheit dessen beschlossen, den dem Träger der Exe- kutizgewalt durch die bestehenden Geseße beigelegten Titel auf- recht zu erhalten und’ jeden Antrag abzulehnen, der darauf ab- zielen könnte, die Beschlußfassung über die konstitutionellen Geseßvorlagen ganz zu verhindern, oder auch nur zu verzögern, oder deren Bedeutung abzushwächèn.

__ Versailles, 4. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sizung der Nationalversammlung wurde zunähst ein Geseyentwurf über Aufbesserung und Verstärkung der LeEeY Plätze an der Ostgrenze vom Kriegs-Minister eingebraht. Die Verfammlung beshloß für diese Vorlage die Dringlichkeit. ierauf begann die Berathung des Wahl- geseyes. Louis Blanc bekämpfte dasselbe sehr lebhaft, weil das allgemeine Stimmreht durch dasselbe verkümmert werde. Die Deputirten Meaux und Batbie traten für den Gesezentwurf ein. Gambetta beschränkte sich auf eine Kritisirung mehrerer Bestimmungen der Vorlage. Dufaure war der Ansicht, daß man in die zweite Lesung des Gesehentwurfs eintreten könne. Die Versammlung beschloß mit 378 gegen 301 Stimmen, die_

Italien. Rom, 29. Mai. Während der gestrigen Ver- handlungen der Deputirtenkammer über das Definitiv- budget des Iustiz-Ministeriums für 1874 interpellirte Hr. Miceli den -Justiz-Minister über die Art und Weise, wie das Königlihe Placet und Exequatur bei Erñennung von neuen Bischöfen ertheilt wird. Er begann mit einer Kritik des Garan- tiegeseßes, welhes den Staat zum Vortheil des Papsithums und des hohen Klerus seiner Rechte beraubt, und tadelte die zu große Nachgiebigkeit der Regiernug gegen die päpstlihe Curie, indem sie dem Vatican volle Freiheit lasse bei den neuen Bischofs- ernennungen. Der Justiz-Minister erwiderte: Seitdem das Mai- gesez vom Iahre 1871, das die der Regierung bei der Ernen- nung von Geistlichen zustehenden Befugnisse bestimmt, in Kraft p ist, habe die Regierung es fich stets angelegen. sein lassen, dasselbe zu befolgen und au von anderen befolgen lassen, indem sie ebenso sehr zu verhüten gesucht hat, ihren Rechten etwas zu vergeben, als sie durch zu strenge Mäßregeln, welche sowohl dem Geiste wie dem Buchstaben des Gesezes entgegen sind, zu über- schreiten. Da aber Hr. Miceli dabei blieb, daß der Minister die Bestimmungen des Garantiegeseßes weder richtig aufgefaßt noh energish durhgeführt habe, indem er mehreren Bischöfen das Exequatur gegeben, ohne daß diese die päpstlihen Ernennungs- bullen vorgelegt hätten, erklärte der Justiz-Minister, daß die Re- gierung stets dem Gutachten des Staatsrathes gefolgt sei, wenn sie Pfarrern, welche von Bischöfen ernannt worden waren, die das Königliche Exequatur noch nit erhalten hatten, ihr Placet' gab. Es sei aber niht rwvahr, daß Bischöfe, ohne dacum ein- zukommen, das Königlihe Exequatur erhalten hätten. An Ver- suchen habe es allerdings nicht gefehlt, fie seien aber stets fehl- ge1chlagen. Der Minister {loß mit der Erklärung, daß die Regierung jeden Versuch, die Rehte und Geseze des Staates anzutasten, entschieden zurückweisen, aber auch kein Verfolgungs- \ystem einführen werde. vorgeschlagen hatte, \o blieb seine Interpellation ohne Folgen.

Der Senat genehmigte in seiner gestrigen Sizung die Finanzvorlagen, welche die Besteuerung von Cichorien- wurzeln, Bier- und Branntweinfabrikation und dén statistischen Zoll zum Gegenstande haben.

Die „Corr. Stef.“ erfährt aus guter Quelle, daß die Deputirtenkammer im August aufgelöst wird, und daß die Neuwahlen im November stattfinden sollen.

Das Ministerium unterhandelt mit General Menabrea über die Berathung des die Lan F Sa ug betref- fenden Geseßentwurfs.* General Cialdini ist nah Rom ge- fommen, um an diesen Unterhandlungen S erat Die Linke scheint entschlossen, ein Manifest an das Volk zu erlassen.

4. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sihung des Senats verlangte der Minister-Präfident Mingl/etti die Fest- stellung der Tagesordnung. In - der Debatte hierüber \prach Menabrea den Wunsch aus, daß die Diskussion über die Befestigungsarbeiten noch vor den Ferien stattfinden möge. Cialdini dagegen verlangte, daß die Berathung dieser Vor- lage so lange suspendirt werde, bis die dazu Omen an Geld- mittel vorhanden seien, und beantragte die Tagesordnung in diesem Sinne: In Erwiderung hierauf sehte der Minister-Präsident aus- einander, wie der Ertrag der gegenwärtigen Steuern sowohl ohne Erhöhung als au ohne Auflage neuer Steuern ergiebiger ge- macht werden könne. Er legte dar, wie nothwendig es sei, das Gleichgewicht der Finanzen herzustellen, und daß dies nur mög- lih sei durch die Suspendirung der Vorlage über die Be- festigungsarbeiten, deren Annahme weitere Ausgaben mit \ih führen würde. Der Minister-Präsident versprach, keinerlei Vor- lagen ganz fallen zu lassen, welche sih auf militärische und auf öffentliche Arbeiten bezögen.\ Die von Cialdini vorgeschlagene und von der Regierung genehmigte. Tagesordnung ward hierau fast einstimmig angenommen. Die Deputirtenkammer it vertagt worden. A

Der Papst litt nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ gestern an großer Appetitlosigkeit und hatte in der ver- gangenen Naht wiederholt einen starken Fieberanfall. Die Aerzte sind von dem Zustande beunrukhi t.

Ein zweites Telegramm vön 4. Juni, Abends,! meldet: Dcr Gesundheitszustand des Papstes ist heute cin be- friedigenderer. Die Aerzte haben ihm den Rath ertheilt, fh nach seiner Sommerresidenz in Castel-Gandolfo zu begeben, doch hat er diesen Vorschlag abgelehnt.

_ Nußland und Polen. St. Petersburg, 3. Juni. Wie die „M. 3.“ meldet, wird gegen Ende Iuni das Eintreffen des Großfürsten Michael Nikolajewitsch aus dem Kau- kasus in St. Petersburg erwartet. Bei der Anwesenheit des a in der ‘Residenz soll auch die Frage von der Reorganisation der Truppen des - kaukasishen Militär- bezirks erledigt werden.

Der General-Gouverneur von Turkestan, General-Adju- tant von Kauffmann, ist hier eingetroffen.

__ Die gesegzliche Theilung des Iahres in Arbeits- geit und Festtage im Sinne des §. 1046, Bd. IR. der Geseß- Sammlung, Ausg. von 1857, soll vom Ministerium der Reichs- domänen in Anregung gebraht worden scin. Gleichzeitig foll obiger Gesezesbestimmung die Erläuterung hinzugefügt werden, daß es auch an Festtagen, nah Erfüllung der religiösen Pflichten, nicht verboten ‘ist, sih mit einer nüßlichen Arbeit zu beschäftigen.

Schweden und Norwegen. Der Bericht der norwegischen Regierung an den König über die Verweigerung der Sanction für den Storthingsbeschluß- in der Staatsraths\ache ist jet, nachdem er dur Königlich Resolu- tion vom 28. v. M. angenommen worden, dem Stört hing zuge- stellt. Der Verfasser desselben, Justiz- und Polizei-Minister, Staats- rath Stoll, dessen Anschauungen si die übrigen Mitglieder des Staatsraths im Wesentlichen anschließen, giebt zuerst ein ziem- lih ausführlihes Referat über dasjenige, was sowohl Seitens - der 6s aesaat in us Cg ae der Minorität des Konstitutions- comiles gejagt it und geht dann zu der Anschauung d - ict bu 20 heißt dann: : s E „Nachdem jeßigen Storthing eine Königliche Propositi unterbreitet worde war, die auf das p das E ilen gearbeitet ist und die sich darauf \tüßt, daß die betreffende Reform, um auf sichere und zweckmäßige Weise ausgeführt werden zu können, nothwendiger Weise von anderen Veränderungen im Grundgeseß be- gleitet werden müsse, hat das Storthing unter dem 27. März d. J. einen Beschluß gefaßt, der in Wirklichkeit die Königliche Proposition anticipirt, da dieselbe ers im Jahre 1877 dem Storthing wieder vor- gelegt werden fann. Soll nun die Königliche Juitiative und das Sanktionsreht nicht seine Bedeutung verlieren, namentlich bei einer Angelegenheit von fo gr oßer politischer und konstitutioneller Bedeutung wie diese, so kann son dieser Unistand allein ein hinreihender Grund sein, die Sanktion zu verweigern.“ j j

selbst, nachdem er

Der Bericht géht dann über zur Sache konstatirt hat, daß Veränderungen, welche auf den Beschluß des

zweite Lesung der Gesehvorlage vorzunehinen.

Departements von Gewicht sein könnten, in den obwaltend Verhältnissen nicht eingetreten wären, und fährt fort: zus

Da Hr. Miceli keine Tagesordnung

Christiania; 31. Mai.

Es hat si in den Verhandlungen des Storthings, sowohl im Comité als auch in der Hauptversammlung, öfters dîe Anschauung geltend gemacht, die Einführung der Hauptreform dürfe niht von der gleichzeitigen Annahme der Königlichen Garantie-Vorschläge abhängig gemacht werden. Die meisten Redner wollten gegen diese Vorschläge elbst feine Einwendungen machen, gingen aber von dem Standpunkt aus, daß zwischen ihnen und der Hauptceform eine nothwendige Ver- bindung nicht existire, oder sie waren mit einzelnen Detailbestimmun- gen nit einverstanden oder meinten endlich, die Zusäße eigneten fi esser für eine Separat - Geseßgebung als für das Grundgeseß. Dennoch aber muß das Departement an dem Standpunkt der Re- ierung vom 92. Dezember festhalten, gerade weil es in der alleinigen Einführnng der Veränderung eine Gefahr erblicke und fürchten müsse, daß dadur das ganze bisherige System des Staatsorganismus und die bisherige Vertheilung der politischen Macht zwischen die einzelnen Faktoren verrückt werden würde.“

Darnach geht das Departement zur Untersuchung der Ein- wendungen über, welche gegen die einzelnen Vorschläge der Re- gierung gemacht sind, indem es erklärt, daß es Klarheit darüber zu erhalten wünsche, ob wirklich ein Anlaß vorhanden sei, die einmal gemachten Vorschläge zu verändern. Schließlih kommt es aber zu dem Resultat, daß es nicht nahgeben dürfe und auf |- seinem einmal angenommenen Standpunkte beharren müsse. Es endigt seinen Bericht so: „Das Departement hat jezt alle Ein- wände von irgend welcher Bedeutung, welche entweder von der Majorität des Konstitutions-Comités oder während der Debat- ten des Storthings gegen die Zusazvorshläge vorgebraht sind, untersucht. Es kommt aber zu demselben Resultat, wel- ches schon früher von ihm ausgesprochen worden is, daß nämlich die Vorschläge, welche durch die Königlihe Proposition mit der Vornahme der Hauptreform in Verbindung - gebraht worden find, beibehalten werden müssen und daß deshalb dem Beschlusse des Storthings auch dieses Mal die Königlihe Sanction zu ver- weigern sei.“

Nach Mittheilungen hiesiger Blätter hat das Militär- Comité des Storthings sih über die Befestigung des Drobacksundes in derfelben Weise wie voriges Jahr aus- gesprochen und die von der Regierung verlangten 70,000 Spd. zur Bewilligung empfohlen.

Dánemark. Kopenhagen, 2. Juni. Der König emfing gestern in besonderer Audienz den am hiesigen Hofe akkreditirten Königlich belgishen Minister-Residenten Anspach, welcher nah beendetem Congé auf seiner Rückreise nah Sto: holm hier eingetroffen ist.

Vom 21. bis zum 27. Mai find 200,000- Zwei-Oerefstü de, 100,000 Fünf-Derestücke und 220,000 Zehn-ODerestücke ausge- mMünzt worden. Im Ganzen find jeßt 2,813;000 Zwei-Oerestüe, 605,000 Fünf-Derestücke und 1,854,000 Zehn-Derestücke aus- gemünzt. : |

Amerika. Washington, 4. Juni. (W. T. B.) Das Schagyamt is angewiesen, am 1. September d. I. von. den 5/2ger Bonds von 1862 für 5 Millionen Dollars zu amortisiren.

(A. A. C.) Ueber die Lage der Dinge in Paraguay wird aus Corrientes unterm 29. April gemeldet: „Die bra- filianishe Armee unter dem Kommando von zwei Generalen ist gegen die paraguitischen Insurgenten, die Paraguay zu ihrem Rendez-vous gewählt haben, ins Feld gezogen. Die Regierungs- truppen hatten die Stadt verlassen, um die Jusurgenten zu engagiren, waren aber geschlagen worden; sie wurden fast alle zu Gefangenen gemacht, und ihre Geshüße u. \. w. fielen in die Hände des Feindes. Morlas kam mit den aufständischen Truppen in Affuncion an, wo die brafilianishe Streitmacht die Offensive ergriff. Die Rebellen zogen sih zurück, ohne einen Schuß zu thun, gefolgt von den brafilianishen Truppen. Mar- tinez, der Redacteur des Amtsblattes, wurde von den Aufstän- dischen getödtet. Die gesammten argentinishen Streitkräfte find am Chaco in der Villa Occidental stationirt. Es herrsht große Aufregung in Paraguay.“

Vereinswesen.

Stuttgart, 3. Juni. Die zweite ordentlihe Generalve r- sammlung des Württembergischen Landesvereins der Kaiser Wilhelm-Stiftung für deutsche Invaliden fand am 1. Juni unter dem Vorsiße des Prinzen Hermann zuSachsen-Weimar statt. Der Hohe Präsident legte in seiner Rede das Verhältniß zwischen dem Reichs-Jnvalidenfonds und der ‘Kaiser Willhselm-Stiftung des- Näheren dar, was deshalb nothwendig erschien, weil hierüber vielfahe Irrthümer verbreitet find. Jn die Domäne der Kaiser Wil- Helmsstiftung gehören namentlich die Fälle, in welchen der ursächlihe Zusammenhang der Eckrankung mit dem Feldzuge von 1870/71 nicht in der vom Militärpensionsgeseße vorgezeichneten Weise nachgewiesen werden fann, oder wo die Erkrankung oder der Tod zwar in Folge des Feldzuges, aber nicht innerhalb der geseßlichen Frist eingetreten ist; vor Allem sind es rungenkranke, Rückenmarksleidende, Gliederkranke u. \. w.,

tritt die Stiftung auch für die Relikten ein, sie bewilligt Unter- stüßungen an Wittwen mit Kindern, welhe durch die Pflege ihrer Kinder am Erwerbe gehindert sind, Waisen, Eltern, welche auf die

Hohe Vorsibende spra deshalb die Ansicht aus, daß diejenigen Pri- vaten, welhe das Loos der Invaliden - durch leßtwillige Verfügung erleichtern woll?n, ihren Zweck am besten erreichen, wenn fie die nit dur Geseßesschraüken gebundene,

Unterstützung ihrer gefallenen Söhne angewiesen waren u. \. w. Der

nah freiem Ermessen zu eres befugte Kaiser Wilhelm .- Stiftung mit leßtwilligen

aben bedenken. Der Vorstand des württembergishen Sanitäts- vereins, Pfarrer Hahn, spra den innigsten und aufrichtigsten Dank dem Hohen Präsidenten aus. Dieser ertheilte die Versicherung, daß er nah besten Kräften seine Aufgabe in Leitung der Stiftung, fo lange dieselbe ihm anvertraut sei, zu erfüllen bestrebt sein werde. Es sei für ihn ein Bedürfniß des Herzens, für die braven Soldaten, welche so große Erfolge errungen, sowie für deren E nach bestem Wissen und Gewissen zu sorgen. Die statutengemäß aus dem Verwaltungsrath ausscheidenden Mitglieder v. Habermaas, Ober- Kriegs-Rath; Dr. v. Jäger, Ober-Regierungs-Rath ; Jul. Jobst, Fa- rine ;z Dr. v. Kübel, Direktor, wurden dur Akklamation wieder- gewählt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Vor Kurzem fand in Gera eine gesellige Zusammenkunft von thüringer Juristen zum Zwecke einer Vorberathung über einen späteren Juristentag statt. Es wurde beschlossen, diesen Juristentag am 21. Juni in Gera abzuhalten. Derselbe soll gegenseitigem Meinungsaustausch und der Besprechung gemeinschaftliher Juter- essen dienen. E / ‘Nach einem der Kaiserlih Königlich Geographischen Gesell- schaft in Wien aus Tripolis, 21. Mai 1. J., zugekommenen Te- legramm war der Forschungsreisende Dr. Nachtigal am 11. Dezem- ber v. J. wohlbehalten in Abesche (Wadai) angekommen und hatte die Absicht, noch in demselben Monat durch Dafur nach Alexandrien

abzugehen. Landwirthschaft. |

Der Kongreß der deutschen Landwirthe hat in seiner Sißung vom 24. Februar auf Antrag der Preisrichter-Kommission, bestehend aus den Herren Dr. Herth-Heidelberg, Ober-Appellgtions- Rath a. D. v. Lenthe-Lenthe, Pabst-Burgstall, Seiler-Neuensalz und v. Wedemeyer-Schönrade, beschlossen, keiner der in der Tarif- und Verbrauchssteuer-Reform eingegangenen Konkurrenzschrif- ten den ausgeseßten Preis-zu ertheilen, dagegen der unter dem Motto: „Die volle Wahrheit muß die Lösung aller Widersprüche sein“, ein- gegangenen Schrift lobende Anerkennung auszusprechen, weil sich darin die Grundlagen erkennen lassen, aus denen eine volle Lösung der Preisfrage mögli erscheint,

Der Kongreß / hat daher in der Sigung vom 24. Februar d. I. auf Antrag der Preisrichter-Kommission beschlossen, nochmals * einen Preis von 1500 Mark deutscher Reichswährung für die beste, das nahfolgende Thema behandelnde Schrift zur öffentlichen Konkurrenz auszuseßen: „Welcher Reformen bedürfen die jeßt für das Deutsche Reich gültigen Zölle und Verbrauchssteuern, um. den gerechten Forde- rungen der Landwirthschaft Rechnung, zu tragen?“ Der Beantwortung dieser Frage hat zunächst eine ku historishe Darlegung der maß- gebenden handelspolitishen Systeme und ihres bestimmenden Ein- flusses auf die jeweilige deutshe Zollrefo:m, sowie eine kritishe Be- leuchtung derjenigen Momente, welhe in Betreff dieser Frage in den Verhandlungen des Kongresses deutscher Volkswirthe, des Zollparla- ments und des Reichstages hervorgetreten sind, vorauszugehen. Bei Beantwortung der Frage felbst ist die in dem deutschen Reformpro- gramm betonte Verbindung der Tarifreform mit der Pas sowie die Ersaßtheorie ins Auge zu fassen, und die wirthschaftliche und finanzielle Bedeutsamkeit der dafür in Aussicht genommenen Steuerobjekte mit in Betracht zu ziehen. : i

Als Schlußtermin für die Einlieferungen ist der 1. Juli 1875 festgeseßt worden. _ p i: :

Die Preisschrift soll den Raum einer mäßigen Broschüre nicht überschreiten und muß deutlich in - deutsher Sprache-geschrieben sein. Eine jede Arbeit ist mit einem Wahlspruch zu versehen und mit einem versiegelten Briefe einzusenden, welcher auswendig denselben Wahlspruch trägt, innen den Namen“ und“ Wohnort des Verfassers angiebt. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Preises erfolgt durch die Preisrichter-Kommission. : 5 2 :

Die mit dem Preise gekrönte Arbeit muß unverzüglich veröffent- liht werden, Dem Verfasser bleibt die Wahl, ob ex das Eigen- thumsrecht der Kommission abtreten, oder die Publikation auf eigene Rechnung übernehmen will.“ Jm leßteren Falle ist er verpflichtet, der Kommission, welche dn Druck sofort zu veranlassen berechtigt ist, 400 Exemplare gegen Erstattung der Druckosten zu überlasse.

Die Verfasser der Bewerbungsschriften werden ersucht, dieselben zu dem bezeichneten Termin an den Aus\huß des Kongresses zu Hän- den des General-Sekretär des Kongresses Hrn. Oekonomie-Rath Haus- burg in Berlin, Zimmerstraße 91, einzusenden.

Gewerbe und Handel.

Liegniß, 5. Juni. (W. T. B,) Auf dem hiesigen Woll- markt waren etwa 2000 Centner Wolle aus erster und zweitec Hand angefahren. Wäschen theilweise befriedigend. Der a aiglac aba gegen das Vorjahr betrug zwischen 3 und 5 Thaler. Käufer waren rheinische und inländische Fabrikanten. Der Markt ist bereits beendet.

Der deut\che Müllertag in Frankfurt a. M. is am 1, Juni in Gegenwart der Regierungsvertreter und des Ober-Bürger- meisters eröffnet worden. Vertreten sind 2900 Mühlen durh 24

welche unter diese Klasse von Unterstüßungsbedürftigen gehören; ferner

G] Gastspiel der Herzoglich sachsen - meiningishen Hof- theater-Gesellshaft im Friedrich-Wilhelm-} städtishen Theater.

Seit Anfang vorigen Monats weilt die Schauspieler-Gesell- \chaft des Herzoglich sahsen-meiningenschen ge in hiesiger Stadt und hat bis heute eine ununterbrochene Reihe. von Gast- vorstellungen auf der Winterbühne des Friedrihs-Wilhelmstädti- \chen Theaters veranstaltet, die sih eines stetig wahsenden Er- folges zu rühmen haben. Das Gastspiel begann am 1. Mai mit Shakespeare's „Julius Cäsar“, der hintereinander 10 Mal vor vollem Hause aufgeführt wurde und, nahdem das folgende Mindingsche Trauerspiel „Sixtus V.“ von dem Repertoire ab- geseyt worden, wieder mehrere Tage hindurch zur Darstellung kam. Dann folgten „Was Ihr wollt“ von Shakespeare und Albert Lindners „Bluthochzeit“, die aber neuerdings ebenfalls dem „Julius Cäsar“ Play machten. Se. Majestät der Kaiser und König hatten nah der Küctkehr aus Wiesbaden den Wunsch ausdrüden lassen, daß eine Wiederaufführung dieses Trauer- Fpiels stattfinde, und wohnten am Montag, den 1. d. M., der- selben bis zum Schlusse bei.

Die wohlwollende Aufnahme, welche die Herzogliche Hof- Theater-Gesellshaft gefunden, hat ihren Grund einmal in der- sorgfältigen historish-treuen Ausstattung in Kostümen und De- forationen, dann aber besonders in dem durch kunstverständige dramaturgische Leitung veredelten Spiel. Die Regie hat es ver- standen, au die Comparsen durch Schulung und richtige An- weisung ihres Plages zu brauchbaren Gliedern heranzubilden. Sind die Einzelleistungen nicht vollendet, so wacht doch über allen die Einsicht einer höheren kunstverständigen Instanz, deren Walten fich auh in den geringsten Einzelheiten in überraschender. Weise dofumentirt.

Zweigvereine. Der Präsident theilte vor der Tagesordnung mit, daß

Die Wáhl des „Julius Cäsar“ von Shakespeare war eine besonders glücklihe, da dieses Trauerspiel, abgesehen von der vorjährigen studentishen Aufführung, hier längere Zeit niht gegeben worden isst. Die Gesellshaft hatte bis vor Kurzem in ihrem Ehrénmitgliede Hrn. L. Barnay (vom Stadttheater in Frankfurt a. M.) einen in jeder Hinsiht vorzüglih befähigten Darsteller des Marcus Antonius, dem sih Hr. Teller als Cassius, Hr. Hellmuth - Bräm als M. Brutus und Hr. Nesper als Julius Câsar würdig anreihen. Nachdem Hr. Barnay Berlin verlassen, hat in den lehten Tagen Hr. Nesper den M. Antonius, Hr. Richard, der früher den Vershwornen Cinna gab, die Rolle des Cäsar übernommen. Als Charakterdarsteller bewährte \ih Hr. Stoppenhagen (Casca).. Der tüchtige Regisseur Hr. Cronegk begnügte fih dagegen mit einer kleinen Bürgerrolle. Von den Damen der Gesellschaft sind Frl. Setti in der kleinen Partie der Portia und Frl. Berg als Calpurnia zu nennen.

Die Ausstattung des Stücks ist eine musterhafte. Die ar- hâologish studirten Dekorationen, die der Herzogliche Dekorations- maler Brückner gemalt, zeigen in der ersten Scene des ersten Akts das Forum Romanum mit dem Kapitol im Hintergrunde, vor welchem die Volkshaufen und der Zug. des Cäsar sih vorüber be- wegen. Bei effffektvolem Mondliht und \päterer Morgen- rôthe führt der zweite Akt den Garten des Brutus mit dem edelen fklassishen Bau seines Hauses vor, wo sh die Verschwornen versammeln. Dann folgt der Prunk- \ckal bei Cäsar und darauf im 5. Akt ‘die Kurie des Pom- pejus mit des Leßteren Bildsäule, überspannt von prähtigen Tüchern. Den Höhepunkt der Leistung aber bildet allabendlich die Scene auf dem Forum vor der Leiche des Cäsar, die Rede des M. Antonius und der darauf folgende Volksaufruhr. Die alten Prachtgebäude, Triumphbögen, Säulenhalien, sind auf das Genaueste nach den Trümmern rekonstruirt. Man sicht im

der Vorstand der -Wienér Frucht- und Mehlbörse die deutsche Müller zum Besuche des im August in Wien stattfindenden, zweiten inter- nationalen Getreide- und Saatenmarktes einlade, dessen Vortheile von dem Wiener Delegirten Leinkauf auseinandergeseßt wurden.

Kopenhagen, 4. Juni. (W. T. B.) In dem Prozesse der Berliner Wechslerbank gegen das Bankhaus Gedalia wegen der aus der Zeichnung auf die leßte franzöfische Anleihe her- rührenden Ansprüche hat heute das Höchste Gericht definitiv auf Freisprechung des Beklagten erkannt.

London, 3. Juni. Von der Werft der Thames Jron- works und Shipbunilding-Company in Blackwall lief geftern das erste Zwillings\chiff der englischen Kanal-Schiffahrts- Gesellschaft erfolgreich von Stapel. Der Hauptzweck dieses Zwilling\chiffes, das diese Bezeichnung dem Umstande verdankt, daß es aus zwei in . der Länge getheilten Halbrumpfen besteht, i die Vermeidung der rollenden Bewegung, welche die Hauptursache der Seekrankheit ist. Beide Enden des Dampfers, der eine Länge von 290 Fuß hat, sind gleich und mit Doppelruderu versehen, so daß die Nothwendigkeit des Umdrehens im Hafen gänzlich vermieden wird. Das Schiff wurde im Beisein einer zahlreichen und glänzenden Gesell- saft, worunter fich au der deutshe Botschafter, Graf Münster, pri euer Tochter befand, von der Gräfin Granville „Castalia“ getauft.

Königliche Schauspiele.

Sonnabend, 6. Juni. Opernhaus. Keine Vorstellung.

Schauspielhaus. (145. Vorstellung.) Hamlet, Prinz von Dänemark. Trauerspiel in 5 Abtheilungen von Shakespeare. Claudius: Hr. Marx, vom Kaiserlih konzessionirten Theater in Straßburg, als Gast. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise. A

Sonntag, 7. Juni, find die Königlichen Theater geschlossen.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Winterbühne.

Sonnabend. Gesammtgastspiel des Herzoglich Mei- ningenshen Hoftheaters. Auf Verlangen: Was Ihr wollt.

Sonntag. Zum leßten Male: Julius Cäsar. spiel in 5 Akten von Shakespeare.

Trauer-

Telegraphisehe Witteraungsberieite.'

Allgemeiue Himnmels- angicht.

Bar. |Abw | Temp.| Abw | P. L.\v. M. R. 7.

4. Juni. 17,7| |NO0., mäss. 10,3| |SW., schw. |bewölIkt.

5. Juni.

¡SW.. mäss. |bedeckt, |WSW. s.stark.|halb heiter. |W., mäss, - [wenig bewölkt, Windstille. |heiter,

|W., schw. wen. bew,, Thau. [SW., mäss. |wenig bewölkt, |WSW., müss.|bedeckt.

|SW., mässig |wenig bew.

| W., mäss. t) |NW., schw. —2?) [W., mäss. +1,3|/ N.. schw. wolkig.

|SW., schw. |heiter. —+0,3/W., schwach, |wolkig. +0,4| bedeckt.3) —2,2/NW., mäss. heiter.

|SWzW, seclhw.|schön. —1,2/NW., schw. zieml. heiter. |WSW, schw. fheiter,

[W., schw., völ]. heit, —1,9/NW., mässig. |heiter. 4)

|SW., stille. |schön.

|NW,, schw. |heiter.

|SW,, s, schw. —0,7/NW., schw, —1,9/W., mäss. +0,1/SW., schw. —2,1/NW., mäss. —2,2'W., schw. heiter.

'N., schw. bewölkt.

0,0 SS80., schw. heiter.

\N., s, schw. sehr heiter, —0,8'NW., schw. [heiter. +0,2/NO0., mässig. [bedeckt ¡[Windstille. trübe,

[NO0,, f. stille. trübe. |0., schwach. ¡wenig bewölkt. |NO., schw. schön. |NO., schw. ¡wenig bewölkt.

Wind.

: = Ort. 2

7¡Constantin, 1338.0 S [schön.

7|Helsingfors. 338,0]

7 Haparanda ./335,3| “7\Christiansd./337,0; 7 Hernösand 336,4 7\Helsingfors.|338,7| 7 Petersburg ./338,2| 7 Stockholm .|338,7| 7 Skudesnäs ./340,1 7|0xöe 339,6 |Fredericksh Helsingör .… Moskau .. Memel. .., Flensburg. . Königsberg Danzig .….. Putbus ..

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1) Gestern Nachm. WNW. mässig. ?) Strom N. Gest. Nachm; NNW. mässig. Strom N. ®?) Gestern Mittag Gewitter und étarker Regen. #4) Gestern Vorm, Regen. *) Gest, Vorm, Regen. ®) Gest. Regen.

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Hintergrunde den Palatin und die während der Bürgerkriege zerstörte Kurie des Senats, im Mittelgrunde die Rostra, die Rednerbühne mit den erbeuteten Schiffsschnäbeln , von der herab M. Antonius seine zündende Rede an das Volk hält. Die vortrefflihe Einrichtung dieser Scenen, das künstlerishe Zu- sammenwirken der Comparserie mit den Hauptdarstellern zu einem gewaltigen dramatischen Gesammtbilde, erheben die Be: strebungen der Gesellschaft und ihrer Leiter weit über die Be- deutung des Gewöhnlihen hinaus und haben denselben mit Recht allgemeine Anerkennung erworben. Gegenüber diesen lebens- vollen Auftritten weichen die leßten Akte verhältnißmäßig zurück. Jn der Zeltscene auf dem Kriegsfhhauplaße 'in Klein- asien finden die HH. Hellmuth- ¿räm und Teller Gelegen- heit, fich als tüchtige Künstler zu erweisen, während im legten Akt wiederum die malerishe Dekoration das Interesse fesselt. Der Beschauer isst auf einem Berge gedaht und sicht von dort rechts Philippi, links in der Tiefe ist das Shlacht- feld zu denken, im Vordergrunde altgriehishe Gräber. Hier liegt wieder ein- Verdienst der Gäïte und ihrer Regie in dem wohlgelungenen Arrangement der Schlachtscenen, deren bühnen- rechte Gestaltung immer zu den \{chwierigsten Aufgaben gerechnet worden ist, und die hier in befriedigendster Weise gelöst werden.

Morgen- wird auf Verlangen „Shakespeare's „Was Ihr wollt“ wiederholt. ‘In den nächsten Tagen wird die Herzoglihe Hoftheater - Gesellschaft noch Zwei Novi- täten bringen, nämlich ein einafktiges Schauspiel von dem norwegishen Dichter Björnstjerne .Björnson: „Zwishen den Schlachten“ und Molière's Lustspiel: „Der eingebildete Kranke“. Am Sonntag soll „Julius Câsar* zum leßten Male ersheinen und am 15. d. M. das so

erfolgreihe Gesammtgastspiel definitiv seine Endschaft erreichen.