1899 / 70 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Mar 1899 18:00:01 GMT) scan diff

E E L E T

z P S E E L L E E L E T E E E, E E

Abg. Dr. Lieber (Zentr.) weift darauf kin, daß die Gebrüder Denhardt dur die Verzögerung, welche ihre Gntshädigurgsansprüche erfahren bâtten, geradezu in finanzielle Verlegenheiten cekommen seien.

Redner bittet um Annahme des Antrags im Interesse des gukéèn

Namens urd der -Ehre des Deutschen Reichs.

Buchka: MeineHerren! Ih möchte dem Herrn Vorredner zuerst er- widern, daß die Rüksiht auf die Ehre und den guten Namen des Deutschen Reih:-s für mich genau dieselbe Rolle spielt wie für ihn.

Was nun die Gebrüder Denhardt betrifft, so bedaure ih es ganz _ aufßerordentlich, daß. wie der Herr Vorredner hervorgehoben baf, die *

finanziellen Verlegenheiten, in welchen diese Herren {ib befinden, in der nächsten Zeit einen so bedroblihen Charakter annehmen twerden, daß ihnen, wenn ibnen nicht rashe Hilfe zu theil wird, eine weitere Schädigung im Betrage, wie der Herr Vorredner gesagt hat, von 430000 bevorsteht. Demgegenüber muß ich jedo betonen, daß ich bereits in der zweiten Lesung des Etats auszuführen mir erlaubt habe, daß meiner Auffassung nah, wenn auh niht Reh!sgründe, so doch erheb- lie Billigkeirsrücksichten dafür sprechen, daß den Gebrüdern Denhardt eine angemefsene Entshädigung zu theil werde, daß ich ferner meinerseits alles ge!han kabe, was mögli war, um dies Resultat herbeizuführen, daß ib aber außer Stande bin, dieses Resultat in allerkürzefter Zeit, von heute auf morgen zu erreichen. Meine Herren, es ist ja ganz rihtig: der frühere Reichskanzler Graf von Cazprivi bat in der Sißung vom d. Februar 1891 dem Reichstage mitgetheilt: „daß am 2. Mai 1890 Seine Majestät der Kaiser bestimmt babe, daf in den Verhandlungen mit England auf Anerkennung der deutshen Ansprüche auf die firittigen Interessen- \svbären, zunädft auf die nördliche, dann die südliche hingewirkt werde, und daß im Nothfalle das Preiêsgeben von Wituland bis Kiémaju, vorbehältlih der Befriedigung etwaiger berechtigter Anfprüche der dort interessierten Deutsckea, als Kompensaiion zuläisiz sei.“ Meine Herren, diese Allerhöchste Willensmeinung if für mich eben- falls maßgebend und würde son allein für mi vollständig auéreihend sein, um auch meinerseits die Entschädigurg der Gebrüder Denhardt ¡u betreiben. Nun, meine Herren, muß ih aber doch darauf hinweisen, daß ein im piivatrehtlihen Weae gegen das Reich wverfolgbarer Anspruch der Gebrüder Denhardt seitens der Réchëregierung nicht anerkannt werden kann, und die Rückicht hierauf muß doch auch die Höbe der den Gebrüdern Denhardt zu gewährenden Entschädigung beeinflussen. Ich möcte daber ditjznigen Herren bitten welche sih für die Gebrüder Denbardt interessieren, bei diesen darauf hinzuwirken, daß sie ibre Ansprüte nicht gar zz bhoch spannen, denn Sie wissen, ein allzu ftraff ge- spannter Bogen reißt unter Umständen. Im übricen kann ih ihnen nur wiederbolt versichern, daß meinerseits alles gesehen wird, was geshebhen fann, um die Gebrüder Denhardt zufriedenzustellen. Ih werde neben der Aktion mit Efsgland eine weitere Aktion innerbalb des Schoßes der deutshen Reichzregierung betreiben, und hoffe, daß dieselbe von Erfolg \eci# wird. Ich würde es persönlih alé eine große Genugtbuung für mich betraten, wenn zu gelingen sollte, diefe unerquidlihe Sache ai.s der Welt zu afen. ;

Abg. Graf von Oriola (nl): Auf dem Gebiete des Privatrechts liegt die Frage nicht; für mich best:-bt eine moralifche Verpflichtung des Deutschen Reichs. Ein kaufmärnishes Risiko muß jeder Unternehmer tragen. Aber es handelt sib bier niht darum, daß die Gebrüder Denhardt sich über die Ertragsfähigkeit des Landes getäuscht bätten. Sie haben niht erwarten können, daß ein feierlih proffamiertes Protektorat aufgegeben werden würde, um Helgoland einzutaushen. Die Zeche dafür haben die deutshen Kaufleute in Wu be¡ablen müssen. Eigentlich wäre es an England, in anftändiger? Weise die deutschen Ansiedler zu entshädigen. Aber das Reih fann mit dezr Entschä- digung niht warten, bis die Verbandlungen mit England zu Ende geführt sein werden. Mindestens müßte man den Leuten Vorschüsse auf die Entschädigung für ihre Verluste gewähre.

Direktor der Kolonial-Abtheilung im Auswärtigen Amt Dr. von Buchka: Meine Herren! Ob mein Einfluß that}ählich so niedrig einzushäßen is, wie der H2rr Vorredner meinte, indem er sagte, die von mir erklärte Bereitwilligkeit, den Gebrüdern ¡Denhardt zu helfen, Eônne nur als ein {water Troft aufgefaßt werden, muß ih der weiteren Entwidckelung der Dinge überlassen. Nach meiner Ansicht ift es für die Gebrüder Denbardt immer noch vortheilbafter, sie ber kommen, wenn aub nah 8, 9 Jahren, etwas, als fie belommen gar- nichts. (Hciterkeit.) Ja, das ift doch richtig, das ift doch unbe- streitbar. (Große Heiterkeit. Rufe: ja! ja!) Also! Jm übrigen schienen mir die Ausführungen des Herrn Abg. Grafen Oriola mehr oder weniger ein Kampf gegen Wirdmühlen ju sein. Von den beiten möglihen Standpunkten in Bezug auf das Bestehen einer moralischen Verpflichtung des Reiches, den Gebrüdern Denhartt zu bezlfen, habezich, wie au der Herr Vorredner anerkannt bat, meinerseits den zweiten, den Gebrüdern Denbardt günstigeren, eingenommen. Aber der andere Standpunkt war doch auch mögli®, hat do auch eine gewisse Be- rechtigung, ‘und er bat denn au vor zwei Iabren, als diese Angelegen- beit in der Petitionskommission behantélt wurde, seine Vertreter gefunden. Dabei ist es, wie ih weiter bervorteten muß, dem Ginfluß meines Herrn Amtsvorgängers zu danken gewescn, daß diz Petitionékommission damals beschlofß, niht über die Petition zur Tageéordnung überzugeben, sondern fie dem Herrn Reichskanzler zur Erwägung zu überweisen. Wenn hervorgehoben worden ift, daß dîe Gebr. Denkardt 8 Jahre lang gewartet hätten, ohne eiw23 befommen zu haben, so möchte ich dem gegenüber geltend machen, daß in diesem Zeitraume doch auch etwas geschehen ist. Die deutshe Regierung bat durch Ver- handlungen mit der englischen Reaierung erwirkt, daß diese fich bereit erklärt hat, einen Theil der Forderungen der Gebr. Denkardt einem Schi: dsgeriht zu überweisen, welches aus kinem deutschen und einem englisPen Mitgliede, und als Obmann dent italienishen Konful in Sansibar bestehen sollte. Im übrigen hat ¡fh England bereit erklärt, bezüglich der weiteren Forderungen der* Gebrüder Denbardt vor dem zuftäadigen englishen Gericht Recht zu nehmen. Man könnte nun den Standpunkt einnehmen, daß die Rechtsshußvfliht des Deutschen N-ichs, welche allen deutshen Reihsangehörigen g?genüber, tisorge dessen auch gegenüber den Gebr. Denhardt bestebt, damit vollständig erfüllt sei, daß das Deutsche Reih dieses Abkommen mit England getroffen habe und man sch ‘dater um Gebr. Denhardt nicht zu bekümmern brauche, na4idzm sie auf das: Schiedêgericht nicht eingegangen feien und si weigerten, mit der englishèn Regierung vor den englishen Gerichten ¡u verhandeln. Angesichts di-ser Thatsache ift es daber meiner Ansicht nah ein recht weitgehendes Entgegènkommen, wenn ih

“trogalledem meine Bereitwilligk. it erklärt habe, únd mit dieser vollen

Einst machen will, soweit mein Einfluß reiht, den Gebrüdern Denhardt eine Gntshädigung zu verschaffen, sei es von England, sei es vom Deutschen Reih. Ich kann immer nur wiederholen, daß diese Bereit- willigkeit, die ih ausgesprochen habe, feine leeren Worte sind, fondern, daß ich der Bereitwilligkeit die That folgen lassen werde; und ih hoffe, daß ih die Sache zu einem gürstigen Auëtrag werde bringen können, sofern nur die Gebrüder Denbardt nicht unerfüllbare Be- dingungen stellen. :

_ Abg. Werner (Reformpy.): Die Gebrüdér Denhardt haben einen RechtsanspruW an das Reih, und man “sollte sie uiht mit woblfeilen Redensazten abspeisen. Mit England haben sie garnichts zu thun, sozdern lediglich mit dem Deutschen Reih. Die P iertas ablehniende Haltung war unwürdig des Deutschen Reichs. England hat urs bei dem Vertrag übervortbeilt.

Präsident Graf von Ballestrem: Der Ausdruck „wohlfeile Rederi8artèn“ war unpassend und ist deshalb zu rügen.

Direktor der Kolonial - Abiheilu1g im Auswärtigen Amt Dr. von Buchk a: Die Ausführungen des Herra Abg. Werner geben mir Veranlassung, noch einmal das Wort zu ergreifen. Ich glaube nicht, daß die retrofpektiven Betcachtungen des Herrn Aba. Werner jeyt ncch irgend welchen prafktishen Werth baben. Der mit England am 1. Juni 1890 abgeschlossene Vertrag gehört der Geschihte an und diese wird allein darüber zu rihten baben, ob und inwieweit | dieser Vortraa vortheilhaft für das Deutsche Reich gewesen ist oder nicht. Wir baben jeßt auf dem Boden diefes Vertrages praktische Politik zu treiben,

Direktor der Kolonial, Abtbeilung im Auswärtigen Amt Dr. von

CIDAR zi Z - S V

und darauf kommt es allein nah meiner Auffassung an. Nan ist der Herr Abg. Fer noch einmal auf diz .rehtlihe Frage gekommen und ¿da muß ich noh einige Worte sazen, um-den rechtlichen Stand- punkt klar zu legen. Die Gebrüder Denhardt haben zunächst gewisse

oheitörehte, welde sie -von dem Sultan -von Sansibar erworben

aben, durch den genanntun Vertrag verloren. Denn es heißt ‘in

rt. 7 diéses Vertrages: „daß Einverftändniß darüber besteht, daß Gesellshaften oder Privatpersonen, welche der einen Macht angekbören, die Auéübuna vcn Souveränitätsrehten inrerbalb der Interessznspbäre der anderen Macht aufer mit Zustimmung der anderen nicht zu gestatten

ift“. Ein re(tlih verfolgbarer Anspruch auf Gnts{ädigung nach dieser

Richtung hin kann nun den Gebrüdern Denhardt meiner Auffassung nah gegen das Reich niht zugestanden werden, es muß vielmehr nah meiner Ansicht als ein Ret des Reichs in Anspruch genommen werden, wie mein Herr Amtsvorgänaer dies ja bereits bei einer früheren Gelegenheit auëgeführt hat, Hoheitsrehte, welche Reichzangehörige im Auslaxde erwerben, nur in soweit international zu vertreten, als dies aus politishen Gründen angezeigt erscheint. Im übrigen zerfallen die Arfprüh2, welhe die Gebrüder Denbardt erhoben baben, in vier Massen: „Die erste Masse bezieht sich auf Baargeld, Darlehn und Lieferungen und zwar: ablungen der Gebrüder Denbardt an die Zollveræaltung, Gehälter und Auslagen für Lebensunterhbalt von Angestellten der Gebrüder Denhardt und rüdckftändizes Gebalt für Guftav Denhardt im Gesammtbetrage von 121691 Æ“, alfo N Ot LETRUA egen den Saltan von Witu. Sodann kommen in Betracht: „2) Forderung?n auf rückständige Ge- bâlter der Gebrüder Denhardt auf Grund von Verträgen, dur -welche sie vom Sultan Achmed zu Ministern bis 1902 ernannt worden waren, im Betrage von 227 633 #4, 3) Arsprüche auf Schadenerfaßzzahlungen für Schäden, Verluste und Ausgaben, welche aus der Erhebung der Eingeborenen im Sevtember 1890 sowie aus den hierauf bezüglichen Maßnahmen der großbritannishen Regierung entftanden find,“ hier- unter befinden ih „Fordecungen für die Vernichtung ihrer landwirth- schaftlichen Anlagen und entgangenen Handelsgewinn im Gesammtbetrage von 558 785 4" und endli „4) Schadenersatz für die von Unterthanen des Sultans von Sansibar verursachte Vernibtung der Niederlassungen auf der Insel Manda und Kiwaihu im Betrage von 33 168 4“ Nun sagt der Artikel 9 des Abkommens vom 1. Juni 1890: „Han- dels- und Bergwerkskonzessionen, sowie Rechte an Grund und Boden, welche Gesellshaften oder Privatpersonen der einen Macht innerhalb der Jnter- fsensphäre der anderen Macht erworben baben, sollen von der leßteren anerfannt werden, sofern diz Gültigkeit derselven genügend dargethan ift.“ Auf Grund dieses Paragrapben würde es möglich sein, bezüglih der unter 3 und 4 von mir aufgeführten Ansvrüche für die Gedörüder Denhardt einen rechtlich verfolgbaren An- spruch gegen Gngland zu begründen; ob auch für die unter 2 und 3 bezeihneten Ansprüche mag zweifelhaft sein, jedenfalls aber glaube ic niht, daß man mit Recht wird be- baupten fönnen, daß irgend einer diefer Ansprüche der Gebrüder Denkardt zugleih einen rechtlih verfolgbaren Anspruch gegen das Deutsdbe Reich giebt. Der Anspruch gegen das Deutsche Reich be- schränkt sich meiner Austa}lung nah lediglich auf den allzemeinen publizistisben Anspruh auf Rehteschuß, den jeder Deutsche gegen das Deutsche Reich hat und der au den Gebrüdern Denhardt nicht ver- sagt werden foll. Jh wiederhole nun, daß der Standpunkt vertreten werden kann, daß diesem Rechtsshußanspruh dadurch Genüge geleistet worden ift, daß den Gebrüdern Denbardt ein Schiedëgeriht ausgewirkt worden ift und die englishe Regierung si bereit erfiärt hat, vor den englishen Gerichten ibnen gegenüber Recht zu nehmen und ih wiederhole fernec, daß diesem Thatbeftand gegenüber es meiner Auffassurg uach ein weitgehendes Entgegenkommen ift, wenn troßdem jeßt der Versuch gemacht. werden soll, den Gebrüdern Denbardt eine direkte Ent- schädigung auszuwirken. Ih babe mi aber einmal auf diesen Standpunkt gest Ut, und ich werde ihn loyal dur&fübren. E

_ Der Anirag der Abgg. von Kardorff und Genossen wird einstimmig angenommen. i

Bei dem Etat des Schußgebiets von Neu-Guinea erklärt der

Direktor der Kolon?al-Abibeilung im Autwärtigen Amt Dr. von Buchka: Ich habe dem boben Hause mitzutheilen, daß nach einer mir zugegangenen Erklärung der Direktion der Neu-Guinea-Kompagnie die Direktion die Abänderungen des Artikels 7 des Vertrages, betreffend Uebergang der Landeébohbeit über das Schutzgebiet auf das Reich, vom 7. Oktober vorigen Jahres, wie dieselben in ¡weiter Lesung vom Reichstag beschlossen wurden, angenommen hat. Die Abänderungen bestanden darin, daß die 50 000 ha Lantes, welche nah dem Artikel 7 die Neu-Guinea- Kompagnie berechtigt sein soll, sich in dem Schußgebiet auszusuchen, statt in 10 Jakren innerbalb 3 Jahren auëgesuht werden sollen, und, daß ferner das Ret des Auésuchens für die Neuguinea-Kompagnie sih auf Kaiser-Wilbelwêlard beschränken soll. Die Bedingungen, unter welhen das bobe Haus dem Vertrage seine Zustimmung er- theilt bat, find also von der Direktion der Neuguinea-Kompagnie an- genommen. i

Bei dem Etat des Reih3amts des Jnnern weist

_Abg. Dr. Hermes (fr. Volksp) auf die Verunreinigung der Flußläufe dur die Abwäßfser von Fabriken 2. bin und hebt die Thätigkeit des Deutschen Fisehereivereins hervor; er bittet, dem Verein größere Mittel zur Verfügung zu stellen.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner: .

Meine Herren! Der deutshe Seefischerei-Verein hat, ih kann wohl sagen, für die Hebung der Seefischerei ganz Grbebliches geleistet, und ih würde mich freuen, wenn es dem deutshen Binnenfischerei- verein gelänge, ährlihe Erfolge ju erzi-len. Wir besißen in unseren deutschen Strömen, namentli aber auh in unseren deutshen Ste- becken eine vorzüglide Gelegenheit, unseren Fischreihthum ncch wesent- lih zu vermehren. Leider fehlt es neh in vielen Gegenden an der nöthigen Grkenntuiß, welche Vorbedingungen lokal nothwendig find, um gewisse Fis§arten zu züchten uxzd eine geeignele Vermehrung der- selten herbeizuführen. Gs wird ih deskalb bei der weiteren Ent- widckelung des Binnenfishereivereins einerseits darum handeln, ncch in größerem Maße wie bisher die wissenshaftlihen Voraussetzungen für das Leben und die Vermehrung unserer Fische zu ergründen. (Sehr rihtig!) Ich boffe, daß die Fah- und Jateressentenkreise dabei unter- ffüßt werden von den Arbeiten der neueingerichteten tiologishen Ab- tbeilung beim Gesundbeitsamt. Andererseits werden aber au reih- lihere Mittel vorhanden sein müfsen zur Anlegung oder Unterstüzung von Brutanftalten und kostenfreier oder de billiger Vecth:ilung von Bruten. Ich hatte bereits beabsichtigt, bei dem Etat von 1899 für die Erhöhung der Unterstüßung der Binnenfischerei einen größeren Be- trag einstellen zu lassen. Aus rein formellen Gründen, die ih keine Veranlaffung habe, hier zu erörtern, if diese Echêöhung unterblieden. Ich glaube aber, daß die Anflände, die ih damals hatte, j-gt beseitigt sind, und ih beabsi@tige, im Etat von 1900 einen wesentli erhöhten Betrag einzustellen. (Bravo! links.)

Abg Beck - Heidelberg (nl.) geht ausführlih auf die neue Ver- ordnung wegen der Roßbaarspinnereien ein und erklärt, daß er für die amerifanisden Haare den Deéinfektionszwang nicht als noth- wendig anerkennen fônne. Redner b.ttet, die Verordnung shonend durchzuführen.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner :

Meine Herren! Entsprechend dem Wunsche des Herrn Präfidenten, will ih mich, nahdem ih mich wiederbolt über diese Frage geäußert habe, namenilich auch bei der zweiten Lesung des Etats, so kurz als

- tnôöglih faffen. Darin, daß andere Länder den Desinfektionszwang für

Roßhaare und Schweineborsten noch niht durhgeführt haben, kann für uns kein Grund liegen, zum Schaden der Arbeiter eine solche bygienische Maßregel zu unterlassen. Wir in Deutschland find, Gott

4 fei Dank, auf viélen Gebieten anderen Kukturländern vorangegangen

und ‘hoffèn, dies auch in Zukunft zu thun. Wir hähen diese Ver-

ordnung erlassen nach reiflihen und umfassenden Betatbhungen mit

Arbeitnehmern, mit Arbeitgebern und mit Sachverständigen, und nah

eingebenden Untersuchungen im Kaiferlihen Gesundheitsamt, und es

war die Ansicht, daß das, was wir vorge[chttébtf bäben, zurähft das

Mindefte war, was wir fordern mußten. Sollte die Erfahrung be-

weisen, daß die Verordnung, ohne den Zwedck illuforisch zu machen,

abgeändert oder ermäßißt werden kann, dann werden wir es thun.

Vorläufig müfjen wir daran festhalten und selbs erst die nöthigen

Erfahrungen erwerben. Es ist eine alte Erfahrung, daß, wenn folhe

Schußzmaßregeln eingeführt werden, die betheiligten Jadustrien sagèn:

das ift ganz unmögli, die ganze Jndustrie wird ruiniert. Die In-

dustrien haben aber auch die Verpflichtung, im Interesse ibrer Arbeit- nebmer Diligenz anzuwenden und erft zu versuchen, ob es gebt, wie es angeordnet ist. Eine weitere Prüfung der Frage bleibt vorbehalten.

Bei den Ausgaben für das Statistishe Amt liegt Mlgenter Antrag des Abg. Grafen von Bernstor ff-Uelzen

. k. F.) vor:

( „Aan G i Regierungen das Erfuchen zu rihten, bebufs Ausdehnung der forstlihen Statistik und Durführung des unterm 9. Auauft 1874 aufgestellten Programms für dieselbe eine geeignete forstlihze Kraft in das Statistische Amt einzustellen.“

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Bei Aufftellung eines neuen Handekévertrages ird die Position „Holz und Fabrikate aus Holz" eine umfassende Erörterung erfahren. Es liegt deshalb {on im Interefse der ver- bündeten Regierungen, unsere Kenntnisse über die Holzerzeugung und Holzverwerthung zu vertiefen. Die Anregung, die im Jahre 1870 gegeben war, unsere Forftstatijtik zu verbessern, führte leider zu keinem Erfolge, weil auf Wunsch der Sachverständigen so umfassende Fragen gestellt waren, daß dieselben statistish niht beantwortet werden konnten; der Apparat wäre viel zu groß geworden. Aber seit 1883 werden bei der Ankbaustatistik bereits festgeftellt die FläGe, die mit Holz beftellt ist, die Holzart und die Besizverhältnifse; aber ih gestehe zu, diese statiftishe Erhebung genügt dem praktishen Bedürfniß niht. Es ift deshalb bereits längft vor der Anregung, die jeßt im preußischen Landes-Oekonomiekollegium gegeben ist, vom wirthschaftlichen Auss{uß in Ausßcht genommen, eine Statistik aufzustellen einerfeits über die Holzetzeugung, andererseits über die Holzverarbeitung und Holz: verwerthung. Die leßtere Statistik ift bereits in Arbeit. Jch glaube deshalb, daß die in Auësiht genommene Statistik Resultate liefern

wird, die dem wirtbschaftliGen Bedürfniß namenilih für die Nor-

mierung des Zolltarifs in Bezug auf Holz und Holzverarbéitung voll- kommen genügen werden. Ob es nothwendig sein wird, zur Ver- arbeitung diefer Resultate im Statiftishen Amt einen befonderen Beannten anzustellen, das ersheint mir noch zweifelhaft. Diese Frage bedarf noch der weiteren Grwägung.

Abg. Graf von Kaniß (d. konf) empfieblt für die hon jeßt in Vorbereitung befindliche Volkszählung von 1900 eine neve Zählun der Abwanderung. Bei der Zäbßlung von 1890 babe s ergeben, daß Schlesien 332 000, Ostpreußen 271 000, Pofen 185000, Sachsen 181i 000 Perionen abgegeben hätten, Berlin babe 761000, Hamburg 246 000 Personen von dort gewonnen. Diese Zählung der Ab- wanderung sei wünshenêwerth, ja geradezu unentbehrlih. Im Jahre 1895 sei die Zählung leider unterblieben.

Staatssekretär des Fnnern, Staatis-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Jch erkenne selbstverständlih bei der beutigen Bewegung unserer Bevölkerung an, daß es wichtig ift zu wissen: aus welchen Staaten Deutschlands, aus welchen einzelnen Provinzen voll- zieht ih die Abwanderung, und wohin findet die Einwanderung ftatt. Ih kann dem Herrn Grafen Kaniß zugeben, daß diese Frage für die Alterägruppierung bei der Invalidenversicherung von besonderer Wichtigkeit ift. Es ift aber cine bisherige statiftishe Uebung gewefen, daß die Frage nach dem GeburtSort nur alle 10 Jahre geftellt wird, und zwar in den Jahren, die sh auf Null endigen. 1895 ift diese Frage nit geftellt worden, weil man damals die Volkszählung nicht ¡u sehr belastzn wollte, da cuch eine Beruf#- und- Gewerbezählung in demselben Jahre stältfand. Im Herbst dieses Jahres wird eine Ver- sammlung von hervorragenden Statistikern stattfinden, die das Pro- gramm für die nähstz Volkêzählung zu berathen haben werden, und dann wird unzweifelhaft dem Weksch2 des Herrn von Kaniß Rech- nung getragen werden. (Bravo! rets.)

Auf eine Anregung des Abg. Werner erklärt der

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky - Wehner:

Herr Werner mag mir geftatien, zu bemerken, daß ih auf dem Grundsaß stehe, die Beamten sind für die ZwedLe der Be- hörde da und niht die Behörde für die Beamten. Wir haben uns überzzugt, daß das Waarenvzrzeihniß und die jollstztiftischen Arbeiten in so engem Zusammenhang fieben, daß wic tehnise Beamten, die das Zollwesen genau kenner, im Statistishen Amt niht länger entbehren Tonaten. Diese Erwägung hat uns verankafßt, eine Anzahl solber Beamten in das Amt zu berufen. Diefe Maf- regel ju unterla#zn, bloß aus Avancementêgründen anderer Beamten, die glauben, die gleiche Fähigkeit ¡u befigen, sie aber nit baben, das muß ih entschieden ablehnen.

Ih möchte überhaupt dem Herrn Abg. Werner, der nun fo oft schon die Klagen der Bureaubeamten des Statistishen Amts vor- gebracht hat, erwidern, daß dem hohen Hause unzweifelhaft das Recht ¡ustebt, Stellen zu bewilligen oder zu ftreihen. Wie wir aber die Stellen befegen, if Sache der Erekutive, d. h. der Regierung, und deshalb lasse ih mi jeßt an diesem Ort auf diese Details au nit weiter ein. (Bravo! rechts.)

Abg. von Salisch (d. konf) spciht sich für den Antrag des Grafen Bernstorff aus.

Abg. Werner erklärt ih dur die Antroort, welhe der Staatéë- sekretär ibm ertheilt babe, für nicht befriedigt.

Staatésekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky - Wehner:

Ih bin bereit, dem Herrn Abg. Werner, wie jedes Jahr, auf alle die Fragen, die er anger?gt hat, selbsiverftändlih in- eingehzndster Weife zu antworten. Ih glaube aber, tas hohe Haus würde fehr unwillig sein, wenn ih auf diese Details in der britten Lesung noŸ eingehen würde. (Sehr rihtig)) Ich glaube, dazu is ter Ork die Budgetkommisfion, und wenn ter Herr Arg. Werner tie Súte haben

will, in der Budgeikommission diese Fragen an mich zu richten, werde ih fie im nächsten Jahr eingehend erörtern. Darüber aber, ob ein Beamter befähigt ift, eine Aufgabe zu leisten oder nicht, entscheidet ledigli die Exekutive und kein Mitglied des boben Hauses.

Bèi dem - Kapitel „Kaiserlihes Gesundheitsamt“

fommit ;

Abg. Oertel- Nürnberg (Soz.) auf die Verordnung bezüglih der NRoßhaarfpinnereien zuk ünd emvfiehlt die gründlihe Des: infeftion tes inländishen und auéländi ch-n Materials. Die Ver- ordnung berückschtige zu sehr das Interesse der Unternehmer und jet nit ausreih nd L i

Abg. Beckh- Coburg (fr. Volksp.) erklärt sh mit der erlaffenen Verordnung einverstanden, wünscht aber einize Aenderungen, welche seitens der Unternehmer angeregt feien.

Staatssekretär des Janern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Die Gesichtspunkte, die hier von dem Herrn Vorredner erörtert wurden, sind uns ni&t neu und waren auch {on Gegenftand der Erörterung bei den Berathungen, welche der Bundes- ratbsverordzung vorausgegangen find. Gegen die Vorschläge aber, die bier gema@t sind, liegen au erhebliche tehnische Bedenkzn vor. Die Verordnung des Bundesraths tritt ers am 1. Juli des laufenden Jahres in Kraft, und ih möchte dringend bitten, e: abzuwarten, wie fich diese Verordnung in der Praxis bewähren wird. Wir haben hiermit nur den erften, versuHsweisen Schritt gethan. Stellen fich bei der Ausführung Mißstände heraus, fo sind wir bereit, in eine weitere Abänderung oder Ausgestaltung der Verordnung einzutreten, entsprehend den Wünschen der Herren Vorredner.

Abg. Dr. Hitze (Zentr.) {ießt ih diesen Ausführungen an.

Bei dem Etat der Verwaltung des Reichsheeres kommt

Abg. Bebel (Soz) auf dea Fall des Reservisten Kriese zurück, der vor dem Gericht gesagt habe, er sci in Zivil Sozialdemokrat ; es sei nuamebr festgestellt, daß er dië Antwort nach erfolgter Ver- eidigung gegeben kabe. Der Mann sei also zu Unre@t bestraft worden, und es wäre Sache der Militärverwaltung, ihn für den erlittenen Schaden zu entihädigen. Bezüglich der Spielaffaire des „Klubs der Harmlosen“ bätten der Kriegs-Minister und einige Herren von der Rechten erklärt, daß dakei aktive Offi.iere nicht betheiligt gewesen seien. Es werde aber behauptet, und zwar rom „Berliner Tageblatt", daß weit über 100 Offiziere im „Klub der YHarmlosen" aus- und eingegangen seien; es seien auch Parlamentarier, sogar Mitglieder des Herrenhauses und andere hoadelige Personen dabei betheiligt gewesen. Obne besondere Genebmigung ihres Kommandeurs sollten Offiziere übertaupt keinem Klub beitreten. Diese Genebmigung sei wobl auÿ nicht ertheilt word?n; aber die Offiziere sollen Jahreékarten gehabt haben.

Kriegs-Minister, Generalleutnant von Goßler:

Es wäre mir sehr wünshenëwerth, wenn der Abg. Bebel die Güte bätte, mir die Unterlagen deffen mitzutheilen, was er bier vor- getragen hat. Er beruft fich in der Regel auf Zeitung®artikel oder auf Mittheilungen, die ihm zugegangen sind; diese sind für mi natürli anonvm. Will er daher seine Behauptungen aufrecht: erhalten, so muß ih Werth darauf legen, in den Besitz des Materials zu gelangen, welches der Herr Abgeordnete seinen Anschuldigungen zu Grunde legt. Nur fo bin ih in der Lage, Seine Majestät zu bitten, eine Untersuhung einzuleiten. Ih bin durhaus bereit und fogar verpflichtet, eine Allerhöchste Entschließung in diefer Hinsicht zu ver- mitteln, wenn mir die erforderlichen Unterlagen zugänglih gemacht werten. Den Tutfklub kenne ih nicht. Woher der Herr Abg. Bebel diese Nathrichten hat, weiß ih niht; doch wäre es mir interefsant, es zu erfabren. Ob die Angaben, die er hierüber soeben gemacht hat, ri&tig find, bezweifle ich. Namentlich die Angabe, daß Mitglieder des Hofes Seiner Majeftät dort fortdauernd hoh spielen, halte ih für unmögli, und muß ich derartige Anshuldigungen vorläufig als ganz unbeftätigt zurückweisen. In Betreff der anderen, bereits früher erwähnten Berliner Spîielgeshi@ten ütt er sich auf das „Tageblatt“, Das fiùd ZéitungsnachriŸten, die ih au lese; aber da fie niemand vertritt, ift es auch niht möglih, die Wabrbeit derartiger Veröffent- lihungen zu prüfen.

Was dann den Fall des Reservisten Kriese betrifft, auf den der Herr Abg. Bekel zurückgekommen ist, so habe ih denselben seiner Zeit nach dem mir zur Verfügung stehenden Material vorgetragen. Ich kann rur wiederbtolt bestätigen, daß die ganze Angelegenheit durch die Publikation eines sozialdemokratishen Blattes veranlaßt worden ift, und daß diefelbe nur hierdurch zur Kenntniß der Militärbehörde ge- fommen ift. Das General-Kemmarndo hat die Sache demnä; auf- geflärt und au den an der betreffenden Sitzung betheiligt gewesenen Armtsanwalt, einen Bürgermeister, um Auskunft gebeten. Dieser bestätigie den Vorgang, wie er in der „Königéberger Tribüne“ ge- \{ildert worden ift. Die neueren Zeitungsnäachrihten über diesen Fall, welche der Herr Abg. Bebel soeben erwähnt hat, sind mir ebenfalls bekannt geworden, und habe i auch in Anbetracht der Verhandlungen zweiter Lesung das General-Kommando unter Uebersendung des neuen Materials um \{leunige Aeußerung gebeten. Eine Antwort hierauf i noch niht eingegangen, sodaß ih heute außer Stande bin, hierüber eine weitere Auékunft zu geben.

Abg. Baron de Schmid (b. k. F.) beschwert sich über die Eingquattierurgsfkosten und über die Beeinträhtigungen, welche d‘e Landwirthe durh das Schießen mit scharfen Patronen erlitten. Besonders die Umgebungen der groß:n Garnisonen in Elsaß-Lothringen litten unter diesen Uebelftänden, wenn auch das Verhältniß der Be- völferung zum Militär ein gutes set.

Kriegs-Minister, Generalleutnant von Goßler:

Ich freue mich über die Anerkennung des Herrn Vorredners, daß das Verhältniß der elsaß-lothringishen Bevölkerung zum Militär ein durhaus gutes ift.

Was die Uebungen der Truppen anlangt, so ist Elsaß-Lothringen allerdings in einer chwierigen Lage, da drei Armee-Korps an diesem Bezirk partizipieren, nämlih das 14,, 15. und 16. Armee-Korps. Für das 16. Armee-Korps is} insofern eine Erleichterung geschaffen, als demselben ein bestimmter Theil der preußishen Rheinprovinz zur Mitbenußung in einem gewissen Turnus überwiesen worden ist, Da- dur@ wid Lothringen entlastet. Das 14, Korps übt zum großen Theil in Baden, nur das 15. ist auf den eigentlichen Elsaß beschränkt. Die S@hwierigkeiten für dieses Armee-Korps sind hauptsächlich darin

begründet, daß ein Play zum Gefehtsshießen niht vorhanden ist. Das Land ift so hoch kaltiviert, daß nur wenige Thetle desselben für diese Uebungen überhaupt in Betracht kommen. Nur ein Terrain bei Bitsch ift für diese Uebungen mehr geeignet, und dieses hat das Korps ausnüßen müssen, um seine Schießübungen überhaupt durchführen zu können. Entschädigungen sind gezahlt worden, soweit sie geseßlich be- Wenn augenblicklich noch Entschädigungsansprüche

xechtigt waren,

deren Geseßlihkeit jedoch nicht anerkannt wird. Auh das Reichs- | S@ayamt, mit dem ih dieserhalb in Verbindung getreten bin, hat

sich dieser Auffaffung angeshlossen. Diese Frage schwebt also noch,

doch boffe i, daß auch sie einer baldigen Lösung zugeführt werden

wird. Der Ausgang läßt sich allerdings mit Rücksiht auf die Lage

der Geseßzebung niht voraussehen. Jedenfalls wird die Gemeinde

klagen müssen und die Gerichte werden dann zu entscheiden haben, ob

ein Anspruch anzuerkennen ift oder nicht. Da, wo die geseßlichen

Bestimmungen Zweifel ausschließen, werden die Entshädigungen ohne

weiteres gezahlt, es liegt das auch in unserem eigenen Interesse. JIn-

folge verschiedener Vorstellungen des Herrn Statihalters habe ih mich

jedo veranlaßt gesehen, Seiner Majestät die Sache zu unterbreiten,

und in Anerkennung der besonders s{wierigzn Lage, in der sih die

Umgebung von Bitsch in dieser Beziehung befindet, ift Allerhöchsten

Ortes añgeordnet worden,- die dortige Gegend jedenfalls ein Jahr

[ang bei diesen Uebungen nit beranzuzieben. Meines Erachtens läßt

si aber dur{greifend nur belfen, wenn ein Uebungêplaß geschaffen

wird. Ein Uebungéplay if für das Korps dort wegen der hohen Kultur des Landes unbedingt erforderli, und ih bitte, das hohe Haus möge mir zur Seite steben, um die Mittel für diesen Uebungs- plaß mözlihst bald zu beshazffen.

Abg. Gamp (Rp.): Wir würden ganz zufrieden sein, wenn wir ein paar Regimenter nah dem Often bekommen könnten; besonders Deutsch: Krone möchte ih als Garnifonstadt dringend empfehlen.

Kriegs-Minister, Generalleutnant von Gößler:

Jh würde gern bereit sein, mein Vermögen zu vermehren (Heiterkeit). Das Dankgefühl im Volk weiter autzugestalten, bin ih nicht in der Lage, es fehlen mir die Mittel dazu. Ih bin auch fest überzeugt, der Herr Abgeordnete wird sich \elbst fagen, daß, wenn ih den Gedanken anregen wollte, den größten Theil der Garnisonen aus Elsaß-Lothringen nach Oftpreußen zu verlegen, diese Maßnahme die allgemeine Billigung niht finden würde. Jch kann nur nochmals versihern: alles, was meinerseits geshehen kann, um die kleineren Städte mit Garnisonen zu versehen und namentlich die Städte zu entshädigen, welhe früher Garnisonen gehabt haben, das soll ge- sehen. (Bravo! rets.)

Abg. Bebel bebält sih vor, den Fall Kriese in der fächsten Session weiter zu verfolgen. Die Militärverwaltung lasse sont Be- leidigungen der Armee nicht ungestraft hingehen. Bei der Spieler- affaire der „Harmlosen“ sollte die Militärverwaltung ebenfalls vor- gehen. Das „Tageblatt“ dürfte mit den Namen der Betheiligten dienen können.

Kriegs-Minister, Generalleutnant von Goßler:

Fch werde abwarten, was in der Affaire Kriese weiterhin vom Herrn Abg. Bebel vorgebraht werden wird, und ihm, wenn er no&- mals darauf zurüdfommen sfolltz, fobald ih informiert bin, gern antworten.

Wenn er von mir verlangt, ih solle das „Berliner Tageblatt“ verfolgen, so if mir das unversländlih. Es sind dort Namen nicht genannt worden, während die fozialdemokratishen Blätter in der Regel Personen angreifen. (Lebhafter Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Dann fühle ih mich natürlih verpflichtet, diese Personen gegen un- berechtigte Angriffe zu {üßen. (Sehr richtig! rèhts.) Außerdem bat der Herr Abg. Bebel wobl übersehen, daß in der Sache selbst eine Untersuhung \{chwebt. Was diese zu Tage bringt, muß natürlich abgewartet werden ; unsere Aufgabe ist es jedenfalls nit, die Unter- suhung nah irgend einer Richtung hin zu ershweren. Der Militär- verwaltung und dem Allerhöchsten Kriegsherrn ist alles daran gelegen, daß Klärheit in der Sache geschaffen wird, das ist aber nur möglich, wenn die Untersu&uig mit vollkommener Freiheit geführt wird. Wenn der Herr Abg. Bebel in Bezug auf den Turfklub von That- sachen spricht, so babe i aus seinen Darlegungen eine Thatsache nicht entnebmen föônnen. Ih fann nur nochmals bitten, Thatsachen zu nennen, auf Verdächtigungen kann ih niht eingeben.

Abo. Gröber (Zentr.) empfiehlt, für die Klarstellung des Falles Kriese den Bericht des betreffenden Richters und die Gerichtsakten

einzufordern.

Abg. Bebel: Ich verwahre mich dagegen, daß ih Ver- dâchtigungen vorgebraht habe. Jch habe Thatsachen angeführt.

Kriegs-Minister, Generalleutnant von Goßler:

Der Herr Abg. Bebel behauptet, alles, was er anführe, seien Thatsachen. Dafür verlange ih die Beweise. Hat er solhe, dann ist es doch nur in der Ordnung, mir dieselben zu übergeben. Das, was er hier ohne Beweise anführt, kann ih als Thatsachen nicht an- erkennen. (Sehr richtig! rets.)

Abg. Bebel: Dann hat der Kriegs-Minister noch kein Recht, von Verdächtigungen zu spreGen. Das verbitte ih mir.

Präsidént Graf von Ballestrem: Ich habe angenommen, daß der Kriegs-Minister von objektiven Verdächtigungen gesprochèn hat.

Abg. Bebel: Das habe ih nicht angenommen.

Präsident Graf von Ballestrem: Aber ih hatte diesen Eindru(ck.

Beim Kapitel „Artillerie und Waffenwesen“ kommt

Abg. Paul i- Potsdam (b. k. F.) auf seinen Antrag wegen Auf- besserung der Gehälter der Techniker der Militärwerkitätten zu sprechen und zieht denselben wegen seiner Aussi®tslosigkeit füc jegt zurü.

Bei dem Etat des Neich3-Marineamts erklärt der

Staatssekretär des Reichs-Marineamts, Staats-Minifter, Kontre-Admiral Tirpiß:

Meine Herren! Zwischen der zweiten und dritten Lesung des Etats is von Sr. Majestät dem Kaiser eine Aenderung in der Organisation ber obersten Kommandobehörden der Marine angeordnet worden. Dieselbe besteht darin, daß die Kommandoabtheilung des Oberkommandos in Fortfall kommt und die Admiralstabsabtheilung dieser Behörde selbständig wird. Dadurh werden diejenigen Instanzen, die bisher direkt unter tem Oberkommando gestanden haben, selb- ständig. Das Motiv zu dieser organisatorishen Aenderung ift in erster Reihe in den Befehlsverhältnissen im Kriege zu suchen. Die Stationshefs und der Flottenhef werden die Operationen vor dem Feinde selbstäntig leiten müssen; eine Zwisceninstanz zwischen der zentralen Kriegéleitung und diesen vor dem Feinde stehenden Befehls- habern würde nur \{chädlich wirken können. Muß die zentrale Kriegs- leitung besondere Befehle geben, oder aber bedürfen die Befehlshaber, die vor dem Feinde stehen, höherer Befehle, so werden solhe nur von Sr. Majestät dem Kaiser gegeben werden können.

Meine Herren, würde man die Auflösung des Oberkommandos erst im Augenblick der Mobilmachung eintreten lassen, so würde dies etne gefährlihe Verwinrung in einem besonders kritishen Augenblick erzeugen. Daß diese organisatorische Aenderung erst jeßt vorgenommen wird, ist in der Entwickelung der Marine begründet. Die Marine mußte erst eine gewisse Größe errelhen, bevor eine derartige Maß-

geändert wurde, daß man das Kommando von der Verwaltung trennte, würde eine derartige Aenderung, wie sie jetzt stattfiadet, die „erlegung der obersten Kommandobehörde in mehrere Theile, zu hroff gewesen sein; die Marine brauchte eine gewisse Zeit, bevor man zu der alt- bewährten Organisation der Armee übergehen konnte. Jeßt war das aber nothwendig, ‘als das Flottengeseß der Marine eine größere Ent- widckelung sihert und dafür pafsende Verhältnisse geschaffen werden mußten.

Meine Herren, den Einfluß dieser organisatorishen Aenderungen auf den in Kraft befindlihen Etat kann ich wohl unberührt lassen, weil in wenigen Tagen das Etatsjahr zu Ende geht. Für das fommende Etatsjahr werden einige geringfügige Aenderurgen an- gezeigt sein; bei dem vorgeshrittenen Stadium der Etatsberathung aber möhte ih dem hohen Haufe zur Erwägung geben, den Etat fo, wie er vorliegt, passieren zu laffen. Es wird ein Nahtrags-Etat vorbereitet und dem hohen Hause vorgelegt werden. Jch brauche wobl kaum hinzuzufügen, daß dicjenigen Positionen, die unter anderen Vorausseßungen bewilligt worden find, nicht liquide find, und daß selbstverständlich die Mehrausgaben, die an* anderer Stelle auftreten, niht eher geleistet werden dürfen, als bis der Nachtrags - Etat die Genehmigung des hohen Hauses gefunden haben wird.

Abg. Dr. Lieber führt aus, nah dieser Erklärung der Marine- verwaltung sei dec Reichstag in der Lage, den Etat zu verab- schieden und die nothwendigen Aenderungen bis zu einem Nachtrags- Etat aufzushiebèn; die Marineverwaltung werde niht Gelder, die unter anderen Umständen bewilligt seien, zur Verwendung bringen. Abg. Richter: Die Aufhebung des Oberkommandos halte ih für einen materiellen Fortschritt. Die Scheidung zwischen Kommando und Verwaltung hat hon in Preußen früher zu Unzuträglichkeiten geführt, zumal da das Marinekabinet noch als dritte Instanz dazukam. Die Budgetkommission war in ihrer Mehrheit immer dafür, daß das Ober- kommando beseitigt werden möhte. Die General-IFnspekteurfstelle soll wieder geschaffen werden; das ist aber nicht möglih ohne Zustimmung des Reichstages. Die Stelle soil jedoch {hon beseyt sein; der Staatssekcetär würde persönli verantwortlih sein für die Ausgabe der Besoldung. Warum ift die Aenderung am 14. März getroffen und nicht erst für das neue Etattjahr? Das ist eine Verleßung des Etatkrehts des Reichstages. Einem Nachtrags-Etat gegenüber sind wir niht mehr in der unbefangenen Stellung, wenn inzwischen etne Organifationsänderung sih vollzogen hat. Redner behält fih Anträge für die Zeit nah Ostern vor.

Abg. von Kardorff: Die Stellung des Reichstages gegen- über einem Nachtrags - Etat ift eine vollständig freie. Die vers bündeten Regierungen werden auch für die Neuorganisationen Gelder nicht ausgeben.

Abg. Richter: Es kommt nicht darauf an, ob die Gelder er- spart wzrder. Es wird eine Organisation, der General-Inspekteur, wieder geswaffen, die niht mehr vorhanden ift.

Staatssekretär des, Reichs-Marineamts, Staats-Minister, Kontre-Admiral Tirpiß:

Meine Herren! J glaube, daß der Herr Abg. Nichter fich insofern im Irrthum befindet, als für den General-Inspekteur keine neue Stelle erforderli ift, sondern cs tritt zu einer vorhandenen etatsmäßigen - Stelle eine neue Funktion hinzu. (Sehr rihtig!)) Die Durchführung der Neuorganisation ist ohne Neubewilligung von Geld- mitteln und Etatsstellen möglih. Ob es angezeigt ist, einige wünschens8werthe Aenderungen im Etat vorzunehmen, wird das hohe Haus bei Berathung des vorzulegenden Nachtrags-Etats zu ent- heiden haben. Die Neuorganifation hält sich durhaus im Rahmen des Etats und steht damit auf dem bestehenden Rehtsboden. (Sehr ridhtig!)

Der Marine-Etat wird angenommen.

Bei dem Etat des Reihs-Schaßamts geht der

Abg. Schmidt-Warburg (Zentr.) auf die Anforderungen ein, welche ehemalige Militärauwärter der Postverwaltung wegen Nach- zahlung von ihnen vorenthaltenen Gebältern gestellt haben. Der Scatsekretär habe erklärt, daß untersuht werden müsse, welche Militäranwärter in etatsmäßige Stellen einberufen seien, welche nit. Diesen Unterschied folle die Neichs-Finanzverwaltung niht maten.

Staatssekretär des Reihs-Schaßamts Dr. Freiherr von Thielmann:

Jh kann die von dem Herrn Abgeordneten gewünshte Erklärung niht in der Form abgeben, wie sie von mir beanspruht wird. Das Material, welhes dem Reichs-Schagamt bis jeßt zugegangen ift, ift noch nit erschöpfend, Wir können noh niht übersehen, wie vielen von denen, die als Bes{hwerdeführer auftreten, ein rechtliher An- spruch zur Seite steht oder nicht. Das Reichtgeriht hät den Fall gewissermaßen theoretisch entschieden, insofern als es gesagt bat: die Anstellungsgrundsätze, die der Bundesrath gutgeheißen und verordnet hat, haben die Kraft eines Geseßes. Der Fall aber, den der Herr Abgeordnete \yeziell erwähnte, den das Kammergericht entschieden hat, ist meines Wissens noch niht rechtskräftig entschieden, es ift mir nicht bekannt, daß das betreffende Kammergerihtsurtheil die Rechtskraft beschritten hätte. Das Reihs-Schaßamt kann die ganze Lage des Falles erft dann übersehen, wenn über die Vorfrage: wie viele von den Beamten, die jeßt als bes{chwerdeführend aufgetreten sind, häben wirkli, ganz abgesehen von der eventuellen Einrede der Verjährung, einen Relhtsanspruch und wie viele haben feinen \folchen Rechts- anspruh, entschieden if. Daß denen, denen ein Rehtsanspruh zur Seite fteht, ibr Ret werden wird, kann ih dem Herrn Abgeordneten wiederholt versihern, aber das Material muß erft vorliegen.

Abg. Singer (Soz.) schließt s{ch dzn Ausführungen des Abg. Schmidt - Warburg an. Das RMeich9gericht habe grundsählih zu Gunsten der Beamten entschieden. Die Postverwaltang habe den Militäranwärtern gegenüber den Billigkeit8anspruh gelten laffen. Es liege kein Grund vor, die Sache noch länger hinzuziehen.

Staatssekretär des Reihs-Schaßzamts Dr. Freiherr von Thielmann:

Ih möchte nur noh auf einen Jrrthum aufmerksam machen, der hier untergelaufen ist : Die Bestimmungen des Bundesraths über die Anstellung besagen nicht aliein, daß derjenige, der in cine etatsmäßige Stelle vorübergehend cinberufen wird, È des Stellengehalts bekommen soll, sie besagen auch, daß derjenige, der für cinen Diätar zeitweilig einberufen wird, § der diätarifhen Remuneration bekommen foll. Dieses } der diätarishen Remuneration haben diejenigen, auf die es zutrifft, meines Wissens erhalten. Also diese Leute würden nicht allein nah Recht, sondern au na Villigkeit mit ihren Ansprüchen auf § des Stellengetalts abgewiesea werden müssen. Aber, wte ge- sagt, das Reichs-S@haßamt kanu an seinem grünen Tish unmöglih eine Sache fertig machen, die ibm niht vollständig mit allen zu- gebdrigen Daten vorgelegt if, und, wie ih bercits sagte, sind die Listen no nicht in der Vellständigkeit abgeschlossen, daß das Reichs- Swhatzamt, an desscn Arbeitslust Sie auh nit zweifeln werden, die Trennung der Berechtigten von den Nichtberehtigten und damit die

\{chweben, so kann es sih nur um solche für Wegesperrungen handeln,

regel zweckmäßig war. Als im Jahre 1888 die Organisation dahin

Bere@hnung der erforderlichen Summen bätte ausführen können,

S E T C O E E S s i B Ez:

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