1899 / 64 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Mar 1899 18:00:01 GMT) scan diff

Personal-Veränderungen.

Königlich Preußische Armee. Offiziere, Fähnriche x. Frnennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. Berlin, 11. M Stemmler, Lt. der Res. des Feld-Art. Regts. von Podbiels (Niedershles.) Nr. 5, kommandiert zur Dienftleistung bei diesem Regt., im aktiven Heere als Lt. mit einem Patent vom 1. September 1898 im genannten Regt. angestellt. Abschiedsbewilligungen. Berlin, 9. März. Frhr. v. Eberstein, Oberlt. a. D., zuleßt im damaligen Oftfries. Inf. Regt. Nr. 78, die Erlaubniß zum Tragen der Armee-Uniform ertheilt. v. Stockhausen, Major a. D., zulcht Eskadr. Chef im Thüring. Ulan. Regt. Nr. 6, unter Ertheilung der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform diefes Regts, mit seiner Pension zur Diép. ge- fielt. ODeltge-Lobenthal, Hauptm. z. D., unter Entbindung von der Stellung als Bezirksoffizier bei dem Landw. Bezirk Dortwund und Ertheilung der Auésiht auf Anstellung im Zivildienst, in die Kategorie der mit Pension verabschiedeten Offiziere zurückverseßt. _ Berlin, 11. März. v. Krohn, Oberlt. im Inf. Regt. Nr. 151, mit Penfion ausgeschieden. Den Lts. a. D.: Herrmann, zuleßi im Fus Reat. von Gersdorff (Hef.) Nr. 80, v. Below, zuleßt im önigin Augusta Garde-Gren. Regt. Nr. 4, Bertling, zulcßt im Gren. Regt. König Friedrih I. (4. Oftpreuß.) Nr. 5, Graf v. der Schulenburg-Wolfsbuxg, zuleßt im 2. Westfäl. Feld-Ari. Regt. Nr. 22 der Charakter als Oberlt verlieben.

Königlich Bayerische Arniee.

Offiziere, Fähnriche 2c. Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. 4. März. Frhr v. Gebsattel, Mecjor vom Generalstabe der 2. Div., vom 1. Ok- tober I. J. ab, unter Verseßung zur Zentralstelle des Generalstabes, auf zwei Jahre zum Königl. preuß. Großen Generalstab kommandiert.

Durch Verfügungdes Kriegs-Ministeriums. v.Münster, Major und Kommandeur des Eiscnbahr-Bats., Halder, Major und Abtheil. Kommandeur im 1. Feld-Art. Regt. Prinz-Regent Luitpold, an Stelle des Obersten Frhrn. v. Neubeck, Kommandeur des 3. Feld-Art. Regts. Königin-Mutter, und des Oberstlts. a. D. Los als ständige Mitglieder der Ober-Studien- und Examinationskommission bestimmt.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 5. März. Met, Major und Bats. Kommandeur im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterrei, Jodl, Major und Abtheil. Kom- mandeur im 5. Feld-Art. Regt., -— beiden unter Verleihung des Charakters als Oberfilt., mit der geseßlihen Penfion und mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Ver- abshiedete vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied bewilligt. Ott, Major und Bats. Kommandeur im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterrei, unter Verleihung des Charakters als Oberftlt., Walther, Major und Eskadr. Chef im 5. Chev. Regt. Erzherzog Albrecht von Oesterrei, mit der geseßlihen Perfion und mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Untform mit den beftimmungs- mäßigen Abzeichen zur Disp. gestellt.

Im Sanitäts-Korps. 4. März. Dr. Ketterl, Unterarzt ne K Inf. Regts. Pranckh, zum Afsift. Arzt in diesem Regt. be-

rdert.

Durch Verfügung des General - Stabsarztes der Armee. Fuß, einjährig-freiwilliger Arzt des 9. Inf. Regts. Wrede, zum Unterarzt im 21. Inf. Regt. ernannt und mit Wahrnehmung einer offenen Assist. Arztftelle beauftragt.

3 Militär-Justizbeamte.

2. März. Dr. Weigel, Stabsauditcur von der 6. Inf. Brig., zur Kommandantur Nürnberg, Holle, Sitabtauditeur von der Kommandantur Nürnberg, zum Militär-Bezirksge:iht Würzburg, Dr. Mayr, Regts. Auditeur von der Kommandantur Bamberg, zur 6. Inf. Brig., Lucas, Regts. Auditeur und rechts?undiger Sekretär vom Militär-Bezirk8geriht München, zur Kommandantur Bamberg, verseßt. Muncker, Lt. der Res. tes 7. Inf. Regts. Prinz Leopold, Militär-Gerichtépraktikant, zum Regts. Auditeur und rehts- kundigen Sekretär zum Militär-Bezirksgeriht München ernannt.

Beamte der Militär-Verwaltung.

4. März Koetat, Intend. Sekretär der Intend. T. Armeec- Korps, die erbetene Entlassung aus dem bayer. Heere behufs Ueber- tritts in Königl. preuß. Militär-Verwaltungsdienfte zum 1. April d. J. bewilligt. Hauck, Bureau-Diätar für den Sekretariaisdienst bei der Intend. Il. Armee-Korps, zum Irtend. Sekretär daselbst, Stenger, Militär-Arwärter, Kasernen-Insp. auf Probe, zum Kasernen-Jnsp. bei der Garn. Verwalt. Augëburg, ernannt. Frey, Kasernen-Jnsp. der Garn. Verwalt. Axsbach, zum Garn. Verwalt. Insp. befördert.

Deutscher Reichstag. 56. Sißung vom 14. März 1899, 1 Uhr.

_Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung der Geseßentwürfe, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutshen Heeres und betreffend Aenderungen des Neichs-Militärgeseßes.

Der S 1 des erstgenannten Entwurfs, welcher bestimmt, daß der Artikel T des Geseßes, betreffend die Friedenspräsenz- stärke des deutshen Heeres, vom 3. August 1893 mit den durch das Gesez vom 28. Juli 1896 bestimmten Aenderungen bis zum 30. September 1899 in Kraft bleibt, wird ohne Debatte angenommen.

_Zu § 2 hat die Kommission beschlossen, statt einer Friedenspräsenz von 502506 nur eine solche von 495500 Ge- meinen zu bewilligen.

Berichterstatter Abg. asserm j inget Mittheilun über die L S E A E C E

Kriegs-Minister, Generalleutnant von Goßler: | Bei der ersten Berathung der Militärvorlage im Plenum babe ih der Erwartung Ausdruck gegeben, daß es innerhalb der Kommission gelingen würde, eine Einigung über die Vorlage der verbündeten Re- gierungen zu erzielen. Jh ging davon aus, daß die Armee ein einigendes Element für alle Parteien sei und daß, wo es sich um Maßnahmen für die Vertheidigung des Vaterlandes handele, partei- politische Interessen niht in Frage kommen fönnten. Ih glaube, daß ih in diefer Zuversicht mich im Einverständniß mit allen mafß- gebenden Parteien des Hauses befinde.

Die Kommissionsberathungen haben nun in vieler Hinsicht zu einem erfreulihen Resultat geführt. Es is anerkannt worden, daß die geplante Heereéverftärkung im allgemeinen auf richtigen Grundsäßen beruht und den thatsählihen Verhältnifsen entspricht. Demzufolge sind die geforderten Formationen ausnahmélos bewilligt worden. Aber es sind au Aenderungen eingetreten, Aenderungen, die ih ihrer Bedeutung nah in wesentlihe und in weniger wichtige ein- theilen tarf.

Wenn ih mi zunächst den letzteren zuwende, so ift der Abschluß der Heeresverstärkung von 1902 auf 1903 vershoben. Ih habe in Bezug hierauf bereits in der Kommisfion der Voraussetzung Ausdruck gegeben, daß selbstverständlich alle Neuformationen im Jahre 1902 abgeshlofsen sein müßten und daß für 1903 uur die Vertheilung des Restes der Mannschaften auf die vershiedenen Waffengattungen oder

verfahren worden. Die Militärverwaltvng muß sch auch ohnedies cine gewisse Reserve an Mannschaften verfügbar balten; denn es treten in jedem Etatsjahr bestimmte Bedürfnisse nah Ausgestaltung einzelner Formationen hervor. Hat man die erforderlihe Zähl an Mapxn- \chaften hierfür nicht zur Hand, so müffen die Verpflegungêetats der Truppen geändert werden, und es entstehen Unsicherbeiten, Miß- verständnifse und Kosten, au leidet die Einheitlichkeit der gesammten Etats. Trifft die von mir gema@&{te Vorausseßung zu, fo würde ih ein prinzipielles Bedenken in Betreff der Aenderung der Jahreszahl nicht geltend zu machen haben.

Zweitens ist bei der Kavallerie eine Trennung der Maße der Kavallerie und der Jäger zu Pferde erfolat. Ih sebe in dieser Aenderung keine Verbesserung ; die Jäger zu Pferde sind eine Kavallerie- truppe, und entspricht daber ihre Nangierung zwischen Verkehrstruppen und Train der Bestimmung dieser Waffe ni&t. Jch kann somit nur drinzend bitten, die Faffung der Negierungvorlage wieder herzustellen.

Drittens if ausdrücklich vorgesehen, daß die Vertheilung der Mannschaften auf die einzelnen Waffengattungen dur die jährlicen Etatsbewilligungen erfolgen foll. Das ift selbfstverständlich, und au bicher ift fo verfahren worden. Der Vorschlag bietet somit nichts Neues, und halte ih denuselten daber für überflüssig. Nach den Darlegungen, die bierüber in der Kommission gemacht worden sind, muß ih übrigens annehmen, daß eine Beschränkung der Kommandogewalt durch diesen Zusatz in keiner Weise beabsichtigt ist; ih müßte einer solchen Absicht soûft auf das entschiedenste entgegetreten.

Wenn ich hiermit die weniger wihtigen Aenderungen erschöpft habe, so wende ich mi jeßt der s{chwerwiegendsten Aenderung, der Verringerung der Präsenzstärke um 7006 zu. Ich bin in der Presse vielfa der Ansicht begegnet, ih hätte diese Verringerung von vorn berein für unannehmbar ertlären follen, dann wäre die Situation klar gewesen. Ich halte diese Anficht für falfch; denn kein Bevollmächtigter zum Bundeërath bat das Recht, Anträge für annehmbar oder un- annehmbar zu erklären, wenn nit ein bezügliher Beschluß des Bundesraths vorliezt, sodaß mich in dieser Hinsicht kein Vorwurf treffen kann. Jh habe mich darauf beschränkt, rubig uad. bestimmt zu erklären, wie ich für meine Perfon an der Regierungévorlage un- bedingt festhalten müsse, wobei zu berüdsihtigen bleibt, daß ja auch die Mitglieder der Kommission durch ihre Abstimmung das Votum ihrer Parteien niht binden. Zudem läßt \fih bei Anträgen von der Bedeutung, wie der vorliegende, die Konscquenz nicht obne weiteres überseben, und bedurfte es eingehender Berehnungen, um nach dieser Richtung bin ein klares Bild zu erhalten. Nachdem diese inzwischen erfolgt sind, kann ith jeßt zu der Frage Stellung nehmen.

Die von der Budgetkommission vorges@lagene Zahl von 495 500 Mann ift eine Dur(schnittsziffer; es ift eine Paushsumme, die von der Berehnung der Verpflegung8etats der einzelnen Truppen- tbeile absicht und es dem obersten Kriegéherrn ermöglicht, die Etats der einzelnen Truppenformationen festzuseßen. Im Prinzip läßt sich hiergegen nichts einwenden; denn es ift rihtig, daß die Festseßung der Truppenetats im Rahmen der Gesammt - Präfenzziffer Sache des overften Kriegsherrn ist, und jährlih haben nah den hervortretenden Bedürfnissen auch thatsählich Verschiebungen einzelner Etats ftatt- gefunden. Eine derartige Durhschnittsziffer ist bei einer ftufenweisen Verméhrung der Armee, wie sie die Regierungsvorlage vorshlägt- zwéckmäßig, da man aus diesem Pauschquantum je nah der fort- schreitenden Bildung von Truppentheilen und Etatsverstärkungen den Bedarf an Mannschaften innerhalb der einzelnen Etatsjahre ohne Schwierigkeiten entnehmen kann. NatürliÞ muß diese Ziffer so be- messen sein, daß sie eine Deckung des Bedarfs auch unter allen Um- ftänden sichert.

Ist daher das Prinzip niht anfehtbar, fo ift es doch nothwendig, festzustellen, ob die vorgeschene Paushsumme genügt, um die Ver- pflegungsetats auf diejenige Höhe zu bringen, welche den militärischen Aufgaben entspricht.

Auf Grund eingehender Berehnungen muß ih die Frage ver- neinen. Als man im Jahre 1893 die verkürzte Dienstzeit bei den Fußtruppen einführte, wurde mit Zustimmung des Reichstages die Etatsftärke der Bataillone auf 600 Mann, die der Bataillone mit bobem Etat auf 660 Mann festgesczt. Hierfür war der Grundsatz maßgebend, dem älteren Jahrgang bei der zweijährigen Dienstzeit an- nâhernd dieselbe Stärke zu geben, wie der biéherige zweite und dritte Jahrgang zusammengenommen. Diese Zahl if zwar nicht voll er- reiht worden, die Richtigkeit dieser Auffassung ift jedoch nit zu bestreiten; denn die Jäger-Bataillone, welhe noch heute diesen Etat haben,® sind hierfür ein sprehender Beweis. Als sodaun im Jahre 1896 die Noth- wendigkeit hervortrat, die Truppen erster Linie zu verstärken und hierfür die vierien Bataillone verwendet wurden, fand eine Verringerung der Etats der Infanterie statt, um die neuen Truppentheile auf eine einigermaßen folide Grundlage zu stellen. Mein Herr Anitsvorgänger rechnete damit, daß es ausreihen würde, den Etat der Infänterie- Bataillone um 20 Mann zu verringern. Diese Annahme hat si als zutreffend nit erwiesen. Der Etat von 660 sank auf 639, der von 600 auf 573, und troßdem erreihten die Bataillone der neuen Regimenter nur einen Etat von 501 Mann. In den Bataillons- stärken der übrigen Bundesstaaten mit eigener Militärverwaltung finden sich noch weitere Varianten. Dieser Zuftand is auf die Dauer im Interesse der Truppen niht haltbar und unbedingt Abhilfe noth- wendig. Die Zahl der ausgebildeten Mannschaften genügt niht, um den Truppentbeilen einen festen Halt zu geben; in der Winterperiode ist die Ausrückestärke zu gering, auch if es nicht möglih, bei dem geringen Dienftftande die weitere Ausbildung der älteren Mannschaften sahgemäß zu fördern. Rechnet man Kranke und Abkommandierte binzu, so ift die Verwendungsfähigkeit der Truppen zu gewissen Zeiten überhaupt in Frage geftellt. Es if daher nothwendig , hier die Konsequenzen der verkürzten Dienstzeit zu ziehen.

Die in der Vorlage der verbündeten Regierungen enthaltene Zahl 502 506 ift so berechnet, daß nach Abzug der für andere Waffen- gattungen und besondere Formationen erforderlißen Quote so viel Mannschaften für die Infanterie übrig bleiben , daß die Bataillone auf rund 580 Mann gebracht werden können und außerdem die noth- wendige Vermehrang und Verstärkung der Bataillone auf bohen Etat eintritt. Die Zahl 580 entspriht der Annahme meines Amts- vorgängers. Legt man diese Zahlen zu Grunde, so läßt si die zwei- jährige Dienstzeit gerade noch durchführen, und in den Grenzdistrikten tritt diejenige Sicherheit ein, welhe den militär-politishen Rücksichten entspriht. Will man die zweijährige Dienstzeit in dem Wunsche, sie auch hinreichend auszugestalten, einführen und durchführen, so ift ein

Formationen in Betracht kommen könnte. Es ist ja au bisher so

Die von der Kommission vorgeschlagene Zahl von 495 500 Mann ergiebt gegenüber den geforderten 502 506 Mann eine Differenz von 7006 Mann. Es kann infolge dessen der Etot der Infanterie- Bataillone im allgemeinen nur auf 569 Mann feftgeseßt werden; der bisherige Etat von 573 Mann verringert. sich um 4 Mann. Die Bataillone auf hohem Etat können höchstens von 639 auf 640 ge- bracht werden, eine Vermehrung der Zahl der Bataillone auf hobem Etat if überhaupt niht möglih, und die Bedürfnisse, die der Chef des Generalstabes in dieser Hinsiht zur Sprache gebraht hat, müssen unberüdsihtigt bleiben. Auch bei einer derartigen Viéposition muß bereits auf Mannschaften, die für andere Waffen designiert waren, zurückgegriffen werden. Will man einen als Minimalgrenze zu be- trahtenden Etat von 570 Köpfen das Bataillon einführen und außer- dem die nothwendige Zahl von Bataillonen auf den früheren Etat von 640 bringen, so muß man alle für die Gtatsvermehrung der anderen Waffen bestimmten Mannschaften der Infanterie überweisen und s{ädigt dadurch die anderen Waffen. Bei den Bundesstaaten mit eigener Militärverwaltung werden die Etats der Infanterie -noch wefentlich geringer. Also hier wird die Verwendungsfähigkeit der Bataillone roch mehr beeinträchtigt. Für das württembergise Kon- tingent tritt überhaupt keine Verstärkung, sondecn eine Verminderung ein, es wird mitbin dur -die Beschlüsse der Kommission in seiner bisherigen Friedensftärke herabgeseßt.

Ih gehe nun von der Auffaffung aus, daß es den Antragstellern wobl nit mögli gewesen- ist, diese Konsequenzen zu übersehen, ‘und ih nehme nah den von mir im einzelnen gemahten Ausführungen an, daß. es” gelingen ‘wird, ‘dîé Regierungsvorlage wiederberzuftellen, da ih nit in der Lage sein werde, den verbündeten Regierungen die Annahme einer geringeren als der iu der Vorlage vorgesehenen Friedensstärke zu befürworten. Unter ‘allen Umständen ift die Militär- verwaltung aber außer Stande, innerhalb des im Geseh feftgelegten Zeitabshnitts von fünf Jahren mit dieser Ziffer zu renen. Indem ih daber den - Patriotismus des hohen Hauses in- der festen Zu- versiht appelliere, ‘daß die Erhaltung und Tüchtigkeit der Armee den alleia leitenden Gesichtspunkt ihrer Entschließungen bilden wird, kann ih nur nochmals dringend bitten, in dieser Hinsicht die Vorlage der verbündeten Regierungen unverändert anzunehmen. -(Lebhaftes Bravo rets und bei den Nationalliberalen.)

Abg. Dr. Sattler (nl.): Wir werdén- bei der zweiten Lesun s zu den Beschlüssen der Kommission nelintii teben ad aber unfere endgültige Entscheidung für die -dritte Lefung vor. Durch die Herabseßung der Friedenspräsenzstätke ift die Verstärkung des Frieden2-Etatis der Bataillone niht in der rihtigen Weise zu er- reichen. Ob 7000 Mann mehr oder weniger bewilligt werden follen, muß vom militär-technisen Standpunkt aus beurtheilt werden; diese Frage kann nur von der Krieg®berwaltung und den ver- bündeten Regierungen entschieden und - beantwortet werden. Wenn Sie die Neigung haben follten, den verbündeten Re- gierungen in ihre Verantwortlihkeit hbineinzugreifen und sie ibnen abzunehmen, so mögen Sie das thun. Wir haben diese Neigung nicht. Wir werden bei der zweiten Lesung für die Negierungs3- vorlage eintreten, weil von den verantwortlihen Persönlichkeiten a stritten wird, daß die Beshlüfse der Kommission ausreihend zur Er- füllung der Gr sind, die das deutsche Heer zu erfülien bat. Wir baben den Wuns, daß bis zur dritten Lesung eine Verständigung gelun in Ne a G era Vorlage nicht ein Zwiespalt

ischen der egterung und der Volksvertretung: entsteht, der

politishe Felgen haben fann. E Ie

Abg. Dr. von Leveßow (d. konf.): Die Situation ift für einen Vertreter des Ostens sehr unbequem. - Der Often L N von dem Blühen der Industrie. Von einer solhen ftarken Vermehrung der Armee war früher niht die Rede. Die Vorlage is aber ge- kommen, wir müfsen also alles thun, was in unseren Kräften steht. Die Wahrung des Friedens erfordert zwar große Opfer, die aber in gar keinem Verhältniß stehen zu den Opfern, die ein plôglih aus- brehender und vielleiht unglücklich verlaufender Krieg fordern würde. J@ habe in der ersten Lesung gewisse Bedenken gegen die Vorlage hervorgehoben. Diese Bedenken find jezt der Haupt- sache nah gehoben oder so gemindert, daß wir die Vorlage bewilligen können. Wir befürchteten, daß hinter - der Vorlage noch weit- aussehende andere Pläne fteckten. Auch ‘in dieser Beziehung sind unsere Bedenken geschwunden. Jeßt ift die Vorlage nur in einem

unkte geändert, in i auf die Herabseßung der Präsenz mit 006 Mann, und diese Herabsetzung betrifft gerad? die Infanterie, die doch immer die Hauptwaffe - bleibt. - Dadurch wird bewirkt, daß die Grenztruppen, die immer 60n vedette stehen, geschwädt werden müssen, oder man müßte darauf verzihten, die sehr s{chwachen Bataillone des Innern - auf einen böheren Stand zu bringen. Der jeßige Beftand der Manrschaften während der Rekrutenzeit beeinträchtigt die Ausbiidung fehr erheblih. Für die Streichung der 7006. Mann- ist kein anderer Grund als der Kosten- punkt zu finden. Die Kosten belaufen sch auf 2 Millionen Mark. Das ist eine Lappalie bei dem großen Etat des Reiches. Um einer folhen Lappalie willen sollte man nicht einen Zwiespalt mit der Re- gierung herbeiführen. Ih möchte niht- nah einem tesonderen Grunde uchen, der außerhalb dieser Vorlage liegt. Die Verbesserung unseres Heerwesens dur die Voilage ift eine fo wesentlihe, daß wir nichts davon mifsea können. Wir find entschloffen, für die Wiederberstellung der Vorlage zu stimmen. Wenn die Regierungsvorlage abgelehnt ift, so habe ih namens meiner Freunde u erklären, daß wir für jeßt nicht in der Lage sind, uns auf den Kommifsionsantrag zurückzuziehen. Es stebt dem die Grklärung der Militärverwaltung entgegen. rein militär-tehuishen Fragen können wir die Verantwortung nicht auf uns nebmen; dieser Ansicht {ließe ih mich an. Von diesen militärtehnishen Fragen verstehen wir nihts. Wir Deutschen sind foldatish veranlagt, baben ja auch meift gedient; wir sind geneigt, uns für sahverständig zu halten, aber eigentli baben wir do nur eine dunkle Ahnung. Ich bin der Meinung, daß die Frage, wie stark ein Bataillon sein muß, um die Maxnschaften richtig auszubilden, nur derjenige beantworten kann, der den Dingen ganz nahe fteht. Die Frage wird beschwert dur die Einführung der zweijährigen Dienst-

e Wir können die militärischen Forderungen ablehnen, weil die

sten zu groß find c. Aber diese Gründe treffen hier nit zu. Aus der Erklärung des Kriegs-Ministers entnehmen n daß ry selbft auf dem Boden der Vorlage stebt, daß er eine definitive Erklärung wegen eines mangelnden Beschlusses des Bundesraths niht abgeben kann. Ebe wir eine solhe Erflärung niht haben, daß die Kriegs- verwaltung mit dem geringeren Maße der Bewilligung auskommen kann, können wir für den Abstrih niht timmen. Wir erwarten von denen, die den Abftrih . angeregt haben, daß sie bis zur dritten Ban E e fältige Sg anftellen ee ob sie bei ihren rren oder den Forderungen o

fommen wollen R gl Regierungen entgegen r. Lieber tr.): Die Erklärungen des Vorredners

und des tn Sattler bringen die Frage auf eid Boden, auf den La eie niht zu B O die Ent- ] der § g. von von der Leistungsfähigkeit des Volks; diese Einshränkung hat ma Sattler niht mehr gema. So scheint es, daß die Rolle des Reichstags [edigli die sein soll, den Forderungen der verbündeten Regierungen und der Kriegsverwaltung einfach zuzustimmen. Der Reichstag hat, nahdem die Kriegsver g gesprohen hat, garnichts mehr zu agen. Dadurch wird auch der Berichterstatter getroffen ; enn er hat einen Antrag geftellt, der die Verminderung

ausreihender Truppenetat hierzu die vornehmste Bedingung.

der Vorlage um 2949 Mann tigte. Die dem Reichstage zu-

ene Rolle ift um so klägliher, wenn wir sehen, wie die Be- üsse des Reichstages seitens der verbündeten Regierungen behandelt werden. Wie steht es mit den beinahe einmüthigen Beschlüffen des Reichstages bezügli der Krie nen? Die vecbündeten. Regies rungen diftieren, und der Reichstag pariert; der Reichétag beschließt, und die verbündeten Regierungen absentieren fih. Die Frage ift rut u einer rein konstitutionellen und grundsäßlihen geworden. Wir ehen vor der. Entscheidung: wollen wir durch das kaudinishe Joch hindur gehen oder niht? Unsere vaterländische Gesinnung wagen die Herren niht in Zweifel zu ziehen. Aber dadur, daß diese Frage auf diesen Boden geschoben wurde, baben die Herren den vater- ländischen Interessen einen recht {lehten Dienst erwiesen. Für die militär-tehnischen Forderungen ift die Militärverwaltung maßgebend ; für die finanziellen Fragen is das Reibs-Schaßamt in weitg?hendem Maße verantwortlich und fahverftändig ; dieses betractet die militärish- technishen Dinge durhaus nicht als Evangelium. Endlich baben wir im Reichstage in nete und perfoneller Beziehung die Verantwortung vor dem Volke. Diese drei Faktoren wirken nebeneinander, keiner kann den Vorrang beanspruchen. Sie müssen versuhen, sih zu verftändigen. Den Vorrang eines wenn aurch noch fo sahverfständigen Ressorts lchnen wir ein für alle Mal ab. Dazu ift die Verfassung gegeben, daß wir die Vorlage an der Leistungsfähigkeit derjenigen prüfen, die uns hierher geshickt haben. Herr von Leveßow sprach von einer Lappalie von einigen Millionen; es Handelt sid doch auch um die 7000 Soldaten mehr. Wenn der Eimer voll ist, dann genügt ein einziger Tropfen, um ibn zum Ueberlaufen- zu bringen. In dén Tetten Fahren haben wir: außerordentli" viel für das Landheer bewilligt : für die Artillerie 144 Millionen, für die Floite 409 Millionen,” für die Festungen 50 Millionen ; für die Vorlage sind wir bereit, 130 Millionen einmalige Ausgaben zu bewillizen. Das macht neben der regelmäßigen Entwickelung des Heeres- - und “Flotten-Etats rund 733 Millionen Mark. Für die Flotte haben wir im Beharrungszustande eine regel- mäßige Mehrau3gabe von 30 Millionen Mark jäbrlih bewilligt, für das Heer wollen wir 24 Millionen - bewilligen. Die Zinsen von. den vorher- bezeihneten 733 Millionen betragen 23,7 Millionen, fodäß eine jährlihe Mehrbelastung von 77,7 Millionen sih herausstellt. Der Eimer scheint uns also zum Ueberlaufen voll zu sein. So ün- scheinbar der von der Kommissioa - vorgenommene Abstrih zu: sein scheint, im Zusammenhange mit dem anderen, spielt er do eine-er- beblih: Rolle. Bei der Bert Tas des Vaterlandes gelten au für das Zentrum parteipolitische Rücksichten nicht; ih bätte auch gewünscht,- daß Herr von «Leveßow es unterlassen ‘hätte, von Gründen zu sprechen, die außerhalb - der Vorlage - liegen. Wir find der Meinung, daß auch mit dem Abstrich die Vorlage noch ausreihen wird, das zu erreichen, was erreiht werden sol. Sollte uns nahgewiesen werden, daß die Truppen oder die Dur&führung der zweijährigen Dienstzeit gefährdet wird, so würden wir bei späterer Gelegenheit nahzuhelfen geneigt sein. Zur Zeit ist uns ein- solcher Nachweis nicht geliefert. Alle Versuhe dazu scheitern an den Er- fahrungen, die wir mit den Halbbataillonen gemacht - haben. Sie wurden als unentbehrlich bezeichnet und nach wenigen Fahren wurden fie beseitigt. Solche Widersprühe der maß- gebenden militärishen Autoritäten mächen keinen angenehmen Ein- druck auf den Laien. Der Kriegs-Minister verlangt eine gewisse Bataillonsftärke. Es giebt aber vershiedene Verpfl-gungsitärken der Bataillone; die Normalstärke wird nizmals innegehalten; fie ift in T anders als in Sahsen und Württemberg. Sie stebt in

irflihkeit nur auf dem Papier und if nur eine Grundlage für die Rechnung. Man sagt: die Kriegsverwaltung folle das Quinguenzat ablaufen lafsen, dann träte die Verfaffung in Kraft, daß die Fricdens- prâsenzstärke 19/9 der Bevölkerung betcagen foll. Art. 60 schreibt aber nur vor, daß bis 1871 diese Präfenzstärke gelten soll. Für die spätere Zeit soll sie dur die Reich8geseßacbung festgestellt werden... Wir baben aber beute {on 67 009 Köpfe über 19/6 der Bevölkerung unter den Waffen, wenn man nämlich die Untecoffiziere hinzurechnet und die Mannschaft der Flotte; das fiad zusammen 585 578 Köpfe ohne die Einjährig-Freiwilligen. Der Krieas-Minister bemängelte es, daß die Jäger zu Pferde zwishz:n demVerkehrstrupyen und dem Train stehen; als wenn sie sih da zu genieren hätten Wir find der Meinung, daß jeder Soldat an seiner Stelle dem Vaterlande dient, auch der leßte Trainsoldat. Wir woklen die Meldereiter, die Jäger zu Pferde, nicht in dem allgemeinen Getümmel der Kavallerie untergehen laffen, denn wir haben diese Truppe mitgeshaffen und find ftolz darauf. Aus sachlichen Gründen sind wir zu dem Abstrich von 7006 Mann

ekommen; deshalb fann es keinen Eindruck auf uns machen, daß Dacteie, die in der Kommission, wenn auch erft in zweiter Linie, mit uns gegangen find, im Plenum nicht mehr mit uns gehen wollen. Mir werden bei unserem Beschluß bleiben in der Hoffnung, daß \ih eine Verständigung finden lafsen wird. Wir sind der Metnung, kaß es besser ift, mit einem Abstrich den Verfuch zu machen, als eine Krisis beraufzubeshwören, deren Folgen man nicht absehen kann, an der wir aber niht {huld find. : Z

Aba. von Kardorff (Rp.): Wir find nur s{hweren Herzens an die Vorlage herangetreten angefihts des großen Arbeitermangels auf d-m Lande. Aber da die Regierung erklärt, daß fie niht anders könne, so müssen diese Bedenken zurücktreten. Wir werden für die Regierungévorshläge ftimmen, ohné uns die Motive der Herren Sattler und von Leveßow anzueignen. Wir behalten uns unsere Stellungnahme für die dritte Lesung vor. Die Differenzen zwischen der Vorlage und den Beschlüssen der Kommission sind nah meiner Auffassung niht fo groß, daß sie noth- wendig zu einem Konflikt führen müßten, den wir au beklagen würden. Ih gebe die Hoffnung nicht auf, daß die Differenzen bis zur dritten Lefung ausgeglichen werden können. In der Kommiffion ist auf die Leiftungen der Militärverwaltung für die Zivilverwaltung hingewiesen worden. Wenn diese Leistungen wegfallen, so kann die Heeresverwaltung über die Mannschaften freier verfügen.

Abg. Haußmann (d. Volksp.): Wir behalten uns nichts für die dritte Lesung vor, fondern erklären uns {hon heute gegen die Vor- lage. Die Militärlaften treffen das Volk, besonders den Mittel- stand sehr stark. Die Landfluht der Arbeiter if| niht zum wenigsten auf den Heeresdienst zurückzuführen. Eine Verstärkung der Militärlasten kann unter keinen Umständen gebilligt werden, wenn nicht die zweijährize Dienstzeit gewährleistet wird für alle Zukunft und wenn nicht festgestellt wird, daß nur fahlihe Motive vorliegen. Denn zwanzig Jahre lang find die militärishen Sach- verständigen gegen die zweijährige Dienstzeit autgespielt worden, bis man endli zugestand, daß sie doch durchführbar sei. Bei den vor wenigen Monaten erst stattgehabten Wahlen war von folhen militä- rishen Plänen niht die Rede; gegenüber der Erwähnung der Ab- rüstungéfkonferenz in der Thronrede macht diese Vorlage überhaupt einen eigenthümlihen Œindrud.

Abg. Lanzinger (b. k. F.) erklärt fi namens seiner politischen Freunde niht nur gegen die Regierungsvorlage, sondern auch gegen die

nträge der Budgetkommission, da Mittelstand, die Landwirth- schaft und das Gewerbe shon mit Lasten überbürdet seien.

Abg. Smalakys (b. k. F.) erklärt für die Vorlage; die Ostprovinzen fürchteten einen feindlichen eberfal. Von der Ab- rüstungskonferenz versprehe er sih garnihts.

Abg. Richter (fr. Volkep.) führt aus, er könne alles, was über die mehrjährige Bewilligung und die zweijährige Dienstzeit zu sagen sei, in der dritten Lesung vorbringen und sih heute auf einige Be- merkungen beschränken. Der Kriegs-Minister habe erklärt, daß man die Nervosität der Rüstungenabstreifen und mit Ruhe der Zukunft entgegen- sehen könnte. Angesihhts des Dreyfus-Skandals follte man die französische Volksvertretung dem Reichstage niht gerade als Muster vorhalten. In die militärish-tehnishen Fragen mis a I R HE une ein; die Fragen hörten aber auf, bloß tehnishe zu sein, sobald mehr Geld verlangt werde; da würden fie finanzielle und bürgerli

en, und- der Reichstag sei ebenso zuständig, zu entscheiden, wie die seins: Sollten in Schulfragen nur die Lehrer, in Kirchen- fragen nur die Geistlihen uud in Rechtöfragen nur die Juriften ent- heiden ?- Die Frage der Einschränkung der Aan En sei viel wichtiger als die e der Präsenzerhöhung um 7000 Mann. In der Kommisfion h er Kriegs-Minifter vorgerehnet, daß er

A

nach dem Abstrih die Bataillone auf 570 Mann bringen könne; jeßt sprehe er von nur 569 Mann. Zwei Drittel der Ver | fiärkung der Grenzbataillone seien au nah dem Abstrich ncch

möglich. babe man von der Gefahr der einfallenden

Kosakenshwärme, als es {ih um die Jäger zu Pferde handelte,

gesproh:n. Nachdem diese nun bewilligt seien, werfe man fih auf die

Infanterie und thue so, als ob Frankreich Deutshland mit Krieg

überzieben würde, wenn es 7000 Mann Infanterie weniger habe.

Die 7000 Mann würden garnict für das laufende Jahr ver-

langt; es sollten diese 7000 Mann erst für 1903 gesichert

werden. Wenn die Auflösung des Reichstages erfolgen sollte, fo

würde man sagen, daß das nicht wegen der 7009 Mann geschehe,

sondern aus anderen Gründen: man wolle das Wahlrecht ändern.

Abg. Frese (fr. Vgg.) erklärt, taß seine Freunde fih in der

Kowmission auf den Antrag des Abg. Bassermann vereinigt hätten.

Die Budgetkommission habe 7000 Vèann gestrichen, was die Kriegs-

verwaltung nicht billigen wolle. Seine Partei werde für die Vorlage

und in zweiter Linie für die Kommissionsbeshlüfse stimmen.

Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe-Schillings fürst: Meine Herren! Der Herr Abg. Haußmann hat behauptet, daß an maßgebender Stelle entshieden nit sachliße Gründe, sondern Velleitäten und die Tendenz, Korflikte herbeizuführen, vorherrsheà. Ich weise diese Behauptung mitaller Entschiedenheit und mit Entrüstung zurück. (Bravo!) Die maßgebende Stell-, auf die si jene Aeußerung des Herrn Abgeordneten bezieht, wird geleitet von der Sorge um die Sicherheit des Reiches, und fe ist h der Verantwortung bei dieser Sorge voll bewußt. y

Im übrigen kann ich dem Herrn Abg. Haußmann, dessen Rede doch im allgemeinen, ohne ihm zu nahe treten zu wollen, eine Reihe von Gemeinpþläßen war, nur empfehlen, \sih die kurze Aeußerung des Herrn Lanzäinger künftig zum Muster nehmen zu wollen. (Große Heiterkeit und Beifall.)

Abg. Bebel (Soz.): Die Sozialdemokraten werden gegen die Kommission8beschlüßse stimmen. Es muß endlih mit den Rüstungen aufzebört werden. Was wir zu sagen haben, behalten wir uns für die dritte Lesung vor.

Kriegs-Minifter, Generakleuinant von Goßler:

Fch möhte nur wenige Worte an den Herru Abg. Richter rihten.

werde; ich nehme noh weniger an, daß er, wenn in den Reichstag Ja bineingerufen würde, auch Ja sagen würde; er hat ja regelmäßig Nein gesagt. Aber das muß ih do bekennen, daß scine Erinnerungen aus der Kommission keine rihtigen sind. Ih bin ja font gern bereit, mi von ihm beurtbeilen zu lassen ; in der „Freisinnigen Zeitung“ geschieht das reihlich. Wenn er aber meine freudige Ecrezung hier schildert, ist das meines Erachtens vollständig unberetigt. Natürlich freue ih mi, wenn in Betreff der militärishen Anschauungen in der Kommission Fortschritte gemacht werden; er bat sie leider nit mitgemacht. Daß aber wiederum Wandlungen bei mir eingetreten find, und ¡war von der leßten Kommissionsfißung bis zu einem be- stimmten Tage, den er nannte, dafür müßte er doh den Beweis er- bringen. Ih meine, daß derartige Ausführungen, welche einen per- sönlichen Angriff in si s{hließen, an diesem Tage nit angebracht waren. (Sehr gut! rechts und in der Miite.)

Abg. Liebermann von Sonnenberg (Reformp.): Ich will mir Herrn Lanzinger zum Muster nehmen. Die Vorlage, wie sie aus der Kommission hervorgeaangen, ift unannehmbar. Der Abftrih der 70090 Mann scheint mir nicht sahlih begründet, sondern willkürliher Art zu sein. Es wird dadur erschwert, wenn nicht unmögli gemat, daß die Grenzbataillone entsprehend verstärkt werden und die Bataillone im Innern die Kopfstärke erhalten, welhe zur Ausbildung nothwendig ift, Wir bedauern, das nicht ein Paragraph eingebrabt ift, der den mittelstandsfreundlihen Parteien die Kostendeckang der Vorlage er- leihtert. Wir verzihten aber auf einen diesbezüglihen Antrag, weil wir niht den Vorwurf auf uns ziehen wollen, daß wir nach Popu- larität haschen. Aus nationalen Gründen stimmen wir für die Re- gierungsvorlage im Vertrauen, daß die Regierung auf ihrem Stand- punkt auch in dritter Lesung beharrt. Sollte diese Annabme nicht zutreffen, fo schen wir keinen Grund ein, eine folhe Kehrtschwenkung mitzumachen.

In namentliher Abstimmung wird hierauf der S in der Fassung der Regierungsvorlage (502506 Ge- meine) mit 209 gegen 141 Stimmen abgelehnt. Dafür stimmen die Deutschkonservativen, die Reichspartei , die Nationalliberalen, die Fceisinnige Vereinigung mit Ausnahme des Abg. Dr. Hänel, die Mitglieder des Bundes der Land- wirthe und die Abgg. Ahlwardi und Smalakys (b. k. F). Dagegen stimmen die Sozialdemokraten, die deutsche und die Frein ige Volképartei, das Zentrum, die Mitglieder des

ayerishen Bauernvereins, der Hospitant der freisinnigen Ver- einigung Riff, der Hospitant der deutschen Reformpartei Köhler und die Abgg. Sabin und Schwarz (b. k. F). _

Die Beschlüsse der Kommission zu dem §2 (495500 Mann) werden gegen die Stimmen des Zentrums und der freisinnigen Vereinigung ebenfalls abgelehnt.

Bei § 3 weist dl “t

Abg. Graf von Roon (d. kouf.) darauf bin, daß die „Kölnische Zeitung* über die Haltung der Konservativen in der Kommission falsch berichtet babe.

8 83 wird ra my da er nah der Ablehnung jeder Präsenzziffer niht mehr aufrecht erhalten werden kann. Jm übrigen wird die Vorlage angenommen. Die vorgeschlagenen Resolutionen sollen in dritter Lesung berathen werden.

Schluß 61/4 e: Nächste Sizung Donnerstag 1 Uhr. (Etat und dritte Lesung der Militärvorlage).

Preußischer Laudtag. Haus der Abgeordneten.

43. Sißung vom 14. März 1899. Ueber den Beginn der Sizung ist schon berichtet worden.

Das Haus sezt die zweite: Berathung des Etats des Ministeriums der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten fort, und zwar bei den Zu- chüssen behufs Verbesserung der Besoldungen der Lehrer an en nihtstaatlihen höheren Unterrichtsanstalten, sowie behufs anderweiter Regelung der festen Zulage für die Lehrer, in Verbindung mit der Sans des zweiten B zum Normal - Etat vom 4. Mai 1892, betceffend die Besoldungen der Leiter und Lehrer der höheren Unterrichtsanstalten.

Abg. Wolff-Biebrich (nl.) legt die Stellung seiner politischen reunde zum Normaletat dar und wünsht namentlich, daß bei der

ewährung der Zulage die unverheiratheten Lehrer nit zu sehr im Nachtheil gegenüber den verheirathzten bleiben.

Abg. Dr. Dittrich J) spricht die Hoffnung aus, daß die Ungleichheit in den Anstellungsverhältnifsen der Lehrer an den nicht- staatlihen und den staatlichen Anstalten bald {winden möge. Die

Regierung habe aber vergessen, für diejenigen Lehrer Uebergangs8bestim-

Ich habe naâtürlih niht erwartet, daß er der Vorlage zustimmen q

mungen zu treffen, die durch den Fortfall der Funktionszulage be- einträhtigt werden. Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Renvers: Es sind solhe UÜebergangöbeftimmungen vorgesehen, durch die Härten ver- mes De Es handelt sich dabei nur um eine geringe Anzahl von Lehrern. Abg. von Bülow-Bossee (kons.): Meine Freunde werden dem Suaoß und dem Nachtrage zum Normal-Etat zustimmen. Die Gleich- ellurg der Lehrer an den nichtstaatlihen und staatlichen Anstalten würde kaum mehr als 60 000 „e fosten. Die Regierung sucht diese Ungleichheit gewissermaßen mit dem Hinweis darauf zu entschuldigen, daß die Lehrer an den nictfstaatli Anstalten früher ang würden als die an den ftaatlihen Anstalten. Das ift jegt aber namentli in D nicht mehr der Fall, Die seminariftisch gebildeten Elementarlhrer an den böberen Lehranstalten find \{lechter gestellt als ihre Kollegen an den Volkzshulen; das ift einze Unbillig- keit und ein Men das nur durch eine genauere geseßlic Formulierung der betreffenden Bestimmungen zu beseitigen ist. Anträge stellen wir nit, weil wir zu der Regierung das Zutrauen haben, daß sie im zäthsten Jahre so viel tausend Mark mehr ein- tellen wird, als nothwendig sind, um die gerüzte Ungleichheit zu be-

eitigen. _ Mirklicher Geheimer Ober -Finanz- Rath Dr. Germar äußert gegen diesen Vorschlag Bedenken; man müsse fih vor Sthritten hüten, die auf eine Verstaatlihung der nichtistaatlihen Anstalten binaus- faufen. Thâäte man dies, so müßte man daraus auch die nöthigen Konsequenzen ziehen. Zur Zeit sei eine Gleichstellung niht möglich, wenrn man nicht schematisieren wolle. i Akg. von Pappenheim (konf.): In dem Wunsche der Glei- stellung der Lehrer an den staatlihzn und nihtstaatlih?n Anstalten und au an den nihtftaatlihen Nichtvollanstalten sind alle Parteien einig, und wir bitten die Regierung, diese Sache dauernd im Auge zu bebalten. Leider if z. Z. nah der Erklärung der Regierung eine Aenderung niht möglich. Auch wir wünschen keine Verstaatlichung der nihtftaatlichen Anstalten; wir nre aber dabin wirken, daß die Gemeinden niht wegen Ueberlastung ihre Anstalten auflösen. Diese Auflösung ist nit so einfa, wie Herr Wetekamp gestern zu glauben schien. Denken Sie nur an die Unterbringung der Lehrer und die Nußbar- mahung der Schulgebäude. Die Gemeinden werden also nicht leiht ihre Anstalten aufheben. Wir hoffen, daß die Gleichstellung in wenigen Jahren vollzogen sein wird. : Abg. von Staudy (kons.): Wesentliche finanzielle Bedenken gegen die Gleichstellung liegen doch auch bei der Regierung nit vor. Man sollte sich mit einer halben Maßregel niht begnügen. Die frübere Arst:Uung der Lehrer an den nichtstaatlichen Anstalten wird reihlich ausgeglichen dadurch, daß diese Lehrer später in den vollen Genuß der Stellenzulage kommen. Auch dem Staate muß daran liegen, daß die Lehrer an den Nichtvollanftalten den übrigen Lehrern gleihwerthig find. Die Gleichstellung muß also fo schleunig wie

mögli berbeigeführt werden. G bemerkt, daß die Vorlage und ibre

Abg. Schaube (fr. konf.) bemerk i 1 Motive unflar seien. Das sei kein Unterrichtsdeuts{, sondern

Finanzdeutsch. Es heiße in der Vorlage, daß die Zuschüsse nur bis auf weiteres gewährt würden; die Regierung Tönne also die Zuschüsse zurüdzieben, und die Gemeinde werde mehr belaftet. Sei dies aber der Fall, dann gehöre diese ganze Materie niht in das Etats- eseß, sondera in ein besonderes Gesez. Es sei höhst bedenk- li , die nichtstaatlihen Lehranftalten zu Anstalten zweiter Klasse zu machen. Daß die Lebrer an den nihtstaatlichen An- ftalten früher zur Anftellung kämen als die Lehrer an den staatlichen, sei allerdings ein Uebelstand. Die Regierung fei aber schon jeßt darauf bedaht, diesen Uebelstand zu beseitigen. Troß der Versicherung des Finanz-Kommifsars müsse er, Redner, glauben, day finanzielle Gründe diese Ungleichheit aufrecht erhalten hätten. Dur eine andere Vertheilung der Stellenzulagen hätte sih eine Gleichstellung der böberen Lehrer mit den Richtern der unteren Instanz erreihen lassen. Damit wäre eine Zuichernug der Staatsregierung, die sie zu verschiedenen Zeiten gemacht habe, erfüllt worden. Der Normal-Etat von 1892 wäre aber dafür der rihtige Ort gewesen. Man habe damals die Gleichstellung unterlassen, Er bitte die Regierung, ihre Zusage zu erfüllen. :

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Renvers tritt den Aus- führungen des Vorredners hinsihtlih der Redaktion der Vorlage entgegen.

Aba. Dr. Friedberg (nl.): Die Nichtgleihstellung der Lehrer an ftaatlihen und nihtftaatlihen Anstalten und den Nichtvollanstalten ist ein shulpolitisher Febler. Im freien Erwerbsleben muß man sih gefallen lassen, daß dieselbe Thätigkeit verschieden bezahlt wird. Bei den Beamten muß sie Unzufriedenheit hervorrufen. Tüchtige Lehrer werden sih bemühen, von den Nichtvollanftalten wieder fortzukommen, und das wäre sehr zu beklagen. Die Regierung will die freie Bewegung der Gemeinden nicht antasten. Die Gemeinden sind aber in der An- tellung der Lehrer ohnehin nicht frei. Eine freie Selbstverwaltung der Gemeinde ist nur möglih auf Grund ftaatlich geordneter Ver- hâltnifse. Deshalb möchte ih der Regierung anheimgeben, bis ¡um nächsten Jahr einen Ausgleih zu schaffen.

Wirklicher Geheimer Ober-Finanz-Rath Dr. Germar bleibt bei seiner Auffassung der finanziellen Belastung der Gemeinden stehen.

Nachdem noch der Abg. Wetekamp (fr. Volksp.) seine Befriedigung über die Einigkeit des Hauses betreffs der Be- seitigung der Ungleichheit in der Behandlung der Lehrer aus- g.sprochen hat, wird die Forderung der Regierung bewilligt und der Nachtrag zum Normal:Etat, entsprechend dem Antrage der Kommission, durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.

Zur Remunerierung von Oberlehrern für Hilfsleistungen behufs Entlastung von Direktoren größerer Staatsanjftalten

sind 7200 A ausgeworfen. S

Abg. Wetekam p bemerkt, daß eine kanzlistische Hilfsleiftung die Oberlehrer heratwürdige. Diese Geschäfte könne ein Kanzlist im Nebenamt besorgen. i g y :

Abg. von Pappenheim: Die Aufficht darf den Direktoren nicht entzogen werden. Die Korrespondenz und andere Arbeiten des Direktors könnten sehr wohl Lehrer beforgen, nicht bloß Ober- lehrer, sondern auch seminariftisch gebildete Lehrer. Darum bes gntrage ih, ia dem Etatstitel die Worte „von Oberlehrern“ zu treihzn.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Köpke: Die Verwaltung wollte durch ihren Vorschlag der Uebertürdung der Direktoren ent- gegenarbeiten, Diese Ueberbürdung liegt zunächst im Schreibwerk und dann in der Beaufsichtigung des Unterrihts. Wir haben dabei zu- nächst nur an einen Versuch in 12 Anstalten gedaht. Bewährt ih der Versuch, so soll die Einrichtung auf weitere Anstalten ausgedehnt werden. Gegen den Antrag Pappenheim haben wir nichts einzu- wenden.

Abga. Dr. Göbel (Zentr.) drüdt seine Freude darüber aus, daß mit der Entlastung der Direktoren der Anfang gemaht werde, und glaubt, daß auch die Direktoren der kleineren Anstalten überbürdet seien.

Der Titel wird mit der von dem Abg. von Pappenheim beantragten Nenderung angenommen. Bei dem Kapitel „Elementarunterrihtswesen,„

bespricht Abg. Freiherr von Heereman (Zentr.) die Aufgaben der ltern müfse ein Ginfluß auf die Schule

chriftlihen Schule. Den eingeräumt werden; denn die Wechselbeziehung zwishen Schule ürger. Nur ein

und Haus ree auch dem Staate gute

christlichgläubiges Volk sei im stande, den Stürmen der Gewalt Troß zu bieten. Die christliche Volksschule sei keine bloß ultramontane Forderung, auch andere Parteien forderten eine christlich. religiöse Er- ziehung der Kinder. Der Staat müsse mit der Kirche Hand in Hand gehen zu gemeinshaftliher Arbeit. Der Falk’she Erlaß athme einen entgegengeseßten Geist, er sei mit einer chriftlihen Auffaffung un- vereinbar und müsse ganz aufgehoben werden. Das Mißtrauen gegen

die Kirche zeige sich au in der Schulaufsiht. Millionen von Christen