1874 / 180 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Aug 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Die im Reichs-Eisenbahn-Amt gepflogenen Ver- handlungen wegen Erlaß gleihmäßiger Eisenbahn- Fracht-Tarif-Vorschriften find gestern ges{hlo}sen worden. Wenngleih Seitens einiger Delegirten der Eisenbahnen dem bis- herigen Klafsifikations\ystem, insofern es gestatte, überall den lokalen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, der Vorzug vor dem vom Bundesrathe beschlossenen modifizirten Wagenraumsystem gegeben wurde, \#o erklärte sich doch \chließlich mit lezterem die große Majorität unter der Vorausf\eßzung einverstanden, daß die Tariferhöhung nir-

ends Anstand finde, daß gestattet werde, Ausnahmetarife zu ilden, und daß das Elsaß-Lothringishe System überall besei- tigt, mithin im ganzen Deutshen Reih nur ein System ein- geführt werde. Um jedo die für gewisse wichtige Artikel beson- deren ermäßigten Säße bestimmen zu können, ohne bezügli derselben sofort zu Ausnahme-Tarifen zu schreiten, haben die Verwaltungen die Bildung von elf Klassen vorgeschlagen. Wir werden die Tarifvorshriften und die Spezialklassen, wie solche im Reichs-Eisenbahn-Amte unter Vorbehalt der Genehmigung des Bundesraths redigirt worden find, in den nähsten Tagen der Oeffentlichkeit übergeben und beschränken uns für jeßt auf die Bemerkung, daß die Bahnverwaltungen den von den Dele- girten des Handelsstandes ausgesprohenen Wünschen fast durh- gängig entsprochen haben. Da die Vertreter mehrerer größeren Ver- waltungen die Berechnung und Publikation der Tarifsäße bis zum 1. Januar 1875 für unthunlih erklärten, so beschloß man, die Reichsbehörde zu ersuhen, als \pätesten Termin für Einfüh- rung des neuen Systems den 1. Juli 1875 festzusetzen.

Bekanntlih i durch Beschluß des Bundesraths der Termin für die nähste Volkszählung im Deutschen Reich von dem 1. Dezember 1874 auf den 1. Dezember 1875 ver- {hoben worden, um dem Kaiserlih Statistishen Amt Gelegenheit zu geben, das durch die leßte Volkszählung angesammelte Ma- terial ers vollständig zu verarbeiten, bevor durch eine neue Volkszählung wiederum neues Material beschafft werde, und die Vorarbeiten für diese neue Zählung die Thätigkeit des Kaiserlich Statistischen Amtes derartig in Anspruch nehmen, daß die ersteren Arbeiten liegen bleiben müßten. Fnzwischen is die Zeit für die nächstjährige Volkszählung {hon #o weit herangerückt, daß es nothwendig erscheint, hon jet mit den Vorarbeiten für dieselbe

u beginnen. Es sind deshalb Seitens des Kaiserlih Statisti- schen Amtes gegenwärtig Vorschläge ausgearbeitet, welche eine Abänderung des bisher gebräuchlichen Zählungsmodus bezwecken, und wird zur Berathung dieser Vorschläge die statistische Central- kommission am 5. August hier zusammentreten, um diese Vor- \hläge resp. ihre Einführung in ihre Berathung zu ziehen.

Rücksichtlih der Armenpflege im Falle der Unter--

bringung einer obdahlosen Familie hat das Bundes- Amt für das Heimathwesen folgende, im „Centralbl. f. d. D. R." mitgetheilte Entscheidung getroffen:

In Sachen Clannin wider Griebniy wurde zwischen den Parteien darüber gestritten, ob die von dem Ortsvorstande zu Clannin mit Wohnung versehene Familie B. wegen ihrer C der Armenpflege verfallen, oder im polizeilichen

ege untergebraht worden sei. Im Gegensaze zu dem Erkennt- niffse erster Instanz hat das Lundesamt für das Heimathwesen das Erstere angenommen und in den Gründen der am 27. Juni 1874 gefällten Entscheidung Folgendes ausgeführt :

Kläger findet sih mit Recht dadurch keschwert, daß er in erster Instanz mit dem Anspruche auf Uebernahme der Familie B. und auf Erstattung des Aufwandes für wohnliche Unterbringung derselben ab- gewiesen worden ist. ' e iur,

Die zwischen den Parteien allein streitige Hülfsbedürftigkeit des Invaliden B., deren Nachweis der erste Richter für nicht geführt erachtet, ist dur die Anordnung der Armenpflege Seitens des Land- raths-Amtes des Kreises Bubliß allerdings nicht, wie Kläger annimmt, unwiderleglich dargethan, geht aber aus den als Beweismittel be- naunten und in jeßiger Instanz beigezogenen Akten des Landwehr- Bezirks Kommandos Cöslin und der Kreisgerichts-Kommission Bubliß zur Genüge hervor. :

Nach den in den Akten der erstgenannten Behörde vorliegenden ärztlichen Gutachten ist die Arbeitskraft des Invaliden B. in Folge seines Lungenleidens und der dadurch bedingten Körpershwäche so be- einträchtigt, daß er im Jahre 1871 als temporär ganz erwerbsunfähig, und im Jahre 1873 als dauernd größtentheils erwerbsunfähig aner- fannt wurde. Durch dieselben Akten bestätigt fih die Behauptung des Klägers, daß scine Familie aus einer Frau und fünf unerzogenen Kindern besteht. Von der Wartung der Kinder und dem Haushalte ist auch die Thätigkeit der Frau, was keines besonderen Beweises be- darf, dergestalt in Anspruch genommen, daß fie durch eigene Arbeit feinen erbeblihen Beitrag zur Beschaffung des nothwendigen Lebens- unterhaltes der Familie zu liefern vetmag. Erwägt man nun, welchen Aufwand die Ernährung einer “aus zwei Znnblcnter Personen und

fünf fleinen Kindern bestehenden Familie der Menne auch in

ländlichen Verhältnissen verursa1.t die Säße des preußischen Tarifs vom 21. August 1871 gewähren einen Anhalt dafür jo bedarf es feiner weiteren Beweiserhebung, um zu der Ueberzeugung zu gelangen, daß die dem 2c. B. zustehende Jnvalidenpension von 7 Thlr. monat- lich nebst dem geringen Arbeitsverdienste der B.'schen Eheleute niht aus- reicht, den nothwendigen Bedarf zu decken. Daraus erklärt es si zugleich, daß es dem 2c. B., wie die Akten der Kreisgerihts-Kommission E er- geben, nicht gelingen wollte, ein Unterkommen zu finden, felbst zu einer Zeit, wo er noch 12 Thlr. monatlich als Jnvalidenpension bezog, und daß die Armenpflege eintreten mußte, um ihm Wohnung zu ver- \chafen. Als polizeilihe Maßregel und nicht als Aft der Armenpflege charakterisirt fih die wohnliche Unterbringung, wenn obdachlose Per- sonen, obgleich an sich nicht unterstüßungsbedürftig, wegen Wohnungs- mangels oder wegen Nachlässigkeit in der Beschaffung einer Wohnung, vorläufig untergebraht werden müssen. T diese Annahme feblt es jedoch im gegenwärtigen Falle an dem erforderlihen Anhalte. Viel- mehr is nach Alléèm, was vorliegt, als festgestellt zu erachten, daß die Gewährung des Obdaches durh den Kläger im Wege der Armen- pflege erfolgt und durch die Hülfsbedürftigkeit der Familie, welche nach dem Obigen auf nicht blos vorübergehenden Ursachen beruht, nothwendig geworden ist.

Verklagter war daher nach §8. 30, 31 des Reichsgeseßes vom 6. Juni 1870 zur Uebernahme der Familie B. und zur“ Erstattung der dem Betrage nah niht angefochtenen Armenpflegekosten zu ver- urtheilen, und der Kostenpunkt nah §§. 56, 58 des Geseßes vom 8. März 1871 zu béftimmen.

; “Mit dem 1. v. M. is die Kirhenvermögens- Verwaltung der evangelishen Kirchen in den alten Provinzen auf die Gemeinde-Kirchenräthe übergegangen, und es hört da- her überall, wo der Fiskus als Patron keine Patronatslaften trägt, sondern nur Parochialbeiträge zu entrichten Ls oder wo er nur - bestimmte fixirte Realabgaben an Kirchenbeamte zahlt, das bisherige Reht des fiskalishen Patronats zur Aufsicht der - Kirhenvermögens-Verwaltung und zur Theil- nahme an derselben durch-Zustimmung zu den, in den be- ftehenden Gesezen (A. L. R. Th. 11. Tit. 11) näher bezeichneten Arten der Vermögensverwaltung auf. Wo der Fiskus als «Patron irgend einen “Beitrag zu den fkirchlihen Bedürfnissen entweder in vorkommenden Fällen oder beständig entrihtet, bleißt ihm nur noch

das Recht, daß ohne feine Zustimmung keine Ausgabe aus der Kirchenkasse beschlossen werden tann!, welche außerhalb des geseßlihen Zweckes der Kirchenkasse oder des Kirhenvermögens überhaupt liegt, also beispielsweise Ansgaben zu Schulzwecken, Bedürfnissen der Civilgemeinde-Armenpflege 2c. In allen solchen Fällen ift die Regierungsentscheidung erforderlih. Wo aber der Fiskus als Patron im Unvermögensfalle der Kirche Beiträge zu Bauten entrihtet, bleiben die Rechte der Aufficht und Zu- stimmung des Patrons in dem geseßlichen Maße fortbestehen. Es find daher auch in allen diesen Fällen die Etats und Rechnungen na ihrer Feststellung und Dechargirung Seitens der Gemeinde- Kirchenräthe der vorgeseßten Regierung zur \chließlichen Geneh- migung einzureichen.

Nah einer Verfügung des Chefs der Admiralität find S. M. Panzerfregatten „Kaiser“ und „Deutschland“ als Sti der ersten, S. M. Panzerfregatte „Preußen“ als Schif} der zweiten und S. M. Korvette „Freya“ als Schiff der vierten Rangklafe zu führen. Als Besaßzungsetats gelten für S. M. Schiffe „Preußen“ und „Freya“ die durch Aller- höchste Kabinets-Ordre vom 22. Oktober 1872 sankuonirten, für S. M. Schiffe „Friedrih Carl“ resp. „Ariadne“ gegebenen Fest- sezungen, für S. M. Schiffe „Kaiser“ und „Deutschland“ if der Besazungsetat auf 600 Köpfe bestimmt worden.

Der Chef der Admiralität, Staats - Minister General- Lieutenant von Sto\ch, is von seiner Urlaubsreise hierher zurückgekehrt.

Der General-Major und Commandeur der 3. Garde- Infanterie-Brigade Knappe von Knappstädt hat fich Behufs Inspizirung des Garde-Schüßen-Bataillons nah Rheinsberg begeben, wohin Letzteres zur Ubhaltung größerer Felddienst- und Schießübungen im Terrain abgerüdckt ist.

Eine größere Anzahl von Offizieren und Unter- offizieren aus dem Bereih des V1. und XV. Armee-Corps, \o- wie des See-Bataillons sind zu einem vierwöchentlihen Kursus der Militär-Scießshule in Spandau, Behufs Ausbil- dung als Instruktions-Personal für die Truppen in der Hand- habung des Gewehrs M/71. kommandirt worden und gestern resp. vorgestern eingetroffen; die Offiziere der graden Divisionen haben bestimmungsmäßig in Berlin Wohnung genommen, wäh- rend die der ungraden Divisionen und des See-Bataillons, \owie sämmilihe Unteroffiziere in Spandau einquartiert worden find.

Der General-Arzt und ärztliche Direktor - der Charité Dr. Mehlhausen i} von seiner Urlaubsreise hier wieder ein- getroffen.

Der Eydtkuhnen-Berliner Tagescourierzug hat am 1. d. M. Nahmittags um 3 Uhr bei der Durhfahrt durch den Bahnhof Krojanke dadurch einen Unfall erlitten, daß die Bremsvorrichtung des den Schluß des Zuges bildenden Post- wagens \ich-ablöste, beim Herabfallen unter ein Rad gerieth und dadurch die Entgleisung des Postwagens herbeiführte. Der Post- wagen {lug um und riß den nächsten vorher laufenden Wagen aus den Schienen. Es gelang, den Zug, da der Unfall sofort bemerkt wurde, sehr bald zum Halten zu bringen, und konnte derselbe mit Zurücklassung der beiden entgleisten Wagen die Sta- tion Krojanke mit nur 28 Minuten Verspätung verlassen. Irgend welche Beschädigungen von Personen find glückliher Weise nicht vorgékommen. Der Zug hat fahrplanmäßig um 8 Uhr 45 Minuten Abends Berlin erreiht. Störungen im Betriebe find durch den Unfall nicht herbeigeführt worden.

Der amtliche stenographishe Unterriht im Hause der Abgeordneten beginnt am Montag, den 10. August. Neben verschiedenen theoretishen Kursen, die hauptsählich für Schüler der oberen Klassen höherer Lehranstalten bestimmt sind, und bis zum 1. Oktober (etwa in 12 Unterrichtsstunden) beendet sein werden, finden auch prafktishe Uebungen für diejenigen statt, welche sich zu Fachftenographen ausbilden wollen. Die Kurse find unentgeltlich. Anmeldungen werden vom Mittwoch, den 5. ab, Vormittags von 11—1 Uhr im fstenographischen Bureau des Hauses der Abgeordneten angenommen.

Posen, 1. August. (W. T. B.) Der Dekan von Olobok, Michalak in Droszew, is|ff durch den Distriktskommissar aus- gewiesen und ihm der Aufenthalt in den Kreisen Pleschen und Adelnau verboten worden. Ebenso ist dem Vikar Nowrocki in Cerekwice wegen unbefugter Ausübung geistliher Amtshandlungen der Anfenthalt in den Kreisen Obornik, Samter, Posen, sowie in der Stadt Posen untersagt worden.

Breslau, 1. Augnst. Se. Hoheit der Herzog von Braunschweig kam heute Vormittag um 10 Uhr mit großem Gefolge, aus Schloß Hießing bei Wien kommend, mittelst Kourierzuges der Oberschlefischen . Eisenbahn auf dem hiesigen Centralbahnhofe an, wo derselbe vom Polizeipräsidenten, Frei- herrn v. Uslar-Gleichen begrüßt wurde. Nach halbstündigem Aufenthalte begab fih der Herzog mittels Extrazuges der Rechte- Oder-Ufer-Eisenbahn nah Schloß Sibyllenort.

Göttingen, 31. Juli. Auf gestern Abend waren durhch den Bürgermeister Merkel die Spißen der Behörden, die Vor- stände der Vereine und Gilden und die ersten Lehrer der Schu- len behufs Besprehung der Feier des, zweiten Septem- bers eingeladen. Man beschloß die Einrihtung der Feier nah dem Programme des vorigen Jahres. Es wird also wieder ein Festzug vom Weenderthore nah dem Markte ftatrfinden ; hier werden patriotishe Lieder gesungen und eine Festrede gehalten. Nachmittags is auf dem Rohns, Abends im Deutschen Garten freies Concert. Glodckengeläute und Freudenfeuer werden eben- falls niht fehlen. Einstimmig war man der Ansicht, die Kosten durch freiwillige Beiträge aufzubringen.

Vayernu. München, 1. August. Der König wird der „Allg. Ztg.“ zufolge bei der am Mittwoch um 11} Uhr statt- findenden feierlih.n Einweihung und Eröffnung des Kranken- hauses, welches der Hausritterorden vom h. Georg in Nymphenburg erbaut hat, durch den Prinzen Adalbert ver- treten werden. Bei der Feier werden, außer den Prinzen des Körtiglihhen Hauses und den Ordensrittern, die Beamten des Königlihen Bezirksamtes l. I., sowie die Bürgermeister und Pfarrer der zum Bezirke des Krankenhauses gehörigen elf Ge- meinden anwesend sein, auch werden \ich daran die Gemeinde- verwaltung, die freiwillige Feuerwehr, der Veteranenverein, der Gesangverein und die Shuljugend von Nymphenburg betheiligen. Dein Ordeú der. barmherzigen Schwestern wird das Krankenhaus übergeben. Sowohl dieses durch den Königlihen Hofgarten- Direktor Effner als auch Nymphenburg selbst von Seiten seiner Bewohner wird festlih dekorirt werden.

_— Der Generalstabs-Chef Reichsrath Graf v. Bothmer begiebt fih heute mit den Offizieren des Generalstabes auf mehr-

\culen hat der Schüler sich darüber auszuweise

wöchentlihe Operationsreisen in der Gegend von Lands- berg, Memmingen und anderen Orten.

Der Justiz - Minister Dr. v. Fäuftle ist gestern Abend von einer kleinen, in das \{chwäbishe Oberland unternommenen Reise hierher zurückgekehrt.

Die Verordnung, die S Studienanftalten im Königrei bestimmt :

1) Die neue Schulordnung tritt, vorbehaltlich der nachstehenden Uebergangs-Bestimmungen, vom 1. September 1874 in Wirksamkeit. 2) Denjenigen Studienanstalten, welchen die nöthigen Unterrichtslokale und Lehrkräfte bis zum 1. Oktober 1874 nicht zur Verfügung stehen, wird die Einführung des untersten Kurses der Lateinsule (1. She neuer Formation) längstens bis zum Beginne des Schuljahres 1875/76 nachgeschen. Die Studienrektorate dieser Anstalten werden jedo ange- wiesen, die möglichst baldigeErrichtung dieses Kursus unterBerücksichtigung der örtlihen Verhältnisse mit allem Eifer anzustreben und dahin zu wirken, daß dieser unterste Kursus noch vor Ablauf des nächsten Schuljahres zu einem passenden Zeitpunkte, gegebenen Falles bereits mit dem Anfange des neuen Kalenderjahres oder des Sommersemesters 1875, ins Leben treten kann. Die Kreisregierungen beauftragen wir zu diesem Zwecke, die Anträge der Studienrektorate mit möglichster S Hlezmidnng der Erledigung zuzuführen. 3) Vom 1. Oktober 1874 an bildet die bis- herige 1. Kúse der Lateinschule die 2. Klasse (neuer e und ebenso sind fortan die derselben folgenden höheren Klassen mit der ihrer Reihenfolge entsprehenden höheren Ordnungösziffer zu bezeichnen. Auch an denjenigen Studienanstalten, an welchen der unterste Kur jus der Latein- \{hule nicht sofort mit dem Beginn des Schuljahres 1874/75 eingeführt werden fann, werden vom 1. Oftober 1874 an die bisherigen 1. Klassen der Lateinschulen als 2. Klassen, die zweiten als dritte u. f. f. bezeichnet. 4) Der Unterricht des neuen Schuljahrcs beginnt mit dem 1. Oktober 1874. Die Studienrektorate werden angewiesen, hievon die Betheiligten dur öffentlihe Bekanntmachungen fo rechtzeitig in Kenntniß zu seten, daß die nöthigen Prüfungen und vorbereitenden Geschäfte in den Tagen vom 25 bis 50. September laufenden Jahres erledigt werden können. 5) Bei der Aufnahmsprüfung für die untersten Klassen der Latein-

t der Sh f n, daß er si die für den Eintritt in die 4. Klasse ciner deutschen Schule hinreichenden Kenntnisse in der Religion, der deutshen Sprache und Arithmetik er- worben habe. 6) Diejenigen Knaben, welche vor dem 1. Oftober d. Is. das 10, Lebensjahr bereits vollendet und das 13. noch nicht überschritten haben, werden am Beginn des Studienjahres 1874/75 zur Aufnahmsprüfung für die 2. Lateinklasse (neue Formation) uoch unter den bisherigen Vorausseßungen zugelassen. Die- selben haben deshalb bei dieser Aufnahmsprüfung nur über Besiß der nöthigen Religionskenntnisse und Äneignung des Lehrstoffes der oberen Abtheilungen der deutschen Schule sih auszuweisen, sowie über Kenntniß der einfachen Rechnungsarten und der lateinishen Dekli- nationen. Auf die Kenntnisse in der deutschen Sprachlehre, Ortho- graphie, im Rechnen und den übrigen Realien ist hierbei, wie bisher, ein besonderes Gewicht zu legen. . 7) Der Lehrerrath jeder einzelnen Studienanstalt hat fofort am Beginn des Studienjahres 1874/75 über die Maßregeln Berathung zu pflegen, welche durch die Verände- rung des Lehrplanes in dem nächsten Schuljahre vorübergehend noth- wendig werden, und zu den ‘in dieser Beziehung zu treffenden Anord- nungen ist die Genehmigung des Staats-Ministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten einzuholen. 8) Vom Tage der Wirksamkeit der neuen Schulordnung treten die entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere die revidiste Ordnung der lateinischen Schulen und der Gymnasien im Königreih Bayern vom 24. Februar 1854 außer Wirksamkeit.

Sachsen. Dresden, 1. August. Der Staats-Minister Freiherr von Friesen hat heute eine längere Erholungsreise angetreten und sih zunächst in die Schweiz begeben.

Am 29. Juli hat eine Feuersbrunst in wenigen Stunden 69 Häuser sammt Nebengebäuden des Ortes Breiten - brunn bei Schwarzenberg zerstört und 191 Familien mit un- gefähr 700 bis 800 Köpfen um ihre Habe gebracht.

Württemberg. Stuttgart, 1. August. Das Regie- rungsblatt Nr. 20 enthält eine Königlihe Verordnung in Be- treff der Erlasse neuer Hausordnungen für die Zu t- häuser und die Landesgefängnisse, sowie einer Haus- E das Zellengefängniß in Heilbronn. Vom 283.

uli :

Baden, Karlsruhe, 31. Juli. Die Großherzogin ist heute früh mit der Prinzessin Victoria nah St. Moriz abgereist. In ihrer Begleitung befinden fich die Hofdame Frei- Fräulein von Schönau, der Ober-Hofmeister Freiherr von Edels- heim und die Gouvernante Miß Morgan.

Das heutige Geseßes- und Verordnungsblatt Nr. 34 enthält eine landesherrlihe Verordnung: die Bestimmung des Einführungstags für das Gesey, besondere Bestimmungen über Verfassung und Verwaltung der Stadtgemeinden betreffend. Dieses Gesez tritt am 1. Januar 1875 in Kraft.

Schwarzburg - Sondershausen. Sondershausen, 31. Juli. Der Fürst und die Prinzessin Elisabeth find aus Arnstadt hierver zurückgekehrt.

Die Abgeordneten aus den Kreisen der Be- amten, deren Mandate ‘infolge der gewährten Gehalts- ep Inggen erloshen waren, sind ohne Ausnahme wiedergewählt worden.

Elsaß-Lothringen. Metz, 29. Iuli. Außer den großen Manövern des X. Armee-Corps finden, der „Str. Ztg.“ zu- folge, in diesem Jahre noch größere Kavalleriemanöver beim 3., 4. und;15. (elsaß-lothringishen Armee-Corps) im Divifions- und Brigade-Verbande nah dem ‘neuen, von der Kavallerie-Kom- mission unter Vorfiß des General-Majors und Commandeurs der 7. Kavallerie-Brigade v. Schmidt, revidirten Kavallerie- Exercir-Reglement, sowie nah den - durch die theilweise Neube- waffnung der Kavallerie nöthig gewordenen Aenderungen in den Grundsäßen der Kavallerie-Taktik, statt. An diesen Manövern werden beim XV. Armee-Corps je eine reitende Batterie der 8. und 14. Feldartillerie-Brigade Theil nehmen, welhe mit neuem Feldartillerie-Material ausgerüstet find. Auf die Zutheilu g dieser Batterien wird um deswillen ein Hauptgewicht gelegt, um ein end- giltiges Urtheil über Beweglichkeit und Manövrirfähigkeit der neuen Geschüße, deren Gewicht die bisherigen um einige Centner übersteigt, zu erhalten. Die Manövrirzeit ist für die zweite Hälfte des September bestimmt und dauert 14 Tage. Um die Ortschaften, in deren Nähe die Manöver abgehalten werden, mit der Lieferung von Fourage für eine so große Anzahl von Pfer- den niht zu belästigen, sollen Fourage-Vagazine, ähnlih wie im Felde, errihtet werden. Als Manövrirterrain if für das XV. Armee-Corps die Ebene zwischen Hagenau und Brumath in Ausficht genommen. Die Uebungen der Kavallerie-Regimenter leitet der General-Major und Commandeur der 28. Kavallerie- Brigade v. Willisen. An diesen Uebungen nimmt au das in Saargemünd und Forbach garnisonirende bayerische Cheveauxlegers- Regiment Nr. 6 Theil.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 1. August. (Wien. 3.) Die internationale Sanitätskonferenz hat unter dem Vorfiß des Freiherrn von Gagern heute ihre. 20. und leßte Sizung im Mi- nisterium des Innern gehalten. . Freiherr von Orczy, Sektions=

ulordnung für die e Bayern betreffend,

hof im Kaiserlihen und Königlichen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, wurde in Begleitung des Hofraths Ritter v. Schwegel vom Präsidenten eingeführt. Das Protokoll der lezten Sißung wurde angenommen, darauf gab der Präsident ein Verzeichniß der Konferenzarbeiten und hielt folg-nde Rede:

„Am Schlusse ihrer Arbeiten angelangt, hat es die Konferenz für nöthig erachtet, in einer von allen ihren Mitgliedern unterzeichneten Schlußakte die Beschlüsse niederzulegen, die sie angenommen hat, um die in ihrem Programm enthaltenen Fragen zu beantworten. Als Organ der mit der Vorbereitung dieses Aftes betrauten Kommission lege ich- Gewicht darauf, zunächst zu konstatiren, al! die Konferenz Alles gethan hat, um zu einem Einvernehmen, ihrem höchsten Zwecke, zu gelangen, ohne deswegen irgend eines jener grchen Interessen zu opfern, die im Spiele waren, nämlich die L en der öôffent- lihen Gesundheit und dann jene der Handelsbeziehungen. Ohne Zweifel wäre ein Einvernehmen über alle Punkte vorzuziehen gewefen ; allein die Macht der Verhältnisse gestattete es nicht, und für den Mo- ment müssen wir mit den erzielten Resultaten zufrieden fein, da fie ein erster Schritt zu einem allgemeineren Einvernehmen sind.

Im wissenschaftlichen Theile ihres Programmes fonnte die Kon- ferenz nicht umhin, in den ihr vorgelegten Fragen jene Schlußfolge- zungen zu bestätigen, zu denen auch die Konstantinopeler Konferenz gelangt war, ohne die in der Geschichte der Cholera noch dunklen Punkte een, da seit damals keine wihtige Entdeckung gemacht worden ist. j

Auf dem Gebiete der Prophylaxis, d. h. auf dem Gebiete der praktischen Fragen, die Jhre Hauptaufgabe bildeten, wurden zwei Schubsysteme gegen die inficirten und choleraverdächtigen Provenienzen zur See Ihren Berathungen unterbreitet. Diese beiden Systeme, die ihre eigenthümlichen Vorzüge und Uebelstände haben, wurden mit gleiher Zähigkeit aufrecht erhalten und schließlich beide vor-

eschlagen, da sie zur Grundlage eines Einvernehmens dienen önnen einerseits zwischen den Staaten, die sich für die einfache ärzt- liche Inspektion oder Revision ausfprechen, und_ andererseits zwischen jenen, die noch immer an den Nußzen der Quarantänen gegen die Cholera in Europa glauben. Ï

Sn gemeinsamer Uebereinstimmung hat die Konferenz außerdem angenommen, daß die strengen Quarantänen namentlich außerhalb Europas gegen neue Krankheitsinvasionen anwendbar find. N

Andererseits stand die Konferenz nicht an, die Quarantänen

egen die Provenienzen zu Lande abzulehnen, und zwar troß der Le die zu Gunsten einer ausnahmsweisen Anwendung vorgebracht wurden.

Was die Flußquarantänen betrifft, so hat die Konferenz ein

“gemischtes System angenommen, das alle Junteressen zu versöhnen

geeignet ift. L i

Der Theil des Programmes, der sich auf die Einseßung einer internationalen Kommission für die Epidemien bezieht, war der Gegen- stand einer so eingehenden Prüfung, wie sie die Neuheit der Frage und die praktishen Schwierigkeiten, die sie begleiteten, erheischten.

Nichtsdestoweniger konnte die Konferenz Dank dem einmüthigen Wunsche, eine Institution ins Leben zu rufen, deren Vortheile für die Wissenschaft und für die Prophylaxis der epidemischen -Krankheiten unbestreitbar erschienen, die vornehmsten, auf die präcisen Attributionen, auf die Zusammenseßung und auf das Vorgehen der projektirten inter- nationalen Kommission der Epidemien bezüglihen Maßregeln fest- stellen, indem sie den Regierungen die Sorge überließ, die sih daran knüpfenden finanziellen Fragen zu regeln. S

Die Frage der eventuellen oder ständigen Sanitäts-Kommissionen, die mit der früheren Frage innig verknüpft ist, {eint auch eine ge- nügende Lösung erhalten zu haben. ; fig

Die Konferenz hat demnach in kategorisher Weise die Frage der beiden Theile des Programms beantwortet, welche praktische Lösungen erheishten, und sie hat es in einer Weise oethan, welche den von ihr repräsentirten Regierungen die Grundlagen zu einem für alle Interessen seh; wünschenswerthen Einvernehmen bietet. h

Es erübrigt mir nur noch, meine Herren, Sie aufzufordern, durch Jhre Unterschriften das Verzeichniß der von der Sonferen angenom- menen Beschlüsse zu bestätigen, ein Verzeichniß, welches zum authen- tischen Aft werden und den weiteren Unterhandlungen auf diploma- tishem Wege zum Vorwurfe dienen soll, damit man auf den von der Sanitätskonferenz vorgeschlagenen Grundlagen zu einem Einvernehmen gelangen könne.

Das Verzeichniß der von der Konferenz angenommenen Beschlüsse ward verlesen und der Schlußakt ward von den Herren Delegirten unterzeichnet. Freiherr v. Orczy hielt eine französische Ansprache, die in deutsher Uebersezung lautet:

„Meine Herren! Gestatten Sie mir, mich zum Dolmetsh des aufrihtigen Bedauerns zu machen, das Se. Excellenz der Herr Mi- nister des Auswärtigen darüber empfindet, der Sanitätskonferenz für den erleuchteten und unausgeseßten Eifer, den fie in ihren Arbeiten be- kundet hat, nicht persönlih danken zu können“ :

Von ihm beauftragt, ihn hier zu vertreten, \{häße ich mich glück- lich, mich einer angenehmen Pflicht entledigen zu können, indem ih Fhnen im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs, meines er- lauten Herrn, die voll? Befriedigung aussprehe, welche Allerhöchst- seine Regierung über die Resultate Jhrer Berathungen empfindet.

Fn der That kann sih die Regierung Sr. Majestät zu dem Werke der Konferenz nur Glück wünschen, da dieses nit nur an sich ‘ein erster Schritt zu einem allgemeinen Einvernehmen ist, sondern gleich- zeitig als die Grundlage zu weiteren Unterhandlungen auf diploma- tisGem Wege betrachtet werden kann. Die Hoffnung, daß diese Unter- handlungen, indem sie auf die Sn eigerugen zweier verschiedener Sanitäts-Konventionen hinauslaufen, Ihren Arbeiten einen wirklichen praktischen Werth sihern werden, erscheint wohl erlaubt. S

Die eine dieser Konventionen bezweck die Herbeifüh- rung einer größeren Gleichmäßigkeit der Grundsäße und pro- phylaktishen Maßregeln zum mindesten zwischen den zwei Staatengruppen, welche fortan dasselbe Schubsystem gegen die Cholera adoptiren würden. : l

Die andere giebt der Kaiserlichen und Königlichen Regierung Anlaß zu der Hoffnung, in naher Zukunft die Verwirklichung der Idee einer ständigen internationalen Kommission erblicken zu können, zu der Sie die erstea Umrisse vorgezeichaet habea, und die als Bindeglied

wischen den Gelehrten und den offiziellen Sanitätsorganen der ver- Tbiéveden Länder der civilifirten Welt zu dienen hätte.

Da die Regierung Sr. Majestät des Kaisers und Königs mit der Absicht umgeht, mittelst Rundschreiben an alle in diesem Raume ver- tretenen Regierungen den Vorschlag gelangen zu lassen, daß man be- hufs der Erzielung klarer und präziser Stipulationen diese ersten durch Ihre Bemühurgen aufgerihteten Marksteine benüßen wolle, so würde die Regierung Sr. Majestät Ihnen, meine Herren, sehr verpflichtet sein, wenn Sie, jeder an seiner Stelle, bei Jhren Regierungen dem Werke, dem Sie Jhre Einsicht gewidmet haben, Ihre wirksame Unter- stüßung verleihen wollen. E

Besser, als irgend Jemand, find Sie in der Lage, eine Sache zu befürworten, die auch die Jhrige geworden ist, seitdem Sie Ihre An- sichten über dieselbe ausgetauscht und si ihr einhellig angeschlossen haben.

Lassen Sie mich Ihnen die Versicherung geben, daß Sie, falls Sie geneigt sind, Ihre erleuchtete Aufmerksamkeit und Jhre Fürsorge nach wie vor der großen, von Jhnen in Angriff genommenen humani- tären Aufgabe zu widmen, jederzeit auf den thätigen Beistand der Kaiserlichen und Königlichen Regierung zählen können.

Es ist mir die shmeihelhafte Mission zu Tkeil geworden, Jh- nen den Ausdruck der lebhaftesten Dankbarkeit zu überbringen; ih endige, indem ih Ihnen denselben erneuere und die Sesfion der zwei- ten internationalen Sanitätskonferenz für geschlossen erkläre; ich bitte Sie gleichzeitig, in dem Augenblick, in welhem Sie auseinander ge- ben, um- an Ihren heimathlichen Heerd zurückzukehren, meine besten Wünsche entgegenzunehmen.“

Der Handels-Minister Dr, Banhans, welcher nach Johannesbad abgereist ist, wird durch den Aerbau-Minister v. Chlumecky vertreten.

Die „Wiener Abend-Ztg.“ \{reibt: Wir finden in meh- reren Blättern die Nachriht, daß die Regierung dem Ansuchen einer neu in der Gründung begriffenen Freimaurerloge Folge gegeben und die Errichtung einer ritualmäßigen Bauhütte in Wien bewilligt habe.

Diese Nachricht ist vollklommen unbegründet, indem das leßte in dieser Beziehung eingebrahte Gesuh des Freimaurervereins „Zukunft“ am 22. Juli d. I. endgültig zurückgewiesen und die Bildung dieses Freimaurervereines untersagt wurde.

Das Reichsgesehzblatt enthält die Verordnung des Handels-Ministers vom 18. Iuli 1874, womit nachträgliche Bestimmungen zu der Eichordnung und dem Eichgebührentarif vom 19. Dezember 1872 (R. G. Bl. Nr. 171) veröffentlicht werden; die Kundmahung des Handels-Ministeriums vom 28. Juli 1874 über das Erlöschen dcr Konzession für die Ebensee- I\hl-Steger Eisenbahn.

Salzburg, 31. Juli. " Der siebente deutsche Turn- lehrertag wurde gestern mit einem- Begrüßungskommers er- öffnet. Gegen 200 Theilnehmer aus allen Gauen Deutschlands find eingetroffen. Dec Landes-Hauptmann Graf Lamberg be- grüßte die Versammlung im Namen des Landes Salzburg; ebenso der Bürgermeister im Namen der Stadt Salzburg.

Pest, 1. August. Das Abgeordnetenhaus hielt heute die leßte meritorishe Sizung. In der vorhergegangenen gehei- men Sizung wurde die Abänderung der Hausordnung bespro- chen, ohne daß eine Einigung erzielt wurde. Die Diskussion wurde daher in der öffentlihen Sißung erneuert.

In derselben wurde das Monatsbudget für August 1874 mit 276,016 F[. votirt.

Die Wahlgeseyvorlage wurde hierauf in“ dritter Lesung an- génommen. Die Wahl des Abgeordneten Erdödy, dessen Wahl- protokoll in deutscher Sprache abgefaßt ist, wurde verifizirt. Auf Antrag der Untersuchungs-Kommission ward beshlußweise aus- gesprochen, daß bis zur definitiven Verfügung über die Wahl- protofolle nur die in der Amts\prache abgefaßten als gültig an- erkannt werden.

Die angemeldeten Aenderungen der Hausordnung wurden genehmigt. Tisza's Antrag, bei Bestellung der ständigen Aus- \hüfse alle Parteischattirungen zu berücksichtigen, wurde, nahdem der Minister-Präsident die gewünschte Versiherung gegeben, an- genommen.

Der zweite Antrag Tisza's, die Verhandlung über das Budget in dem als Comité konfstituirten Hause statt im Finanz- Ausschusse vorzunehmen, ward, nahdem Pulsky dagegen und Schwarz dafür gesprochen, mit 71 gegen 68 Stimmen abgelehnt.

Sÿließlih ward außer weiteren unbedeutenden Modifikationen noch bestimmt, daß Vorlagen auch mit Uebergehung der Sektionen im Hause verhandelt und daß hierüber dur einfahe Abstimmung entshieden werden könne.

In der nächsten Zeit werden nur noch formelle Sihungen stattfinden.

Das Oberhaus nahm die Wahlgesehvorlage entgegen ; dieselbe wird vom Justizaus\hus}se verhandelt und Ende der Woche zur Berathung gelangen. Nachdem m-hrere Modifikationen beabsichtigt werden, entfällt eine en bloc-Annahme derselben.

Dem „Naplo“ zufolge wird die neue Sessi.n für den 24. Oktober einberufen werden.

In beiden Häusern wurde eine Anzahl sanktionirter Geseße, darunter die Eisenbahnkonvention und die übrigen Eisenbahn- vorlagen publizirt.

Belgien. Brüssel, 2. August. Der Herzog von Tetuan, bevollmächtigter spanischer Minister in Brüssel in der- selben Eigenschaft, wie es Hr. Greindl in Madrid ist, wurde, der „Ind. belge“ zufolge, am Donnerstag vom König und der Königin in Privat-Audienz empfangen. Der Herzog stellte bei dieser Gelegenheit Ihren Majestäten die spanischen Bevoll- mächtigten zum gegenwärtig in Brüssel tagenden internationalen Kongresse, General Sewert und“ Contre - Admiral de la Pe- zuela, vor.

Die Kronprinzessin Margherita von Italien weilt gegenwärtig unter dem Namen einer Gräfin von Monza in Spa, wo sie, über Frankreih und Luxemburg kom- mend, am 22. v. M. eingetroffen is. Ein belgisher- Hofzug hatte Ihre Königliche Hoheit in Luxemburg aufgenommen. Am 25. besuchte die Kronprinzessin die Kohlengruben Hazard, Bai-Bonnet und Miheroux.

Großbritannien und Jrland. London, 3. August. (W. T. B.) Eine Vereinigung von britishen Geistlichen, welche am 31. Juli in Dublin stattgefunden hat, hat ein Glückfwunschschreiben an den Fürsten Bismarck aus Veranlaffung des gegen ihn gerihteten Mordversuchs ab- gesandt. Das Sthreiben erklärt, ein \olher Versuch habe nur von einer Macht ausgehen tönnen, welhe \ich stets und allenthalben der Civilisation, dem Fortschritt und der Freiheit feindlih erwiesen habe. Fürst . Bismarck „habe Frankreih, Roms erstgeborene Tochter, gezüchtigt, Deutschland gestärkt und geeinigt und den Protestantismus zur großen Kon- tinentalmaht erhoben. Wegen dieser glänzenden Dienste habe er sich den Haß der dur die Jesuiten vertretenen römischen Kirche zugezogen; es sei daher niht überrashend, wenn sein Leben einem Angriffe ausgeseßt worden sei.

Ryde, 1. August. Die Kaiserin von Desterreich ift mit der Erzherzogin Valerie heute früh von Havre hier an- gekommen und hat sih mittelst Eisenbahn nah Steephill-Castle begeben.

6 2. August. Die Kaiserin von Oesterrei hat der Königin Victoria in Osborne, sowie dem Prinzen und der Prinzessin von Wales heute ihren Besuch abgestattet.

Frankreich. Paris, 31. Juli. Die Budget-Kom- mission hat von der Regierung den Gesetzentwurf über die Ausgaben erhalten, welhe im Jahre 1875 auf die Liquidationsrehnung gemacht werden follen. Ein Ge- seß vom 23. März 1874 hatte provisorisch die Einnahmen der Liquidationsrechnung auf 773,275,000 Fr. festgeseßt. Davon wurden in den Jahren 1872, 1873 und 1874 579,836,133 Fr. verausgabt, so daß noch 193,438,867 Fr. übrig bleiben. Davon sollen 29,359,000 Fr. als vierte Jahres-Zurückzahlung an die Gemeinden für die Kosten der Organisation der mobilisirten Na- tionalgarde der Departemental-Artillerie und der Instruktions- lager verwandt werden. 135,465,000 Fr. werden dem Kriegs- Ministerium zur Berfügung gestellt, nämlich 120,461,000 für Kriegsgeräthe, Vorräthe und Geniearbeiten, und 15 Millionen zur Vervollständigung der von der deutschen Okkupation ver- ursahten Ausgaben. 83,555,000 Fr. erhält das Bauten- Ministerium. 4 / :

1, August. (W. T. B.) Wie versichert wird, hätte die Regierung, ehe die Bank von Frankreich sih weigerte, dem Antrage des Deputirten. Wolewski, auf Herabseßung der Amortisationsquote bei der Bank von Frankreich von 200 auf

150 Millionen Frcs. zuzustimmen, erklärt, sie würde das ihr von der Bank gemachte Anerbieten, ihr einen Vorshuß von 80 Millionen Frcs. zu gewähren, annehmen. 40 Millionen hiervon sollten für das Budget des Iahres 1875 verwendet werden, während die übrigen 40 Millionen reservirt bleiben sollten zur Ausgleihung der Bedürfnisse späterer Budgets.

„Union“, „Univers“ und andere katholishe Iour- nale beschuldigen die Regierung der Parteinahme gegen die Carlisten.

Versailles, 1. August. (W. T. B.) In der Natio- nalversammlung gab die gestern von dem Deputirten Gal- loni (Bongpartist) gemachte Aeußerung, die Republik unterliege der Verachtung aller redlihen Leute, heute Veranlassung zu sehr erregten Debatten zwishen den Republikanern und Bonapar- tisten, so daß der Präfident genöthigt war, die Sißung auf 10 Minuten zu \uspendiren. Nach Wiederaufnahme der Diskussion votirte die Versammlung den Gesezentwurf bezüglih Aushebung der Pferde zum Kriegsdienst und der Organisation des Remonte- dienstes. Alsdann wurde der Postvertrag mit Brasilien ange- nommen. Hierauf beendigte die Versammlung die Berathung des Kriegsbudgets.

Die Permanenz-Kommission, welhe während der bevorstehenden Ferien zusammentritt, besteht aus 16 Mitgliedern von der Rehten und 9 von der Linken; Bonapartisten find nicht in derselben vertreten.

_ Spanien. Madrid, 31. Juli.

liht folgende Dekrete:

I. „Dekret über die Erklärung des Belagerungszu- standes. y

Art. 1. Es werden in Belagerungszustand erklärt alle Provinzen der Halbinsel und der dazu gehörigen Jnseln.

Art. 2, Die General-Kapitäne der Provinzen werden für die Dauer des Belagerungszustandes mit außerordentlicher Macht beklei- del, Fie fie gemäß den allgemeinen Ordonnanzen des Heeres ausüben werden.

__ Art. 3. In allen Provinzen werden permanente Militär-Kom- missionen errichtet, welhe in einem Kriegsrathe über alle Verbrechen von Verschwörung, Rebellion und andere Bestrebungen, welche darauf hinzielen, dem Aufruhr Hülfe zu leisten und die öffentlihe Ruhe zu stôren, verhandeln und beschließen werden.

Art. 4. Die Regierung wird gegenwärtiges Dekret zur Kenutniß der Cortes bringen.“

IL, „Dekret zur Konfiszirung der Güter der Carlisten.

Art. 1. Die Regierung wird ermächtigt, fh der Güter und Besißungen der Personen, welche überführt wurden, daß fie mit den Carlisten vereint sind und ihrer Sache gedient haben, zu bemähti- gen. Diese Maßregel hat zum Zwecke: 1) zu verhindern, daß die Einkünfte jener Besißungen dazu verwendet werben können, um den Krieg zu unterstüßen und ihn zu verlängern; 2) \cadlos zu halten alle Personen, welche in Folge der Kriegsereignisse stark ge- litten haben.

Art. 2. Die Einkünfte werden an die Erben der Offiziere, Sol- daten und Freiwilligen, welhe ermordet wurden, nahdem sie ih ergeben haben und in die Gefangenschaft geführt worden sind, ver- theilt werden, ebenso auch die Summen, die mittelst einer auer ordentlichen Kontribution, welch? aber nur die Carlisten betreffen joll, werden eingehoben werden.

Art. 3. Die Schadloshaltungen, von denen der vorhergehende Artikel spricht, werden folgendarmahen vertheilt werden: Die dir. kten Erben eines ershossenen Generals haben das Recht auf eine Summe von 100,000 Pesetas; jene eines Offiziers auf 50,900 und jene der Soldaten und Freiwilligen auf 25,000 Pesetas.

Art. 4, Keine Abtretung des Eigenthums wird für legal erklärt werden, wenn sie carlistische Güter betrifft, mége der Vesiß auch vor dem Erlasse des gegenwärtigen Dekretes erworben worden srin. |

Art. 5. Die Minister für Justiz und Begnadigung und für die Finanzen werden die nöthigen Maßregeln zu ergreifen haben, um diese Berfügungen auch in Anwendung zu bringen. D

Art. 6. Die Regierung wird auch dieses Dekret zur Kenntniß der Cortes bringen.“

Ftalien. Rom, 29. Juli. (It. N.) Den vorigen Sonntag, den Jahrestag des Todes des Königs Carl Albert, begingen die Arbeitervereine von Turin und der Um- gegend wieder, wie alle Jahre, durch eine feierlihe Prozesfion nah der Königlihen Familiengruft in Superga. Um 1 Uhr nach Mitternacht versammelten sih die Deputationen der Waffen- \{hmiede und anderer Gewerke von Turin, der Arbeitervereine von Pinerolo, Abbadia, Bertulla, Moncalieri und San Marco im Lokal des allgemeinen Turiner Arbeitervereins und zogen um 2 Uhr unter Fackelshein, mit klingender Musik und wehenden Fahnen nah Superga ab. Die Straßen auf dem Wege dahin waren sehr bclebt und die Fenfter der Häuser beleuht t. Als der Zug gegen 4 Uhr in Superga ankam, wurde in der Rotonda ein Gebet gesprohen. Danach stieg man in die Gruft hinab; um das Grab mit den mitgebrahten Blumenkränzen zu \{chmücken und Reden zu halten.

Prinz Humbert wird am 30. im Lager von Somma erwartet, wo am 31. die große Revue über die in den drei Lagern Somma, Gallarete und Cardano versammelten Truppen- körper stattfindet.

Am 26. traf der italienishe Gesandte am japanischen Hofe, Graf Fe d'Ostiani, in Venedig ein. Sein erster Besu galt der japanischen Klasse an der dortigen Handelsschule, die unter allen italienishen Schulen, wo die orientalishen Sprachen gelehrt werden, am stärksten besucht ift. ) j

Der „Gazzetta del Popolo“ zufolge triff man im Pa- lazzo Pitti in Florenz Vorbereitungen zum Empfange hoher Gäste.

ges Das italienische Uebungsgeschwader, das gegen- wärtig im Hafen ankert, besteht, aus den vier Panzer- fregatten „Venezia“, „Roma“, „Messina“ und „Conte Verde‘, dem Widderschiff „Affondatore“' und dem Aviso- dampfer „Authion“. Die „Venezia', das Admiralschif} des fommandirenden Kontre - Admirals Cerutti, ist eine Fregatte ersten Ranges, hat 550 Mann Besazung, 9 shwere Armstrong- fanonen, einen Panzer von 15 Centimetern Dicke und eine Maschine von 900 Pferdekraft. Sie wurde auf der Werfte della Foce in Genua gebaut und 1869 vom Stapel gelassen. Ebendaselb|t lief 1865 die „Roma“ vom Stapel, ebenfalls eine Fregatte ersten Ranges mit einer gleih starken Bemannung und Maschine, elf Armstronggeshüßen und einem Panzer von 12 Cen- timetern Dicke. Die „Messina“ isst eine Fregatte zweiten Ranges, hat 440 Mann Besaßung, neun Armstronggeshüße, einé Ma- schine von 600 Pferdekraft und eine Panzerung von 12 Cen- timetern Stärke. Sie würde in Castellamare gebaut und 1864 vom Stapel gelassen. „Conte Verde“, auch eine Fregatte zwei- ten Ranges, hat eine ebenso starke Bemannung und Maschine wie die „Messina“, sieben Armstrongkanonen, einen Panzer von 13 Centimetern Die, und lief 1867 in Livorno vom Stapel. Der „Affondatore“, das von Lissa her bekannte Widderschiff mit zwei drehbaren Thürmen, einem Panzer von 13 Centimetern Dicke, zwei Armstrong - Riesenkanonen, hat eine Besaßung von 990 Mann und eine Maschine von 700 Pferdekraft. Er allein

Die „Gaceta“ veröffent-

ist vollständig gepanzert, die Fregatten nur theilweise. Die ge-