1874 / 138 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Jun 1874 18:00:01 GMT) scan diff

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L Sens

Communs das Festvergnügen der Mannschaften mit Tanz und Spiel, wozu die Einwohnerschaft von Potsdam und auch Ber- lin ein zahlreihes Publikum geliefert hatte. Den Schluß des Festes für die hohen militärischen . Kreise und den Hof bildete eine dramatishe Vorstelung im Theater des Neuen Palais, wozu eine größere Anzahl von Einladungen an die höheren Gesellschaftskreise Potsdams unnd auch an Damen der Berliner Hofgesellshaft ergangen waren.

Um 7 Uhr betraten der Kaiser und König, die Kronprinzessin führend, den Theatersaal und begrüßten die Gesellschaft. Der Kronprinz führte die Prinzesfin Friedrih Carl. Alsdann begann die Vorstellung mit dem einaktigen Lustspiel: „Ein anonymer Kuß“, darauf folgte ein Tanz-Ensemble „Mandoli1ata“, diesem ein einaktiges Stückhen „Herrn Kaudels Gardinenpredigten“, und den Beschluß machte ein Grand pas de deux.

Nach einem Souper, das nah beendigter Vorstellung in den an den Théftersaal angrenzenden Räumen eingenommen wurde, verabschiedeten Sih Se. Majestät der Kaiser und König von Allerhö tihcer Familie und traten um halb 11 Uhr von der Wildparkstation die Reise nah Ems an.

Heute Vormittag 10 Uhr 15 Minuten sind Se. Ma- jestät der Kaiser und König wohlbehalten in Ems eingetroffen und auf dem Bahnhofe von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland und von zahlreichen Badegästen und Einwohnern be- grüßt worden. Die Brücke und die Straße vom Bahnhofe bis zum Kurhause waren reich mii Blumen und Flaggen ges{chmüdckt. Die beiden Majestäten fuhren in offenen Wagen zunächst in die Wohnung Sr. Majestät des Kaisers von Rußland im Hotel „Zu den vier Thürmen,“ .wo heute große Galatafel stattfindet.

Das Staats-Ministerium trat gestern Mittag um 1 Uhr zu einer Sihung zusammen.

Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen hielt heute eine Sizung.

In der Woche vom 24. bis 30. Mai 1874 sind geprägt worden an Goldmünzen: 2,047,440 Mark 20- Mark- stüde; an Silbermünzen: 520,972 Mark 1-Markstüte; 134,210 Mark 80 Pf. 20-Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 115,044 Mark 80 Pf. 10-Pfennigstücke; 45,711 Mark 50 Pf. 5-Pfennigstüke; an Kupfermünzen: 11,825 Mark Pf. 2-Pfennigstücke; 7564 Mork 50 Pf. 1-Pfennigstücke. Vorher wa- xen geprägt: an Goldmünzen: 819,369,060 Mark 20-Markstücke, 202,800,640 Mark 10-Markstücke; an Silbermünzen: 17,913,624 - Mark 1-Markstücke, 5,438,775 Mark 60 Pf. 20-Pfennigstücke ; an Nickelmünzen: 2,094,387 Mark 30 Pf. 10-Pfennigstüe, 154,214 Mark 50 Pf. 5-Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 363,631 - Mark 66 Pf. 2-Pfennigsiü®kc, 108,178 Mark 63 Pf. 1-Pfennig- ftüde. Mithin find ixc Ganzen geprägt: an Goldmünzen: 1,024,217,140 Mark; an Silbermünzen: 24,007,582 Mark 40 Pf.; an Nickelmünzen: 2,409,358 Mark 10 Pf.; an Kupfer- münzen: 490,699 Mark 79 Pf.

Die Fürstlich lippeshe Regierung erließ in einer Armen- Streitsache am 27. Januar 1874 einen Bescheid, in welchem 1) fie erklärte, daß das unehelihe Kind der Katharine E., nah- herigen Ehefrau K., seinen Unterstühungswohnsiy im Amte Derlinghausen habe; 2) fie den verklagten Armenverband zur ‘Erstattung der zur Unterstühung des K. und seiner Kinder vom - 22. Dezember 1872 bis zum April 1873 aufgewendeten Kosten für verpflichtet erklärte, nahdem Kläger nachgewiesen haben werde, daß der K. in gedahtem Zeitraum hülfsbedürftig gewesen sei und die ‘gewährte Unterstüßung das geseßliche Maß niht Überschritten habe; 3) Verklagter mit Rücksicht darauf, daß der K. am 1. April 1873 mit Hinterlassung seiner Kinder von sei- nem bisherigen Aufenthaltsort entwichen sei, es also eines wei- teren Beweises der Hülfsbedürftigkeit der Kinder nicht bedürfe, für \{uldig erklärt wird, die. ihnen gewährte Unterstühung zu

‘erstatten, nahdem Kläger den Betrag und die Angemessenheit näher nahgewiesen haben würde; 4) fie die Entscheidung über ‘die Kosten vorbehält.

_ Auf die Berufung des Verklagten hat das Bundesamt für das Heimathwesen duxch Erkenntniß vom 4. Mai 1874 den erstrihterlichen Bescheid aufgehoben und die Sache selbst zu anderweitiger Entscheidung in der Hauptsache sowohl, als in Betreff der Kosten erster ‘Instanz an den Richter der ersten Instanz zurückgewiesen.

In den Gründen dieser Entscheidung wird nah dem Centr.

Bl. für das D. R. Folgendes ausgeführt : Die Sache befindet ih prozessualisch niht in der Lage, daß das Bundesamt in der Sache selbst eine Entscheidung treffen könnte. Der von dem ersten Richter erlassene Bescheid hat in seiner Nr. 1 nur über eine ‘Prâjudizialfrage für einen Theil des erhobenen Anspruchs be- funden. Derselbe trägt sodann in Nr. 2 und Nr. 3 den Cha- rakter eines der Rechtskraft empfänglihen Beweisinter- Tokuts des gemeinen Civilprozesses an sich, indem die Verurtheilung des Verklagten unter der Bedingung aus- A wird, daß derselbe einen genau normirten eweis zu erbringen im Stande sein werde. Der Erlaß der- artiger, die Beweislast und das Thema probandum rehtsfräftig fixirender Vorbescheide, entspricht den in \“inen wesentlichen Grund- zügen dur das Reichsgesey für die interterritorialen Streitig- eiten vorgeschriebenen Reichsprozesse niht, und das Bundesamt insbesondere ist nah den sein Verfahren regelnden Bestimmun- gen jenes Geseßes außer Stande, dem ersten Richter auf dem von ihm eingeshlagenen prozessualishen Wege zu folgen. - Die §8. 38, Abs. 1, 39—41 des Reichsgesehes haben für den Reihsprozeß in 1. Instanz überall nur eine Entscheidung angeordnet, durch welche die Streifsache nah allen Seiten hin ihre definitive Entscheidung finden muß. Sofern nah dem Schlusse der Verhandlungen zwishen den Parteien noch An- ftände gefunden werden, deren Erledigung vor der Entscheidung erfolgen muß, \o find die erforderlichen Auflagen durch eine Verfügung zu treffen, gegen welche kein Rechtsmittel gegeben ist, welche aber au der endlichen Entscheidung nicht präjudizirt. Insbesondere ergiebt der §. 39, daß besondere Beweiserkenntnisse der hier in Anwendung gebrachten Art in dem hier fraglichen Administrativprozesse niht zu erlassen find, die für die Ent chei- dung zuständige Landesbehörde vielmehr den ihr erheblich er- scheinenden, angetretenen Beweis. sofort erheben und dann nah S: 40 ihre Entscheidung erlassen soll. Nur gegen die leßtere, nit gegen die zu ihrer Vorbereitung éclafsenen Verfügungen ndet nah §8. 40 und 46 die Berufung an das Bundesamt att, und auch die Entscheidung des leßteren kann stets nur eine definitive sein. Erachtet dasselbe vor Fällung dieser Ent- scheidung noch eine Aufklärung über das Sach- und Rechts- verhältniß für erforderlih, \o ist dieselbe auf dem im 8. 49 vorgezeihneten Wege, dur Vermittelung der zuständigen Landes- behörde vorzunehmen, also nicht eine Vorentscheidung zu treffen, sondern eine vorläufige Verfügung in Gestalt einer Requisition

4 Sterberegister

pa

-gu erlassen, nach deren Erledigung- dann die endlihe Entschei-

dung erfolgt, ohne daß das- Bundesamt hierbei formell an die erlassene vorläufige Verfügung gebunden wäre. Was nun spe- ziell den vorliegenden Fall anlangt, so widerspriht es der gan- zen Oekonomie des Reichsprozesses vollklommen, daß das Bundes- amt über präjudizielle Rehtsfragen und über die vom ersten Richter als Bedingung der bereits eventuell ausgesprochenen Verurtheilung festgestellte Beweisnorm durch ein Mh entscheiden soll, was zur Folge haben würde, daß auf Grun des aufreht erhaltenen oder modifizirten Beweisinterlokuts- der Beweis vom ersten Richter zu erheben und dann von ihm aber- mals in dér Sache nah den vom Bundesamte rechtskräftig im Vorerkenntnisse festgestellten Direktiven zu entscheiden wäre. Ein \solhes Prozeßverfahren kann daher .niht zugelassen werden.

Der erste Richter hätte hiernach, nahdem er \{chlüssig ge- worden war, welcher Beweise es zur Begründung der Klage in ihrem-ganzen Umfange bedurfte, die Aufnahme des in dieser Richtung etwa angetretenen Beweises verfügen und nach ge- \{ló}sener Beweisaufnahme in der Sache definitiv entscheiden müssen. Wie die“ Sache jet liegt, erübrigt, um die Prozedur in die geseßlihen Formen umzuleiten, nur den Bescheid des ersten Richters, soweit derselbe angegriffen is, aufzuheben und die Sache zu anderweitiger weiterer Veranlassung nach Maß- gabe der §8. 39 und 40 des Reich3gesehes zur ersten Instanz zurückzuweisen.

Der Minister des Innern hat \ich in zwei Cirkular- erlassen vom 26. v. M. damit einverstanden erklärt, daß behufs Gewinnung qualifizirter Standesbeamten die Zusammen- legung mehrerer kleiner Gemeinden zu gemeinschaftlihen Standes- amtsbezirken als unvermeidlih zu betrachten sein wird. Auch dagegen findet der Minister des Innern Nichts zu erinnern, daß bei dieser Zusammenlegung in Ermangelung sonstiger, e rere Gemeinden umfüscien politischen Verbände die Kirch- spiele als Anhaltspunkt genommen werden.

Dagegen soll eine Theilung der Bürgermeistereibezirke in mehrere Standesgamtsbezirke nur ausnahmsweise und aus beson- ders erheblihen Gründen stattfinden. Gegen die Bestellung qua- lifizirter Bürgermeisterei-Sekretäre zu Stellvertretern der Standes- beamten, die übrigens auch in Stadtgemeinden nux dur ' das Ober-Präsidium wird erfolgen können, findet der Minifter im Allgemeinen Nichts zu erinnern, vorausgeseßt, daß das Fungiren der gedahten Sekretäre als stellvertretende Standesbeamte er der Intention des Gesezes zuwider, thatsählih zur Regel werde.

Die Vorausseßung, daß demnächst in den, - aus mehreren

“Gemeinden zusammengeseßten Standesamtsbezirken gleihwohl

für jede Gemeinde besondere Geburts-, Heiraths- und Sterberegister zu führen sein werden, is nah Ansich: des Mi- nisters eine irrige. Nah der unzweideutigen Fassung und Inten- tion des Geseyes sei von jedem Standesbeamten nur Ein, den gesammten Bezirk umfassendes Geburts=-, resp. Heiraths- und zu führen. Au sei niht wohl abzusehen, daß aus einer Einrichtung solher Art bezüglih der bürgerlichen Standesbuchführung größere Uebelstände hervorgehen follten, als es bei der fkirchlihen Standesbuhführung in den, mehrere Ge- meinden, Ortschaften . umfassenden Pfarrbezirken bisher der Fall gewesen ist.

Ein Regierungs-Präsidium hatte in die Ge\häfts- Instruktion für die Amtsvorsteher unter den besonderen geseßlihen Vorschriften, nah welchen die erste Entscheidung in polizeilihen Angelegenheiten dem Landrathe zusteht, auch dén i: 97 Absag 2 derHeldpolizei-Ordnung vom 3. November

847 aufgeführt,- welcher bestimmt, daß in dem Falle, wo der Guts8herr die Polizeigerihtsbarkeit selbs verwaltet und er oder einer seiner Angehörigen bei einer Pfandgeldstreitsahe betheiligt ist, die Entscheidung dem Landrathe gebührt. Der Minister des Innern hat das Regierungs-Präsidium jedoch darauf aufmerk- sam gemacht, daß diese lehtere Bestimmung durhch den §. 57 Absaß 5 der Kreisordnung, vom 13. Dezember 1872, wonach für den Fall der persönlihen Betheiligung eines Amtsvorstehers bei der Erledigung eines Amtsgeschäftes der Kreisaus\huß den Stellvertreter oder einen der benghbarten Amtsvorsteher damit zu betrauen hat, eine Abänderung erfahren hat. Es ergiebt \sih dies aus den Motiven des auf Grund Allerhöhster Ermächti- gung vom 20. Dezember 1871 dem Landtage- der Monarchie a Kreisordnungs-Entwurfs, in welchen zu §. 44 be- merkt ist:

eNach der Bestimmung im zweiten Absaßte dieses Paragraphen soll der Stellvertreter Aba S E i D a aid wenn leßterer bei. einem von ihm wahrzunehmenden Amtsgeschäfte persönli betheiligt ist. Hierdurch werdca die Vorschriften des §.-57 Absapß 2 der Feldpolizei-Ordnung vom 1. November 1847 (Ges.- Samml. S. 276) und des §. 1 Absatz 3 des Geseßes vom 24: April 1854, betreffend die Verleßung der Dienstpflichten des Gesindes und der ländlichen Arbeiter (Ges.-Samml. S. 214) abgeändert, wonach in den Fällen der“persönlihen Betheiligung der Lokalpolizeibehörde bei einer Pfandgeldstreitsache beziehungsweise bei einer Dienstverleßzung des Gesindes 2c. der Landrath eintreten sollte.“

Das Regierungs-Präsidium is deshalb Seitens des Mini= sters des Innern veranlaßt worden, die gedahte Bestimmung der Instruktion für die Amtsvorsteher entsprechend zu modifiziren.

_— Der am 13. d. M. verstorbene Staats-Minister a: D. Freiherr August v. d. Heydt war am 15. Februar 1801, der Sohn des Chefs des Bankhauses v. d. Heydt, Kersten und Söhne, zu Elberfeld geboren. Er widmete sich nah Vollendung der Schulbildung dem väterlichen Geschäft, dessen Leitung er, durch längere Reisen in Frankreich und Eng- land vorbereitet, in Gemeinschaft mit seinen Brüdern Carl und Daniel übernahm. Die Kommunalverwaltung - von Elberfeld führte ihn zuerst in das öôffentlihe Leben ein, in welchem fich sein Wirkungskreis mit seiner. im Jahre 1840 erfolgten Ernennung zum Präsidenten des Handelsgerichts zu Elberfeld, ganz besonders aber dur seine parlamentarische Thätigkeit allmählih erweiterte. Nachdem v. d. Heydt son als Kreistagsabgeordneter gewirkt hatte, wurde er 1841 zum Ab- geordneten des Rheinischen Provinziallandtags erwählt und von diesem in die Vereinigten ständischen Ausschüsse deputirt, welche am 18. Oktober 1842 in Berlin zusammentraten. Der Thätigkeit, welhe v. d. Heydt 1847 und 1848 auf den Vereinigten Landtagen entwickelte, folgte am 6. Dezember 1848 seine Ernennung zum-Staats-Minister; er trat in das am 8. No- vember desselben Jahres von dem Grafen Brandenburg gebildete Ministerium ein, in welchem ihm das bis dahin von dem Wirkl. Geh. Ober-Finanz-Raih v. Pommer-Esche interimistisch geleitete Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten über- tragen wurde. In dieser Stellung, welche er bis zum Jahre 1862 inne hatte, hat der Staats-Minister Freiherr v. d. Heydt sh bleibende Verdienste um die wirthschaftlihe Entwickelung Preußens erworben. In dem Ministerium Prinz Hohenlohe leitete v, d. Heydt (17. März 1862) das Finanz-Ministerium,

behielt aber auch das 23. September 1862 aber später,

marktes uns die Möglichkeit geben, durch

überhaupt bei des geebrten Herrn Landtags - Kommissarius, welche ih meiner Mitstände dankbar acceptire, e en, daß diese Erwägungen zu einem guten

erklärt, pi dem gen zu beseitigen resp. abzuändern, we Wesentlichen auf die Schultern eines werden wir die Vorlage mit dem Ernste prüfen, der i und ih hoffe, das Res

tionen der Königlichen Regierung entgegenkommenden Votum führen ; denn diese Geseßgebung is zu einer Zeit ; i S gen iegen ta! f eth DELUnie zu berüd-

Hatte, und es kann keinem Zweifel unterli d

die heutigen absolut niht mehr paßt. 0%, 1ap. fle „s

ndels-Ministerium interimifstisch bei. Am“ ied er aus dem Staatsdienst, übernahm am 2. Juni 1866, von dem Staats-Minister v. Bodelschwingh noch einmal die Leitung des Finanz-Ministériums. ' Am 26. Oktober 1869 trat der Freiherr v. d. Heydt in den

Privatstand zurück; ein Herzleiden ershwerte ihm die leßten Jahre seines thätigen Lebens, dem ein plögliher Tod am 13. Juni, Morgens 6 Uhr, ein Ziel seßte.

Der General-Lieutenant z. D. und Präsident des geodä- tishen Institus Baeyer hat sid mont begeben. Nach beendigter Kur wird derselbe die Inspizirung der Gradmessungs-Arbeiten in Thüringen, Hessen und am Rhein : vornehmen.

zu einer Badekur nah Pyr-

Der General-Major und Inspecteur der 1. Ingenieur-

Inspektion von Braun hat sich behufs Inspizirung der Pommerschen und der Festungen Danzig und Thorn, sowie: des Ostpreußischen Pionier-Bataillons Nr. 1 und des Pommer- \{chen Pionier-Bataillons Nr. 2 auf Dienstreisen begeben.

Der Kapitän zur See und Ober-Werft-Direktor zu Kiel Weikhmann, welcher zur Abstattung persönlicher Meldungen von Kiel hier eingetroffen war, hat fih dorthin zurüfbegeben.

Posen, 14. Iuni. Die zum 17. Provinzial-Land|-

tage des Großherzogthums Posen einberufenen Ab-

geordneten wohnten heute früh um 10 Uhr dém Gottesdienste in der katholishen Pfarrkirhe ad St. Mariam Magdalenam, be- ziechungsweise in der evangelishen Kirche St. Pauli bei und ver- sammelten sih sodann um 125 Uhr Nahmittags in dem Sißungs- saale des \. g. alten Landschaftsgebäudes hierselbst.

Nachdem der Königlihe Kommissarius, Ober - Präsident Guenther, durch eine Deputation benachrihtigt worden war, daß der Provinzial - Landtag versammelt ei,

begab ih derselbe in die Mitte der Versammlung und eröffnete

den Provinzial-Landtag mit folgender Ansprache :

Hechgeehrte Herren! Seit Jhrer leßten Versammlung hat eine weitgreifende Bewegung im wirthschaftlichen Leben sih vollzogen. Der Aufschwung, welchen Handel und Industrie vielfach dadurch er- fahren haben, hat eine nennenswerthe Ausdehnung auf däs Großher- zogthum nit gewonnen. Dagegen is das lehtere von der in Folge der Ueberspekulation eingetretenen Kreditstörung wesentlich mit er- griffen worden. # A

Um die Provinzial - Hülfskasse in den Stand. zu seben, für die Abhülfe der Kreditnoth wirksam zu sein, und insbesondere au klei- neren ländlichen Grundbesißern Darlehne zu ihrer Erhaltung zu ge- währen, ist eine Verstärkung der Fonds derselben und eine Abän- derang einiger Bestimmungen ihres Statuts erforderlih. Eine dahin zielende Vorlage wird Ihnen gemacht werden. :

Es wird Ihnen ferner der in dem Allerhöchsten Propositions- Dekret bezeihnete Entwurf eines Geseßes, betreffend die anderweite Regelung der- Verpflichtung zur Leistung der ay und Spanndienste für-die Unterhalturg der Land- und Heerstraßen in der Provinz Po- sen, zur Begutachtung unterbreitet werden. Die Beschwerden des Bauernstandes über unbillige Belastung bei dem Wegebau sind Ihnen bekannt. Der Geseßentwurf bezweckt eine Abhülfe dieser Beschwerden.

Andere Vorlagen, welche Jhnen zugchen werden, betreffen die von Jhnen auf dem 16. Provinzial-Landtage als wünschenswerth bezei - neten Aenderungen der Reglements für die Feuer-Sozietät- der Provinz

Posen, die exekutivishe Einziehung der an die Provinzial-Hülfskasse zu zahlenden ¿Zinê- und Amortisationsbeträge, die Toiderilekng der «

Provinzialanleihen, die Bewilligung der zur Erhaltung und weiteren

Entwicktelung der ständischen Institute -erforderlichen Geldmittel und...

die von -Jhncn vorzunehmenden Wahlen. A

Die vorgeschriebenen Berichte und Ausweise über die Leitung: nund Wirkfamkeit der ständischen Institute und Verwaltungen werden Ihnen ebenfalls vorgelegt werden.

Ich bitte Sie, den umfassenden Geschäften, welhe Ihnen ob- liegen, mit der Hingebung Sich zu unterziehen, welche Sie bei Be- rathung der Angelegenheiten der Provinz stets bewährt haben. So weit es in meinen Kräften steht, werde ich gern bereit sein, Sie hierin zu unterstüßen. t

Ihnen, Herr Landtagsmarschall, überreiche ih den Allerhöchsten Landtagsabschied vom 27. Mai d.-J. und das Allerhöchste Proposi- tionsdekret von demselben Tage, und erkläre im Namen und im Auf- trage Sr. Majestät des Kaisers und Königs deu 17. Provinzial-Landtag des Großherzogthums Posen für eröffn-t. :

Die eben von mir geäußerten Worte bitte ih Sie in polnischer Sprache verlesen zu lassen.

Der Landtagsmarschall entgegnete hierauf:

Mit Freuden begrüßen wir es, daß unter den Verlagen, - welche Sie, hochgeehrter Herr Landtags-Kommissarius, uns so eben als die Grundlage unserer Arbeiten angekündigt haben, sich folche bcfinden, die sich die Verbesserung der Lage des kleinen bäuerlichen Grund- besißers zur Aufgabe stellen, da diese bei uns mehr als in den an- dern A O der Fürsorge bedarf.

ir werden es uns angelegen sein lassea, auf dem Wege, den die

vor uns versammelt gewesenen Landtage betreten haben, weiter fort- uschreiten und namentli der Kreditbedürftigkeit des kleineren Grund- efißers, die durch die Störungen, welche sih in den leßten Jahren allgemein auf dem wirthschaftlichen Gebiete geltend gemacht und leider auch unsere Provinz in Mitleidenschaft gezogen haben, größer denn je ist, soweit dies überhaupt dur Lees unsrerseits geschehen Tann und soweit die Rüaäsicht auf die Leistungsfähigkeii der Provinz es uns gestattet, die dazu erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, abzuhelfen.

Jch darf die Versicherung aussprechen, daß die Vertreter der Pro-- vinz, wie es bisher immer ihr Bestreben war, innerhalb der Grenzen ihrer Befugnisse und ihres Könnens zu helfen, wo Hülfe nöthig war, auch jeßt bereit sein werden mit der Kraft, welche die Vereinigung Aller zu gleichem Zweck verleiht, den Einzelnen, deren wirthschaftliche Existenz ohne ihre Schuld in Frage gestellt ist, beizuspringen, ohne doch den Charakter des provinzialständishen Instituts, dessen Thätig-

keit wesentlich auf dem Felde der Erreichung gemeinnüßiger Zwecke

gesucht werden soll, in den cines gewöhnlichen Geldinstitut3 ‘umzu wandeln.

Wir werden ferner erwägen, ob die jeßigen Mise des Geld- e M ] eine anderweite Regelu der Schuldverhältnisse, die Last, welche zur Verzinsung und Tilgung der zu Provinzialzwecken kontrahirten resp. vielleicht no zu kontrahiren-

den Schuld auf den Steuerpflichtigen ruht, zu verringern.

Jedenfalls läßt uns die Versicherung, daß wir bei diesen, wie

unsern Arbeiten auf die thatkräftige Hülfe

d ih Namens

rechnen E S

| nde und einem. erer Heimath heilsamen Beschluß führen werden.

Wenn sodann die Regierung Sr. Majestät des Königs sich bereit

Wege der Gesetzgebung diejenigen Bestimmun-

e die Wegebaulast im

tandes gelegt hat, so

/ 1 h hr gebührt,

ultat dieser Prüfung wird zu einem den Inten-

entstanden, welche

Wir werden endlih die uns sonst noch verheißenen Vorlagen,

welche den Zweck verfolgen, die so segensreih wirkenden Institute in dem Sinne, in welchem sie von unsern Vorgängera aécrindet nt, Gndite baueu und zu weiterer Ausdehnung ihrer Wirksamkeit ¿u befähigen, mit.

Gewissenhaftigkeit und Fleiß einer gründliGen Prüfung unterziehen und ih darf aus innigster Ueberzeugung die zuversichtliche Hoffnung aussprechen, daß die Arbeiten des siebenzehnten Provinzial-Landtages, welchen zu eröffnen Sie soeben die Güte gehabt haben , zum Segen und zum Heil unseres engeren Vaterlandes des Großherzogthums Posen mit Gottes Hülfe beitragen werden. - s Laïsen Sie uns nun, meine Herren, der G netgeprabes Siite getreu, vor dem Beginn unserer Arbeitendem Gefühle der Ver- ehrung für unseren Herrscher Ausdruck verleihen, indem wir rufen : : Es lebe Se. Majestät der Kaiser und König! Die Versammlung stimmte in das von dem Marschall aus-

E dreimalige Hoh. auf Se. Majestät den Kaiser und

ônig begeistert ein. Der Königlihe Kommissarius wurde hier- -

auf dur die Landtags-Deputation wieder zurückbegleitet, und es R fodann die Verhandlungen der diesmaligen Session er- öffnet. i

Dem Landtags-Marschall Freiherrn von Unruhe-Bomst ward der Allerhöchste Landtags-Abschied und das Allerhöchste Propo- fitions-Dekret vom. 27, Mai a. c. übergeben.

Zum Vize-Marschall is von Sr. Majestät dem Kaiser und König in Stelle des Grafen Poninski auf Wreschen, welcher aus Gesundheitsrücksichten an der Theilnahme des Landtags verhin- dert ist, der Abgeordnete von Kurwatowski auf Porarowo er- nannt.

Von dem Marschall wurden zu Schriftführern die Abgeord- neten Dr. Szuldrzynskfi und Alberti und zum Quästor der Ab- geordnete Reimann bestimmt und sodann die nächste Plénar- fißzung zu worgen, den 15. d. Mts., zur Bildung von 4 Abthei- gen zur Borberathung der vorliegenden Gegenstände an-

aumt.

Ems, 13. Juni. + (W. T. B.) Der Großfürst Niko- laus Nikolajewit\ch ist zum Besuche des Kaisers von Ruß- land hier eingetroffen. Nach einer weiteren hier eingegangenen Nachricht würde auhch der König der Niederl’ande atn 18. d. M. zum Besuche des Kaisers hier erwartet.

Cöln, 14. Juni. (W. T. B.) Die Delegirtenver- fammlung des „Deutschen Vereins für die Rhein- provinz“ ist-heute durch den Abg. Professor Dr. Sybel mit einer Rede über den Zweck des Vereins eröfsnet worden. An- wesend waren außer 74 Delegirten, welhe 2060 Vereinsmitglie- der repräsentirten, viele zu selbständigen Vereinen - gehörende Mitglieder. Die Versammlung nahm das provisorische Statut des Vereins definitiv an, dessen erster Paragraph als Zweck des

Vereins hinstellt: „Gegenüber den Tendenzen der Ultramontanen

und der Sozialdemokraten für die Verbreitung freisinniger deut- \{er Gefinnung zu wirken.“ Ein Antrag, sich an den natio- nal-liberalen Verein in Berlin anzuschließen, wurde abgelehnt, da die Verhältnisse in der Rheinprovinz wesentlich andere seien, als die in Berlin, dagegen wurde beschlossen, sich mit dem Ber- liner Vereine in freundschaftlihe Beziehungen zu sehen. Der Plan zur Organisation des Vereins wurde nach ausführlicher Diskussion definitiv festgestellt.

Vayern. München, 12. Juni. Nah Vernehmung des Staatsrathes wurde von Sr. Majestät dem König in Bezug auf die Formation der Staats-Ministerien eine Verordnung, d. d. Linderhof, den 9. d. M. erlassen, nah welcher das Zoll- wesen aus dem Wirkungskreise des Staats-Ministeriums des Königlichen Hauses und des Aeußern ausgeschieden und an das Staats-Ministcrium der Finanzen überwiesen wird. Die Ver- ordnung tritt am 15. Juni d. I. in Wirksamkeit. In Betreff der Organisation der Aufshlags- und Stempelgefälls-Verwal- tung wurde gleichzeitig verordnet, daß die Ober-Aufshlag- und Kreisstempel-Verlags-Aemter, dann das Filial-Zahl- und Stempel- Amt Nürnberg aufgehoben werden. Die Verwaltung des Malz- aufs{chlags und des Kartenstempels wird den Organen der Zoll- verwaltung überwiesen. Die Kartenabstempelung kann durch das Staats-Ministerium der Finanzen auch einem Nebenzollamte übertragen werden. Das Haupt-Stempelverwaltungs- und Ver- lags-Amt hat fortan. die Bezeihnung „Haupt-Stempelverlags- Amt“ zu führen. Diese Verordnung tritt am 1. Juli d. I. in

„Wirksamkeit.

Die Bestimmung des e Jur Ml Tele vom 4. Juni 1874, daß nur derjenige zur Wahl zugelafsen“ wird, welcher erweislich den Verfassungseid abgeleistet hat is in dem Entwurfe des neuen i S nicht mehr enthalten. Nach dem neuen Entwurf sollen auch die in München. wohnen- den Abgeordneten, was bisher nicht der Fall war, Tages- et resp. die bestimmte Aversalsumme erhalten. Auch die

estimmung des Wahlgeseßes, daß weder die aktive noch die pasfve Wahkfähigkeit an ein bestimmtes Glaubensbekenntniß ge- unden, ¿4 im neuen Entwourf niht mehr aufgenommen.

Die heutige Sibgung- der Abgeordnetenkammer leitete der Vize-Präsident v. Shlör. Der Etat des Ministe- rium3 des Innern kam zum Abschluß, nahdem noch die Posi- tion wegen der staatlichen Beiträge zu den Kosten der Polizei- verwaltung in den Städten einige Debatten und einen vergeblichen Antrag auf Erhöhung der postulirten Summe Fegeen hatte. Ein Antrag Idôrgs, betreffend die Stellung

er im Civildienst untergebrachten Militärpensionisten, ward durhch

einen solchen von Rußwurm erseßt, durch welchen die Regierung gebeten wird, die auch solchen Personen durch das gegenwärtige Budget ausgeworfenen Theuerungszulagen in dem Fall zurück- zubehalten, wenn dieselben dur diese Mehrung den Verlust ihrer Militärpenfionen, und damit in der That eine Minderung ihres Einkommens zu gewärtigen hätten. Herr Freytag verlas einen langen Bericht über Rechnungsnahweisungen aus den Iahren 1870/72. Scließlich wurde der ganze Etat des Finanz-Mini- steriums ohne alle Diskussion in Zeit von einer halben Stunde nah den Vorschlägen des Aus\hu}ses genehmigt. Die nächste Sizung findet am Mittwoch ftatt, und ist auf deren Tages- ordnung eine Reihe von Petitionen und Anträgen gesetzt.

Württemberg. Stuttgart, 12. Juni, Der König ist gestern Abend von D wieder hierher zurückgekehrt. Auf der Villa Seefeld bei Rorshah is die Prinzessin Friedrich von Württemberg in voriger Woche zum Sommer- aufenthalt eingetroffen; der Herzog von Parma wird demnächst auf Schloß Wartegg erwartet.

Die Kammer -der Abgeordneten sehte heute die Berathung des Berichts der staatsrechtlihen Kommisfion über die Königlihen Verordnungen in Betreff der neueren Organisation innerhalb der . evangelishen Landeskirhe und über die Ausgaben für die evangelishe Landes\ynode fort. Der Antrag der Kommissionsminderheit auf “Bean- standung der Königlihen Verordnung vom 20. Dezember 1867, betreffend die Einführung der Landes\synode, wurde mit 54 gegen 25 Stimmen abgelehnt und die Synodalkoften pro 1873—74 (14,300 Fl.) genehmigt.

Baden. Karlsruhe, 11. Juni. Das Geseyes- und Verordnungs-Blatt Nr. 21 vom heutigen Tage enthält u. A.

y

das Gese§, die Aufhebung des §. 78 der Gemeinde-Ordnung und des 8. 57 des rger. eyes betreffend, sowie eine Bekanntmachung des Ministeriums des Großherzoglichen P der Jusiiz und des Auswärtigen, den Vollzug des Ge- eyes über die Beurkundungen des bürgerlihen Standes und über die Förmlichkeiten bei Schließung der Ehen, hier die Er- ident der Nachsicht wegen. des fehlenden Heirathsalters be- effend.

Sessen. Darmstadt, 12. Juni. Die Prinzessin Ludwig ist gestern zum ersten Mal wieder ausgefahren.

Die Zweite Kammer- der Stände seßte in ihrer heutigen (64.) Sigung die Berathung des Nachtragsbudgets fort und erledigte die Positionen: Ober-Medizinal-Direktion ; Ober- Konsistorium; Kreis-Schuk-Inspektoren ; Ober-Rehnungskammer- Justifiklatur 11, Abtheilung; Lokal - Polizeibeamte und nie- dere Polizeioffiziantcen; Landes - Universität ; Gymnafien ; Schullehrer - Seminarien; evangelishes Prediger - Semi- nar; Besoldungen der Geisilihen; Museum und Hof- bibliothek; Botanisher Garten; Polytehnikum und Real- \{hulen; für das Turnen gemäß den Propóösitionen der Regie- rung. Cine Ausnahme fand nur ftatt bezüglih der Landes- Universität und des Polytechnikums. Für Erstere wurden statt der verlangten 19,876 fl. 30 kr. nur 18,176 fl. 30 kr. bewilligt und zwar wurde diese Summe niht zur gleihmäßigen Aufbesse- rung aller Gehalte um 1/5, sondern zur Aufbesserung der Ge- halte bis zu 2000 fl. und betreffs Verwendung des verbleiben- den Restes behufs vorzugsweiser Bedenkung der Professoren nah dem Dienstalter bewilligt. Für das Polytehnikum wurden zwar die verlangten 9272 fl. ‘bewilligt, jedoch ebenfalls niht zur gleich- mäßigen ias aller Lehrer um 1/; der Besoldung, \on- dern zur Erhöhung der weniger als 2000 fl. betragenden Besol- dungen und dann zur vorzugsweisen Berüsichtigung der älteren Lehrer. Ein Antrag des Abg. Heinzerling: Das Schulgeld. an den Gymnasien und Realshulen für zwei diese gleichzeitig be- suchende Söhne nur auf 3/4, für drei und mehr Söhne auf die Hälfte des Betrags festzuseßen, wurde angenommen. Ebenso fand ein Antrag des Aus\hu}ses auf Vereinigung der Ober- Rechnungskammer-Justifikatur 11. Abtheilung mit der 1. Abthei- lung die Zustimmung der Kammer. Erwähnt mag noh werden, daß die Eingabe der Realschul-Direktoren zu Mainz und Darm- stadt, sowie sämmtliher Reallehrer, betreffend die Gehalts- verhältnisse an den Realschulen, der Regierung zur etwa geeig- E Berüksichtigung bei einem künftigen Budget überwiesen wurde.

14. Juni. (W. T. B.) Die Kaiserin von Rußland ist heute Nahmittag 1 Uhr in Jugenheim eingetroffen.

Desterreïih-Ungarn. Wien, 14. Juni. Die „Wien. 3.“ publizirt die vom Kaiser genehmigten Beschlüsse der Dele- gationen des Reihsraths in Betreff des Voranschlages für den gemeinsamen Staatshaushalt im Jahre 1875, ferner die in Betreff der Schlußrechnungen der Iahre 1872 und 1871.

(Wien. Z.) Die Einberufung der Landtage für die im Reichsrathe vertretenen Königreihe und Länder is im Allgemeinen für den 15. September d. I. in Aus\iht genom- men. In Betreff der Landtage von Görz-Gradisca, Îstrien und Triest ist auf Ansuchen der betreffenden Landesaus\chüsse, sowie des Podesta von Triest und zwar mit Rücksicht auf die im Sep- tember stattfindende Weinlese von Seite - der Regierung die Statthaltexei in Triest ermächtigt worden, die Einberufung der Landtage von Görz-Gradisca und von Iftrien für den 19. August, S t von Triest für den 29. August d. I. in Ausficht zu stellen.

Der Minister des Innern, Frhr. v. Lasser, ist zum Kurgebrauch in Marienbad eingetroffen.

Pest, 12. Juni. Im Abgeordnetenhause interpellirte Tavassi wegen Regelung der hauptstädtishen Polizei, Szentimrey wegen der Einrichtung der Kaschauer landwirthschaftlihen Lehr-

anstalt, Cseh wegen der ungleichen Einfuhrzölle auf Brenn- und f \

Bauholz an der \üdlihen Grenze Siebenbürgens. Nagy- legte einen Geseßentwurf vor über die geseßliche Feststellung des Zins- fußes für Cp prtar Gaben. Die Gesezvorlagen über die praktishen Richterprüfungen und über das Verfahren in Fällen falsher Krida wurden in dritter Lesung angenommen, ferner die sanktionirten Geseße über das Pester . Grundbuch und das Verfahren bei Wechselfälshungen promulgirt;, dann die Modifikationen, die das Oberhaus an den Geseßentwürfen üher die Unterdrückung der Rinderpest und in Betreff der Haftpflicht der Slenanen vornahm, angenommen, endlich die noh in Schwebe gebliebenen Paragraphen der Advokatenordnung, sowie die Geseßentwürfe über die Vermehrung der Handelsbeisißer beim Budapester Wechselgerihte und über die Organisirung des \ta- tistishen Landesbureaus in erster und zweiter Lesung erledigt. Wie „Pesti Naplo*“ nunmehr erfährt, übernimmt das Rothschild\she Konsortium definit'v den bisher unbegebenen Rest von 15 Millionen Silbergulden der ersten Hälfte der unga- rischen 153-Millionen-Anleihe und gewährt der ungarischen Regierung einen in noch festzustellenden Raten zahlbaren Vor- {uß von 30 Millionen Silbergulden auf die zweite Hälfte dieser Anleihe. Bezüglich dieser zweiten Hälfte behalten ih die Re- gierung und das Konsortium freie Hand vor und soll hierüber

‘ers im Herbste verhandelt werden. Der Vorschuß auf die Ost-

bahn-Prioritäten wird wahrscheinlih prolongirt werden.

Schweiz. Bern, 13. Iuni. (W. T. B.) Der Stände- rath hat eine nahträglihe Uebercinkunft zum internationalen Müngzvertrag genehmigt, wonach im Januar 1875 ein neuer Münzkongreß in Paris zusammentreten soll.

14. Juni. (W. T. B.) Die heutige sehr zahlreich be- suhte Versammlung von Delegirten der liberal- katholishen Gemeinden der Schweiz ist nach kurzer Vor- debatte in die Berathung des vom Pinret Herzog ausgearbeiteten Entwurfs einer Verfassung - der chriftkatholishen Kirche in der Schweiz eingetreten. :

15. Juni. Der vorgelegte Entwurf einer Verfassung der christkatholishen Kirhe in der Schweiz wurde im Großen und Ganzen ohne Abänderungen von erhebliher Bedeutung ange- nommen und insbesondere beshlossen,, ein Nationalbisthum zu errichten, die einzelnen Bestimmungen über die Befugnisse und die A huns des Bischofs indessen an den Ausschuß zurück- verwiesen.

Niederlande. Haag, 14. Juni. (W. T. B.) Die Negierung hat der Zweiten Kammer einen Bericht über die Finanzverwaltung zugehen lassen. Nach demselben e das Defizit im niederländischen Staatshaushalt pro 1874 3+ Millionen Fl. Dasselbe wird mittelst Emittirung von Schaß- billets gedeckt. Was das Kolonialbudget betrifft, so hat der Krieg gegen Atchin bis jezt etwa 13 Millionen Fl. gekostet ; weiter erforderlih zu demselben Zwecke sind etwa 64 Millionen,

und bleiben demnach noch 20 Millionen von dem vorveranschlag- ten Uebershusse disponibel.

__ Großbritannien und Jrland. London, 12. Juni. Die Königin wird am 17. oder 18. d. M. Balmoral verlassen und nah Windsor zurückehren. Aus Oxford wird gemel- det, daß Prinz Leopold, der jüngste Sohn der Königin, von seinem Hüfteübel so weit wiederhergestellt ist, daß er ausgehen kann und wahrscheinlih im*Stande sein wird, an den bevor- stehenden Universitäts-Festlichkeiten Theil zu nehmen. Der Prinz von Wales wohnte gestern dem jährlihen Banket der Benhers des Middle-Temple, deren Mitglied er is, bei. -=

Im Budckingham-Palast 4E vorgestern Abend ein Hof-

konzert statt, das sehr zahlreih besucht war. Der Prinz und die Prinzessin von Wales, der Herzog und die Herzogin von Edinburgh, der Herzog von Connaught (Prinz Arthur), Prinz und Prinzessin Christian von Schleswig-Holstein, die Prinzessin Louise und der Marquis von Lorne, ‘der Herzog von Cambridge und der Herzog und die Herzogin von Teck, die Mitglieder des diplomatishen Corps und ein großer Theil der hohen Aristo- kratie befanden sich unter den Anwesenden. Das Programm umfaßte Musikstücke von Richard Wagner (Tannhäuser-Ouver- ture und Preis-Lied aus: „Die Meistersinger von Nünberg“'), Mozart, Gounod x. ? Der Lordmayor gab vorgestern den Richtern der Königlichen Gerichtshöfe das herkömmlihe Diner in der aegyp- tischen Halle des Mansion-House. Dasselbe hatte sehr zahlreiche Betheiligung und wurde durch die Anwesenheit des Marine- Ministers, Ward Hunt, besonders ausgezeichnet.

…__— In Bedford wurde gestern in Gegenwart einer zahl- reihen Menschenmenge eine“ Statue John Bunyans, des Dissidenten-Predigers und Verfassers von „The Pilgrims Pro- gress“ enthüllt.

183. Juni, (W. T. B.) Der-Herzog und die Her-

ogin von Edinburgh sind heute früh zum Besuche des Kaisers und der Kaiserin von Rußland nah Ems abgereist.

__ 14. Juni, (W. T. B.) Bei der anderweiten Wahl eines Parlamentsmitgliedes für Wighton is Marc John Stewart (konservativ) mit einer Majorität von 8 Stim- zmen gewäklt worden.

__ Frankreich. Paris, 13. Juni, Der Präsident hat, wie das „Journal officiel“ anzeigt, 1232 von den Militär- gerihten Verurtheilten die Wirkungen seiner Gnade ange- deihen lassen und 966 dieserFVerurtbeilten den Rest ihrer Strafen ganz geschenkt, 266 derselben sie gemildert.

14. Juni. (W. T. B.) Der Graf von Sainte Croix ist wegen der Gambetta zugefügten Unbill zu einer sechsmonatlihen Gefängnißstrafe, sowie in eine Geldbuße von 200 Fres. und in die Kosten verurtheilt worden. Die übrigen verhafteten Ruhestörer wurden zu verschiedenen Gefängnißstrafen im Betrage von 8 Tagen bis zu 1 Monat verurtheilt. Heute sind am Bahnhofe von St. Lazare keine Ruhestörungen vor- gekommen.

Cassagnac hat eine wiederholte Herausforderung des Republikaners Clemenceau zum Duell abgelehnt.

Das Gerücht, der Herzog von Decazes beabsichtige von seinem Posten zurückzutreten, wird von der „Agence Havas“ dementirt.

Versailles, 13. Juni. (W. T. B.) In ‘der Natio- nalversammlung brachte heute der Kriegs-Minister Cissey einen Gesezentwurf ein, betreffend“ die Bestimmungen, welche bei einem Uebergange der Armee vom Friedensfuße auf den Kriegsfuß zu treffen sind. Die Vorlage wurde für dringlih erklärt und der Armeekommission überwiesen. Hierauf beantragte der Deputirte Houssard, im Interesse der landwirth- \haftlihen Arbeiten das Aufgebot des zweiten Theiles des Kontingents hinauszushieben. Der Minister des Acker- baues und Handels, Grivart, machte darauf aufmerksam, daß der Kriegs-Minister durch die Entscheidung der Nationalver- ammlung in dieser Beziehung gebunden sei und die Verant- lihkeit für eine solche Maßregel nicht auf sich nehmen könne.

Das linke Centrum wird, wie aus parlamentarischen Kreisen mitgetheilt wird, am nähsten Montag einen Antrag stellen, welcher die definitive Proklamation der Republik

unter dem Marschall Mac Mahon als Präsidenten auf die Zeit

von 7 Jahren verlangt. Dieser Antrág läßt eine vollständige oder eventuell auch nur theiweise Revision der gegenwärtigen republikanischen Verfassung zu. Das linke Centrum beabsichtigt mit dem Einbringen dieses Antrages zugleih die Dringlich- keit für denselben zu verlangen. Man hofft, ein Theil des rehten Centrums werde dem Antrage beistimmen, doch if dies noch zweifelhast. 14. Juni. (W. T. B.) In einer Versammlung der gemäßigten Linken und der äußersten Linken, welche gestern Abend stattgefunden hat, wurde beschlossen, ob- gleih die Fraktionen eine konstituirende Gewalt der Nationalver- sammlung im Prinzip nicht anerkennen könnten, troßdem für den konstitutionellen Antrag zu stimmen, welcher, wie ben gemeldet, am Montag vom linken Centrum gestellt werden wird, weil man darin: einen Versuch erblicke, die Republik vor den Angriffen der

Bonapartisten sicher zu stellen.

Spanien. Madrid, 13. Juni. (W. T. B.) Dem Vernehmen nah soll die Zahlung der verfallenen Cou- pons vermittelst eines zu diesem Zwecke zu creirenden Werthpa- pieres erfolgen, das in bestimmten Zeitabschnitten amor- tisirt werden soll. Die künftig fälligen Coupons sollen mit 11/3 Prozent in Silber bezahlt werden und i| zu diesem Zwecke in das Budget für 1875, dessen Veröffentlihung bevorsteht , ein Betrag von 600 Millionen Realen eingestellt. i

Nach in Paris eingegangenen Nachrichten aus Madrid vom 13. Juni hat die Armee ihre Operationen wieder aufges nommen. General Concha wird seine Truppen bei Tafalla konzentriren. ,

Der Carlistenchef Emio ist in Paris angekommen.

14. Juni. (W. T. B.) Nah einer Meldung der „Epoca* hat der Finanz-Minister Camacho am 11. d. für die Waaren, die bei dem Kantonalaufstande in Cartagena deuts \hen Kaufleuten von den Aufständishen weggenommen worden waren, den Betrag von 20,000 Piastern auszahlen lassen.

Italien. Venedig, 13. Juni. (W. T. B.) Der Katho- liken-Kongreß hat in seiner heutigen Sißung die Anträge, betreffend 1) die Betheiligung an Wohlthätigkeits-Instituten, 2) die Herbeiführung eines im christlichen Sinne gehaltenen Unterrichts an den Munizipalshulen, 3) die Betheiligung “an den admini- ftrativen Wahlen und-4) die Wahl einer Kommisfion zur Grün- dung von Universitäten angenommen.

Türkei. Konstantinopel, 14. Juni, (W. T. B.) Die Regierung hat die Ratifizirung des von Sadyk Pascha ab-