1874 / 142 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Jun 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Das 16. Stück der Gesez-Sainmlung, welches heute ausge- geben wird, enthält unter i

Nr. 8206 das Gesetz, betreffend einige Abänderungen der Vorschriften über die Besteuerung der Gewerbe der Bäcker, Fleischer, Brauer, der Agenten der Versicherungsgesellschaften, der Kleinhändler und des Gewerbebetriebes im Umherziehen. Vom 5, Juni 1874; untex

Nr. 8207 das Geseh über die Enteignung von Grundeigen- thum. Vom 11. Juni 1874; und unter

Nr. 8208 das Gesetz, betreffend die Verhältnisse der Men- noniten. Vom 12. Juni 1874.

Berlin, den 19. Juni 1874.

Königliches Geseÿ-Sammlungs-Debits-Comtoir.

Nichtamtliches. Deutsches Ne ich.

Preußen. Berlin, 19. Juni. Vorgestern Abend wohn- ten Se. Majestät der Kaiser und König mit Sr. Ma- Van dem Kaiser von Rußland der Theatervorstellung im Kur-

ause bei.

" Selzen Vormittag trafen, wie bereits gemeldet, der König der Niederlande und der Großherzog von Sachsen in Ems ein. Höchstdieselben wurden auf dem Bahnhofe von Bei- den Kaiserlihen Majestäten empfangen und nah der Wohnung des Kaisers Alexander in den „Vier Thürmen" geleitet. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen darauf den Comman- deur und Ober-Befehlshaber der Niederländischen Truppen, Ge- neral van Swieten. Um 1 Uhr fand bei Sr. Majestät Dejeuner ftatt, an welchem der Kaiser Alexander, der König der Nieder- lande und der Großherzog von Sachsen Theil nahmen.

Der Kaiser von Rußland begab Sich um 2 Uhr nach Coblenz, um Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin einen Besuch abzu-

atten. : B Um 4 Uhr segzte der König der Niederlande seine Reise

nach Montreux fort. / Bei Sr. Majestät dem Kaiser und König waren gestern der

Kaiser von Rußland mit Seinem Gefolge sowie die Generale von Boyen und von Werder zum Diner.

Se. Majestät der Kaiser von Rußland beabsichtigten, Sich heut Nachmittag um 3 Uhr nah Jugenheim zu begeben. Zu dem vorher in Ems stattfindenden Diner wurde Ihre Majestät die Kaiserin-Königin in Ems erwartet.

Gestern dinirte Se. Majestät der König der Niederlande bei Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin, Allerhöchst- welche heute Beide Kaiser in Ems besucht.

In den Sihungen vom 28. Februar und 19. März d. I. hatte der Bundesrath beschlossen, durh eine zu be- rufende Kommission ein Gutachten über den Plan und die Methode, welhe bei Ausarbeitung des Ent- wurfs eines deutshen bürgerlichen Geseßbuches zum Anhalt zu dienen haben würden, erstatten zu lassen.

Die Kommission hat ihrer Aufgabe durch Einreichung eines Gutachtens genügt, welches zufolge des Beschlusses des Bundes- raths vom 19. April d. I. dem Justizaus\chuß zur Aeußerung

_überwiesen worden war. Dieser hat im Ganzen den Ausführun- ‘gen der Kommission nur beipflichten können und \sich deshalb darauf beschränkt, die Ansichten der Kommission zu resumiren - und nochmals in aan Zusammenhange darzulegen.

Wir werden das Gutahten morgen in der „Bes. Beil.“ veröffentlichen und beshränken uns für heute darauf, die An- träge des Auss{hu}es mitzutheilen. Dieselben lauten :

Der Bundesrath wolle beschließen :

1) Die in dem Gutachten der in den Sißungen vom 28. Februar und 19. März d. I. gewählten Kommission über Plan und Methode, welche bei der Aufstellung des Entwurfs cines deutschen bürgerlichen Geseßbuchs zu befolgen sind, enthaltenen Ansichten und Vorschläge

werden im Allgemeinen gebilligt. : 2) Die zur Entwerfung des Gesezbuchs zu berufende Kommission

hat aus elf Mitgliedern zu bestehen, welche vom Bundesrathe mit Stimmenmehrheit gewählt werden. Aus der Zahl derselben wird der

Vorsitzende vom Reichskanzler ernannt. : 3) Die Kommission hat ihren Siß in Berlin, wo die mit der Redaktion beauftragten Mitglieder während der Arbeit ihren ständigen

Aufenthalt nehmen. ; Le R 4) Die Kommission regelt ihren Geschäftsgang und bleibt ihr

überlassen, die in der Anlage des Gutachtens vom 15. April d. J: enthaltenen Vorschläge als Anhaltspunkte zu benußen. j

5) Die weitere Bestimmung liber Zusammenseßung der mit Auf- stellung des Entwurfs des deutschen Handelsgesezbuchs zu beauftragen- den Kommission bleibt vorbehalten.

6) Die Revision der Geseßgebung über die AktiengesellsGaften ist mit der Revision des Handelsgeseßbuchs zu verbinden.

Nachdem des Kaisers und Königs Majestät mittel Allerhöhsten Erlasses vom 26. November 1873 die Uebertragung der bisher bei den Regierungen zu Breslau, Lieg- niß und Frankfurt a. O. verwalteten Bau- und Schiffahrts- Polizei-Angelegenheiten an der Oder von Breslau bis Shwedt auf den Ober-Präsidenten der Provinz Schlesien genehmigt, haben die Minister der Finanzen und des Handels unterm 29. Mai d. I. zur Ausführung dieser Ressort-" veränderung, welhe mit dem 1. Juli d, I, eintreten soll, nähere Bestimmungen erlassen, welhe in den Amtsblättern veröffentlicht

werden.

Seitens der Kriegervereine waren neuerdings sehr zahlreihe Gesuhe um Ueberlassung von Waffen aus den Be- ständen der Militärverwaltung eingegangen. Die Provinzial- Behörden sind demzufolge veranlaßt worden, die Vereine davon in Kenntniß zu seßen, daß bis auf Weiteres \olhe Gesuche keine Erfüllung finden können, da zur Zeit keine für den bez. Zweck geeignete Waffen disponibel sind. {*

Der General der Infanterie von der Armee von StÜülp- Yag beauftragt mit den Geschäften des Gouvernements und der Landgensd'armerie, hat sich mit längerem Urlaub nah Heringsdorf begeben. Dec General-Major und Direktor des Allgemeinen

Kriegs-Departements von Voigts-Rhey hat sich nah den

Elbzerzogthümern begeben.

Der hamburgishe Bevollmächtigte] zum Bundesrath Senator Dr. Schroeder isst heute Mittag nah Hamburg zu-

rüdgekehrt.

Die Stadtverordnetenversammlung hat gestern über die Anlage eines dendrologishen Gartens auf den Kommunal- ländereien vor dem Shlesishen Thore Beshluß gefaßt. Bereits am 15. Dezember 1864 beshloß- die Stadtverordnetentversamm-

# zur freien Benußung zurückfalle.

des Professors Dr. Koch den

Die Skizze war von dem Staats-Minister ob die Stadt das benöôthigte Terrain

und welche Bedingungen sie betreffs der Ber-

gedenke. Der Magistrat hat in Folge dessen an die Stadt- verordnetenversammlung einen Antrag gelangen lassen, den dieselbe in ihrer gestrigen Sizung in folgender Fassung angenommen hat: „Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß der Magistrat auf Grundlage des vorliegenden Projektes, nach welchem 105 Morgen 75,88 Quadrat-Ruthen von den Kommunalländereien vor dem Schlesischen Thore unentgeltlich dem Staate zur Begründung eines nah dem vorliegenden Projekt auf Staatskosten anzulegenden und zu unterhaltenden dendrologischen Gartens überlassen werden sol- len, die Verhandlungen mit den .

weiter führe, daß 1) ein Geldbeitrag zu- den Anlagekosten Seitens dèr Stadt abgelehnt werde; 2) daß die Stadt, sofern die Verwaltung der Anstalt einem von den Staatsbehörden zu ernennenden selbständigen Direktor übertragen werde, auf eine Betheiligung bei der Verwaitung des Gartens verzichtet, daß dagegen, falls die Verwaltung einem aus mehreren Personen bestchenden Kuratorium anvertraut würde, -er- wartet werde, 3) daß diesem Kuratoriumß städtische Deputirte bei- geordnet würden; daß der Besuch des Gartens jedem Erwachsenen während der ganzen Tageszeit unentgeltlih gestattet sein müsse, daß Kindern unter 14 Jahren den Eintritt nur in Begleitung von Er- wachsenen zu erlauben sei; 4) daß das dem Staate nicßbrauchêweise zu überlassende Land in dem Falle, daß der Zweck des Garteus ge- ändert oder der Besuch desselben Seitens des Publikums weiter, als diesseits zugestanden, beschränkt werde, nebst allen darauf befindlichen Anlagen chne Entschädigung oder Vergütigung an die Stadt-Komniune

Der Vorlage Über das Resultat der weiteren Verhandlungen mit der Staatsregierung sieht die Versamnlung entgegen. Zugleich er- sucht die Versainmlung den Magistrat, den bereits beschlossenen städti- hen Park, soweit er durch den dendrologischen Garten nicht zur Aus- führung kommt, baldigst in Angriff zu nehmen und zu diesem Behufe einen geeigneten Kostenansaß auf den nächstjährigen Etat zu seßen.

Außerdem hatte die Stadtverordnetenversammlung in ihrer gestrigen Versammlung in der Kanalisirungsangelegen- heit Beshluß zu fassen. Da der Ankauf von anderweitigen Terrains zu Rieselfeldern auf große Schwierigkeiten stößt, so ist die Kommission auf den Ankauf des Ritterguts, Bri zurüd- gekommen, dessen Ankauf die Stadtverordnetenversammlung unterm 11. Dezember v. I. abgelehnt hatte. Der Eigenthümer desselben, Hr. Wrede, der das Dorf im Jahre 1865 zum Preise von 325,000 Thlrn. faufte und bei den ersten Unterhandlungen 1,170,000 Thlr. forderte, hat nunmehr, nachdem er einzelne Theile vom Verkaufe ausgeschlossen, seine Forderung auf 800,000 Thaler ermäßigt. Das Areal von Briy würde nah dem Be- richt der Deputation niht nur die * Effluvien des Radial- systems 111, sondern auch die von I. und 11. aufnehmen können, welch lehtere bei der von Jahr zu Jahr ftattfindenden Verdih- tung der Bevölkerung von der Louisenstadt und dem Köpnicker Felde in kurzer Zeit werdenkanalisirtwerden müssen. Das Riesel- feld für diese Systeine wäre alsdann glei vorhanden und würde durch die Anlage der Druckröhrenleitung ih erheblih billiger stellen. Technischerseits wird diese Ersparniß auf 200,000 Thlr. veranshlagt. Aus diesen Gründen empfahl die Deputation und mit ihr der Magistrat den Ankauf von Brig behufs Anlage von Rieselfeldern. Die Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer gestrigen Sizung zwar den Ankauf des Guts genehmigt, den Kaufpreis aber nur auf 600,000 Thlr. bestimmt.

Cassel, 18. Juni. In der heutigen Sizung des Kommu- nal-Landtags machte der Vorsizgende der Versammlung Mittheilung von den Seitens der Staatsregierung eingegange- nen Vorlagen. Die Versammlung wählte hierauf einen Aus- \chuß zur Prüfung der Legitimationen von sieben Mitgliedern, einen Einaaben-Aus\huß, endlih einen Aus\huß von 20 Mit- gliedern zur Vorberathung sämmtlicher Vorlagen. Damit endigte die Sizung. Bayern. München, 17. Juni. In der heutigen Sizung der Abgeordnetenkammer wurden die Anträge: 1) auf Re- vision des Geseßes über die Shußzwaldungen, 2) Ausdehnung des Geseßes über Zwangsakltretung von Grundeigenthum für öffentliche Zwecke, 3) Anwendung des Artikels 19 des Geseßes über Benützung des Wassers, 4) Ausdehnung des Geseßes von 1873 über die Todeserklärung der seit dem lelzten Kriege Ver- mißten auf die Soldaten, die am Feldzuge von 1866 theil- genommen haben, angenommen. Die Berathung über den An- trag, die Belassung der Central-Forstlehranstalt in Aschaffenburg betreffend, wurde vertagt. Ein von Dr. Völk gestellter Antrag, 91 Mitglieder in die Kommission zur Berathung des Wahl- geseßentwurfes zu wählen, wurde mit 74 gegen 61 Stimmen abgelehnt. Die Kommission besteht also nur aus 14 Mitgliedern.

Gestern Vormittag fuhr ein Extrazug mit den Abgeordneten und anderen Festgästen nah Ingolstadt und von dort auf der neuen Donauthalbahn nah Regensburg, wo die An- funft um 121/4 Uhr erfolgte. Der Staatsbahnhof daselbs war mit Kränzen, Fahnen und Wappen reich ges{chmüdckt, der Perron mit Eichenlaub bestreut. Bürgermeister Stobäus empfing die Gäste, und bald darauf fuhren dieselben in einer langen Wagenreihe an einer großen Menschenmenge, die sih längs des Weges auf- gestellt hatte, vorüber in die Stadt zum Neuen-Haus, wo das Dejeuner eingenommen wurde. Präsident Freiherr v. Stauffen- berg brahte dabei den ersten Toast auf den König aus. An Se. Majestät ging sodann die nachfolgende Depesche ab: „Die nah Besichtigung der neuen Bahn von Ingolstadt nah Regensburg in Re- gensburg vereinigte Festversammlung fühlt sich beglückt, das erste Ge- fühl der Dankbarkeit für dieses neue Verkehrsmittel Ew. K. Majestät Allerehrfurchtsvollst darzubringen.“ In der hierauf eingetroffenen Rückantwort war der Wunsch ausgedrückt, daß die Donauthalbahn für Bayern weithin Segen verbreiten möge. Minister v. Pfrehschner toastete auf die beiden Kammern, Reichs- rath Graf Bothmer auf die Stadt Regensburg. Die Reihe der Trinsprüche \{chloß der Abgeordnete Rudolph Weis, welcher das bayerishe Volk leben ließ. Nah 7 Uhr erfolgte die Rückfahrt auf der Ostbahn über Landshut und Freising, wo im dekorirten Bahnhof ein AÄbendimbiß eingenommen wurde.

Sachsen. Dresden, 18. Iuni. Heute Mittag hat die Eröffnung der außerordentlichen evangelish-lutherischen Landes s\ynode stattgefunden. Derselben war Vormittags 9 Uhr in der evangelischen Hofkirhe ein Gottesdienst voraus- gegangen, bei welchem der Ober-Hofprediger Dr. Kohlschütter die

und sämmtlihe Mitglieder der Syno

Schulrath gierungs-Rath Dr. Freiesleben. Staats-Minister Dr. v. Gerber

eröffnete im Namen der in Evangelicis beauftragten Staats- Minister die Synode mit einer Rede, in welcher er äußeute:

Staatsbehörden mit der Maßgabe | im

synode inzwischen zur Befriedigung der eben bezeichneten wichtigen Juteressen

dec evangelisch - lutherishen Landeskirhe vorbereitet werden sollen. Wenn nun

. Noftiz-Wallwiß und Abeken sind zur Zeit von Dresden ab-

Ausführung des Beschlusses wurde jedoch dur die Zeitumstände | v t i a Ab Beste, hat n A Staats-Minister Dr. | wesend), die bei der Synode Man iGen Regierungs-Kommissare Achenbah auf Veranlassung :

Stadt-Gartendirektor Meyer mit der Entwerfung eines Planes für die Anlage eines dendrologischen Gartens an der Treptower | lokale L ) Chauffee beauftragt. } Minister Frhr. v. Friesen und Dr. v. Gerber, Geh. Kirchen- und Dr. Achenbach dem Magistrat mit dem Ersuchen um eine Aeußerung darüber zugestellt worden, i Î

von 105 Morgen unentgeltlih hergeben, ob fie einen Beitrag zu den auf nahezu eine halbe Million veranschlagten Anlagekosten

bewilligen wolle, waltung und des öffentlihen Besuches des Gartens zu stellen

e beiwohnten. Die Eröffnungsfißzung fand Mittags 12 Uhr im Sißungs- okale der Ersten Kammer statt. Anwesend waren die Staats-

Dr. Gilbert, Geh. Kirchenrath Dr. Feller und Re-

Das Kirchenregiment ist sih wohl bewußt, daß in Demjenigen,

was bisher geschehen ist, noch nicht der Abschluß der Reformen eut- halten ist, welhe im Juteresse unseres Kirchenwesens wünschenswerth erscheinen ; von den vielen inneren Fragen abgesehen, mag die Nothwendigkeit einer allgemeinen geseßlichen Regelung dés Amts- einkommens der Geistlichen erinnert werden. /

aber, da der Eintritt der neuen, mit den hierzu erforderlichen Veoll- machten auêgestatteten Kirchenbehörde unmittelbar bevorsteht, mußte es geboten erscheinen, Reformen zu 1 sen, i sollen, eine aussließlich hierauf gerichtete , planmäßiße

hier nur an

Sn dem Augenblicke

dieser leßteren die Einleitung jener weiteren welhe, wenn sie gedeihlich sein ununterbrochene und Aufgabe der Landes- welche

überlassen ,

Arbeit Jahre 1876 sein, die

exfordern. Es wird daher zusammentretenden ordentlichen umfassenden Vorlagen zu berathen,

lei&wohl das Kirchenregiment jeßt eine außerordentliche Synode R rikien hat, so liegt die Veranlassung hierzu in der im Synodalabschiede vom 7. Juni 1871 ertheilten Zusage, daß der Landessynode vor dem Jnkraftireten des neuen Schulgeseßes eine Vor- lage über die Art und Weise der Beaufsichtigung des Religions- unterrihts durch das Landeskonsistorium zugehen solle. Die zur Erledigung dieser Zusage dienende Vorlage ist Ihnen in Verbindung mit zwei anderen dringlichen Vorlagen bereits zugegangen.

Zum Präsidenten derselben wurde der Präsident der Ersten Kammer, Kammerherr v. Zehmen, zum Vize- Präsidenten der Geh. Kirchenrath Dr. Hoffmann aus Leipzig gewählt. i

ÆWürttemberg. Stuttgart, 16. Juni. Der Herzog und die Herzogin Eugen von Württemberg sind heute Nahmittag hierher zurücgekehrt und haben die für sie eingerih- tete Wohnung im Orangeriegebäude der Königlichen Villa bei Berg bezogen.

In den beiden lezten Sißungen der Kammer der Abgeordneten waren die Königlichen Verordnungen über die neuere Organisation in der evangelischen Landeskirhe Gegenstand lebhafter Erörterungen. Diese Verordnungen vom 20. Dezember 1867 waren noch von dem früheren Kultus - Ministers von Golther ausgegangen, nachdem mehrere Kundgebungen in Form von Bitten der Kammer der Abgeordneten eine solhe Einrihtung in der evangelischen Landeskirhe in Anregung gebracht hatten. Die Mehrheit der mit der Vorberathung beauftragten staatsrechtlichen Kommission spra \s{ch in ihrem Berichte mit 6 gegen 3 Stim- men für die Anficht der Negierung aus, daß die] Verord- nungen niht zu beanstanden seien, und gegen die Verwilligung der Exigenzen von 14,000 Fl. für die Landessynode und von 300 Fl. für den Synodalaus\{huß eine Einwendung nicht zu erheben sei. Die Minderheit (Feger, Hölder und Desterlen) \sprah sich auch nicht prinzipiell gegen eine Landes\ynode aus, sondern reflamirte die Sahe nur für die Landesgesezgebung, also zur Verabschiedung mit den beiden Kammern. In der Kammer ward Die Ansicht der Mehrheit der Kommission hauptsächlith vertreten vom'Kultus-Minister v. Geßler, der cine mit allgemeinem Beifall aufgenommene Rede hielt, ferner durch den Prälaten v. Hauber, die Abgg. v. Sarwey, v. Biger, Schmid 2c. Die Minderheit wurde hauptsählih vertreten durch Kanzler v. Rü- melin, die Abgg. Hölder, Mohl und Oesterlen. Die Anträge der Mehrheit der Kommission, welhe die Verordnung nicht bean- standete, erhielten auch die große Mehrheit in der Kammer, die volle Zweidrittelsmehrheit. Auh die Exigenzen wurden ver- willigt. Die Erste Kammer nahm gestern das Berggeseß, wie vorher \chon das Verfassungsgesey an, so daß diese nun von der Regierung promulgirt werden können.

Hessen. Darmstadt, 17. Iuni. Die Zweite Kam- mer der Stände erledigte in ihrer heutigen (67.) Sihung zunächst die Gesehesvorlage, betreffend die Versorgung der Witt- wen und Waisen der Volks\s{hullehrer, in zustimmender Weise; nah diesem Entwurf beträgt die Wittwenpensionan statt seither 100F[. in Zukunft 180 Fl. Zugleih wurden der Regierung zur Aus- führung dieser Bestimmungen für 1875 aus der Staatskasse 15,000 Fl. «zur Disposition gestellt. Weiter wurde der Geseß- entrourf über zweimonatliche (statt der seitherigen einmonatlichen) Steuererhebung, ebenso wie. der Gesezentwurf über die Hunde- steuer genehmigt. Morgen soll die Berathung über den Ent- wun1f des Pensionsgeseßes fortgeseßt werden.

Braunschweig. Braunschweig, 16. Juni. Am 14. d. M. wurde in Seesen der 4. Braunschweigische Feuerwehr- ag abgehalten. Zu den Verhandlungen hatten sich 80—90 Vertreter von etwa 70 Braunschweigischen Feuerwehren und mehreren Nichtbraunschweigishen (Goslar, Lautenthal, ‘Ginbeck, Osterode) eingefunden. (Die Gesammtzahl der in Seesen anwe- sendèn auswärtigen Feuerwehrleute betrug etwa 2500).

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. Juni. (W. T. B.) Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht ein wie eine Bemerkung der Redaktion besagt aus Versehen nicht gleichzeitig mit den jüngst erfolgten Ernennungen publizirtes Kais erlihes Hand- chreiben an den Grafen Andrassy vom 14. d. M, worin demselben der Personenwechsel im Kriegs-Ministerium bekannt gegeben wird. Das gedachte Kaiserliche Handschreiben vom 14. d. M. ist vom Grafen Andrassy kontrasignirt.

Der Feldzeugmeister Baron Kuhn hat sich bereits am 16. d. M. von dem Beamtenkörper des Kriegs-Ministeriums verabschiedet, und führt bis zur Uebernahme der Ministeriums durch den General der Kavallerie Baron Koller der Sektions- chef Feld-Marschall-Lieutenant Benedek die Geschäfte. Baron Kuhn wird zunächst vor Uebernahme des Grazer Generalates einen sechswöchentlihen Urlaub antreten.

Pest, 17. Iuni. Feld-Marschall-Lieutenant Piret, welcher gestern Abends bei einer Spazierfahrt durh Scheuwerden dex Pferde aus dem Wagen geworfen wurde, is heute Vormittags im Rochus-Spitale seinen Wunden erlegen.

Schweiz. Bern, 18. Iuni. (W. T. B.) Vom Bun- desrath ift der Beschluß des Ständeraths, wona die Bundes= stadt Bern prinzipiell von der Bewerbung um den Siß des Bundesgerichis ausgeschlossen sein soll, verworfen und der Bun- desrath aufgefordert worden, noch im Laufe der gegenwärtigen

Predigt hielt und dem die in Evangelicis beauftragten Staats-

lung die Anlage eines Parks auf den gedachten Ländereien, di

6 ' Minister Frhr. v. Friesen und Dr. v. Gerber (die Staats-Minister

Session die Entscheidung auf die eingelaufenen Bewerbungen vorzulegen.

Großbritannien und Frland. London, 1 ; Die „Morning Poft“ bestätigt den Rücktritt des Hees de la Rohefoucauld-Bisaccia vom Londoner Botschafts- posten. Er wird denselben indeß bis zur Ernennung feines E uny E % i En Se eetulungoscrtiden überreichen ann, innehalten. Zu diesem Behufe wi i i s h erri hufe wird derselbe heute in Henri Rochefort kam, wie die „A. A. C.* mitthei gestern Abend, begleitet von Olivier Pain, an Bord des Saa dampfers e Pärthia“ von New-York in Queenstown an und reiste unverzüglih nach Cork weiter. Bald nach feiner Ankunft versammelte sich eine große Volksmenge auf der Landungs- brücke und folgte ihm unter Rufen: „Nieder mit Rochefort!“ nah dem Hotel. Auf dem Bahnhofe wurde er wiederum mit Sthreien und Zischen empfangen, und nur durch die Wachsam- bei. Polizei entging er Mißhandlungen aus den Händen des ôbels.

Frankreich. Paris, 17. Iuni. Das „Jo iel“ meldet aus Algier voin 16, Juni: L AIOE in Theil na arokffo geflüchteter, von Si-Sli U Dissidenten konnte vor einigen. E die Duars der Tra (A Shot Scherqui berauben. Unsere zu ihrer Verfolgung abgesandten Gums erreichten sie im Süden von Djebel-Maloh; ein ernst- liher Kampf fand statt. Si-Maamer, Sohn von Sidi-Scheikli-ben Faieh, und 30 feindliche Reiter wurden getödtet, Si-Sliman verwun- det, seine Fahne erbeutet und sein Transport befindet sich in unseren Händen. Der Rest der Bande wurde in die Berge gejagt und alle Thiere konnten den Trasi zurückzegeben werden. Dieser für die Her- stellung der Ruhe in der Sahara so wichtige Sieg kostete uns an Le zwei A r 4 Fer und zehn Verwundete. Die vom auptmann Ben Daud geführten Hami i l i feiadichen Duars her. A s Hamians stürzten \sich über die asselbe Blatt veröffentliht ein Dekret, welches mehr Supplementarkredite bewilligt, darunter E e für Be ng 2 im L von 4,500,000 Fres.

, “Jui . T. B.) Zwischen den verschiedenen Gruppen der Rechten sind Vevhandlungen tale zum Zweck der Wiederherstellung der früheren Ma- jorität, und zwar auf der Basis des von Lambert de Sainte Croix gestellten und an die konstitutionelle Kommission verwiese- nen Antrags, der die Errichtung der Republik für die Dauer des Septennats bedeutet. In Abgeordnetenkreisen Herrsht die Ansicht vor, daß die konstitutionelle Kommission, deren Bericht in etwa 14 Tagen erwartet wird, die Ablehnung des Antrags Perier auf definitive Errichtung der Republik beantragen, da- gegen die Annahme des Antrags Lambert de Sainte Croix an- empfehlen werde.

Versailles, 18. Juni. (W. T. B.) Die National- versammlung sehte die zweite Berathung über den Geseßt- entwurf, betreffend die Organisation der Munizi- palbehörd en, fort. Ein Antrag Bardoux, wona für die Amtirung der Munizipalräthe der gegenwärtige Modus bei- behalten und das von der Kommission vorgeshlagene Dezen- tralisations\ystem beseitigt, namentlich die Bestimmung, daß den Munizipalräthen eine gleich große Anzahl von Mitgliedern aus der Klasse der höchsten Steuerpflichtigen bcigegeben werde, weg-

fällig werden soll, wurde mit 373 gegen 325. Stimmen ange- nommen. Das Resultat dieser Abstimmung, durch welche die ganze von der Kommission ausgearbeitete Vorlage als in Frage gestellt ersheinen kann, erregte große Sensation. Der Bericht- erstatter der Kommission, Chabrol, beantragte die Vertagung der Berathung, damit sich die Kommission über ihr weiteres Ver- halten \{chuü\fig machen könne. Die Regierung nahm an der Verhandlung darüber keinen Theil.

__ Spanien. Madrid, 18. Juni. (W. T. B.) Der amt- lihen „Gaceta“ zufolge ist eine carlistische Truppenabthei- lung von 12,000 Mann unter Don Alphons bei Alcora vollständig ge\chlagen worden. Der Sohn des Infanten Henri von Bourbon, ist in der Shlaht gefallen. | _ Die Carlisten haben sich bei Monte Jurra konzen- trirt. Alle in der Umgegend von Estella befindlihen Lebens- mittel, Wagen: und Pferde sind von ihnen mitgenommen.

Der Finanz-Minister wird das Budget in einigen Tagen veröffentlihen. Eine Gruppe von Bankhäusern hat dem Staats\schaze 55 Millionen Realen vorgeschos}sen; darunter be- findet sich die Bank von Spanien mit 25 Millionen.

Italien. Rom, 14. Juni. (It. N.) Prin umbert und Prinzessin Margaretha haben: Rom U Abend verlassen und sind heute im besten Wohlsein in Monza an- gekommen.

_— Der Senat genehmigte gestern die Budgets der Ministerien des öffentlichen Unterrichts, der öffentlichen Arbeiten, des Krieges, der Marine und des Handels, der Gewerbe und des Ackerbaues. Während der Vêrhandlungen über das Budget des Ministeriums der innern Angelegenheiten fragte der Senator Sineo den Minister des Innern, ob es wahr sei, daß die Agenten der Regierung den Wahlen von Pfarrern durh die Gemeinden Schwierigkeiten bereiten, während sie do gerade das Gegentheil thun müßten. Hr. Cantelli entgegnete darauf, daß die Regierung ihre Agenten nur anweise, die Ruhe und Ordnung bei den Pfarrerwahlen aufrecht zu erhalten und dar- auf zu sehen, daß Majoritäts- und keine Minoritätswahlen zu Stande kämen, nicht aber die Freiheit der Wahlberechtigten zu beschränken. Da sich der Senator mit dieser Antwort zufrieden erkläcte, so hatte der Zwis chenfall keine weiteren Folgen. Gelegentlich der Berathung des Marinebudgets \{chlng der Berichterstatter der Kommission vor, die Verhandlungen über die beiden Geschzent- würfe, welhe die Hafenarbeiten von Genua, Livorno und Venedig betreffen, und die von Neapel, Castellamare, Salerno Girgenti und Palermo, \o lange auszuseßen, bis das Ministe- rium neue Finanzvorlagen ausgearbeitet habe, damit die Her- stellung des Gleichgewihts der Einnahmen und Ausgaben des Staatshaushalts durch die kostspieligen Hafenarbeiten nicht ver- gögert werde. Der Minister-Präsident und der Minister der öffent- lichen Arbeiten bemerkten aber dagegen, daß der erste Geseyz- entwurf ausgeführt werden müsse, weil die Regierung \chon dar- auf bezügliche Verbindlichkeiten eingegangen sei, deren \ie fich nicht entziehen könne, wenn sie nit bedeutende Entschädigungs\sum- men auszahlen wolle. Außerdem würden durch den Aufschub der Arbeiten Handel und Schiffahrt der betreffenden Häfen bedeutend leiden. Als es darauf zur geheimen Abstimmung kam, geneh- Ee E N: E A von Genua, Li-

o und Venedig betreffenden Geseßentwurf mi rel g ff seß f mit 46 gegen 24

Der italienische Katholiken-Kongreß in Ve- nedig ist gestern in b Kirche der Madonna bel e unter dem Ehrenvorsiy und durch eine Rede des Patriarhen von Venedig, Kardinal Trevisanato eröffnet worden. Nachdem der

worauf die Versammlung beschloß, demselben -in Dankeste gramm zu shicken. Nachdem darauf Aequadori die Geschichte und die Vorarbeiten zum Kongresse weitläufig auseinandergeseßt hatte, hielt der Parlamentsdeputirte - d'Ordes Reggio eine Rede gegen die liberalen Katholiken, womit die Verhandlungen des ersten H geshlossen wurden. Die Zahl der Theilnehmer mochte sich auf 500 Personen belaufen, darunter die Bischöfe von Belluno, Adria, Treviso und die Berichterstatter der kleri- kalen Blätter Italiens, Frankreihs und Deutschlands. Die Organisation der Alpenjäger-Compagnie schreitet ungestört vorwärts. Das Geseß vom 30. September 1873 schreibt die Bildung von 24 Alpenjäger- und ebenso vielen (Alpenjäger) Landwehr-Alpenjäger-Compagnien vor. Von jenen sind bereits 19 Compagnien formirt. Im Laufe des nächsten Juli follen- die 19 entsprehenden Landwehr-Compagnien gebildet werden. Wenn dann im Laufe des nähsten Jahres die nohch fehlenden 5 Compagnien mit der entsprehenden Landwehr ge- bildet sind, so is das Geseÿ vom 30. September erfüllt. Ï Das von der h. römischen Kongregation veröffentlichte oes B E Ar E t iaeuon über die- arrer verfügt, die eine Wahl d - E TEE [lautet : ; E E „Vie Werkzeuge der Gottlosigkeit, die fast überall i gelangen, bemühen fich, die bestehende ua iniüftürien Lei die Grundlagen der Konstitution der Kirche Christi zu untergraben Sie wagen es selbst, die katholische Bevölkerung Jtaliens aufzustiften, damit dieselbe das verahtungswürdige Beispiel verschiedener Gegenden der Schweiz nachahme und sich freherweise das Recht anmaße, ihre Seelsorger selbst zu wählen. Und was noch {limmer ist es giebt wirklich gewissenlose Geistliche, welche sich bereit zeigen, ungestraft die pfarramtlihe Seelsorge zu übernehmen und als Pfarrer zu funktio- niren, obwohl ihnen dies in so ungerechter Weise Übertragen wurde In Erwägung der vielen und äußerst heilsamen Bestimmungen der heiligen Canones haben wir nit gezögert, der Frechheit und Gott- losigkfeit der Neuerer entgegenzutreten, damit die Gegenden Oberita liens E E O gottlosen Frevels sich schuldig machen, welcher der weiz in g tolif Autorität pugeios p ; jüngster Zeit das Anathema der apostolischen ewegt durch die große Sorgfalt und Barmherzigkei er allen seinen Schafen gegenüber beseelt ist, u E EA Pius IX. der heiligen Kongregation des Nathes befohlen, nah einein r da zu suchen, das an Energie dem Uebel selbst. gleihkomme u diesem Zwecke hat derselbe. verordnet, daß Alles, was in der wokhl- LEIURLEN, unterm 21. November 1873 anläßlich der Pfarrwahlen O die Bevölkerung: gegen die Schweiz geschleuderten Encyclica ent- alten ift, ausgeführt und eingeschärft werde in allen firchlihen Pro- vinzen von Venedig und Mailand und in allen der Patriarchal- und Metropolitan-Serichtsbarkeit unterstellten Diszesen, wie dasselbe mit Gegenwärtigem wirklich in Anwendung gebracht und eingeschärft wird. E L Kraft dessen sind alle Diejenigen, welhe in den genannten oe durch die Wahl der Bevölkerung als Pfarrer oder Vikare erufen werden und die Frechheit haben sollten, ih den angeblichen Besiß der Kirche oder der Rechte und Güter derselben anzumaßen und die Funktionen eines wirklich angestellten Pfarrers auszuüben durh diese Thatsache allein der großen Exkommunikation anheim- gefallen, welche zu verhängen glei allen übrigen kanonischen Strafen allein dem heil. Stuhl vorbehalten is. Und Alle, so der göttlichen 2A t schenken, sollen dieselben flichen wie Eindringlinge u veridleuber U nur geéommen sind, um zu stehlen, zu zerstören und ie heil. Kongregation des Rathes hat dies beschlessen, d i E O damit 2A Allen aa werde, A Ht i und Privilegien irgend j ie- selben speziell erwähnt sein Dit E

Gegeben zu Rom i ; ; h: Rathes, den 25. Mai I8TL Sekretariat der heil. Kongregation des

Gezeichnet: Kardinal Caterini, Präsident. E ¿ Erzbischof von See Sekretär. Ver „Agence Havas“ wird unterm 18. Juni aus R gemeldet, der Papst habe das Kardinalskollegium pk 4 gen und in einer an dasselbe gehaltenen Anrede von der Ver- folgung gesprochen, welcher die Kirche ausgesezt sci. Derselbe \oll dabei angedeutet haben, daß er troß der ihm neuerdings von hervorragenden politischen Persönlichkeiten gemachten ver- söhnlichen Vorschläge ih zu keinerlei Zugeständnissen herbeilassen werde, da dieselben nur der Kirche und der mene liden Gesell- schaft zum Schaden gereihen würden.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 17. Juni. Der Großfürst Michael Nikolajewit\ch, Statthalter iu N G Loo Juni hier erwartet.

Das Projekt eines Kanals, welcher St. Peters

mit dem Meere verbinden soll, und das vom Minifter de: e munikationen beim Ministercomité vorgestellt war, is, wie die „Finanz-Revue“ meldet, bestätigt worden. Das Unternehmen soll im Wege der Lizitation, aber nur an solche Bewerber vergeben werden, die bereits ähnliche Arbeiten ausgeführt haben.

(Monats-Uebersicht für Mai). Seit der Abreise des Kaisers tragen die Verhältnisse in der Residenz an der Newa den Charakter der todten Jahreszeit an sich vornehmlich, was das Hofleben betrifft, Das Publikum verfolgt dabei mit gespanntem Interesse die Reise des Kaisers, welche in der ersten Epoche reih an hohwichtigen Vorgängen war. Die Verlobung des Großfürsten Wladimir Alexandrowitsch, zweiten Sohnes des Kaisers mit der Herzogin Marie von Mecklenburg-Schwerin, die Vermählung der Nichte des Kaisers, der Großfürstin Vera Kon- stantinowna mit dem Herzoge Eugen von Württemberg in Stutt- gart, die Reise des Kaisers nah den Niederlanden, nah Eng- land, die herzlihe - Aufnahme in Berlin und von Seiten der Engländer, das Zusammentreffen mit befreundeten Souveränen Alles das erregt hier ein lebhaftes Interesse. Zu Ende Mai nach russishem Style soll auch die Kaiserin nah Deutschland abreisen, und das Hohe Kaiserlihe Ehepaar dürfte in Jugenheim bei Darmstadt mit der Herzogin von Edin- burgh zusammentreffen. Die Rückkehr des Kaisers nah Ruß- land wird für den Anfang des Juli in Aussicht genommen, die Vermählung des Großfürsten Wladimir (wenn au noch nicht in definitiv bestimmter Weise) für den August. In Bezug auf auswärtige Politik is vor Allem wichtig die Einladung, welche Rußland dur den Reichskanzler Fürsten Gortschakoff an alle Mächte ergehen ließ zur Beschikung des Brüsseler Kongresses für Präcision der Kriegsusancen und für Feststellung allgemein gültiger Normen des Kriegsrechts, entspre- hend den Forderungen unserer aufgeklärten Zeit. Das Ver- hältniß der Kuiegsgefangenen, sowie -auh selbst die Verhältnisse der Kämpfenden zu den Privatpersonen seinen niht von allen civilisirten Staaten gleihmäßig interpretirt zu werden : so kam oe E ag auf die Idee, in diesen Dingen auf m allgemeinen Kongresse eine gegenseiti - juregen g grefs\ gegenseitige Aussprache an ___ Die Verhandlungen mit Oesterreich betreffs der Abä einiger Formalitäten bei Passirung ba Sei gingen c breas des Mai hier fort, ohne noch zu einem definitiven Resultate geführt zu haben. Die beiderseitigen Zolltarife sollten unberührt

erzog Salviati' zum wirklichen Präsidenten ernannt worden war Ma ein Schreiben des Papstes an den Kongreß zur Verlesung,

Grenze zu beobahten find, vereinfaht werden. Es ist nöthi hervorzuheben, da die Formalitäten Le be tävdtiai diee Südwestgrenze complicirter find als diejenige 1, welche auf unsere an Preußen anstoßenden Grenzen in Uebung fih befinden. Aus der Zeit der leßten Polenaufstandes ergaben sich manche Rück- sichten, welche auf den Grenzverkehr niht ohne Einwirkung blieben. : Der öffentliche Aufruf, welher an 19 russishe Emigranten erging, binnen einer sechsmonatlihen Frist nah Rußland zurü- zukehren, widrigenfalls die Strenge der Gesetze gegen sie in An- wendung kommen würde, hat dargethan, daß Dank dem ebenso milden wie rationellen Regierungs\ystem Alexanders Il. die 2E R pg t fue sehr klein geworden is. Sehr milde uffassun j in s tien dtüchtlinge. g der Regierung in Betreff der pol- _&n dem Telegraphen-Departement erfol i wichtige Reform. Troß der ungeheuren E ieie M is n telegraphi;he Korrespondenz in Rußland beherrscht 'hält die Re- gi rung es für mögli, die Taxen beträctlich zu erniedrigen und die Manipulation ihrer Berehnung zu vereinfahen. In Europa und im Kaukasus erftreckt \ich nunmehr die erste Zone auf 100, die zweite auf 1000 Werste, die dritte auf alle übrigen Strecken bis zum Katharinenburger Meridian; in Afffien erstreckt sich die erste Zone auf 100 Werste, die zweite auf 520 Werste L dritte auf 1570 Wersfte, die vierte auf alle übrigen Strecken. 2 ie Taxen für die verschiedenen Zonen wurden ebenso übersicht- lich und klar organisirt, näâmlih für die erste Zone 50 Kopeken e die zweite 1 Rubel, für die dritte 2 Rubel, für die vierte “Pra Im Detail ward noch manchen anderen Erleichterungen n Ca din Ge d. L für die Ausdehnung der städti- HAdiaiu n, ug auf die telegraphishe Korrespondenz mit Im Mai erhielt auch ein vom Ministerium des J in das Ministier-Comité eingebrahtes und A dem fan genommenes Dekret, welhes eine wihtige Frage in Angelegen- heiten der Presse behandelt, die Kaiserlihe Bestätigung. Es ist bei uns zuweilen sehr wihtig, den Zeitpunkt festzustellen in welchem ein Buch als herausgegeben anzusehen wäre. Manche Werke (wie d. B. die aus dem Gebiete der russish-orthodoxen Theologie) un:erliegen ihres Jnhalts wegen auch in St. Petersburg und Moskau der präventiven Censur, andere wegen ihres nit zureichenden Umfanges, wie z. B. Originalwerke unter 10, und Uebersegungen unter 20 Bogen. In der Provinz sind die Aus- gaben, die ohne Präventivcensur erscheinen dürfen, noh mehr eingeschränkt: sie reduziren \ich (mit. Ausnahme offizieller oder akademischer Publikationen) auf das Gebiet der altflassischen Philologie und gewisser physiko-mathematischer Editionen und auf das Gebiet der Kartographie. Als entscheidendes Merkmal für wirklich vollendeten Druck ward nun das Ablegen des Satzes angenommen. Die Vorstellung einzelner Bogen unter Bewah- rung des Saßes wäre dana als Einreichung zur präven- R i dur die Censurbehörde anzusehen.

n en leßten fünf Jahren hat \ich das Bankwes i uns ungemein entwickelt. Man u im Jahre 1869 außer der Reichsbank und ihren Filialen 176 ftädtishe Banken mit einem Grundkapital von 4,100,000 Rubel, 4 Aktienbanken und eine Börsenbank mit 7# Millionen Grundkapital und 7 Gesell- \chaften auf gegenscitigen Kredit. Jett giebt es 248 städtische Banken, 43 Aktienbanken und 74 Gesellschaften auf gegenseitigen Kredit. Das Grundkapital der städtishen Banken ist auf 10 Millionen Rubel gestiegen, das der Aktienbanken auf 133 Millionen Rubel. Das Kapital der Aktienbanken hat sich in fünf Jahren jomit auf das 13fache gesteigert. Einige dieser Banken haben eine besonders lebhafte Thätigkeit entfaltet: so segten im Jahre 1872 drei Petersburger Banken (die Diskonto- Leihbank, die Internationale und die Kommerzbank) zusammen 156 Millionen Rubel um, während die Reichsbank mit ihren oak a5 d 8 E a a 26t Millionen umseßzte, und

C illionen auf eigene Rehn illi i Auftrage von Kommitienten. M N

Der Wechseldiskont betrug im Jahre 1869 in d ih3- bank nebst Filialen 30 Millionen Rubel, in der Mule L merzbank 9 Millionen, in der St. Petersburger Kommerzbank 5,300,000 Rubel; in den städtishen Banken 23,800,000 Rubel in den andern Kreditanstalten etwa 6 Millionen tis Alles in Allem demnach etwa 74 Millionen Rubel. Am 1. Januar 1874 befanden si dagegen in den Portefeuilles der Diskontbanken in Wechseln 344 Millionen Rubel; davon waren in der Reichsbank und bei 41 Afktienbanken zusammen 253} Millionen bei städtischen Banken 682 Millionen; hinsichtlich der Gesellschaften auf gegenseitigen Kredit sind die Angaben in Betreff dieses Ge- genstandes niht einmal ganz exaë#t. Am Meisten ragen unter den Diskontbanken durch ihren Wechseldiskont hervor : die Reichs- bank (535 Millionen) ; Wolga - Kama - Bank (38 Millionen) ; Moskauer kaufmännische Bank (31 Millionen); Skt. Petersburger Diskont- Leihbank (134 Millionen); Moskauer Leihbank (94 Mil- lionen); Moskauer Diskontbank (9 Millionen); St. Petersburger erste N auf gegenseitigen Kredit (9 Millionen) u. \. w. Der auswärtige Handel wies im Jahre 1868 einen C von 919 Millionen (nach dem Aan im Sahes "1828 aber einen von 732 Millionen. Die Grlaubnißs\cheine zum Haudelsbetriebe brahten im Jahre 1868 dem Staate eine Einnahme von 10,176,000 Rubel; im Jahre 1871 von 11,960,000 Rubel. Ferner berichtet der „Golos*, wie im Jahre 1867 für das Recht des Handelsbetriebes in der ersten Gilde 3400 Scheine ausgegeben wurden und in der zweiten 64,697 Grlaubnißscheine ; im Jahre 1871 waren in der ersten Gilde 3850 und in der zweiten 73,391 Scheine ausgegeben worden. Konzessionen zur Eröffnung einzelner kaufmännischer Gewerbebetriebsanstalten wur- den im Jahre 1867 99,224 und im Jahre 1871 120,781 er- theilt. Im Jahre 1866 expedirten die Eisenbahnen auf einer Ausdehnung von 9900 Werst ctwa 386 Millionen Pud Güter ; U tas A S E L von 14,500 Wer-= etwa illionen Pud, das macht et:va 33, illio- nen deutsche Zollpfunde. f | E E _ Was die Versicherungsgesellshaften anlangt existirten (nah der Börsenzeitung) Le Ia lAalivs 1867 N fünf; seit 1867 sind sieben neue hinzugekommen. Diese Gesell- schaften nahmen an Affecuranzprämien ein im Jahre 1868 61/4 Millionen Rubel ; im Jahre 1869 7,700,000 Rubel; im Jahre 1870 8,900,000 Rubel; im Jahre 1871 10,300,000 Rubel; îm Jahre 1872 11,800,000 Rubel: im Jahre 1873 14,400,000 Rubel. Die Ziffer der Versihherungsprämien hat \sih in wenigen Jahren verdoppelt, wozu noch in Anschlag zu bringen, daß die Prozentsäße der Prämien wegen der zunehmenden Konkurrenz in den leßten Jahren beträchtlich herabgeseßt waren. :

Dänemark. Kopenhagen, 16. Iuni. Das Lager bei Hald in Jütland wurde gestern dur folgenden vont

bleiben, dagegen die Formalitäten, die bei Ueberschreitung der

Kronprinzn unterschriebenen Divisions befehl eröffnet: