1830 / 156 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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iverden zu wollen, Jedenfalls steht ein lebhafter Markt-Verkehr mit gnnehmlichen Preisen besonders für die gute Mittelwolle zu erwarten, welcher leßtere dem Woll-Produzenten um so noth- wendiger ist, als der Ertrag der Wollschur nicht ergiebig war. Krankheiten aller Art, womit die Schaafe im verflossenen und. laufenden Jahre. heimgesucht wurden, Mangel an Fut- ter bei mehreren der vorjährigen Ueberschwemmung ausgeselz- ten Schäfereien und der harte Winter haben den Ausfall der Schur vielleicht 10 pCt. unter dem gewöhnlichen Durchschnitts- saße bleiben lassen. Der Markt ist daher auch bis heute noch nicht so überfahren, wie in früheren Jahren. Bis gestern sollten nach, den oberflächlichen Berechnungen erst 26,000 Centner Wolle aufgelagert seyn; heute wird jedoch noch viel Wolle erwartet.

Wissenschafrlihe Nachrichten.

Die. Philosophie in’ Frankreih während des e Ner es,

Unter den Häuptern der Sinnlichfkeits-Schule ver- dient zuerst Erwähnung Cabanis. (geb. 1757, gest. 1808), ein Schüler Condillacs, Jn seinem Hauptwerke, vom Ver- hältniß. des. Physischen und Moralischen im Menschen , lehrt er: alle Empfindung beruht: ledigll{ch in den Nerven, also auch Geist, Wille, Tugend, Laster ‘u. s. w. Der Mensch ist nur ein moralisches Wesen , weil er ein sinnlihes, empfindendes Wesen ist, er empfinder nur, weil er Nerven hat; die Ner- ven machen: den ganzen Menschen. Abgesehen davon, daß das Geheimniß, warum denn die Nerven empfinden, hierbei ganz unerklärt bleibt, ist nirgends gehörig erdrtert, wie denn die. Empfindung zum Bewußtseyn kommt, ob jeder Nerv sein ‘eigenes- Leben führt, ob denn nicht für alle ein ganz anderer Mittelpunkt, eine Einheit, ein Jch vorhanden seyn músse? Ein folgerehtes Fortschreiten auf jener materialistishen Bahu mußte in jeder Beziehung zu so geringhaltigen und verderb- lichen Ergebnissen führen, daß Cabanis selbst in einem spä- teren Schreiben eine etwas tiefsinnigere Richtung einschlug. Destutt de Tracy (geb. 1754) nimmt die POPREL Gn Lehren des Cabanis an und sucht nur allgemeinere. Grund- äße, eine Art von - Metaphysik dieser Schule aufzustellen,

ei der Mangelhaftigkeit ihrer ersten Grundlagen fommt: er jedo in seiner ÎJdeologie niht über leere und negativé Ab- stractionen hinaus. Wenn der Mensch _nichts ist, als Ma- terie, als ein Körper , so verliert die Lehre von Freiheit und Sittlichkeit an Würde und Bedeutung; es kann nur noch pel physischen Leben und körperlichen Wohlbefinden dic Rede eyn,

Dies tritt noch deutlicher hervor bei Volney (geboren 1757, gestorben 1820), welcher , LO8 wie Tracy der Meta- physiker, so der Moralist dieser Schule is. Jn seinem Ka- techismus, der nur zu viel Eingang und Anhänger fand, lehrte er: alles Thun und Lassen des Menschen habe lediglich zum zum Zweck die Séelbsterhaltung. Als Verehrer der physio- logishen Hypothesen, sah. er den ganzen Menschen in seinen Organen und betrachtete den gesunden Zustand, die Unverleßt- heit und Uebung dieser Organe als die einzige Aufgabe, welche der menschliche Wille sih seven könne. Indem er den Geist läugnete, odet (was dasselbe ist) ihn nur als Ergebniß der organisirten. Materie hinstellte, wird von demselben bei wei- terer Entwickelung der Grundsäße und Vorschriften nicht ge- sprochen. Das größte. Gut ist ihm das Leben, das größte Uebel. der- Tod. Jm Leben wiederum steht Gesundheit und physisches T Hei allem. Andern voran, so wie körperlicher Schmerz als hôchstes Leiden erscheint. Tugend und Laster sind nur Gewohnheiten, wit den Geseßen der Erhaltung über- einstimmend, oder’ ihuen widersprechend. Von Kunst, welche ja zur nächsten Erhaltung des Meuschen nichts beiträgt, ist nirgends die Rede; gegen die Religion hingegen tritt Volney feindlich auf. Er will weder. Glauben noch Hoffnung und nennt sie Tugenden der Thoren, zum Vortheil der Schurken.

Im Sínne von Condillac und Cabgnis trat Garat C geboren 1758) als. Lehrer in den Normal - Schulen auf. Auch ‘ihm ist der Gedanke nur Fölge des finnlichen Eindrucks, und wir kommen zu Tugend und Laster, Gottheit und Ewig- fet, rote eben so, wie zu Farbe, Ton, Geschmack u. st. w.

Die hart angegriffene Schule der Sinnlichkeit zu ver- theidigen und neu zu begrüuden ist der Zweck Broóussais

*) S. Nt. 149 der Staats-Zeitung. Gedruckt bei A. W. Hayn.

| Pr: Eug]. Anl..22})

London

dem Wáähnsinne. schen wie den Seele wie des

Ihm umfaßt die Physiologie den morali- eibes, das Bewußtseyn -nicht minder wie die

nur der Phystolog kann über Tugend, Sittlichkeit u.

Ausfunft und Rechenschaft geben. Man hat ihm vorgewor- fen: er fomme auf seinem Wege nie bis zu einer Einheit des Bewußtseyns, nie zu einem wahren Jch, und es sey eben so thôriht, wenn er den Leib denken , als wenn ein Anderer (vom ganz entgegengeseßten Standpunkt ausgehend) die Seele verdauen lasse. Das Wesen des Denkens und der Seele sey eben die Einheit; alles Räumliche und Ma: ‘terielle hingegen wesentlich -theilbar und zusammengeseßt, mithin ein begrúnden, noch in der Erfahrung. nachzuweisen.

Königliche Schauspiele. Sonntag, 6. Juni. Jm Opernhause: Das getheilte Herz,

lerin, Oper in 2 Abtheilungen; Musik von Paesiello.

Jm Schauspielhause: 1) Yelva, pièce en 2 parties, par Scribe.

In Charlottenburg: Scherz und Ernsk, Spiel in.1 Aft, nach Dieulafoi, von Dr. Stoll. (Neu einstudirt.) Hierauf: Der Stiefvater, Lustspiel in 3 Abtheilungen, von E.

_ Montag, 7. Juni. Jm A E wiederholt: König Ottokar's Glück und Ende, Trauerspiel in 5 Abtheilungen, von Grillparzer.

Dienstag, 8. Juni. Jm. Opernhause: Violin - Konzert, vorgetragen von dem Königl. Kammermusikus Hrn. Hauck; dann: Konzert für Violoncelle, vorgetragen von Hrn. Schapler, aus Danzig, Schüler des pensionirten Königl. Kammermu- sifus Hrn. Hansmann. Ballet iu 3 Abtheilungen, von Ph. Taglioni.

Im Schauspielhause: Französische Vorstellung.

Königstädrisches Theater. j Sonntag, 6. Juni. Aschenbrödel, fkömische Oper in 2

Akten; Musik von Rossini.

Montag, 7. Juni. Der Alpenkdnig und der Men- schenfeiad, großes romantisch -komisches Original - Zauberspiel in 2 Akten. i

Berliner- Börse, . Den 5. Juni 1830:

Amtitl. Fonds- und Geld-Cours-Zettel. (Preuss. Cour.)

St.-Schuld-Sch.

11007 [100 {Pomin. Pfandbr. | 4 [1055 | Pr-Engl. Anl. 18 ;

1035. [1935 {Kur u. Neum. do. 1034 41035. ISehlesische do. 1067 4100. [Pamm. Dom. do: 1025 -— 100 Märk. do. -do. 1025 10412} Ostpre. doe. do. 1025 Rkst. C. d K. u.N. Z-Sch.d.K. u. N. Hol. yollywy. Due. Nene dito | Friedrichsd'or . Disconto’. .

Kurm Ob. 19.1.C. Neum.Int.Sch.d. er ao VH. Onigsbg. do, Elbinger. do. Danz. do. in TH.! Westpr. Pfdb:A.| dito dito B. Gresshz.Pos. do: Ostpr. Pfandbef.

Weechsel- Amsierdam . .. N dito

Hamburg 300. A Ae Ma, n f A Ui 1a L 300

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Paris

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Leipzig

Frankfurt a4, M WZ- Petersburg BN. « .... .., 100 RbI. Warschau - 600 FI.

Fahrpost zugesandt werden. E Redacteur John. Mitredacteur C otte,

(‘geboren 1772) in seinem Werke von der Erxregbarkeit und : hysischen Menschen, die Erscheinungen der

| einzelnen Organe. Es giebt für ihn feine Psychologie und. Seelenlehre, neben oder unabhängig - von v i e .w

usammenwerfen beider weder Meh zu

Lustspiel in 1 Aft, von: Koßebue. Hierauf: Die shône Mül: 2) Les frères féroces, mélodrame en { acte.

aupach. hause, zum erstenmale

Hierauf: Die neue Amazone, Feen-

[27]. Grie} [Geld —TZ77 [Brief Geld.

Hierbei Nr, 41 des Allgemeinen Anzeigers Unsern auswärtigen. Abonnenten wird derselbe durch die nächste.

Allgémeine

Preußishe Staats-Zcitung.

M 156.

Amtlihe Nachrichten. Kronik des Tages.

Se. Majestät der König haben den durch den Abgang des zu Allerhöchst Jhrem Oberschenk ernannten Kammerherrn, Grafen von Voß, erledigten Gesandtschafts-Posten am König- lih Sicilianischen Hofe Jhrem Kammerherrn, Legationsrath Grafen von Lottum, und die durch den Tod Jhres Grand maître de la Garderobe, Grafen von Grote, erledigten ver- schiedenen Gesandtschafts - Posten im nördlichen Deutschland

hrem Kammerherrn und seitherigen Geschäftsträger in Darm- adt, Grafen Mortimer von Malßan, zu verleihen

geruhet.

Das zehnte Stück der Geseßk-Sammlung, welches heute ausgegeben wird, enthält unter i en Nr. 1246. die Börsen- Ordnung für die. Corporation

der Kaufmannschaft zu Elbing. Vom 2L24sten

April d. J. und unter Nr. 1247. die Allerhöchste Kabinets - Ordre vom láten v.

M., den gegen beurlaubte Landwehr-Offiziere von den Civil : Gerichten zu erkennenden Verlust der Charge als Offizier betreffend.

Berlin , den 7. Juni 1830. i“

j Debits-Comtoir.

Abgereist: Der Kaiserl. Oesterreichische Wirkliche Kämmerer , außerordentliche Gesandte und“ bevollmächtigte Minister am hiesigen Hofe, Graf von Trautmannsdorff- Weinsberg, nach Franzenbrunn.

Zeitungs-Nachrichten. Ausland.

Polen.

Warschau, 3. Juni. Die Allerhöchsten Herrschaften A gestern zum Leidwesen der hiesigen Einwohner unjere Stadt auf einige Zeit verlassen. Se. Majestät der Kaiser hat den Weg nach Brzesé eingeschlagen, um die südlichen Provinzen des Russischen Reiches zu besichtigen; Jhre Ma- jestät die Kaiserin: ist dagegen mit Jhrem erhabenen Bruder, Sr. Königl. Hoheit dem Kronprinzen von Preußen, nach Schlesien ifeist Z

Des Kaisers Majestät haben dem Großherzoglich Baden- \chen General-Adjutanten v. Freistädt den Polnischen Stanis- laus-Orden erster Klasse, und dem Capitain und Adjutanten Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen von Preußen, Grafen von Sthlieffen, denselben Orden dritter Klasse verliehen.

Se. Majestät haben der Demoiselle Sontag welche, (wie -gestern gemeldet worden ), nebst Dlle. Belleville und Herrn Wörlißer, die Ehre hatte, bei Gelegenheit der am 31sten v. M. stattgehabten Assemblee sich vor Jhren Kaiserlichen Maj Ln hôren zu lassen, ein schr fostbares Fermoir mit Brillanten und Türkissen hese6t, zu schenken geruhet. Dlle. Belleville is gleichfalls mit einem Fermoir und Herr Nin 1A mit einem werthvollen Brillantring beschenkt worden. Am 1stèn d. M. hat Dlle. Sontag ihr zweites Konzert, bei überfülltem Hause, gegeben. Auch diesesmal riß die Sänge- xin die Zuhörer zum lautesten Beifall hin; nachdem sie am O B meiste, I erufen worden , wiederholte sie M4 ryaft vorg ‘iationen auf ein Schwehzerlled, : iff vorgetragenen Variatione f

Die Mitglieder der - hiesigen - Königl. Gesellschaft der Freunde der Wissenschaftêtt, \0 ivie die Professoren der hiesi-

Berlin, Montag den 7len Juni

1830.

gen Universität, geben heute dem L Baron v. Hüutiboldt ein großes Diner. Der berühmte Gelehrte besichtigt fottwäh-

‘rend unsere wissetischaftlichen Anstalten und giebt uns dar-

über das günstigste Urtheil zu erkennen.

Rufßland.

_St. Petersburg, 29. Mai. Mittelst Ufas vom 26. v. M. hat der Kaiser die bisher dem Käbinet Sr. Majestät übertragen gewesene Direktion der Silber-Bergwerke von Ko- lian -Wosfkressensfk und Nertschinsf dem Finanz- Ministek überwiesen; zu gleicher Zeit wird die Abtheilung des Kaäbi- nets , dem dieser Verwaltungs-Zweig oblag, mit dem Depart- tement der Bergwerke und Salinen vereinige. Die obbesag- ten Hüttenwerke werden auch ferner Privat - Eigenthum des Kaisers bleiben, und der Finanz-Minister wird Ke mit den- - selben Befugnissen verwasten, die der Minister des Kaiser- lichen Hauses und das Kabinet hatte. Zugleich mit gedach- ten Hüttenwerken werden die Koliwan - Woskresseitskischen Kupfer- und Eisen- Hüttenwerke, fo wie die Münze von Susun, dem Finanz- Minister überwiesen. Der Kaiser hat hierbei unter Anderm auch verordnet, daß diejenigen, welche neue Minen entdeæF#en, zur Belohnung dafür, einen von der Behörde festzustellenden Antheil an dem Ertrage derselben erhalten, dagegen aber die bisher stattgehabten Belohnungen für solche Entdeckungen wegfallen sollen, da fich ergeben hat, daß dieselben dem Zwecke eher hinderlich als förderlich waren. Wi die Entdeckung einer reiche Ausbeute versprechenden

ilber -Mine an neuen Stellen im Jnnern des Reichs ist übrigens eine Belohnung von 10,000 Rubel festgeseßt. Wet Goldfand auffindet, erhâle die für Entdekung desselben im Uralgebirge ausgeseßte Belohnung. :

Der General-Lieutenant Mechti-Chan von Tarkoff, Rit- ter des St. Alexander -Newski- und des St. Wladimir : Or- dens zweitèr Klasse, is auf seiner Rückreise von St.- Peters- burg nach seinen Staaten in Saïßowo, der zweiten Station jenseits Nowgorod, in einem Alter von 88 Jahren gestorben. Er hatte sich von jeher durch seine Treue und Ergebenheit für Rußland ausgezeichnet, und während seines leßteu Auf- enthalts in der Residenz mehrere Beweise des Kaiserlichen Wohlwollens empfangen. Es ist ein Mollah nah Sdáïßowvo gesendet worden, um ihm die leßte Ehre nah mahomedani- scher Sitte zu erweisen. | i

Nachderä (wie schon gemeldet) der außerordentiihe Ge- sandte dér Ottomanischen Pforte, Nedschib - Efendi, bereits

am 22sten d. M. die hiesige Hauptstadt verlassen hattè , ist

am 25ften d. M. auch der andere api Gesandte der Pforte, Halil Riphat Pascha, nebst seinem Gefolge von hier nach Odessa abgegangert. - : f,

Frankrei. :

Paris, 30. Mai. Der König ist gestern“ Mittag ge- gen 1 Uhr, in Begleitung des Dauphins hierher zurückgekehrt. Gleich nah JZhrer Ankunft hielten Se. Majestät einen Mi- nister-Rath, an welchem der Dauphin Theil nahm. Heute am ersten Pfingst- Feiertage schloß der Kdnig, nachdem Er der Messezin der Schloß-Kapelle beigewohnt , sich der Pro- zessión der Ritter des Un O Sali-El0 an. Um 5 Uhr wollten Se. Majestät Sich nah Saint-Cloud zurübegeben. Uebermorgen wird der König sich, in Begleitung seiner hohen Gäste und sämmtlicher Mitglieder der Königl. Fa- milie, na Vincennes begeben, um die Garde - Artillerie zu mustern und einem Manöver dieser Waffe beizuwohtien,

Zu dem großen Balle, welchen morgen der Herzog von Orleans, Jhren- Sicilianischen Ma zu Ehren, im Pa lais - Roÿal giebt und woran auch Se. Maj. der König Theil nehmen wird, sind nahe an 3000 Pèrsonen gelädeti worden. Oeffentlichen Blättern zufolge, soll das Fest das - glänzendske und geschmackvollste werden, was seit langer Zeit hier gegeben