1874 / 165 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Jul 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Gosau-Mühle Musikpiecen. Nach dem hierauf eingenommenen Abendessen erfolgte die Rückfahrt nach Ischl. Abends wurden die Gebirge beleuhtet und fand ein Militärkonzert statt.

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kron prinzes#sin begaben Sih am Montag mit Ihrem Gefolge von London nah Bedford zum Besuch der dortigen landwirthschaftlihen Ausstellung. Die Reise dahin legten die Höchsten Herrschaften in einem Salonwagen der Midland- Eisenbahn zurück. Nah Besichtigung der Ausftellung statteten Höchstdieselben dem Herzog und der Herzogin von Bedford in Woburn-Abbey einen Besuch ab, nahmen dort das Dejeuner ein und kehrten Nachmittags nah London zurück. Am Abend \peiste der Kronprinz in Begleitung des Prinzen und der Prin- zessin von Wales fowie des Großherzogs von WVecklenburg- Streliß beim Grafen und der Gräfin Sydney, und später er- \chienen die Höchsten Herrschaften auf einem Balle bei Sir Ivor und Lady Cornelia Guest. at «Sti

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Aus Kissingen, 15. Juli, Mittags 12 Uhr, wird über das Befinden des Reichskanzlers Fürsten v. Bismarck durh W. T. B. von kompetenter Seite berihtet: „Nachdem: si her- ausgestellt, daß bei Behandlung der: verleßten Stelle mit Eis keinerlei Nachtheile für den Patienten zu befürchten sind, wurde die Behandlung der Wunde mit Eis fortgeseßt, und vermindert fih unter derselben die Entzündung rascher, als zu erwarten war. Das Allgemeinbefinden i} befriedigend.“

Fürst Bismarck hat sich nochmals in einem an den Minister-Präsidenten v. Pfrehschner gerihteten Telegramm für die ihm vom König von Bayern in Veranlassung des Attentats erwiesenen Aufmerksamkeiten, Sympathie und Theilnahme bedankt.

Aus Kissingen, 15. Juli, meldet W. T. B. ferner: Heute Vormittag 9 Uhr if aus Anlaß des vereitelten Attentates gegen den Reichskanzler Fürsten v. Bismar ck ein Hochamt in der hiesigen katholischen Pfarrkirche abgehalten worden. Am Schlusse des Gottesdienstes gab der fkatholishe Pfarrer Dieß dem Gefühle des Abscheues gegen die That und den Thäter unverhohlenen Ausdruck. In der jüdishen Synagoge findet heute Nachmittag besonderer Dankgottesdienst statt. Der jüngere Sohn des Fürsten Bismarck, Graf Wilhelm, is gestern Abend hier ein- getroffen. Ueber das Resultat der gerichtlihen Untersuchung kiegen zuverlässige Nachrichten niht vor. Der Haupt\chuldige Eduard Franz Ludwig Kullmann is am 14. Juli 1853 in Neustadt-Magdeburg geboren.

Ueber Kundgebungen der Theilnahme für den Reich3- r S Fürsten von Bismarck haben wir heut weiter zu be- rihten :

Sämmtliche zur“ Zeit hier anwesende Mitglieder des diplomatischen Corps haben im Laufe des 14. theils im Auftrag ihrer Regierungen, theils aus eigenem Antriebe dem Staatss\ckretär v. Bülow ihre Aufwartung gemacht, um ihrer Tebhaften Theilnahme an dem Ereigniß, welches den Fürsten-Reihs- kanzler betroffen hat, Ausdruck zu geben.

Als das Attentat hier in der Residenz in den Abendstunden des 13. in den Theatern und Konzertgärten bekannt wurde, stimmten in vielen derselben die Kapellen patriotische Lieder an, und das Publikum brachte dem Reihskanzler stürmische LebehoŸs. Aus zahlreichen öffentlihen Lokalen wurden au sofort Glü-= wunsch-Telegramme nah Kissingen gesandt. Ebenso find dcr Magistrat und die Stadtverordneten von Berlin gestern zusammengetreten, um ein Glückwunschschreiben an den Reichs- kanzler zu beschließen.

Der Magistrat von Breslau hat folgendes Telegramm an den Fürsten von Bismarck nah Kissingen abgesandt :

„In tiefster Entrüstung über das gegen Ew. Durck laucht verübte Attentat, aber im lebhaftesteu Dankgefühle gegen Gott, dessen Gnaden- hand Ibr theures Leben wiederum so fihtbrr ges{chüßt bat, bekunden wir in Vertretung und im Sinne der gesammten, zu Kaiser und Reich stehenden Bürgerschaft von Breslau Ew. Durchlaucht unsere ver- ehrungévolle, innige Theilnahme und unsere herzlichsten Elückwünsche bei Jhrer Errettung. Die Vorsehung erhalte und kräftige Sie ferner zum Heile unferes deutschen Vaterlandes.

Aus Bunzlau und Glogau, Osnabrück, Melln, Braunschweig haben bereits am 13. Abends angeschene Bürger Glückwunsh-Telegramme an den Reichskanzler abgescickt.

In Lissa wurde eine Adresse aufgelegt, die \sich in kurzer Zeit mit Hunderten von Unterschriften bedeckte.

In Hannover hat die Schütengesellshaft, welche zur Feier ihres Schützenfestes auf dem Schüßenplaß versammeit war, von dort aus eine Depesche nach Kissingen gerichtet.

Die Kommunalbehörden von Cassel sandten gleichfalls ein Glückwunschtelegramm nah Kissingen, ebenso der in Cafsel versammelte deutshe Feuerwehrtag. Die bayerishen Feuerwehr- männer sprachen ihre Glückwünshe in einem besonderen Tele- gramm aus.

Eine von der Handelskammer zu Leipzig abgeschickte Be- glückdwünshung spriht „dem Begründer des Reichs, auf dem Aller Hoffnungen für dessen weiteren Ausbau ruhen, ihre Freude über seine Rettung aus der von ruthloser Hand gedrohten Lebensgefahr und die besten Wünsche für baldige Genesung aus.“

Der Gemeindevorstand und Gemeinderath der Residenzstadt Weimar haben nachstehende Adresse dem Reichskanzler tele- graphisch übermittelt :

„Sr. Durchlaucht Herrn Otto Fürsten von Bismarck. Kissingen Aus Anlaß der Errettung Ew. Hochfürjtlichen Durchlaucht aus ernster Gefahr, die durch verruchte Hand dem Leben des größten Staats- mannes, Helden und Wobhlthäters des deutschen Volks bereitet wurde, bringt die Großherzogliche Residenzstadt Weimar durch ihre legale Vertretung tief bewegt und von Dank gegen die Vorsehung erfüllt, ihre ebrerbiectigften und innigsten Glückwünsche dar.“

Der Senat der freien Hansestadt Bremen hat folgendes Telegramm an den Reichskanzler gerichtet :

„Ew. Durcblaucht senden wir auf die Nachrict von dem dur Gottes Gnade glücklich abgewandten ruchlosen Attentate unseren innig- sten Glückwunsch, welchem, wie wir überzeugt sein dürfen, unsere ge- sammte Berölkerung fich anschließt.

Der Senat.“

Darauf ift am 15. die folgende, um 7 Uhr Morgens in Kissingen aufgegebene Erwiderung des Reichskanzlers eingetroffen : „Ich sage Ihnen meinen herzlihsten Dank für Jhre freundliche Dheilnahme; baldige Wiederherstellung zu hoffen. G: ismarckŒÆ.“

Das Telegramm der Bürgerschaft lautet:

__ yDie versammelte Bremische Bürgerschaft beschließt: Dera ruhm- reihen Kanzler, Fürsten Bismarck, ihrem verebrten und geliebten Mitbürger, für dessen gnadenreihe Bewahrung Gott dankend, ihre Breude und ihren herzlichen Glückwunsh auszusprechen. *

Der Evangelishe Ober-Kirhenrath hat das fol- gende Eidesformular festgestellt, welhes fortan bei der Ver- eidigung der weltlihen Kirhenbeamten, welhe weder zu- gleih Staatsbeamte find, noch ein Lehramt zu bekleiden haben, in Anwendung zu bringen ist. Hatte der Berufene in einem früheren Dienstverhältnisse {hon den Staatsbeamteneid geleistet,

oder war er {hon früher als Lehrer eidlih verpflichtet worden, so genügt es, wenn ihm unter Hinweis auf den bereits geleiste- ten Diensteid nach Vorhaltung seiner Dienstobliegenheiten im Kirchenamte das feierlihe, durch Handshlag zu bekräftigende Versprechen treuer Pflichterfüllung abgenommen und protokolla- ris{ch g wird.

q \{wöre einen Eid zu Gott, dem Allwissenden und Heiligen, daß, nahdem ich zun bei der evangelischen Gemeinde zu berufen worden bin, in diesem und in jedem anderen kirhlichen Amte, zu welchem ih berufen werden mêchte, ih Sr. Königlichen Majestät von Preußen, meinem Allergnädigsten Herrn, und dem Königlichen Hause treu und gehocsam sein, ‘as Wohl des Vaterlandes in meinem Wirkungskreise nach Kräften fördern, die Pflicht-n des mir anvertrauten Amtes mit Gewisseuhaftigkeit erfüllen, und in meinem Waudel mich so verhalten will, wie es cinem Beamten der evangelischen Kirche geziemt. Alles, so wahr mir Gott helfe, durch Jesum Christum!“

Nah den Reskripten vom 27. Januar 1835 und 16. Mai 1836 (JIahrb. Bd. 45, S. 230, Bd. 47 S. 575) haben die Bezirksregierungen die Verhandlungen über die Wahl der Shiedsmänner, sowie die Qualifikation und die etwai- gen Ablehnungen der Gewählten zu prüfen und event. die Wakhlverhandlungen den Obergerihten behufs der Bestätigung und Vereidigung der Schiedsmänner mitzutheilen.

Jm Interesse der Geschäftsvereinfahung, und da es fi bei den Schiedsmannswahlen vorzugsweise um lokale Interessen handelt, haben die Ministêr des Innern und der Justiz be\lo\- sen, im Geltungsbereihe der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 die oben bezeichneten B.fugnisse den Bezirksregierun- gen abzunehmen und auf Grund des §. 134 Nr. 4 jenes Ge- seßes den Kreisaus\shüssen resp. den Magisträten der freiseximirten Städte zu übertragen.

Die „Prov. Korresp.“ \chreibt aus Anlaß der U nru- hen in Westpreußen:

Die Thatsache, daß die Ausschreitungen in Westpreußen vor Allem gegen die neu eingeseßten Amtsvorsteher und gegen die Amtsgefängnisse gerihtet waren, ist hier und da benußt worden, um die Vorgänge als ein Anzeichen darzustellen, daß die neuen Einrichtungen der Selbstverwaltung sich niht bewähren und kei- nen Boden in der Bevölkerung finden.

Obwohl die bewegenden Ursachen und der innere Zusam- menhang der Unruhen bisher noch nit völlig klar gelegt sind, so gewähren doch die vorläufig festgestellten Thatsachen zu jener Schlußfolgerung durhaus keinen Anhalt.

Den tha1sählihen Anlaß der Unruhen hat augenscheinlih die Verhängung polizeilicher Strafen Seitens der Amtsvorsteher und deren Vollstreckung in den Amtsgefängnissen gegeben. Von keiner unbetheiligten Seite is aber bisher behauptet worden, daß die von den Amtsvorstehern in den einzelnen Fällen getroffenen Entscheidungen wirklich unberehtigt oder zu hart gewesen \eien. Es ist ja allerdings möglich, daß von den neuen Beamten der Selbstverwaltung niht von vornherein in allen Fällen mit der wünschenswerthen Umsicht verfahren worden is, deshalb weist der landräthlihe Erlaß auf die in dem Geseße offen gelassene Abhülfe hin zunächft aber liegt nur die Thatsache vor, daß die Amtsvorsteher mit der ihnen übertragenen Befugniß zur Handhabung der ländlichen Polizei, namentlich der Willkür des ländlihen Gesindes gegenüber Ernft gemacht haben. Damit würde dann gerade eine der an die neue Kreisordnung geknüpf- ten Erwartungen, die Herstellung ‘einer rascheren und wirksame- ren ländlihen Polizei zur Erfüllung gelangen.

Seibstverständlih wird eine erfolgreihe Wirksamkeit der neuen Polizei denjenigen, gegen welche sie vorzugsweise zur An- wendung kommen muß, sehr unbequem und verhaßt sein, und je weniger die betreffende Bevölkerung auf ihrer Vildungs- stufe etwa eigentlih „politishen Gesihtspun'ten“ zugänglich ift, desto mehr wird fie bereit sein, allen Einflüsterungen in Bezug auf die Ungerechtigkeit der neuen Einrichtungen und zwar au den widerspruhsvollsten Einflüssen das Ohr zu leihen-

Keinem verständigen Politiker kann es ernfstlih in den Sinn kommen, aus den unverstandenen, wirren Aeußerungen, welche auf Grund sfolcher Einflüfterungen von den Unruhestiftern zur Bemäntelung ihrer Aus\chreitungen vorgebracht worden sind, Schlüsse gegen die Wirksamkeit der neuen Einrihtungen zu thvn.

In einem anderen Artikel äußert sfih daselbe Blatt:

So sehr die Vorgänge bei Königsberg alle Betheiligten zu erhöheter Umsicht bei der weiteren Durchführung der Kreisord- nung mahnen, fo wenig wird dur dieselben die Zuversicht auf ein glücklihes Gelingen der Aufgabe erschüttert.

Gerade aus der Provinz Preußen liegen noch aus der jüngsten Zeit die entschiedensten Zeugnisse der Befriedigung dar- über vor, daß der neu eingeführte Organismus der Selbstver- waltung in jeder Beziehung auf hoffnungsreihe Weise wirksam zu werden beginne. Ein Landrath, welcher der streng konser- vativen Partei angehört, berihtete, daß nah allseitiger Durch- führung der Kreisordnung die Amtsthätigkeit des Kreisaus- \husses sowohl, wie diejenige der Amtsvorsteher in erfreulicher Entwickelung begriffen sei.

Die sämmtlichen Mitglieder des Kreisaus\{chu}es haben be- sondere Abtheilungen der Kreisverwaltung übernommen und sich mit großem und erfolgreichem Eifer eingearbeitet. Auch die Amtsvorsteher haben \sfich ihren neuen Berufsarbeiten mit voller Hingebung gewidmet und durch ihre Sach- und Lokalkenntniß unterstüßt, weit bessere Erfolge erzielt, als dies Scitens der bis- herigen Polizeiverwaltungen bei dem großen Umfang ihrer Be- zirke der Fall sein konnte. Wenn au anzunehmen ist, daß der erste Eifer niht überall durchweg anhalten wird, \o ist doch bei Einführung einer neuen Einrichtung der erste Anfang das \chwerste Stück der ganzen Arbeit, und steht zu hoffen, daß, wenn die neuen Organe sih vollständig eingearbeitet haben, die ge- sammten neuen Verwaltungs-Einrihtungen in erfolgreiher Weise funftioniren werden. Auch die neue Kreisvertretung hat sich ihren Arbeiten auf einer Reihe bereits stattgehabter Kreistage mit ebensoviel Eifer wie Ausdauer gewidmet, und das Ver- hältniß innerhalb der Kreisvertretung selbst, wie zwischen ihr und dem Landrathe, als ihrem Vorsizenden, sowie dem Kreisaus- \{huf}se, hat fih als ein vollständig harmonisches gestaltet.

Dieses Urtheil über die. segensreihe Wirksamkeit der neuen Einrichtungen, welches von dem Regierungs-Präsidenten in Bezug auf seinen ganzen Bezirk „aus vollfter Ueberzeugung“ bestätigt wird, fällt jedenfalls anders ins Gewicht, als die unklaren und widerspruhsvollen Aeußerungen verführter Tumultuanten.

__ Es liegt, wie g-s\agt, in den ostpreußischen Vorgängen bisher keine Thatsache vor, durch welche die Zuversicht auf eine gedeih- lihe Entwickelung der neuen Einrichtnngen ernfstlih erschüttert werden fönnte,

Vom 1. Juli d. I. ab ist ein Theil des Kieler Hafens als s\pezielles Gebiet der Kriegëmarine abgetrennt worden. Das Marinegebiet umfaßt denjenigen Theil des Kieler Hafens, welcher außerhalb einer von dem innersten Duc d'Alben bei dem Ka-

sernenshif „Barbarossa® nah der innersten Vertäuungsboje der Marine (Nr. 6) und von dort nah dem südwestlihnen Punkte des fisfalischen Terrains bei Wilhßelminenhöhe führenden ge- brochenen Linie liegt, und ist dem Marinestationschef zur Wah- rung der Hafenpolizeivorschriften direkt unterstellt. Der Stations-

chef trifft daher alle Bestimmungen über Passiren, Ankern, Löschen .

und Laden, sowie allgemeines \eepolizeilihes Verhalten der Fahr- zeuge in dem Fahrwasser desMarinegebiets, während \ih in der Aufsicht über die Ufer und Landungsstellen nichts ändert und auch in allen übrigen Beziehungen die Vorschriften der Kieler Hafen- und Brückenordnung in Kraft bleiben. Die Aufsicht über das Fahrwasser des Marinegebiets führt unter dem Stativnschef der Hafenkapitän der Marine.

Der bisherige amerikanische Gesandte in St. Petersburg, Mr. Jewell, welcher, wie gemeldet, zum General-Postmeister- ami der Vereinigten Staaten berufen is, beabsichtigt auf seiner Durchreise durch Berlin die hiesigen Posteinrihtungen zu besih- tigen und Besprehungen mit dem Generalpostdirektor Dr. Stephan zu halten. Der Leßtere begiebt sih demnächst in Angelegenheiten der Seepostverbindungen mit Schweden und Norwegen nah Stockholm.

Der General-Lieutenant von Bülow, Inspecteur der 2. Feld-Artillerie-Inspektion, hat sich behufs Besichtigung der S S auf den Schießplaß bei Jüterbogk egeben.

__— Der General-Major von Karczews ki, Direktor des Militär-ODekonomie-Departements im Kriegs-Ministerium, ist von Wildbad in Württemberg hierher zurückgekehrt.

Der Major Prinz Friedrih zu Hohenzollern, etatsmäßiger Stabsoffizier im 1. Garde-Dragoner-Regiment, hat fich mit Urlaub nah Oesterreich begeben.

Der Königlih württembergishe Militärbevollmächtigte Oberst Faber du Faur hat sih mit mehrwöchentlihem Urlaube nah der Schweiz begeben.

S. M. Panzerfregatte „König Wilhelm“ hat am 15. d. M. den Hafen von Wilhelmshaven verlassen und is auf der Rhede zu Anker gegangen. Heute wird dieselbe ihre Probe- fahrt beginnen.

Wilhelmshaven, 11. Juli. Ihre Königlichen Ho- heiten der Großherzog und die Großherzogin "on Oldenburg, Ihre Majestät die Königin von Griechen- land, und Se. Hoheit der Herzog Georg trafen heute mit Gefolge von Rastede hier ein und fuhren nach Besichtigung der Hafenanlagen über Hooksiel nah Jever zurü.

Bayern. München, 15. Juli, (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten stimmte in ihrer heutigen Sizung bezüglih des außerordentlichen Militärkredits den Beschlüssen der Kammer der Reichsräthe in den meisten Differenzpunkten bei und genehmigte demgemäß die verlangten Summen für Truppen- und Trainfahrzeuge, für Granatkartätshen mit Zeitzündern, für Anschaffung eiserner Pontons statt der bisherigen hölzernen 2c. Die Kammer lehnte dagegen die Forderung für eine bombenfeste Kriegsbäckerei in Ingolstadt ab. Die gesammte bewilligte Summe beträgt nun 10,129,710 Gulden und wurde dieselbe in nament- liher Abstimmung mit 80 gegen 46 Stimmen definitiv genehmigt. Die Kammer der Abgeordneten hatte früher nur 9,457,660 Gulden bewilligt, während die Regierung 10,826,900 Gulden gefordert hatte.

Kissingen, 15. Juli, Abends. (W. T. B.) Der Poli- zeipräsident- v. Madai aus Berlin is heute Abend hier ein- getroffen.

Württemberg. Stuttgart, 14. Juli. Die heute ausgegebene Nr. 19 des Regierungsblattes veröffentliht das Geseg, betreffend die Errichtung von Handels- und Ge- werbekammern, vom 4. Zuli 1874.

Dem General-Lieutenant und Commandeur der 26. Divifion (1. Königlih Württembergische), Freiherrn v. Reißen- stein, ist der Abschied mit Pension bewilligt, dem Ober- Kriegs - rath v. Widenmann unter Ernennung zum General-Auditeur mit dem Rang der Direktoren von Landés-Kollegien die Stelle als Chef der Justiz-Abtheilung des Kriegs-Ministeriums über- tragen, und der char. Kriegsrath Silcher unter Beförderung zum Kriegsrath zum Rath der Iustiz-Abtheilung des Kriegs- Ministeriums ernaynt worden.

Sachsen - Weimar - Eisenach. Weimar, 15. Iuli. Der Großherzog ist gestern nah einem fast achttägigen Aufenthalt in Jena, welcher hauptsählih den Jnteressen der Universität galt, zurückgekehrt. Se. Königlihe Hoheit wohnte tägli} mehreren Kollegicn bei, besichtigte die akademischen und agronomishen Etablissements und inspizirte außerdem noch die neue Bataillonsshwimmanstalt. Am ersten Tage dinirte der Großherzog bei dem Oberst-Lieutenant v. Gélieu, sah dann fast täglih Gäize bei fih im Prinzessinnengarten und brachte zuleßt einen Abend bei dem Staatsrath Dr. Seebeck, Kurator der Uni- versität, und einen andern bei dem Dber-Kirchenrath Hase, zu.

Sachsen : Coburg - Gotha. Gotha, 15. Juli. Die

Geseÿßsammlung für das Herzogthum Gotha veröffentlicht

eine Nachtrags-Verordnuyg, die Einzeihnung der durch Grund- stückstheilungen entstehenden neuen Grenzen, sowie der Situg-

tion von Neubauten in die Vermessungskarten betreffend. Vom 11. Juli 1874.

Bremens 15. Iuli. Heute fand die Beeidigung und Ein- führung des neuerwählten Senators Plump statt.

An die Vürgerschaft ist cine Mittheilung des Senats gelangt, der zufolge die Finanzdeputation die Ermächtigung, mit der Nord- deutschen Bank in Hamburg und der Bremer Bank einen An-= [leihevertrag über 18 Villionen Mark abzuschließen beantragte. Der Senat fand die Bedingungen dem Staatsinteresse ent- sprehend und er ertheilte daher seinerseits der Finanz-Deputation die beantragte Ermächtigung und ersuchte die Bürgerfchaft, ihm darin beizutreten. Da die Unternehmer mit ihrem Anerbieten sich nur bis zum 22. d. M. einschließlich haben binden wollen, so sah der Senat den Gegenstand als dringlich im Sinne des 8. 50 der Verfassung an und beantragte, daß die Bürgerschaft demgemäß verfahre.

DBDefierreich-Ungarn. Wien, 14. Juli. (Wien. Z.) Heute fand die 9. Sitzung der internationalen Sanitäts-Kon=- ferenz statt. Vor Beginn der Berathung gaben die gestern eingetroffenen französishen und türkish n Delegirten nachträg- lih ihre Anfichten über die Landquarantäne zu Protokoll, indem sie sich gegen die beschlossene Aufhebung derselben aussprachen. Es wurde nun in die Berathung der Vorshläge der Quaran- täne-Kommission eingegangen, und die Generaldebatte über diesen Gegenstand eröffnet.

In derselben machten fich zwei einander gegenüberstehende Ansichten, und zwar eine für die Beibehaltung der jeßigen See- Quarantäne und die andere für die Auflassung derselben und die Einführung des von der Kommission vorgeschlagenen stren- gen Revisions\ystemes geltend.

Der portugiesishe Delegirte Dr. de Souza Martins, Pro- fessor an der medizinishen Schule in Lissabon, hob in längerer Rede den großen Werth der See-Quarantäne bei Cholera-Epi- demien hervor und suchte alle Argumente, welche die Kommisfion bei Abfassung ihres Berichtes zu dem Antrage auf Beseitigung der See-Quarantäne geleitet hatten, zu entkräften. Diesen Aus- führungen {lossen sich die Delegirten aus Frankrei, Griechen- land, Serbien und der Türkei an. Die Delegirten der übrigen Länder erklärten \sih für den Standpunkt der Kommission, indem fie fich dur ihre hervorragendsten Fahmänner in sehr eingehen- der Weise an der Debatte betheiligten. Dr. Semmola (Italien), Dr. Kierulf (Norwegen), Dr. von Capelle (Niederlande) brachten aus ihren Heimathsländern sehr treffende Beweise für die Nußlosigkeit der See-Quarantäne und für die ganz besondere Wirksamkeit des Revisions\ystemes bei. Vom praktishen und wissenschaftlihen Standpunkte ershöpften den Gegenstand Dr. A. Hicsh und Dr. v. Pettenkofer (Deutschland), Dr. Drasche und Dr. Ritter v. Sigmund (Oesterreih). Sie bewiesen aus den ihnen zu Gebote stehende reihen Erfahrungen, daß eine noŸ so streng durchgeführte See-Quarantäne die Cholera nicht aufzuhalten im Stande sei. Die Beschlußfassung über diesen Gegenstand wurde auf morgen vertagt.

I\chtl; 15. Zuli, (W. T. B). Dex Fürst Milan von Serbien is heute Abend mit Gefolge hier eingetroffen und im Hotel Elisabeth abgestiegen.

Pest, 14. Juli. In der heutigen Sitzung des Abgeord - netenhauses beantragte Solymossy die Verlegung der-Sizungs- geit auf 7 bis 11 Uhr Vormittags. Auf Verlangen Ghyczys wurde die Entscheidung hierüber auf morgen vertagt. In fort- geseßter Generaldebatte über die Eisenbahnvorlagen führte der Finanz-Minister Ghyczy aus, daß der Konventionsabschluß nicht zurückgewiesen werden . konnte, ohne die gesammte öffentliche Meinung Europas gegen sich zu haben; von einer Preffion der mit der St:atsbahn liirten Geldmächte könne nicht die Rede sein, eben \o wenig könne aber Ungarn, das nah einander drei Anlehen im Auclande kontrahirte, auf ander- weitige Unterstüßung des Auslandes bei der Herstellung seines Kredites rechnen. Die Garantie für die gleichzeitige Eröffnung finde er im eigenen Interesse Rumäniens und in der unbezweifelbaren Ehrenhaftigkeit, welche Rumänien troy aller Schwierigkeiten in seinen Bahnbau-Angelegenheiten stets bewiesen habe. Die Konkurrenz des rumänischen Getreides sei für unfere im kürzeren Wege verführbaren Produkte ungefährlih. Unsere Hauptaufgabe sei die buldigste Herstellung d-r Ordnung im Staatshaushalte, aber auch das politische Motiv sei niht zu. untershäßen; welches eine enge Anknüpfung an den Nachbarstaat wünschenswerth erscheinen lasse. Morgen wird die Debatte fort-

eseßt.

i 15. Juli. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus genehmigte heute die rumänishe Eisenbahnkonvention mit 166 gegen 107 Stimmen.

Niederlande. Haag, 11. Juli. Das Generalgouverne- ment von Ni ederländisch-Ofstindien hat um Verstärkun- gen für, das San 'tätscorps des Heeres und der Marine nachgesuht. Diesem Verlangen wird alsbald durch Absendung einer Anzahl von Militärärzten aus den Niederlanden entsprochen werden.

Großbritannien und Frland. London, 14. Juli. Die Königin hat gestern in Begleitung des Prinzen Leopold und der Prinzessin Beatrice und ihres Hofstaates Schloß Windsor verlassen und sich nach Osborne auf der Insel Wight begeben, wo fie bis zum 14. oder 15. nächsten Monats ver- weilen und dann nach Balmoral übersiedeln wird.

Der österreichische Gesandte bei der nordamerikanischen Union, Baron Schwarz-Senborn, ist auf der Reise- nah Washington in London angekommen.

15. Juli. - (W. T. B.) Im Unterhause wurde heute die in der Wontagssfizung vertagte Diskussion über den Geseh- entwurf, betreffend die Regulirung des öffentlichen Gottesdienstes wieder aufgenommen. Disraeli trat für die Vorlage ein, welche so gemäßigte und versöhnliche Bestimmungen enthalte, daß durch die Ausführung derselben voraussichtlich eine Vermittelung unter den Parteien werde E werden. Der auf dem Kontinent gegenwärtig stattfindende Kampf zwischen der weltlihen und geistlihen Macht müsse alle Sympathien Englands wachrufen. Um ähnlihen Verwirrungen und Be- unruhigungen zu entgehen, müsse England an den freisinnigen kirhlihen Grundsägen festhalten, zu denen sich die anglifanische Kirche bekenne. Die zweite Lesung des Geseßentwurfs wurde darauf einstimmig beschlossen.

(Monatsübersicht.) Gegen Ende des Monats (23.) verließ die Königin mit der Prinzessin Beatrice Balmoral und kehrte nah Windsor zutück. Am 24. begaben \ich der Herzog und die Herzogin von Edinburgh zum Besuche des Kaisers von Rußland nach Jugenheim.

Das Parlament trat am 1. Juni wieder zusammen. Im Oberhause, in welchem der Herzog von Connaught am 8. zum ersten Male scinen Sig als Pair des Reiches einnahm, wurden die Gerichtsbarfkeitsbill und die Kirchendisziplinarbill in zweiter und dritter Lesung angenommen, ebenso wurde die von der Regierung vorgeschlagene Ernennung eines Ministers für öffentlihe Bauten in Indien, gegen welhe mehrfahe Ein- wände e: hoben worden waren, bei der dritten Lesung der indi- {hen Staatsrathsbill genehmigt. Die dem Hause der Lords vom Unterhause zugeschickte Bill, den Ausschank geistiger Getränke betreffend, gelangte zur zweiten Lesung, ebenso die Regierurigs- vorlage zur Abschaf}fung des Patronatsrechtes in der schottischen Kirche, nahdem der Herzog von Rihmond die Erklärung abge- geben hatte, daß es niht in der Absicht der Regierung liege, das Wahlrecht auf alle steuerzahlenden Bewohner eines Kirchspiels ohneUnterschied der Religion auszudehnen. Die Folge eines von einem Repräfentativ-Pair cingebrahten Antrages, daß die Krone ihr Privilegium irische Pairs zu ernennen aufgeben möge und es zugleich gestattet werden solle, daß irishe und \cottishe Pairs, welche verhindert seien an der Legislation im Oberhause Theil zu nehmen, in das Unterhaus gewählt würden, wurde die Er- nennung einer Kommission beschlossen, welàe den Wahlmodus untersuchen soll, nah welhem die Pairs der betreffenden König- reihe in das Oberhaus geschi{t werden. Der Earl of Mal- mesbury bemerkte bei diefer Gelegenheit, daß die Regierung der Aufnahme der sottishen Pairs, deren Lage eine besonders harte fei, unter die Pairs des Vereinigten Königreiches in einer gewissen Periode niht abgeneigt sei, daß es ihr aber in den drei Monaten ihres Amtes unmögli gewesen sei, dahin gielende Vorlagen einzureichen.

Das Unterhaus bewilligte die von dem Minister der Kolo- nien geforderte Summe von 35,000 Pfd. Strl., um mit dieser und den Einkünften qus den an der Goldküste belegenen Be- fißungen die ueuen Arrangements für die Regierung der west- afrikanishen Kolonien auszuführen. Die Bill über den Aus- \chank geistiger Getränke wurde in dritter Lesung mit 328 gegen 39 Stimmen angenommen. Das von dem Minister des Innern, Herrn Cross, eingebrahte Geseg zur Rege- lung der Arbeitszeit in den Fabriken, nah welhem die Arbeitszeit für Fraue und Kinder über 14 Jahre auf 561/, Stunden in der Woche festgeseßt wird, Kinder von 10 bis 14 Jahren aber nur halbe Zeit arbeiten dürfen, wurde in zweiter Lesung angenommen und die von Hrn. Fawcett gestellten An- träge auf Verwerfung der Beschränkung erwasener Personen wurden sowohl bei der zweiten Lesung der Bill als auch bei der späteren Berathung derselben im Comité abgelehnt. Hr. Newdegate beantragte die Einseßung einer Kommission zur Unter- suchung der Angelegenheiten der Klöster und derartiger katho- lischer Institute und wies bei der Motivirung seines Antrages auf die von den preußischen, österreichischen, italienishen und s\{chweizerishen Regierungen getroffe- nen Maßregeln gegen die Uebergriffe der katholischen Kirche hin. Da sih die Regierung indessen gegen den Antrag ausf\prah, weil derselbe eine formelle Anerkennung der Klöster involvire, verwarf das Haus denselben mit 237 gegen 94 Stimmen. Der von der Home-Rule-Partei gestellte Antrag, daß die irischen Richter vom Lordkanzler ohne Rücksicht auf ihre offiziellen und politishen Ansprüche ernannt werden sollten, wurde ebenfalls verworfen. Ein gleihes Schicksal traf den von dem Führer der irishen Separatisten eingebrahte Antrag, daß es zweck- mäßig und gerecht wäre, der irischen Nation das Recht und die Befugniß zurückzugeben, aus\hließlich irishe Angelegenheiten dur ein irishes Parlament zu ordnen, daß es jedoch angemessen erscheine, gleihzeitig Vorkehrungen zu treffen, die Integrität des Reiches und die Verbindung beider Länder zu erhalten, indem man dem Reichsparlamente - volle und aus\hließliche Kontrole über alle Reichsangelegenheiten vorbehalte. Es war dieser An- trag nicht nur von den Anhängern der Home-Rule-Partei, son- dern auch von vielen Gegnern derselben unterstüßt worden, denen dies eine passende Gelegenheit s{hien, eine brennende Frage zum Austrag zu bringen. Bei der die Sißzungen vom 30. Juni und 1. Juli in Anspruch nehmenden Diskussion des Buttschen An- trages wies der Premier - Minister namentlich darauf hin, wie wenig die augenblicklihen Zustände Europas ein derartiges Vor- gehen gesftaiteten, und wie nöthig eine innige Verbindung Eng- lands und Irlands sei, Der Antrag wurde mit einer Majorität von fast 400 Stimmén verworfen.

In Betreff der Theilnahme der englishen Regierung an dem bevorstehenden Kongresse in Brüssel wurde beiden Häusern die Mittheilung gemacht, daß die Regierung, nahdem sich die- selbe mit den übrigen Mächten in Verbindung geseßt, zwar einen Vertreter nah Brüssel senden werde, daß sie sih aber dur die Beschlüsse des Kongresses niht für gebunden erachten könne, dieselben vielmehr einer weiteren Berathung unterwerfen müsse.

Die Königliche Kommission zur Untersuhung der Beschwcr- den der Offiziere über die durch Abschaffung des Stellenkaufes in der Armee erlittenen Verluste, hat sich in ihrem Bericht dahin ausgesprohen, daß in einzelnen Fällen die Zahlung nahträg- liher Entschädigungsgelder zu empfehlen sei.

Die Legung des Telegraphenkabels zwishen England und Brasilien, über Madeira und St. Vincent, is im Laufe des Monats beendct worden, und if dasselbe dem Publikum bereits zur Benußung übergeben. Anläflih der hergestellten telegraphi-

\{hen Verbindung wurden zwischen der Königin und dem Kaiser

von Brafilien Beglücfwünschungstelegramme ausgetauscht.

Die Synode zur Erwägung iris{-katholischer Kirchenangele- genheiten, zu deren Berufung dem Kardinal Cullen der Befehl von Rom erteilt worden ist, wird sih mit den Geseßen beshäf- tigen, durch welche alle Bullen und Reskripte des Papstes für ungeseßlih erklärt find, ferner auch mit dem Verhältnisse der Klöster zum Staate, der Rechtlosigkeit der Jesuiten und anderer Orden, den Ansprüchen der Katholiken auf Universitäts- und Elementarunterriht und dem Einflusse der Geistlihen bei den Wahlen. Ueber den Zeitpunkt, an welchem die Synode zusam- mentreten wird, ist noch nichts Näheres bestimnit.

Bei den in England im Laufe des Monats vorgenomme- nen Nachwahlen hat sich das Verhältniß der konservativen Par- tei zu der liberalen niht geändert, dagegen wurde in Irland ein Mitglied der Home-Rule-Partei mit großer Majorität gewählt.

Der Kampf zwishen Arbeitgebern und Arbeitnehmern dauert fort. In den in der Nähe von Bristol gelegenen Koh- lengruben haben die Arbeiter ihre Arbeit eingestellt und dadurch den ganzen Kohlenhandel jenes Distrikis zum Stillstand gebracht. Auf einer Massenversammlung der Gruvenarbeiter von Süd-Wales wurde der Beschluß gefaßt, die Vorschläge der Grubenbesizer zurückzuweisen und weder auf eine Herabsezung der Löhne noch auf die Be- dingung eintägiger Kündigung einzugehen. Der Strike der länd- lihen Arbeiter dauert gleichfalls noch fort, doch scheint es, als ob es den Pächtern gelingen werde, die nöthige Anzahl von Ar- beitern aus anderen Gegenden, namentlich aus Canada, heran- zuziehen. Die Arbeitgeber \heinen überall entschlossen zu sein, gegen die Arbeitervereiñe vorzugehen, \o ist dreitausend Arbeitern, welche in den Steinbrüchen von Wales beschäftigt sind, angezeigt worden, daß fie entweder aus dem neugebildeten Vereine aus- zutreten oder ihre Arbeit einzustellen hätten.

Den Berichten aus Indien zufolge haben fich die dortigen Zustände im Allgemeinen niht verändert. Eine Million und siebenhundert tausend Personen wurden an den öffentlichen Ar- beiten beschäftigt, dreihundert tausend erhalten Almosen, unter- fügt werden im Ganzen drei und eine halbe Million Menschen. Bis Mitte Mai waren etwa 50,000 Tonnen Regierungsgetreide verbraucht worden, der täglihe Verkauf belief fih auf 1200 bis 1500 Tonnen. In Iuggingoree brach am 21. Mai ein gegen die Exporteur gerichteter Getreideaufstand aus, do wurde die Ruhe dur eine dorthin zur Unterstüßung der Polizei gesandte Truppen- abtheilung in wenigen Tagen wiederhergestellt. In Folge des in der leßten Zeit gefallenen Regens waren die Aussichten auf die kommende Ernte fast überall vorzüglich, doch werden noch im Laufe des kommenden Monats nah allen bedrohten Gegen- den neue Reservevorräthe geshickt werden. Die Auswanderung nah Burmah beläuft sich bis jet auf 3026 Personen.

Frankreich. Paris, 14. Juli. Der Dreißiger-Aus- \chuß hat gesteru die Subkommission ernannt, welche den Wahlgeseßentwurf mit den Wünschen der Regierung und dem neuen Wahlgeseßze in Einklang bringen soll. Diese Su kom- mission besteht aus den Herren Dufaure, Paris, Delsol und von Ressegnier. Die Subkommission für die Vorlagen, betreffend den Senat und den Uebergang der Gewalten, wird Donnerstag ihre erste Berathung halten ; sie besteht aus den Herren Antonin Lefèvre-Pontalis, d'Andelarre, Daru, Pradié und Waddington.

| Die Faubourgs France,

Der Kriegs-Minister General de Cissey hat angeord- net, daß die Umwallung von Belfort erweitert werde. Montbéliard und Fourneau werden in Zukunft von der militärishen Servitude befreit

Auf dem Petrarcafeste in Avignon wird die Re- gierung durch die Herren Desjardins, Unter-Staatssekretär im Unterrihts-Ministerium, und Chasles, General-Inspektor des höheren Unterrichts, die französishe Akademie durch Hrn. von Viel: Castel vertreten sein.

16. Juli. (W. T. B) Der Fináanz-Minister Magne hat, wie amtlih gemeldet wird, in Folge der Ableh- nung seiner Steuervorlagen in der gestrigen Sißzung der Na- tionalversammlung (\. u. Versailles) seine Entlassung gege- ben, wird aber auf Ersuchen des Marschalls Mac Mahon die laufenden Geschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers einf|t- weilen fortführen.

Versailles, 15. Juli. (W. T. B.) Die Nationalver- sammlung lehnte den Antrag des Finanz-Ministers Magne auf Erhöhung verschiedener indirekter Steuern mit 416 gegen 257 Stimmen ab und beshloß. das Amendement des Deputirten Gouin Wolowski, betreffend die Herabseßung der jährlichen Amortisationsrate für die Bank von Frankreih von 200 auf 150 Millionen Francs morgen zu berathen. Ventavon brachte sodann den von der Dreißiger - Kommission beschlossenen Gesetzentwurf ein und führte in seinem Beriht aus, daß die Dreißiger - Kommission den konstitutionellen Charakter der Gewalten des Marschall - Präsidenten Mac Mahon als unbestreitbar erahte. Die Regierung desselben bilde nur ein Interim zwishen der Republik und der Monarchie; die Kom- mission beantrage daher, den NPériershen Entwurf durh die Kommissionsvorlage zu erseßen, in welcher für den Marschall der Titel „Präsident der Republik“ beibehalten bleibe und die Minifter den beiden Kammern für verantwortlih erklärt werden. Dem Präsidenten der Republik ward allein das Recht beigelegt, die Deputirtenkammer aufzulösen. Im Falle einer Vakanz der Präsidentschaft sollen die beiden Kammern vereinigt in gemein- samer Sigung den Nachfolger des Präsidenten zu ernennen haben. Diese Vorlage soll am nächsten Montag zur Berathung gelangen.

Spanien. Madrid, 15. Iuli. (W. T. B) Wie in der Regierung nahe stehenden Kreisen verlautet, stände demnächst eine neue Kabinets krisis bevor. Es heißt, General Zabula würde \ich Krankheits halber von seinem Posten zurückziehen, und mit ihm zugleich der bisherige Finanz-Minister Camacho sein Portefeuille niederlegen.

Hier eingegangenen Nachrichten zufolge fahren die Car - listen fort, sfich bei Bilbao zu konzentriren.

Italien» Rom, 12. Iuli. (It. N.) Das Bauten- Ministerium hat eine vergleichende Uebersicht der Eisenbahn- Einnahmen im Monat Mai der Jahre 1873 und 1874 veröffent- liht. Demnach wurden im Mai des laufenden Jahres 108,103 Fr. weniger eingenommen, als im Mai 1873, und vom 1. Ia- nuar bis 31. Mai 1874 55,178,794 Fr. gegen 53,633,963 Fr. in derselben Periode des Jahres 1873, also 1,544,831 Fr. ¡mehr als im vorigen Jahre. Vom 1. Januar bis 31. Mai 1874 wurden zwei neue Zweigbahnen von 58 Kilometer Länge eröffnet, nämlich die von Orvieto nach Orte, 43 Kilometer lang, und die von Pisa nah Salvetti, 15 Kilometer lang.

Die Zeitungen von Genua berichten, daß im abgelau- fenen Halbjahre auf den Werften dieser Provinz 78 große Schiffe in Angriff genommen worden sind, 20 mehr, als in der- selben Periode des vergangenen Jahres.

Im Ministerium für Handel, Industrie und Ackerbau werden Vorbereitungen zu vier landwirthschaft- lihen Ausstellungen mit Preisvertheilungen für das nächste Jahr getroffen. Die erste wird in Toscana für Ligurien, die zweite in Ferrara für die venetianischen Provinzen und die Ro- magna, die dritte wahrscheinlich in Portici für die neapolitani- \hen Provinzen und die vierte in Trapani für die Insel Sizilien stattfinden.

Msgr. Merode i|, wie hon telegraphisch gemeldet, in der vergangenen Nacht in den Armen seiner Schwester, der ver- wittweten Gräfin Montalembert, verschieden. Friedrih Xaver Ghislain, Graf v. M., der zweite Sohn des bekannten Chefs der flerifkalen Partei in dem Aufstande wider die Niederlande, war am 26. Môörz 1820 geboren und ursprünglich für die militärische Laufbahn bestimmt. Er machte seine Studien in der Brüffeler Militärschule und diente eine Zeit lang als Lieutenant im bélgi- hen Grenadier - Regimente. 1847 gab er indeß, nachdem er noch unter Buyeaud eine Campagne in Algerien mitgemacht hatte, diese Carrière auf, trat in den geistlihen Stand und wurde alsbald durch Vermittelung feines Vetters, des fran- zösischen Gesandten, Hrn. v. Corcelles, in den Hofstaat des Papstes, damals in Gaeta, aufgenommen. Der Papst ernannte ihn darauf zu feinem geheimen Kämmerer und Mundschenk. Im Mai 1860 übernahm er interimistisch das päpstliche Waffen- Ministerium und wirkte aufs Eifrigste für die Erhaltung der weltlichen Papstmacht. In der lezten Zeit \{cheint er indeß nur noch geringen Einfluß gehabt zu haben. Gleich seinem Schwager Montalembert theilte er dessen Mißliebigkeit bei den Jesuiten, die nah und nah aus\chließlich die Herrschaft erlangten.

Türkei. Konstantinopel, 14. Juli. (W. T. B.) Heute Nachmittag is in Galata ein großes Feuer ausge- brochen, das um 7 Uhr Abends noch fortdauerte. Die „Levant Times“ sind auf zwei Monate suspendirt worden.

NuSland und Polen. St. Petersburg, 14. Juli, Vorgestern ist der Kaiser aus dem Auslande in Zarskoje-Sselo eingetroffen. Die Großfürstin Maria Nikolajewna und der Fürst Eugen Maximilianowitsch Romanowsfki, Herzog von Leuchtenberg, sind ebenfalls vorgestern aus dem Auslande zurückgekehrt. Vorgestern Abends 7 Uhr is der Erzherzog Albreht von Desterreih in St. Petersburg eingetroffen und hat im Winterpalais Wohnung genommen. Der Erzherzog wurde bei seiner Ankunft von dem Großfürsten Nikolai Nikolajewitsh geleitet. Wor dem Winterpalais war zum Empfange des Hohen Gastes eine Ehrenwache aufgestellt, deren Musik die öôsterreihishe Nationalhymne fpielte.

Aus Kronstadt meldet die russ. „St. P. 3.“: Am 8. Juli Abends traf aus Helsingfors in Kronstadt der größte Theil des Lehrgeschwaders der Marineschule cin, darunter auch die Dampfklipper „Almas“' und „Shemtschug *. An Bord dieser Schiffe nahmen gemeinschaftlich mit den Zöglingen der Marine- \hule auÿ die Großrürsten Konstantin, Dmitcij und Wjatscheslaw Konstantinowits{ch an den Uebungsfahrten Theil. Gleih nach Ankunft der Schiffe wurde denselben der Kutter des Ober-Hafencommandeurs mit dem Lieutenant Ss\ke- jagin entgegengesandt, um sowohl den Geschwaderchef, als au Ihre Kaiserlihe Hoheiten zu begrüßen. Gleich darauf kam bei

dem auf der großen Rhede vor Anker gegangenen Geschwader