1874 / 161 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Jul 1874 18:00:01 GMT) scan diff

stüßende Armenverband für Verpflegung einer Kranken im Bür- gerhospitale zu Cöln den an diese Anstalt bezahlten Pauschsaß von 20 Sgr. täglih dem ersaßpflihtigen Armenverband in Rech- nung gestellt und war mit dem den tarifmäßigen Pauschsaÿ von 6 Sgr. täglih übersteigenden Betrage seiner Forderung in erfter Instanz abgewiesen worden. Auf eingelegte Berufung hat das Bundesamt am 13. Juni 1874 das erste Erkenntniß bestätigt, und zwar in Erwägung, daß, wenn auh anzunehmen sein möchte, daß die von dem Appellanten vorläufig verpflegte Ehe- frau S. an einer \hweren Krankheit im Sinne der Nr. 2 des preußishen Tarifs vom 21. August 1871 geliiten habe, der von ihm erhobene Anspru auf Erstattung eines, den Tarifsaÿ von 1 Silbergroschen täglih überfteigenden Betrages für ärztliche und wundärztliGe Behandlung als genügend fubstanzirt gleih- wobl niht betrahtet werden könnte, daß Appellant zu dem Ende eine besondere Berehnung der von ihm gemachten, überhaupt erstattbaren Mehraufwendungen (vergleiche Nr. 2 cit.) vorzulegen und unter Beweis zu stellen gehabt hätte, daß statt dessen die bloße Vorlegung der Rehnung des Bürger- hospitals zu Cöln, in welchem die 2. S. untergebracht gewesen ist, um so weniger genügte, als in keiner Weise zu ersehen ift, welche Beträge an allgemeinen Verwaltungskosten * unter dem, von dem Bürgerho'pitale liquidirten, diese Verwaltungskosten unzweifelhaft mit umfassenden Pauschalsaze von 20 Silber- groschen täglih enthalten find, daß der Armenverband des Unter- ftüßungswohnsißes aber, nah §. 30 des Reichsgeseges vom 6. Iuni 1870, zur Erstattung von allgemeinen Verwaltungs- kosten der Krankenhäuser so wenig in dem Falle verpflichtet er- scheint, wenn der vorläufig verpflegende Armenverband den Hülfsbedürftigen in einem fremden, wie in dem Falle, wenn er ihn in einem ihm selbst zugehörigen Krankenhause unterge- bracht hat.

In der Woche vom 21. bis 27. Juni 1874 sind ge- prägt worden an Goldmünzen: 4,422,160 Mark 20-Mark- stüde, 152,980 Mark 10-Markstücke; an Silbermünzen: 357,708 Mark 1- Markstücke; 78,413 Mark 60 Pf. 20-Pfennig- stücke; an Nickelmünzen: 174943 Mark 10-Pfennigstüe ; 90,340 Mark 50 Pf. 5-Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 4600 Mark 60 Pf. 2-Pfennigstücke; 15,019 Mark 52 Pf. 1-Pfennigstüke. Vorher waren geprägt: an Goldmünzen : 832,713,980 Mark 20-Markstücke, 202,800,640 Mark 10-Marf- stücke; an Silbermünzen : 19,812,808 Mark 1-Markftücke, 6,014,432 Mark 40 Pf. 20-Pfennigstücke; an Nickelmünzen : 2,917,784 Mark 10-Pfennigstücke, 289,829 Mark 10 Pf. 5-Pfennigstücke ; an Kupfermünzen: 421,005 Mark 96 Pf. 2-Pfennigstüe, 157,041 Mark 4 Pf. 1-Pfennigstücke. Mithin find im Ganzen geprägt: an Goldmünzen: 837,136,140 Mark 20-Markstücke, 202,953,620 Mark 10-Markstücke; an Silbermünzen : 20,170,516 Mark 1-Mark ftüde, 6,092,846 Mark 20-Pfennigstücke; an Nickelmünzen : 92,692,727 Mark 10-Pfennigstücke, 310,169 Mark 60 Pf. 5- Pfennigstüke; an Kupfermünzen: 425,606 Mark 56 Pf. 2-Pfennigstücke, 172,060 Mark 56 Pf. 1-Pfennigstüce. Ge- \fammtausprägung: an Goldmünzen: 1,040,089,760 Mark; an Silbermünzen: 26,263,362 Mark; an Nicktelmünzen : 3,002,896 Mark 60 Pf. ; an Kupfermünzen 597,667Mark 12 Pf.

Des Königs Majestät haben mittelst des Allerhöh- sten Erlasses vom 30. Maîï d. I. genehmigt, daß den länd- lihen Gemeinden und Polizeiverwaltungen auf deren Antrag gestattet werde, ihre unteren polizeilichen Erekutivbeam- ten mit einer aus einem blauen Ueberrock mit zwei Reihen blauer Knöpfe, mit stehendem blauen Kragen, und einer blauev Militärmüße mit der preußischen Kokarde bestehenden Dienst - fleidung und mit einem Seitengewehre zu versehen.

Dem Königlich preußishen Unter-Steueramte zu Kirn im Haupt-Amtsbezirke Kreuznach is die Befugniß zur Abferti- gung des mit dem Anspruche auf Steuervergütung auszufüh- renden Biers ertheilt worden.

Das Königlich bayerishe Haupt-Zollamt Aschaffen- burg if in ein Neben-Zollamt im Jnnern umgewandelt, nebst den bisherigen Inkorporationen des Haupt-Zollamtes Aschaffen- burg dem Bezirke des Haupt-Zollamtes Würzburg einverleibt und demselben unter entsprechender Personalbestelung das un- bedingte Niederlagerecht, dann die Befugniß zur unbeschränkten Ausfertigung und Erledigung von Begleitsheinen 1. und 1, sowie zur Abfertigung des Cisenbahnverkehrs nach den Bestim- mungen in §8. 65 bis 71 des Vereinszollgeseßes ertheilt ; ferner ift an Stelle des bisherigen Königlih bayerischen Nepen-Zoll- amtes Memmingen, Haupt-Zollamtsbezirks Augsburg, ein Haupt-Zollamt errichtet und seinem Bezirke das Neben-Zollamt im Innern Kempten, wie jenes zu Kaufbeuren aus dem Bezirke des Haupt-Zollamtes Augsburg überwiesen, und das Königlich bayerishe Neben-Zollamt im Innern Straubing, Haupt- Amtsbezirkes Regensburg, dem Bezirke des Haupt-Zollamtes Passau zugetheilt worden.

Der bisherige Kaiserlich deutshe Gesandte in Konstan- tinopel, von Eichmann, if von dort hier eingetroffen.

Der General der Kavallerie und General-Inspecteur des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens Baron von Rhein- baben ift in Begleitung des Adjutanten der genannten In- \pektion Majors Poten, agyregirt dem 1. Schlesischen Husaren- Regiment Nr. 4, von seiner Inspizirungsreise nah Schlesien hierher zurüdckgekehrt.

Der Königlich \ächfishe Militär-Bevollmächtigte, Major von der Planit, hat sich nah Sachsen begeben.

Königsberg, 10. Iuli. Das Publikandum des Land- raths Freiherrn v. llessem über die Unruhen in Quednau lautet nah der „Oftpr. Ztg.“ wie folgt: :

„Gestern hat im Kreije ein sehr bedauerliher Exzeß statt- gefunden. J

In den Amtsbezirken Quednau und Trutenau rottete sich eine größere Anzahl von Leuten zusammen, zerstörte die Amtégefängnisse daselbst und verübte Mißbandlung und Plünderung. Zur Herstellung der Ordnung mußte Militär requirirt werden. Dasselbe stieß auf Widerstand und mußte von der Waffe Gebrauch machen. Mehrere der Tumultanten wurden verwundet, einige nicht leicht, und 105 wur- den demnächst verhaftet. Weitere Verhaflungen werden vorgenommen werden, um die Schuldigen, die sih der sofortigen Sistirung entzogen haben, der geseßlichen Strafe zu übergeben. Die gerichtliche Unter- juchung ift auf Requisition der Königlichen Staatsanwaltschaft ein- geleitet. Ein außerordentliher Kommissarius des Gerichts führt die- Me Dao Vernehmungen haben heute hon an Ort und Stelle statt- gefunden.

Soweit bis jeßt hat festgestellt werden können, ist die Ver- aníassung zu diesem traurigen Vorfall darin zu suchen, daß bei dem Gesinde und den- Arbeitern in vorerwähnten Bezirken die thôörichte An- nahme Plaß gegriffen hat, daß, ‘nachdem durch die Einführung der neuen Kreizorduung die Polizeigewalt auf dem Lande auf die Amts- vorsteher übergegangen, die arbeitende Klasse vor dem Gesetze nit

mehr gleiche Rechte mit der besißenden habe und wieder-in Unter- thänigfkeit geratben selle. i

Es gewinnt auch den Anschein, als wenn im Kreise nicht ein- heimische Elemente böswillig die Dummheit der Leute, welche die neue Kreisordnung als ein Uebergangsgeseß zur Leibeigenshaft ansehen, be- nußt haben, um sie aufzureizen, gegen die Obrigkeit Unfrieden zu säen zwischen Gesinde und Brodherrschaft, und Exzesse zu veranlassen, in- dem ihnen wahrbeitswidrig vorgestellt war, daß die Amtsvorsteher aus eigener Macht die Polizei an sih genommen hätten und es nicht der Wille Sr. Majestät des Königs wäre, daß sie die Polizei führen.

Die Untersuchung wird das Nähere ergeben und die Schuldigen der geseßlichen Strafe überweisen. Pflicht der Behörden ist es aber, na folcher Wahrnehmung die Leute «vor böswilligen Aufreizungen zu warnen und sie über die neue Einrichtung der Amtspolizei auf- zuklären. Demnach erbalten die Gemeinde- und Gutsvorsteher den Auftrag, sofort unter Hinweis auf die §8. 46, 56, 67 und 77 des Gesetzes vom 13. Dezember 1872 über die Kreisordnung in ihren Bezirken zu veröffentlichen,

t daß der Amtsvorsteher die Polizei im Namen des Königs ausübt,

2) daß der Amtsvorsteher von der Staatsregierung durch den Ober-Präsidenten ernannt wird, l

3) daß die Aufficht über die Geschäftsführung der Amtsvorsteher der Landrath als Vorsizender des Kreisausschusses führt, :

4) daß der Landrath als Organ der Staatsregierung die gesammte Polizeiverwaltung im Kreise und in dessen einzelnen Amtsbezirken, Gemeinde- und Gutsbezirken überwacht. j /

Ich erwarte, daß die Gemeinde- und Gutsvorsteher mit dieser Puktlkation cine geeignete Belehrung verbinden, insbefondere darauf hinweisen werden, daß nach §. 59 der Kreisordnung der Amtsvor- steher die Sicherheits-, Ordnungs-, Sitten-, Gesundheits-, Gesinde-, Armen-, Wege-, Wasser-, Feld-, Forst-, Fischerei-, Gewerbe-, Bau-, Feuer-Polizei u. \. w., soweit sie niht durch besondere Geseße dem Landrath oder anderen Behörden übertragen ist, verwaltet und nah 8 60 und 61 mit Befugnissen ausgestattet ist, die seinen Anordnun- gen au den erforderliczen Nachdruck geben können.

Bei der Neuheit und Ungewohnheit der Einrichtung der An1ts- polizei wird es sich aber quch empfehlen, darauf aufmerk]|am zu machen, daß Beschwerden über die Handhabung der Polizei nah wie vor bei dem Landrath anzubringen sind, und ih angeordnet habe, um stets Uebersicht über das, was im Kreise vorgeht, zu haven, daß mir von jeder vorläufigen polizeilihen Jnhaftirung, sowie von jeder fest- geseßten polizeilichen Gefängnißitrafe unter Angabe der Person, des Grundes und der Dauer der Haft resp. Strafe sofort Bericht er- stattet wird. y ;

Ich hoffe, daß jeder rechtschafffene Mann im Kreise es für seine ernsteste Pflicht erahten wird, Aufreizungen und Auflehnungen gegen Gese und Obrigkeit zu verhindern, um Exzesse zu vermeiden, welche das strengste Einschreiten der Behörde wiederum zur Folge haben müßten.

Königsberg, den 7. Juli 1874.

Der Landrath Baron v. Hüllessem.“

Bayern. Münqhen, 9. Juli. Die heutige Sißung der Abgeordnetenkammer begann unter Aus\ch{luß der Deffent- lichkeit. Gegenstand der geheimen Verhandlung war der Antrag, der Staatsregierung den Wunsch auszusprechen, es möge für die Kammer der Abgeordneten ein Kanzleidirektor bestellt werden. Troy heftiger Opposition der ultramontanen Seite, des Hauses wurde der Antrag, wenn auch mit geringer Mehrheit, ange- nommen.

In öffentliher Sizung wurden sodann einige eingereichte Beschwerden nah dem Vorschlag des Ausschusses für formell unzulässig erklärt; dann ein Antxag: der Regiecung den Wunsch auszusprechen, Erhebungen zu pf|gen, und im nähchsten Budget Postulate einzustellen wegen Erweiterung des Frankenthaler Rheinschiffahrtskanals angenommen; über einen Antrag auf Aen- derung einiger Bestimmungen des preußischen Landrechts bei der nahen Einführung eines allgemeinen deutschen Civilgesezbuhs zur Tagesordnung übergegangen; ein Antrag auf Erhöhung der im Geseße über Armen- und Krankenpflege festgeseßten wöchent- lihen Maximalbeiträge der Dienstboten 2c. zu den Krankenhäu- sern angenommen; endlich ein Antrag auf Aenderung der all- gemeinen Bauordnung, die Schindelbedahungen betr., verworfen. Der Antrag Hafenbrädls betreffs Kommandirung von Offizieren und Soldaten zu kirhlihen Feierlihkeiten wurde auf Mittwoch vertagt.

Bis auf die Feststellung des Etats für das Landesgestüt hat die Kammer der Abgeordneten die Budgetberathung jeßt beendet. Der Entwurf des Finanzgeseßzes wird heute Abends im Aus\hufse festgestellt werden; derselbe wird dann nächsten Freitag in der Kammer, der Schlörsche Geseßentwurf, betreffend die Erwerbung der Ostbahnen, wird nächsten Montag zur Be- rathung gelangen.

Wie die „Alg. Ztg.“ vernimmt, wird Prinz Arnulf von Bayern nach den Schlußprüfungen der Kriegsakademie in Begleitung des Premier-Lieutenants Grafen Bothmer vom Infanterie - Leibregiment eine dreimonatlihe Reise nah dem Nordcap antreten.

Sachsen. Dresden, 10. Juli. - Der König und die Königin sind heute Vormittag 1/,11 Uhr aus der Laufiß wie- der hier eingetroffen. Nachmittags fand zu Ehren des heutigen Namenstages der Königin Mutter, welcher zugleih der Ge- buristag des Prinzen Johann Georg ift, Familientafel statt.

Württemberg. Stuttgart, 9. Iuli. Am 5. d. M. Vormittags is die Prinzessin Victoria von Baden in Herrenalb angekommen und hat ihr Absteigequartier in der neu erbauten Villa der Freifrau v. Bunsen aus Karlsruhe ge- nommen.

Nachmittags traf ebendaselbst der Minister des Innern v. Sick in Begleitung des Ober-Bauraths v. Cloߧ ein.

Sachsen -: Weimar - Eisenach. Weimar, 10. Juli. Das „Regierungsblatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar- Eisenah* enthält in Nr. 19 das Gesetz über das Volfks\chul- wesen im Großherzogthum Sachsen, ferner das Geseß über die Besoldungen und Alterszulagen der Volks\chul- lehrer und das Gesetz, die Diäten der bei Ge\chwornen- gerihten fungirenden Beamten betreffenT.

Anhalt. Dessau, 9. Iuli. Im Befinden der Prin- zessin Alexandra if in den lezten Tagen eine entschiedene Besierung eingetreten, so daß die Krankheit einen günstigen Ver- lauf zu nehmen s{heint. Der Besuch der Herzogin von Dalarne, Schwester der Herzogin, wird jeßt zum. 15. d. M. erwartet. Die beiden ältesten Prinzen des Herzoglichen Hauses habên vor einigen Wochen ihren Aufenthalt in Genf beendet und werden demnächst nah einer Reise durch Ober-Ita- lien hier eintreffen, um vor der Fortsezung ihrer Studien eine Zeit lang bei ihren Hohen Eltern zu verweilen.

Desterreich - Ungarn. Wien, 9. Juli. Auf der Tagesordnung der heute ftatigefundenen fiebenten Sißung der internationalen Sanitätskonferenz standen die Fragen über die Errihtung von Fluß- und Seequarantäne-Anstalten, beziehungsweise die Beibehaltung der legteren. Da jedo die

Vorschläge der erft in der fünften Sißung gewählten Spezial=- Kommission über diese Fragen noch niht vorliegen und der Re- ferent der Quarantäne-Kommission, Dr. A. Hirs, Universitäts- Professor in Berlin, erklärte, daß der Bericht bis nächsten Mon- tag bereits gedruckt sein werde, beschloß die Konferenz, die Sizungen bis dahin auszusezen und nächsten Montag in der Plenarversammlung in die Berathung und Beantwortung der Fragen über - das Quarantänewesen einzugehen. Morgen 7 Uhr früh findet ein Ausflug der Konferenzmitglieder nah Payer- bach statt.

Der Minister des Aeußern Graf Julius Andras\y hat fich nach Terebes begeben.

Pest, 9. Iuli. Im Abgeordnetenhause wurde der 8. 2 der Wakhlgesetvorlage, betreffend das Wahlrecht der ÄAdeligen, nah mehrstündiger Debatte angenommen. Zu §. 3 sprachen wieder zahlreihe Redner. Die Berathung wird morgen fortgeseßt.

Einer Deputation unter Führung des Vorstandes der israelitishen Landeskanzlei erklärte der Minister Trefort, "daß dieErrichtung desRabbiner-Seminariums bestimmt?erfolgen werde, - nahdem die Allerhöhste Entschließung durch keinerlei Beschlüsse des Abgeordnetenhauses, die nur formeller Natur sein können, alterirt werden kann.

Schweiz. Bern, 10. Juli. Nghdem der zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche “abgeshlossene Ausliefe- rungsvertrag dur die in Berlin am 6. d. erfolgte Aus- wechselung der Ratifikations - Urkunden in Kraft getreten, ift dur ein Kreis\chreiben des Bundesraths den Kantonen mitgetheilt worden, daß die bisherigen Auslieferungsverträge mit

Baden und Bayern keine Geltung mehr haben. è | ==#%2

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Belgien, Brüssel, 8. Iuli. Der „Moniteur“ meldet: „Mittel: offizieller Note vom 1. Juli 1874 hat die Regierung der Vereinigten Staaten Amerikas den zwishen Belgien und jener Republik am 17. Iuli 1858 abgeshlossenen Handels- und Schiffahrtsvertrag gekündigt. Die belgishe Regierung hat von dieser Notifikation Akt gegeben. Der erwähnte Vertrag wird in Folge dessen vom 1. Juli 1875 an in beiden Ländern seine obligatorishe Geltung- verlicren.“

Das Schöffen - Kollegium in Antwerpen is von dem Gemeinderath ermächtigt worden, eine Anleihe von 60 Millio- nen Frs. für die Stadt zu kontrahiren.

10. Juli. (W. T. B.) Der „Indépendance* zufolge ist in dem Zuchthause von Vilvorde eine Veuterei aus- gebrohen und zu deren Unterdrückung ein Bataillon Infanterie dorthin abgegangen.

Sroßbritannien und Frland. London, 10. Juli. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte heute auf eine bezüglihe Anfrage Whalley's der Unter - Staatssekretär im Departement des Auswärtigen, Sir R. Bourke, der Sklaven- handel an der Ostküste von Afrika sei beinahe voll- ständig unterdrückt gewesen, habe neuerdings aber wieder zu- genommen, hauptsächlih hinsichtlih derjenigen Eingeborenen, welche aus dem Norden von Zanzibar und aus dem Innern des Landes geliefert würden. Auch glaube er, daß der Sklaven- handel zwischen Abyssinien und Aegypten noch fortdauere. Es seien dem Khedive von Aegypten deshalb Vorstellungen gemacht worden, und habe derselbe in Folge dessen den Pascha eines Distriktes dur einen anderen erseßt, auch angeordnet, daß, was nur irgend möglih, zur Unterdrückung des Sklavenhandels ge- schehen solle.

Sir H. C. Childers brachte darauf die Finanzlage des Landes zur Sprache. Der Kanzler der Schaßkammer, Sir Stafford Northcote, erklärte, es liege keinerlei Nothwendigkeit vor, irgend eine Modifikation des Budgets vorzunehmen. Der wirkliche Uebershuß werde vorausfihtlich den dafür vorveran- \hlagten Betrag Übersteigen, obschon die Aussfichien für den Handelsverkehr des Landes fortdauernd ungünstige seien. Die Einnahmen hätten an Ergiebigkeit niht nachgelafsen.

Frankreih. Paris, 11. Juli. (W.T. B.) Die Mit- theilungen mehrerer Zeitungen über den Ausgang der Unter- suchung gegen das bonapartistische Central-Comité, wonach es \ich um die gerichtlihe Verfolgung mehrerer hervor- ranender Mitglieder der bonapartistishen Partei handeln soll, werden von der „Gazette des tribunaux“ als übertrieben und ungenau bezeichnet.

Versailles, 10. Iuli. In der heutigen Sizung der Nationalversammlung verlangte Berthauld von der Linken, das Ministerium darüber zu interpelliren, ob die Botschaft des Präsidenten darauf ausgehe, der Nationalversamm- lung das Recht zur Interpretirung der Natur und des. Cha- rakters des Gesezes vom 20. November v. I. (Septennat) ab- zusprehen, und ob der Marschall Mac Mahon fortfahre, der Delegirte der Nationalversammlung und der leßteren für seine Handlungen verantwortlih zu bleiben. Berthauld beantragte, daß die Berathung seiner Interpellation auf nähsten Montag festgeseßt werde. Die Versammlung beschloß auf den Antrag des Vize-Präsidenten des Ministerkonseils, de Cissey, mit großer Majorität, daß die Interpellation bis zur Berathung der kon- stitutionellen Gesevorlagen zurückgestellt werde.

Hierauf begann die Berathung über den Antrag Wo- lowsfki's, wonach die jährlihe Amortisationsrate für die Bank von Frankreih von 200 auf 150 Mill. Fres. herabgeseßt werden soll. Der Finanz-Minister Magne be- fämpfte den Antrag sehr lebhaft, weil derselbe für den Kredit der Bank und den Kredit des Staates gleich verderblich sei und weil derselbe das Aufhören des Zwangskourses der Bankscheine nur noch mehr verzögern müsse. Der Minister erinnerte daran, daß der Präsident Thiers stets die Amortisationssumme von 200 Mill. Fres. jährlih auf das Entschiedenste aufreht erhalten habe, und hob hervor, daß zur Abtragung der Schulden und zur Herstellung des finanziellen Gleihgewihts eine allgemeine Erhöhung gewisser hon bestehender Abgaben das geeignetste Mittel ‘sei. Mit der Besteuerung des Salzes erklärte der Mi- nister ausdrücklih fich einverstanden, indem er am Schlusse seiner Rede noh auf das Beispiel der Vereinigten Staaten von Nord- Amerika hinwies, die auch die Abgaben erhöht und dadurch ihren Finanzen aufgeholfen hätten. Wolowsfi trat dem gegen- über nohmals für seinen Antrag ein; die Versammlung- ver- tagte die Weiterberathung auf morgen.

In der heutigen Sihung der konstitutionellen Kom- mission beantragten der Vize-Präsident des Minister-Konseils und Kriegs-Minister de Cissey und der Minister des Innern Fourtou, daß an die Stelle der Abstimmung mittelst des Listen- sfrutiniums in den Departements die Abstimmung nah Arrondissements trete, daß ferner zur Konftituirung einer Erften Kammer geschritten werde, deren Mitglieder- zu einem gewissen Theile durch die Regierung zu ernennen sein

L würden, und endlih, daß das Recht zur Auflösung der

. Atocha übergeführt und dort vorerst beigeseßt.

Deputirtenversammlung, dessen Ausübung dem Präsi- denten unter Mitwirkung der Ersten Kammer zustehen sfoll, votirt werde. De Cifsey bemerkte bei Begründung seines An- trags, die Regierung habe zwar niht das Verlangen, die Auf- lôsung der Nationalversammlung zu beschleunigen, dieselbe wolle aber auf jede Eventualität vorbereitet sein. 2 i. _ÆŒ

Spani-n. Madrid, 2. Iuli. Gestern wurde die Leiche des Marschalls Concha in der Pfarrkirhe von San José niedergelegt und heute in feierlihem Zuge nah der Basilika von Sein Sarg ruhte auf einem Artillerie-Fourgon; fein Säbel, seine Uniform und sein Marschallsstab lagen über seiner sterblichen Hülle; ein Kranz, den die Stadt Bilbao gesendet, ruhte über dem Ganzen, dessen Shhléife die Inschrift trug: „Die Bewohne: von Bilbao ' zum Gedächtniß des erlauchten Marquis del Duero.“ Der Marschall Serrano, sämmtliche Minister und hohe Staatsbeamte folgten dem Zuge mit entblößtem Haupte. Vier Pferde des Marschalls wurden hinter dem Sarge geführt, worunter das, welches zu- gleich mit ihm verwundet worden war. Die ganze Garnison war ausgerüdckt.

Der „Imparcial“ berihtet, daß Marshall Concha, als er mit einem Theil seines Stabes mitten in dem Gefecht erschien, seinen Soldaten Muth eingesprohen und ihnen zugerufen hat: „Viva Espanna!*“ Als ihn die Kugel der carlistishen Shüßen getroffen hatte, galt es, den General vor den anrennenden Fein- den zu retten und zugleih den Truppen seinen tödtlihen Zustand zu verbergen. Da faßte der Husaren-Lieutenant Don Federico Gonzalez Montero den sterbenden Feldherrn in seine Arme, hob ihn auf sein Pferd vor si über das leihenbedeckte Schlachtfeld nah Abarzuza, begleitet von den Offizieren Zavala, Lozano und dem Arzte Martinez, zu dessen Füßen er gefallen war. das Pferd Montero's brate, gab er den Geist auf. Die leßten Worte, welche er spra, waren: „Sie haben mich getödtet, aber in den Guerillas!“ Die Begleitung brachte die Leiche unverleßt und unbemerft nah Abarzuza.

Auf Grund eines Irrthums in dem „Dictionnaire des Contemporains“ wird allgemein angenommen, daß der Marschall ein ahtzigjähriger Greis gewesen sei. Nach spanischen Quellen wurde Concha im Iahre 1808 zu Buenos Aires geboren und ist demnach nur sechssechszig Iahre alt geworden. Sein Vater fiel im Kampfe gegen die rebellishe Regierung von La Plata, und zum Lohne dafür wurde sein Sohn im Alter von eilf bis zwölf Jahren als Kadet in die Königliche Garde aufgenommen. Im ersten Carlistenkriege kämpfte Concha in demselben Corps mit und zeichnete sich durch seinen Muth aus, und im Alter von 26 Jahren wurde er, nahdem er Urnieta im Bayonnet- kampf genommen hatte, zum Oberst-Lieutenant ernannt; eine er- folgreichze Attaque auf die Höhen von Velascoies brachte ihn auf die Oberstenstufe. Zwei Iahre später wurde er Brigade-General, und bald darauf, nachdem er einen glänzenden Sieg über die Carlisten bei Castelotte davongetragen, Feldmarschall. Nach dem Kriege mußte er aus Spanien flichen, da er gegen Espartero intriguirt hatte. Später kehrte er zurück und kommandirte die Insurgenten gegen Espartero, den er zur Fluht zwang. Er unterdrückte zwei Jahre später den Aufstand in Catalonien, nahm 1847 Dporto ohne Blutvergießen, und zum Lohne für seine Verdienste in Portugal um Donna Maria wurde er zum Marquis von Duero ernannt. Zum zweiten Mal unterdrückte er 1851 einen Carlisten- aufstand in Catalonien, worauf er zwanzig Jahre zurückgezogen lebte, bis er vor furzer Zeit gegen die Carlisten geshickt wurde, um auf dem Schlachtfelde zu sterben.

Italien. Rom, 1. Juli. (Allgemeine Uebersicht über die Zeit von Mitte Mai bis Ende Juni.) Die Deputirtenkammer, welcher für die zweite Hälfte des Mai noch die verhältnißmäßig wichtigsten der Minghettishen Finanz- geseße zu erledigen oblag, genehmigte am 15. die Ueberweisung der sogenannten Additional - Centesimi von den Provinzialkassen an die des Staates mit der Majorität von zwei Stimmen, wäh- rend das von den sficilianishen Abgeordneten bekämpfte Tabaks- geseß, welhes das in den übrigen Provinzen geltende Regie- rungs-Monopol auf diese Insel ausdehnt, eine nah den voraus- gegangenen Debatten kaum zu erwartende Mehrheit von 98 Stimmen erlangte. Am höchsten währènd der ganzen Session gingen die Wogen der Opposition bei der Berathung über die Ungültigkeitserklärung der nicht registrirten und befteuerten juristishen Verträge und Kontrakte: Das Ministerium nahm fich dieses Provedimentos #o leb- haft an, daß es eine Kabinetsfrage daraus machte; aber au die Opposition \cickte ihre besten Kräf.e vor, und von großem Eindruck war die Rede des Professors Mancini (am 19.) Schon in der Kommission war das Geseg einstimmig zurück- gewiesen worden. Gleihwohl durfte die \{ließliche Abstimmung 166 stimmten dagegen, 165 dafür als ein ausreihender Beweis erachtet worden, daß die Kammer die Kabinetsfrage nicht ernst zu nehmen gewillt war, wie denn auch, nah wirkli er- folgter Demission des Ministeriums , die Entscheidung des Königs, welcher dieselbe nicht annahm, ziemli allgemeine Zu- ftimmung fand. Es war am erfien Pfingsttage (24. Mai), als dieses viel besprohene Votum stattfand. Am folgenden Tage erklärte das Ministerium, daß, es nunmehr fordern müsse, daß von der Berathung derjenigen Positionen Abstand genommen werde, welhe neue Ausgaben für die Regierung involvirten. Das crschien billig, hat aber do in der Folge zu heftigen, von der flerikalen Partei geschürten, Preßfehden der südlihen Provinzen geführt. Es handelte fh um Bewilligung eines Kredites für Hafenbauten in Girgenti, Palermo, Salerno, Castellamare und Neapel; die Deputirtenkammer, eine zufällige Abwesenheit vieler regierungs- freundlihen Mitglieder benußend, genehmigte diefe Position ; aber der Senat wies fie einige Tage darauf zurück, sich nur auf die bereits im Bau begriffenen und kontraktlih feßgeseßten Ar- beiten in Genua, Livorno und Venedig beschränkend. Das be- reits früher von der Kammer -bewilligte Kreditgeses für Zwecke der Landesvertheidigung wurde von dem Senat vertagt (am 4. Juni). Die bei dieser Gelegenheit gehalte- nen Reden der Generale Cialdini und Menabrea, die fich nicht auf die innere politish - finanzielle Frage be- \cränkten, verdienen Beachtung. In s\chneller Folge erledigte man dann in der Kammer und sofort auch im Senate die fol- genden Gegenstände nach der Forderung oder doch unter Gut-

ißung des Ministeriums: 1) der 1. Januar wird als Festtag erklärt; 2) Nachträglihe Bewilligung unvorhergesehener Aus- gaben; 3) Kredit für die Häfen von Genug, Livorno, Venedig; 4) Kredit für den Bau eines Gesandtschaftshauses in Konstan- tinopel; 5) Organisationsbestimmungen für die Militärkassen ; 6) Ausdehnung von Sanitätsvorschriften auf die Provinz Ve- nedig; 7) Verleihung einer Eisenbahn-Konzesfion (2 Zweigbah- nen); 8) Verlängerung des Einschreibungstermines für Hypo-

in den Sattel und ritt mit ihm -

Als man den Ober-General auf.

theken in Rom; 9) Kredit für die Eisenbahn Asciano-Grofseto. _ Die Berathung über die staatliche Ueberlafsung der rômi- schen Eisenbahnen an die Gesellshafi der Südbahnen fam da- gegen nicht mehr zu Stande.

aus dieser lezten Periode der Kammerverhandlungen if noch die am 28.

und Placet an neuernannte Bischöfe,

der Grenzen der geseßlihen Vorschriften und bejstünde ein Ent- gegentommen vielmehr auf der kirchlichen Seite. wurde die Kammer geshlofsen, während der Senat noch bis zum 13. forttagte. Das am 4. Juni angenommene definitive Budget ckfür 1874 ergiebt an ordentlihen Ausgaben 1,319,043,983 Lire, an außerordentlihen Ausgaben 221,818,278 Lire, zusam- men 1,540,862,261 Lire; an Einnahmen 1,364,147,325 Lire; Defizit 176,714,936 Lire. Die Ausgaben vertheilen sfihch auf die verschiedenen Ministerien wie folgt: Finanzen 991,186,728, Justiz 31,145,680, Unterricht 21,946,213, Aeußere Angelegenheiten 6,002,928, Innere Angelegenheiten 56,257,917, Oeffentliche Arbeiten 164,128,469, Krieg 213,015,852, Marine 45,455,772, Ackerbau 17,722,699 Lire. __ Vom 20. November 1873 bis zum 4. Juni hat die Depu- tirtenkammer 142 öffentlihe und eine geheime Sizung gehalten. _ Die kirhlihe Bewegung zeigte in der Periode von Mitte Mai bis heute eine stets zunehmende Lebhaftigkeit. Schon im vorigen Bericht war der polizeilih in lezter Stunde ver- botenen Mailänder Prozeifion gedaht. Für diesmal bleibt nah- zutragen, daß der Präfekt Graf Torre die vollständigste Billi- gung seines Verfahrens Seitens des Ministers des Innern er- halten, und daß er die Absicht aufgegeben hat, feine Stellung niederzulegen.*)

Am 16. Mai wurde in der Gemeinde Paludano der frei gewählte Pfarrer Orioli feierlich eingeführt. Guerrieri-Gonzaga, in Deutschland dur seine trefflihe Faust-Uebersezung bekannt, hielt eine mit Enthusiaszmus aufgenommene Rede bei diesem Anlaß. Es isst derselbe Gonzaga, der in einer Interpellation bin, die große Wichtigkeit dieser religiösen Volks - Initiative inwies.

Am dritten Tage darnach \prach der Bischof Rota von Mantua über Orioli und seine zwei Genossen die Exkommuni- fation aus, die nahher noch feierliher durch ein Dekret der Konzils-Kongregation, in Anknüpfung an die Encyclica vom 13. November 1873 wiederholt wurde.

Der zum Ersaze des Kardinal gewordenen Chigi zum Nuntius für Paris bestimmte Msgr. Meglia reiste am 18. Mai an seinen Bestimmungsort ab.

Am 29. Mai starb Kardinal Falcinelli, bis vor Kurzem.

Nuntius in Wien. Er machte den Papst zu scinem Erben.

Am 15. Juni fand ein Konsistorium statt, in welhem den neu ernannten Kardinälen Chigi, Guibert und Simor der Mund geschlofsen und wieder geöffnet wurde. Später nahmen dieselben Besiß von den ihnen zugewiesenen Titularkirhen.

Am 18. Juni hielt der Papst vor dem heiligen Colleg jene sehr bemerkte Rede, welche jeglihe Bemühung zur Herbeiführung eines sogenannten modus vivendi zurüdwies und alle Proteste erneuerte. Die „Perseveranza* antwortete darauf: „Wenn Krieg sein joll, so wird Krieg fein.“ |

In späteren Gelegenheitsreden \prach \sich der Papft gegen die Betheiligung der Katholiken an den politishen Wahlen aus, erwähnte der Aufforderung, die ihm zugetommen, Rom zu verlassen, erklärte jedo, troß der Gefahren so lange hier aus- harren zu wollen, als es Gottes Wille sei. Eine tadelnswerthe und allgemein getadelte Gegendemonstration am Abend des 24. muß noch immer den Vorwand bieten, den Papst als in feiner persönlichen Sicherheit bedroht darzustellen. Die Tage des h. Peter und Paul (29. und 30. Juni) find ohne Störungen vor- übergegangen.

Der am 13. Iuni in Venedig zusammengetretene Kongreß der katholishen Vereine aller Art erfreute sh wie der Mainzer der Zustimmung und des Segens des Papstes.

Die öffentliche Sicherheit Siziliens bildet seit Wochen eine fichende Rubrik der Zeitungen. In der Nähe von Orvieto wurde Graf Claudio Faina von Briganten fortgeführt und ermordet (25. Mai), sowie ein hochgestellter Beamter auf dem Marktplaß von Parma, und in Bologna verschwand auf un- enträthselte Art ein Königlicher Advokat.

Wegen der Theuerung der Lebensmittel gab es an ver- schiedenen Orten Tumulte und Erzese, so in Faenza, wo Arbeits- einstellung in den Webereien den Anlaß boten, in Imola, wo man sogar an Brandstiftung gedacht hatte, zuleßt in Forli.

Am 31. Mai fand die Eréffnung der Bahn von Cozzone in Kalabrien statt. Die Brücke von Borgoforte is fertig und die Strecke Mantua-Modena seit dem 27. d. M. dem Verkehr übergeben.

Türkei. Konstantinopel, 7. Iuli. (T. N.) Die türkishe Regierung wird \fich auf dem Brüsseler internatio- nalen Kongreß ebenfalls vertreten lassen. Die Aerzte Bartoletti Efendi und Ali Bey, Delegirte der Türkei für den Sanitäts-Kongreß in Wien, find heute dahin abgereist.

Belgrad, 8. Iuli. Der Fürst Milan wird am Freitag nach Wien abreisen.

Nußland und Polen.

St. Petersburg, 9. Juli. Der Großfürst Michael Nikolajewitsch und die Groß- fürstin Olga Feodorowna sind mit ihren Kindern am 98. Juni aus Tiflis eingetroffen und haben in der Villa Michai- lowka zwischen Sstrelna und Snamenskoje Wohnung genommen.

Der Minister der Kommunikationen, General-Lieutenant Graf Bobrinsky, ist am 6. d. M. mit der Warschauer Bahn

von hier abgereist. Die Rückehr des Ministers erfolgt, wie die russishe „St. P. 3.“ meldet, gleichzeitig mit derjenigen des Hofes, d. h. am 12. Juli.

Die Regeln über die Gemeindeverwaltung der astrahanshen Kalmücken, welche eine-besondere Kommission bei dem Domänen-Ministerium ausgearbeitet hat, find, wie die „R. W.“ gehört hat, dem Kriegs-Ministerium übergeben worden, um im Anschluß an dieselben Vorschläge über die Gemeinde- verfassung der im Donschen Gebiet nomadifirenden Kalmüdcken zu machen. Ö

In Veranla}ung des Senatsukases, durch welchen an- geordnet wird, daß die Rückstände für Pläne und Vermefsungs- urkunden der Kronländereien unverzüglih zu bezahlen find, hat das Domänen-Ministerium, wie der „R. W.“ gemeldet wird, beschlossen, durch den Reichsrath zur Deckung solher Rück-

*) Den ursprünglichen Beschluß hatte übrigens nicht, wie in der leßten Uebersicht irrthümlih angegeben war, das Urtheil der kleri- kalen Presse, das ja- niht anders zu erwarten stand, sonde n das- jenige von der Regierung nahestehenden Journalen hervorgerufen.

Von allgemeinem Interesse | i : | „St. P. 3.“ fich in Polen, besonders in den Grenzgegenden, n Mai von Miceli gestellte Interpellation | über das Verfahren der Regierung in Ertheilung des Exequatur | D auf welche der Iustiz- | | Minister antwortete, die Regierung hielte sfich fireng innerhalb

Am 5. Juni |

fiände um eine neue Assignation für das laufende Iahr einzu- fommen, da die ganze dazu bestimmte Summe {hon für die erste Hälfte des Jahres verausgabt werden muß.

Die Cholera soll nach einer Depesche der rusfischen

gezeigt haben. Sicherheitsmaßregeln werden getroffen.

Die Nachricht der „Börse“ daß das Minister-Comité den vom Minister der Kommunikationen gestellten Antrag ver- worfen hätte, wona alle neuen Eisenbahnen künftig nur noch für Rechnung des Staats erbaut werden follten, if der „St. P. Ztg.“ zufolge unrihtig. Die Mehrzahl der Mitglieder des Minister-Comités sei vielmehr mit dem Projekt des Ministers der Kommunikationen völlig einverstanden gewesen, um fo in der allerbestimmtesten Weise jeglihes Konzessionswesen ein für alle Mal zu beseitigen. Inzwischen sei aber durch den Finanz- Minister ein anderes Projekt vorgelegt worden, in Bezug auf welches das Comité beschloß, daß zwishen den Ministerien der Kommunikationen und Finanzen dieserhalb Verhandlungen ein- geleitet werden möhten. Zuglei betonte das Comité, daß die- jes néue Projekt übrigens nihts Gemeinsames mit dem Kon- gessionswesen haben dürfe. Auf diese Weise ist das Projekt des Ministers der Kommunikationen also lediglih vertagt.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 7. Juli. Laut -Verordnung vom 5. Juni soll auf der Schiffswerfte zu Karlsfrona der Bau eines neuen Kriegss\chiffes in An- griff genommen werden, nämlich einer hölzernen Dampffkorvette von folgenden Dimensionen: Länge 202 Fuß, Breite 34 Fuß, Tiefgang vorne 15!/z und hinten 17!/, Fuß; an Geshüg erhält dieselbe 2 Stück 5,czzöllige und 6 Stück 4,zöllige gezogene Ka- nonen und Maschinerie nah dem Wolffsshen System, mit Kon- densatoren versehen, 900 indizirte Pferdekraft, berechnet zu einer Geschwindigkeit von wenigstens 10!/4 Knoten. Die Kosten dieser Korvette, für welche eine Besaßung von 180 Mann bestimmt ist, werden fih auf 1,150,000 Kronen belaufen.

Staatsrath Bergstrôm hat, in Begleitung des Chefs der Staatseisenbahnbauten die unter Arbeit befindliche Strecke der Stammbahn Boxholm und Näfsjö in Augenschein genommen. Die Arbeiten an der neuen Bahn Malmö-Ystad nehmen ununterbrochen ihren Fortgang. i

Î ——TERAETD Dänemark. Das große Volksfest zum 1000jährigen Iubiläum der Kolonisation Islands soll, dem islän- dishen Blatte „Tjodolfr“ zufolge, bei Thinevallir, vom 5. bis 7. August gehalten werden, und werden der König und sein Gefolge, sowie die zahlreihen Fremden, dazu, wahrscheinlih auf der Rückreise vom Hekla und Geysir, dort eintressen. Dem Gottesdienst in der Kirhe zu Reykjavig, welcher am 1. Auguf| angeordnet ist, wird der König beiwohnen. Dort befindet \ih U. A. ein werthvolles Taufbecken von Thorwaldsen, welches er Island als seinem „Vaterlande“ geschenkt hat. Thorwaldseu, früh von seinen Eltern getrennt, welche starben, als er in Rom war, und welche auch niht mit ihm forrespondiren konnten, scheint nämlih über den Ort seiner Geburt lange ungewiß ge- wesen zu sein, bis nah seiner Rückehr hierher dur die Kirchen- bücher nahgewiesen ward, daß er hier geboren worden ist.

Amerika. Die Vereinigten-Staaten-Truppen hatten einen Kampf mit den Sioux-Indianern im Gebiete Wyoming zu bestehen. Von leßteren wurden 53 getödtet oder verwundet, während der Verlust der Truppen nur drei Todte betrug.

Die Nr. W des „Central-Blatts für das Deutsche Reich *, berauêgegeben im Reichskanzler-Amt (Berlin, Carl Hey- manns Verlag), hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verwaltungs- sach-n: Verweisung von Ausländern aus dem Reit sgebiete. Münz- wesen: Ueersicht über die von den deutschen Bundeestaaten in Folge des 8. 3 der Bekanntmachung vom 6. Dezember 1873 (R. G. Bl. S. 375), vetreffend die Außercours!eßung der Landesgoldmünzen und der landesgeseßlich den inländischen Münzen gleichgestellten ausländi- schen Goldmünzen, im Monate Mai 1874 zu einem festen Werthver- bältnisse eingelösten deutschen Landeëgoldmünzen; Uebersicht über die Ausprägung von Reichêmünz-n. Zoll- und St-uerwesen : Kompetenz und Ueberweisung 2c. von Zollämtern. Marine und Schiffahrt: Quarantain-Vor)criften. Heimathwesen: Nichterstattbarkeit ver- auélagter Verwaltungskosten. Postwesen: Uebersicht über die wäh- rend des II. Quartals 1874 im deutschen Reichspostgebicte eingcrich- titen und aufgehobenen Postanstalten ; Bekanntmachungen, betr.: Un- zureichend franfirte Briefe aus Ceylon; Uebertragung der Postverwal- tungsgeshäfte für die Kreije Weßlar und Schmalkalden an die Kaiser- lichen Ober-Postdirektionen in Frankfurt a. M. bez. Erfurt; Eröff- nung der Eijenbahn Magdeburg-Zerbst. Konsulatwesen: Ernennung und Kompetenz von Konsularbeamten.

Vereinswesen.

Der Invalidendank, Verein zur Förderung der Erwerbs- thätigfeit deutsher Invaliden, hat seinen zweiten Rechenschaftsbericht veröffentlicht. Derselbe umfaßt den Zeitraum vom Frühjahr 1873 bis dahin 1874, in welchem der Verein 528 Invaliden (darunter 11

| Offizieren und 1 Zahlmeister) Anstellungen verschafft hat. Die An-

noncen-Expedition hatte im Jahre 1873 3698 Aufträge im Werthe von 77,568 Thlr. Der am 4. Dezember 1873 erêffnete Theaterbillet- Nerkauf brachte bis zum 31. März d. J. bei einem Absaß von 12,880 Billets im Werthe von 10,619 Thlr. einen Reingewinn von 92 Thlr. 21 Sgr. 5 Pf. Die Verlagébuhhandlung feßte 4406 Bücher ab mit einem Reingewinn von 244 Thlr. Der Verkauf von 2020 Loosen für die Deutsche Lotterie zum Besten eines deutschen Krankenpensionats in Marienbad und 100 Côiner Dombauloosen brachte 183 Thlr. Ver- dienst. Eine Azentur der Möbel-Transport-Aftiengesellshaft ist erst seit Kurzem übernommen. Die Ausgaben des Vereins im J. 1873 beliefen sih auf 6999 Thlr. 18 Sgr. 5 Pf. An Unterstüßungen zahlte der Verein 166 Thlr. 10 Sgr. 6

Statistische Nachrichten.

Der internationale statistishe Kongreß, der im vo- rigen Jahre zu Wien tagte, versammelt sich in diesem Jahre in Stockholm und zwar am 27. August.

Der russische „Regierungs-Anzeiger“ enthält eine Statistik des von Wölfen vernichteten Viehstandes im Gouvernement Kaluga während des verflossenen Jahres. Danach beträgt der Verlust 32,260 Stück, nämlich 28,845 Pferde, Groß- und Kleinvieh, Schweine 2c. und 3415 Stück Hausgeflügel.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin. Die nächste Sitzung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte findet heute Abend 7 Uhr im Saale der Berg-Akademie, Lustgarten (alte Börse) statt. Auf der Tagesordnung stehen: 1) Bericht über die Expedition nach Wildberg und Neu-Ruppin. 2) Herr Bartels über einige, der Alsener ähnliche Gemmen. 3) Hr. Friedel über Gnidelsteine. 4) Hr. Bastian über die Eheverhältnisse bei deu Naturvölkern.

Zugleich sind die Mitglieder benachrichtigt worden, daß vom 7. bis 16. August der internationale archäologische Kongreß in Stockholm stattfindet. Bei vorheriger Meldung und Einzahlung von 3 Thlrn. werden Karten ausgegeben, welche eine Preisermäßigung