1874 / 157 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Jul 1874 18:00:01 GMT) scan diff

die Beamtenverhältnisse, sowie eine vollftändige Klarlegung der Einnahmen und der Ausgaben in allen ihren wichtigen Einzel- heiten zu fordern. Von Erhebungen über den durchschnittlihen jährlihen Zuwachs und über die fegt in den Staatsforsten auf- ftehenden Holzmafsen (Holzkapitalien) if dabei ganz abgesehen worden. Ebenso war die Kommission der Meinung, daß sie niht empfehlen könne, für die Forststatistik selbständige Erhebun- gen über den Verkehr mit Forstprodukten und über deren Ver- brauhch vorzunehmen, daß fie es aber als eine Aufgabe des fstati- fstishen Amtes erachte, das in der Industrie- und Verkehrs- ftatistik gesammelte oder zu sammelnde Material für diese Zwecke möglich#t auszubauen und nußbar zu mahen. Auch meteorolo- gishe Angaben find nicht erfordert worden, weil in Deutschland zur Lösung der einschlagenden forstlihen Fragen bereits eine Anzahl besonderer Beobachtungsstationen besteht, deren Beob- Ge fich das ftatistishe Amt zu verschaffen haben wird.

Die Organisation des gesammten Erhebungswesens hat die Kommission dahin aufgefaßt, daß in erster Linie die Forstverwal- tung8beamten des Staats zu den Erhebungen heranzuziehen seien, und hiernach die Erhebungsbezirke überall da, wo eine Gliederung der Staatsgebiete in Forftverwaltungsbezirke durh- geführt ist wie in Bayern, Baden, Großherzogthum Hessen, Elsaß-Lothringen, in Theilen der preußischen Provinzen Hessen- Naf}au und Hannover. mit diesen Bezirken zusammenfallen sollen, und daß im Uebrigen für diese Erhebungsbezirke die po- litishe Eintheilung nur insoweit maßgebend sei, als dabei die Grenzen der größeren Verwaltungsbezirke, Regierungsbezirke, bezw. der Kreise (wie in Bayern) oder der Provinzen (wie in Hessen) zugleich Grenzen von Erhebungsbezirken bilden sollen. Es würde also- das gesammte Areal eines jeden Staates in Er- hébungsbezirke zu theilen sein. Diese Erhebungsbezirke sollen an die bestehenden Staats-Forstverwaltungsbezirke und, soweit dies nöthig und möglich, an Gemeinde- und Privat-Forstverwaltungs- bezirke angeshlossen werden. Wo eine territoriale Eintheilung in Forstverwaltungsbezirke, welhe die Waldungen aller Besih- kategorien umfassen, bereits durhgeführt ist, sollen diese die Er- hebungsbezirke bilden. In denjenigen Fällen aber, wo die Er- hebung niht an bereits bestehende Forstverwaltungsbezirke an- geshlossen werden kann, muß es den Landesregierungen über- lassen bleiben, in geeigneter Weise für die Bildung der Erhe- bungsbezirke, eventuell auch für die Bestellung besonderer forst- technisher Erheber Sorge zu tragen.

Diese Einrichtung hat zunächst den Zweck, eine große, nur alle 10 Jahre zu wiederholende Aufnahme zu ermöglichen, welche in jedem Erhebungsbezirke die Fläche der Forstgrundstüke, deren Vertheilung nach Holzgrund, Nebengrund und Unland, fowie nach. dem Besiß, ferner die Waldungen nach Fläche, Besitz, Standort, Bestand und Betrieb, sowie nah dem Unterschiede der Wirthschafts- und Schußwaldungen feststellen und die Fläche der Waldungen bezeichnen soll, welche gänzlih außerhalb der Staats- verwaltung bezw. der Staatsaufsicht stehen. Die dadurch jedes 10. Jahr entstehende große forstlihe Beschreibung würde Seitens der Forst-Direktionsbehörden durch eine Angabe über die in den Staatswaldungen ihres Bezirks bestehenden Forfiservituten, Sei- tens der Central-Forfstbehörden durch die nöthigen Angaben über die Verwaltung und Beaufsichtigung der Forsten, und in beson-s derer Veranlaffung der Landesrégierungen, soweit thunlih -hon vor Beginn der eigentlichen forstlihen Aufnahmen, durch Auf- stellungen über die Fläche des Gesammtareals jedes Erhebungs- bezirkes und deren Vertheilung nah den Hauptkulturarten er- gänzt bezw. vorbereitet werden...

Neben diesem Erhebungswerke, welches die dauernden oder nux langsam s\sich verändernden Elemente der forststatistishen Be- schreibung enthält, - und deshalb nur einer alle 10 Jahre wiederkehrenden Erneuerung bedarf, foll eine kleinere Reihe von Ermittelungen über Gegenftände fortlaufen, welhe einem \chnellen Wechsel unterliegen oder deren regelmäßige Beobachtung zu einer genügenden Beurtheilung nöthig is. In diesem Sinne würden von den einzelnen Erhebungsbezirken jährlihe Angaben über Arealveränderungen in den Waldungen, von den Forst- Zirektionsbehörden über das Auftreten von Forstshäden und Über die Materialerträge, die Preise und die Löhne in den Staatswaldungen, von den Central-Forstbehörden über die Ein- nahmen und Ausgaben der Staats-Forstverwaltung und über gewisse Fragen der Forstwissenshaft und des Forstunterrichtes, in besonderer Veranlaffung der Landesregierungen endlich über die Ablösung der Forstservituten in den Staatewaldungen und über Forfifrevel gemacht werden.

Die Angaben der Erhebungsbeamten werden von den Di- reftions- oder Central-Forstbehörden oder von statistishen Be- Höôrden zusammenzustellen sein, wöbei es sich empfiehlt, Techniker der Statistik, event. Forsttehniker zuzuziehen. Im Uebrigen sind für die Erhebung \owohl, wie für den Eingang bei dem statisti- {hen Amte, dem die Haupt-Zusammenstellung und weitere Be- arbeitung und Verwerthung des Materials obliegt, thunlichft weite Fristen bestimmt worden.

Soweit für den Zweck dieser centralen Bearbeitung und zur Erlangung eines möglich| gleihwerthigen Materials einheitliche Normen erforderli erschienen, hat die Kommission dieselben ent- worfen. Im Uebrigen aber hat fie bei der Verschiedenheit der Organisation des Forstwesens in den einzelnen Staaten den Landesregierungen die näheren Bestimmungen zur Ausführung der Vorschriften anheimfstellen müssen.

Unter diesen allgemeinen Gesichtspunkten find die Bestim- mungen für die Forftstatiftik des Deutschen Reiches aufgestellt worden. Dieselben betreffen :

1) Den Gegenstand und Zeit der Erhebung im Allgemeinen :

8. 1. In allen Staaten des Deutschen Reichs sollen Er- hebungen über folgende Gegenstände vorgenommen werden: 1) die

Fläche des Gesammtareals, unterschieden nach den Haupt-Kultur- |

arten ; 2) die Fläche der Forstgrundftücke, unterschieden nah Holz- grund, Nebengrund und Unland, sowie nah dem Besihstande; 3) die zur Holzzucht bestimmten Forftgrundstücke (Waldungen), und zwar: a. ihre F'äche, untershieden nach Besigstand, Standort, Bestand und Betrieb, sowie ihre Eigenschaft als Wirthschafts- oder Schußwald, b. größere Veränderungen des Waldareals ; 4) die Verwaltung und Aufsicht a. in Bezug auf die gesammte Waldfläche, b. in Bezug auf die Gliederung und auf die Be- hörden und Beamten der Staats-Forstverwaltungen; 5) Forst- servituten in den Staatswaldungen, und zwar: a. bestehende Forstservituten, b. Ablösung von Forstservituten ; 6) Wirthschafts- verluste dur: a. Forsfifrevel, b. Forstschäden ; 7) Materialetträge, Preise und Löhne in den Staatswaldungen; 8) die Einnahmen und Ausgaben der Staats-Forfiverwaltungen ; 9) Forstwissen- schaft und Unterricht.

2) Die in besonders zu bildenden Erhebungsbezirken von be- sonders zu bestellenden. Erhebungsbeauten zu erhebenden Gegen- ftânde-(§. 1 Ziffer 2, 3, 4); 3) die von den Forst-Diréktionsbe- hôrden aufzu ftellenden Nahweisungen (8. 1 Ziffér 5a, 6b., 7);

4) die von den Central-Forstbehörten aufzustellenden Nach-

weisungen (H. 1 Ziffer 4b., 8, 9); 5) in besonderer Ver- anlaf}}ung der Landesregierungen aufzustellenden Nachweisungen

(§. 1 Ziffer 1, 5b., 6a.); 6) Mittheilung der Nachweisung an das statistishe Amt des Deutschen Reiches ; 7) Zusammenstellung

E O der Nahweisungen durh das statistische eihsamt.

Se. Majestät der Kaiser der Ottomanen ertheilte am 27. Juni Vormittags dem bisherigen Vertreter des Deutschen Reichs, Herrn von Eihmann, im Palast von Dolmabagdtsche die Abschiedsaudienz und nahm aus den Händen des Gesandten das Abberufungs\chreiben entgegen.

Der bisherige Kaiserlihe Gesandte am Königlich griei- \hen Hofe, Herr von Wagner, hat am 5. d. M. Athen verlassen und ih über Brindisi nah dem Bade Homburg begeben. *

S. M. S. „Arcona“ isst am 3. d. Mts. in Naga- saki eingetroffen. An Bord Alles wohl.

Paderborn, 7. Juli. (W. T. B.) Das hiesige Appel - lationsgericht hat auf den Protest des Bischofs Konrad Martin gegen den Beschluß des hiesigen Kreisgerihts über Annahme der für den Bischof dur einen Dritten erlegten Geld- sirafe die Akten des Kreisgerichts. eingefordert.

Bayern. München, 5. Iuli. Mit dem 10. d. M. endet die verfassungsmäßige zweimonatlihe Dauer des Land- tags; da es nun aber bis dahin nicht möglich ist, das Budget, einige Eisenbahngeseßentwürfe u. a. noch zu erledigen, \o wird, der „Allg. Ztg.“ zufolge, eine Verlängerung der Landtagsdauer, man glaubt von 6—8 Tagen, eintreten; das Wahlgeseß, das Brandversicherungsgesetz u. a. werden aber dann noh unerledigt bleiben müssen, und ob der Schlörsche Geseßentwurf, betreffend die Erwerbung der Ostbahnen, noch von beiden Kammern wird erledigt werden können, ist zweifelhaft.

—- 6. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Kammer der Reichsräthe wurde der Antrag des Abg. v. Miller, betreffend den Bau eines neuen Akademiegebäu- des, welher von dem Prinzen Ludwig und dem Reichsrathe Bomhard befürwortet wurde, einstimmig angenommen.

In der Sitzung der Zweiten Kammer fand die Ge- neraldebatte über den ordentlihen Militäretat statt. Der Kriegs-Minister, Frhr. v. Pranckh, erwiderte auf die Bemerkung des Abgeordneten Daller, betreffend die ungerehten Vertheilungen der Lieferungen für das Militär, es sei überhaupt nur eine ein- zige derartige Klage erhoben worden, und diese sei unbegründet gewesen. Was die Beschwerden des Abgeordneten Mahr über die allzugroße Militärlast und dessen Verlangen betreffe, daß die Militärgerihtsbarkeit und der Fahneneid abgeschafft werde, \o seien dieselben an eine falshe Adresse gerichtet. Der Schwer- punkt der Entscheidung in Militärfragen liege jeßt außerhalb Bayerns; ein neues Militärstrafgeseß sei das langjährige Ver- langen der Kammer gewesen und gewähre dasselbe jedem Sol- daten den besten Shuß. Was den Fall der angeblihen Miß- handlung und Beleidigung des Soldaten Plattner von Neumarkt betreffe, so beklage er denselben tief, müsse aber das Militär- S gegen jeden Vorwurf der Parteilichkeit in Shuß nehmen.

7. Juli. (W. T. B.) Die Zweite Kammer ver- handelte heute in der Generaldiskussion über die Ge- währung eines Kredits für die außerordenlichen Heeresbedürfnisse. Für die Bewilligung sprachen der Re- ferent Voelk und der Abgeordnete Krau“hold, gegen dieselbe Freytag. Leßterer rügte insbesondere das Verfahren des Kriegs- Minsters, welcher die jegt verlangten Gelder bereits vor Genehmigung der Kammern verausgabt habe. Der Kriegs-Minister Freiherr von Pranch erklärte darauf: Im Ganzen handle es sich .bei Bewilligung dieser Mittel zunächst um die Erfüllung vertrags- mäßiger Verpflihtungen und sodann um die Versorgung des Heeres nah den Grundsäßen der Humanität. Dazu gehöre, daß das bayerishe Heer in derselben Verfassung erhalten werde, wie die übrigen deutshen Heere. Bisher habe es hierfür noch feines Befehls von Seiten des Reihs bedurft, wel- cher hoffenilich auch in Zukunft nicht erforderlich sein werde. Was eine Verweigerung der Mittel jedoch zur Folge haben werde, wolle er nicht erwähnen. Ebenso sei die Verbesserung der Kasernen und des Lazarethwesens unabweisbar. Gegenüber dem Vorwurf, daß er fich unkonstitutionell verhalten habe, bekenne er, in der ihm gestellten Alternative zwischen den Pslichten gegen die Verfassung und der Vertretung der Inter- essen des Landes und des Heeres, leßtere vorgezogen zu haben, er trage alle Konsequenzen der Verfassungsverlezung im Bewußt- sein, das Land gegen etwaige Katastrophen vorbereitet zu haben. Was die Finanzlage des Landes angebe, habe Bayern 158 Millionen Kriegsentschädigungsgel der erhalten, wovon abzüglih aller Kosten inklusive des verlangten Kredits von 24 Millionen circa 50 Millioen noch dem Lande verbleiben würden. Der verlangte Kredit halte \sich daher in bescheidenen Grenzen und der Anspruch der Armee sei ein vollberehtigter und wohlbe- gründeter. Í

Nach diesen Erklärungen des Kriegs-Ministers wurde die Spezialdebatte eröffnet.

Kissingen, 6. Iuli. (W. T. B.) Für heute Abend war zu Ehren des Reichskanzlers Fürften von Bismark eine große Serenade mit Feuerwerk beabsichtigt. Dieselbe wurde von ihm jedoch mit Dank abgelehnt, da er der Ruhe bedürfe.

Bamberg, 3. Iuli. Am 1. Morgens starb hier der Hof- marschall der Königin-Mutter von Griechenland, Viktor Emil Freiherr v. Gebsattel, nah kurzem Krankenlager am Typhus, der ihn auf einer Reise befallen hatte. 2:

Sachsen. Dresden, 6. Iuli. Der König und die Königin haben am Sonnabcnd ihre Reise durch den Zwickauer Kreis-Direktionsbezirk beendet und find Abends nach 10 Uhr, von Annaberg kommend, in Pillniß wieder eingetroffen.

Am 8. d. M. gedenken Ihre Majestäten eine dreitägige Reise durch den Baugzener Kreis - Direktionsbezirk anzutreten. Dieselben werden Mittwoh Vormittags 9 Uhr ‘von Niedersedliß per Extrazug abreisen und sih an diesem Tage über Pulsniß, Kamenz, Marienstern nach Baugzen begeben und im dafigen Landhause Wohnung und Nachtquartier nehmen. Am 9. Juli reisen Ihre Majestäten per Bahn von Bautzen über Löbau nah Zittau und kehren von dort am 10. Juli Vormittags über E Bauten und Bischofswerda nah Dresden und Pillnißz zurü.

Württemberg. Stuttgart, 5. Juli. Nach “einer von der Staats\chuldenzahlungskasse aufgestellten Berehnung beläuft fich ihr Gebdbedarf für das Etatsjahr 1874/75 über Abzug der aus Grundftock3mitteln zu deckenden 85,300 Fl. und der durch Vorschüsse von der Staatshauptkasse bereits ge-

deckten 1,922,000 F[., zusammen 2,007,300 Fl., auf die Summe von 7,324,816 Fl. 30 Kr. Es werden daher durch Ver- fügung des Finanz-Ministeriums auf Grund des Art. 4 des Staats\huldenstatuts vom 22. Februar 1837 nach getroffener Uebereinkunft mit der ständischen Staats\hulden-Verwaltungs- behörde der Staats\huldenzahlungskafse folgende Staatseinkünfte zum Bezug angewiesen : a. direfte Steuer vom Grundeigenthum, Gefällen, Gebäuden und Gewerben 2,000,000 F[., b. direkte Steuer von Apanagen, Kapital- und Renten-, Dienst- und Berufs - Einkommen 1,000,000 Fl., c. Wirthschafts - Abgaben 1,500,000 FL., d. Reinertrag vom Eisenbahnbetrieb 2,824,816 Fl. 30 Kr., zusammen 7,324,816 Fl. 30 Kr.

Sachsen - Weimar - Eisenach. Weimar, 6. Iuli, (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland if heute Nahmittag nah 5 Uhr in Begleitung des Großherzogs, welcher ihm bis Eisena entgegengefahren war, hier eingetroffen. Am Bahn- hofe wurde der Kaiser von der Großherzoglihen Familie empfangen. Das Diner wird im Schloß Belvedere eingenommen

werden. 7. Juli. (W. T. B.) Heute Morgen um 9+ Uhr hat der Kaiser Alexander, nahdem er sh auf dem Bahnhofe

von der Großherzoglichen Familie verabschiedet, seine Reise na Dresden fortgeseßt. E S

__ Oldenburg. Oldenburg, 5. Juli. Der Großherzog ist von einem viertägigen Ausfluge in die Münsterschen Landes- theile, nahdem er auf der Rückreise auch die Städte Wildes- hausen und Delmenhorst besucht hatte, gestern Abend nah Schloß Rastede zurückgekehrt.

_— Der am 8. d. M. bevorstehende Geburtstag Sr. Königlichen Hoheit wird, wie in früheren Jahren, durh ein gemeinsames Diner der Beamten und des Offiziercorps im Kasino festlich begangen werden.

_— An Stelle des am 23. v. M. verstorbenen Staats- Ministers Freiherrn von Rössing ist dem Minister des Innern Freiherrn von Berg der Vorsig im Staats-Ministerium nunmehr definitiv übertragen worden.

Der ständige Landtags-Aus\chuß wird in nächster Woche in Arilaß der mit der Königlih preußischen und der Kö- niglih niederländishen Regierung neuerdings abgeschlossenen Verträge über die Eisenbahnverbindung Ihrhove-Neueschanz zu einer kurzen Sizung hier zusammentreten.

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Meiningen, 5. Juli. Der Herzog Bernhard traf am 30. v. M. im besten Wohlsein von Baden-Baden hier ein und verlegte gestern mit der Herzogin Marie die Residenz nah Schloß Alten- stein bei Bad Liebenstein. Der regierende Herzog Georg und seine Gemahlin kamen heute früh mit Extrazug von der längeren Reise aus Frankreih und Italien hier an. Morgen früh bereist der Herzog mit seiner Gemahlin, in Begleitung des Staats- Ministers und der Hofchargen, auf 14 Tage den größten Theil des Herzogthums. In Heldburg und Saalfeld, wo mehrtägige Aufenthalte stattfinden, werden Empfangsfeierlichkeiten vorbereitet. G E e E T E D R E Si n gr C e e iiiS ¿äe 1

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 3. Juli. Heute wur- den von hiesiger Stadt die Abgeordneten zum Landtage des Herzogthums gewählt. Die Wahl fiel auf die bisherigen Abgeordneten Kommerzien-Nath Lippold, gewählt von den Höchst- besteuerten, Appellationsgerihts-Vize-Präsident Dr. Wagner, ge- wählt von der 1. Abtheilung, Advokat Göpel, gewählt von der 2, Abtheilung, und Ober-Bürgermeister, Geh. Reg. Rath Lau- rentius, gewählt von der 3. Abtheilung. Die Betheiligung an den Wahlen war nicht stark und von Aufstellung von Gegen- bewerbern abgesehen worden.

Anuhalt. Dessau, 3. Iuli. Der Prinz Eduard traf heute Mittag von Ballenstädt zum Besuch seiner Hohen Eltern in Wörklig ein.

Neuß. Greiz, 4. Juli, Der Fürft und die Fürstin find von Schloß Burgk vorgestern hierher zurückgekehrt. Der Fürst und die Fürstin von Schaumburg-Lippe, sowie Prinzessin Hermine und die Prinzen Otto und Adolf find zum Besuch des Fürstlichen Hofes hier eingetroffen. Zu Ehren die- ser, dem Fürstlihen Hause nahe verwandten hohen Gäste hatte die Stadt reihen Flaggenshmuck angelegt, und findet heute Vor- stellung und Galatafel statt, zu welher u. A. auch der in Departementsersaßgeshäften hier anwesende General-Major von Scheffler gezogen wurde.

Desterreich - Ungarn. Wien, 5. Juli. Die vierte Sizung der internationalen Sanitäts-Konferenz fand am 4. d. M. unter Vorsiß des Vize-Präsidenten, Frhrn. v, Lenz, russishen Staats-Rathes, ftatt. Nach Verifizirung des Proto- folls der leßten Sizung machte Dr. Polak Mittheilung von einem Telegramm aus Teheran des Inhaltes, daß in Zukunft der Transport der Choleraleichen nah dem persishen Wallfahrtsorte Kerbela erst nah jahrelangem Begrabensein stattfinden dürfe und daß künftig die Friedhöfe nur außerhalb der Städte angelegt werden dürfen. Zur Tagesordnung, der weiteren Berathung und Beschlußfaffung über die wissenschaftlihen Vorfragen, ward weiters der siebente Fragepunkt: „Kann die Cholera durch Choleraleichen verbreitet werden?“ von der Konferenz ein- stimmig bejaht. In Betreff der achten Frage: „Kann die Cholera durch die atmosphärishe Luft allein weiter ge- tragen werden? wurde die Entscheidung der Konstantinopeler Konferenz vom Iahre 1866 acceptirt, welche lautet: „Es ift ein Gesct, von dem bis jeßt noch keine Ausnahme békannt is, daß die Cholera nie rascher vorgeschitten, als die Möglichkeit, durch Kommunikationsmittel an den Ort zu gelangen, gegeben war. Bis jetzt. hat es keine Thatsache bewiesen, daß ‘die Cholera in die Ferne dur die Atmosphäre, in welhem Zustande sie ih auch immer befindet, getragen wurde.“ Die 9. Frage: „Hat der Zutritt der freien Luft zu dem cholera erzeugenden oder cholera- verbreitenden Agens einen Einfluß auf dessen ansteŒende Eigen- \chaft oder nicht?“ wurde im Sinne der Konstantinopeler Be- \chlü}e einstimmig dahin bejaht, „daß das choleraerzeugende Prinzip in freier Luft fehr rasch seine \hädlihe Wirkung verliere, daß jedoch im Gegentheil seine Wirkung unter gewissen eigenthüm- lichen Bedingungen der Absperrung sich auf eine unbeschränkte Zeit thätig erhalte.“ Die 10. Frage! „Wie lange währt bei Cholera-Ansteckung die Periode der Inkubation?“ veranlaßte eine längere Diskussion. Dr. v." Pettenkofer, Königlicher Ober- Medizinal-Rath und Universitätsprofessor aus München, ‘begann die Debatte mit einem Exposé über den Stand diefer Frage, welhe nah den vorliégenden Thatsachen ‘noch niht als \spruh- reif betrahtet werden und daher nur von einer approximativen Bestimmung der Jnkubationsdauer die Rede \ein könne. Bei \seïnen Untersuhungen während der legtén Cholera-Epidemie in München fand Redner eine durh\{chnittilihe Dauer von 14 Tagen,

welcher Zeitraum allenfalls zu einem Maßstabe der Inkubations- dauer genommen werden könnte; allein zur definitiven Feststellung einer Maximalgrenze so wünschenswerth dies auhch-wäre seien die vorliegenden Erfahrungen noch nicht genügend. Dr. Drasche aus Wien erklärte, daß nah seinen Beobachtungen der Cholera-Epidemie vom Jahre 1873 in Wien die durchschnittliche [okale Dauer der Iakubation \ich auf 8 bis 10 Tage erstreckte; der scheinbare Widerspruch mit den Angaben Dr. Pettenkofers habe darin seinen Grund, daß leßterer seinen Erhebungen nicht den Todes-, sondern den Erkrankungstag zu Grunde gelegt habe. Für eine kürzere Inkubationsdauer sprachen noch mehrere Redner, wie Dr. Schleißner aus Kopenhagen, Dr. Kierulf, Dr. Berlin, Delegirte von Schweden und Norwegen, Dr. Semmola aus Neapel, Dr. von Souza-Martins aus Lissabon, Dr. Orphanides aus Athen, Dr. Marcoviß aus Bukarest und Dr. Zehnder aus Zürich. Bei der Abstimmung ergab \ich ein Majoritätsbeshluß für die Annahme einer kurzen Inkubationsdauer, welhe nah den Konstantinopeler Beschlüssen selten einige Tage übersteige.

6. Juli. (W. T. B.) Den Abendblättern zufolge ist der hiesige politishe Verein „Zukunft“, der sozialpolitishe Verein „Arbeiterbruderbund“ \owie der Fachverein der Manufafktur-Arbeiter- und Arbeiterinnen durch Verfügung der Statthalterei aufgelöst worden.

Pest, 6. Iuli. (W. T. B.) Die Abendblätter melden, der Unterrichts-Minister Tref ort habe in Folge eines seinen Bericht und seinen Antrag in der Angelegenheit des israelitischen Schulfonds ablebnenden gestrigen Beschlusses des Unterhauses, beabsichtigt, seine Entlassung zu nehmen und nur auf Zureden seiner Parteigenossen und der übrigen Minister davon Abstand genommen, seinen Entshluß auszuführen.

Schweiz. Basel, 6. Iuli. (W.T. B.) Die Regierung von Solothurn hat dem Kloster Mariastein, wie die „Ba- \feler Nachrichten“ melden, die Verwaltung seines Vermögens entzogen und von Staatswegen einen Verwalter und einen Kom- mifffsarius angestellt.

Belgien. - Brüssel, 5. Juli. Zu der am 25. d. Mts. hierselbst zusammentretenden internationalen Konferenz find bereits 42 Delegirte der verschiedenen Regierungen angemeldet.

Großbritanniea und Frianbd. London, 4. Juli. Am Donnerstag hatte der französishe Botschafter de la Rochefoucauld-Bisaccia eine Audienz bei der Königin auf Windsor, um scin Abberufungsschreiben zu überreihen. Später wurde die Herzogin von Ihrer Majestät empfangen und verab- \chiedete sih von derselben.

Am nächsten Dienstag findet auf Windsor eine Kabinets- berathung unter dem Vorsiß der Königin statt. Am Mittwoch wird die Königin in Chobham cine Revue über die in Aldenshet für die zweite Serie der Sommermanöver versammelten Truppen abhalten.

) Jm Buingham-Palast fand am 1. d. Mts. Abends das zweite Hofkonzert in dieser Saison statt. Der Prinz und die Prinzesfin von Wales, Prinz und Prinzessin Christian von Schleswig-Holstein, der Herzog von Cambridge, der Herzog und die Herzogin von Tcck, das diplomatishe Corps und Mitglieder der hohen Aristokratie befanden fich unter den Anwesenden.

Die Kommissare für die Reduktion der National-

chuld zeigen in der „London Gazette“ an, daß die Summe von 92,286 L\tr., d. i. der vierte Theil des Uebershusses der Einkünfte über die Ausgaben in dem am 31.. März 1874 been-

deten Iahre (369,146 Lstr.) in dem am 30. September 1874"

endenden Quartale zur Reduktion der Staats\{huld verwendet werden wird. j

Am 2. d. M. fand die feierliche Eröffnung des der Stadt London von Baron Albert Grant zum Geschenk ge- machten Leicester-Square unter dem Zusammenfluß einer zahlreihen Menschenmenge statt. Der lange vernachlässigt ge- wesene historishe Square is nunmehr in eine prächtige, von einem eisernen Gitter umgebene Gartenanlage verwandelt wor- den, welche Fontainen, vier Marmorbüsten, Newton, Dr. Hunter, Reynolds und Garrick ehemalige Bewohner des Square darstellend, und eine stattlihe Bronzestatue des Dichters Shake- \peare die bei dieser Gelegenheit enthüllt wurde zieren. #2

In dee anonen ßeLel des Arsenals 111 Woolwich ist man gegenwärtig mit der Fabrikation einer 80 Tonnen \chweren Kanone beschäftigt. Der Stahlblock, aus we!chem das innere Rohr gefertigt werden soll, kam am Dienstag von Sheffield an. Er ‘ist 25 Fuß lang, hat im stärksten Theile 95 Zoll im Durchmesser und wiegt ca. 240 Centner.

Der Lordmayor von Dublin gab gestern im

Mansion-House von Dublin dem General-Major Sir Garnet Wolseley ein Banket, bei welhem außer dem Sieger von Kumasssie eine glänzende Gesellschaft zugegen war.

Die Bank von Montreal und die Herren Morten, Rose & Co. in London laden zu Zeihnungen auf eine Emission von 8,000,000 Lstr. in H5prozentigen Obligationen der Provinz Quebeck zum Course von 972 Prozent ein. Der Ertrag der Anleihe is zur Deckung der Subsidien bestimmt, welche die Legislatur gewissen in der Provinz im Bau begriffenen Eisen- bahnen bewilligt hat.

Frankreich. Paris, 4. Juli. Der Kriegs-Minister hat beschlossen, daß die Rekruten der zweiten Klasse des Kon- tingents von 1872, welche vom 1. Juli bis 31. Dezember d. I. unter die Waffen berufen ist, Anspruch auf den Sold von Sol- daten zweiter Klasse haben, und daß sie, wenn sie zur Infante- rie gehören, 25 Fr., und wenn sie zur Artillerie oder dem Train gehören, 35 Fr. für ihre Equipirung erhalten sollen. Bekannt- lih muß in Frankreih das ganze Kontingent (ungefähr 250,000 Mann) dienen, - nämlich etwa 135,000 Mann fünf Jahre und der Rest sechs Monate. Man hofft, diejenigen, welche sechs Mo- nate dienen, so weit zu bringen, daß, falls der Krieg ausbricht, man fie als Ersaÿmannschaften benußen kann. Der Kriegs- Minister hat deshalb auch ‘angeordnet, daß ihm genaue Berichte über die Leistungen der Leute des zweiten Kontingents von 1872 zuzusenden find.

Das „Journal de Paris* giebt seinem Befremden dar- über Ausdruck, daß der Graf Chambord in seinem Manifest den einzigen Differenzpunkt, der ihn von den gemäßigten Mon- arcisten trennt, die weiße Fahne mit keinem Worte berührt hat, und erklärt am Schlusse:

„Wir sind Anhänger der Monarchie geblieben. Wenn sie noch möglich wäre, wenn es nur von uns arhinge, sie, sei es auch mit den größten Oprern, einzuführen, wir würden. fie einführen. Sie ist aber auf sieben Jahre nicht mehr möglich. Am 20. November hat die Nationalversammlung dem Marschall Mac Mahon die vollstreckende Gewalt auf sieben Jahre anvertraut. Wir haben diesen Entschluß gebilligt und unterstüßt. Er ist Ae auacles geworden. Wir find auf sieben Fahre gebunden. Wir sind durch das Geseh, wir sind durch unsere Ehre gebunden. Wir sind demnach entschlossen, die Gewalt des Marschalls Mac Mahon gegen Jeden, der sie angreifen möchte, selbst gegen

unsere cigenen Freunde, zu vertheidigen. Hieraus ergiebt \ih, daß wir die Programme Derjenigen, welche uns vorschlagen, eine andere Regierung an Stelle derjenigen des Marschalls zu setzen, gar nicht prüfen dürfen. Man kann den Titel und die Bedingungen der am 20. November eingeseßten Regierung verändern, aber nicht diese Re- gierung selbst vernichten oder ihre Dauer abkürzen. Die oberste Gewalt is heutzutage ein Kampfposten. Dieser Posten wurde im Stich gelassen und sah sih von den Faktionen bedroht. Man mußte also eine Schildwache hHinstellen, und man wählte dazu den ersten Soldaten Frankreichs, Derj-nigen, welcher im Siege wie in der Niederlage, die nationale Fahne am ruhmvollsten getragen hat. Man bat ihn gegen seinen Willen auf diesen Posten gestellt und ihm den Auftrag gegeben, auf demselben sieven Jahre lang zu verweilen. Jeßt führt er den Befehl aus und ruft einem Jeden, der da ein- an will, wer er auch sei, die Worte zu: Der Eingang ist ver- oten !“

6. Sul. ŒW. T. B) Dôs „Journal de Paris“ hält es für leiht möglih, daß die morgige Sißung der Na- tionalversammlung zu einer Auflösung der Versammlung führen könne. Dem Vernehmen desselben Blattes zufolge sei der Präsident Buffet entshlo}sen, morgén jede Erörterung abzu- \chneiden, in welcher die Regierungsgewalt des Präsidenten Mac Mahon in Frage gestellt oder die unmittelbare Wiederherstellung der Monarchie verlangt werde.

Beérsgilles, 6: U (V. D. B). Dié Nätioñákla versammlung bestätigte heute die Wahlen von Ledru Rollin zum Deputirten für das Departement Vaucluse und von Roudier für das Departement Gironde und seßte darauf die Berathung des Munizipalwahlgesezes fort. Ein Zu- \sagzantrag, den Familienvätern eine doppelte Stimme beizulegen, wurde abgelehnt. Die Vorlage soll am Mittwoh weiter be- rathen werden.

Am Shhlusse der Sißung faßte die Versammlung den Be- \chluß, daß in der morgenden Sizung zunächst die Berathung des Munizipalwahlgeseßes zu Cnde geführt werden und dann erst die Interpellation Lucien Bruns über die Suspendirung der „Union“ zur Verhandlung gelangen soll. Es ift demnah als noch durchaus nicht feststehend zu betrachten, daß die Inter- pellation Bruns morgen überhaupt zur Diskussion gelangen wird. Die Verhandlungen « unter den einzelnen Gruppen und Fraktionen der Nationalversammlung über die Stellung, die fie der gedachten Interpellation gegenüber einzunehmen gedenken, werden lebhaft fortgeseßt.

Spanien. Madrid, 5. Iuli. (W. T. B.) Zum Ver- treter Spaniens bei der internationalen Sanitäts- Konferenz in Wien is Bustamente ernannt. Derselbe wird morgen nach Wien abreisen.

6. Juli: (W. T. B.) Eine etwa 5000 Mann starke Carlistenabtheilung hat die Stadt Teruel in Aragonien angegriffen und eine Vorstadt derselben in Asche gelegt. Der Angriff ist jedoch abge\s{chlagen worden und haben die Car- listen gegen 40 Todte und eine große Anzahl von Verwundeten ‘gehabt. Gegen 100 Carlisten wurden von den Regierungstrup-

pen gefangen genommen.

Santander, 6. Juli. (W. T. B.) Eine Abtheilung carlistisher Streitkräfte unter Valdespino, die \ih mit Einrehnung der dabei befindlichen Kavallerie auf etwa 2000 Mann belaufen mag, hat fih in der vergangenen Nacht bis in die Nähe von Astillero herangezogen und bedroht Santander, das nur {wah besetzt ist. Seitens der Behörden ist telegraphisch um Verstärkungen gebeten worden. “Die hier befindlichen Regie- rungss\cife sind in der Bai heraufgegangen, um im Falle eines Angriffes der Stadt durch die Carlisten die nächste Umgebung derselben durch ihre Geschüße decken zu können.

Ueber die Kämpfe bei Estella meldet der Bericht- erstatter der „Köln. Ztg.“ aus Tafalla vom 28. Juni Folgendes : L

„In der Nacht vom 24. zum 25. Juni lagen die drei Corps der Nordarmee, von den Generalen Rossel, Echague, Martinez Campos geführt, in Larraga und einem benachbarten kleinen Flecken. Am frühen Morgen zog Concha aus und wartete jenseits Oteiza, das von einer hohen Bergfuppe in ein sehr hügeliges Thal hinunterschaut, bis die Truppen von Martinez Campos rechts in der Niederung er- schienen. Auf den jenseitigen Höhen waren carlistishe Reiter und Infanterie; dieselbe verschwand nah einem kurzen Gewehrfeuer, das von den Truppen nicht erwidert wurde, und nun marschirte die ganze Armee in mehreren Colonnen über das Gebirge, welches den Oteizanern die Auesiht in das Thal von Villatuerte und die durch dasselbe laufende Straße von Puenta la Reynck nach Estella ver- wehrt. Gegen einige Trancheen, die sich über einen vor Villatu-rte liegenden Hügel hinzogen, wurden auf zwei höheren Aphöhen Geschüße aufgestellt, und die Royalisten begaben sich bald eifrig auf ‘die Flucht. Nun wurde aus denselben Batterien ein heftiges Feuer auf Villatuerte eröffnet und das hartnäckig vertheidigte Dorf erstürmt. Der General- stab stieg den Berg hinunter, übershritt den Thalgrund und stellte sih bei Murillo auf, während gegen die rechts oberhalb Villatuerte befindlichen Weinberge ein heftiges Feuer eröffnet wurde. Die Jäger ZEUERA auch hier einige Trancheen ehne allen Verlust. Als es dunkelte, wurde zum Aufbruch geblasen, und die ganze Armee übernachtete in dem kleinen Lorca an der Chaussee nach Puenta la Reyna. Am andern Morgen begann der Kampf in den genannten Weinbergen oberhalb Villatuerte wieder, während der Generalstab über Murillo weiter über das Gebirge bis zu einem Punkte rückte, wo man sämmt- liche Positionen der Carlisten vor sih hatte.“ Sie lagen jenseit eines Thales mit schr durhschnittenem Erdboden auf einem Höhenzuge, der von Villatuerte sich bis Abarzuza hinzieht. Beim leßteren Dorfe“ be- ginnen die Amezcuas, deren äußerste, das Thal gegen Norden \chlie- bende Vorberge ebenfalls mit Laufgräben versehen waren.

Es wurde von verschiedenen Stellen eine heftige Kanonade gegen einzelne Punkte dieser etwa drei Meilen langen Linie eröffnet und näch Mittag die Dörfer Grocie, etwa in der Mitte der Linie gelegen, und Abarzuza erstürmtk. Die Caza- dores hatten bei dieser Gel e nur drei Verwundete. Troß diescr \{chönen Erfolge sah Concha den garen Tag über fehr verdrießlich aus, gerade wie das Wetter, das von 3 Uhr ab die Fort- jeßung der Operationen unmöglih machte. Als Grocie genommen war, begab sich der Generalstab ins Thal hinunter. Die Nacht wurde in Abarzuza zugebracht, in nächster Nähe der Carlisten. Am dritten Tage zog Concha mit seinem Stabe sichtlih mißmuthig aus dem von einigen Soldaten in Brand gesteckten Dorfe us, änderte uoch im Orte selbst die Anfangs gewählte Nichtung und begab sich ins Thal wo cer der s{chwierigen Stellung von Casas de Muras gegenüber sich aufstellte, Während Infanterie links die Vorhöhen der Amezcuas säuberte, ohne die dort liegenden Dörfer Jrunela und Azcona zu nelzmen, hatte sich die gesammte Artillerie im Thal aufgestellt und begann ein heftiges Bombardeinent gegen die in der Mitte “des Gebirgszuges errichteten Laufgräben. Es war eine Feuerlinie von mindestens einer Meile, Die Carlisten antworteten mit furcht- barem Schuellfeuer. Etwas nah 2 Uhr rückte die Jnfantezie zum Sturme gegen die Trancheen oberhalb Abarzuzas und Casas de Maras vor, und es entbrannte nun ein furchtbarer- Kampf, der auf beiden Seiten mit unbestreitbarer Bravour geführt wurde. Aber die Refer- ven ließen es an wirksamer Unterstüßung der Guerillas (ist hier der tehnishe Ausdruck) fehlen, und die éinzeln versprengten Leute, die bei den Trancheen anlangten, wurden von der Uebermacht leicht bewältigt und erschlagen. Vor dem Schnellfeuer shnmolzen ganze Compagnien zusammen. Den - Verwundetem s{lugen die Royalisten mit Kolben die Schâdel cin, Eine Compagnie des Schüßen-Bataillonz- Estella

wurde unzingelt und mit dem Bayonnete umgebracht. Gegen 7 Uhr stellte fich Concha, von nur einem Mitgliede des General- stabes begleitet, an die Spiße dreier Compagnieen und ging gegen die Trancheen vor. Eine Kugel traf ihn in den Uater- leib. „Jch sterbe an der Spitze der Guerillas“, war sein leßtes Wort. Er wußt- sehr wohl, daß die Zahl der Truppen zu klein war, um pwteic die Rückzugslinie zu schüßen und den Sturm gegen die furcht- aren Befestigungen auszuführen. Er hatte, von Madrid aus ge- drängt, {weren Herzens das Unmögliche unternommen. Zwei Tage lang waren die Truppen ohne j.glihe Zufuhr gewesen, da die Pro- viantwagen durch das Schnellfeuer der Carlisten von den Höhen über Visllatuerte aus an der Ueberschreitung der Chaussee gehindert wurden. Sofort nah der Einstellung des Feuers begann der von Echague kom- mandirte Rückzug, der von den Carlisten von ihren zahllosen Tran- ccheen aus beunruhigt wurde, bis die Nachhut die Höhen von Laraga erreicht hatte. Die Verwundeten wurden mit nah Tafalla ges{leppt. Die Verluste berechnet man einstweilen auf 2000 Mann. Die Car- listen haben aller Vermuthung nah auch stark gelitten. Der Rückzug ging in guter Ordnung vor sich, und heute Morgen steht hon die ganze Armee in Larraga, Lerin und Tafalla.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. Juli. Gestern Abend reiste die verwittwete Königin Iosephine mittelst Extrazuges nah Christiania, ivo Ihre Majestät fih bis Anfang August aufzuhalten gedenkt, und wo man u. A. den 50jährigen Gedenktag ihres ersten Besuhs in Norwegen festlih begehen wird.

Die dânishen Offiziere Oberst Good, Ober-Intendant Kapitän Gorm und Kapitän Le Maire haben, der „Snällpost“ zufolge, in diesen Tagen auf der Reise nah JIöntôping die Stadt Malmö passirt und gedenken den Feldübungen in Westgötland beizuwohnen. Außer diesen und den bereits früher angekommenen deutschen Offizieren wird das Uebungs- lager auch vom französishen Militär-Attaché in Stockholm Mar- quis Le Mulier, sowie vom norwegishen Dberst - Lieutenant Dahl u. m. A. besucht werden.

Der Vize-Polizeidirektor Oldenburg aus Kopenhagen ist am Dienstag in Stockholm angekommen, wo er sih, wie „Aftonbladet“ meldet, mit der Einrihtung des Polizeiwesens bekannt zu machen gedenkt.

Die \chwedische Corvette „Norrköping,“ welche in Veranlaffung des bevorstehenden Tausendjahrfestes nach Island zu segeln beordert worden ist, soll, dem „Dagh. Nyh.“ zufolge, nicht vor dem 26. Juli im Hafen bei Reykjavik ein- laufen, weil sie bei den Faroerinseln die Ankunft des dänischen Geschwaders abwarten soll.

Christiania, 2. Juli, Die Königin-Wittwe kam hier um 11 Uhr an und wurde am Bahnhof von den höchsten Civil- und Militärbehörden der Stadt empfangen. Der Bahn- hof sowie der ganze Weg zum Schlosse war aufs Festlichste ge- \chmüdckt. Eine große begeisterte Volksmenge ftreute Blumen auf der ganzen Länge des Weges.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin. In dem soeben erschienenen IX. Heft der Schriften des Vereins für die Geschichte der Stadt Berlin, Berlinische Nachrichten von L. Schneider (Verlag der Königlichen Geh. Ober-Hofbuchdruckerei (R. v. Deer) in Berlin), werden die im s. Heft begonnenen Berliner Nachrichten aus dem XVI. Jahrhundert fortgeseßt. Der Verfasser sagt hierüber: „So erscheint denn hier gesammelt, was ih eigentlih für unjern Verein geschrieben, noch ehe derselbe zusammengetreten war, Eine Erinnerung für die alten Mit- glieder, ein Beweis meiner aufrichtigen Ergebenheit für die Zwecke des Vereins, ein Dank für das mir entgegengetragene Vertrauen in meine Amtsführung, vielleicht bald ein Andenken.“

Aus Jlmenau traf die Kunde von dém dort am 4. d. Mts.

Abends erfolgten Tod des Professors und Königlichen Kammersängers Eduard Mantius hier ein, Der Verstorbene gehörte eine Reihe von Jahren hindurch der Königlichen Oper an, und hat später als Lehrer des dramatischen Gesanges sich in den weitesten Kreisen einen ehrenvollen Namen erworben. E A

Franz Bendel, der talentvolle und ge{chäßte Pianist (Schüler Lißts), auch als Komponist bekannt, ist am 3. d. M. hier verstorben. ba 7

Das: 6. Heft dexr „Zeitschrift «für: deutsche Kultüxr-

geschichte" (Neue Folge, III. Jahrgang), herausgegeben ven Dr. J. H. Müller, Studienrath, (Hannover, in Kommission bei Carl Meyer), hat folgenden Inhalt: Neun Frauenbriefe des XV.—XVI. Jahrhunderts. Aus dem Nachlaß des Dr. jur. Emil Roeßler, weiland Bibliothekars zu Sigmaringen. Mitgetheilt von E. Dümmler. Die Lebensweise des Oénabrückschen Adels im 16. Jahrhundert. Von Hermann Hartmann. Aus dem Gedenk- buch des Hermann Weinsberg. Von L. Ennen (Fortseßung). Bilder und Sprüche auf den Feldzeichen kursächsisher Regimenter während des dreißigjährigen Krieges. Von K. G. Helbig. Bücherschau: Geschichte der Schwarzwälder Industrie. Von J. B. Trenkle. —- Buntes: Ein Schwindler zu Nürnberg im Jahre 1430. Mitgetheilt von Dr. Kerler. Kinder-Predigten am Ende des fehszehnten Jahr- hunderts. , Am 24. d. wurde das an Stelle des am 12. August 1870 niedergebrannten Goethehäuschens,in Ilmenau auf dem Kickel- hahne auf der alten Grundmauer mit Benußung der geretteten Ueber- reste sorgfältig nah Form und innerer Einrichtung neuerbaute Hâus- chen als ein Denkmal für diese geweihte Stätte eingeweiht: :

Das Denkmal, welches die Straßburger Bürger ihren während des Bombardements gestorbenen oder in Folge desselben ge- fallenen Angehörigen im botanischen Garten errichtet haben, ist leßthin der städtischen Behörde übergeben worden, unter gleichzeitiger Ueber- weisung des überschießenden Geldes zum JInstandhalten desselben. Bei der Enthüllung dieses Denkmals hat eine Feierlichkeit öffentlicher Art nicht stattgefurden. Dasselbe besteht aus einem mächtigen Sarkophäg aus weißem Sandstein, welche eine im Rechteck geführte Mauer, deren vordere Seite geöffnet ist, aus gleichem Material in dur{chbröchener Arbeit umgiebt. In der Mitte der Hinterwand dieser Mauer zu Häupten des Sarkophags ist eine große Tafel von shwarzem Märmor angebracht, welche in Goldschrift die Jahreszahl 870 trägt; über dieje Zahl ist ein in mattem Grau géehaltenes Palmblatt ausgebreitet. Zu beiden Seiten des Sarkophags find innerhalb ‘der umgebenden Mauer Blumenanlagen angebracht.

Landwirthschaft.

Der Verein Berliner Kaninchenzüchter wird zu Stegliß vom 16. bis 20. Juli 1874 im Lossowschen Etablissement, Breite Straße 14, eine Kaninchenausstellung mit Markt veranstalten. : Ueber die Ausbreitúng Und den gegenwärtigen Stand der feit vorigem Herbst in den Niederlanden herrscenden Lungenseuche macht die Königliche Regierung zu Düsseldorf im Amtsblatt folgende amtliche Mittheilungen zur Nachachtung namentlich für die Bieh- besißer und das beim Viehhandel betheiligte Publikum bekannt. Bon der Lungenscuche wurden befallen: , ; v. 22, März v. 19. April v. 17. Mai Provinz. b. 18. April. b. 16. Mai. b. 13. Juni. in Nordbrabant 2 Stück 1 StüsE 8 Stü in Südholland. . . 44 s 48570 in Nordholland. . . 13 27 init... 45 29 in: Friesland. . . . 181 149 in Gröningen . ° 2 3 E E min E 6

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