1874 / 139 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Jun 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Kreistage zu führen, in Behinderungsfällen aber der dem Dienst- bezw. Lebensalter nach älteste Kreisdeputirte den Vorfiß zu übernehmen.

Wer in dem Falle, wo auf einem Kreistag ausnahmsweise weder der Landrath, noch einer der beiden Kreisdeputirten anwesend sein sollte, den Vorfiß zu führen habe, darüber enthalte das Gesetz keine Besiimmung. Zu der Annahme, daß der Ge- setzgeber für diesen Fall die Regelung des Vorfißes der von dem Kreistage auf Grund des §8. 125 a. a. O. zu beschließen- den Geschäftsordnung habe überlassen wollen, böten die legis- lativen Verhandlungen keinen Anhalt. Es werde daher aus den Bestimmungen des §. 118 zu folgern sein, daß die Abhal- tung eines Kreistages ganz zu unterbleiben habe, wenn auf dem- selben weder der Landrath noch einer der beiden Kreisdepu- tirten anwesend sein sollte. Sei diese der Absicht des Geseßzgebers ent- \sprehende Auslegung des §. 118 richtig, dann erscheine auch die Kreisversammlung nicht befugt, in dem gedachten Falle die Abhaltung des Kreistages unter der Leitur.g eines von ihr selbst zu wählenden Vorsißzenden durch die Geschäftsordnung zu be- MCnER, da eine solhe Bestimmung gegen das Gesetz verstoßen würde.

Der General-Lieutenant und Commandeur der 1. Garde- Infanterie-Division von Pape hat sich mit mehrwöchentlihem Urlaub nach Süddeutschland, der General - Major Graf von Wartenslkeben, zur Disposition des Chefs des Generalstabes der Armee und Chef der kriegsgeschihtlihen Abtheilung des Großen Generalstabes, mit kurzem Urlaub nach Franzensbvad, der General-Major von Gärtner, Chef des Stabes bei der General - Inspektion des Ingenieur-Corps. und der Festungen, mit längerem Urlaub nah Weilbah und dem Rhein, der Oberst- Lieutenant und Abtheilungs - Chef im Kriegs - Ministerium von Sodenstern desgleihen nach der Schweiz begeben.

Die Beerdigung des verstorbenen Staats-Ministers a. D. Freiherrn von der Heydt fand heut Nachmittags 2 Uhr, vòm

Trauerhause, von der Heydtstraße Nr. 15 aus, statt. Wir wer-

den morgen Näheres über die Feierlichkeit berichten.

Posen, 15. Juni. In der 2. Plenarsißzung des Provin- zial-Landtages bildete der Landtags-Marschall vier Abthei- lungen zur Vorberathung der vorliegenden Gegenstände. Es wurden die Wahlen für folgende Abtheilungen vorgenommen :

Zur 1. Abtheilung, ‘der die allgemeinen Verfafsungs- und Verwaltungs- sowie die Chaufseebausachen zugetheilt find; zur 11, Abtheilung für die Angelegenheiten des Korrektionshauses zu Kosten und des Landarmenwesens; zur 111. Abtheilung für die Verwaltung der Provinzial-Irren-Anstalten, der Taubstum- méen- und Blinden- und anderen milden Stiftungen; zur IV. Abtheilung für die Angelegenheiten der Provinzial-Feuer-Ver- fiherungs-, der Hülfskassen-Instituten, Kassensachen im AlUge- meinen.

Die Geschäftsordnung vom 4. Oktober 1868 wurde vom Marschall wieder in Kraft geseßt und die Anberaumung der nächsten Plenarsizung von der Fertigstellung der Vorberathun- gen in den Abtheilungen abhängig gemacht. Deputationen für die Inaugenscheinnahme der Anstalten in Kosten und Owinsk sollen von der 11. und Illi. Abtheilung event. ernannt werden.

Breslau, 14. Juni. Im Einverständniß mit dem Ma- gistrat hatte die Denkmals-Kommission in dankbater Erinnerung an die Pflege verwundeter und kranker Soldaten während der legten Feldzüge Ihre Majestät die Kaiserin-Königin um die Erlaubniß gebeten, den Play, auf welchem das Denkmal steht, „Kaiserin Augusta-Plaß“ benennen zu dürfen. Darauf ist folgendes Antwortshreiben Ihrer Majestät eingegangen:

__ „Ich habe Mich beeilt, die Genehmigung des Kaisers und Königs für die Absicht zu erbitten, welche Ihr Schreiben in einer Mich ehren- den Weise kundgiebt. Das große Werk hristlicher Humanität zu för- dern, das allen Frauen obliegt, und für welches unser Deutsches Vater- land so empfänglih ist, betrahte Jch als Meine Lebensaufgabe, und es kann Mich daher nur freuen, in einer Stadt wie Breslau mit dem bleibenden Andenken an das Verdienst tapferer Hingebung, die Leistung jener weiblihen Fürsorge in Verbindung gebracht zu schen. Ich danke Ihnen hierfür und gewähre gern Meinen Namen dem Krieger-Denf- mals-Plaß in Breslau mit den besten Wünschen für das fernere Ge- deihen der Stadt und ihrer Bewohner.

Augusta.

Baden, den 7. Juni 1874. An den Oberst-Lieutenant z. D. und Bezirks-Commandeur von Donat “zu Breslau. * Hannover, 15. Iuni. Ihre Hoheit die Herzogin von Dalekarlien passirte vorgestern Nachmittag auf der Durch- reise nach Cassel den hiefigen Bahnhof.

Bayern. München, 14. Juni. Die Interpellation, welche in Betreff der Einführung der Civilehe der Abg. Herz in der Sißung der Kammer vom 2. d. M. an die Staats- regung richtete, wird im Laufe der nähsten Tage beantwortet werden.

Neben dem zur Vorberathung des neuen Wahl- geseßentwurfs von der Kammer der Abgeordneten zu wäh- lenden offiziellen Aus\hus}se will man, wie es bezüglich des gleichen Gesezentwurfs im Jahre 1870 der Fall war, eine aus Mit- gliedern der beiden Parteien in der Kammer bestehende freie Kommission niedersezen, um eine Verständigung über die Vor- Tage herbeizuführen.

Die in Betreff der Organisation der Aufs\hlags- und Stempelgefälls-Verwaltung und deren Unterord- nung unter die General-Zolladministration nothwendig geworde- nen Personalveränderungen sind bereits der Allerhöchsten Stelle unterbreitet. Es werden hierdurh 4 Ober-Aufschlags- beamte, 5 Controleure, 1 Vorstand des Filial-Zahl- und Stempelamtes Nürnberg, 1 Offizian.t daselbst theils in den de- (Be Ruhestand, theils vorbehaltlih der Wiederverwendung n denselben verseßt, theils in andere Verwendung genommen werden. 3 Stellen von Ober-Aufs{chlagsbeamten und 2 von Controleuren sind bereits bis zur Durchführung der Organisation des Ausschlagwesens vakant geworden. Da die General-Zoll- administration dem Königlichen Finanz-Ministerium untergeord- net wird, so werden die Königlichen Ober-Zollräthe M. Jos. Eggensberger und F. Felser, leßterer bisher in Verwendung beim Königlichen Staats-Ministerium des Königlichen Hauses und des Aeußern, vom leztgenannten Ministerium zum Finanz-Ministe- rium verseßt.

Sachsen. Dresden, 13. Juni. (Dr. J.) - Die Erste Kammer beschäftigte sich gestern Abend mit dem neulih auf Antrag des Abg. Sachße und Genossen von der Zweiten Kam- mer gefaßten Beschlusse:

ie Kammer wolle die Vorausseß!ng aussprehen, daß die in S. 32 der neuen Landtagsordnung festgeseßten erhöhten Tage- gelder der Kammermitglieder bereits vom 1. Januar d. J., alo dem Beginn der neuen Finanzperiode, ab gewährt werden.

Die Majorität der 3. Deputation - bestritt dem Sachße'schen Antrag, auf seinen Wortlaut und seine Entstehungsgeschihhte gestüßt, den Charakter eines ständishen Antrags; sie war daher der Ansicht, daß die Erste Kammer fih mit diesem Antrage gar nit zu befassen habe, und beantragte: es bei der Mittheilun des Beschlusses der Zweiten Kammer bewenden zu lassen; Falis sollte der Zweiten Kammer von den Motiven dieses Beschlusses Kenntniß gegeben werden. Als Separatvotant beantragte dagegen Bürgermeister Clauß, über den Beschluß der andern Kammer abzustimmen; er und mehrere andere Redner vindizirten dem Sachße’shen Antrag die Eigenschaft eines ständischen, über den fich die Erste Kammer auch materiell erklären müsse. Nament- lich konstatirte auch Präsident v. Zehmen die Pflicht der Ersten Kammer, auf eine offizielle Mittheilung der Zweiten eine offi- zielle Antwort zu geben. Es wurde der Claußsche Antrag und hierauf ein Antrag des Oberschenks v. Mebsh angenommen: ae P enbg zu dem Beschlusse der Zweiten Kammer ab- zulehnen.

Heute erstattete die Finanzdeputation durch Herrn von Erdmannsdorf der Ersten Kammer mündlihen Bericht über die Eisenbahnprojekte 2c., über welhe die Zweite Kammer Donnerstag Abend Beschluß gefaßt hat. Die Kammer lehnte die Konzessionirung der Linie Dresden - Ostrau - Leipzig nah kurzer Diskussion ebenfalls ab. Zu dem Beschlusse der Zweiten Kammer, wonach die Regierung die Ausführung einer Gürtel- bahn bei Chemnitz für eine künftige Finanzperiode in Erwägung ¿ichen soll, versagte die Kammer nz3ch längerer Debatte mit 18 gegen 17 Stimmen ihren Beitritt; das von der Zweiten Kammer abgelehnte Gesuch um Ueb:rführung des Chemniger Bahnhofs he- \{chloß fie, der Regierung zur Erwägung mit dem Ausdrucke der Er- wartung zu empfehlen, daß die Stadt Chemniß zu einem angemessenen Beitrag herangezogen werde. Im Uebrigen wurde den Be= \{lü}ssen der Zweiten Kammer beigetreten. Ohne Debatte er- folgte der Beitritt zu den den Bau der Staatsbahn Schwarzen- berg-Johanngeorgenfstadt und den Umbau oder die Verlegung des Altenburger Bahnhofs bewilligenden Beschlüssen der andern Kammer. Auch die Aufnahme einer weitern 41prozentigen Anleihe beim Reichsinvalidenfond bis zur Höhe von 8 Millio- nen Thalern wurde nah dem Antrage der Majorität der Finanz- deputation durch Beitritt zu den bezüglichen Beschlüssen der Zweiten Kammer gegen 1 Stimme genehmigt, nachdem die gegen diese Finanzoperation gerihtete Opposition Seilers und die auf die Deckung der außerordentlichen Staatsbedürfnisse durch den Verkauf 4prozentiger Staatspapiere und die Ausgabe von Schagz- \heinen hinauslaufenden Gegenvorschläge desselben vom Finanz- Minister v.-Friesen in längerer Rede bekämpft worden waren; der Minister wies die völlige Unthunlichkeit der von Seiler vor- geschlagenen Maßregeln eingehend nah. Nachdem noch die Rügabe der verfallenen Kaution der Annaberg-Weiperter Balst: genehmigt worden war, nahm die Kammer das unmittelbar vor- her von der Zweiten Kammer genehmigte Finanzgeseßz auf die laufende Finanzperiode in der dort bes{chlossenen Fassung an, worauf von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg das Königliche Acceptationsdekret vorgetragen wurde. Hierauf erhob sih Staats-Minister Freiherr v. Friesen und brachte das Alier- höchste Dekret zur Kenntniß der Kammer, durh welches der Landtag anderweit vertagt wird.

Die Zweite Kammer genehmigte unverändert den Entwurf eines anderweiten Nachtrags zu dem außer- ordentlihen Budget für die Finanzperiode 1872/73, und ebenso das Finanzgeseß für die Finanzperiode 1874/75. Das ordentlihe Budget balanzirt nah den nun- mehr feststehenden Beschlüssen der beiden Kammern in Einnahme und Ausgabe mit 15,830,973 Thaler für jedes der beiden Jahre 1874 und 1875, und das außer- ordentlihe Budget mit 27,327,478 Thaler für die ganze Finanzperiode. Nachdem noch Abgeordneter Starke (Schmölen) über die bezüglih der Chemnißer Bahnprojekte vorhandenen Differenzen Bericht erstattet und die“ Kammer beschlossen hatte, vezüglih des Chemniyzer Güterbahnhofs bei ihrem Beschlusse stehen zu bleiben, in Beziehung auf die Ueberführung des Chem- niger Bahnhofs aber dem Beschlusse der Ersten Kammer beizu- treten, verlas Staats-Minister von Nostiz-Wallwiß das König- lihe Dekret, durch welhes der Landtag von heute ab bis auf Weiteres vertagt wird.

15. Juni. Die Königin-Mutter ist mit der Erz- herzogin Antoinette, Prinzessin von Toskana, heute Mit- tag von Jahnishausen im Hoflager zu Pillnit eingetroffen.

Baden. Karlsruhe, 14. Juni. Die Zweite Kam- mer erledigte in ihrer Sißung am 12. d. den Gesezentwürf, welcher die Folgen der bevorstehenden Einführung der Reichs - markrechnung für die künftige Anwendung des Feuerversiche- rungsgeseßes von 1852 durch Abänderung einiger Bestimmungen desselben, sowie durch eine transitorishe Vorschrift \sahgemäß regelt (an Stelle des Guldens treten 2 Mark). Ebenso wurden zwei Nachforderungen zum Hauptfinanzetat für 1874 und 1875, für Verlegung der Schiffswerfte in Konstanz (34,200 Gulden) und für die Anlage einer Güterstation auf dem rechten Rhein- ufer bei Konstanz (44,500 Gulden) genehmigt.

15. Juni, (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat heute die Staatsverträge, betreffend die Eisenbahnverbin- dungen mit Elsaß-Lothringen, Württemberg und Hessen, genehmigt.

Sessen. IJugenheiw, 14. Juni. Die Kaiserin von Rußland iftheute Mittag imerwünschten Wohlsein hier eingetroffen und wurde an der Station Bickenbach von dem Großherzog, dem Prinzen Alexander und dessen Familie, sowie von den Mitgliedern der Kaiserlih rusfishen Gesandtschaft empfangen.

Mainz, 15. Juni. (W. T. B.) Zu der morgen statt- findenden Generalversammlung des deutschen Katho- liken vereins ift bereits eine große Anzahl von Mitgliedern des katholischen Adels und von anderen auswärtigen Gästen hier eingetroffen. Zur Begrüßung derselben fand heute Abend im „Frankfurter Hof“ eine Vorversammlung statt, bei welcher mehrere Redner, u. A. der Präsident Freiherr v. Loë, Freiherr v. Frankenstein (Bayern), Graf Bissingen (Württemberg), Baudry (Cöln), auftraten und zahlreihe von auswärts ein- getroffene Telegramme und Zuschriften verlesen wurden.

Sachsen - Weimar - Eisenach. Weimar, 15. Juni. Der Großherzog und die Großherzogin, in Gesellschaft des Prinzen Heinrich der Niederlande, unternahmen, wie aus dem Haag vom 12. Juni gemeldet wird, in leßter Zeit öfters Ausflüge, welche theils historisch interessante Orte und Kunstsammlungen, sowie fre i Werkstätten modernen Gewerbefleißes zum Ziele hatten, theils den Unternehmungen und Bauten galten, welhe zum Zwecke der Küstenregelung, der

barer Landftrihe dort zu Lande ausgeführt werden. Die Ab- reise Ihrer Königlichen Hoheiten nach Weimar wird am 18. d. M. erfolgen, nachdem dieselben an der Feier der Geburtstage des Prinzen Heinrich am 13. und Ihrer Majestät der Königin am 17. Theil genommen haben werden.

Das „Regierungsblatt für das Großherzogthum Sach- sen-Weimar-Eisenah“* enthält in Nr. 16 das Gesetz, die Tarifi- rung der Flößereiabgaben an Befizer von Wasserwerken an der Werra und Saale nach der Reihsmarkwährung betreffend, und das Gesetz, betreffend die Aufnahme der taubstummen und blin- den Kinder in die Großherzoglihe Taubstummen- und Blinden- anstalt zu Weimar.

Desterreih-Ungaru. Wien, 16. Juni. Die heutige „Wiener Zeitung“ veröffentliht ein Kaiserlihes Hand- \chreiben, welches den bisherigen Reichs - Kriegs - Minister, Baron v. Kuhn, von diesem Posten, enthebt, denselben zum krommandirenden General in Graz ernennt und ihm in aufrihtiger dankbarer Anerkennung seiner ausge- zeihneten Dienste und insbesondere der erfolgreih durchgeführten Reformen des Heerwesens das Großkreuz des St. Stephans- Ordens verleiht. Ein weiteres Kaiserliches Handschreiben er- nennt den bisherigen Statthalter von Böhmen, Baron v. Koller, zum Reihs-Kriegs-Minister unter dem Ausdruck besonderer Zufriedenheit mit feinen bisherigen vorzüglichen Diensten.

Der Kaiser hat ferner ernannt: Den kommandirenden Ge- neral in Graz, Baron John, zum Chef des Generalstabes, den kommandirenden General in Brünn, Baron Ioseph Philippovih zum kommandirenden General in Prag, den Militär-Kommandanten von Kaschau, Baron Franz Philippovih zum Feldzeugmeister und kommandirenden General in Brünn, den General-Major Stransky zum Vorstande des Präfidialbureaus imReihs-Kricgs-Ministerium, den General-Major Schwertführer zum Festungs- und Plah- fommandanten in Budapest und endlich den Statthalter von Mähren, Baron Weber, zum Statthalter in Böhmen. Der bis- herige Leiter des Generalstabes, FML. Gallina, is unter Ausdruck voller Zufriedenheit des Kaisers von diesem dienstlihen Posten enthoben und zum Truppen-Divisions-Kommandanten ernannt. Der bisherige Vorstand des Präsidialbureaus im Reichs-Kriegs- Ministerium, Oberst Dumoulin wurde, unter Vorbehalt ander- bas Verwendung im Truppendienste, seines bisherigen Postens enthoben.

Schweiz. Bern, 11, Juni. Der Nationalrath hat heute den am Schlusse der gestrigen Sizung noch in Behand- lung genommenen Geschäftsberiht des Bundesraths und des Bundesgerichts von 1873 erledigt, welhen der Ständerath bereits in Berathung gezogen hat. Auch im Natio- nalrathe bot die Diskussion kein großes Interesse. Den vom Ständerathe genehmigten Postulaten wur: en vom Nationalrathe nur noh zwei beigefügt, von denen das eine das Eisenbahn- und Handels-Departement betrifft und folgendermaßen lautet:

„Der Bundesrath wird eingeladen, zu untersuchen, ob nicht eiu- zelze Bestimmungen der Verordnung vom 20. Hornung 1873, betref- fend die Nachweise bei Gesuchen um Eisenbahn-Konzessionen und die vor und nah dem Bau einzureichenden Pläne und Dokumente, so wie des in weiter Ausführung diefer Verordnung am 19. August 1873 Ce Regulativs im Sinne einer Vereinfachung zu revidiren eien.“

Das zweite hat den Geschäftskreis des Post- und Telegra- phen-Departements zum Gegenstand und lautet:

„Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage zu prüfen, ob nicht eine vollständige Vershmelzung des Post- und Eisenbahndienstes, der Verwaltung und der Inspektionen thunlich und im fiskalischen Jn- teresse des Bunde sei.“

Von den Herren de Seigneux und Chrift (ersterer i Ad- vokat in Genf, leßterer in Basel) is der Bundesversammlung eine Petition zugegangen, Seitens des Bundes einen inter- nationalen Kongreß behufs Erzielung eines einheit- lihen Frachtverkehrs einzuleiten.

Niederlande. Haag, 10. Juni. In der Zweiten Kammer der Generalstaaten kam gestern die Interpel- lation des Herrn Godefroi über den Nordseekanalk zur Verhandlung. Herr Godefroi führte aus, daß die Kanal- gesellschaft, was den Bau der Hafenwerke betreffe, den Plan und die genehmigten Entwürfe der Regierung genau befolgt habe, \fo daß, wenn weitere Werke zur Verstärkung nöthig seien, die Gesellschaft wohl verpflichtet wäre, dieselben auszuführen, jedoch nur gegen Vergütung; fehr zu beklagen sei der Zeitver- lust und die Verzögerung seit September 1872, da man bereits damals vorausgeschen, was später au eingetreten, daß die Vorwérke (ceehoofden) niht zureihend feien gegen die Elemente. Der Jnterpellant wünschte Auskunft darüber, ob die Regierung rasch und kräftig Maßregeln Behufs Abhülfe gegen diese Lage treffen werde. Der Minister des Innern erwiderte: Bereits früher habe man sich mit einem Plane für Verstärkung der Vorwerke beschäftigt, und schon damals habe \fich die Frage erhoben, ob die Gesellschaft oder aber die "Regierung dieses Werk ausführen solle; die Gesellschaft “sei allerdings nicht ver- pflihtet, weitere Verstärkungswerke auf ihre Kosten anzulegen, aber die Regierung sei es ebenso wenig. Nach den inzwischen (seit 1873) aufgestellten Entwürfen für die als nöthig sich heraus- stellenden weiteren Werke, seien die Kosten für die Ausführung derselben auf aht Millionen Gulden geshäßt. Er (der Minister) erahte es für höht wichtig, daß der Kanal zu Stande komme; es sei aber eine andere Frage, ob die Gesellshaft Herrin des Werkes werde bleiben können oder sollen ; doch auch dieser Frage gegenüber müsse mit Vorsicht verfahren werden ; die Gesellschaft sei ihren Verpflichtungen stets nahgekommen, und er (der Mi- nister) glaube, daß, wenn man über die herzustellenden Werke einig sci, der Kanal nach menschliher Berehnung in der be- timmten Zeit vollendet werden könne; er sei wie stets, so auhch jeyt sehr wohlwollend für die Gesellschaft, aber früher oder später werde sih die Wünschenswürdigkeit herausstellen, daß das ganze Unternehmen in die Hände der Regierung komme und nicht im Betriebe einer Privatgesellshaft sei; die Regierung widme der Sache alle Aufmerksamkeit, habe jedoch noch keinen Anlaß (aanleiding) zu einer bestimmten Gesehvorlage.

15. Juni. (W. T. B) In dem der Zweiten Kam- mer vorgelegten Finanzberichte erklärt der Finanz-Minister, er sei nit geneigt, die Zuckersteuer provisorish aufhören zu lassen, es erscheine indessen eine Abänderung des Modus der Er- hebung dieser Steuer erforderlih. Nah den in Frankreih in Betreff der Besteuerung des Zuckers getroffenen Maßregeln be- stche für die Regierung keine Veranlassung, eine Erneuerung der Konvention herbeizuführen.

Großbritannien und Jrland. London, 13. Juni. Der Herzog und die Herzogin von Edinburgh verließen heute London, um sich nach Ems zu einem Besuche der russischen

Schaffung neuer Wasserstraßen und der Trockenlegung frucht-

Majestäten zu begeben.

Die amtlihe „London Gazette“ notifizirt die Nieder- sezung einer Königlihen Kommisfion zur Prüfung der Ur- sahen von Eisenbahnunfällen sowie der Möglichkeit einer Beseitigung \olcher Ursachen durh eine weitere Geseßgebung. Die Kommission besteht aus dem Herzog von Butingham als Vorfißenden, dem Earl von Aberdeen, Earl Delaware, Earl von Belmore, Sir Seymour Figßgerald, Hrn. Ayrton, dem Generakl- Lieutenant Sir I. L. A. Simmons vom Genie-Corps, Hrn. Harrison, dem Präsidenten des Instituts der Civil-Ingenieure, und Hrn. William Galt, dem Fürspreher des Ankaufes der Eisenbahnen dur den Staat.

15. Juni. (W. T. B.) Seitens der englischen Re- gierung find Dr. Seaton vom Gesundheitsamte in London und Dr. Dickson, Botschaftsarzt bei der -englischen Botschaft in Konstantinopel, zu Vertretern Englants bei der in Wien zu- \sammentretenden internationalen Cholerakonferenz er- nannt worden.

Wie der „Standard“ wissen will, dürfte Sir John Glover von dem Ministerium für die Kolonien ersucht werden, für ein Jahr nah der Goldküste zurückzukehren, zu dem Be- hufe, die Regierung sowie die Defensiv-Maßregeln zu organi- firen und mit dem König von Dahomey betreffs der Abtretung eines {malen Küstenstrihes, der fh im Besiß dieses Monarchen befindet, in Unterhandlungen zu treten.

Frankreich. Versailles, 15. Iuni. (W.T. B.) Der heute im Namen des linken Centrums von Casimir Perier ein- gebrachte Antrag, betreffend dieOrganisirung der Re- publik, wurde \{chließlich von der Nationalversammlung an die konstitutionelle Kommission zur Vorberathung überwiesen. Die Dringlichkeit des Antrages wurte von Perier selbst und von Laboulaye befürwortet, von Changarnier und Kerdrel bekämpft. Außer dem Periershen lag noch ein Antrag des Deputirten Lambert de Sainte-Croix vor. Nah demselben soll die Uebertragung der Präsidentshaft an den- Marshall Mac Mahon für 7 Jahre von Neuem bestätigt, eine Erste Kammer errihtet und letzterer in Gemeinschaft mit dem Präsi- denten der Republik die Befugniß beigelegt werden, die Auflösung der Volksvertretung auszusprehen. Nach dem Erlöschen der Gewalten des gegenwärtigen Präsidenten der Republik sollen die beiden Kammern zu einer gemeinschaft- lihen Session zusammentreten und entweder einen Nachfolger des Marschalls Mac Mahon ernennen, oder eine Revifion der Verfassung vornehmen. Der Antrag Lambert de Sainte-Croix wurde ebenfalls an die konstitutionelle Kommission überwiesen. Die Minister griffen niht in die Debatte ein, um, wie „Agence Havas“ bemerkt, die Versammlung über die geschäftlihe Behand- lung der Anträge nach freiem Ermessen entscheiden und aus einer Dringlichkeitsfrage niht eine Kabinetsfraae entstehen zu lassen. Die Regierung habe deshalb vorgezogert, fih nicht an der Diskussion zu betheiligen; auch sei jedem einzelnen Minister die Freiheit der Abstimmung vollkommen gewahrt geblieben.

Im weiteren Verlaufe der Sißung nahm die Versammlung mit 345 gegen 341 Stimmen für den heute von Casimir Perier im Namen des linken Centrums eingebrachten Antrag, welcher darauf hinausgeht, die Republik unter der Präsidentschaft des Marschalls Mac Mahon zu organisiren, die Dringlichkeit an. Von Larochefoucauld wurde der Antrag eingebracht, die Mon- archie wieder herzustellen und den Marschall Mac Mahon zum General-Statthalter zu ernennen. Die Ueberweisung dieses An- trages an die konstitutionelle Komwission zur Berathung dessel- ben wurde von der Versammlung abgelehnt.

Spanien. Die spanische Nordarmee hat ihre Opera- tionen gegen die Carlisten wieder aufgenommen, Fwelche leßteren, ca. 26,000 Mann stark, auf den Gebirgen bei Estella echellonirt stehen, und zwar 8000 Navarresen, 7000 Biscayer, 6000 Ala- vesen und 4000 Castilianer. Sie besien 9 Feldgeschüte leihten Kalibers, und ihre Reiterei is 400 Pferde stark. Carlistische Quellen geben dieselbe Streitmacht auf 101 Bataillone und 3000 Reiter an. Nah Madrider Meldungen vom 11. d. Mts. zieht General Concha am linken Ufer des Ega, einem von Westen nah Osten die Provinz Alava durchströmenden Nebenfluß des Ebro, hinauf, und wird seine Richtung voraussfihtlich auf Villa- tuerta nehmen, bis wohin die Terrainformation die Anwendung von Kavallerie und weittragenden Geschüßen gestattet. Beim Vormarsh gegen Eftella haben die republikanishen Truppen 6 Kilometer im Gebirge zurückzulegen.

Máädrid, 4 Juni. (W. T. B.) Wie der - „Jm- parcial“ erfährt, bereitet s|{ch Concha zum Angriff auf Estella vor, welcher in Folge des \{chlechten Wetters bis- her niht möglich wat. Die carlistishen Truppen inGui- puzcoa sollen den Gehorsam verweigert haben. „Diario espagnol“ will wissen, daß Don Carlos 18 Unteroffiziere, welche die Truppen in Tolosa zu einem Aufstande zu verführen suchten, hätte erschießen lassen.

Portugal. Lissabon, 8. Juni. Der König hat ein Dekret unterzeihnet, welches die Neuwahlen für das Abge- ordnetenhaus auf den 12. Juli anberaumt.

Mit dem Dampfer „Gironde“ ift heute der Graf von Eu nebs Gemahlin, der Tochter des Kaisers von Brasilien, hier angekommen, um nach Rio de Ianeiro weiter zu reisen.

Casftelar ist heute nah Oporto abgereist. In Folge rihterlichen Gntscheides wird der Graf von Magalhaes un- verzüglih wegen Versuchs der Empörung gegen die Staatsge- walt vor Gericht gestellt werden.

Italien. Rom, 9. Juni. Ueber das Verfassungs- feft am 7. d. M. melden die „It. N.“ noch Folgendes: In Rom ließ der König die Nationalgarde und die Besaßung Revue passiren und der Prinz Humbert kommandirte ‘die Truppen. Unter andern Festlihkeiten, welhe in den Schulen, Theatern und öffentlihen Pläßen gefeiert wurden, verdient erwähnt zu werden, daß der König mehrere Preise und eine goldene und 90 silberne Civil: Verdienstmedaillen an diesem Tage vertheilte. Abends 9 bis 10 Uhr fand beim \{önsten Wetter die Illumination der Engelsburg statt. Aus allen Provinzen find zahlreiche Adressen an den König eingelaufen. Das vor Cagliari vor Anker lie- gende franzöfishe Geshwader begrüßte den Anbruch des Tages mit Kanonendonner. Als bei der Feftvorstellung im Theater ein Gedicht zum Preise der Unabhängigkeit, Freiheit und Einheit Italiens vorgetragen wurde, klatshten der Admiral und die Flotten- Offiziere enthusiastish Beifall. Für den 8. hatte der Admiral die Spißen der Civil- und Militär-Verwaltung von Cagliari zu einem Bankett an Bord des Admiralschiffs ein- eladen. : Der Senat genehmigte in seiner gestrigen Sißung elf Gesezentwürfe, darunter zwei finanzielle, die Taxe auf Börsengeshäfte und die Zuweisung der 15 Additionalcen-

timen, welche bisher den Gemeinden zu Gute kamen, an die Staatskasse. Als einige Senatoren gegen diese Vorlage das Wort ergriffen, erklärte Hr. Minghetti, daß die Gemeinden immer noch 6 Millionen Franks Ersparnisse machen könnten. Hinsicht- lich der Nationalgarde, ‘deren Kosten nicht mehr von den Ge- meiden bestritten werden sollen, erklärte der Minister-Präfident, daß fie nur dur ein förmliches Gesey aufgelöt werden könne, daß dieses aber seiner Zeit vorgelegt werden würde, da die Bürgerwehr nah der neuen Heereseinrichtung als Landwehr in die Armee aufgehen werde. Einstweilen werden die Kosten der- selben vom Staate getragen.

15. Juni. (W. T. B.) In dem heute abgehaltenen Kon- \sistorium hat der Papst bei den neu ernannten Kardinälen Chigi, Simor und Guibert die Ceremonie der Oeffnung des Mundes vorgenommen und darauf mehrere Bischöfe. ernannt. Der Gesundheitszustand des Papstes ist völlig befriedigend.

Türkei. Belgrad, 15. Juni. (W. T. B.) Die amt- lihe Zeitung veröffentliht die Ernennung des bisherigen diplo- matischen Agenten Zukits in Bukarest zum Vertreter der serbischen Regierung in Wien.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 14. Juni. Der „Regierungs-Anzeiger“ veröffentliht den Bericht des Domänen-Ministers über die zur Regelung der Ver- hältnisse der Domanialbauern vorgenommenen Arbeiten. Nach demselben war Anfang 1873 die Grenzberichtigung der den Domanialbauern überwiesenen Grundstücke in 28 Gouvernements von Großrußland, in Bessarabien, Estland und den 4 östlichen Provinzen beendet. Die Zahl der in diesen 34 Gouvernements ansässigen Domanialbauern belief \sich auf 6,417,422, die der ihnen zugewiesenen Aecker auf 37,206,050 Deßjatinen. Während des verflossenen Jahres wurden die Verhältnisse der Domanial- bauern in den Gouvernements Kiew und Podolien, Witebsk, Mohilew und Volhynien geregelt, wo den Bauern nur noch die Besittitel auszuhändigen waren, In Lierland und in dem Gouvernement Orenburg find die Vorarbeiten gleihfalls beendet worden, \o daß es nur-noch die Gouvernements Wialka, Perm, Wologda, Olonez, Tschernigew, Pultawa und Neuropol find, in denen die betreffenden Arbeiten noch nicht in Angriff genommen worden sind.

Nach der „R. W.* if ‘im See-Ministerium eine besondere Kommission eingeseßt worden, um den Bedarf der russishen Flotte an Steinkohlen festzustellen und die Mittel zu ihrer Herbeishaffung zu ermitteln. Nah der Berechnung der Kommission fonsumiren die Dampfer der Flotte alljährlich zwi- {hen 8 und 10 Millionen Pud Kohlen. Die erforderlichen Vor- räthe sind nah Ansicht der Kommission in einzurihtgnden Maga- zinen auf den verschiedenen Flottenstalionen zu konzentriren und zwar ohne öffentlihe Lizitation durch die Marinebehörden selbst.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 11. Juni*® Die Herzogin von Dalekarlien is am 9. d. Mts. nah Deutschland abgereist. Die Herzogin is Wittwe des Bruders des jeßigen Königs von Schweden. Ihr Gemahl war der Prinz Nicolaus August.

Von den neuen silbernen Scheidemüngen sind jeßt 900,000 Zehn-Dere-Stüke geprägt worden.

Dänemark. Kopenhagen, 9. Juni. Ueber die Reise des Königs nach Island und das 1000jährige Jubiläum der Kolonisation dieser Insel sind bis jetzt folgende Dispositionen getroffen: Das Fest soll am Sonnabend, 1. Auguft, seinen Anfang nebmen. Der folgende Tag, Sonn- tag, ist zu der kirchlihen Feier oder zu dem Festgottesdienste be- stimmt, der in der Kirche zu Rejkiavig stattfindet. Der Tag der Abreise des Königs, welcher bekanntlih von der jütishen Stadt Fredrikshavn erfolgen wird, is noch nicht genau festgestellt. Da Se. M. auch die Faröer auf einige Tage besuchen will, so wird die Abreise etwa Mitte Juli erfolgen. Unter den Personen, welche den König begleiten, wird außer dem Justiz-Minister und dem Kabinets-Sekretär u. A. der dänische Dichter Carl Andersen, welher als Dolmetscher fungiren foll, genannt. Derselbe ift auf Island erzogen und der isländishen Sprache vollfîommen mächtig. Carl Andersen, niht zu verwechseln mit dem Märchen- dichter H. C. Andersen, ift dem ausländischen Kopenhagen besuchen- den Publikum besonders bekannt als Jnspektor der chronologishen Sammlung der dänischen Könige auf dem Schlosse Rosenburg. Das Postdampfschiff geht am 7. Juli von hier ab und soll am 19. Juli in Island eintreffen. Die Bereisung des Landes ge- schieht auf isländishen Pferden. Auch der König und das Kö- niglihe Gefolge werden auf diese Weise die Reise in das Innere des Landes machen. In Rejkiavig wird der König bei dem Landeshauptmann Finsen wohnen. :

General Raaslöôff, der frühere Kriegs-Minister, wel- her sich längere Zeit im Auslande aufgehalten hat, ift jezt nach Kopenhagen zurückgekehrt. :

15. Juni. (W. T. B.) Die Nachricht, daß das Mi- nisterium seine Demission eingereiht habe, wird offiziell bestätigt. Der ehemalige Minister Eftrup is heute Nahmittag um 3 Uhr zum Könige gerufen worden.

Amerifa. New - York, 12. Iuni. Eine Kon- vention \sämmtliher Baumwollenbörsen in Amerika hat eine nationale Börse mit einem gleihförmiger System der Baum- woll-Klassifikation organisirt.

Am 27. v. Mts. starb in Washington im 84. Lebens- jahre der Contre-Admiral und Senior auf der Pensionirtenliste William Brandon Shubrik. Im aktiven Dienst zeichnete er fich als Lieutenant der Fregatte „Confstitution* im Kriege von 1812 und später als Kommandant der Expedition nah Paraguay aus.

Central-Amerika, (A. A. C.) Der ehemalige Prâäsi- dent von Honduras, Arias, is aus dieser Republik für die Dauer von fünf Jahren verbannt worden. Er wie scin Minister Cid befinden fich noch immer im Gefängniß. Die National- Konvention von Honduras tagt noch. Nach einem in Nica- ragua erscheinenden Journale beabsichtigt der politische Klub von Leon, auf die Unterstüßung des früheren Marschalls Gon- zales rechnend, Ierez als Präsidentschaftskandidaten zu prokla- miren. Dr. JIerez erbietet sih, wie man sagt, die Jesuiten aus Nicaragua zu vertreiben.

Peru. Nagtrichten aus Lima vom 12. v. M. zufolge soll die Prüfung der Guanolager dem englischen Kommissar des Kriegs\chifes „Peterel,* dessen Commodore die Erlaubniß nach- suhte und erhielt, die nördlihen Lager besuchen zu können, fort- geseht werden. Das europäische Publikum wird daher bald in den Besiß weiterer Details mit Bezug auf die Lager von Gua- nape, Macabi, Islas de Lobos de tierra und Islas de Lobos de afuera gelangen. In La Paz starb Herr Croxton , der Gesandte der Vereinigten Staaten bei Bolivia. Der Herzog

-von Genua, Neffe des Königs von Italien, kam am 7. Mai an Bord der italienishen Fregatte „Garibaldi“ in Callao an nnd wurde mit Diners und anderen Merkmalen der Achtung bewill- fommnet. Einem Feste beim Präfidenten im Gouvernements- palast folgte am 12. ein diplomatisches Bankett.

Asien. (A. A. C.) Aus Corea wird von einer großen Revolution berihtet. Der Vater des Königs, der die Wittwe des verstorbenen Königs geheirathet «und fich zum Regenten ge- macht hatte, wurde plôößlih abgeseßt.« Dieser Mann, von Hause aus ein Adliger, Namens Li, wird als Feind der Frem- den geschildert; von dem eigentlihen König aber, unter Leitung der Regentin-Mutter, die eine Christin ift, erwartet man die Eröffnung Coreas für den Verkehr mit dem Auslande.

Nr. 24 des Central-Blatts für das Deutsche Reich, herausgegeben im Reichskanzler-Amt (Carl Heymanns Verlag, Berlin), hat folgenden Inhalt: Allgemeine Berwaltungssachen: Verweisung von Ausländern aus dem Reichêsgebiete Münzwesen: Uebersicht über die von den deutschen Bundesstaaten in Folge des §. 3 der Bekannt- machung vom 6. Dezember 1873 (R.-G.-Bl. S. 375), betreffend die Außer- kurêfeßung der Landesgoldmünzen und der landesgeseßlich den inländi- schen Münzen gleichgestellten ausländishen Goldmünzen, im Monate April 1874 zu einem festen Werihverhältnisse eingelösten deutschen Landesgoldmünzenz Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen, Zoll- und Steuerwesen: Aufhebung des Hauptsteueramtes zu An- flam. Marine und Schiffahrt: Mittheilung, betreffend Schiffer- 2c. Prüfung in Altona. Heimathwesen: drei Eckenntnisse des Bundes- amts für das Heimathwesen. Konsulatwesen: Ernennung.

Nr. 12 des „Central-Blatts der Abgaben-, Gewerbe- und Handels-Geseßgebung und Verwaltung in den Kö- niglich Preußischen Staaten® hat folgenden Inhalt: Cirkular- Verfügungen des Königlichen Finanz - Ministeriums, die Taraver- gütung für Waaren in Ballen oder Säcken betreffend, vom 26. März 1874, Cirkular-Verfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, Ver- änderungen in den Zoll- und Steuerstellen und deren Befugniß be- treffead. Cirfular-Verfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, die Rüevergütung der Brausteuer betreffend, vom 2. April 1874. Cirkular-Verfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, die Erhebung der Uebergangsabgaße von Bier betreffend, vom 13. April 1874. Cirkular-Verfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, den Stempel zu den nur der Unterschrift nah vor Gericht anerkannten Ucfunden betreffend, vom 18. März 1874. Cirkular-Verfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, die Behandlung der Frage: ob die Echebung des Auflassungéstempels- nothwendig gewesen betreffend, vom 11. April 1874. Verfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, die Tarifirung von massivem weißen und geschnitienem Glase betreffend, vom 17. April 1874.

Nr. 24 des „Justiz-Ministerial-Blattes" enthält eine Allerhöchste Verordnung vom 6. Mai 1874 und Verfügung des Justiz- Ministers vom 8. Juni 1874, betreffend die Zuständigkeit des Preußi- schen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte für das Herzogthum Lauenburg.

Statistische Nachrichten.

In Berlin waren Anfangs dieses Jahres 172,126 Woh- nungen und audere Gelasse vorhanden; davon lieferten 67,440 mit einem Miethswerthe von 1 bis 100 Thlr. 10,9% Steuer, 52,665 von 101 bis 200 Thlr. 17,3%, 19,207 von 201 bis 300 Thlr. 11,3%, 10,348 ven 301 bis 400 Teblr. 8,7%, 6307 von 401 bis 509 Thlr. 6,8%, 8008 von 501 bis 750 Tólr. 11,7%, 3306 von 751 bis 1000 Thlr. 7%, 4845 Wohnungen über 1000 Thlr. Miethe 26,3%. Die leßt- erwähnten 4845 Wohnungen über 1000 Thlr, Miethswerth brachten also fast eben so viel Miethssteuer ein, als die 120,000 Wohnungen vom Miethéwerth bis zu 200 Thlr. jährlich. Die Wohnungen bis zu 400 Thlr. Miethêwerth. (rund 150,000) liefern nur 48% Steuer, die Wohnungen über 400 Thlr. (rund 22,000) 526.

Bei der im Jahre 1873 in der Rheinprovinz stattgehabten allgemeinen Haus- und Kirchenkollekte für die Taubstummen-An- stalten der Rheinprovinz sind 7433 Thlr. eingekommen, davon 2924 Thlr. von Evangelischen, 4306 Thlr. von Katholiken, 203 Thlr. von Juden. Am Schluß des Jahres 1872 waren in den 4 Anstalten 143 Zöglinge (9! Katholiken, 47 Evangelische und 5 Juden) und zwar in der Anstalt zu Brühl 47 Katholiken, Kempen 44 Katholiken, Neu- wied 24 Evangelische, 5 Israeliten, Mörs 23 Evangelische. Darun- ter waren 79 Knaben und 64 Mädchen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das Juni-Heft der bei F. Schneider-u. Co. in Berlin erschei- nenden und vom Hauptmann G. v. Marées redigirten „Jahr - bVcher für die deutshe Armee und Marine“ hat folgenden Inhalt: Der Antheil der Kavallerie am Feldzuge 1859 in Jtalien, von K. Landmann, Königl. bayerisher Prem.-Lieutenant, kommandirt zum Generalstabe. (Mit 7 Skizzen.) Vor bundert Jahren. Skizzen aus dem Privatleben einiger Lieutenants in Potsdam. Der Frie- dens- und Krieasstand der italienischen Armee. (Mit Uebersichts- tabellen.) Von A. von Drygalski, Premier-Lieutenant a. D. (Söluß.) Die Entwickelung der Organisation der russischen Armee, von Krah- mer, Hauptmann im Großen Generalstabe. (Schluß.) Studien über CTruppenführung von J. von Verdy du Vernois. Das Deuk- mal für das 111. Armee-Corps bei Dahmsdorf im Kreise Lebus, Umschau in der Militär-Literatur. Beilagen: Skizzen zu dem Aufsatze: „Der Antheil der Kavallerie an dem Feldzuge 1859 in Ftalien.“ Stärke der Kavallerie im Feldzuge 1859 in Jtalien. Tabellarische Zusammenstellung der Kriegsstärke der italienischen Armee.

Das soeben erschienene Heft 3. Band X. der „Philoso- phishen Monatshefte“ herauêëgegeben ven Dr. Ascherson, Dr. Bergmann und Dr. Bratushet Berlin, Verlag von F. Henschel. 1874 enthält außer mehreren Rezenfionen eine Ab- handlung über den JIdealiëmus unserer Zeit. Festrede von Dr. £. Friedländer, ord. Professor in Königsberg.

Der Privatdocent und Prosector des pathologish-anatomischen Instituts an der Universität Königsberg, Dr. Max Perls, ist zum ordentlichen Professor in der medizinischen Fakultät der Universität Gießen, insbesondere für das Fach der pathologishen Anatomie und allgemeinen Pathologie, ernannt worden.

Im Verlage der Buchhandlung vou J. G. Striese in Königs- berg i. d. N. wird in kurzer Zeit erscheinen: Der Amtsvorsteher, Leitfaden für die Verwaltung der Amts- und Polizeigeshäfte, mit Beigabe der geseßlichen und polizeilihen Vorschriften und Formulare in besonderer Beziehung auf den Regierungsbezirk Frankfurt a. d. D. herau8gegeben von Limberg, Königlichen Kreis-Sekretär zu Königs- berg i. d. N., ca. 10 Bogen in groß 4to. auf Schreibpapier. ie Schrift hat folgenden Inhalt: A. Des Amtsvotrstehers Rechte und Pflichten. Seine Stellung zum Landrath, zum Kreis- und Amts- Ausschusse. B. JInstruktien zur Bearbeitung der dem Kreis-Ausschuß unterstehenden Dienstsachen mit genauer Wiedergabe der bezüglichen Gesetze, Verordnungen und Erlasse. C. Instruktion zur Polizeiver- waltung des Amtévorstehers (unter Auss{luß der zur Kompetenz des Kreis - Ausschusses gehörigen Sachen) mit Angabe resp. Abdruck der bezüglihen Geseße, Verordnungen, Regierungs- und Ministerial - Er- lasse. Nebst Formularen zu Resoluten, Mandaten, Verhandlungen und Vereidigungen. Zur schnellen Orientirung sind alle hierher gehö- rigen Sachen in alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt. D. Aus-

führlide Amveisung zur Einrichtung der Amtsbibliothek, des Amts- bureaus, des Amtégefängnisses und der Registratur, nebst Formularen

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