1874 / 146 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Jun 1874 18:00:01 GMT) scan diff

tigkeiten, der Gemeinheitstheilungen und der Zusammenlegungen der Grundstücke im Fürstenthum Schaumburg - Lippe dur die Königlih preußishen Auseinanderseßungsbehörden. Vom 27. April 1874. Berlin, den 24. Iuni 1874. Königliches Geseßz-Sammlungs-Debits-Comtoir.

Nichtamtliches.

Deutsches Neis Preußen. Berlin, 24. Iuni. Se. Majestät der

Kaiser. und König nahmen vorgestern in Ems den Vor- trag des Geh. Legations-Raths v. Bülow entgegen.

Der Bundesrath hat in seiner Sißung am 11. d. M. beshiossen: 1) dem vom Reichstage beschlossenen Entwurfe eines Gesetzes, betreffend dieBeurkundung des Personen- fiandes und die: Form der Eheschließung, die Zustim- mung nicht zu ertheilen ; 2) den Reichskanzler zu ersuchen, unter Betheiligung der Bundesregierungen einen Geseßzentwurf über die Einführung der obligatorishen Civilehe und die Beurkun- dung des Perfonenstandes aufstellen zu lassen und denselben baldthunlihft dem Bundesrath zur Beschlußnahme vorzulegen.

Zur Ausführung des Beschlusses zu 2) wurde ferner be- \chlo}sen: a. die Bundesregierungen zu ersuchen, ihre Bemerkun- gen zur Sache durch formulirte, mit Motiven versehene Ab- änderungsvorshläge zu dem vom Reichstage angenommenen Gesezentwurf dem Reichskanzler-Amt baldthunlichst mitzutheilen, b. demnächst kommissarishe Berathungen über die Sache ein- treten zu lafsen.

An die Stelle der bisher mit der Vorberathung der Beobachtung des Venus-Durhgangs beauftragten Kommission ist jezt mit Zustimmung des Bundesraths die Kommission für die Beobachtung des Venus-Durchgangs getreten. Dieselbe hat die Aufgabe, astronomische Expeditionen zur Beob- atung des am 8. Dezember 1874 stattfindenden Phänomens zu organisiren, auszurüsten und auszusenden, für die von diesen Expeditionen auszuführenden Reisen und wissenshaftlihen Arbei- ten Instruktionen aufzustellen, die Ausführung dieser Arbeiten zu überwachen, beziehungsweise dieselben, soweit sie in Deutsch- land auszuführen sind, persönlih zu leiten und nach Beendigung der wissenschastlichen Arbeiten dieselben zu redigiren und zu publi- ziren. Die Kommission besteht aus folgenden Mitgliedern: 1) dem Direktor der Königlichen Universitäts-Sternwarte, Geheimen Regierungs-Rath Professor Dr. Argelander in Bonn; 2) dem Astronomen der Königlih preußishen Akademie der Wissen- \chaften Professor Dr. Auwers in Berlin; 3) dem Direktor der Königlichen Universitäts-Sternwarte Professor Dr. Bruhns in Leipzig; 4) dem Direktor der' Königlihen Sternwarte Professor Dr. Förster in Berlin; 5) dem Direktor der Sternwarte Rümker in Hamburg; 6) dem Direktor der Großherzoglihen Sternwarte Dr. Schönfeldt in Mannheim; 7) dem Professor an der König- lichen Universität Dr. Seidel in München; 8) dem Direktor der Kaiserlihen Universitäts-Sternwarte Professor Dr. Winnecke in Straßburg. j

Der Bundesrath hat in seiner Sizung am 11. d. M. ein den Geschäftsgang regelndes Statut der Kommission genehmigt.

Zur Geshihte des Entwurfs einer deutschen Strafprozeßordnung theilen wir aus den Motiven desselben Folgendes mit:

anwalt Tessendorf zu Magdeburg, dem Ober-Tribunals-Rath Voitus zu Berlin. Aus den Berathungen der Kommisfion is der Entwurf hervorgegangen. Ueber die Einrichtung und den Wirkungskreis der Kreis\ynoden, deren Zusammentritt in den östlichen Provinzen stattgefunden hat oder nahe bevorsteht, ist in der Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 10. September v. I. Folgendes bestimmt : Die zu einer Diözese vereinigten Gemeinden bilden in der Regel den Kreis-Synodalverband. Kleinere Diözesen können ganz oder getheilt mit benachbarten zu dem Verbande einer Kreis\ynode vereinigt werden. Die Kreis\ynode besteht aus: 1) dem Diözesan-Superinten- denten als Vorsitzenden (unter mehreren zur Synode gehörigen Superintendenten gebührt der Vorsiß dem im Ephoralamt älte- ren), 2) sämmtlichen innerhalb des Kirchenkreises ein Pfarr- amt verwaltenden Geistlihen (und sonstigen Geistlichen des Krei- ses mit berathender Stimme), 3) je einem weltliGen Mit- gliede, welhes von dem Bemeinde-Kirchenrathe jeder Gemeinde gewählt wird (Gemeinden mit mehreren Geistlihen wählen eben so viele weltlihe Mitglieder), 4) noch je einem Abgeordneten der Gemeinden, welche mehr als 4000 Parochianen umfassen. Die Kreis\ynode tritt jährlih in der Regel einmal zusam- men, außerdem mit Genehmigung oder auf Anordnung des Konfistoriums. Die Dauer der Versammlung soll zwei Tage niht überschreiten. Zur Beschlußfähigkeit bedarf es der An- wesenheit von zwei Dritteln der Mitglieder. Die Beschlüsse wer- den nah absfoluier Stimmenmehrheit gefaßt. Jede Sißung wird mit Gebet eröffnet, die Schlußsizung auch mit Gebet geshlo}en. __ Der Wirkungskreis der Synode “umfaßt folgende Befug- nisse und Obliegenheiten: 1) Die Erledigung der vom Konsisto- rium oder der Provinzial-Synode eingehenden ‘Vorlagen, 2) die Berathung von Anträgen an das Konsistorium und die Provinzial-Synode, welhe von Mitgliedern der Kreis\ynode, von den Gemeinde-Kirhenräthen oder au von einzelnen Gemeinde- gliedern ausgehen, 3) die Mitaufsicht über die Gemeinden, Geistlichen, Kandidaten u. \. w., zu welchem Behufe der Synode durch den Superintendenten ein Bericht über die kirhlihen und sittlihen Zustände der Gemeinden vorgelegt wird, sie ist be- rufen, von anstößigen Vorgängen im Leben und Wandel der Geist- lihen, Gemeindebeamten und Kirchendiener Kenntniß zu nehmen, dagegen die Mittel der Ermahnung und Warnung in Anwen- dung zu bringen und, wenn sie fruchtlos bleiben, die Sache der zuständigen Disziplinarinstanz zu übergeben, 4) die Uebung der Kirchendisziplin in zweiter Instanz, wo in ersier Instanz der Gemeinde-Kirchenrath Entscheidung getroffen hat, 5) die Mit- aufsiht über die in den Gemeinden bestehenden Einrichtungen für christlihe Liebeswerke, sowie die Verwaltung und Leitung der gemeinsamen derartigen Institute, 6) die Prüfung des Kassen- und Rehnungswesens in den Gemeinden, 7) die Verwaltung der Kreis-Synodalkasse, 8) die Prüfung statu- tarisher Ordnungen der Gemeinden, 9) die Wahl des Sy- nodalvorstandes, welcher nächst dem Superintendenten aus vier auf drei Jahre gewählten Beisizern besteht, 10) die Wahl von Abgeordneten zur Provinzial-Synode, zu welcher jede Kreis- Synode einen geistlihen und einen weltlihen Abgeordneten und für jeden derselben einen Stellvertreter und zwar aus der Zahl der derzeitigen oder früheren Mitglieder der Kreis\synode, der Gemeinde-Kirhenräthe und der Gemeindevertretungen wählt.

Der Großherzoglich - oldenburgishe Minister - Präsident und Bevollmächtigte zum Bundesrath, Erb - Marschall im

Die Vielgestaltigkeit der Strafverfahrens is} seit lange als ein {chwerer Mißstand in dem deutschen Rechtsleben empfunden worden, und der Reichstag des Norddeutschen Bundes hatte des- halb in seiner Sißzung vom 18. April 1868 den Beschluß gé- faßt: „den Bundeskanzler aufzufordern, den Entwurf einer ge- meinsamen Strafprozeßordnung für den Norddeutshen Bund vorbereiten und dem Reichstage vorlegen zu lassen.“

Nachdem der Bundesrath des Norddeutshen Bundes in seiner Sizung vom 5. Juni 1868 diesem Beschlusse beigetreten war, is der Königliche preußische Justiz-Minister von dem Bun- deskanzler unter dem 12. Juli 1869 ersuht worden, gleihwie es mit dem materiellen Strafrecht geschehen war, auch die Auf- stellung des Entwurfs einer Strafprozeßordnung zu veranlassen.

Der in Folge dieses Ersuchens aufgestellte Entwurf wurde im Anfang des Jahres 1873 dem Bundesrathe vorgelegt und gleihzeitig mit den Motiven und einem Bande Anlagen durch den Buchhandel (Berlin, Verlag von v. Deer) veröffentlicht.

Nachdem die verbündeten Regierungen von dem Entwurfe Kenntniß genommen hatten, auch nah geschehener Veröffent- lihung desselben der Kritik genügende Zeit gelassen war, {h über den Entwurf zu äußern, beschloß der Bundesrath auf den An- trag des JIustizaus\{hufsses in der Sihung vom 13. März 1873: den Entwurf einer aus elf angesehenen Juristen des Deutschen Reichs zu bildenden Kommission zureVorberathung zu überweisen. Gleichzeitig wählte er zu Mitgliedern dieser Kommission: 1) den Königlich preußishen Präsidenten Dr. Friedberg; 2) den König- lih preußishen Geheimen Ober-Justiz-Rath und vortragenden Rath im Justiz-Ministerium Dr. Foerster; 3) der Königlich preußishen Geheimen Ober-Justiz-Rath und Appellationsgerichts- Vize-Präsfidenten Mager; 4) den Königlih preußischen ordent- lichen Professor der Rechte, Staatsrath Dr. Zachariä; 5) den Königlich preußischen Rechtsanwalt Justiz-Rath Wiener; 6) den Königlich bayerischen Appellationsgerihts-Rath und Referenten im Staats-Ministerium der Justiz Dr. Staudinger; 7) den Königlich sächsishen General-Staatsanwalt Dr. Schwarze; 8) den Königlih württembergischen Ober-Tribunals-Rath v. Binder; 9) den Großherzoglich badishen Ministerial-Rath Dr. Bingner; 10) den Großherzogli hessishen Ober-Appellations- und Kas}a- tionsgerihts-Rath Dr. Zentgraf; 11) den hamburgishen Ober- Staats nwalt Dr. Mittelstädt. Die Kommission trat am 17. April 1878 in Berlin zusammen. Sie hielt in der Zeit vom 17. April bis zum 3. Juli 1873, unter dem ständigen Vorsite des Präsidenten Dr. Friedberg und unter Mitwirkung zweier Schriftführer, 39 Sißungen ab, in welchen der Entwurf in drei Lesungen durchberathen wurde. Bei diesen Berathungen sind nit blos die in der Tagespresse und in der Brochürenliteratur niedergelegten Urtheile, namentlih die den Entwurf eigends be- handelnden Schriften von v. Bar, H. Meyer „und Wahlberg, sondern auch die dem Reichskanzler-Amt oder der Kommission sonst zugegangenen Gutachten in den Kreis der Erörterung ge- zogen worden. Solche Gutachten waren eingegangen von dem Ober- Staatsanwalt Berninger zu Eisenah, dem Ober-Staatsanmwalt Diehl zu Wiesbaden, dem Appellationsgeriht zu Eisenach, dem Professor der Rehte Dr. Fuchs zu Marburg, dem Ober-Tribu- nals-Vize-Präsidenten, Wirklichen Geheimen Ober-Iustiz-Rath

Fürstenthum Halberstadt, Freiherr von Rössing, is gestern Morgen gestorben.

Der Premier-Lieutenant v. Brandis, Attaché bei der Kaiserlih deutshen Botschaft zu Paris, ist hier eingetroffen.

Die Feld-Artillerie-Regimenter heißen nah der neuen Formation :

Garde-Corps: 1. Garde-Feld-Artillerie-Regiment, 2. Garde- Feld-Artillerie-Regiment; 1. Armee-Corps: Ostpreußishes Feld- Artillerie-Regiment Nr. 1, Westpreußisches Feld-Artillerie-Regi- ment Nr. 16; 11. Armee-Corps: 1. Pommersches Feld-Artillerie- Regiment Nr. 2, 2. Pommersches Feld - Artillerie - Regiment Nr. 17 ; 11. Armee-Corps: 1. Brandenburgisches Feld-Artillerie- Regiment Nr. 3 (General-Feldzeugmeister), 2. Brandenburgisches Feld - Artillerie - Regiment Nr. 18 (General - Feldzeugmeister) ; IV. Armee - Corps: Magdeburgisch;es Feld - Artillerie - Regiment Nr. 4, Thüringisches Feld-Artillerie-Regiment Nr. 19; V. Armee- Corps : Niederschlesisches ‘Feld-Artillerie-Regiment Nr. 5, Posen- hes Feld-Artillerie-Regiment Nr. 20; V1. Armee-Corps : Schle- sishes Feld - Artillerie - Regiment Nr. 6, ODberschlesishes Feld- Artillerie-Regiment Nr. 21; VII. Armee-Corps: 1. Westfälisches Feld-Artillerie-Regiment Nr. 7, 2. Westfälisches Feld-Artillerie- Regiment Nr. 22; VU1. Armee - Corps: 1. Rheinishes Feld- Artillerie-Regiment Nr. 8, 2. Rheinisches Feld-Artillerie-Regi- ment Nr. 23; IX. Armee-Corps: Schles8wigsches Feld-Artillerie- Regiment Nr. 9, Holsteinshes Feld-Artillerie-Regiment Nr. 24; X. Armee - Corps: 1. Hannoversches Feld - Artillerie - Regiment Nr. 10, 2. Hannoversches Feld - Artillerie - Regiment Nr. 26; X1, Armee-Corps: Hessisches Feld-Artillerie-Regiment Nr. 11, Großherzoglih Hessishes Feld-Artillerie-Regiment Nr. 25, Nas- sauisches Feld-Artillerie-Regiment Nr. 27; X[lV. Armee-Corps: 1. Badisches Feld-Artillerie-Regiment Nr. 14, 2. Badisches Feld- Artillerie-Regiment Nr. 30; XV. Armee-Corps: Feld-Artillerie- Regiment Nr. 15.

In analoger Weise is nunmehr auch die Feld-Artillerie des X11, (Königlih Sächsischen) und des X11], (Königlih Würt- tembergishen) Armee-Corps definitiv in je zwei Regimenter ein- getheilt, von welchen die des erstgenannten Armee-Corps die Nummern 12 und 28, die des leyteren die Nummern 13 und 29 führen.

Die einzelnen Batterien heißen niht mehr 1. {were u. \. w., sondern werden nur nah der Nummer benannt: 1., 2. u. s w. (reitende) Batterie.

S. M. Brigg „Rover“ isst am 28. Mai d. I. im Hafen zu Norfolk zu Anker gegangen und beabsichtigte am 9. Juni d. I. die Reise nah New-York fortzuseßen.

Posen, 22. Juni. Der Provinziallandtag faßte heute in seiner 3. Plenarsißzung folgende Beschlüsse:

1) In Folge einer Vorlage der Landarmen-Direktion, be- treffend die Ausführung von Baulichkeiten in der Korrektions- Anstalt Kosten, ist die Direktion ermächtigt, über diejenigen Bau- lichkeiten selbst zu beschließen, welche sie zur Verbesserung der Ba Einrichtung der Anstalt und zugleich für dringlich erachtet.

2) Ueber die Mitbenußzung der Korrektions-Anstalt zu

Dr. Grimm zu Berlin, dem Zollvereins-Bevollmächtigten, Ge- heimen Regierungs-Rath v. Lessing zu Karlsruhe, dem Staats-

Kosten als Landarmenhaus ift beschlossen: a. die von der Land-

provisorischer Benußung der Korrektions-Anftalt zu Kosten ge- troffenen vorläufigen Aenderungen, insoweit \ich dieselben als Abänderungen des Anstalts-Reglements vom 5. September 1871 darstellen, sind genehmigt. b. Die Korrektions-Anstalt zu Kosten wird unter Beilegung der Bezeihnung „Arbeits- und Land- armenhaus“, insoweit es die Verhältnisse und der Raum ge- statten, fortan auch als Armenhaus zur Aufnahme von Land- armen und von Ortsarmen in Gemäßheit des Geseyzes, betreffend die Ausführung des Bundesgesezes über den Unterstüßungs- wohnsiß vom 8. März 1871, benußt werden. c. Der gemäß §. 8 der Allerhöhsten Verordnung vom 29. Juli 1871 von dex Land- armen-Direktion gefertigte Entwurf eines Anstalts-Reglements wird genehmigt.

3) Eine Petition wegen Crftattung von für einen Land- armen von einer]Kommune vorgeschossenen Verpflegungsgeldern, sowie drei Petitionen wegen Gewährung von Brandentschädi- gungsgeldern, welche die Provinzial-Feuersozietäts-Direktion nit | in der aewünschten Höhe resp. gar nit festgestellt hat, wurde

als unbegründet abgelehnr. E

4) Veber zwei durch die Landartnen-Direktion zur Erweite- rung der Korrektions-Anstalt in Kosten bewirkte Grundstüks- käufe wird die Genehmigung ertheilt.

9) Tie Jahresberichte über die Verwaltung des Landarmen- 1nd Korrigendenwesens für die Iahre 1871, 1872 und 1873 wurden zur Kenntniß des Landtages gebraht. Daraus ist er- fihilih, daß a. in dem Baufonds utt. 1873 ein Bestand von 30,957 Thlr. 8 Sgr. 9 Pf. vorhanden is, b. die Provinz an Beiträgen zur Bestreitung der General-Verwaltungskosten, zur Unterhaltung des Landarmenwesens und der Korrektions-Anstalt 48,772 Thlr. 28 Sgr. 10 Pf. aufgebraht hat, wovon jedoch nur 39,090 Thlr. 22 Sgr. 1 Pf. verbraucht und ‘9682 Thlr. 6 Sgr. 9 Pf. dem Baufonds zugeführt find, c. daß die täg- lihe Durhschnittszahl der im Jahre 1873 detinirten Personen 400 betrug, und zwar 35 pCt. Evangelische, 64,55 pCt. Katholische, 0,7; pCt. Juden.

_6) Ebenso wurde die allgemeine Darstellung über den Zustand der Feuersozietät der Provinz am Schlusse des Jahres 1873 zur Kenntniß der Stände gebracht. “Darnah waren ult, 1873 versichert: die Gebäude’ aus dem Regicrungs- bezirk Posen mit 95,606,500 Thlr, desgl. Bromberg 56,994,425 Thlr. Summa 152,000,925 Thlr. Die Bestände betrugen am Schlufse des Jahres a. beim Hauptfonds 362,892 Thlr. 27 Sgr. 7 Pf, þ. beim Reservefonds 391,768 Thlr. 24 Sgr. 11 Pf. Die Rechnungen der Provinzial- Feuersozietät pro 1870/72 sind dechargirt.

7) Die Rechnungen Über den Departementsfonds für die Jahre 1871/73 wurden ebenfalls dechargirt.

; 8) Der Etaisentwurf von den Verwaltungskosten der Direktion der Provinzial - Hülfskafse für 1874/76 if in Ein- nahme und Ausgabe auf 2700 Thaler festgestellt nach vor- heriger Genehmigung einer Mehrausgabe von 1000 Thalern gegen den bisherigen Etat.

Fulda, 24. Juni. (W. T. B.) Zehn preußische Bi- \chöfe find zur Konferenz hier eingetroffen, auch der Bischof Conrad Martin von Paderborn. Cöln, Posen und Trier sind durch Abgesandte vertreten. Außer ihnen haben sich auch Bischof Ketteler von Mainz und Weihbishof Kübel von Freiburg hier cingefunden. Die erste Konferenz beginnt heute Vormittag 9 Uhr.

Bayern. München, 21. Juni. Die Allerhöchste Geneh- migung bezüglich der Zeiteintheilung der diesjährigen Herbst - Waffenübungen der Truppen der beiden bayerishen Armee- Corps if dieser Tage erfolgt. Dieselben werden theils in der zweiten Hälfte des August, theils in der ersten Hälfte“ des Sep- tembers abgehalten werden. Den vorausgehenden Regiments-, Brigade- und Detachements-Uebungen (leßtere mit gemischten Waffen) werden sich die Divifions-Uebungen anschließen, und zwar: dic der ersten Division in der Gegend von Mainburg ; die der zweiten Division in der Umgegend von Harburg; die der dritten Division in der Gegend von Herzogenaurach und die der vierten Division in der Gegend zwishen Homburg und Zwei- brücken in der Pfalz. Zu den lehteren Uebungen wird auch die bayerische Besaßungsbrigade von Meß beigezogen.

Einer der ältesten Veteranen der bayerishen Armee, der penfionirte General-Lieutenant Baptist v. Roppelt, is gestern im 84. Lebensjahre hier gestorben.

Die sämmtlihen in München wohnenden Landtags- Abgeordneten, ohne Unterschied der Parteisiellung derselben, werden sich morgen zu einer Vorberathung über “den Gesetz- entwurf in Betreff der Ausscheidung der Kompe- tenz der Polizeidirektion und des Magistrat® Münch ens versammeln, um eine Verständigung über ihr Ver- S in der Kammer hinfihtlih dieser Regierungsvorlage zu erzielen.

_ Das Finanz-Ministerium hat zur Ergänzung des Finanzgeseßentwurfes an die Kammer der Abgeordneten folgenden Antrag eingebracht:

8, 13. Die gemäß §. 10 Abschn. IIL der Stempelordnung vom 18. Dezember 1812 in den Landestheilen rechts des Rheins zu erhe- bende Kartenstempelgebühr beträgt - vom 1. Juli 1874 angefangen: a. für jedes Spiel deutscher Karten mit 36 oder weniger Blättern 10 Kr. 2 Pf. (30 Pf. Reichswährung), b. für jedes andere Kartenspiel 21 Kr. (60 Pf. Reichswährung). Spielkarten, welhe nach den bis- herigen Vorschristen abgestempelt sind, dürfen noch im Laufe des Jahres 1874 verkauft und zum Spielen verwendet werden. Wollen dieselben nah Ablauf des Jahres 1874 noch verkauft oder zum Spielen ge- braucht werden, so sind sie vor Beginn des Jahres 1875 unter Zahlung des Mehrbetrages der neuen Stempelgebühr gegen die bisherige der eins{lägigen Zollbehörde zur Beidruckung des neuen Stempelzeichens neben dem älteren zu übergeben. Spielkarten, welche vom 1, Januar 1875 angefangen verkauft oder zum Spielen benüßt werden und mit dem älteren Stempelzeichen allein versehen sind, gelten als nicht ge- stempelt. Die Erhebung der übrigen indirekten Abgaben hat nach den bisherigen Normen und den einschlägigen Bestimmungen zu geschehen.

_ Sachsen. Dresden, 23. Juni. Der König und die Königin beabsichtigen am 29. Juni eine sechstägige Reise über Vreiberg dur den Zwickauer Kreisdirektionsbezirk anzutreten.

(Dr. I.) Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung der evangelischen Landessynode befand sih der Erlaß des Kirchenregiments, die Frage der Einführung eines Bibel- auszugs in den Volks\{hulen betreffend. In diesem Erlasse wird die Synode aufgefordert, über die Zulässigkeit und Zweckmäßig- keit der Einführung eines Bibelauszugs in den Volks\chulen, bejahenden Falls über die Art und Weise der Herstellung eines solhen Auszugs \ich zu erklären. Beigefügt find sieben Gut- achten (worunter „vier von Pädagogen herrührend) , von welchen sechs mehr oder weniger entschieden die Einführung eines Bibel- auszuges bekämpfen und nur ein cinziges unbedingt dafür sich erklärt. In der Diskussion sprachen nur Bürgershullehrer Gesell und Stadtrath Heubner für die Einführung eines Bibelauszugs, die

armen-Direktion durch Verfügung vom 4. Dezember 1873 wegen

übrigen Redner erklärter. sich sämmtlich dagegen, indem fie theils

die Zulässigkeit, theils wenigstens die Zweckmäßigkeit und Noth- wendigkeit eines Bibelauszugs bestritten. Die Synode beschloß, dem Kirchenregimente zu erklären, daß, soweit es sich nur um das didaktishe Bedürfniß beim biblischen Religionsunterrih:e handelt, diesem Bedürfnisse durch die C aillermalen als Bibel- auszug anzusehenden, {hon jeßt üblichen Lehrmittel : die biblischen Geschichten, den Katehismus und das Spruchbuch, vollständig genügt wird, daß aber die Einführung eines eigentlihen Bibel- auszuges, welcher dazu bestimmt wäre, die Stelle der vollstän- digen Bibel in der Schule einzunehmen, unzulässig und unzweck- mäßig sei. Ferner wurde beschlossen, an das Kirchenregiment das Ersuchen zu rihtcn, die abgegebenen Gutachten auf geeignete Weise in weiteren Kreisen speziell der Lehrerwelt zu verbreiten und hierdurch die Klärung des öffentlihen Urtheils über diese Frage zu fördern. i;

Baden, ® arlsruhe, 23. Juni, (W. T. B.) Die Regierun # betrachtet, wie verlautet, die Frage wegen des Ein

Fo mmenfteuergeseßes durh die gestrige Ablehnung d&

Ersten Kammer nicht als erledigt, wird das Geseh vielmehr fs zu einer späteren Berathung zurückziehen.

Der Landtag wird am nähsten Freitag iy feierlther Weise durch den Großherzog ge\chl ossen werden.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 22. Juni. Naghdem im Laufe des Vormittags die auswärtigen Krieger- Und Militärvereine hier eingetroffen waren, versammeltzn fi sämmtliche Vereine, 30 und einige, Nahmittags 2 Uhx auf dem Damm des großen Teiches und zogen von da durch df festlich geshmüdckten Straßen nah dem Hauptmarkt. Auf eine: vor dem Rathhause errihteten Tribüne hatten außer den Vorstônden des Krieger- und des Militärvereins und den Deputirtea der aus- wärtigen Vereine, - einigen Invaliden aus ' den leßten Kriege, mehreren Veteranen aus den Feldzügen 1813, 1814 und 1815, sowie den Damen, wmelhe dem Militär- vereine die Fahne überreichten, der Staate-Minister von Gersten- berg, der Commandeur der 16. Infancerie-Brigade, General- Major von Scheffler und das hiesige Offizier-Corps Plah ge- nommen. Nah mehrfachen Ansprahea und Vortrag von Ge- sängen und nahdem Hochs auf Se. Majestät den Kaiser und Se: Hoheit den Herzog ausgebraht worden waren, hielt der Gene- ral-Superintendent Geh. Konsistorizl-Rath Dr. Braunt eine Rede zur Einweihung der dem KFrieger- und dem Militär- vereine geschenkten Fahnen. Erster: is ein Geschenk Sr. Hoheit des Herzogs, letztere ist von Jungfcauen gewidmet. Nach mehr- maligem Gesang erfolgte der Festzug der hiesigen und auswärti- gen Vereine durch die Stadt vah den beiderseitigen Vercins- lokalen: dem Schüßenhaus und dem Gasthaus zum goldenen Pflug. An beiden Orten war Konzert und Ball. Herrliches Wetter begünstigte das Fest.

Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 21. Juni. Zur Feier des heutigen Geburtstags des Herzogs, welcher gestern Abend von Bremen hierher zurückgekehrt is, war gestern Abend schon großer Zapfenstreih und heute Morgen Reveille durch die Stadt. Mäittags war große Parade und darauf in verschiedenen Lokalitäten Festessen, an denen sich das Dffizier- Corps und viele Staatsdiener und Honoratioren der, Stadt be- theiligten. Weitere Feierlichkeiten hatte fih der Herzog verbeten.

Defterreich-Ungarmn. Wien, 23. Iuni. Die Kaiserin ist gestern nach Ischl gereist. Die Erzherzogin Marie Valerie hat sih aw. Sonntag {hon nach Ischl begeben.

Die Korvette „Friedrich“ fegele am 9. von Suez ab, traf am 18. in Aden cin und wird am 22. die Reise nah Ost-Afien fortseßen.

Pest, 22. Juni. In der gestrigen Sizung des Unter- hauj es interpellirte Horn den Handels-Minister wegen der Er- gebni}se seiner Intervention in der Heeresausrüstungs-Angelegen- heit. Derselbe urgirte die Vorlage des Becichtes in Betreff der Ostbahn wegen der bevorstehenden Generalversammlung. Auf Antrag Zsedenyi's wurde der Schulfonds-Bericht von der heu- tigen Tagesordnung abgestellt und vershoben. Ueber den Be- shlußantrag Horanskys, betreffend die Abschaffung der Gerihts- exekutoren, entspann sich eine Debatte, in welher mehrere der Redner der Linken für, Staats-Sekretär Csemegby gegen den Antrag sprachen.

In der heutigen Oberhaus-Sißzung widmete der Präsident den verstorbenen Oberhaus - Mitgliedern Gr. Max Kollonits und Baron Ludwig Pirtt einen warmen Nachruf.

Mehrere Nuntien des Abgeordnetenhauses wurden entgegen- genommen und auf die Tagesordnung der nächsten, Dienstag, den 30. Juni, abzuhaltenden Sißung die Gesezentwürfe über die Advokateñtordnung, die Richterprüfung, die falshe Krida und die Landesstatistik anberaumt. Die Nachricht von einem Seitens der ungarischen Regierung beabsichtigten Verkaufe der in ihrem Besitze befindlihen Theißbahn-Aktien if vollständig unrichtig.

9283. Juni. (W. T. B) Der Müister-Präfident Bitto beantragte, in der heutigen Sißung des Abgtiordnetenhauses den Aus\hußbericht über die Einführung der obli- gatorischen Civilehe in Ungarn von ver Tagesordnung abzusezen, da die Regierung, welche die Fraze durchaus nicht fallen zu lassen wünsche, in der nöchsten Session des Reichstags eine entsprehende Vorlage einbringen werde. Nch längerer und von der Linken des Hauses mit Heftigkeit gehrter Debatte wurde in namentliher Abstimmung mit 158 gegen 108 Stimmen beschlossen, den Bericht in Gemäßheit des Antrages des Minister- Präsidenten von der Tagesordnung abzuseßen.

Agram, 22. Iuni. Mit Allerhöchster Entscjießung vom 17. Juni wurde der Septemvir Dr. Paul Gostisa zum Justiz- Chef der kroatischen Landesregierung und der disponibe Hofrath Dr. Radivojevic zum Präfidenten der Septemvitatafel er- nannt.

Frankreich. Paris, 23. Juni. Das „Journal \fficiel* veröffentliht den Wortlaut der zwischen Frankreich, Bel- gien, Italien und der Schweiz vereinbarten Zisaßz- bestimmungen zur Münzkonvention vom 23. DeFmber 1865. Danach verpflichtet sich Frankreih im Jahre 1874 \niht mehr als 60 Millionen, Italien niht mehr als 40 Millimen, Belgien nicht mehr als 12 Millionen, die Schweiz nit nehr als 8 Millionen Fres. in silbernen 5 - Frankenstücken prgen zu lassen, nur hat Italien das Recht, für den Reservefonds jer italienishen Nationalbank noch außerdem 20 Millonen in Füif- frankenstücken herstellen zu lassen. «Im Januar 1875 soll n Paris eine abermalige Münzkonferenz stattfinden.

(W. T. B.) Die Mittheilungen des- hiesigen Kor respondenten der „Times“ über den Inhalt der Unter- redung, die der Herzog von Audiffret-Pasquier im vorigen Herbste mit dem Marschall-Präsidenten hatte und

Fahn} zur Sprache kam, werden durch das bezügliche Protokoll der vomaligen Neunerkommission, die die Fufionsangelegenheiten leitete/ in mehreren Einzelnheiten berihtigt. Die Korrektheit der damdigen Aeußerung des Marschall-Präfidenten in der Fahnen- frag/ wird aber durch das Protokoll bestätigt. Es wird in dem- selbh/n noch bemerkt, die bezüglihe Aeußerung des Marschall- Prísidenten, welche sih gegen die weiße Fahne richtete, sei eine veirauliche und das Hauptmotiv gewesen, um Chesnelong zu de Reise nah Frohsdorf zu bestimmen. Chesnelong habe aber dim Grafen Chambord keine Bedingungen gestellt und dem- flben au keinerlei darauf bezügliches Schriftstück mitgetheilt.

Versailles, 23. Juni. (W. T. B.) In der Natio- mnalversammlung wurde heute das Gese zum Schußte /der im Hausirhandel und ähnlihen Gewerben be- \cchäftigten Kinder in zweiter Lesung angenommen und dar- auf éiñè-Borlage aonehmigt, durh welche die Regierung ermäh- tigt wird, unter zeitweiliger Beiseiteseßung der Vorschriften des Gesetzes über die Ertheilung des Ordens der Ehren- legion an eine begrenzte Anzahl von Personen, diesen Orden an die französishen Aussteller, welche an der Wiener Weltaus- Preis Theil genommen haben, sofort nah ihrem Ermessen zu verleißen.

(W.T. B.) Man glaubt allgemein, daß von den gegenwärtig zur Berathung stehenden konstitutionellen Entwürfen kein einziger in der Nationalversammlung zur Annahme gelangen wird. Wie es heißt, dürfte der Marschall-Präsident in diesem Falle eine Botschaft an die Versammlung rihten und dieselbe auffordern, in Gemäßheit ihres Beschlusses vom 20. November v. I. die ihm übertragene Regierung zu organisiren.

Morgen soll zur Feier des Jahrestages der Ge- burt des Generals Hoche ein Banket stattfinden, bei wel- chem Gambetta die Festrede halten wird. :

Spanien. Madrid, 22. Juni. (W. T. B.) Dem Ver- nehmen nah ginge der Operationsplan des Generals Concha dahin, eine militärishe Linie herzustellen, welche bei Arcos beginnen und sich über Estella, Puente la Reyna, Pam- plona bis Avis erstrecken soll, um ‘auf diese Weise die Gegend bei Solana und den Ebro zu beherrschen. Die Carlisten wür- den hierdurch in dem Geviete von Amezcuas eingeshlossen wer- den. Mit diesem Plane würde die Aufstellung einer zweiten Armee zufammenhängen, welhe zu Operationen in Alava be- stimmt ist. General Concha is gegenwärtig mit der Konzen- trirung bedeutender Truppenmassen* und mit Herbrishaffung großer Proviantvorräthe beschäftigt, da die Gegend aller Hülfs- mittel beraubt ift. A i

Santander, 23. Iuni. (W. T. B.) Die Carlisten find von den Regierungstruppen bei Tarespounce, Lenda und Santa Coloma überfallen worden und haben sehr be- trähtlihe Verluste an Mannschaften und Kriegsmaterial erlitten.

Barcelona, 24. Iuni. (W. T. B.) Eine etwa 2509 Mann starke carlistishe Abtheilung unter Mora und den Pfarrern Flix und Prades hat einen Angriff auf Bellmunt bei Falset (Pro- vinz Tarragona) unternommen. Nachdem die Garnison, um zu ver- hindern, daß die Stadt in Brand gesteckt werde, si ergeben hatte, forderten die Carlisten eine Kontribution von 6000 Duros und führten mehrere Geißeln mit sich hinweg. Auf dem Rükmarsche in das Gebirge trafen sie mit einer Abtheilung der Jäger von Reuß zusammen. Es entspann sih ein Gefecht, in welchem die Carlisten etwa 20 Mann verloren.

Ftalien- Rom, 20. Juni. Das Gesetz über die Pa- piergeld-Cirkulation soll, wie die heutige amtliche Zeitung anzeigt, bereits in den nächsten Tagen in Kraft treten. Da aber die neuen Konsortialsheine noch niht hergestellt sind, so werden vorläufig die im Umlauf befindlichen Geldzeihhen der National- bank und der fünf übrigen Banken als Konsortialscheine erklärt, mit der Maßnahme, daß dieselben nah und nah in dem Ver- hältniß, wie die Herstellung der neuen Scheine erfolgt, aus dem Verkehr zurückgezogen werden follen. Die neuen Konsortial- seine werden bekanntlih auf weißes Papier gedruckt und haben im ganzen Lande Zwangscours. Damit fällt au für die Rei- senden die bisherige Unbequemlichkeit weg, sh immex gerade dasjenige Papier zu verschaffen, welches in dem betreffenden Bereich Cours hatte.

Der „JItalia“ zusolge steht demnächst die Veröffentlihung des Generalstabswerfs über den Feldzug von 1866 bevor.

Die Provinzialblätter berihten, daß die Klerikalen in ganz Italien Wahlaus\chüsse bilden, um bei den nächsten Provinzial- und Gemeinderathswahlen eine bedeutende Zahl ihrer Kandidaten durchzubringen. i

93. Juni. (W. T. B.) Von den am Sonntag bei Gelegenheit der Tedeumsfeier in der St. Peterskirche ver- hasteten Personen sind vièr wegen aufrührerisher Rufe und wegen Widersezlichkeit gegen die Polizei zu mehrmonatlichen Gefängniß- strafen verurtheilt worden. '

Monats-Uebersicht, Mitte April bis Mitte Mai. Nachdem die Deputirtenkammer am 14. April ihre Sizungen wieder aufgenommen hatte, widmete si dieselbe vorzugsweise der Behandlung der Mingheliti schen Steuergeseze. Die größte Zahl derselben wurde im Sinne der Regierungsvorlagen in kurzer Zeit erledigt, und blieben nur diejenigen zurück, welche am schärfsten angefohten wurden, dasjenige, welhes das Regie- rungsmonopol für Tabaksfabrikation auf Sicilien ausdehnt, die Ueberweisung einer bish:r von den Provinzen erhobenen Ge- bhäudesteuer an die Regierung und die Ungültigkeitserklärung aller uicht registrirten und mit Stempeln versehenen Kontrakte. Auf Seiten der Regierung stand bei den betreffenden Verhand- lungen eine Majorität von durchschnittlih 50 bis 60 Stimmen, welche aus den Mitgliederw verschiedener Fraktionen zusammen- geseßt war. Durch die Aufhebung der Portofreiheit, welche nur für den Papst und den König bestehen bleibt, büßten 475 In- stitute aller Art diesen Vortheil ein.

Der Senat nahin am 15. April das von der Deputirten- * kammer genehmigte Gese über den Papiergeldumlauf ohne irgend welche Modifikation mit großer Majorität an. Ex wird dem- nächst die übrigen aus dem anderen Hause gekommenen Gesetze, nämli die Reform des Leihhauses in Rom, Modifikationen in der Bildung der Geschwornengerichie und in dem Verfahren derselben, Ausübung der Advokatur und Anwaltsgeschäfte, Auf- hebung der Portofreiheit, Alkohol- und Bierbesteuerung, Cichorien- steuer, Bestimmungen über die Einkommensteuer, das Landes- vertheidigungsgeseß und einige andere zu berathen haben.

Beiden Häusern liegt noh die Erledigung der am 22. April unterzeihneten Konvention mit der Südbahngesellschaft ob, welche bereits am 1, Juli in Kraft treten soll.

Die von einem Korrespondenten der „Times“ gebrachte

Nachricht über ein angeblihes Gespräh des Königs mit dem deutshen Reichskanzler wurde in der „Gazetta uffiziale“ vom

wobei die Frage der Ersezung der Tricolore dur die weiße | 13. Mai in aller Form dementirt.

Der Verkauf der \äkularisirten Klostergüter ging ununter- brochen fort; die Preise überstiegen die Taxe meift um das Dop- pelte, nur in Rom waren außerhalb der Mauern belegene Grundstücke weniger begehrt. Im Laufe des März wurden 1284 Parzellen für 3,041,830 Lire verkauft, \o daß sih der Gesammt- erlös seit dem 26. Oktober 1867 am 1. April auf 455,779,569 Lire belief. Während des April wurden weitere 3,623,061 Lire vereinnahmt, \o daß bis zum 1. Mai im Ganzen 459,402,639 Lire eingekommen waren.

Wie eine amtlihe Statistik ergiebt, betrug der Import wäh- rend des ersten Quartals des laufenden Jahres 334,745,042 Fres., gegen 284,085,799 Fres. in der entsprechenden Periode des Vor- jahres. Der Export, welcher in der angegebenen Zeit von 1873 230 607,747 Fres. betrug, sticg im Jahre 1874 auf 283,906,418 Frcs. Im Ganzen ergiebt sich aus dem amtlihen Berichte ein merklicher Aufshwung der Handelsbewegung, namentlich hat die Einfuhr von Maschinen, Werkzeugen und Rohstoffen für die inländishe Industrie beträchtlih zugenommen, auch erklärt {ih das Ungünstige in dem Verhältnisse der Einfuhr zur Ausfuhr aus der außerordentlichen Lage des europäischen Marktes, sowie den Ergebnissen der vorjährigen Ernte.

Die von der Generalversammlung der Aktionäre der Eisen- bahngesellshaft der Haute Italie beschlossene Verlegung der Ver- waltungsbureaus von Turin nah Mailand, hat in Turin große Aufregung hervorgerufen und zu“ dem Versuche geführt, eine Intervention der Regierung zu veranlassen. Leßtere hat in die- ser Angelegenheit ein Gutachten des Staatsrathes eingefordert. Die große Zahl der in Italien augenblicklich vorhandenen Universitäten, 17 Königliche und 4 freie, hervorgegangen aus den früheren staatlihen Verhältnissen des Landes, hat allgemein den Wunsch nah einer Vereinfahung des Universitätswesens hervorgerufen, und glaubt man, daß namentlih eine Konzentra- tion der Lehrkräfte sh als überaus segensreih erweisen werde. Die zur Zeit bestehenden Universitäten sind: Bologna (64 Do- zenten), Cagliari (37), Catania (41), Genua (36), Macerata (17), Messina (42), Modena (44), Neapel (80), Padua (47), Palermo (72), Parma (52), Pavia (56), Pisa (70), Rom (94), Safsari (26), Siena (28), Turin (74), freie: Camerino (23), Ferrara (32), Perugia (36), Urbino (27). : Der Provinzialrath von Messina, welher gegen den Prä- fekten Borghetti für den republikanischen Professor Villari, Se- kretär der Deputation des Provinzialrathes, Partei genommen hatte, ift durch eine Verfügung dés Ministers des Innern vom 8. April aufgelöst worden. :

Gegen das Brigantenunwesen in Sizilien i von Seiten der Regierung in dem laufenden Monat, wie jezt überhaupt, energisch vorz egangen.

Arbeiterunruhen fanden am 25. April in Parma, am 98. April in Mantua statt, ohne daß es jedoch an beiden Orten zu gröberen Excessen kam. Am 29. war Piacenza der Schau- plaß eines Marktkrawalls. Am 5. Mai wurde im Vatifan der Namenstaa, am 13. der Geburtstag des Papstes feierlih be- gangen. Bei ersterer Gelegenheit empfing der Papst eine An- zahl vornehmer französischer Pilger und Prälaten, denen gegen- über derselbe sich über das vom Vicomte Damas berührte Thema „Friede“ im Sinne jener Kämpfe für Rom und Frankreih aus-

ra.

Y ‘Um 10. April reiste der neue Nuntius in Wien, Msgr. Iacobini, an seinen Bestimmungsort ab. Man glaubt, daß die Kurie den österreichischen Kirchengeseßen gegenüber eine andere Haltung beobachten wird, als es in Deutschland der Fall ift. Vermeidung des Konfliktes, Ergebung unter Wahrung des Prin- zips und Hoffnung auf bessere Zeiten \{heinen das Desterreih gegenüber zu befolgende Programm zu sein. Der Ertrag von Peterspfennigen war ein schr ansehnliher. Die französischen Bischöfe überbrachten 254,000 Fres., eine englische Dame, Lady Herbert, 90,000 Fres.

i Nach dem Vorgange der lombardischen Bischöfe haben auch die piemontesishen (Turin, Vcrcelli) gegen die Viglianische Ehegesetz-Novelle einen Protest etlassen, denselben aber den Kammern eingereiht. Die italienishe Regierung ertheilte an die Bischöfe von Fossano und Bobbio das Exequatur.

Am 11., 12. und 13. Mai fanden in Mailand die kirGh- lichen Feierlichkeiten zu Ehren der Reliquien des h. Ambrosfius und der Märtyrer Gervasius und Protasius statt. Die vom. Präfekten der Provinz, Torre, anfatizs ertheilte Erlaubniß zu einer großen Prozession wurde am 9. wieder zurückgenommen, weil der Präfekt befürchtete, es möchte nach den erbiiterten Kämpfen in der Presse zu Störungen der öffentlihen Ruhe kommen. In der Kammer hatte der Abgeordnete Cavalotti {hon vorher die Untersagung der Prozession gefordert, doch überließ er die Ent- scheidung dem Minister des Innern. Graf Torre reichte \päter, verstimmt durch den wegen des Verbotes gegen ihn in der kleri- falen Presse ausgesprohenen Tadcl, seine Entlassung ein, die indessen nicht angenommen wurde. Bei Gelegenheit der am 92. Mai in Neapel abgehaltenen Prozession des heiligen Janua- rius betheiligten sich die Behörden an derselben.

In der Gemeinde S. Giovanni del Dofso ist es den Be- strebungen des Bischofs von Mantua, Rota, gelungen, einige fünfzig Stimmen zu einem Proteste gegen den frei gewählten Pfarrer zusammen zu bringen, und hat derselbe in Folge dessen den von ihm ernannten Pfarrer veranlaßt, sich in einem Nachbar- orte niederzulassen, Ueber den gewählten Pfarrer von S. Gio- vanni del Dosso und zwei andere im Gebiete von Fossano er- wählte Pfarrer ist die Exkfommunikation ausgesprochen worden.

Türkei. Konstantinopel, 22. Juni. Der Kommandant des englishen Mittelmeergeshwaders, Admiral Drummond, ist hier eingetroffen. s

Die Regierung hat dem amerikanischen Gesandten in formeller Weise ihre Absiht ausgesprochen, das jüngste Verbot des Bibelverkaufes in der Türkei aufreht zu erhalten.

Unter dem Vorsize Hobbart Pascha's i} eine Kom-

von Anker-Bojen im Hafen von Konstantinopel zu veran- lassen und eine Vorschrift über die Ankerpläße der Schiffe in diesem Hafen so wie bezüglich der Einhebung der von der internationalen Kommission bereits festgeseßten Tarifgebühren auszuarbeiten.

Belgrad, 22. Juni. Heute früh is der langjährige Minister - Präsident und hcrvorragende - serbische Staatsmann Garaschanin gestorben.

Dänemark. Kopenhagen, 20. Juni. Aus Viborg wird mitgetheilt, daß der Kronprinz, welcher bekanntlih das Ober-Kommando über die an den Lagerübungen bei Hald theilnehmenden Truppen übernommen hat, daselbst mit dem ge- wöhnlihen Zuge und begleitet von seinem Adjutanten Lund am Donnerstage angekommen und von den Behörden der Stadt empfangen worden sei. Das siebente Uebungslager hat jeßt

seinen Anfang genommen, indem nämlih das 3. Bataillon am

mission zusammengetreten, welche die Aufgabe hat, die Legung -

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