1874 / 137 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Jun 1874 18:00:01 GMT) scan diff

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ob die im §8. 13 des Bahnpolizei-Reglements bezüglich der Brems- E gegebenen Vorschriften niht über das wirkli vor- handene Bedürfniß hinausgehen. 5

Das Ergebniß der stattgehabten Prüfungen und Besprehun- gen ist in einem Entwurfe zu einem neuen Bahnpolizei-Regle- ment zusammengefaßt, welhen der Reihskanzler dem Bun- desrathe zur Beshlußnahme vorgelegt hat. L

Durch den Beschluß des Bundesraths in der Sißung vom 29. Dezember 1871 i} die Reichsbehörde ferner ersuht worden, mit Rüfficht auf die in den §8. 14 und 39 des Reglements ent- haltenen Vorschriften über Anbringung von Signallaternen das

Erforderliche einzuleiten, um demnächst Bestimmungen über-

gleihmäßige Beschaffenheit der zur Anbringung dieser Laternen dienenden Vorrichtungen erlassen zu können. Auf Grund des Gutachtens, welches in der vorgedachten Enquête von den Delegirten der Eisenbahnverwaltungen abgegeben is, und nah anderweit vorgenommener Prüfung empfiehlt der Reichskanzler demzufolge gleichzeitig dem Bundesrath den Erlaß einer beson- deren Ergänzungsvorschrift zum §. 14 des Bahnpolizei-Regle- ments für die Eisenbahnen Deutschlands (vom 29. Dezember 1871).

Der Staats-Minister a. D. v. d. Heydt ist nah län- gerer Krankheit heute früh 6 Uhr plöglih verstorben.

-— Der Hamburgische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator Dr. Schröder is gestern Abend aus Hamburg hier eingetroffen.

Der Kapitän zur See und Ober-Wersft-Direktor zu Kiel Weikhmann isstt zur Abstattung persönliher Meldungen von Kiel hier eingetroffen.

Der Kaiserlih türkishe Botschafter in St. Petersburg, Kiamil Pascha, i gestern Abend von dort hier einge- troffen, im Hotel Royal abgestiegen und heute früh nah Kissingen weiter gereist.

Die fällige Englishe Poft aus London über Cöln vom 11. Abends if ausgeblieben.

S. M. S. „Arcona hat am 1. April d. J. Melbourne verlassen und ankerte am 6. def. Mts. im Hafen von Sidney.

Düsseldorf, 10. Juni. In der heutigen 10. Sißung des 22. Rheinischen Provinzial-Landtages. wurde zu- nächst die Ergänzungswahl der Kommission für die Vertheilung und Vergütung der Kriegsleistungen vorgenommen, ein V1, Nachtrag zum revidirten Reglement für die Rheinische Provinzial- Feuer-Sozietät vom 1. September 1852 durhberathen und fest- gestellt, ein Antrag auf Herabseßung der Versiherungsbeiträge

- bei der Rheinischen Provinzial-Feuer-Sozietät durch Uebergang

zur Tagesordnung abgelehnt und die Rehnungen der Provinzial- ebammen-Lehranstalt zu Côln pro 1870/72 dechargirt. Nach rzem Vortrage über Gegenstände der Landtags - Oekonomie trug ein Abgeordneter darauf an, dem Landtags-Marschall für die liebevolle Leitung der Verhandlungen zu danken, was durhch Erhebung von den Sigen geschah. Der Landtags - Marschall \sprah seinen Dank für die Nahfiht der Versammlung und das Vertrauen, mit welchem fie ihm als Vorfizenden des Provinzial- Verwaltungsraths entgegengekommen sei, aus.

Um 11 Uhr erschien der Königliche Landtags-Kommissar, von einer ständishen Kommisfion geleitet, im Saale und erklärte nach einer Ansprache, in welher er das \{hône Verhältniß zwischen der Staatsregierung und der Provinzial-Vertetung be- tonte im Namen Sr. Majestät den 22. Rheinischen Provinzial- Landtag für ge\schlossen. ;

Der Landtags-Marschall brachte ein dreimaliges Pod auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, in welches ie Ver- sammlung begeistert einstimmte.

Bayern. München, 11. Juni. Das Kriegs-Minifterial- Verordnungsblatt Nr. 24 publiziri heute die Allerhöchste Ver- ordnung, nah welcher der Oberst im 3. Chevauxleger-Regiment, Herzog Karl Theodor in Bayern zum Inhaber des 14. Infanterie-Regiments (bisher vakant Hartmann) von Sr. Majestät dem König ernannt wurde. Hiernah hat dieses Regi- ment die Benennung: „14. Infanterie-Regiment Herzog Karl Theodor“ zu führen. Durch Allerhöchste Entschließung wurde die Dienstordnung für die Feld-Proviant-Aemter ge- nehmigt. Die bisherigen Vorschriften für den Dienst der Ver- pflegs - Abtheilungen im Kriege vom Iahre 1868 treten gleih- zeitig außer Kraft. Ferner wurde durch Allerhöchste Ent- \{chließung vom 30. April l. Is. die Einführung einer neuen Instruktion für die Waffenübungen der Kavallerie n, Diese Instruktion hat vom 1. Oktober l. Is. an in

raft zu treten.

Bezüglih des Entwurfs des neuen Landtags- wahlgeseßes vernimmt die „Alg. Ztg.“ noch, daß durh denselben auch den Angehörigen der aktiven Armee, sofern ihnen sont das Wahlrecht zusteht, die Ausübung sowohl des aktiven als des passiven Wahlrehts eingeräumt wrd. Wie den Staatsbeamten, so darf auch den zu Abgeordneten gewählten Offizieren und Militärbeamten der Urlaub nit verweigert wer- den, „sofern niht außerordentlihe Verhältnisse ihrer Entfernung vom Dienst entgegenstehen.“ Zur gültigen Wahl eines Ab- geordneten if die absolute Stimmenmehrheit erforderli, und hat,

wenn eine solhe nit erreicht wird, die engere Wahl, wie bei -

den Reichstagswahlen, stattzufinden.

_— Der Beschwerde-Aus\chuß der Kammer der Reichsräthe hat in seiner heutigen Sizung das Referat über die Beschwerde des Jesuiten P. Grafen v. Fugger dem Reihs- rath Frhrn. v. Frankenstein übertragen.

___— In der heutigen Sigzung der Kammer der Reihs- räthe wurde beschlossen, fünf eingelaufene Urlaubsgesuche erst dann zu verbescheiden, wenn mehrere jeßt in Urlaub befindliche Mitglieder, wie demnächst zu erwarten, eingetroffen sein werden. Sodann wurde - fast ohne Diskussion der aus 30 Artikeln be- tehende Gesegentwurf über die Ausscheidung der Zuständigkeiten

Polizeidirektion und des Stadtmagistrats in München nah den Vorschlägen des Ausschusses (welche nur redaktionelle Aende- rungen der Regierungsvorlage betreffen) angenommen, und ebenso den Beschlüssen des anderen Hauses wegen Aufnahme eines Kreisanlehens zur Erweiterung der Irrenanstalt in Er- langen und wegen Aenderung des Art. 28 im Einführungsgesey zum deutschen Strafgesezbbuch (Artrag des Abg. Birner) zu- gestimmt.

Sachsen. Dresden, 12. Juni. Die in Evangelicis beauftragten Staats-Minister haben beschlossen, zur Erfüllung der in dem Synodalabschiede für die erste evangelisch-lutherishe Landessynode vom 7. Juni 1871 ertheilten Zusage und zur Erledigung einiger anderen dringlichen Gegenstände eine außer- ordentlihe Landes\ynode zum 18. Juni 1874 einzuberufen, und bringen dies unter Hinweis auf die wegen der nöthigen

änzungswahlen der Synodalmitglieder vom Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts unter dem 28. Mai dieses E R Bekanntmahung heute zur öffentlichen

enntni

(Dr. I.) Die Zweite Kammer berieth in ihrer gestri- gen Abendfißzung den zweiten von der Finanzdeputation erstat- teten Eisenbahnberiht. Die Regierung wurde zur Konzessio- nirung folgender Linien ermächtigt: Verbindungslinie Hellendorf- Mügliß-Fürstenau, der Pirna-Duxer und der Müglißthalbahn; Verbindungslinie „der südlausißer Staatsbahn und der österrei- ischen Nordbahnlinie Rumburg-Schluckenau von Sebniß ab; Kohlenzweigbahnen der Zwickau-Lengenfeld-Falkensteiner Eisen- bahn. Abgelehnt wurde dagegen die Konzessionirung der Linien Voigsgrün-Greiz, Schandäu-Landesgrenze auf dem rechten Elb- ufer, sowie der Linie Dresden-Ostrau-Leipzig. Diese leßtere Konzesfionsertheilung war von der Regierung undder Depu- tationsmajorität beantragt und erregte eine lange Debaite. Die Ausführung einer Gürtelbahn bei Chemnig soll von der Regie- rung für eine künftige Finanzperiode in Erwägung gezogen werden; dagegen wurde ein mit etwa dritthalbtausend Unter- schriften versehenes Gesu} um Ueberführung des Chemnißer Bahnhofs abgelehnt. : ;

Die Erste Kammer erledigte heute zunähst zahlreiche Petitionen. Sodann trat sie den auf die von der Regierung beabsichtigten Aenderungen in der Einrihtung der Landes-Im- mobiliarbrandversiherungs-Anstalt bezüglihen Beschlüssen der Zweiten Kammer bei und accommodirte fich ebenso den Be- \{lü}sen dieser Kammer Betreffs der Novelle zum Fischereigesetze, indem fie den von ihr bei der erfien Berathung auf Antrag v. Meßschs beliebten Zusaß zu §. 2 wieder fallen ließ und da- gegen den von der Zweiten Kammer beschlossenen Antrag auf Einschärfung der fstrengern Handhabung der Vorschriften des Fischereigeseßes 2c. annahm. Die Kammer hält auch heute Abend Sizung. /

Württemberg. Stuttgart, 10. Juni. Bei hercrlichGem Weiter, welhes den ganzen Tag über anhielt, hat heute die Befahrung der Shwarzwaldbahn ftattgefunden, zu wel- cher das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten die Land- tagsmitglieder eingeladen Hatte. Es mochten gegen 100 Theil- nehmer sein, worunter auch einige Beamte der Eisenbahnverwal- tung und Journalisten waren. Die Eisenbahnverwaltung hatte den aus 6 Wagen bestehenden Zug gestellt. Die Regierung war durch den Minister der auswärtigen Angelegenheiten v. Mitt - naht und den Geheimen Rath v. Dillenius vertreten; in Lie- benzell {loß fih Nachmittags der den Vormittag über durch Ge- \chäfte verhinderte Minister des Innern v. Sick der Gesellschaft an. Beide Präsidenten des Landtags nahmen an der

Fahrt Theil.

Baden. Karlsruhe, 11. Juni. Die Großherzogin ist heute Nachmittag 2 Uhr, nahdem Ihre Königliche Hoheit gestern Abend Berlin verlassen hatte, in Karlsruhe eingetroffen.

Der in der Sihung der Zweiten Kammer am 10. d. M. berathene Geseßentwurf über die Pensionsver- hältnisse der ehemaligen badischen Militärpersonen und ihrer Hinterbliebenen, wodurch die das Geseh vom 25. Januar d. I. den Civil-Pensionären gewährte Aufbesserung ihrer Ruhegehalte auch auf die unter badischer Militärhoheit und lediglich nah badischen Normen an Militärpersonen bewilligten Ruhegehalte und Sustentationen ausgedehnt wird, hat durch die Kommission einige Erweiterungen einmal auch auf niedere Diener der Militärverwaltung verhalten, sodann durch Streichung eines Paffus in der Regierungsvorlage, welcher einen Unterschied zwischen den Hinterbliebenen von în den Dienst der Königlich preußishen Kriegsverivaltüng niht übergetretenen und der über- getretenen Militärpersonen machte. Ein Antrag der Abgg. Iung- hanns und v. Buß wollté in diesem Punkte Wiederherstellung der Regierungsvorlage; ersterer spra sih gegen die dur jene Streihung veranlaßten erhöhten Zuschüsse aus der Militär- Wittwenkasse aus. Der Antrag wurde abgelehnt und der Ge- \fezentwurf \{hließlich in der Fassung der Kommission mit allen Stimmen angenommen, zugleih mit dem Wunshe na einer neuen Regelung der Verhältnisse der Militär-Wittwenkasse im Wege der Gesetzgebung. - Aus Anlaß einer Aeußerung des Abg. v.- Buß, die fich auf die Militärkonvention bezog, beleuchtete Abg. Kiefer in längerer Ausführung den Gegenstand, indem er gegenüber den Reservatrehten anderer Staaten hervor- hob, wie sich der Großherzog bei dem Abschluß der Militär- kfonvention als politisher Reformer in Ausführung des bedeu- tungsvollsten Gedankens, der Herstellung einer gemeinschaftlichen deutshen Kriegsverwaltung bewiesen habe. Die Konvention, welcher beide Kammern zugestimmt, habe Baden nichts entzogen, was zu einem Staate innerhalb des Reiches gehöre, keine or- ganishe Bedingung seiner Existenz. Redner stellte damit in Gegensaß das \. 3. beabsichtigte und von den Ultramontanen so freudig begrüßtc Konkordat, durch das einer fremden Gewalt Rechte des Staats übertragen werden sollten. Die Vertreter des Volkes hätten auf nihts zu sehen, als daß unsere braven Sol- daten tühtig würden; und das sei der Fall und werde \ih wieder bewähren bei e:waigen Gefahren. Das Auge des ersten deutshen Soldaten, des Kaisers, wahe auch über fie. Die Gründe zum Abschluß der Militärkonvention seien gute und ge- rehte gewesen und würden es bleiben. i

Hessen. Darmstadt, 12. Juni. Das Großherzogli hesfishe Regierungsblatt veröffentliht eine Verordnung des Ministeriums des Innern (qus Allerhöchstem Auftrage), die Ein- theilung des Großherzogthums im Kreisebetreffend. Die Kreise Lindenfels, Neustadt, Wimpfen, Grünberg, Nidda und Vilbel werden hiernah aufgelöst, die übrigen Kreise der Provin- zen Starkenburg und Oberhessen erhalten vom 1. Juli d. I. an größtentheils einc andere Zusammenseßung. Die Kreise der Pr o- vinz Rheinhessen bleiben unverändert. -

_ _— Die Zweite Kammer der Stände begann in ihrer gestrigen (63.) Sizung die Spezialberathung des Nach- tragsbudgets. Die bezüglihen Erhöhungen der Besoldungen der Beamten um 1/7 wurden in den Rubriken Kameral- domänen, Forstdomänen, Verzinsung und Tilgung der Staats- \{uld, Landstände, Gesammt - Ministerium, Staatsrath und Kabinets-Direktion, in Geschäftszweigen des Gesammt-Ministeriums, Ministerium des Innern, Kriminalkosten, Polizei- und sonstige Administrativ-Behörden und Anstalten beshlóssen. Im Einzelnen ist hervorzuheben, daß die Organisation des Gesammt-Mini- steriums, der von der Regierung geforderte Gehalt nebst Repräs sentationskosten des Territorial-Kommissärs und Provinzial- Direktors in Mainz, die für die proponirten 18 Kreise nöthigen Summen, die zur Anstellung eines selbständigen Vorstands der Mut n Ie in E E Summe, ein Zu- von . gur alpolizeiverwaltung in Mai es nehmigt wurden. 5 E E E

Anhalt. Dessau, 11. Juni. Der Herzog nebst seiner L Me dem Herzoglichen Hofstaate find heute nah Wörlig

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E Das Konsistorium macht unter dem 4. d. M. bekannt, daß, da nah den in den Nahbarländern, namentlich in Preu- ßen, bestehenden Bestimmungen nur \olche Schulen den Namen „Mittelshulen* zu führen haben, in welchen fremdspracliher Unterricht obligatorisch ist, zur Herbeiführung größerer Ueber- einstimmung in der Benennung der Schulen von dem Herzog- lihen Staats-Ministerium bestimmt worden if, daß diejenigen Schulen des Herzogthums, welhe bisher den Namen „Mittel- \{hule* geführt - haben, sowie die obere Stadtschule in Zerbst und die Kommunalshule in Bernburg fortan als „Bürger- \chulen“ bezeihnet werden sollen und nur die Knaben-Mittel- \hule in Dessau ihren bisherigen Namen au ferner fortzufüh- ren hat, weil in ihr der Unterricht in der franzöfischen Sprache als obligatorisher Lehrgegenstand eingeführt ist.

Lübe, 11. Iuni. Die Nachsteuergelder, die im Jahre 1868 beim Eintritt Lübecks in den Zollverein mii ihrem vollen Betrage von reichlich 300,000 Thlr. in die hiesige Staatskasse flossen, um zur Bestreitung der Ausgaben zu dienen, welche aus dem Eintritt der Stadt in den Zollverein erwuchsen, haben dieser ihrer Bestimmung seither in mannigfahster Weise gedient.

Nach einer über die Verwaltung dieser Gelder im Jahre 1872

der Bürgexschaft unlängst vorgelegten Abrechnung betrugen dieselben zu Anfang jenes Jahres noch 484,888 Mk. und wusen durch Zinserträge und kleine Nahzahlungen auf 494,121 Mk. 8 S. ; dagegen wurden für Zolldienstgebäude, Hafenerweiterungen, Bauten auf dem Petroleum-Lagerplaÿ u. \. w. im Laufe jenes Jahres 163,821 Mk. 8 S. darauf angewiesen, so daß sie am Schluß des Iahres 1872 noch 329,303 Mk. 12 Sh. betrugen.

Lauenburg, 13. Iuni. Am 10. d. M. fand eine Sizung des Landtags statt. Auf der Tagesordnung ftand zunächst die zweite Berathung des Verordnungs-Entwurfes, betreffend die Ueberlassung von- Grundstücken und Gerehtsamen für Zwecke des Wegewesens. Infolge der zu §. 8 des Gesezes vom Ministe- rium gemachten Veränderungen wurde dasselbe zu nohmaliger Berichterstattung an die Kommisfion zurückverwiesen und gleih- zeitig festgestellt, daß zur Erledigung dieser Vorl1ge ein Landtag in der ersten Hälfte des August-Monats zusammentreten solle. Dann folgte der Geseßentwurf wegen Gründung neuer An- fiedelungen. Beshlossen wurde die Rückverweisung an die Regie- rung Zwecks einer der preußischen Gesezgebung fich mehr an- \hließenden neuen Vorlage. Der Beschluß über das Denkmal für im Kriege 1870/71 gefallenen Lauenburger ward zum näh- ften Landtag ausgeseßt. Der Antrag des Abgeordneten Ber-= ling, betreffend Herstellung oder Erbauung einer geeigneten Räumlichkeit zur Abhaltung der öffentlihen Sißzungen von Ritter- und Landschaft und Wahl einer Kommisfion zu dem Ende, wurde angenommen und die Kommission gewählt.

Die Befugnisse und Obliegenheiten,“ welhe in dem- E

. 37 des für das HSerzog!hum Lauenburg ergangenen Ge=- es vom 4. Dezember 1869 über die Trennung der Rechks=- ie von der Verwaltung 2c. dem Preußischen Gerichts-= hofe zur Entscheidung der Kompetenzkoöonflikte zu- gewiesen worden, sind auf Allerhöhste Verordnung vom 6. Mai d. I. diesem Gerichtshofe hierdurch übertragen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 12. Juni. Dem „Neuen Fremdenblatt“ zufolge gedenkt die Kaiserin, ehe sie sich nach Brighton begiebt, mit der Erzherzogin Marie Valerie einen sech3- bis ahtwöchentlihen Aufenthalt auf der Insel Wight zu nehmen.

Pest, 12. Juni. folge soll die zweite Hälfte der ungarischen Anleihe im Nominalbetrage von 153,000,000 Silbergulden erf dann reali- sirt werden, wenn sich günstige Gelegenheit dazu bietet. Wie das gedachte Blatt hinzufügt, würden von dem Anleihe-Konsortium einstweilen der ungarischen Regierung die nothwendigen Vor- \chüsse geleistet.

Agram, 11. Juni. Die unter dem Präsidium des Banus tagende Enquêtekommission hat die Geseßentwürfe über die Reorganisation der Landesregierung und der politischen Landesverwaltung durhberathen und wurden diesellen dem Kaiser behufs Allerhöhster Genchmigung zur Einbringung in der bevorstehenden Landtagss\ession unterbreitet.

(Monatsübersiht für Mai.) Als am 1. Mai des vergangenen Jahres die Weltausstellung in Wien eröffnet wurde, schin \ch für das österreihishe Volk eine neue Aera des Glückes und des Wohlstandes zu er- \chließen, und es gaben die überrashenden wirthschaftlichen Erfolge der leßten fünf Jahre dieser Avnahme in der That eine gewisse Berehtigung. Ie größer aber die Hoffnung wär, welche alle Welt auf die Ausstellung seßte und auf den Aufs{hwung, der aus ihr der Kunst; dem Handel und der Industrie erblühen sollte, desto herber und bitterer war die Enttäushung. —Nicht als Jahrestag - des monumentalen Ereignisses der Welt- áusftellung, sondern als Anfang jenes wirthschaftlihen Leidens, welches seitdem Oesterreih mit besonderer Schärfe heimgesucht und bisber allen Versuchen, eine Besserung herbeizuführen, hart- näckig Widerstand geleistet hat, wird der 1. Mai 1873 dem österreihishen Volke in steter Erinnerung verbleiben.

_Zwar behaupten Fachmänner, daß der Wendepunkt der Krifis überschritten sei und die Anfänge der Konsolidirung

bereits erkennbar wären; indessen gehen die Wogen noch gar

zu hoh, als daß ein wirklich unbefangenes Urtheil hèute hon möglih wäre. Be

_ Wir wollen ums hier auch nur darauf beschränken, in Kürze dasjenige zu erwähnen, was zur Abhülfe von den maß- gebenden Faktoren geschehen ift.

In seiner Rede vom 5. Mai erklärte der Finanz-Minister

auf eine, die wirthshaftlihe Lage Oesterreihs betreffende Inter- pellation, daß die Mittel des Staates niht dazu verwendet werden dürften, die Schäden zu heilen, welhe sh die Einzelnen durch verfehlte Spekulationen zugezogen hâäiten. Um aber zu beweisen, daß die Regierung den guten Willen habe, nah Kräften zur Besserung der gegenwärligen Zustände beizutragen, versprah Baron Depretis die Herabseßung des Zinsfußes der Salinenscheine und die Förderung der von der Gesezgebung bereits bewilligten Eisenbahnbauten. __ Dur die in der „Wiener Zeitung“ vom 24. d. M. ver- öffentlihte ministerielle Kundmahung wurde vom 27. ab dex Zinsfuß der \echsmonatlichen Partial-Hypothekar-Anweisungen (Salinenscheine) um ein halbes Prozent herabgeseßt und die viermonatlihen ganz kasfirt. Es wurden ferner von dem ge- nannten Tage ab nur noch vierprozentige Salinenscheine mit sechsmonatliher Verfallzeit ausgegeben.

Hinsichtlich des zweiten Punktes hat die Regierung ihr Wort durch Sanktionirung von einer Reihe von Gesezen eingelöst, welche den sofortigen Ausbau von Eisenbahnlinien bezwecken.

Einer Meldung des „Pesti Naplo* züs= *

Auch der übrigen Bauthätigkeit stand die Regierung fördernd ur Seite. Neben bedeutenden eigenen Bauten hat sie den Ge- Fülschaften und Privaten eine lange Steuerfreiheit und die Be- freiung von der Verzehrungsfteuer für Baumaterialien bewilligt. Wenn trohdem jezt in Wien weniger als-in den lehten fünf Jahren vor der Krifis gebaut wird, so findet dies hauptsächlih in der Entwerthung des Grundbesißes und dem Mangel. an flüffigen Fonds seine Erklärung. ;

Um ferner der nothleidenden Bevölkerung der Residenz eine Erleichterung des materiellen Lebens zu Theil werden zu lassen, wurde in Berücksichtigung der noch immer andauernden Theue- rung der Anfangs nur auf die Dauer der Weltausstellung und dann bis Ende d. Mts. prolongirte ermäßigte Tarif für den Transport von Lebensmitteln nach Wien, noch bis auf Ende September d. I. erstrecki.

Niht mit Stillshweigen wollen wir hier übergehen, daß die Regierung ihre Fürsorge auch der dar- niederliegenden Kunft theilhaftig werden läßt: Die Direktion und das Kuratorium des Museun:s i| bestrebt, in maßgebenden Kreisen das System der direkten Aufträge an Künstler, wie Mgler, Bildhauer u. \. w. zu fördern, da diese Kreise durch die gegenwärtigen Verhältnisse unzweifelhaft mit am Härtesten betroffen wurden.

In einem gewissen Zusammenhange hiermit dürfte auch das Rundschreiben des Kultus-Ministers an die Bischöfe und Aebte Oesterreihs stehen, in welchem dieselben aufgefordert werden, dem Verfall der kirchlihen Kunst zu steuern, und indem Hr. von Stremeyer seine Bereitwilligkeit zu erkennen giebt, den Kirchen- behörden in der angedeuteten Richtung \o viel wie mögli kör- derlich zu sein.

Die Aufzählung der sogenannten praktischen Verschläge der Regierung zur Linderung der Nothlage dürften hiermit beendet sein; bevor wir aber zur Besprehung anderer Dinge übergehen, sei noch einer Schöpfung der Regierung gedacht, deren Verdienst es ift, den Ausbruch einer Handelskrisis verhindert zu haben,

wir meinen das Aushülfs-Comité. Dasselbe kann den Anspru

auf Rettung der hiesigen Jndusfirie und des Handels er- heben, indem es die Wankenden stüßzte und nur den fallen ließ, den die Schwere seiner Verluste niederzog. Nur dur das Aushülfs-Comité wurde vermieden, daß bei allem Brachliegen der Industrie, bei allem Stillstande der Fabriken und iroß der bedeutend zurückgegangenen Konjsumtionsfähigkeit eine Krise zum Ausbruch kam, wie fie unter ähnlihen Verhält- nissen Amerika im Jahre 1839 mit 44,000 Fallissements heim- gesucht hat. Als eines bedeutsamen helfenden Faktors müssen wir hierbei die Solidität der österreihischen Geschäftswelt er- wähnen. Aus allen Reichsländern liefen im Laufe des Maimondes trübe Nachrichten über die Verheerungen ein, die Frostwetter und Schneestürme den Saaten, dem Weine und den Obstbäumen zugefügt hätten. Aus Ungarn und Böhmen, aus Dalmatien und Kroatien lauteten die Nachrichten gleich ungünstig, und die Stimmung war in der Ausficht anf eine totale Miß- ernte eine _hôöhst niedergeschlagene. Zur allgemeinen Be- friedigung haben fich. diese Befürhtungen niht bestätigt, und ohne fich ungerechtfertigtem Vertrauen hinzugeben, darf man behaupten, daß die Ernte im Allgemeinen gut steht. Wohl haben einige Provinzen empfindlihe Verluste davon getragen, wie z. B. Dalmatién, wo der Rückschlag in der Temperatur den Olivenbäumen bedeutenden Schaden zugefügt hat, und vor Allem die fruchtbare Steiermark, welche von verheerenden Ueber- \{chwemmungen heimgesucht wurde. Namentlich if der mittlere und obere Theil dieses Kronlandes hart betroffen worden, und in einem Aufrufe des fteirishen Sttathalters, Frhrn. von Kübeck, an die Privatwohlthätigkeit werden die Erntehoffnungen geradezu als vernichtet bezeihnet.

Die_in so \{hwerer Weise geprüften Landstriche stehen indessen nur vereinzelt da, und es haben sih, wie gesagt, die Ernteaus- fichten im Allgemeinen keineswegs so ungünstig gestaltet, wie Jedermann es noch um die Mitte diescs Monats befürchtete.

Am 7. Mai wurde auf Allerhöhste Anordnung Sr. Majestät des Kaisers der österreichishe Reichsrath auf unbestimmte Zeit vertagt, nachdem derselbe die ihm für die laufende Session zu- gewiesenen ivihtigen Aufgaben der Mehrzahl nach" erledigt hatte.

Unsere in dem vorigen Monatsberichte über die konfessionellen Vorlagen ausgesprochene Vermuthung hat fih bestätigt: die beiden ersten sind am 13., die dritte am 20. Mai mit den angegebenen Modifikationen rechtskräftig geworden, und dürfte das Zustande-

kommen des vierten, sogenannten Klostergeseßes erst nah dem _

vorausfihtlich im Oktober d. I. stattfindenden Wiederzusammen- tritt des Parlamentes erfolgen.

Unter anderen wichtigen legislatorishen Arbeiten des abge- laufenen Seffionsabschnittes heben wir ferner noch hervor: das Gesct, betreffend die Benußung des öffentlihen Kredites zur Beschaffung der Mittel für Errihtung von Vorschußkassen und für die Förderung des Eisenbahnbaues; das Gesetz, beireffend die den Aktiengesellshaften im Falle ihrer Fusion zu gewähren- den Gebührenerleihterungen; die Gesetze, betreffend die Wahrung der Rechte der Befißer von Pfandbriefen, Eisenbahn-Prioritäten und sonstigen Inhaberpapieren; sowie ferner ‘das Gesetz, betref- fend dic Abänderung einiger Bestimmungen über das Verfahren in Civilstreitigkeiten; die Beraihung und Beschlußfassung Über das Finanzgeseh pro 1874, und endlich das Landwehrgeseß.

Bekanntlich if derx zur Zeit vertagte Reichsrath der erste aus direkten Wahlen hervorgegangene. Die Gegner des verfassungsmäßigen Systems, die ihre Hoffnung, die Wahl-

_reform nicht zu Stande kommen zu sehen, zu Grabe tragen

mußten, erwarteten ferner, daß unheilbare Zerwürfnisse die Ver- fassungspartei spalten, daß die wirthshaftlihe Krise das Ansehen des Systems schädigen, und endlih, daß die Regierung an der Lösung der konfessionellen Frage scheitern würde. Doch alle diese Hoffnungen haben \sich als Täuschungen erwiesen, und heute, nahdem der erste direkt gewählte Reihsrath Monate hin- dur getagt, steht das vielbekämpfte System auf sicherer Basis, von ‘einer Regierung vertreten, welche fich auf das Vertrauen der Krone und auf die Uebereinstimmung mit der großen Mehr- heit des Reichsrathes und der Bevölkerung berufen kann:

Nach dem Schluß des Reichsraths waren es die Sißungen des ungarischen Abgeordnetenhauses und der Delegationen, welche die öffentlihe Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen.

Der Finanz- Minister Ghyczy hat die Lage des Landes in der Sihzung des ungarishen Abgeordnetenhauses vom 13. mit unershrockenerem Freimuth gezeihnet. Mit kräftigen Strichen giebt das Exposé dieses hervorragenden Mannes ein klares Bild der augenblicklihen Situation der ungarishen Staatsfinanzen und weist gleichzeitig auf die Mittel hin, deren Anwendung eine Besserung der S Zustände in Ausficht stellt.

‘Der erste Theil der Ausführungen Ghyczy's gipfelt in dem Satze, daß zur Deckung der laufenden Bedürfnisse eine neue Anlehensoperation, beziehungsweise die Realisirung der aweiten Hälfte der 153 Millionen-Anleihe nothwendig geworden

-

ist, So düster aber auch das Bild der jehigen Finanzzustände sei, so dürfe man eine Regelung und Ee Gestaltung der- selben bis 1876 bestimmt erwarten, wenn die erforderlichen Maß- regeln energisch durchgeführt würden. Die Staatsgüter müßten successiv veräußert, die Indusftrieunternehmungen des Staates mit möglihster Shonung der Arbeiterinteressen der Privatindu- strie überlassen, die Staatsbahnen, falls die Verwaltungsreform keine günstigeren Resultate ergiebt, verkauft werden.

Das ungarishe Abgeordnetenhaus, welches von dem auf- rihtigen Bestreben erfüllt if, eine Besserung der finanziellen Situation herbeizuführen, hat niht gezögert, dem Finanz-Minister einen Beweis seines vollen Vertrauens zu geben, indem es das Anleheusgeseß ohne Vorbehalt votirte.

Am 23. Mai beendeten zum ahten Male seit dem Abschlu}se des öôsterreihisch-ungarishen Ausgleihes die Delegationen die ihnen verfassungsmäßig zugewiesene Aufgabe. Als besonders bemerkenswerth wollen wir noch die Beantwortung des Grafen Andraf\sy auf die, die auswärtige Politik des Landes bezüglichen Interpellationen erwähnen. Die Erklärungen des Leiters der auswärtigen Politik haben allgemeinen Beifall und Befriedigung gefunden ; wenigstens \pricht der Umstand dafür, daß alle oppo- fitionellen Anträge abgelehnt und Alles, was Graf Andrassy als seinen Wunsch bezeihnete, genehmigt wurde.

Die zur Vertretung der gemeinsamen Interessen berufenen parlamentarishen Körper brachten der Regierung volles Ver- trauen entgegen und zeigten fih bereit, den Forderungen zu ge- nügen, welhe an ihren Patriotismus und an ihre Opferwillig- keit herantraten. Die Erwartung, welhe Se. Majestät der Kaiser aus\prah, als er die Delegationen begrüßte, is erfüllt worden: über das Kriegsbudget sowohl wie über die alljährlih wiederkehrende Budgetfrage wurde eine Verständigung erzielt und somit ein allgemein befriedigender Absch{uß gewonnen. :

Der am 28. Mai zusammengetretene ungarische Reichstag hat seine Thätigkeit mit der Berathung der Advokatenordnung aufgenommen und dürfte nach der in Regierungskreisen vor- herrshenden Meinung etwa bis zum 25. Juni versammelt bleiben. Wir werden au diese Sißungen verfolgen und über die wihtigeren Vorgänge in denselben Bericht erstatten.

Um in der Anführung fommenen amtlihen Publikationen von weitergehendem Interesse keine Lüde zu lassen, sci zum Schluß des gegenwärtigen Berichts noch erwähnt, daß die „Wiener Zeitung“ vom 23. den am 9. November des vergangenen Jahres zwischen der österreihish- ungarischen Monarchie und dem Königreihe Schweden und Norwegen abgeschlossenen Handels- und Schifffahrtsvertrag zur Veröffentlihung brahte. Der aus 10 Artikeln bestehende Ber- trag - ist auf 10 Jahre mit 12 monatliher Kündigung abge- {lossen und enthält nähere Bestimmungen über die bei dem Jmport zu entrihtenden Zollgefälle, die Immunität der Konsuln agr Konsularagenten, die Handhabung der Schifffahrtspolizei U. \. w.

Schweiz. Bern, 10. Juni. Der Nationalrath hat heute das Geseg, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgeseße und Bundesbe\shlüsse zu Ende be- rathen. Außer den bereits gestern mitgetheilten Artikeln sind noch folgende Bestimmungen erwähnenswerth. Zunächst Art. 1, welcher bestimmt, daß, wenn Kantone das Verlangen der Volks- abstimmung stellen, dasselbe von dem Großen Rathe oder der Landesgemeinde auszugehen hat. Art. 6 lautet wie folgt:

Wenn innerhalb 90 Tagen nach Veröffentlichung eines Bunde2- geseßes oder Bundesbeschlusses im», Bundesblaite ein Begehren um Volksabstimmung nicht gestellt ‘ist, oder wenn solche Begehren inuerhalb genannter Frist. zwar eingelegt sind, es sich aber in Folge amilicher Zusammenstellung und Prüfung erweist, daß dieselben weder von 30,000 stimmberechtigten Schweizerbürgern, noch von 8 Kantonen unterstüßt sind, so erklärt der Bundeërath das betreffende Bundes- Geseß oder den betreffenden Bundesbes{hluß als in Kraft getreten, und ordnet dessen Vollzug und Aufnahme in die Sie Geseßsammlung an.* Art. 7, 8 und 9 haben nachstehenden

alt: Art. 7. „Ergiebt sih hingegen aus der Zusammenstellung und aus der Prüfung der Eingaben, daß das Begehren um Volksab- stimmung von der erforderlichen Anzahl stimmberechtigter Schweizer- bürger oder Kantone unterstüßt ift, so beschließt der Bundesrath die Vornahme der allgemeinen Volksabstimmung, seßt die Kantonêregie- rungen davon in Kenntniß und sorgt für beförderliche und geeignete allgemeine Bekanntmachung des der Abstimmung zu unterstellenden Bundeëgefeßes und Bundesbeschlusses.* Und endlich: /

Art. 8. „Die Stimmgebung des s{chweizerischen Volkes erfolgt auf

dem ganzen Gebiete der Eidgenofsenshaft an einem und demselben

Tage. Dieser Tag wird durch den Bundesrath festgeseßt. Es darf jedech die Abstimmung nicht früher als vier Wochen nach ge- [Befeier ausreichender Bekanntmachung des fraglichen Bundezëgeseßzes oder Bundesbeschlusses geschehen.“ Î

Art. 9. „Stimmberechtigt ist jeder Schweizer, welcher das zwan- zigste Altersjahr zurückgelegt hat und im Uebrigen nah der Geseßz- gebung des Kantons, in welchem er seinen Wohnsiß hat, nicht vom Aktivbürgerrecht ausgeschlossen ist, *

“Als diese Traktande erledigt war, ratifizirte der National- rath in feiner heutigen Sißzung noch den Auslieferungs- vertrag mit Portugal und ertheilte mehrere Eisenbahn- Tonzessionen, von denen die von Rappersweil am Zürichsee über Brunnen nah dem St. Gotthard der Erwähnung werth ift.

Der Ständerath is noch immer mit der Berathung

der Organisation der Bundesrehtspflege beschäftigt.

Großbritannien uud Jrlans. London, 13. Juni. (W. T. B.) Der Herzog und die Herzogin von Edin- burgh sind heute früh zum Besuche des Kaisers und der Kaiserin von Rußland nach Ems abgereist.

In der gestrigen Sizung des Unterhauses forderte Newdegate die Regierung zur Vorlage eines Geseßentwurfs auf, durch welchen eine Kommisfion zur Untersuchung der in Eng- [land bestehenden klöfterlihen Konvente eingeseßt werde. Der Antragsteller führte aus, daß sich England in dieser - Beziehung in gleiher Lage wie Italien und die Schweiz besindé und machte bemerklih, daß es in England wenigstens 350 solcher Institute gäbe, welche nicht unter einer ftaatlihen Kontrole ständen, Nach einer längeren Debatte, in welcher O'Sullivan, Sir G. Bowyer und mehrere andere Parlamentsmitglieder gegen, Sir I. H. Kennavay und Sir T. Chambers für den Antrag Newdegate's sprahen, wurde leßterer mit 237 gegen 94 Stimmen abgelehnt. i

Frankrei. Paris, 12. Juni. (W. T. B.) Heute Nachmittag 11/, Uhr find auf dem Bahnhofe von St. Lazare ferner eiwa 10 Personen wegen lärmender Kund- gebungen verhaftet worden. Vier von ihnen wurden nah Feststellung ihrer Identität wieder freigelassen. Zahlreihe Trupps von Polizeiagenten und mehrere Compagnien Soldaten sind ou dem nhofe konfignirt, um weiteren Unordnungen vorzu-

gen.

der im Laufe d. M. vorge-

Der Ministerrath hat in einer heute Vormittag ab- gehaltenen Sißung die Journale: „Pays, „Rappel*“ und eAIX. Siècle* auf 14 Tage suspendirt.

Versailles, 12. Iu.i. (W. T. B.) Die National- versammlung hat heute die zweite Berathung der noch übrigen Artikel des Munizipalwahlgeseßes zu Ende geführt. Die Artikel wurden ohne erhebliche Abänderungen genehmigt, die Versammlung beschloß, demnächst die dritte Lesung des Geseßes vorzunehmen. Die Gruppen der Linken verlangen dar- auf die Regierung darüber zu interpelliren, welhe Stellung dieselbe einer Partei gegenüber einzunehmen gedenke, die eine von der Nationalversammlung getroffene“ souveräne Entscheidung ver- Tleugne, ja derselben geradézu Troß biete. Der Minister des Innern erklärte fich zur Beantwortung der Interpellation bereit. Der Deputirte Bethmont von der Linken begründete darauf die Interpellation. Derselbe äußerte fi mißbilligend über die vom Mi- nister des Innern in der gestrigen Sizung der Nationalversamm- lung abgegebene Erklärung und beshuldigte denselben, daß er die Rechte der Deputirten niht genügend in Schug nehme. Er beshuldigte ferner das gesammte Ministerium, daß dasselbe ge- meinschaftlihe Sahe mit den Bonapartisten mache, und daß es seiner Pflicht zuwider handele. Der Minister des Innern, For- tou, erklärte, er habe von den Worten, die er in der gestrigen Sizung der Nationalversammlung gesprochen, nihts zurück- zunehmen. Die Organe der öffentlihen Gewalt thäten durchaus ihre Schuldigkeit. Das Vorgehen gegen Gambetta finde bis zu einem gewissen Punkte seine natürlihe Erklärung in den be- dauernswerthen Aeußerungen, die hier in der Sizung gefallen seien. Als Minister Mac Mahons werde er den demselben übertragenen Gewalten Achtung zu verschaffen, er w:rde den Frie--- den zu erhalten wissen allen Versuchen gegenübcr, die gemacht würden, denselben zu stören. Wer auch fich in Gegensaß zu den dem Marschall übertragenen Gewalten stellen würde, dürfe darauf rechnen, daß die Minister säâmmtlih bereit sein würden, ihn zu bekämpfen. Der Deputirte Picard hob hervor, daß die heutige Aeußerung des Ministers nur eine Verschärfung seiner gestrigen Erklärung sei, und betonte, die Nationalversammlung müsse ihrer Souveränetät Achtung vershaffen. Zuglei bean- tragte derselbe das Aussprechen eines Mißtrauensvotums gegen den Minister des Innern. Die Linke {lug eine Tagesordnung vor, in welcher die heutigen Erklärungen des Ministers als ungenügend bezeihnet wurden. Die National- versammlung beshloß indeß lediglich die cinfahe Tagesordnung und zwar mit 377 gegen 326 Stimmen.

Spanien. Madrid, 12. Iuni. (W. T. B.) Wie der „Imparcial“ wissen will, beabfichtige die spanische Regierung im Falle des Ablebens des Papstes das Einspruchsrecht in Anspruch zu nehmen, welches den früheren Königen von Spa- nien gegen die Wahl eines Papftes zugestanden haben würde.

IÎtalien. Rom, 8. Juni. Gestern, am ersten Iuni- \fonntage, wurde in Rom wie in ganz Italien das Verfassungs- fest feierlih begangen. In Rom ließ der König die National- garde und die Besaßung Revue passiren, und Prinz Humbert kommandirte sie. Abends 9—10 Uhr fand beim s{hönften Wetter die Illumination der Engelsburg statt. Aus allen Provinzen sind zahlreihe Adressen an den König eingelaufen.

Venedig, 12. Juni. (W. T. B.) Heute i hier der Katholikenkongreß zusammengetreten; die Zahl der Theil- nehmer beträgt etwa 500, unter ihnen befinden sch 3 Bischöfe. Zum Präsidenten wurde der Herzog von Salviati gew hlt. Der frühere Deputirte Dondes aus Reggio hielt eine Rede gegen den liberalen Katholizismus, ;

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 11. Iuni. Wie der „Kawkas“ meldet, war die Abreise des Großfürsten Michael Nikolajewitsch mit seiner Familie aus Tiflis für den 15. d. M. in Aussiht genommen, mußte aber wegen Er- kfranfung des Großfürsten Alexander Vichailowitshch am Scharlach auf unbestimmte Zcit vershoben werden.

Die hydrographische Beschreibung des Ladoga- \ees, die vor mehreren Jahren vom Magrine-Ministerium unter- nommen wurde, hat nach der „Yacht“ im vergangenen Jahre ihren Abschluß gefunden, \so daß jezt die Möglichkeit eintritt, Leuchtthürme zu errihten und Wahrzeichen aufzustellen, um den Fahrzeugen das Befahren des Sees zu erleihtern. Nach dem genannten Blatte b teht die Absicht, die auf den Ladogasee be- züglihen adminiftrativen G:-\{häfte dem Marine-Ministecium zu übertragen und zur Berathung der hierbei lcitenden Prinzipien bei diesem Ministerium unter dem Vorsiß des früheren Direktors des hydrographishen Departements Vize-Admirals Selenoi aus Vertretern der Ministerien der Kommunikationen und der Finanzen und von Seiten der finnländishen Regierung eine besondere Kommission zu bilden.

Schweden und Norwegen. Stockholm. Das früher erwähnte große Feldmanöver wird am 1. Juli beginnen und ungefähr 14 Tage dauern. Die ganze Truppenstärke wird unter dem Ober-Kommando des Königs aus 10,000 Mann bestehen, welhe in zwei gegen einander operirende Corps getheilt werden, das eine unter Befehl des General-Lieutenant Abelin, das andere unter Befehl des General-Majors Rosensvärd. Mehrere ausländishe Offiziere werden hier eintreffen, um dem Manöver beizuwohnen.

Zum tausendjährigen Feste Islands wird nitt nur vom Studenten-Corps in Upsala ein - Glückwunfschschreiben abgesandt werden, sondérn auch von der Universität selbst in Upsala.

Amerika. Washington, 12. Juni. (W. T. B.) Alle Pläße der nordamerikanishen Union, an denen Baumwolle markt- mäßig gehandelt wird, haben sich dahin geeinigt, eine einzige nationale Baumwollenbörse zu gründen uad ein gleichheit- liches System für die Klasfificirung der Baumwolle festzustellen.

Asien. Aus Kiachta wird unterm 8. Iuni gemeldet: Der neu ernannte russische Gesandte von Büßow is am 20. Mai in Peking vom Kaiser von China mit demfelben E wie vordem die anderen Gesandten empfangen wor

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Heft 8 der Annalen des Deutschen Reichs für Geseß- gebung, Verwaltung und Statistik, Materialiensammlung und fozial- politische Reform Zeitschrift, herausgegeben von Dr. Georg Hirth, enthält: Das Kriegswesen des Deutschen Reichs. Recht: wissenschaft- lich dargestellt von Dr. Max Seydel. VII. Abschnitt: Die Leistungen des Bundesgebiets für militärishe Zwecke. (Fo. tseßung.) §. 2. Die Kriegsleistungen. (Schluß.) §. 3. Die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen; (Fortseßung folgt.) Die „Konrrole* des Reichs über das Eiseñbahn-Ta1rifwejen. Eine Untersuchung über den Artikel 45 der Reichsverfassung und die §§. 17