1830 / 159 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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und es wird daher niht unangemessen seyn, von dem Jnz halte derselben einige nähere Mittheilungen zu machen. Nach- dem der Verfasser von der Bestürzung gesprochen, welche das Bekanntwerden der neuen Gränz-Bestimmung Griechen- lands, durch die eine der wichtigsten Provinzen von dem neuen Reiche getrennt und dieses völlig gegen die Türken offen gelegt wird, in jenem Lande verursacht hat, fährt der- selbe in folgender Weise fort: „Jch spreche aus Tf denn als die Türken Missolunghi und Lepanto inne hatten, waren meine Truppen Herren von Vrachori und trieben die Türken aus Kravari und andern Provinzen heraus. Wir unterhielten unsere Verbindung mit der See mittelst des Berges Zigos- und Krio Nero unfern der Münduñg des Brachori war durch die stärke Position des Klosters Vlochos gedeckt, welches, durch den patriotischen Staiko ver- theidigt , allen Versuchen der Türken, es wieder zu nehmen, Troß bot. Soll dieser Posten nun eine Citadelle für die Türken werden, während die fruchtbaren mit Fourage bedeck- ten Ebenen demnach das Hauptquartier ihrer zahlreichen Ka- vallerie werden? -Noch eine andere wichtige Stellung an dem’ linken Ufer des Aspropotamos wird eine zweite Citadelle für die Türken bilden, von wo aus ihr Vorrücken bis Ang- tolifo fein Hinderniß fände, als durch die eingebildete Schwie- rigkeit, diesen Fluß zu passiren. Jch meine hiermit die Stel- lung von Lifkovizza, und sogar die kleine Jnsel in dem See von Lezini , welches jederzeit der Kriegsmacht Reschid Pa- scha’s Trok bot, müßte jeßt den Türken weichen. -— Wenn die angenommene Gränzlinie Griechenland gegeben wird, so

hat es jenseits des Golfs von Lepanto feinen einzigen Hafen,

da Missolunghi feinen Hafen besißt (es hat nur eine AÄnker- stelle), und die Häfen von Dioni, Dragomestre, Mitifa und andere jenseits des Aspropotamos oder Achelous liégen, Kann Jemand behaupten, daß der leßtere eine haltbare Gränze bilde? ein Fluß, der aht Monate lang im Jahr fast an allen Stellen durchwatet werden kann? Griechenland, indem es ein unabhängiger Staat wird, soil, wie man annimmt, eine wahsame Polizei auf seinen Gränzen halten, um sich und Europa vor der Pest zu bewahren, wenn diese furcht- bare Krankheit wieder in Rumelien ausbrechen sollte. Mit der imaginairen Gränze wird das unmöglih werden: Jch bestrebe mi, die Nachtheile der Gränze, womit Griechen: land sich begnügen soll, faltblütig auseinanderzuselenck während, ich gestehe es, die Aufregung meiner Gefühle, aus der Ueberzeugung von dem Elende hervorgehend, welches dem Lande dadurch vermacht wird, wenn man auf dieser- Linie besteht, mir kaum die Feder zu halten erlaubt. Durch das Protofoll vom 22. Márz in unglückliche Sicherheit ge- wiegt, war bei den Griechen nur eine Stimme der Daufbar- keit gegen die verbündeten Mächte, und fie hatten in - der Vorausseßung die erfreuliche Aussicht vor -sich, ein unabhäu- giges Land zu werden, daß die Linie von Volo nach Atta, oder (eigentlicher gesprochen) die von der einen Seite durch die Thermopylen und von der anderen durch den Macrin Oros geshüßte Gränze ihre Gränze werden würde. Dieses die einzige Linie,- die nicht allein als militairische. Gränze

icherheit gewährt (ih spreche aus Erfahrung), sondern auch diejenige, welche den neuen Staat in den Stand seßen wird, alle verbotene Communication zwischen Griechen und Türken zu verhindern. Diese Linie und weit hinter derselben die

ezirke von Agrapha und die Provinz Aspropotamos sind in dem friedlichen Besiße der Griechen, und ehe ich das- La- ger von Macrin Oros vekließ, hatten wir dessen Pässe an den Heerstraßen, die von Trikala, Arta, Prevesa und Joan- nina“nah Vonizza, Missolunghi, Salona und Livadien u. \. w. führen, befestigt. "Die linke Seite dieser Linie wird un- fern Koprena von dem Meerbusen von Arta bespúlt, und das nächste Türkische Lager von einem vorgerückten Po- sten war Kombati, eine Stunde seitwärts von Arta entfernt. Diese Linie wird durch das Kastell von Karvassara ver- stärkt, die nächste feste Stellung längs dem Golf ift die- jenige der Festung Vonizza, und auf der Spiße, Namens Punta , Prevesa gerade gegenüber (dem Vorgebirge von Ac- tium), werden dié Pässe durch Redouten vertheidigt, die zu diesem Zwecke von den Griechischen Truppen erbaut wurden. Das ist die Grähzlinie, welche Griechenland jest inne hat, und ich zweifle, ob die Túrken selbst wünschen, innerhalb dieser Linie zu fommen, denn sie waren in der Wirklichkeit niemals Fe Akarnaniens. Sie haben ein Sprichwort : „Ganz NRumelien für die Türken, aber Karlili nicht. ? Dies Akarnanien aber f überdies das Land, aus welchem Griechenland sein Bauholz zu Kriegslchissen bezichen muß. Mit einem Wort, jeder Militair, welcher Griechenland und die leßten Kriegsereignisse kennt, weiß, daß die Haupt- punkte, von welchen aus die Türken stets gegen Griechen-

land operirten, Volo und Zeituni gegen Ost-, und Arta und Carvassara gegen Westgriehenland gewesen sind, und daß die

“Griechen nie die Thermopylen halten konnten, wenn die Tür-

fen Herren von Macrin-Oros waren, zu welchem Karvas- sara der Schlüssel ist.// g

Die Abhandlung schließt mit folgenden Worten: „Nicht nur jeder Gebirgspaß und jeder uneinnehmbare Posten, son-

dern auch jede Ebene, welche Fourage für die Kavallerie

hervorbringt, und jeder für den Krieg oder den Handel passende Seehäfen wird dem Feinde Griechenlands in die Hände gegeben, keine Scheidewand ist zwischen diesem Lande und der furchtbaren Kriegsmacht gelassen, welche in wenigen Tagen so leiht von einem Rumeli Valessy , oder sogar von jedem unruhigen und unternehmendeu Pascha, welcher aus Er-

- oberungslust oder Raubsucht und durch die Leichtigkeit der

Operationen in Versuchung geführt, das Land so leicht bis Colonna überziehen fônnte und das vielleicht ohne Erlaubniß oder sogar nicht einmal mit dem Vorwissen des Sultans. Unglückliches Griechenland, wenn es. so in diesem schublosen Zustande als ein schônes, zum Opfern bereites Schlachtopfer betrachtet werden muß; nicht fann sein Fürst sicher, ehrenvoll und zu dessen Glücke das Land regieren, wenn er gezwungen ist, dessen s{öônste Provinzen, dessen tapferste Vertheidiger und seine alleinigen natürlichen und haltbaren Gränzen abzu- treten Provinzen zumal, welche Griechenland das sid, was Kent oder Sussex für England ist. Schließlich will ih

nur noch beifügen, daß die Erinnerung frisch in meinem Ge-

dächtniß aufbewahrt ist, daß mir durch die Gnade der Vor- sehung das Loos fiel, mit dem hochherzigen Beistande der Einwohner diesen Gegenden Befreiung von. dem Türkischen

Joche zu verschaffen; Griechenland durch die heroischen An- -

strengungen - derselben Männer sein glorreiches Missolunghi zurückzugeben ; Augenzeuge ihrer Freude bei der Erlösung aus der Gefangenschaft gewejen zu seyn; dem glücklichen Wieder- sehen von Weibern und Kindern, die ihren Vätern, ‘ihren Männern, ihren Brüdern und ihrer Heimath nah neunjäh- rigen Verheerungen wiedergeschenkt wurdeu, beigewohnt zu haben; die dem Allmächtigen dargebotenen feierlichen und herzlichen Danfgebete mit angehört, und mit angesehen zu haben, wie die stolzen Albaneser , als sie das Land verließen,

“in welchem sie im redlihen Kampfe überwunden worden,

das Brod ihrer Sieger theilten, sie dankbar für die empfan- gene gute Behandlung umarmten und exklärten, daß die “Griechen ein Recht hätten, das Land zu besißen, welches sie in so redlihem Kampfe gewonnen. Gebe der Himmel, daß in dem -Geschike der Bewohner dieser jeßt so glücklichen Provinzen feine unheilschwangre Veränderung môge, und daß die großmüthigen Mächte, welchen Griechen- land hereits so viel Dankbarkeit schuldig ist, dadurch noch größere Verpflichtungen auflegen mögen, daß sie ihm die Gränzen lassen, welche es jeßt inne hat die einzigen, welche ihm die Aussicht lassen, seine politishe Existenz zu er- halten und seine National- Unabhängigkeit zu vertheidigen.“ -

Inland.

Berliti, 9. Juni. Am lsten d. M. wurde în An- flam das 50jährige Dienst - Jubiläum des dortigen Post- Direktors Tschepius gefeiert, eines Beamten, der sich n allen Verhältnissen Vertrauen, Liebe und Achtung erworben, und der seine echt patriotischen Gesinnungen auf nacah- mungswourdige Weise dadurch bethätigt hat, daß er zu einer Zeit, wo es galt, keinen Anstand riahm, der Treue und Liebe für König und Vaterland, Amt, Vermögen und per- sönliche Freiheit zum Opfer zu bringen, wodurch er die Huld und Gnade Sr. A auf sich gelenkt hat, Allerhöchst- welche ihm am Tage seiner Jubelfeier einen Bewtis davon durch die Verleihung des Rothen Adler - Ordens 3ter Klasse zu ertheilen geruhet. Seine Amtsgenossen in der Umge- gend, so wie die Bewohner Anklams, beeiferten fich, dem Jubel-Greise die herzlihste Theilnahme zu erkennen zu geben. Der Wohlthätigkeits - Sinn des Lekteren machte diesen ihm

sp wichtigen Tag zugleich zu einem Feste für die Armen

Anfklams. / Folgendes is der gestern vorbehaltene Bericht des

Hallischen Couriers über das am Zten, 4ten und 5ten in ale stattgehabte fünfte Musiffest der Elbstädte : „Seit onaten hatten die Herren Geheimen Justiz- rath Dr. Mühlenbruch und Bürgermeister Dr. Mellin die nôthigen Vorkehrungen zu diesem Feste mit ele ‘und’ Ein- sicht betrieben, und ihren Bemühungen vorne

wir das Gélingen einer Halle ehrenden Unternehmung und einen ausgezeichneten Kunstgenuß zu verdanken. Das ganze

| mitwirkende Künstlerpersonal betrug an 500 Personen und

eintreten

mlich haben

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wurde nicht blos aus unsern einheimischen zahlreichen Dilet- tanten und Sänger - Chören, sondern auch durch den Dilet-

tanten - Sängerverein und eine Anzahl Thomasschüler - aus _

Leipzig, den Singer Chor aus Merseburg, dur die Herzogl. Dessauische Kapelle, viele Mitglieder der Kapelle zu Dresden, und die Orchester von Leipzig, Magdeburg und vielen ande- ren Orten gebildet, Wie bisher, stand auch diesmal ‘der ver-

diente Friedr. Schneider an der Spiße des Ganzen, dem die

persönliche Gegenwart berühmter Meister und die Leistungen gefeierter Virtuosen einen besondern Glanz verliehen. Die Musik - Aufführungen selbst fanden am ersten und zweiten Tage in der Hauptkirche zn U. L, Fr. statt, ws das große, vom Orgel - Chor herabgebaute, sehr zweckmäßig. eingerichtete Und dekorirte, dihtbeseßte Orchester einen s{chônen Anblick ge- währte. Eröffnet wurde das Fest am 3. Juni Nachmittags mit Mozart's herrlicher Symphonie aus G mol], deren sicher beherrschte Tonmassen durch das Feuer und die Präzision der Ausführung einen tiefen Eindruck hervorbrachten. Hierauf folgte ein großes eigens für das Fest fomponirtes Orato- rium, David, vom Hrn. Musikdirektor Bernhard Klein, der sich in dieser Gattung der musikalischen Composition bereits einen großen Namen erworben hat. Auch sein David, ge- dichtet vom Hrn. Geh. Ober-Regierungsrath Körner zu Ber- lin, ist. eine großartige, durchaus. gentale Schöpfung, welche durch ihre meistens ergreifenden Chöôre, scelenvollen Recita- tive und Arien und die Wirkung des Ganzen den Hörern unvergeßlich bleiben wird. Die Solopartieen wurden von den Demoiselles Gehse und Grabau aus Leipzig, Mad. Türr- schmidt, Herren. Mantius und Reichardt aus Berlin und Herrn Nauenburg aus Halle trefflich ausgeführt. Am zweiten Tage (Vormittags) wurde eine Ouvertúre von Gluck und Beethovens berühmte Symphonie aus D dur mit einer Meisterschaft gegeben, wie man sie von einem solchen Orche- ster erwarten fonnte. Zwischendurh bewunderte man in ein- zelnen Concertsäßen die Virtuosität des Königl. Sächs. Kam- mermusikus Hrn. Dießze aus Dresden auf der Oboe, der Herren Doßauer aus Dresden und Drechsler aus Dessau auf dem Violoncell, des Hrn. Queißer aus Leipzig auf der Baß- Posaune, und den shônen Gesang der Dlle. Grabau in einer Sopran - Arie. Von großer Wirkung war ein Psalm von Klopsto, eigens für das Fest componirt von dem Königl. Sächs. Kapellmeister Hrn. Reißiger aus Dresden, der unter des Komponisten eben so feuriger als besonnener Leitung mächtig dahinrauschte. Mit dem Schlußchor aus dem Ora- torium: Christus der Meister, von Friedr. Schneider, wurde die Feier dieses Tages beschlossen. Am dritten Tage fand die Musifaufführung Nachmittags im großen Versammlungs- Saale der Franfkischen Stiftungen stgtt. Hier wurde zuerst unsers großen Landsmanns Händel Alexanders Fest unter Schneider's Leitung mit aller der Kraft und Wärme gegeben, welche das unsterbliche Werk in sih {ließt und einflößr. Nachdem hierauf Hr. Concertmeister Lindner aus Dessau ein von ihm fomponirtes Violinsolo, Dlle. Gehse eine große Arie von Mercadante, und Hr. Grieshammer aus Leipzig Variationen auf der Pedalharfe vorgetragen, machte eine für das Fest fkomponirte, mit Anklängen afademischer Lieder durchwebte, Ouvertüre von Schneider den würdigen Beschluß. Mittags und Abends speise das gesammte Künstlerperso- nal, welchem viele Einheimishe und Fremde sich anschlossen, în den großen Sälen des Lokales der vereinigten Berg -Ge- sellschaft. Hier herrschte jedesmal der reinste Frohsinn, wel- «her durch passende, geistreiche Toasts und muntere Lieder an- genehm belebt wurde. Die allgemeinste Theilnahme wurde gleich am ersten Tage rege bei der mit den sinnigsten Worten egleiteten Aufstellung. eines lithographirten, sprehend ähnli- hen Bildnisses Friedr. Schneiders, und sie sprach sih am Folgenden eben jo laut und herzlich aus, als man erfuhr, daß die philosophische Fakultät der hiesigen Universität dem verdienten Meister das Ehrendiplom eines Doktors der Musik Übersandt hatte. Auch die Studirenden bezeigten demselben am dritten Abend des Festes durch eine Nachtmusif und ein Vivat ihre Hochachtung und Dankbarkeit. Uebrigens wurde

das Fest vom schönsten Wetter begünstigt, welches die zahl--

reichen Gäste, die sich von nah und fern auch als Hörer ein- gefunden lten und unsere Gasthäuser úberfüllten, zu ange- nehmen Excursionen veranlaßte. Die Theilnahme des hie- sigen Publikums war unverkennbar; mit besonderem Danke Ae L Ries An sehr viele unserer : ünstler -in i j i nommen und beherbergt Gde a gern gasisret ausge!

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und zu rechtfertigen.

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Wissenschaftlihe Nachrichten.

Die Philosophie in Franfreich während des neunzehnten Jahrhunderts.

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ir fommen zur theologishen Schule. Der Graf Joseph de Maistre (geboren 1753, gestorben 1821) al in dem philosophischen Theile seiner Werke die Absicht, die Wege der Vorsehung bei Regierung der Welt zu erflären 1 Er erforsht den wahren Zustand des Men|chen auf Erden, die Ursachen seiner Lage, die Mittel sie zu verändern und zu verbessern, und die Verhältnisse, welche ihn mit Gott in Verbindung stellen. Die Klage der Menschen über ihre Schicksale ist ungegründet , der Gerechte leidet feinesweges mehr als der Ungerehte, und wenn er nicht ganz gegen Unfälle gesichert ist , so sind diese eine ver- diente Bußung für die allgemeine Schuld, welche durch die Erbsúnde über alle Menschen gekommen ist. Um diese Leiden und Strafen zu mildern und abzukürzen, giebt es zwei Mittel : das Gebet und die losfaufende Befreiung (réversibilité), Vermöge der leßten übernimmt der Unschuldige die Stelle des Schuldigen , zahlt für ihn aus seinem Reichthume, büßt seine Vergehen und ‘errettet mit himmlischer Liebe eine ver- brecherische Seele. Eine solche Lehre ist trôstlih für die Gu- ten, wie für die Bösen; jenen gewährt sie die Gunst, vor Gott Vertheidiger und Erretter ihrer Brüder zu seyn; diese bewahren dadurch bis ans Ende die Hoffnung der Verzeihung und die Sehnsuht nach dem Guten. Gegen diese Lehre ist in Frankreich eingewandt worden : sie will die Erscheinun- gen durch. die Lehre von der Erbsnde erklären , das heißt: durch ein unerklärliches und unbegreifliches Geheimniß; ein Verfahren , welches auf dem Boden des Glaubens genügen mag, aber gewiß nicht philosophish oder wissenschaftlich ge- nannt werden fann. Dazu kommt, daß dem Grafen de Maistre die gôttlihe Welt - Regierung nur hart und strenge, tücht als eine Führung der Güte und Barmherzigkeit, er- scheint „* und er auch alle weltliche Herrschaft nur in so fern schäßt, als fie zum Strafen stark und bereit ist. Wir sollen aber die Uebel dieser Welt keinesweges aus\chließlich wie Strafen betrachten ; sie sind eben so oft Warnungen, Lehren, Begnadigungen. Kämen alle Leiden lediglich von Gott als verdieute Strafen „: so fragt: sih, ob ein religidser Sinn sle nicht demüthig annehmen müßte, ohne irgend etwas dagegen zu thun, ob-die Bitte niht Aufruhr wird, und. die Ueber- nahme oder das Auflegen einer fremden Schuld den höheren Weltrichter als grausam und ungerecht darstellt? Lemaistre vergißt, daß zwischen dem Morgen - und Abendgebete ein Tag

der Arbeit und Thätigkeit liegen soll, und daß wir ungblässig

danach streben müssen, ohne Verlaß auf Andere, selbst gerecht zu werden und unsere Schuiden abzutragen, Jene Geheim- nisse von der Erbsúnde, dem Gebete, dem Loskaufe,- können wohl auffallen, imponiren, aber es mangelt ihnen wissenschaft- liche Evidenz; sie führen unzeitig zu einem ascetisczen, aber- gläubigen und müßigen Leben , unterwerfen einem firhlichen Joche, verwandeln die Geistlihen in herrschende Priester und stellen den Papst dar als höchsten, unfehlbaren, unum- shränften Herrn der Völfer uud der Könige. .

Lamennais (geb. 1780) kommt auf verschiedenem Wege zu ähnlichen Ergebnissen. (Siehe sein Werk: sur lingdißé- rence en matière de religion.) - Jhm is der Mensch ein vernünftiges Wesen , aber jo unglülich organisirt, daß er, mit Hülfe der Sinne, Empfindung und Vernunft, doch nir- gends die Wahrheit erkennen kann, sondern überall nur Zwei- fel, Täuschung und Jrrthum findet. Durch sih selbst wird er weder zum Glauben, noch zur Wissenschaft gelangen; es giebt nihts Wahres, Wesenhastes in ihm oder außer ihm, und er sollte nicht einmal an sein eigenes Daseyn glauben, wenn er dafür keine anderen Zeugnisse hat, als sein eigenes Gefühl und sein eigenes Bewußtseyn. Aus dieser Noth kann nichts erretten, als die Autorität. Diese p fie Zeugniß von mehr oder weniger Personen, deren Aussage Glauben verdient ; es ist das Recht, welches diesen Personen zusteht, daß man ihnen über Thatsachen Glauben beimesse, die sie wahrhaft bezeugen. Die Autorität faßt also in sich eine Thatsache, Zeugnisse für die Thatsache und Glaubwärdigkeit der Zeugen. hne Au- torität sind alle unsere Urtheile zweifelhasc oder irrig ; sie ist die dge Regel derselben, und wir haben ntchts. zu thun, als die Entscheidungen der Wissenden, der Autorität zu ver- nehmen und uns ihnen zu unterwerfen. Wenn nun aber allen Einzelnen, als solchen, die rheit verborgen und un- zugänglich ist, ‘woher fommen denn nun die Wisseuden, welche

*) Siehe Nr. 149 und Nr. 155 der Staats-Zeitung.