1874 / 183 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Aug 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Herzogthum Braunschweig: Kybigz, Hofrath; Freie und Hansestadt Lübeck: Dr. jur. G. Pabst. Freie und Hansestadt Hamburg: I. C, F. Neß- mann, Vorstand des statistishen Bureaus. Elsaß-Lothringen: Metz, Regierungs-Rath.

Die zur Berathung der Grundsätze für eine einheitliche Ordnung des Apothekenwesens vom Reihskanzler-Amt einberufene Kommission wird am 10. d. M. hier zusammentreten.

Am 2. d. M. feierten die Königlichen militärärzt- lihen BVildungsanstalten unter zahlreiher Theilnahme von Gönnern und Freunden vom Militär und Civil den Jahrestag ihrer Stiftung.

Ein aus Studirenden der Anstalten bestehender Gesang- verein eröffnete die Feier durch Vortrag des „Domine, salvum fac regem,“ In Vertretung ‘des Direktors, des General-Stabs- arztes Dr. Griznm; begrüßte sodann der General-Arzt Dr. Boeger die Anwesenden und sprach ihnen für die Theilnahme an der Feier seinen Dank aus. Er berichtete, daß die Feier der dank- baren Erinnerung an die durch Königlihe Gnade erfolgte Stif- tung der Anstalten gelte, des medizinish - chirurgischen Friedrich- Wilhelms-Instituts, welhes nunmehr 79, und der medizinis{h- cirurgishen Akademie für das Militär, welhe 63 Jahre ihres Bestehens zähle. Beide Anstalten hätten unter dem Druck der Iahre nicht gelitten, sondern im engen Anschluß an die fortschreitende Wissenschaft, unverdrossen an ihrer hohen Aufgabe für die Armee arbeitend, stetig an Kraft gewonnen. Redner gab nun eine Uebersicht der Veränderungen, welche im Personale der Anstalten während des lezten Studienjahres ein- getreten sind. Aus derselben sei der herbe Verlust hervorzu- heben, welchen die Anstalten durch den am 22. Februar d. I. nah kurzen aber {weren Leiden erfolgten Tod des General- Arztes Dr. Löffler erlitten habe. Beredter, als Redner es vermöge, sei an seinem Sarge ausgeführt, was er geleistet, was das Vaterland, die Armee, die Wissen- chaft, die militärärztlihen Bildungsanstalten, was seine zahl- reihen Freunde an ihm verloren haben. Es bleibe nur übrig, hier die Ueberzeugung auszusprehen, daß \cin Leben unvergeß- lih in den Annalen des Friedrih-Wilhelms-Instituts verzeihnet sei, und daß sein Tod eine {wer auszufüllende Lücke zurück- gelassen habe. Zu seinem Nachfolger sei Berichterstatter, General- Arzt Dr. Boeger, durch AUerhöchste Kabinets - Ordre vom 19. Mäârz cr. ernannt worden. Von den übrigen Personal - Verän- derungen sei Folgendes erwähnt:

Die Zahl der Studirenden betrug am 2. August 1873: 203. Eingetreten find im Laufe des Jahres 31. Aus- ge\chieden sind 55, und zwar 37 nah vollendetem Studium behufs Anstellung in der Armee, 18 vor vollendetem Studium. Der heutige Bestand der Studirenden beider Anstalten beträgt: 179, Davon befinden fich 21 zum unterärztlihen Dienst in der Charité, 26 in der Akademie, 132 im Friedrich- Wilhelms - Institut. Von den letzteren sind 8 ausdrück- lih für den Dienst in der Kaiserlihen Marine bestimmt. Außerdem find im Laufe des Iahres 42 Unterärzte behufs Ablegung der medizinischen Staatsprüfung zum Friedrich- Wilhelms-Institut kommandirt worden. Einer derselben ist ge- storben, die übrigen find bis auf 2 in den Truppendienst zurü- gekehrt. Redner berichtete ferner, daß den Sammlungen der

Anstalten durch die Gnade Ihrer Kaiserlihen und König-

lichen werthvolles Geschenk

Hoheit dcr Kronprinzessin ein einverleibt worden sei. Es is das funstvoll und bis in die kleinsten Details ausgeführte Modell einer nah den Angaben Höchstderselben während des- Krieges in Homburg erbauten Krankenbaracke, wofür Redner den unterthänigsten Dank auszusprechen nit verfehlte.

An die Eröffnungsrede {loß \ich in herkömmliher Weise ein wissenschaftliher Vortrag des Studirenden Dr. Löffler an, welcher von dem Einfluß der Blutentziehung auf den Orga- nismus handelte. Hierauf folgte die Vertheilung von Prämien für welhe von Gönnern und Freunden der Anstalten be- sondere Stiftungen bestehen an Studirende, welche sh durch Fleiß und Wohlverhalten auszeihneten. Im Laufe des legten Studienjahres hatten solche bereits erhalten die Studirende Sröhlih, Bögehold, die zum Charité-Krankenhause kommandirten Unterärzte DDr. Scheibe, Dickschen, Espeut und Jasper.

Bei der gegenwärtigen Feier erhielten: Walter Stehow aus Jarchelin bei Naugard ein Mikroskop, Friedrich Löffler aus Franffurt a. d. D. einen Kasten mit Instrumenten zur Ausführung eiliger Operationen, Oskar Freytag aus New- York einen Brillenkasten, Friedrih Martius aus Erxleben einen Brillenkasten, Ernst Jäckel aus Gleiwiß ein Laryn- goskop und Ophthalmoskop.

Den Schluß der Feier bildete die Festrede des ordentlichen Professors Herrn Dr. Virhow. Anknüpfend an die Bestimmung der militärärztlihen Bildungsanstalten, erläuterte Redner die Wichtigkeit der Hygieine für die Armee. Als Beweis dafür gab er eine Statistik der Mortalitätsverhältnisse der Armeen im Kriege, aus welcher hervorgeht, daß die Zahl der durh Seuchen getödteten Krieger bei Weitem die Zahl der Gefallenen und Verwundeten übertrifft. Aus derselben Statistik geht aber in schlagender Weise hervor, daß die Seuchen in denjenigen Armeen am meisten eingeshränkt worden sind, welche die hygieinishen Verhältnisse der Truppen mit Sorg- falt und Verständniß geregelt haben. Als Muster wurden die Sanitäts-Einrichtungen der Amerikaner, als warnendes Beispiel die Verluste der Franzosen in der Krim hingestellt. Indem Redner über die historishe Entwickelung der militärärzt- lihen Bildungsanstalten \prach, legte er dar, daß die- selben \{chon vor Beginn der neuen Aera, welche im Anfange des Jahrhunderts für die medizinishe Wissenschaft angebrochen sei, zu dem Zwecke gestiftet worden feien, die Armee vom Feld- \{eererthum zu befreien und ihr auf der Höhe der Wissenschaft stehende, denkende Aerzte zuzuführen. Dieser Idee müsse un- ausgeseßt Unterriht und Studium angepaßt werden. Redner ging sodann zu dem eigentlichen Thema über, zu dem ursäch- lihen Verhältnisse der Krankheiten zu pflanzlihen Organismen; zur Darlegung der jeßt die ärztliße Welt bewegenden parasitären Theorie. Am Sglusse der Rede, deren reiher Inhalt sich nicht mit kurzen Worten wiedergeben läßt, hob ‘er besonders hervor, daß es eine Hauptaufgabe für die militärärztlihen Bildungsanstalten sei, die Forschungen auf dem'in Rede stehenden Gebiete zu kultiviren behufs Verhütung resp. Beschränkung der zahlreichen, die Armeen so sehr gefähr- denden Infektionskrankheiten.

Die General-Versammlung des Vereins deut- scher Strafanftalts-Beamten findet am 2. und 3. Sep- tember in Berlin statt. Auf der Tagesordnung steht u. A.: H) Wie sollen geistesgestörte und gebrechlihe, zu längerer Straf- verurtheilte Gefangene untergebraht werden? 2) Art der Durche

führung der Einzelhaft; 3) Nah welhen Grundsätzen sind den Gefangenen für ihre Arbeiisleistungen Belohnungen zu bewilligen ? 4) Nah welchen Grundsägen soll der Arbeitsbetrieb in den Straf- anstalten geregelt werden? 5) In welchem Umfange kann den Ge- fangenen Selbstverpflegung gestattet werden ? 2c.

Der General-Major und Commandeur der 3. Garde- Infanterie - Brigade Knappe- von Knappstaedt is von Rheinsberg, wohin sich derselbe vor Kurzem zur Inspizirung des Garde-Schügen-Bataillons begeben hatte, hierher zurückgekehrt.

Der Fürst Nicolaus Metscherski hat vorgestern seine Reise von hier nah Ostende fortgeseßt. :

Der Kaiserlih russishe Hofjägermeister Graf Kutu- soff-Tolstoy, welcher vor einigen Tagen aus St. Petersburg hier Adi hat si gestern früh von hier nah Frankfurt a. M. be- geben.

Der Großherzoglih badischen Steuer-Einnehmerei R ap- penau im Haupt-Amtsbezirke Heidelberg ist die Befugniß zur Ausstellung von Uebergangs\cheinen für Wein, Bier, Branntwein und Weingeift ertheilt worden.

Görliß, 5. August. Die städtischen Behörden sandten gestern aus Anlaß der Einweihung des Siegesdenkmals folgendes Telegramm an Se. Majestät den Kaiser nah Gastein ab:

„Soeben wurde mit begeistertem Hoh auf Ew. Majestät, den glorreihen Wiederhersteller des Deut.chen Reiches, und die siegreiche Armee d3s Denkmal enthüllt, welches die Stadt Görliß ihren tapferen Kriegern errichtete. Das buldvollst verliehene, durch das 1. Schlesische Jäger-Bataillon Nr. 5 bei Weißenburg eroberte erste feindliche Geschüß Hat dabei einen würdigen Plaß gefunden. Gott erhalte und stärke Ew. Majestät.“

Osnabrück, 4. August. Gestern Nachmittag war in der Marienkirche die hiesige Militärgemeinde versammelt, um der Einweihung der Gedenktafel zur Erinnerung an die im Kriege 1870/71 gefallenen Kamerzden beizuwohnen. Die Gedenk- tafel ist von einem s{chwarzen Trauerrahmen umgeben, und ober- halb der Unterschrift: „Die gefallenen Helden ehrt dankbar König und Vaterland“ prangt das Eiserne Kreuz. Links stehen die Namen vom 3. Bataillon des Hannoverschen Füsilier-Regiments Nr. 73. Rechts daneben sieht man die Namen der Todten vom 2. Bataillon des Oftfriesishen Infanterie-Regiments Nr. 78. Zum Andenken an die gefallenen Osnabrücker vom 16. und 74. Regiment wird noch eine besondere Tafel hergestellt werden.

Bayern. München, 4. August. Das Finanz-Mi- nisterium hat im Einverständnisse mit dem Staats-Ministe- rium des Innern für Kirhen-. und Sculangelegenhciten be- stimmt, daß die durch das Budget der X1. Finanzperiode be- willigten und durch die Spezialetats angewiesenen Aufbesserun- gen der organijirten Stadtpfarreien bis zu 1200 Fl. von Ent- rihtung der Wittwen- und Waisenfondsbeiträge frei zu: bleiben haben, da si die rechtliche Natur dieser Zulagen von jener der unter besonderem Titel verrechneten Gehaltsergän- zungszuschüsse der gering dotirten Geistlichkeit nicht unterscheidet, beide stets widerruflihe Personalzulagen bilden und bei Ein- O dem entsprehenden Einzuge zu unterliegen

aben. -

Behufs Durchführung der neuen Schulordnung für die Königlichen Studienanstalten und Realgymnasien werden zahlreihe Personalveränderungen im Lehrfache dieser Anstalten erwartet.

In Simbach fand ani 2. August unter Anwesenheit einer großen Anzahl aus Nah und Fern- herbeigekommener AÄlt- katholiken die Einweihung der neuerbauten altkatho- lishen Kirche statt. Dieselbe wurde durch den Bischof Dr. Reinkens unter Assistenz der Professoren Friedrih und Meßmer, sowie des Dr. Brater, Pfarrers in Ried in Ober- österrei, vollzogen.

Sachsen. Dresden, 5. August. Aus Anlaß des Ge- burtstages der Königin fand heute früh große Militär- reveille statt. Die Wahmannschaften haben den Paradeanzug angelegt. Abends werden die öffentlihen Pläße durch Gas- pyramiden erleuchtet sein.

In Meißen wurde am 3. d. M. der von der dortigen Garnison ihren im Kriege von 1870/71 gefallenen Kameraden errihtete Denfkstein feierlich eingeweiht. Auf dem Denkstein sind die Namen der Schlachten, in welhem das 13. Jäger- Bataillon gekämpft hat, sowie diejenigen der Gefallenen verzeichnet.

Württemberg. Stuttgart, 4. August, Der Prinz Luitpold mit der Prinzessin Therese, sodann der Prinz und die Prinzessin Ludwig von Bayern waren am 2. Nachmittags zu einem kurzen Besuche der Königlihen Familie in Friedrihshafen anwesend. Gestern hat \iŸ Se. Majestät ne Mage zu mehrtägigem Aufenthalte nah Bebenhausen

egeben. i Am 2. d. M. nahm der König in Friedrichshafen die Meldung des Königlich preußishen General-Majors v. Kott- wiß, neuernannten Commandeurs der ersten württembergischen Infanterie-Division, entgegen, worauf derselbe zur Hoftafel ge- zogen wurde.

Sachsen - Altenburg. Altenburg, 4. August. Der Herzog hat dem seitherigen Marktflecken Meuselwitz die Stadtgerechtigkeit ertheilt. Die Verleihungsurkunde und die Be- stätigungsurkunde der neuen Stadtordnung sind der provisori- hen Gemeindevertretung durch das Herzogliche Gericht bereits ausgehändigt worden.

Anhalt. Dessau, 4. August. Prinz Eduard hat sich vorgestern Mittag zur Fortsezung seiner Studien wieder nach Ballenstedt zurückbegeben,

Die Uebungen des anhaltishen Regiments werden in 8 Tagen in der Nähe hiesiger Stadt beginnen.

Nah dem erfolgten Ausscheiden des Geheimen Regierungs- Rathes Dr. Wolter aus dem Staatsdienste ist an dessen Stelle der Regierungs-Rath Rindfleis\ ch hierselbst zum Regierungs- Kommissar bei der Anhalt- Dessauischen Landes- bank ernannt worden.

Neuß j. L. Gera, 4. August. In dem städtishen Haushaltungsplan für 1874 sind für Schulen folgende Summen ausgeseßt: Die Realschule 1. O. kostet pxo Jahr 19,156 Thlr., die höhere Töhhtershule 5879 Thlr., die 1. und Il. Bürgerschule 23,367 Thlr., die lll. Bürgerschule 5032 Thlr., also in Summa 53,434 Thlr, Daneben wird das seiner Bau- vollendung eben entgegengehende neue Realschulgebäude ca. 90,000 Thlr. erfordern. Auf die Lehrergehalte kommen von obiger Summe etwas über 41,000 Thlr., auf die Bibliothek

300 Thlr., für übrige Drucksachen 310 Thlr., Gehalte für die beiden Direktoren 2600 Thlr., allgemeiner Unterhaltungsaufwand 1870 Thlr.

Desterreich-Ungarn. Wien, 4. August. Der Kaiser hat sih gestern von Laxenburg nah dem Lager bei Bruck an der Leitha begeben, von wo derselbe morgen zurückehren wird.

…_— Im Laufe dieses Monates finden noch zahlreihe Er- ganzungswahlen sür die Landtage statt, deren Zusam- e 4 für die Mitte des nächsten Monates in Ausficht genom- men ift. :

Im ungarischen Handels-Ministerium hat vorgestern die angekündigte Konferenz in Angelegenheit des Zoll- und Handelsbündnisses mit Oesterreich stattgefunden, welcher die Vertreter der Ministerien für Handel, Finanzen und Kom- munikationen beiwohnten. Sektions-Rath Matlekovics verlas ein umfangreiches Elaborat, welches einen Auszug des JInhalies der an das Handels-Ministerium eingelangten Gutachten der verschiedenen Körperschaften bildete. Es wurde beschlossen, die Agenden unter die verschiedenen Ministerien zu vertheilen, über welche dann jedes einzelne Ministerium einen Bericht auszuar- beiten hat, und zwar das Handels-Ministerium über die Wir- kung des Zollbündnisses im Allgemeinen und über die Zollfra- gen insbesondere, das Finanz-Ministerium über die indirekten Steuern, die Gefälle für Tabak, Salz, Spiritus und Gleisch ; das Kommunikations-Ministerium über die Tariffragen bei Eisenbahnen, insofern dieselben in den Bereich des Zoll- und Handelsvertrages fallen. Die drei Ministerien haben bis Ende September dieses Jahres ihre Berichte anzufertigen, und auf Grund dieser Berichte wird dann eine Vorlage an die Legisla- tive erstattet werden.

Nach dem Ausweis über den Stand der österreichi- schen \{chwebenden Staats\chuld pr. 1. August c. befan- den sih an diesem Termin im Umlauf: A. Nach den von der österreichischen Nationalbank geführten und überprüften Vormer- kungen: Partial-Hypothekar: Anweisungen, und zwar: a. auf Konventionsmünze lautend 12,650 F[., das find in österreichischer Währung 13,282 Fl.; þ. auf österreichische Währung lautend 84,265,450 Fl, zusammen 84,278,732 Fl. B. An aus der Mitsperre der beiden Kontrol-Kommissionen erfolgten Staats- noten, und zwar: zu 1 Fl. 73,062,312 Fl., zu 5 Fl. 111,052,005 &L., zu 50 Fl. 143,606,900 Fl, zusammen 327,721 217 T1. ; im Ganzen 411,999,949 Fl. Es hat ih demnach der Stand der Partial-Hypothekar-Anweisungen(Salinens\ cheine) um 6,990,900 Gl. vermindert, der Umlauf der Staatsnoten um 6,991,054 F[. vermehrt und der Stand der \{chwebenden Schuld hat um 154 Fl. zugenommen.

Prag, 5. August. Der Kaiser wird aus Anlaß der im nächsten Monate stattfindenden Truppenmanöver am 7. September Nachmittags über Pilsen hier ankommen und am E September früh von Prag seine Reise nah Brandeis fort- eßen.

Niederlande. Haag, 5, August. (W. T. B.) Eine offizielle aus Atchin vom 3. d. M. hier eingegangene De- peshe meldet, daß die nicderländishe Flagge zu Teloksemawe aufgepflanzt sei, und daß Moesapi (ôftlich von der Mündung des Atchinslusses) sowie Kampong von den Niederländern ge- nommen seien. Dieselben hatten bei den Kämpfen 6 Todte und 47 Verwundete, während die Atchinesen 73 Todte verloren. Der Gesundheitszustand der niederländischen Truppen ist wenig befriedigend.

Großbritannien und Friand®. London, 4. August. Der Herzog von Cambridge und Prinz Eduard von Sachsen-Weimar werden am nähsten Sonnabend London verlassen, um sih nach Homburg zu begeben.

Die Vertagung des Parlaments wird, der „A. A. C. zufolge, am nächsten Sonnabend bestimmt stattfinden. Das Haus der Gemeinen wird sich am Donnerstag bis Sonn- abend vertagen; aber das Haus der Lords wird zur Erledigung der dringendsten Geschäfte eine Sizung am Freitag halten.

9. August. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte heut auf eine desfallsige Interpellation von JIenkins der Unter- Staatssekretär des Innern, Bourke, ihm \ei von privater Seite die Mittheilung zugegangen, daß die ägyptische Regierung einen Eingangszoll von 8 Prozent auf die in Aegypten importirten Kohlen gelegt habe, welhe für die den Suezkanal passirenden Dampfschiffe bestimmt seien. Eine offizielle Bestäti- gung dieser Nachricht sei ihm noch nicht zugegangen, er könne indessen mittheilen, daß Frankreih bereits gegen die Gesey- mäßigkeit dieser Auflage protestirt habe. Die ‘englische Regierung sei dagegen der Ansicht, daß Aegypten nah dem Vertrage von 1861 die Befugniß zustehe, eine solhe Abgabe zu erheben. Bei der Berathung der vom Oberhause verworfenen Amend e- ments zu der Kirchen-Disziplinar-Bill sprach der Premier-Minister Disraeli \cin Bedauern über die Ablehnung aus und forderte das Haus auf, gemäß dem Antrage des De- putirten Gurney, die beiden in Rede stehenden Amendements fallen zu lassen, um die gänzliche Ablehnung der Bill zu ver- meiden. In seiner Rede führte Disraeli weiter aus, daß die gänzlihe Verwerfung der Bill noch mehr offenbaren würde, was man befürhte, nämlich, daß, obgleich Europa, mii Aus- nahme eines unglücklihen Landes, gegenwärtig in einem Zu- stande der vollständigen Ruhe sih befände, doch Einflüsse vor- handen seien, welche frühere oder spätere große Unruhen be- fürchten ließen. . Das Unterhaus nahm hierauf den Antrag Gurney an, durch welchen die erwähnten beiden Amendements aus dem Geseßentwurf wieder beseitigt werden.

Frankreich. Versailles, 5. August. (W. T. B.) Die Nationalversammlung genehmigte heute den Entwurf des Vertrages mit der Bank von Frankreich über einen Vor - \chuß von 80 Mill. Frcs. ohne Diskussion, verwarf aber die Vorlage, betreffend eine Zushlags-Decime auf drei verschie- dene direkte Steuern, mit 339 gegen 303 Stimmen. Nachdem das Budget von 1875 fast einstimmig nur ein Depuürter stimmte dagegen genehmigt worden, wurde die Versammlung von dem Präsidenten Buffet bis zum 30. November d. I. vertagt.

In dem bei einer heute stattgehabten Versammlung der Mitglieder der Linken geführten Protokoll ward aus- gesprochen, daß die Republikaner ruhig und vereinigt bleiben werden, und hinzugefügt, daß bei den bevorstehenden Munizipal- wahlen in den Departements die Wähler die Gelegenheit zu er- greifen hätten, um von Neuem die republikanishen Gesinnungen Granfreihs zu beweisen. Die Linke hat für die Dauer der Ferien eine eigene Permanenzkommission gewählt.

‘gung eignen. Die

Portugal. Lissabon, 26. Juli. Die Abgeordneten- wahlen find im ganzen Lande mit der größten Ruhe vollzogen worden. Wie man es erwartete, gab das Land der Regierung eine große Mehrheit. Es wurden 77 Anhänger der bestehenden Regierung gewählt und nur 14 Abgeordnete der Opposition. Von den ersteren gehören 46 der eigentlihen Regierungspartei, der Fraktion an, aus welcher die Minister hervorgegangen sind; die übrigen 31 solhen Fraktionen, welche der Regierung ihre Unterstühung leihen. Das Ergebniß der Wahlen auf den Azo- ren und in den überseeishen Besißungen kennt man noch nit.

Îtalien. Rom, 2. August. (It. N.) Wie bereits mitgetheilt, bereist General Menabrea mit den Generalen Lon- gonie und Giannotti und anderen Genie- und Artillerie-Offi- gieren die französish-italienishe Grenze, um diejenigen Punkte ausfindig zu machen, welche sich besonders zur Grenzbefesi- „Sentinela“ von Cuneo berichtet nun, daß General Menabrea seine Mission beendet hat und mit seinen Begleitern wieder in Turin eingetroffen is, und fie setzt hinzu: Der General Menabrea und die anderen hohen Genie- und Artillerie-Offiziere find darüber einverstanden, daß die sogenannten Barricate und Podio \ich vielmehr zur Grenzbefestigung eignen, als Ninadio, und daß sie daher der Regierung empfehlen werden, dort Befestigungswerke anzulegen, um den Alpenübergang zu

erren. 1 Gestern wurde der Grundbesizer Baltomo, in der Um-. gegend von Girgenti von Banditen entführt, von einer Carabinierspatrouille wieder befreit.

Der „Triester Ztg.“ \{chreibt man aus Venedig, 28. Juli: Mit dem gestrigen Abendzuge is die birmanische Ge- sandtschaft aus Mailand hier eingetroffen. Dieselbe besteht aus Ken-moon-mengli, Minister der auswärtigen Angelegenheiten- des Herrschers von Birma, und dessen Gesandten, einem ersten Sekretär, vier anderen Sekretären und einem Dolmetscher. Die Gesandtschaft ist von dem Schiffskapitän der Königlich italieni- \chen Marine, Chevaliere Biancheri, begleitet, welcher dem Ge- sandten von der italienischen Regierung zur Dienstleistung zuge- wiesen worden ist. Die Gesandtschaft wurde auf dem Bahnhofe vom Präfekten, vom Admiral und Kommandanten des dritten Departements, vom Assessor Cavaliere Ruffini in Vertretung des Syndikus, vom Obersten Cavaliere Menotti ‘in Vertretung des Tommandirenden Generals, vom General-Prokurator Cavaliere Laurin und vom Carabinier-Major Conte di San Elena em- pfangen. Der Minister hat im „Hotel Daniel“ Wohnung ge- nommen, wohin er von den Gondeln der Behörden, unter wel- hen fich auch eine Galagondel des Municipiums befand, begleitet ward. Die Gefandtschaft bleibt bis Donnerstags Abend hier und wird während ihres hiesigen Aufenthaltes die Schenswürdigkeiten der Stadt eingehend besichtigen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 5. August (W. T. B) Der „Regierungsanzeiger“ publizirt die Gr- nennung des Grafen Schuwaloff zum Botschafter in London und die Entlassung des Baron v. Brunnow von diesem Posten. Der Kaiser hat bei dieser Veranlassung sowohl an den abtreienden, wie an den neu ernannten Bot- \chaster ein sehr huldvolles Handschreiben gerichtet.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. August. Der König und die Königin werden übermorgen mittelst Extrazuges nah Vexiò abreisen, wo ein 100 Mann starkes De- tachement des Regiments „Kronaberg“ die Ehrenwache bilden \soll. Am Freitag besuchte der König die Stadt Landskrona. Der yNorrköp. TIid.“ zufolge wird der König am 9. September in Finspong erwartet, zu welcher Zeit die Eröffnung der Palsbada- Fingspongbahn wahrscheinlih stattfinden wird.

Prinz Alexander der Niederlande is heute auf der Ostbahn von Christiania nah Goth?:nburg abgereist.

Der König hat dem Reihs-Marschall befohlen und dieser dem Hof-Sekretär Ekstiöne beauftragt, einen vollständigen Katalog über alle in der Ritterholmskirhe aufbewahrten Tr o- phäen anzufertigen und dieselben in Uebereinstimmung mit der historishen Wahrheit zu vertheilen. Die Anzahl derselben soll 6000 betragen.

Asien. Ueber die Nothlage in Bengalen meldet der vom 3. d. datirte telegrapzishe Wochenbericht des Vize-Königs von Indien: In den südwestlichen Distrikten ist Regen gefallen und die Ernteaussichten sind besser geworden, aber es is wei- terer Regen erforderlih. Es find keine neuen Hungertodesfälle gemeldet worden.

Japan und China. (A. A. C) Die „China Mail“ vom 20. Juni schreibt: Der Krieg in Formosa scheint von den Japanesen kräftig betrieben zu werden, während authentisch ge- meldet wird, daß die Chinesen im Begriffe sind sie zum Rüczuge zu nöthigen. Shên Pao Chên, früher Gouverneur von Kianghi, ist beauftragt worden, mit dem japanesishen Commandeur en chef zu unterhandeln, und er hat Instruktionen, Drohungen zu gebrauchen, wenn die Diplomatie fehlschlägt. Es heißt, daß der Vizekönig von Fuskien in Ungnade gefallen ist, weil er den Japa- nesen gestattete, auf chinesishem Boden zu landen, ohne irgend eine Anstrengung sie daran zu hindern.

Die Chinesen verstärken, wie der „Times“ geschrieben wird, noch immer thätig die Vertheidigungswerke am Peiho. Gegen- wärtig sind etliche 20,000 Mann mit dem Bau eines neuen Forts in einer Krümmung des Flusses einige Meilen oberhalb Taku beschäftigt.

Nr. 6 des M inisterial-Blattes für die gesammte innere Verwaltung in den Königlich Preußischen Staa- ten, herausgegeben im Bureau dev Minisieriums des Innern, hat folgenden Jnhalt: Cirkular, die Formulare zu den Registern resp. Register Auszügen über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Ehcschließung betreffend, vom 8. Juni 1874. Cirkular, dié Schemata und Muster für die Eintragungen in die Standesregister betreffend, vom 1. Juli 1874. Cirkular, die Stellung der Bezirks- régierungen als vorgeseßte Provinzialbehörden der ländlichen Gemeinde- beamten betreffend, vom 11. Juni 1874. Cirkular-Verfügung, die Annahme der Steuer - Supernumerare betreffend, vom 15. Juni 1874. —- Verfügung, die Grenzen für Bewilligung des Wohnungsgeldzushusses Petreffend, vom 9. März 1874. Véfügung, die Bestimmung des Rangverkbältnisscs der Beamten in den neu-rworbenen Provinzen bezüglich der Wohnungsgeldzushüsse be- treffend, vom 13, März 1874. Versügung, das Verfahren in Dis- ziplinar-Untersuhungen bei erfolgter Anmeldung. der Berufung, aber unterlassener Einreichung einer Rechtfertigungs\chrift betreffend, vom 18. März 1874. Verfügung, den Gemeindebcitrag zux Unterhal- tung einer öffentlichen jüdishen Schule betreffend, vom 11. Septem- ber 1873. Verfügung, die Massivbauprämie bei Schulbauten in der Provinz Preußen betreffend, vom 16. Mai 1874, Verfügung, die Aulatdio der Aerzte, Wundärzte und Hebammen, zur Ausübung der Praxis in den Grenzgemeinden gegen die Niederlande betreffend, vom 4. Juni 1874, Cirkular, die Vertheilung und Auf-

bringung der Kreisabgaben betreffend, vom _10. Juni 1874. Cirkular, die Heranziehung der Eisenbahngesellshaften zu den Kreis- abgaben betreffend, vom 8. Juni 1874. Erlaß, die Behandlung der aus zwei oder mehreren, in Einer Hand befindlichen &utébezirken bestehenden Amtsbezirke nah den Vorschriften der Kreisordnung be- treffend, vom 31. Mai 1874, Erlaß, die Befugniß der Kreisaus- \hüsse in Betreff der Revision der Gemeinderehnungen betreffend, vom 13. Juni 1874. Bescheid, die Auslegung der Vorschriften der Kreis- ordnung hinsichtlich der Entscheidungen der Verwaltungsgerihte auf Berufungen gegen Beschlüsse der Kreisau?\{üsse betreffend, vom 3. Juni 1874. Erloß, wona den Amtevorstebern im amtlicen Ver- kehr bei Ausübung der örtlihen Polizei das Prädikat „Königlich“ nicht beizuleger ist, vom 15. Juni 1874. Erlaß, die Zuständig- keit der Kreisausshüsse, über Beschwerden gegen Verfügungen der Vorstände ländliher Ortsarmen - Verbände in “Armenunter- stüßungssahen zu entsheiden, betreffend, vom 1, Juni 1874. Erlaß, die Verpflichtung der Gutsvorsteher oder deren Stellvertreter zur Uebernahme der Geschäfte der Standesbeamten, sowie die Ver- eidigung derselben betreffend, vom 3. Juni 1874. Verfügung, die Befugnisse der Landräthe zu vorläufigen polizeilichen Straffestselzungen in Chausseepolizei-Kontraventionssachen betreffend, vom 17. Juni 1874. Cirfular, die Auslegung der Bestimmung im §. 8 des Gesetzes vom 11. März 1850 wegen des Verbots der Verbindung politischer Vereine mit anderen Vereinen gleicher Art betreffend, vom 13. Juni 1874. Verfügung, die Berechnung dec Gehälter und der Wohzungs- geldzuschüsse der Mitglieder der Landgensd'armerie betreffend, vom 26. Mai 1874, Verfügung, die Bekanntmachung der von den Kreisausshüfsen zu genehmigenden gewerblichen Unternehmungen be- treffend, vom 8. Juni 1874, Verfügung, die Gebühr für die Untersuchung neu aufgestellter Dampfkessel betreffend, vom 22. Juni 1874. Cirkular, die Mitglieder der anthropologishen Gesellschaft betreffend, vom 3. Juni 1874.

Statistische Nachrichten.

Nach der vom Großen Generalstabe herausgegebenen „MRe- gistrande“ beträgt die Länge der auf der ganzen Erde befindlichen Telegraphenlinien 576,000 Kilometer, während die Gesammkt- länge der Drähte ca. 1,681,000 Klilometer betragen soll. Die unter- seeishen Linien haben eine Meilenlänge von 84,600 und eine Draht- länge von 500,00 Kilometer. Die Anzahl sämmtlicher Telegraph en- Bureaus beträgt zur Zeit etwa 25,000; davon entfallen auf England 9098 Stationen, Deutschland 3726, Frankrei 2620, Jtalien 1277, Oesterreich-Ungarn 936, Belgien 445 u. f. w. u. st w. Die Ge- jammtzahl sämmtlicher in einem Jahre beförderten Depeschen beträgt jeßt ca. 70 Millionen.

Im Postanweisungsverkehr Bayerns wurden in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1874 im internen und Wechsel- verkehr 1,010,878 Stück einbezahlt, im Vorjahre 639,642 Stü; da- gegen 939,549 Stück ausgezahlt, im Vorjahre 609,606. Die Ein- zahlung belief fich auf 21,642,641 fl, im Vorjahre 16,754,524 fl Im Wechselverkehr wurden hinausvergütet 1,998,542 fl.

(Wien, Z.) Nach der bei Gelegenheit der Verhandlung der Advo- faturäordnung erfolgten amtlichen Zusammenstellung sämmtlicher ausüben- den Advokaten in Ungarn (Kroatien, Slavonien und die Militär- grenze ausgenommen) haben mit Juli d. J. im Gant:en 4023 Advo- katen die Praxis auêgeübt. Es entfällt demnach durchshnittlich bei einem Flächeninhalt von 4682 Quadratmeilen auf etwxs mehr als cine Meile ein prafktizirender Advokat. Das Verhältniß zur Einwoh- nerzahl stellt sih derart heraus, daß auf je 3290 Einwohuer ein Ad- vokat kommt.

Die Ste infkohlen-Jndustrie Rußlands nimmt in der Reihe der europäischen Staaten noch eine der niedrigsten Stellen ein, obgleih Nußland, was den Steinkohlenreihthum anbelangt, den west- europäischen Ländern nichts nochgiebt. Troß dieses Reichthuins ist aber die Gewinnung von Steinkohlen bis jeßt verhältnißmäßig un- bedeutend. Die Ursache hierfür ist hauptsächlih in der geographischen Vertheilung der Steinkohlenlager zu suchen, welche von den Centren des russischen Handels uno der Industrie zu entfernt liegen, weshalb auch ihre Produkte bis jeßt meist nur einen örtlichen Werth haben. Vorausésichtlich wird aber der Ausbau des russischen Eisenbalhnneßtzes diesem Uebelstande in bedeutsamer Weise Abhülfe schaffen, und ist in den leßten Jahren bereits cine erheblihe Zunahme der Produktion eingetreten. Nach den Angaben des statisti\chcn Jahrbuchs für 1866 und der Jahrbücher des Finanz-Ministeriums von 1869—1871 betrug die jährliche Ausbente an Steinkohlen und Anthracit in den Jahcen 1864—1871 in ganz Rußland:

Steinkohlen. Anthracit. Steinkohlen. Anthracit. Pud Pud Pud Pud

1864 6,866,556 83,819,200 1568 22,085,162 5,412,991

1865 6656,156 5,929,155 1869 24,821,248 11,081,248

1866 6,284,032 10,279,676 1870 28,661,490 13,017,371

1867 19,563,026 6,893,189 1871 35,009,156 14,190,444

Die bedeutendsten Steinkohlen- uad Anthracitlager im europäischen Rußland enthalten: die Done!:sche Bergkette in den Gouv. Jekate- rinoslaw undCharkow(Produftion 1864: 7,019,356 Pud,187 1: 20,461,182 Pud), das Weichselbassin im Gouv. Piotokow (Produktion 1867: 13,694,967 Pud, 1871: 18,008,295 Pud), das Moskauer Bassin in den Gouv. Tula, Kaluga, Ssmolenek, Moskau, Rjasan, Twer und Nowgorod (Produktion 1864: 1,371,283 Pud, 1871: 8,667,399 Pud), das Uralbassin im Gouv. Perm (Produktion 1864: 1,163,039 Pud, 1871: 832,405 Pud). Im sosiatishen Rußland befinden si folgende drei Kohlenbassins: das Kusneß\che im Gouv. Tomsk (Produktion 1864: 248,009 Pud, 1871: 228,000 Pud), das Bassin der Kirgisen- steppe in den Gebieten Akmollinsk und Semipalatinsk (Produktion 1864: 126,933 Pud, 1871: 481,436 Pud) und das Turkestansche Bassin im Syrdarja-Gebiete (Produktion ca. 150,000 Pud). Die Steinkohlenlager im Kaukaïus uad in Transkaukasien sind noch wenig erforsht und spielen auch in der Jrdustrie noch keine Rolle. Das Kohlenbassin der Jnsel Sachalin im Küstengebiete des östlichen Theils des asfiatishen Rußland lieferte 1871 ca. 300.000 Pud Kohlen, welche zum Verkauf nah China exportirt werden. Außerdem sind im asia- tischen Nußland noch andere Lagerstätten unweit der Mündung des Flusses Amur, ferner im Semiretschenskischen Bezirk: des Transbaika- lischen Gebiets und an einigen Stellen des Gouv. Jrkutsk bekannt, welche jedoch des lokalen Waldreichthums und des geringen Bedarfs dieser Geg-nden wegen nicht ausgebeutet werden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Das in diescn Blättern bereits angekündigte Werk „Der

Amts-Vorsteher“, Leitfaden für die Verwaltung der Anits- und-

Polizeigeshäfte mit Beigabe der geseßlihen und polizeilichen Vor- \hriften und Formular, mit besonderer Beziehung auf den Regierungs- bezirk Frankfurt a. O., herauegegeben von Limberg, Könglicher Kreis-Sekretär in Königsberg i. d. N,, ist jeßt erschienen. (94 S. 4, Königsberg i. d. N., Druck und Verlag« von J, G Striese, 1874). Ein Vorwort erörtert zunächst: Des Amts-Voristehcrs Rechte und Pflichten. Seine Stellung zum Landrathe, zum Kreis- und Amts- Ausschusse. Seine Straf- und Exekutions-Befugniß. Denn folgen als Abtheilung A.: Die geießlihen und Verwaltungsvorschriften über die Amts-Verwaltung des-Kreis-Ausscchusses: 1) Armen- Polizei. 2) Wege-Polizei. 3) Vorfluth, Ent- und Bewässerungen. 4) Feld-Polizei, 5) Gewerbe-Polizei. 6) Bau- und Feuer-Polizei. 7) Ansiedelungésachen. 8) Dismembrationssachen. 9) Kommunal- fachen. 10) Schuisachen. 11) Medizinalsachen. 12) Juitizverwal- tungssahen. Abtheilung B betrifft die Orts Polizei-Ver- waltung in folgenden Materien, die im Leitfaden selbst in alpha- betischer Reihenfolge geordnet sind: 1) Allg. meine Verwaltung. 2) All- geueine Landes-Polizei. 3) Sicherheits- und Fremden-Poelizei. 4) Wegé- Polizei. 5) Bau- und Feuer-Polizei. 6) Wasser- und Schiffahrts- Polizei. 7) Gesundheits-Polizei. 8) Landwirth|chaftliche, Feld-, Forft- und Fischerei - Polizei. 9) Armen- Polizei. 10) Gewerbe - Pölizei.

11) Sitten-Polizei. 12) Ordnungs-Polizei. 13) Religions-, Kirchen-

und Schulwesen. Abtheilung C. betrifft: Bureau- und Ge- shâfts-Verwaltung. Ein Nachtrag enthält die während des Druckes ergangenen Geseße und Entscheidungen, nebst Berichtigun- gen und Ergänzungen. Den Schluß bildet ein alphabetisch geordnetes Verzeichniß allgemein wichtiger preußisher und Reichs-Gesetze. Ein alphabetishes Sachregister erleichtert das Auffinden der einzelnen Gegenstände. Wie bereits früher mitge: heilt, hat der Regierungs- Präsident Graf v. Villers zu Frankfurt a. O. dieses Buch seiner Zweckmäßigkeit und Brauchbarkeit wegen den Bibliotheken der Amts- bezirke zur Anschaffung empfohlen.

Am Abend des 3. August verstarb in Muskau Hans Ferdinand Maßmann, der bekannte Germanist und Förderer der Turnkunst. Geboren am 15. August 1797, trat er im Jahre 1814, nachdem er erst kurze Zeit dem Studium der Theologie obgelegen, bei den frei- willigen Jägern ein. Nach der Rückehr aus Frankrei seßte er seine Studien auf verschiedenen deutshen Universitäten fort. Dann leitete er in Abwe\enheit Jahns eine Zeit lang das Berliner Turn- wesen und ging später als Lehrer nah Breélau. Im Jahre 1826 er- hielt er cinen Ruf nah Münchcn, wo er bis 1842 als Turnlehrer am Kadetten-Corps und später als Professor der altdeutschen Literatur an der Universität wirkte. Jm genannten Jahre wurde er nah Berlin berufen, um die Wiedereinrihtung des allgemeinen Turnunter- rihts in Preußen zu übernehmen, im Jahre 1846 erhielt er dann eine Professur für Germanistik an der Unioersität. Jn der zweiten Hälfte seines Lebens war er auf pädagogischem Gebiete thätig. Seine [literarische Wirksamkeit war eine sehr bedeutende, viele ältere deutsche Sprachdenkmäler verdanken ihm die erste Ausgabe. z

Halle, 31. Juli. Nach dem Lektionsverzeichnisse der Universität für das Wintersemester 1874—1875 werden ein- \chließlid der Uebungen in dea Seminarien 235 Vorlesungen gehalten werden, §1 davon publice, Auf die theologishe Fakultät entfallen davon 38, auf die medizinishe 47, auf die juristishe 22, auf die philosophische 128. Die Gesammtzahl der Lehrer beläuft fich auf 90; in der theol. Fakultät 8 ordentlice, 6 außerordentliche Professoren, 1 Privatdozent, in der medizinishen 11 ordentliche, 3 außerordent- liche Professoren, 8 Privatdozenten, in der juristischen 6 ordentliche, 1 außerordentlicher Professor, in der philosophischen 23 ordentliche, 11 außerordentliche Professorer, 11 Privatdozenten, also im Ganzen 48 ordentliche, 21 außerordentliche Professoren und 21 Privatdozenten. In die theologische Fakultät trat neu ein der ordentliche Professor Dr. Wolters; in die philosophische der ordentliche Professor Dr. Dittenberger, der außerordentliche Profeffor Heydemann, die Privat- dozenten DDr. Schmidt und Schmiß; in der medizinischen Fakultät wurde Privatdozent Dr. Köbler außerordentlicher Professor. Ausge- schieden sind in der philosophishen Fakultät der außerordentliche Professor Dr. Thomä und Privatdozent Dr. Tschischwiß.

Die Universität Halle hat in diesen Tagen wieder einen Verlust erlitten durch das Ableben des Professors der Jurisprudenz, Dr. August Anshüß, welcher am 3 d. M. im Bade Soden starb. Der Verstorbene vertrat die Fächer des Deutschen Privatrechts, der Deutschen Rechtsgeschichte, des Staatsrechts, des Handelsrechts, des Landwirthschaftsrechts, und war nameantlich auch bei den in Halle studirenden Landwirthen ein sehr ges{chäßter Lehrer.

Kiel, 3. August. Das so eben ausgegebene Verzeichniß der Vorlesungen, welche im Winterhalbjahr 1874/1875 an der Christian- Albrechts-Un iversitätzu Kiel gehalten werden sollen, zeigt ein ganz vollständiges L-brerpersonal, da auch die durch Professor Ufingers Tod entstandene Lücken durch Professor Schirren ausgefüllt ist. Die Universität hat danach 37 ordentlihe und 5 außerordentliche Pro- fcssoren, und zwar von ersteren 5 Theologen, 5 Juristen, 7 Mediziner und 29 in der philosophischen Fakultät, nâmlich: 1 Bibliothekar, 2 klassische Philologen, 2 neuere Philologen, 1 orientalischen Philologen, 2 Philosophen, 2 Historiker, 1 Mathematiker, 1-Astronomen-2Chemiker, 1 Physiker, 1 Mineralogen, 1 Zoolozen, 1Botanifker, 1 Landwirthschafter, 1 Nationalökonomen. Außerordentliche Professoren haben nur die medi- zinische Fakultät, nämlich 3, und die philosophische Fakultät 2 und zwar 1 flassischen Philologen und 1 Mathematifecr. Außer diesen 42 Pro- fessoren hat unsere Universität an Privatdozenten: 1 Theologen, 2 Ju- riiten, 5 Mediziner, 1 Zahnarzneikundigen, 1 Historiker, 1 klassischen und 2 moderne Philologen, 1 Phbysiker und 1 Chemiker, wozu noch 1 Lektor der französischen und 1 Lektor der englischen Sprache kommt, so daß die Gesammtzahl aller Lehrer 59 beträgt.

In Hannovex starb am 1. d. M. der Staatsrath Zimmer- mann, auch bekannt als Verfasser eines Werks über die deutsche Polizei.

- Zum 11. Deutsch{chen Sängerbundesfest in München ist, gleihwie auf den bayerischen Staatsbabnen, au auf den bayeri- schen Ostbahnen den als Sänger sich legitimirenden Reisenden eine S0prozentige Personentaxermäßigung in der Weise gewährt worden, daß gewöhnliche Tourbillete, die zur unentgeltlichen Rückfahrt bis incl. 20. d. M. berechtigen, zur Abgabe gelangen. ‘Der Präsident des Centralausschusses des Deutschen Sängerfestes, Dber-Rechnungs- Rath Fentsch, hat nachstehendes Handschreiben Sr. Majestät des Königs von Bayern erhalten: „Hr. Ober-Rehnunas4Mäth Sentsh! Mit Freuden habe ih aus dem Schreiben des Central- festausshusses vom 25. Juli l. J. entnommen, daß die großen Vor- bereitungen zu dem Feste, welches demnächst in Münchens Mauern statifinden wird, einen glücklihen Abschluß gefunden haben, und mit huldvollstem Danké erwidere ih die an mich gerichtete Einladung. Jch zweifle nicht, daß meine Residenzstadt dur dieses Fest um eine s\{öne Erinnerung reicher werden wird, und hege den Wunsch, daß der Eifer, welchen der Ausschuß feiner s{chwierigen Aufgabe zuwendete, von den besten Erfolgen für die Sache des deutschen Männe: gesanges begleitet sein möge. Gern sprehe ih dem gesammten Festauss{huß meine Anerkennung aus und bin mit aller Werthshäßzung Ihr guädigster König Ludwig.

Der Verfasser der bei Joh. Wilh. Krüger in Leipzig er- schiencnen Schrift: „Die Gemeinde und ihr Finanzwesen in Frankrei“, Dr. Victor von Brasch, hat sih die Aufgabe ge- stellt, einen flüchtigen Ueberblick über die historishe Entwickelung und heutige Organisation dex Gemeinde in Frankreich zu geben und hieran eine Darstellung des - Gemeinde - Finanzwe}ens, mit be- sonderer Berücksichtigung der Koinmunalbesteuzrung , _zu knüpfen. Er schließt sich ganz der Ansicht A. Wagners an, eine bloße Staats-Finanzwissen\chaft dem heutigen Standpunkte der Stäats- wissenschaften nicht mehr völlig entspricht, und es sich eigentlich um eine Finanzwissenschaft des Staates und der übrigen räumlichen Ge- meinwirthschaften, Provinzen, Kreise, Gemeinden um cine Lehre handle, welche die Ausgaben und Einnahmen dieser Haushalte in ihrem organischen Zusammenhange behandelt. Das Ungeyügende und Lücken- hafte der Darstellung ist zum Theil mit der Schwierigkeit zu ent- schuldigen, welche sih stets dem Auéländer beim Einblick in fremde Verhältnisse, namentlich auch bei der Materialbeschafuog entgegen- stellen. Der Zweck der Schrift ist, als eine Vorarbeit zu einer all- gemeinen theoretischen Darstellung des Gemeinde-Finanzwesens zu dienen,

In Cannstatt ist der Königlih württembergisbe Hofrath Dr, Albert v. Veiel, bekannt durch das von ibm gegründete Institut für Flechtenkranke, in Folge eines Herzleidens gestern Abend ver- schieden.

Bei dem am 1. d. M erfolgten Zusammentritt des Plenums des Lehrerkörpers der Universität Straßburg fiel die Wahl des Rector magnificus für Dos Universitätéjahr 1874/75 auf den Prof. Dr. Scchmoller. d +18

Dr. Georg Schweinfurth gedenkt in Riga, wo. er {h bei Verwandten aufhält, die während feiner Reise in Afrika gemachte großartige Pflanzensammlung zu bestimmen. Kürzlich ist: au Dr. Schweinfurth von einem deutschen Gelehrten in London, der \sih spe- ziell mit der Flora Afrikas beschäftigte, eine sehr bedeutende Samm- lung durch Vermächtniß zugefallen, die auch einer Ordrung utiter- worfen werden soll. Aus diesem Grunde hat 'auch der Reisende die Aufforderung, mit Stanl¿y an einer neuen, von zwei Zeitungen arran- gitten Expedition nah Afrikä Theil zu nehmen, abgelehnt.