1921 / 16 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Jan 1921 18:00:01 GMT) scan diff

S E G I C H E Et Ge R E

S E O E E fre

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_des Tags der Reichs8gründung gab der deutsche Gesandte

Rahmen des Deuts(en Reiches gedaßte. An dieser Feier nahm au der inzwischen vom Wachtregiment zurückgekehrte Reichswehrminister teil. Der Vizeadmiral von Manthey nahm dann das Wort zu einem großen geschichtlichen Ueberblick über die Greignisse der leßten zwei Jahrhunderte, insbesondere auch über die Geschichte der deutschen Reichsmarine. Er bob unter anderem hervor, daß der Friedensvertrag uns gezwungen babe, die demokfratischste aller Einrichtungen, die allz gemeine Wehrpflicht, abzuschaffen.

Veber Gedenfkfeiern im Auskand liegen folgende Mel- dungen des „W. T. B.“ vor:

Kopenhagen, 19. Januar. Die deutsche Kolonie in Kopenhagen beging den 50. Jahrestag der Gründung des Deutschen NReihes gestern durch einen Festabend, an dem gegen 150 Personen teilnabmen. Der Vorsißeude der Kolonie, Hauptmann Wedekting, hielt eine Nede auf das Deutsche Neich. Der Gesandte, Freiherr von Neurathb, brachte ein Hoch auf den dänischen König aus. Das Fest, in dem die unveränderte Treue zum Vaterlande zutn Ausdruck kam, nahm einen würdigen Verlauf.

Stockholm, 19. Januar. Die DeutsheGesellschaft in Stockholm hatte gestern abend aus Anlaß des 50. Jahres- tages der Reichsgründung eine Feier im Grand Hotel veranstaltet. Nach einem Vortrag von Professor Schub ot über den deutschen Einbeitsgedanken hielt der deutsche Gesandte Na doln y cine Nede, in der er den Zukunftshoffnungen und dem Arbeitswille n des deutshen Volkes Ausdru gab.

Christiania, 19. Januar. Anläßlich der 50. Wiederkehr Nhomberg geßern abend einen Empfang, zu dem die deutschen Vereine geladen waren. Der Abend war eine cindrucksvolle Kundgebung der unershütterlichen Ginheit des Reich8gedankens.

Wegen \ch{wieriger technisher Vorbereitungen zur Masken - rodoute im „Großen Schauspielhaus“, die die Mitglieder des Deutschen Theaters zu. wohl- tätigen ZwedckLen veranstalten, wird die Nedoute von dem 5. Februar auf Sonnabend, den 192. Februar verlegt. Die Subskrivtionslisten liegen täglih im Foyer der Kammerspiele des Deutschen Theaters in der Zeit von 11—2 Uhr aus. Schriftliche Anmeldungen sind an das Ballbüro des Deutschen Theaters zu richten.

Am 15. und 16. Januar fand în der Universität München die Tou NA des Neichsbundes der Kriegs- teilnehmerverbände deutscher Hochschulen statt. Die meisten deutschen Hochschulen waren vertreten Es wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, beschlossen, das sogenannte Punktsy stem auf allen Universitäten durch zuführen. Danach sollen die Krieg s8- teilnehmer nihcht mehr allein nah ihrem Verlust an Zeit, sondern vos allem auß nach ihrer Leistung im Kriege die entsprechenden Vergünstigqungen genießen. Gegen die von dem preußischen Minister Lüdemann geplante Erhöhung der Kolleggelder auf 25 M die Wocßenstunde wurde schärfster Widerspruch er- boben, da sie eine unerträgliche Steigerung der ohnehin furchtbaren Not der akademischen Kriegsteilnehmner bedeuten würde. Von größter Wichtigkeit für den Reih8bund der Kriegsteilnebmer- verbände ist der in München einstimmig beschlossene Zu - sammenschluß mit dem E S A deutscher Kriegsbeschädigter un Kriegshinterbliebener in Berlin. Die kriegs8beschädigten Studenten er-

halten eine starke IJnteressenvertretung im Reichsaus\{uß für Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge und bei den Bersorgungsgerichten fowie eine Reibe wirtschaftlicher

Nergünstigungen. Der BZentralyerband gewinnt hierdurch viele íSntelligenzen als Führer. Für das Zusammenarkeiten von Akademikern und Nichtakademikern und für die Pflege echter Kameradschaft unter allen Kriegsteilnehmern und Kriegsbeshädigten des Weltkrieges ist dieser Zu'ammenschluß von höchster Bedeutung. Der Zeutralverband, der zurzeit etwa 300 000 Mitalieder zählt, erhält hierdurch Zuwachs n E 20 000 Kriegsbeschädigten, Krieg8gefangenen und Kriegs- teilnehmern. |

Deutsche Wohnnngs3einrichtungen în Paris. Ende des vergangener Jahres ging durch die deutsche Presse die Nachricht, daß alle nah den Magasins Généraux Français, 236 rue Championnet, Paris, verbrachten Mobilien in allernächster Zeit öfentlih zur Versteigerung gebracht werden sollten. Anträge auf Nückgabe der persönlihen Effekten, Gegenstände von geringem Wert usw., gemäß des deuts{h-französishen Abkommens vom 6. Februar 1920, müssen deshalb sofort durch Vermittlung des Bundes der Auslandsdeutschen, Abteilung Frank- reih, Berlin C. 2 Klosterstr. 75, eingereiht werden. Ohne diese Formulare ist eine Rüdcerlangung der Gegenstände unmöglich. Eine namentilihe Liste der Betroffenen, deren Mobiliar im Februar zur Versteigerung kommt, liegt in der Abteilung Frautreich auf, und alle Frankreih-Deutschen, welche Kenntnis davon haben, daß ihr Mobiliar nah den Magasins Généraux Français, 236 rae Championnet, Paris, verbraht worden ist, werden hiermit aufgefordert, diese Liste einzusehen. Die Listen liegen ferner auf in allen Ortsgruppen des Bundes der Auslandsdeutschen. Die im Neiche wohnenden Frankreih-Deutschen wollen sih deshalb an ihre Ortêgruppen wenden, damit sie noh,.das eine oder das andere retten können. Wiederholt wird, daß Anträge nur durch Vermittlung der Abteilung Frankrei des Bundes der Auslandsdeutschen, Berlin C. 2, Klosterstraße 75, übermittelt werden können. (W. T. B.)

Breskau, 19. Januar. (W. T. B.) Heute nachmittag 4 Uhr sollte in der Volksschule in der Kletshauer Straße ein Vortrag von Märchen erfolgen, zu dem sämtlihe Schulen der Odervorstadt versammelt waren. Etwa 1500 Kinder ver- suchten, sich {hon um 2 Uhr in den Vortragsraum, der im Keller der Schule lag, vorzudrängen. Eine Aufsicht war noch nit anwesend. Die Kinder drängten die enge Kellertreppe herab, um die besten Pläße zu erlangen. Dabei kam es zu einem furchtbaren R E bei dem öKinder getötet und etwa 20 verletzt wurden.

__ Saarbrücken, 19. Januar. (W. T. B.) Großen Schaden imFernsprechneßg hat der gewaltige Sturm angerichtet, der gestern abend und während eines Teiles der Naht wütete, In der Stadt Saarbrücken wurden heute vormittag über 300 Störungen an den Fernsprehanschiüssen gemeldet und auch von den Fernkecitungen ist cine große Zahl gestört. So sind Verbindungen in den Nichtungen Straßburg, Meg und Paris nicht zu erhalten. Von den Kölner Leitungen ist die eine vollkommen unbrauchbar, während die andere nur in schr beshränktem Umfange in Tätigkeit ist. i

Wien, 19. Januar. (W. T. B.) Die durch die HoWlscul- direktoren und mehrere Abgeordnete dem Bundeskanzler he Entschließung derStudentenschafst aller Wiener Hochschulen, betreffend den Anschluß an das Deutsche Reich, sowie die bei der Kundgebung der nationalsozialistischen

Partei angenommene Entschließung, in der gefordert wird, daß die österreihishen Länder der Staatshoheit des Deutschen MNeichs unterstellt werden, wurden von der Staatsregierung an

das Präsidium des Nationalrats geleitet. Bei der heutigen Kundgebung der Studentenschaft für den Anschluß erklärte der Obmann der Großdeutschen Volkspartei, Kändl, besonders erfreulich sei die Tatsache, daß die deutshe Studentenschaft, entsprechend der Idee der Volksgemeinschaft der Großdeutschen Voltks- partei, Fühlung mit den Gewerkschaften und den Arbeitern in der Frage des Anschlusses nehme. Auf diesem Wege werde das große Ziel erreiht werden.

Graz, 19. Januar. (W. T. B.) Bei Frohnleiten sind infolge falscher Weichenstellung jwei Güte rzüge zusamm 7 - gestoßen, wobei 17 Personen Verleßungen erlitten haben.

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Paris, 19. Januar. (W. T. B.) Nat eîner Havasmeldung aus Bilbao sind im Gewerkshaftshaus in Sestao durch die Polizci Bomben und Sprengstoffe entdeckt worden. Alle Bewohner des Hauses wurden verhaftet.

Paris, 20. Januar. (W. T. B.) Wie die Blätter melden, wird ein Teil von Frankrei ch, darunter apa seit vorgestern von außerordentlih heftigen Stürmen eimgesucht. Paris ist vom Telephon- und Telegraphenverkehr, bésonders mit dem Norden und mit dem Osten, völlig abgeschnitten. In Ostfrankreich, besonders in der Gegend von Nancy, hält das \{chlechte Wetter und der Sturm an. Es hat gestern Nachmittag au geschneit. Das Thermometer zeigt 10 Grad unter Null. Nach einer Funkmeldung des „Echo de Paris“ aus Ajaccio ist p T MEr Kreuzer bei Porto Vecchio ge-

randet.

Handel un5 Gewerbe.

_ Der Lack- und Farbenhandel Deutschlands, der bisher durch die zum Teil seit Jahrzehnten bestehenden Landes- verbände für Süd-, West-, Nordwest- und Ostdeutschland (Berlin) vertreten wurde, hat si, wie „W. T. B.* berichtet, nunmehr zu einem Reichsverband des Lack- und Farbenfaches zu sammengeschlossen mit dem Zwed, seine Interessen gegenüber Be- hörden, Industrie- und Verbraucherorganisationen einheitlich zu wahren, der Zersplitterung auf diesem Gebiet ein Ende zu machen und der allgemeinen Förderung der Fachinteressen zu dienen. Bei dem Jneinanderfließen von SIndustrie- und Handels- interessen gerade im Lack- und Farbenfah sollen jedoch auch die Interessen derjenigen Firmen vertreten werden, die neben ihrem Handelsbetrieb fabrifatorish tätig sind. Als Mitglieder werden nur Verbände aufgenommen, die ihrerseits nah gemeinschaftlichen Richt- linien Bezirks- und Orlsgruppen bilden, so daß eine das gesamte Fah umfassende Organisation entsteht, die auch Außenhandels- und Ein- fubrangelegenheiten, das Genossenshaftswesen usw. behandeln und besonders auch die so wichtige Frage der Selbstversorgungsbewegung des Handwerks hinsichtlich ihrer Wirkungen auf den Fachhandel flären soll. Die Geschäftsstelle befindet sch in Berlin W. 35, Potsdamer Straße 111.

Die Baugesellschaft Kaiser-Wiklhelm- Straße, A.-G., in Liqu. hat drei Grundstücke in Berlin mit qutem Nußen verkauft und wird demnächst auf die Aktien die erste Liquidierungsrate in Höhe von etwa 45 vH ausschütten.

Die- Continental - Asphalt - Aktiengefell- \chaft, früher Hannovershe Baugesellschaft, in Hannover hielt eine außerordentliche Generalversammlung ab, in der ein Aktien- kapital von 943 300 .4 vertreten war. Da hiermit die Hälfte des Aktienkapitals nicht erreicht worden ist, muß eine neue Generalver- sammlung stattfinden, die auf den 12. Februar einberufen wird und die —fgleihgültig, wie viel Aktien vertreten fein werden über die Anträge auf Kapitalserhöhung endgültig beschließen soll. Die Verwaltung nahm gleichzeitig Veranlassung zu der Mitteilung, es habe si herausgestellt, daß die offiziell abgegebene Schäßung der Dividende für das abge- laufene Geschäftjahr (etwa 12 vH) sih nicht aufrechterhalten lafte, da die Ergebnisse fih erbeblich günstiger stellen dürften, als es bei Abgabe der Erklärung habe angenommen werden können. Die Verwaltung rechne mit mindestens dem Doppelten der bisher ge- {ätten Dividende. Auf angemessene Reservestellungen werde Bedacht genommen werden. Die Avsdehnung des Unternehmens mache jedoch unentwegt die Heranziehung größerer Kapitalien für Betriebs¿wecke infolge der Entwertung des Geldes erforderli, so daß an der Kapitalserhöhung festgehalten werden müsse.

In der am 17. d. M. abgehaltenen Generalversammlung der Pfälzischen Nähmaschinen- und Fahrräderfabrik vormals Gebrüder Kayser in Kaiserslautern wurde nah dem Vorschlag des Aufsichtsrats die Verteilung einer Dividende von 10 % beschlossen. Die Dividende ist sofort zahlbar bei der Gesell- schaftskaffe, bei der Rheinischen Creditbank, Filiale Kaiserslautern, bei der Zentrale der Rheinischen Creditbank, Mannheim, und deren sämtlichen Filialen, fowie bei der Deutschen Vereinsbank und dem Bankhaufe Hohenemser in Frankfurt a. Main. Die auf die Tages- ordnung geseßten Anträge auf Kapitalvermehrung und Saßungs- änderung wurden genehmigt. Die neuen Stammaktien werden bon der Rheinischen Creditbank übernommen und den Aktionären zum Bezug angeboten, wobei auf drei alte Aftien eine nene entfällt.

Budapest, 20. Januar. (W. T. B) Laut einer Negierungs- verordnung werden 20 vH derjenigen ausländischen Wert- papiere, die sich bei ungarländishen Geldinstituten, Firmen, Kassen oder Perfonen im Depot befinden, gesperrt ohne Nücksicht darauf, ob die Wertpapiere sich tatsählich im Inlande oder im Aus- lande befinden. Die Verfügung erstreckt sich nicht auf die Depots ausländischer Personen, die auf dem unter ungarischer Verwaltimg stehenden Gebiete Ungarns keine Geschäftsniederlassung haben.

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Kartoffelpreise ver Notierungskommissionen, Erzeugerpreise für Speisekartoffeln in Mark für den Zentner

ab Verladestationen: weiße rote elbfleifd). Berlin, 18. Januar: 38—40 38—40 G Hamburg, 17. Januar: 40—46 40—46 46—50.

L Qr x A kfurt a. M.,, 18. Januar. Vereinzelte Abschlüsse zu s B re gla u, 18. Januar. Speisekartoffeln 34, unverlesene 24. (Preisberichistelle des Deutschen Sra

A D I E A R

__ Die Elektkrolytkupfernotierung der Vereini

für deutsche Elektrolytkupfernotiz stellte sch Tau Meldung, E

d 2 ca am 19. d. M. auf 1894 4 (am 17. d. M. auf 1959 Æ) ge

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Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts am 18. Januar 1921

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Ruhrrevir | OberschlesisGes Nevier Anzahkï ver Wagen Gestellt. . . 23 254 c Nicht gestellt . 1841 0 Beladen zurück- geliesett - «s 21 377 8 266.

Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.

Köln, 19. Januar. (W. T. B.) Englishe Noten 239,00 bis 241,00, Französische Noten 401,50—404,50, Belgische Noten 419,00 bis 423,00, Holländische Noten 2100,00—2120,00, Rumänische Noten —, Amerikanische Noten 61,75—623/, Schweizerishe Noten 997,20—1000,00, Italienische Noten 225,00, Stockbolmer Noten —-,—. E nent, MOeIaUG a E /

Hamburg, 19. Januar. (W. T. B) Börfens({lußkurfe. Deutsch-Australische Dampfschiff - Gesellschaft 342,00 bis L E Hapag 189,25 bis 191,75 bez., Hamburg-Südamerika 356,00 G.,, 360,00 B., Norddeutscher Lloyd 194,00 bis 195,75 bez., Vereinigte Elbeschiffahrt 388,00 G., 402,00 B, Schantungbalin 545,00 G. 969,00 B., Brafilianishe Bank 545,00 G., 565,00 B., Commerz- und Privat-Bank 216,75 G., 217,25 B., Vereinsbank 206,50 G. 209,90 B., Alsen-Portland-Zement 400,00 G., 410,00 B., Anglo- Continental 370,00 G., 380,00 B.,, Asbest Calmon 357,50 bis 363,90 bez., Dynamit Nobel! 369,00 bis 373,50 bez., Gerbstoff Nenner 930,00 G., 990,90 B., . Norddeutshe Jutespinnerei —,— G. —,— B., Harburg - Wiener Gummi 439,00 G. 441,00.B., Caoko

O B., igt TEaen A 640,00 bez., do. Genuß\®. 5B.0 Fe ZLendenz: Felt. L : Wien , 19. Januar. (W. T. B.) Notierungen der Devij zentrale: Berlin 1198,00 G., Amsterdam 252,00 G., Zürich 119,506" Kopenhagen 137,75 G., Stocktholmin 160,70 G, Christiania t Marknoten 1198,00 G., London 2890,00 G. 6, Prag, 19. Januar. (W. T. B.) Notierungen der Dey zentrale : Berlin 123,75 G., Marknoten 123,75 G., Wien 02G London, 19. Januar. (W. T. B.) Wechsel auf Paris 59.19 Wecbsel auf Belgien 56,65, Wesel auf Schweiz 24,00, Weis auf Holland 11,37, Wechsel auf New York 2375,90, Weise M Spanien 28,144, Wechsel auf Italien 1078/3, Wechsel auf Deufig! land 238,00. Privatdiskont 65/8. 22 9% Englische Konsols 471 5 9% Argentinier von 1886 884, 49/4 Brasilianer von 1889 4 9% Sapaner von 1899 51, 9 % Mexikanishe Goldanleihe Q 1899 321, 3 9% Portugiesen 19, 5 °% Russen von 1906 18, 4, Russen von 1909 15, Baltimore and Ohio 46, Canadian Pacif 153, Pennsylvania 54, Southern Pacific 127, Union Pacific 137 United States Steel Corporation 109, Rio Tinto 2%, Beers 124, Goldfields 1/16, Randmines 24. 4 % fundier Kriegsanleißhe —, 95 % Kriegsanleihe 84"/19, 4 °/9 Siegesanleihe Dk Paris, 19. Januar. (W. T. B.) 9% Französische Anleihe 85,20, 4 9% Französische Anleihe 68,60, 3 %% Französishe s 58,35, 49% Spanische äußere Anleihe 170,75, 5 %/% Russen von 1908 927,00, 3 0% Nussen von 1896 —,—, 4 9/9 Türken unifiz, 70 Suezkanal 6200, Baku 2810, Rio Tinto 1510, De Beers 73g * Paris, 19. Januar. (W. T. B.) Devifenkur)e. Deuts land 24,75, Amerika 1584,50, Belgien 105,00, England 59,50, Holland 593,00, Stalien 55,50, Schweiz 248,00, Spauien 211,25. Amsterdam, 19. Januar. (W. T. B.) Wechsel auf Lond 11,364, Wechsel auf Berlin 4,70, Wechsel auf Paris 19,00, Wesel auf Schweiz 47,50, Wechsel auf Wien 0,60, Wechsel auf Kopenhagen 55,00, Wechsel auf Stockholm 64,60, Wechsel auf Christiania 5319 Wechsel auf New York 302,50, Wechsel auf Brüssel 20,00, Wede auf Madrid 40,30, Wechsel auf Italien 10,65. 9 % Niederländi&s Staatsanleihe von 1915 85/16, 3 9/0 Niederländ. Staatsanleihe 5437 Königlich Niederländ. Petroleum 578,50, Holland-Amerika-Linie 27509 Atchijon, Topeka & Santa —,—, Rock Island —,—, Southemy cific —,—, Southern Nailway ——, Union Pacific 1420,

naconda 91,00, United States Steel Corp. 100°/s, Sthwad,

5,

Berichte von au3wärtigen Warenmärkten

London, 18. Januar. (W. T. B.) Die Negierung {lici die Wollauktion am Freitag. Die Auktion von Wolle iy Privatbesit schließt am 27. Januar. Infolge der Verkürznng der A gestaltete sich die Nachfrage besser, die Preise blieben be aupte

Liverpool, 18. Januar. (W. T. B) Baumwo!le, Umsay 4000 Ballen, Einfuhr 34230 Ballen, davon amerikani Baumwolle —,— Ballen. Januarlieferung 10,22, Februarliefewun 10,21, Märzlieferung 10,29. Amerikanische und brasilianisde 7 ägyptische 100 Punkte niedriger.

Liverpool, 19. Jaruar. (W. T. B) Baumwolle, Umsay 4000 Ballen, Einfn\r 100 Ballen, davon amerikanisde Baumwolle —,— Ballen. Canuarlieferung 9,92, Februarlieferung 9,90. Märzlieferung 9,98. -— Amerikanische 98-—93, brasilianisde 58 Punkte niedriger, ägyptif{e unverändert.

Manchester, 18. Januar. (W. T. B.) Am Tut markt berrshte mäßige Nachfrage. Garne wacen gut behauptet.

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Nr. 2 der „Veröffentlihungen des Rei3gesund heit8amts“ vom 12. Januar 1921 hat folgenden Inhalt: Gesund heits\tand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßre eln gegen anslecktende Krankheiten. Gesehgebung usw. (Deutsches Reich,

Geheimmittel. Wein. (Preußen.) Diphtherie, Meningokokken- und Tetanussera. Deutsche Arzneitaxe 1921. Tierseuchen int

Deutschen Reiche, 31. Dezember 1920. Vermischtes. (Niéder® ländish Men Aerzte, Zahnärzte, Apotheker. Wogfentabelle über dic Geburts- und Sterblichkeitsverhältnisse in 122 deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgleichen in einigen groneTen Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern eutsher Großstädte. Desgleichen in deutschen Siadt- und Lande bezirken. Witterung. j

AeronuautischGes Observatorium, Lindenberg, Kr. Beeskow. 19. Januar 1921. DracWenaufstieg von 5F a bis 74 a.

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a ad Nelative | Wind

SeeHöhe | Luftdruck| - Seiperatur C Feuchtig-| Ges{wind,

b | t keit |Nichtung SION

M A oben | unten oj, Mett 122 | 734,1 11-| 8 |SWW 9 300 726 0,5 91 |WSW| N 1000 655 3,9 100 W 24 2000 576 ¡—11,8 9s | WzN 20

Bewölkt Sicht: 5 kx.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.) E

Theater.

Dpernßaus. (Unter den Linden.) Freitag: 18. Daus bezugsvorstellung. Madame Butterfly. Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Ritter Blaubart. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Freitag: 16. Dauer bezugsvorstelung. Torquato Tasso. Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Die Sterne. Anfang 7 Uhr.

Familiennachricßten.

Gestorben. Hr. Landrat a. D. Jochen von Bonin (Köslin).

r. Kammergerihtsrat Erast Kühne Ce, Hr. Geheimer Oberfinanzrat Erich Maron (Berlin). —- Hr. Dr.-Ing- e h Carl Jlgner (Berthelsdorf bei Lauban i. Schl.).

a

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyr o l, Charlottenbuts. S S Ie den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle echnungsrat engering îin Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdrucerei und Verlagsanstalt, Betlin, Wilhelmstr. 32 Drei Beilagen : (einshließlich Börsenbeilage ) und Lrite, Zweite, Dritte und Vierte Zeutral-Handelsregifter-Bellaw

175,00 bez., Sloman Salpeter 2025,00 bez, Neuguinea 530,00 G.,

jowie das Postblatt Nr. L

| Naticn, y Lag : ne und gegen ihren Willen von uns getrennten deutschen Landsleute

um Deutschen ReichSanzeig

Erste Deilage

- Verlin, Donnerstag, den 20. Fanuar

er und Preußischen StaatSanzefger

1921

Nr. 16. j L Nichtamtliches.

(Foriseßung aus dem Hauptblatt.)

Deutscher Reichstag.

51, Sizung vem 19. Januar 1921, Nachmitiags 2 Uhr. (richt des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).)

Präsident Löbe eröffnet um 2 Uhr 20 Minuten die Eitung mik nachfolgender Ansprache: g begrüße die Kollegen im neuen Jahre und gebe der Hoffnung quédruck, deß unsere reichlih vorhandene Arbeit mit frischen Kräften sh gefördert werden moge. (Beifall.) Gestern sind 50 Jahre ver- usen, seitdem, freilich unter ganz anderen äußeren Verhältnissen, die katshen Stämme ihre staatliche Cinheit begründeten und damit die nhrzehntelange Sehnsucht der vorwärts gerichteten Kreise unseres lindes, wenn auch unter ganz anderen Formen, ihre teilweise Gr- fillung fand. Diesem Zusammenschluß folgte bald die Geburtsstunde hes ersten Deutschen Reichstages, der an die Stelle des Norddeutschen sidhétages getreten ift. Die Lage unseres Landes und des deutschen mlfes regt nit dazu an, disses Ereignisses mit lauien Festen zu ghenfen, aber in Ernst und Festigkeit rihien wir uns auf, um auch in tcüben Zeiten das gewonnene Gut der Einheit fest zu bewahren (bhafter Heifall) und dem Tage entgegenzuarbeiten, an dem niemand mr es untecnimmt, die Ebenbürtiakeit unseres Landes im Kranze r Völker zu bestreiten (lebhafter Beifall), an dem wir Gleichheit m Gleihberehtigung wieder errungen haben dur Werke des Friedens, Gaben des Geistes und durch aufbauende Arbeit unserer | Wir sehen auch mit Zuversicht dem Tage entgegen, da die

ire Se!b\tbestimmung erlangen (Beifall), an dem keine fremde Ge- alt mehr die Deutschen der ehemals österreihishen Länder den 8 y ziehen hindert, den sie frei gewählt haben. (Erneuter Beifall.) irt dann wird die volle Einheit des deutschen Volkes erreicht sein, des tatshen Volkes, das keine anderen Völker bedroht und das seine (inheit nur begründet auf der friedlichen, fceien Willensbestimmung finer Angehörigen. (Beifall.) Diesen Angehörigen möglichst allen ieder ein glücflicheres und freundlicheres Dasein zu erringen, diesêm le sei unsere Arbeit in der deutschen Republik geweiht. (Lebhafter Vifall.) Während unserer Pause hat das Haus ein s{merzlicher Prlust betroffen. (Die Mitglieder des Hauses und der Regierung heben sich von den Pläßen.) Abg. Karl Legien is am 26. Dezember werstorben. Der Verstorbene gehörte dem Reichstag seit 1893 mit diner fünfjährigen ÜUnterbrehung an. Auch hier hat er cin wesent» libes Tätigkeitsfeld gefunden in den Fragen der Sozialpolitik, des Vbeiterrehts und des Arbeitershußes. Er hatte, wenn er das Wort ergriff, was durchaus nit häufig geschehen, nicht nur das Ohr seiner pelitishen Freunde, seine sahlihe Tätigkeit hat ihm Ansehen und nerfennung über die Grenzen des Landes eingebracht. Wir haben 1. feiner - Bahre einen Kranz niedergelegt, der Reichstag hat si ¿ser Ehrung durch (Crheben von den Pläßen angeschlossen. Wenige ge später starb plößlich der frühere Kanzler des Heiches von Beth- jun Hollweg (die Kommunisten seßen si), der cinen erheblichen il seiner Arbeit in trüber Zeit leistete. Wir wollen uns in diesem use nicht über seine Tätigkeit in den Streit versenken. Angesichts tes Todes schwinden die Gegensähe. (Abg. M alzah n, Kommunist, ift: Er ist do det Kriegsschuldige! Entrüstete Pfuirufe.) Déèr rdlihe Wille und seine guten Absichten werden ja wohl taum ‘bon (iner Site bestritten werden, und wenn der Erfolg diesen guten Wsidten nicht immer entsprochen hat, fo ist de fein Grund, ihm cine itille Ehrung zu versagen. (Lebhafte Zustim ing.) / Abgeo dneter Fr. Spahn hat die Güte gehabt, einen Kranz an seinem Sarge niederzulegen. Ich danke ihm und konstatiere, daß das Haus dieser Ghrung zustimmt. (Abg. Adolf Hoffmann, Kommunist, ruft: Drei Millionen Tote!) _ N

Ybg. Dr. Levy (Komm.): Namens der Vereinigten kommu- tistishen Partei erhebe ich mit aller Schärfe Widerspruch dagegen, H der Prôsident cine imperialistishe Kundgebung auf den geschit- lden Vorgang begründet hat, daß vor 50 Jahren der König von Jreußen aus den Händen der deutschen Fürsten die Kaiserkrone enpfangen hat. Es war das nicht die Einigung des deutschen Volkes, & war niht das Werk des schaffenden Volkes, sondern das Werk der Bismarcks{en Blut- und Eisenpolitik. Millionen Deutscher, namentli in Oesterrei, blieben außerhalb der Grenzen des so- (enannten geeinten Deutschland, und die Einheit wurde innerhalb dieser Grenzen durch reafktionären Partikularismus vereitelt. (Abg. Mumm (D. Nat.): Gehen Sie nah Moskau!) Noskes Arbeiter- massenmord . . , (Laute Schlußrufe, an denen sich auch die Tribünen- befuher lebhaft beteisigen.) Die Schlußsäße der von Dr. Levy ver=- enen Erflärung bleiben unverständlich, da sich troß der Mahnung des Präsidenten Löbe zur Ruhe die Schluß- und Pfuirufe besonders uf den Tribünen immer mehr veistärken. Unter Zischen und Pfui- rufen verläßt Dr. Levy, die Tribüne.

Der Schriftführer verliest eine Mitteilung des Jnhalts, daß in dem Verfahren gegen den Abg. van den Kerkhoff (D, Nat.) festgestellt worden sei, daß eine Steuerhinterziehung niht vorliegt. Abg. van den Kerkhoff wird von zahlreichen geordneten beglückwünscht. ;

Hierauf tritt das Haus in die Tagesordnung ein.

le Gee wb r le über den Ersaß von Kriegsshäden im usland, von. Kriegs- shäden in den ehemaligen deutshen Schußs- gebieten und der durch Abtretung deutscher

Reihsgebiete

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uf Antrag des Abg. Curtius (D. V.) einem besondecen Ausschuß überwiesen. |

Es folgt dann die Besprechung des Antrages der Un - bhängigen, der die Auyertrattsevung der von dr bayerischen Regierung au rund des Ar- tilels 48 Absah 4 der Reichsverfassung ge- troffenen Maßnahmen verlangt. Den Antrag be-

gründet der ; : Aba. Soldmann (U. Soz): Außer Bayern gibt es in der

ganzen Welt kein Land, dessen Bevölkerung nun schon seit 614 Jahren Unter dein Ausnahmezustand lebt. Ausgerechnet die Regierung Kahr tegiert mit dem Belagerungszustand und hält an ihm so hartnätig ist, daß man wohl annehmen darf, sie könne ohne den Ausnahme- stand nicht regieren. Der Belagerungszustand ist nicht nur eine Glei, sondern ein Ausnahmegeseß {limmster Art. Es wird völlig tinseitig zur Unterdrückung politisher Gegner angewendet. Dieses stem bedeutet leßten Endes nichts als eine fortgeseßte Provokation uf Me O ours L „N M iteida uf die sozialistis@e Arbeiterschaft und die ton|ltaen Ir - wllifanisthen Clemente. Der Artikel 114 der Reidbsverfassung i in Bayern seit dem 31. Juli 1914 außer Kraft, eine Freiheit der eson gibt es seit diesem Tage in Bayern nicht. Hausfuchungen uf Grund von Demunziationen erbärmlicher Spibhel, von ‘denen es ferade in Bayern besonders viel aibt, sind an der Taaesordnung. Zl Reaktionäre, die offen und versteckt die Monarchie mit Zu- ammung oder unter Billiouna der Regieruna Propaaanda treiben, Liben unbehelligt. Das Briefgeheimnis besteht in Bayern nicht,

a Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im Voilaute wiedergegeben werden.

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entstandenen Schäden werden |

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ebenso wenig das Recht auf freie Neigung. Sozia- listishe Zeitungen werden häufig verboten, während monarchisti]che und antisemitische Blätter ungeshoren bleiben. Auch die Versamm- lungsfreiheit besteht in Bayern nicht. So ist z. B. in München eine Versamlung des Republikanischen Führerbundes, der die Samm- lung aller republikanisch Gesinnten innerhalb und außerhalb der Wehrmacht ohne Rücksicht auf vie Parteizugehörigkeit zum Ziele hat, verboten worden, während andererseits, z. B. Ludendorff, ungestört in nahem Kontakt mit den reaktionären Einwohnerwchren steht und die Neaktionäre nur den Zeitpunkt abwarten, um das alte Regime wieder herzustellen. Die Verbindung zwischen HEIIETUNS, Lenore und Ginwohnerwehrcen besteht heute noch. Der Redner bringt dann eineNethe von Beispielen zur Zllustrierung des von ihm bekämpften bayerischen Systems vor. Im August 1920 bat in Nürnberg eine Arbeitslojen- demonstration. stattgefunden, die völlig ruhig verlief und keinen Anlaß zum Einschreiten bot. Troÿdem bot der Staatskommissar Gareis die gesamte Garnison mit Maschinengewehren und Lanzenreitern gegen die Demonstranten auf. Der Stadtrat Nürnberg einschließli der nichtsozialistischen Mitglieder hat sich veranlaßt gesehen, gegen diese frehe und unvershämte Maßnahme des Regierungskommissars Protest zu erheben. Gegen einen von ca. 180 16- bs 18 jährigen Mitgliedern der freien sozialistisGßen Jugend in Nürnberg ist ohne Grund die Polizei in Aktion getreten, und der Umstand, daß im gleichen Augenbli eine Reihe von Autos mit schweren Maschinen- gewechren und Flammenwerfern zum Eingreifen unterwegs waren, beweist, mit welhen Mitteln man gegen Jugendliche zu Felde zu ziehen beabsichtigte. Jn Megensburag ist am 26. September vorigen Jahres gegen etwa 1 Kriegsbeschädiate die ganze Garnison auf- geboten worden, während an dem gleichen Tage mehr als hundert- tausend Orgeschleute mit Waffen in der Hand ungestört demonstrieren durften. Der Belagerunaszustand dient der Regierung Kahr offen- sihtlich nur als Vorwand, um 1hre reaktitonaren Bestrebungen zu deten. Während im Deutschen Reich die Zensur längst aufgehoben ist, wird sie in München fortaeseßt scharf, aber höchst einseitig ge- bandhabt. Eine besondere Stühße dieses reaktionären Regimes in Bayern ist der zum Schuß des Rechtes berufene Justizminister Roth, von dem der Ausspruch stammt: „Wir fürchten uns auch vor Kon- flikten nicht!“ Die bayerischen Volksgerichte sind, da es gegen ihre Entscheidungen eine Berufungsinstanz nicht gibt, als ein fortgeseßter Sustizmord zu bezeichnen. Sie sollen zur Aburteilung von Hoch- oerratéverbrehen, Mord, Totshlag und Notzucht dienen. Hier werden also die politischen Verbrecher auf eine Stufe mit den ge- meinsten Verbrechern gestellt. Gegen die Fehlurteile der bayerischen Volkégerihte gibt es lein Rechtsmittel. In Bayern herrscht heute eine Klassenjustiz wie sonst nirgends. Die bayerische Regierung ist rein antiproletarish, sie zeigt auf der einen Seite Meichstreue, sabotiert aber auf der anderen Seite alle Verordnungen, die thr mißliebig sind. Der unglüselinge Ausnahmezustand besteht lustig weiter, die bayerishe Regierung kann sich ja auf eine ihr ergebene Mehrheit stüßen. Nicht nur politische, fondern auch gewerk\chaftliche Versammlungen und sogar die Sizungen und Versammlungen der Botriebéräte müssen in Bayern angemeldet werden. Dieser ungese- liche Zustand ist nicht einmal mit dem Belagerunaszustand zu decken. Auch die Zunahme der Eigentumsverbrehen in Bayern recht- fertige den Belagerungszustand nicht, denn die Verbrechen nehmen au in anderen Ländern zu. Ein Geheimerlaß vom November 1919 verlanat von den Amtsvorständen die Anlegung von geheimen Per- sonalakten für verdächtige Personen. Cs genügt sogar, daß ein Mit- alied dieses Hauses, nit einmal von der äußersten Linken, irgendwo eine Versammlung abhält, damit an die Heimatbehörde geschrieben wird, um festzustellen, was das für ein Subjekt ist. Nach diesem Geheimerlaß sollen ferner die Polizeibehörden unaufgefordert Berichte einsenden, wenn sie irgendwie ein Einschreiten für _nohwendig halten. Die bayerische Regierung seßt sich also über das Selbstverwaltungs- recht der Gemeinden hinweg. Orgesch und Eimvoohnerwehr leisten der Reaterung Kahr und der Reaktion Vorschub. Die Regierung Kahr ist nichts anderes als der Schildhalter der Wittelsbacher, und der Belagerungszustand soll den Plan unterstüßen, das alte System wieder herbeizuführen. Die bayerische Regierung wird von, selbst den Belagerungszustand nicht aufheben, deshalb muß der Reichstag diesen Zustand beseitigen. Nach der Neichsverfassung haben die Landesregiecungen nur bei Gefahr im Verzuge das Recht, einstweilige Auénahmemaßnahmen zu treffen, die auf Verlangen des Reichs- präsidenten und des Reichstages außer Kraft zu sebon sind. Gefahr im Verzuae besteht in Bayern wirkli nicht. Es ist beshämend für den sozialdemokratishen Reichspräsidenten und für die sozialdemno- kratishe Partei, daß der Ausnahmezustand gebilligt wird, Alle Schikanen gegen die Arbeiterschaft sind nichts anderes als einz Provokation. Die wirkli@en Arranoeure und Schieber sind nit die Kommunisten sondern die Leute der Gegenseite: man sucht die Arbeiterschaft aufznputshen, um sie durch den _Ausnahmezustand niederzuknüppeln. Der bayerische Anusnahmezustand ist für die anderen Länder nur eine Aufmunterunasprämte, es ebenso zu machen, Die NReicbsregierunq und der Reichstag sind es ihrer Ghre \huldig, den unbaltbaren Ausnahmezustand sofort zu beseitigen, wenn sie sich nicht mitschuldig machen wollen. (Beifall auf der äußersteu Linken.)

Neich3minister des Jnnern Ko ch :Meïine Damen und Herren? Jh beschränke mich auf folgende kurze Erklärung der Reich8- regierung: Die Reichsvegierung ist zur Nachprüfung der Not= wendigkeit des Ausnahmezustandes in Bahern mit der bayerischen Regierung in Verbindung getveten. Jm allgemeinen hält es die Reichsregierung nicht für angebracht, in die polizeilihen Ange- legenheiten der Länder einzugreifen. (Hört, hört! bei Der V. K. P.) Bei dem geringen Bestande der NReichswehr ist die Reichsregie- rung nihcht in der Lags, anders als in ganz außerordentlichen Fällen einer Landesregierung vei der Bekämpfung von Unruhen behilflih zu sein; sie muß deshalb in erster Linie deu Landes- vegierungen auf polizgeilichem Gebiet die Verantwortung Über=- lassen. Für Vahyerw insbesondere kommt Hinzu, daß der Aus-= nahmezustand begründet worden ift, mwmahdem die Bevölkerung die s{chweren Nöte der Kommunistenherrschaft durchgemacht hatte. Daraus erklärt \sih, wenn weitere Kreise der dortigen Bevölke= cung einen verstärkten Schuß mit größerer Dringlichteit fordern als in anderen Teilen ves Reiches. (Große Unruhe und erregie Zwischenrufe bei der V. K. P.) Sie sind ja im Jrrtum, in Bremen hat sich die Bevölkerung für die Beibehaltung des Schußes erflärt. Endlih aber und namentilich ist die Lage gurgeit dadurch erschwert, daß Bayern vor der Möglichkeit steht, auf Grund der Forderungen der Entente auf Entwaffnung eine Umgestal- tung seiner Schußmaßnahmen in Angriff nehmen zu müssen, was mit einer erneuten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verbunden sein könnte. Eine sachliche Erledigung dieses Fvage- fomplexes würde durch die Hevaushebung dieser einen Frage er- shwert werden.

Das. sind die Gründe gewesen, weshalb die Reichsregierung lange Zeit eine abtvartende Stellung eingenommen hat und we8- wegen sie sich auch heute eines plögkihen Eingriffs enthält. (Große Unruhe bei der V. K. P. und Zurufe: Kahr regiert, nicht Sie! Glode des Präsidenten.) Jedoch evachtet die Neichsvregie=

rung auf die Dauer dic Aufrechterhallung der weitgeßenden Be- stimmungen des Auznahmezustandes in Vayern für bedenklich. Die Beschränkung nicht politisher Versammlungen wegfallen zu lassen, hat die bayerische Regierung der Reichsregierung schon jett ¿ugesagi. Die Reichsregierung Hofft, im Wege der Verhandlungen mit der bayerishen Regierung zu einer Klärung und Verftändi- gung zu gelangen. Von einer Beschlußfassung des Reichstags auf Aufhebung des Au3nahmezufbandes in Bayern bittet die Neichs- regierung zurzeit abzusehen. (Bravo! bei den Deutschen Demso- kraten, im Zentrum und rechts. UnrußHe bei der V. K. P.)

Staatssekretär Dr. Schweyer: Die Ausführungen des Abge- ordneten Soldriann sind durrch die tatsächlichen Verhältnisse in keiner Weise gerechtfertigt. (Lärmende Zurufe auf der äußersten Linken. Abgeordneter Dr. Om ruft der äußersten Linken zu: Macht doch keine fünstlihe Aufregung!) Jch will mich darauf beschränken, rein \sachlih die Entwicklung der Angelegenheit zu schildern. Die Grunde lage des Ausnahmezustandes bildet Artikel 48 der Neichsverfassung und die auf Grund davon erlassene Verordnung vom 1. November 1919. (Zurufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: In Bayern besteht ja gar Teine Reichsverfassung! Machen Sie doch keine Witße! Lauter Redensarten!) Die Verordnung geht auf die frühere Negie- rung Hoffmann zurüdck, die sie damit begründet hat, daß die Er- fahrung gelehrt habe, gegenüber den wrotederholten, den Staat exr- \hütternden Unruhen reiche die Polizei, auch die bewaffnete Macht, allein nit aus, sondern es müßten außerordentliche Abwehrmaßnahmen, unier Umständen auch Schubhaft und Aufenthaltsbeschränkungen, durchgeführt werden. Die Zustände in Südbayern sind ein s{hlagender Beweis für die Richtigkeit der Auffassung der Regierung. Das be- treffende Geseß ift im bayerishen Landtage von allen Parteien, mit Ausnahme der Unabhängigen Sozialdemokraten, angenommen worden. (Hört, hört! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Völlig zu Unrecht wird die Rechtsgiltigkeit der Berordnung vom 4. November 1919 angezweifelt. Die Landesregierungen sind ihrer Verpflichtung, für die Aufrehterhaltung der Ordnung zu sorgen, durch die Neichs- verfassung nit enthoben. Gewiß ist eine Begrenzung der Landes- hobeit auf dicsem- Gebiete durch die Reichsverfassung gegeben, aber die Verordnung ist auch nicht für die Dauer, sondern bloß als cine einstweilige er A Wenn sie noch nicht ausgehoben werden tonnte, fo tragen daran diejenigen die Schuld, die immer noch nicht auf die Anwendung von Gewalt verzichten wollen. (Lärmender Widerspruch links. Zurufe: Ludendorff! Staatsstreih!) Die bayerische Regierung steht also völlig auf dem Boden der Reichsverfassung. Ein weiterer Beweis für die NRechtsgiltigkeit der Verordnung liegt auch darin, daß noh kein bayerishes Gericht sie angezweifelt hat. (Gelächter bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Es wird der bayerischen Negierung vorgeworfen, A sie mit Geld und mit Lügen arbeite. Fch will beute nit unter]uhen, wo das in Wirklichkeit geschieht, ich habe mich darüber hon am 8. Juni 1920 im bayerischen Landtage eingehend verbreitet. Man braucht ja nuc die Prie der äußersten Linken zu verfolgen, man bravht ja nur auf Däumig und den Halleshen Parteitag hinzuweisen, man braucht ja nur auf in Millionen von Exemplaren verbreiteten Flugblätter Bezug zu nchmen, die eine unerhörte Landpropaganda unterstüßen follen. (Andauernde lörmende Zwischenrufe auf der Linken, welche die Nede nur bruch- itüdweise bis zur Presseempore dringèn lassen.) Wir lesen: von dem Programm des bewaffneten Proletariats, und Sie verlangen, daß die IBaffen nicht abgeliefert werden sollen. (Abgeordneter Malzahn : Die Orgesch ist eine organisierte Räuberbande! Pes Löbe ruft den Abgeordneten Malzahn zur Ordnung.) Die Notwendigkeit der Verordnung steht also fest. Bayera hat zu sehr unter der RNäte- wirtschaft gelitten; auf jeden Fall muß verhindert werden, daß es einer solchen Gefahr nochmals ausgeseßt wird. Der Reichstag hat zweifellos das formale Recht der Außerkrastseßung, aber andererseits it zu bedenken, daß die Aufrehtekhaltung von Ruhe und Ordnung, wenn nit ausschließlich, so do hauptjächlih Sache der Landes- regierungen ist. Nicht die vayerische Regierung hat den Ausnahme- zustand zu einem dauernden gemacht, sondern die Unruhen, welche andauernd eine Gefährdung der verfassungsrechtlichen Bestimmungen herbeigeführt haben. Wenn die Ausnahmemaßregeln mit gutem (Srunde und ohne Bedenken entbehrt werden können, dann wird die bayerishe Regierung hon von fh aus gern und ohne Zwang den sogenannten Ausnahmezustand beseitigen. Ueber gewisse Milderungenun in Bezug auf die Versammlungspolizei schweben ja bereits Verhand- lungen mit der Reichsinstanz. Die bayerische Regierung glaubt, daß auch der Reichstag nicht in der Lage und nicht geneigt sein wird, für die Außerkrafisezung gegenwärtig die Verantwortung zu tragen; der MNeichstag wird die bayerische Regierung und den bayerischen Landtag nicht verhindern wollen, diejenigen Maßahmen zu ergreifen, die zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in Bayern unbedingt erforderlich sind. (Beifall und Zischen.)

Abg. Vogel (Soz.): Für meine politishen Freunde kann ih die Zustimmung zu dem Antrage erklären. Die bayerische Regierung hat seinerzeit ausdrücklih anerkannt, daß auf Grund des Artiïels 48 der Reichsverfassung Ausnahzemaßnahmen nur vorübergehend ge- troffen werden fönnen. Die bayerische Regierung hat aber im Gegensaß hierzu ihre Ausnahmeverordnung beständig ohne Grund errocitert. Unsere Stellungnahme richtet sich nichi gegen Artikel 48 der Reichsverfassung an sih und damit auch niht gegen das Recht der Landesregierungen, im Falle der Gefahr, vie sonst dem Reichs- präsidenten eingeräumten Maßnahmen zu treffen, sondern wir wenden uns vielmehr dagegen, daß die bayerishe Regierung diesen einjt- weiligen Ausnahmezustand zu einem dauernden Zustande macht. Jn Bayern ist dieser Ausnahmezustand niht mehr gercch{tfertigt. Er ist dort lediglich ein einseitig gehandhabtes Machtinstrument der Reaktion. Die Art und Weise, wie die Reaktion in Bayern sich des Ausnahmezustandes bedient, zeigt sich in ihrer Stellungnahme zu den Problemen der neuen Zeit. Es handelt sich in Bayern um eine Machtprobe eines alten absterbenden Systems, eines Systems, das dur verkehrte Erzichungsmaßnahmen es verschuldet hat, daß der Bevölkerung die politishe Meise eigen ist, deren sie bedarf. Das Festhalten der bayerischen Regierung an dem Ausnahmezustand steht auf sehr s{chwachen Füßen. Man brüstet sid damit, daß Bayern das Land sei, die Ordnungszelle, von der aus das Deutsche Reich genefen werde. Bayern ist aber das einzige Land in Deutschland, in dem der Ausnahmezustand noch besteht, obwohl doch auch in anderen Bezirken eine fommunistishe Gefahr besteht, die zum Teil doch wohl größer ist, als gerade in Bayern. Die bayerische Regierung. wird dauernd falsch informiert durch den verlogenen militaristish-reaktionären Nachrichtendienst des Münchener Polizeipräsidenten Pöhner. Unter Berufung auf diese irreführenden Berichte verschärft die Regierung den Ausnahmezustand und macht sogar die Veranstaltung wissenschaft- licher Vereinsversammlungen von der polizeilihen Genehmigung ab- hängio. Sogar Versammlungen der Betriebsräte werden neuerdings der Genehmiaungsvfliht unterworfen. Die bayerischen Staats- Fommissare bekämpfen mit ihren verfassunaswidrigen Maßnahmen eingestandenermaßen die Sozialdemokratie. Immer deutlicher wird es, daß ein Konflikt provoziert werden soll. Man scheint ein kleines Spektakelstück nötig zu haben, um damit die Aufrechterhaltung der Einwohnerwehren plausibel zu machen. Wenn in Bayern überhaupt eine Umsturzaefahr droht, dann nit von links, sondern von rechts. München is das Ziel aller reaktionären Umsturzpolitiker, der Mili- taristen und Chauvinisten. Solchen Leuten verdankt ja au die Ne» gierung Kahr ihr Dasein. Bezeichnend ist die Aeußerung des Abg.

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