1899 / 66 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Mar 1899 18:00:01 GMT) scan diff

jet meine Aufgabe und wir sind daran —, diese Bibliothekfrage

vorwärts zu bringen und zu einer Gntscheidung über den Bauplahß zu

drängen. Ich kaun hier nur versprehen: ih werde alles aufbieten,

um die Enscheidung zu beschleunigen, und wie sie auch fallen möge, ih werde darauf Bedacht nehmen, daß im Zentrum von Berlin eine größere wissenshaftlihe Bibliothek dem Publikum zur Verfügung steht. Wenn dafür gesorgt wird, daß das geschieht, so, glaube i werden wir die Sache, die nun {hon so lange gedauert hat, do \{ließlich zu einem Ende bringen, bei dem die wissenschaftlichen Inter- effsen und die Interessen des Publikums nicht zu kurz kommen. (Bravo!)

Abg. Dr. Virchow (fr. Volksp.) glaubt, daß man den Reiistall in der Dorotheenstraße mit verwenden könne. Au in anderen Stadts- theilen würden sich Räume finden. Leider babe man andere günstige Gelegenheiten versäumt, z. B. wäre die Artilleriekaserne am Kupfer- graben zu verwerthen gewesen. Die Kosten dürften bei einer fo wichtigen Frage niht ins Gewicht fallen. Bibliotheken wüchsen wie Museen. Man denke nur an die kolofsale Entwickelung des Zeitungs- wesens. Diese M CGAnT und Ausdehnung lasse si aber uiht von vornherein berückfihtigen. Am besten sei immer die Benußung des Akademiegebäudes.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Ih kann unmöglih hier noch einmal in eine Erörterung der Einzelheiten eintreten, die für und wider die Er- bauung der großen Königlichen Bibliothek auf dem Akademieviertel \sprehen, aber der Herr Abg. Dr. Virchow hat mir Gründe unter- geschoben, die ic gar nit angeführt habe. Er hat gemeint, ich bätte gesagt, man sollte da die Bibliothek niht hinbauen, weil der Plaß zu theuer wäre, offenbar wollte man ihn dann naher verkaufen. Daran habe ih gar nicht geda§t, ich habe bauptsächli% das als ein Bedenken angeführt, daß man einen großen Magazinbau, der auf 4 Millionen Bände vorläufig berechnet ift, niht an einen Plaß seten foll, der absolut nicht die Möglichkeit einer günstigen Weiter- entwickelung bietet. Das if doch ein praktisher Grund, den man erwägen muß. Ich kann bier niht alle Gründe anführen, wir können überbaupt die Frage hier niht entscheiden. Ich will dem Herrn Abg. Virhow noch einen Grund sagen. Sobald wir die Bibliothek da binbauen, ift die Möglichkeit ges{wunden, jemals der hiesigen Universität eine anftändige, auskömmlihe Aula zu vershaffen: Also es giebt eine ganze Anzahl von Gründen, die dabei pro et contra erwogen werden müssen, wir werden sie erwägen, wir find daran, wir suchen die beste Lösung, die wir finden können, und wenn es so weit sein wird, wird es auch an der Zeit sein, daß bier Kritik zeübt wird. Wir werden uns bemühen, die Frage, so gut und zweckmäßig es geht, zu lösen uud auch im Interesse des wissenshaftlih arbeitenden Publi- kums so bequem wie möglich zu ordnen.

Abg. Dr. Friedberg wendet sh gegen die Ausführunaen des Abg. Virhow. Der Ankauf des Akademiegebäudes würde sehr viel kosten. Da ein Umbau des Universitätsgebäudes eine dringende Noth- wendigkeit sei, so müfse das Akademiegebäude für Zwecke der Uni- versität frei bleiben.

Nachdem Abg. Dr. Virhow nochmals für die Benußung des Akademiegebäudes eingetreten ist, wird die Ausgabe bewilligt. Bei den Ausgaben für das De Es, E Institut zu Berlin und das Astrophysikalishe Observatorium bei D gubert 4 g. Dr. Kelch (fr. kons.) einige Wünsche in Bezug auf die Institute bei Potsdam. : D E

Abg. Schmitz (Zentr.) befürwortet, daß die Observatorien der Wetterkunde auch der prafktishen Seite eine größere Aufmerksamkeit zuwenden und der Landwirthschaft und Industrie Wetterberichte zu- kommen lassen. Dadurch könnten dem Nationalwoblstande Millionen erspart werden.

Ein Regierungs8-Kommisfsar bemerkt: Das Meteorologische Institut hat niht nur wissenschaftliche Ziele im Auge, sondern berüd- sichtigt und fördert auch die praktishen Interessen der Wetterkunde. Es besteht ein ziemlich ausgebreitetes System der Wettermeldungen, deren Fäden bei der Seewarte in Hamburg zusammenlaufen. Daneben bestehen private Wetterbureaux, die die Ergebnisse zusammensiellen. Die Seewarte beschränkt sich nur auf Sturm- warnungen für die See. Für die Prognose dieser Seewarten auch für das Land könnte nah dem Urtheil des Fürften Bizmarck {wer eine Verantwortung übernommen werden. (Zuruf: 18931!) Allerdings haben si seitdem die Verbältnifse geändert. Die meteoro- logishe Wissenschaft is bedeutend fortge|{ritten, und ein großer Prozentsaß der Prognosen ist eingetroffen. Die preußishe Regierung wird die Sache gern weiter verfolgen, wenn auch nicht zu verkennen ift, daß die Ausführung der Wünshe des Vorredners tehnisch {wer durchführbar ist.

__ Bei dem Dispositionsfonds zu Untersiüßzungen für Kunst- und wissenshaftlihe Zwecke befürwortet

Abg. van Vleuten (Zentr.) die Einstellung größerer Mittel unter einem besonderen Titel zur Erhaltung der vaterländischen aaa 1g B fe: Bad

__ Abg. ers (fr. Vgg.) {ließt fh diesem Wunsche an und wünscht außerdem, daß die Behörde bei der Konservierung der Alter- thümer in Danzig ein größeres Entgegenkommen zeige.

Abg. Freiherr von Heereman (Zentr.) weist auf die Bedeu- tung der Denkmäler für den historischen Sinn und die Weckung vater- ländisher Gefühle bin und glaubt, daß wir uns in der Frage der Denkmäler von anderen Staaten hätten überflügeln lassen. Die dafür ausgeroorfene Summe fei unzureichend.

_Bei dem Kapitel „Technisches Unterrichtswesen“ befürwortet Abg. Macco (nl.) den Antrag, die Staatsregierung auf- zufordern, in einem Nachtrags-Etat die erforderlichen Mittel zu fordern zu den Vorarbeiten und zum Grunderwerb für die Verlegung und Erweiterung der bisher mit der Technischen Hochschule zu Charlotten- burg verbundenen Mechanischetewnishen Versuchsanstalti. Die Anstalt habe den Kreis ihrer Thätigkeit bedeutend erweitert, sei aber bei ihrer gegenwärtigen Ausftattung und Organisation nicht mehr im reis den E An s LOUE Erbgen. Auch die Beamten en zu gering beso und müßten den Beamten der kalish- tehnishen Reichs-Anstalt gleichgesteklt werden. P Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Webrenpfennig: Die An- talt leistet Bedeutendes, troydem sie ers 14 Jahre besteht. Wir sind gleihwohl bestrebt, fie noch weiter auszugeftalten. Es find vier etatsmäßige Stellen geschaffen worden. So ras wird aber die weitere Ausgeftaltung nicht mögli sein, wie die Antragsteller es zu glauben scheinen. Sobald die Verhandlungen mit dem Reiche abgeshlofsen fein werden, werden wir mit dem Kinanz-Ministerium in Verbindung n. nens steht heute {hon feft, daß daë jeßige Gebäude nicht ausrei Abg. Krawinkel (nl.) glaubt, daß eine {leunige Abhilfe noth-

Men De er Antrag wird angenommen.

Bei den Ausgaben für die Technische Hochschule in MaReN befürwortet

Abg. Sittart (Zentr.) eine Erweiterung des metallurgishen Instituts in Aachen.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr, Wehrenpfennig weist darauf hin, daß das Institut seit drei Jahren bedeutend verbessert

dem Vorschlage des Präsidenten.

Bei dem Kapitel „Kultus und Unterricht gemein- sam“ bemerkt

Abg. Dr. von Heydebrand und derLasa (kons.): Wir baben mit Befriedigung von der Erklärung des Kommissars in der Kommission über die Ausführung des Pfarrerbesoldungsgesetes Kenntniß genommen. Es wurde ziemlih allgemein im Lande befürchtet, daß das Geseß nicht einmal am 1. April in Kraft treten werde und daß auch die Fonds der Regierung vielleicht dazu nicht ausreihen würden, die [eistungs- unfäßigen Gemeinden genügend zu unterstüßen und eventuell auch das Pfarrgelderminimum von 1809 # auf 2100 4 zu er- höhen. Außerdem wünschte man, daß den Gemeinden die Uebergangs8- zeit erleichtert werde. Wir freuen uns, daß diese Befürchtungen nicht begründet sind. JIch möchte, aber fragen, ob seit der Zeit, zu der der Kommiffar diese Erklärung abgegenen hat, noch S eine Aenderung eingetreten ist. Wir haben der Regierung unfere besondere Anerkennung darüber auszusprehen, daß hier ein Geseß zu stande gekommen ift, das niht nur den damaligen Versicherungen der Regierung in seiner Ausführung entspricht, sondern au unsere Wünsche dabet berücksichtigt.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath D. Schwar tk opff erklärt, daß er im allgemeinen das aufrecht erbalten könne, was er in der Kom- mission gesagt babe; nur eine einzige Nahweisung aus Stettin fei ibm zugegangen, nah der allerdings ein erbeblih größerer Betrag nöthig wäre, als er erwartet bätte, wodur die staatlichen Fonds geschwälht würden. Trotzdem glaube er aber, daß es doch fast überal mögli C EIOG das Pfarrgelderminimum von 1800 4 auf 2100 4 zu erböben.

Auf eine Anfrage des Abg. Dr Pors h (Zentr.) giebt Gebeimer Ober-Regierungs-Rath D.Shwarßkop ff Aufschluß über die Beihilfen an neu zu errihtende, leistungsunfäbige katholishe Pfarrgemeinden. Es werde mit der größten Schonung verfahren.

Bei dem Kapitel „Medizinalwesen“ bemängelt

Abg. von Arnim (konf.) die Ausführung des Margarine- geseßes. Die geseßliden Vorschriften seien sehr lax ausgeführt worden. In Stettin finde niht die mindeste Kontrole der Margarine nah der Richtung statt, ob ihr Sesamöl beigemisht werde. Ohne diesen Zusaß sei Margarine von Tischbutter niht zu unterscheiden. Im Interesse der reellen Produktion der Naturbutter müsse auf eine strengere Kontrole der Margarine gehalten werden.

Ein Regierungs8-Koinmissar theilt zunähst mit, daß die neuesten Taxen für die Apotbeker so normiert seien, daß darüber keine Klagen entstehen würden. Was die Bestimmungen über den Verkauf der Margarine betreffe, so sei auf eine Trennung der Räume nach- drücklih gehalten worden. Es könne der Regierung nur angenebm sein, wenn auf Febler der Polizetbebörden hingewiesen werde. Sie

werde dann für Abbilse sorgen. Abg. Dr. Friedberg wüns{cht eine selbständige Medizinal-

Abtbeilung im Kultus-Ministerium unter der Leitung eines besonderen Ministerial-Direktors. Die Frage der Zulaffung der weiblichen A zum Staatsexamen sei leider immer noch nit gelöst.

Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Ich möchte in dieser Beziehung nur bemerken, daß in nächster Zeit die Beschlußfassung des Bundeëraths über diese Frage bevor- steht, uad daß ih meinerseits es niht habe feblen lafsen, fort- während darauf binzuwirken, daß die Sahe möglichft beshleu- nigt wird.

Damit. ist das Ordinarium erledigt. Abg. Dr. Langer- hans (fr. Volksp.) hat seinen Antrag auf Einführung der fakultativen Feuerbestattung in Preußen zurückgezogen.

Beim Extraordinarium beantragt die Kommission, die geforderten 29000 # zum Neubau einer Turnhalle für das Stiftsgymnasium in Zeiß nicht zu bewilligen.

Abg. Win ckler (kons.) bittet den Minister, unter Berücksichti- gung einer Petition aus Zeiß im nächsten Jabre ein anderes Projekt vorzulegen. i

Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Ich kann die Ausführungen des Herrn Vorredners nur bestätigen. Die Petition und der Bericht der Behörde ift eben erft bei mir eingegangen, so daß ich nicht in der Lage bin, etwas Weiteres in der Sache zu thun. Jch nehme an, daß es so ist, daß au für die Turnhalle besser gesorgt werden kann, wenn es sich als rihtig erweist, daß die baulihen Verände- rungen des Gymnafirms felbst in Angriff genommen werden müfsen. Ich werde mich daber mit dem Herrn Finanz-Minifter über dieses neue Projekt in Verbindung seßen, und ih würde mi freuen, wenn ih im nähften Jahre in der 2age sein würde, mit größeren Forde- rungen für das Gymnasium in Zeiß vor das Haus zu treten.

Der Anirag der Kommission wird angenommen.

: E ee TeA A E S eie R ERA zur Be- gründung der Technischen Ho ule in Danzig sind 40 000 M gefordert. g N Die Forderung wird genehmigt und die Denkschrift der Negierung über die Errichtung einer Technishen Hochschule in Danzig dur Kenntnißnahme für erledigt erkläxt.

Zur Bekämpfung der Granulose find 390 000 auß8- geworfen. Abg. von der Groeben (konfs.) spriht seine Befriedigung über die Forderung aus und wünscht, daß diese Versuche, namentlich in Ostpreußen, fortgesetzt werden. Der Rest des Extraordinariums wird ohne Debaite er- ledigt. Damit ist die Berathung des Etats des Ministeriums der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten beendigt. Vize-Präsident Freiherr von Heereman s{lägt vor, die noch restierenden Etats der Bauverwaltung und der An- siedelungs-Kommission in einer Abendsizung um 71/2 Uhr zu erledigen, um am nächsten Tage mit der dritien Lesung des Staatshaushalts-Etats beginnen zu können. Die Abgg. Jm Walle (Zentr.) und Dr. Krause (nl.) erheben zunächst Widerspruch gegen diefen Vorschlag, ziehen aber \{ließlich ihren Widerspruch zurück. Es bleibt aljo bei

46. Sißung vom 16. März 1899, Abends 71/2 Uhr.

Zunächst wird ein Antrag der Abgg. Dr. Porsch (Zentr.) und Genossen auf Einstellung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Stanke (Zentr.) für die Dauer der Session ange- nommen und darauf die zweite Berathung des Staats- haus halts-Etats für 1899 fortgescßt.

Ueber den an die Budgetkommission zurückverwiesenen Titel aus dem Extraordinaruum des Etats der Justiz- verw E „Zum Neubau eines Amtsgerichtsgebäudes in Posen, erste Rate 150 000 #“ berichtet Abg. von Pappen- heim (fkons.), der die Bewilligung beantragt.

Abg. Kindler (fr. Volksp.) empfiehlt ein anderes Bauprojekt, welhes den allgemeinen Wünschen der Stadt Posen mehr entspreche als das der Regierung.

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Jh bin zu meinem Bedauern au heute nicht

worden ift,

sih wiederum gemacht hat, hier das Wort zu reden und den bisherigen Standpunkt der Königlihen Staatsregierung zu verlassen. Jh habe bei der ersten Lesung des Etats die Gründe für die \{leunizge Auéführung des Baues angeführt, dessen Bedürfniß seit Jahren anerkannt is, dessen dringlißes Bedürfniß

namentli auch von der früheren Vertretung der Stadt Posen *

hier seit Jahren auf das allerlebhaftefte betont worden ift; ih habe ausgeführt, daß fahliche Gründe in der That“ niht vor- liegen, diesen Bau noch weiter hinauszushieben. Jch kann nicht umbin, meinem Erstaunen darüber Ausdruck zu. geben, daß der Herr Abg. Kindler sich veranlaßt gefühlt hat, nun die Privatäußerung eines bei der Sache gänzlich unbetheiligten Regierungskommifsars hier ins Gefeht zu führen, der den ihm vorgelegten Stadt- plan für einen sehr angemefsenen erklärt und die Durch- legung der Straße für die Stadt Posen auch als wünshens- werth anerkannt habe. Ih meine, man könnte daraus vielleiht die Folgerung ziehen, daß es dem Herrn Abgeordneten an ftärkeren sach- lihen Gründen fehlen muß.

Nun sind in der That die sahlihen Gründe des Herrn meiner Meinung nach doch niht so durcgreifend, wie es bier dargestellt worden ist. Es handelt ih keineswegs darum, für alle Zeiten die Durtlegung der Straße nach den Vorstädten, deren Ein- gemeindung in Posen beabsichtigt ist, unmöglich zu machen. Es wird vielmehr, wie ih bei der ersten Berathung dur Vorlegung eines Protokolls, das die Unterschrift des Ober - Bürgermeisters von Posen trägt, dargelegt habe, die Durchlegung der Straße in keiner Weise in Zukunft behindert; die Straße muß nur eine kleine Wen- dung an ihrem Ende machen und etwa um 2 m vershoben werden, Dann ist die Durhlegung ebenfogut möglih wie nah dem jeßt vor- gelegten Bebauungs8plan. :

Wenn der Herr Abg. Kindler meint, die Justizverwaltung habe die Vergangenheit vertreten, er vertrete die Gegeuwart, so glaube ih darauf erwidern zu können, daß der Herr Abg. Kindler eigentlich noch mehr einen Blick in die Zukunft hinaus gethan hat, und zwar in eine ganz unbestimmte und ungewisse Zukunft. Aus den Verhandlungen der Stadtverordneten-Versammlung, die au {hon Gegenstand der Verhandlung in der Kommission gewesen sind, geht hervor, daß die Stadtverordneten zwar den Beschluß gefaßt haben, eine Baufluchtlinie aufzustellen, die bei ibrer Durchführung eine Ver- legung des projektierten Amts8gerihtsgebäudes zur Folge haben müßte, daß aber an die praktishe Ausführung des Plans ernstlich noch gar niht gedacht wird. Jch darf bervorheben, daß ein früßeres Mit- glied des Hauses, der Abg. Jaekel, der gleihfalls der Stadtverordneten- Versammlung angehört, sich auf das Entschiedenste gegen die Durhführung dieses Plans ausgesprochen hat, weil dasfelbe der Stadt Posen unüberseh- bare Opfer auferlegen würde. Es wird dabei gerehnet mit gänzli unbe- stimmten Faktoren auf ganz ungewisse erheblihe Beiträge der Anlieger, von denen zwar einer, der Hauptinterefsent, si bereit erklärt haben foll, niht unerheblihe Beiträge zu leisten, die aber lange nit au2reihen, um das Projekt für die Stadt durhführbar zu machen, In Wirklichkeit ist die Dringlichkeit des neuen Baues eine \o greße, daß eine weitere Verzögerung auf mindestens ein Jahr auf allen Seiten zu bedauern fein würde.

Es ift au bervorgehoben worden, daß die Lage des projektierten Amtsgerihtsgebäudes eine ungünstige sei für die Verkehrsinterefsen der Stadt. Nun if zuzugeben, daß die Lage des Justizgebäudes niht so günstig sein wird wie die des gegenwärtigen Amtsgerichts, das mitten in der Stadt, im Zentrum des Verkehrs liegt. Das ift überhauvt unmöglich in großen aufblühenden Städten, große Neu- bauten für amtlihe Zwede gerade im Verkehrszentirum auszuführen, Ungünstig ift die Lage aber keineswegs, das ergiebt sih son daraus, daß das neue Amtêgerihtsgebäude in allernähster Nähe des Land- gerichts liegen wtrd, in dem fich son seit Jahren verschiedene Ab: ibeilungen des Amtsgerihts befinden, ohne daß das zu Unzuträglih- keiten und Klagen Veranlaffung gegeben hat. Was für diefen Theil des Amtsgerichts gilt, wird in Zukunft au für das Ganze gelten. Jch darf in dieser Richtung noh hervorheben, daß im übrigen auch ges{äftliche Erleichterungen dadurch herbeigeführt werden, daß Amtsgeriht und Landgericht in Zukunft sehr nahe beieinander liegen werden. Dies wird im Interesse des rechtsuchenden Publikun:s und namentli im Interesse der Rechtsanwälte sein, die die Parteien dort zu vertreten baben. Ich kann deshalb bitten, daß das hohe Haus dem Beschluß, der in der Kommission, wie ih glaube, mit überwältigender Mehrheit gefaßt ift, beitreten möge.

Abg. von Staudy (kons.) {ließt fich zwar den Wünschen der Stadt Posen an, ift aber mit der Bewilligung der Pofition einver- standen und bittet den Minifter nur, die Angelegenheit nochmals wohl- wollend zu prüfen.

Abg. Kindler beantragt, die hierzu aus Posen eingegangene Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen, während Berichterstatter Abg. von Pappenheim befürwortet, fie dur den Beschluß des Hauses über den Titel für erledigt zu erklären.

Das Haus beschliezt nach den Anträgen des Bericht- erstatters.

Es folgt der Etat der Ansiedelungskommission für Westpreußen und Posen in Verbindung mit der Denkschrifi über die Ausführung des Anfiedelungszgeseßes im Jahre 1898.

Berichterstatter Abg. von Pappenheim berihtet eingehend über die Thätigkeit der Ansiedelungéskommission im Jahre 1898 unk

beantragt, den Etat unverändert zu bewilligen und die Denk\crift durch Kenntnißnahme für erledigt zu erklären.

Abg. von Brodnicki (Pole) wendet sich mit aller Schärf gegen die angeblih harte, ungerechte Politik, die Tausende armer pol- nischer Landarbeiter brot- und heimathlos mache,

(Schluß in der Zweiten Beilage,)

in der Lage, den Wünschen, zu decen Organ der Herr Abg. Kindler

i 66.

(S(hluß aus der Erften Beilage.)

Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer- 1n:

Bs Meine Herren! Ich glaube, meine Erwiderung auf die Dar- legungen des Herrn Vorredners auf wenige Worte beschränken zu dürfen. Allgemein weise ih darauf bin, daß bereits vor wenigen Wochen hier im hohen Hause eine sehr eingebende Verhandlung über die deuts - nationale Politik der Staatsregierung in den östlihen Provinzen stattgefunden hat, und daß bei diesem Anlaß der Herr Vize - Präsident des Staats- Ministeriums in ausgiebigfter Weise die Stellung der Königlichen Staatsregierung zu diefer Frage dargelegt hat. Ich halte es aus diesem Grunde an sih nicht für erforderli, erneut auf eine soge- annte Polendebatte einzugehen.

Ganz kurz babe ih dem Herrn Vorredner zu erwidern: im großen Ganzen gipfelten seine Darlegungen darin, daß er sih gegen das er- lassene Geseß wandte. Aber darum handelt es sich niht, meine Herren, fondern das Gesetz if erlassen, isfft vom hohen Hause ge- nebmigt, ift von der Königlichen Staatsregierung verabschiedet, und es handelt si jet um die Ausführung des Geseyes. Von all den Darlegungen, die der Herr Vorredner gemaht hat, gipfeln die meisten aber in Angriffen gegen das erlassene Geses. Im wesentlihen richtet sih nur eine Darlegung des Herrn Vorredners gegen die Aus- führung des Gefeßes. Diese Ausführung will ich kurz widerlegen. Der Herr Abgeordnete hat dargelegt, daß bei Ausführung des Geseßzes die verschiedenen Konfessionen ungleich behandelt würden, daß im Großen uad Ganzen nur evangelische Ansiedler zuge- lassen würden, daß katholische Ansiedler abgewiesen würden. Die Abweisung der Katholiken hat der Herr Vorredner aus vor- erwähnter Thatsache gefolgert, und die ift im wesentlichen rihtig, daß nämli mehr evangelishe Ansiedler in den öftlihen Provinzen als katbolishe angesiedelt worden find.

Auch diese Frage if bereits Gegenstand der ausgiebigften Verbandlung hier im Hause gew?sfen. Ih darf erneut aussprehen, daß es der Staatsregierung fern liegt, in dieser Beziehung mit ungleihem Maße zu messen, soweit es sich um deutshe Ansiedler bandelt; indessen einmal be- streite ih, daß im großen Ganzen viele Katholiken zurückgewiesen worden sind; also es handelt \ich nicht darum, nah konfessionellen Gesichtspunkten katholische Ansiedler abzuweisen. Wenn aber s\olche abgewiesen sind, iff der wesentlihe Grund darin zu finden, daß es uns bisher troß eingehendfter Verhandlungen mit den Herren Bischöfen nicht gelungen ift, für die deutsh- gesinnten katholischen Ansiedler au deuts - nationale Seelsorger zu beschaffen ; sobald das gelingt, werden sh nah meiner Ueberzeugung in größerem Umfange deuts: Katholiken zur Ansiedelung melden, und die Staatsregierung wird dann zweifellos feinen Anstand nebmen, die deutshen Katholiken ebenso wie die Protestanten zu behandeln. i

Im übuigen, meine Herren, habe ih keine Veranlassung, auf die speziellen Darlegungen des Herrn Vorredners einzugeben, und zwar aus den Gründen, die ih oben bereits dargelegt babe. (Bravo! rets.)

¿ nl.) mißbilligt den boben Verdienst und die Tvditit des Ao I e Fe ble Ansiedelungskommission An- sedler herbeishafften und mit unlauteren Mitteln z. B. die soge- nannten Heuerlinge, die Besißer kleiner Anwesen, welche zur Ernte- zeit sich als Schnitter verdingen, aus der Provinz Hannover fort- lockten. Die Regierung solle diesen Agenten, welche niht im Sinne der Ansiedelunaskommi|sion bandelten, besser auf die Finger fehen.

Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer-

stein: : Meine Herren! Jch verweise Sie auf Seite 15 der Denkschrift; die dortigen Bemerkungen hat der Herr Referent im allgemeinen {on hervorgehoben; ih darf aus diesen Bemerkungen aber noch einige Punkte hervorheben. Es heißt da:

Von den 605 ertheilten Zushlägen beziehen fich 229 = 38 9/9 auf Käufer aus den Provinzen Posen und Westpreußen, 376 = 62 ?%/o auf Käufer, die aus anteren Landestbeilen eins{chl. deutscher Einwanderer aus dem Auslande stammen.

Wenn Sie dort weiter lesen, so finden Sie, daß unter den einzelnen Provinzen auch die Provinz Hannover aufgeführt ist mit 56 Ansiedlern; es hat also bisher eine Abrwoanderung von Hannove- ranecn nach den östlihen Provinzen in einem solchen Umfang nicht ftattgefunden, daß tadurch die zweifellos auch in der Provinz Han- nover bestehende Leutenoth wesentlich verschärft sein könnte. Nun wäre es ja immerhin mögli, daß gerade dem Kreise Wittlage, den der Herr Verredner erwähnte, die Mehrzahl dieser Ansiedler aus der rovinz Hannover entstammt. Das mögte ich aber doch bezweifeln. I bin allerdings nicht in der Lage, anzugeben, aus welhen Theilen der Provinz die hannoverschen Ansiedler entstammen; daß sie in ihrer Mehrzahl aus dem einen Kreise Wittlage herstammen sollten, und daß in diesem Jahre die Zahl der Abwanderer so außerordentli zu- nehmen werde, ersheint mir do unwahrs{einlich. i;

Aber sollte das au der Fall sein, so darf ich doch wohl darauf hinweisen, daß vielleiht innere sahlihe Gründe für eine Abwanderung, besonders auch aus dem Fürstenthum Osnabrüdck, vorhanden fein können. Die Kauspreise für Grundstücke find dort verhältnißmäßig bobe, das Angebot von Grundbesitz, also die Möglichkeit für kleine Leute, für Heuerleute, sich einen selbständigen Besitz dort zu erwerben, ist nicht sehr ausgiebig; unter folchen Verhältnissen ist es erflärlih, daß, wenn den Leuten die Möglichkeit geboten wird, zu einem mäßigen Preise Grundbesiß zu erwerben, daß, wenn ihnen die Wahrscheinlichkeit nachgewiesen wird, daß sie anderweit ein gesichertes Auskommen auf eigenem Grundbesiß finden können, daß dann die Neigung entsteht, solde Gelegenheit zu ergreifen. Nicht, wie der Herr Vor- redner behauptet, durch die Agenten und darauf werde ih gleich

Zweite Beilage : zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 17. Mätz

Nun behauptet der Herr Vorredner, daß diese hoben Summen von der Ansiedelungs-Kommission an die Agenten für jeden dur ihre Vermittelung der Ansiedelungs-Kommission zugeführten Abwanderer gezahlt würden. Es liegt mir hier ein offizielles Shriftstück der An- siedelungs-Kommission vor, datiert vom 14.März 1899. Darin wird gesagt : Daß die Vertrauensmänner und die bat der geehrte Herr Vor- redner Agenten genannt ihre Thätigkeit nicht ohne Vergütung ausüben können, dürfte selbstverständlih sein; der an sie aus8gezahlte Gesammtbetrag bis Ende 1899 beläuft sich übrigens nur auf 4365 M Also die Gesammtvergütung, die diesen Vertrauensmännern seit Erlaß des Gesetzes gewährt ist, beziffert si auf den eben von mir genannten Betrag. Daraus zu folgern halte ih mi für berechtigt, daß die Angabe, die der Herr Vorredner aus dem Briefe vorgelesen hat, wona dem Agenten für jeden Ansiedler 100 bezahlt werden, uvrihtig sein muß, daß diese Annahme auf einem unrihtigen Gerücht beruht. Uebrigens werde ich Veranlassung nehmen, diese Verbältnisse näber aufzuklären. Schon jeßt glaube ih mit Bestimmtheit ver- sichern zu dürfen, daß der geehrte Herr Vorredner in dieser Beziehung fich irrt. Ich räume ein, daß es unbequem sein kann, wenn wohl- babende Arbeiterfamilien in größerem Umfang aus dem Fürstenthum Osnabrück auswandern. Wenn den Leuten aber anderwärts eine eigene bessere Existeaz geboten wird, und sie deshalb auswandern, so kann dies die Staatsregierung nit hindern.

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Ich bin zufällig in der Lage, die Bemerkungen meines verehrten Herrn Koklegen dur eine bestimmte Zahl zu unterstüßen. Einer der Herren Abgeordneten aus dem Osnabrückschen ift nämli vor einiger Zeit mit derselben Klage zu mir gekommen, die hier der Herr Abg. Wamboff erboben hat. IY habe Veranlassung genommen, einen direkten Berihi von der Ansiedelungskommission einzuholen. Zu meinem Bedauern habe ih, da ih nicht wußte, daß die Sache heute hier vorkommen würde, den Bericht niht vor mir ; aber ich glaube, im Ganzen ein gutes Zahlengedähtniß zu haben (Heiterkeit), und da kann ih mi erinnern, daß im Ganzen aus der Provinz Hannover 20 Häuerleute als Ansiedler in Posen angenommen find. Was will denn das sagen? Wie war es früher? Als die Häuerleute sie bilden ja cine bös zweckmäßige Organisation des Arbeiterwesens auf dem Lande no gar keine Ausfiht hatten, in Deutshland uud in Preußen eigenen Besitz zu bekommen, wohin gingen sie damals? Sie gingen das werden die beiden Herren Abgeordneten aus dem Osnabrückichen, die in meiner Nähe sich be- finden, mir bestätigen massenhaft nach Amerika. (Sehr richtig !)

Wenn der Mensh den natürlichen Wunsch hat, aus einem Abhängigkeitsverhältniß, in welchem er sh durch Fleiß und Arbeit ein gewisses Vermögen erworben hat, heraus8zukommen und eine eigene Scholle zu besißen das war der Hauptgrund, weshalb die Leute nah Amerika gingen, niht etwa, weil sie es im In- land \{lecht hatten, im Gegentheil, gerade die Gutsituierten gingen nah Amerika, nicht etwa die Aermeren —, so wird man das niemandem verargen können. Wenn ihm diese Möglichkeit nun im Inland geboten wird, so muß man darüber keinen Kummer, fondern eber Freude empfinden. Infolgedessen hat auch die gewaltige, oft bis zu 200 000 Menschen gehende frühere Auswanderung nah Amerika aufgehört. Die Leute finden ihre auskömmlihe Eriftenz jeyt în unserem eigenen Vaterlande. (Bravo!)

Abg. Dr. Mizerski (Pole) behauptet, daß das Ansiedelungs- gesez die Verfassung verleze und die Regierung dies auch bei den früheren Verhandlungen nicht zu widerlegen vermocht habe. Selbît die Nationalliberalen hätten anerkannt, daß es eine Verfassungs8- verleßung involviere. Dur das Einführungsgeteß zum Bürgerlichen Gesetzbuch sei das Ansiedelung®ge]eß eigentlich beseitigt, da Reichsge|eß vor Landesrecht gebe.

Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer - stein: /

Der Herr Vorredner hat uns in erschöpfender Weise die Ver- handlungen dargelegt, die über die Frage geführt sind, ob das Ein- führungsgesez zum Bürgerlichen Geseybuh das Gesez über die An- siedelungen aufrecht erhalte, und ebenso erschövfend bat er au dar- gelegt, welche Erklärungen von der Königlichen Staatsregierung zu diesen Verhandlungen abgegeben find. Neues habe ih zu den früheren Erklärungen ter Staatsregierung niht hinzuzufügen, wie ih au hiermit feststelle, daß der Herr Vorredner Neues in seinen Darlegungen nit vorgebraht hat. Er hat im wesentlichen sih nur damit beschäftigt, die früheren Verhandlungen in ershôpfender Wise zu rekapitulieren.

Gegen eine Aeußerung des Herrn Vorredners maß ih mi aber mit Entschiedenheit w2nden, und will dabei glauben, daß der Heer Vorredner sih der Tragweite seiner Aeußerung niht voll bewußt war. Er hat gesagt, die Staatsregierung habe ih einer reservatio mentalis \chuldig gemacht. Einen solhen Vorwurf muh ih mit

Entschiedenheit abweisen. Abg. Seer (nl.) wünscht, daß für die verhetratheten Wirth - schafts-Inspektoren der Ansiedelungskommission ein Pensionsfonds ge- en werde. | E Der Etat der Ansiedelungskommission wird bewilligt. Darauf wird die Berathung des Extraordinariums des Etats der Bauverwaltung, und zwar zunächst die vor aht Tagen abgebrochene Debatte über den Titel „Zur Ueber- tragung von seitens der Staatsverwaltung, zu unterhaltenden Wegen und Brücken auf kommunale Verbände 4 000 000 M“, ortgeseßt. i L von Staudy beshwert sih, wie neulih, der Abg. von Sanden- Tilsit für die Provinz Ostpreußen, seinerseits ur die Provinz Posen darüber, daß die Entschädigungen an die kommunalen Verbände für die Uebernahme der fiskalishen Weze und Brücken niht aus- reidend bemessen seien, zumal die Straßen aus fiskali\hen Rücksichten bisher arg vernachlässigt und in fehr \chlehtem Zustande seten. Ministerial-Direktor Schultz betont, daß die Beamten der Re- gierung, welche bei den Verhandlungen mit den Kommunen als Kommissare fungierten, ihrer Aufgade mit Eifer und Treue gerecht

noch kommen —, sondern dur rein sahliche Gründe scheint mir die Abwanderung gefördert zu sein.

geworden seten. Der Abg. von Sanden habe fh inzwishzn dur Einsicht der Akten im Ministerium überzeuzt, daß seine Angriffe auf

1899.

di inisterial-Kommifsare nicht gerechtfertigt gewesen seien. Das di P T iaaeridt habe entshieden, daß die Regierung die \o- genannten deflassierten Landstrafien nit zu unterhalten habe; die Re- gierung wolle aber troßdem folde Straßen noch als Landstraßen an- sehen und für einen guten Zustand derselben, soweit ihr Mittel dazu zur Verfügung ftänden, sorgen. /

Der Titel wird bewilligt, ebenso der Nest des Etats der

Bauverwaltung ohne Debatte. Sodann ied auch der Entwurf des Etatsgeseßges ohne Debatte angenommen. Damit ist die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats erledigt.

râsideat von Kröcher: Dem mir gestern gewordenen Auftrage iat bin ih beute nah Friedrihsrub gefahren und habe der Bei- sezung des Fürsten Bismarck und seiner verewigten Gemahlin bei- gewohnt. Ich kann sagen, Wu ih noch nie in meinem Leben eine dur ihre Shlichtbeit îo erhebende Bestattungsfeier erlebt habe. Ih habe dann Gelegenheit gehabt, am Schlusse der Feier die Kränze mit den JInitialen des Hauses der Abgeordneten auf die Särge der beiden Verewigten niederzulegen. Beide Söhne des verstorbenen Fürsten haben mir wiederholt den Dank für die Theilnahme des Hauses der Abgeordneten aus- gesprochen und auh gesagt, daß fie die Ehrung voll zu würdigen wüßten, welche dem verstorbenen Fürsten, ihrem Vater, vom Hause der Abgeordneten durch meine Theilnahme an der Bestattungsfeier zu theil geworden fei, und daß sie aufrichtig nochmals, wie ih {on gestern sagte, bedauerten, daß die örtlichen Umstände nit erlaubten, eine größere Deputation des Hauses in Friedrihsruh zu seben.

Schluß 101), Uhr. Nächste Sißung Freitag 11 Uhr. (Dritte Lesung des Etats.)

Parlamentarische Nachrichten.

Der dem Hause der Abgeordneten nebst Begründung und Anlagen zugegangene GeseßentwurT, betreffend den Bau eínes Schiffahrtskanals vom Rhein bis zur Elbe, lautet, wie

folgt : L

D Z ; Die Staatsregierung wird ermächtigt, zur Ausführung eines den Rbein, die Weser und die Elbe verbindenden Siffahrtsfkanals, bestehend aus i 1) einem Schiffahrtskanal vom Rhein in der Gegend von Laar bis zum Dortmund—Ems-Kanal in der Gegend von Herne (Dortmund Rhein-Kanal), s 2) verschiedenen Ergänzungsbauten am Dortmund—Ems- Kanal in der Strecke von Dortmund bis Bevergern, i 3) einem Schiffahrtskanal vom Dortmund—Ems-Kanal in der Gegend von Bevergern bis zur Elbe in der Gegend von F unterhalb Magdeburg (Mittelland-Kanal) mit weigkanälen na Ognabrück, Minden, Linden, Wülfel, Hildesheim, ehrte, Peine und Maadeburg einschließlih der Kanalisierung der Weser von Minden bis Hameln nahstehende Beträge und zwar: i zu 1: fünf und vierzig Millionen zweihundert aht und neunzig Tausend (45 298 000) Mark, zu 2: vier Millionen sieben und sehzig Tausend (4 067 000) Mark, zu 3: zweihundert und elf Millionen vierhundert neunzehn Tausend siebenhundert A 419 700) Mark, i ¡usammen also zweihundert und sechzig Millionen siebenhundert vier und achtzig Tausend siebenhundert (280 784 700) Mark nah Maß- gabe der von dem Refsort-Minister festzustellenden Pläne zu ver- wenden. Die bei einer der vorstehenden Bauausführungen ersparten Bes träge können für die andere verwendet werden.

S3:

Mit der Ausführung der inm § 1 bezeichneten Bauten ist nur dann vorzugehen, wenn vor dem 1. Juli 1900 die betheiligten Provinzen oder andere dffentilihe Verbände der Staatsregierung gegenüber “in rechtsverbindliher Form nachstehende Verpflihtungen übernommen baben, und zwar: -

1) binsihtlich des im § 1 unter 1_ aufgeführten Dortmund—Rhein-Kanals den durch die Schiffahrtsabgaben und sonstige Einnahmen des Dortmund—Rhein-Kanals etwa nicht gedeckten Fehlbetrag der von dem Ressort-Minister festgesepten Betrieb8s- und Unterhaltungskosten dieses Kanals bis zur Höhe von fünfbundert und neun Tausend zweihundert (509 200) Mark für das Rechnung8jabr dem Staat zu erstatten, ferner :

einen Baukoftenantheil von fünfzehn Millionen neun und neunzig Tausend dreihundert dreißig (15 099 330) Mark aus eigenen Mitteln in jedem Rechnungsjahre mit drei Prozent zu verzinsen und mit einem halben Prozent sowie den ersparten Zinsbeträgen zu tilgen, soweit die Einnahmen dieses Kanals nah Abzug der aufgewendeten Betriebs- und Unterbaltungskosten zur Verzinsung und Abschreibung des für den Dortmund—Rbein-Kanal verausgabten Baukapitals mit zusammen drei und einhalb vom Hundert nicht ausreichen; E

2) binsihtlih des im §1 unter 3 aufgeführten M iittellandkanals mit den genannten Zweigkanälen und der Weserkanalisierung von Minden bis Hameln den dur die Schifffahrtsabgabea und fonstige Einnahmen dieser Wasser- straßen etwa niht aedeckten Fehlbetrag der dur den Ressort-Minister festgestellten Betriebs- und Unterhaltungskosten derselben bis zur Höhe von einer Million sechsbundert drei und zwanzig Tausend dreihundert (1 623 300) Mark für das Rechnungsjahr dem Staate zu erstatten, erner Pari e2. 4 5 ‘einen Baukostenantheil von aht und siebenzig Millionen neun und vierzig Tausend neunhundert und achtzig (78 049 980) Mark aus eigenen Mitteln in jedem Rechnungsjahre mit drei Prozent zu ver- zinsen und mit einem halben Prozent sowie den ersparten Zinsbeträgen zu tilgen, soweit die Einnahmen aus diesen Wasserstraßen nah Abzug der aufgewendeten Betriebs- und Unterhaltungskosten zur Verzinsung und Abschreibung des gesammten, für den Mikttellandkanal mit Zweigkanälen und der Weserkanalisierung von Minden bis Hameln berausgabten Baukapitals mit zusammen drei und einhalb vom Hundert nicht auêreihen. Ï «4 - 3

Der Ressort-Minister kann im Einverständniß mit dem Finanz- Minister den Beginn der Verpflichtung der betheiligten Verbände, ibren Baukostenantbeil mit # %/o zu tilgen, bis zum Begian des sechzchnten Jahres nah dem vom Refsjort-Minister festgestellten Zeit- punkt der Betriebseröffnung des Dortmund—Rhein-Kanals sowie des Mittellandkanals hinausschieben.

Uebersteigen die Einnahmen einer der im § 1 untér 1 und 3 be- zzihneten Unternehmungen in einem Rechnungsjahre die aufgewendeten Betriebs- und Unterhaltungskosten und die zur Verzinfung und Abschreibung des verausgabten Baukapitals zu 34% erforder- lichen Beträge, so ist der Ueberschuß zunächst zur weiteren Abschreibung des Baukapitals und nah _ vollendeter Abs schreibung zur Zurückzahlung der vom Staate und den betheiligten Verbänden in früheren Jahren geleisteten Zubußen nah dem Verhältniß dieser, darnach zur Erstattung der vom Staate ver-

au8gabten Bauzinsen und \{ließlich zur Erstattung der von den