1830 / 243 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Thu, 02 Sep 1830 18:00:01 GMT) scan diff

unbestimmte Zeit verbanate, ihrer Güter und Pensionen zu berauben. Diese Befugniß war offenbar nichts als eine Con- fiscation , die, wenn gleich blos partiell, nichtsdestoweniger eine augenscheinliche Verlezung des 66sten Artikels der Charte war. Nach dem 7ten Artikel sollten die Confiscation und die Verbannung nicht blos fakultativ, sondern abjolut seyn. Diese Maaßregeln waren cigentlih weder geseßgebende Handlungen noch Urtheilssprüche, sondern Achts : Erklärungen: Jhnen, meine Herren, eine feierliche und glänzende Genugthuung da- für in Vorschlag zu bringen, war die vornehmste Pflicht ei- ner Regierung, deren Aufgabe darin besteht, den Geseben ihre ganze Unverleblichkeit zurückzugeben.“ Nach dieser Aus- einanderseßung las der Minister den Geseß-Entwurf selbsi vor. *) Nachdem der Präsident den Empfang desselben bescheinigt hatte, wurden die Tages zuvor begonnenen Berathungen über die Aende- rungen in dem Reglement wieder aufgenommen. t, 22. Délessert hatte unter Anderm den Vorichlag gemacht / die Staatsboten der Kammer gänzlich abzuschasfen. Als er den- selben entwickeln wollte, richteten sich Aller Augen unwillkühr- lih nach den beiden im Saale anwesenden Boten, **) zweien ehrwürdigen Greisen, wovon der Eine eine braune Perúcke, der Andere gepudertes Haar trug, Beide in schwarzen Sam- met gekleidet und cinen langen Degen an einem drctfarbdigen Gürtel zur Seite. „Die Rechnungs - Kommission‘, äußerte r. Délessert, „hat mich zu diesem Antrage veranlaßt. És versteht sich von selbst, daß die beiden achtungswerthen Männer, die gegenwärtig das Arnt eines Staatsboten ver- richten, eine ihrem Dienstalter angemessene Pension erhalten ; ja wir wünschen sogar, daß sie ihr ganzes Gehalt als Pen- sion behalten mögen; dies ist um so billiger, als sie die be- ständigen Zeugen aller Epochen der Revolution gewesen sind. Von ihrom unveränderlichen Siße aus haben sie hinter ein- ander die constituirende Versammlung, die gesebßgebende Versammlung, die Republik, das Direktorium, zroei- mal das Kaiserthum und dreimal die Bourbonen an si vorüber gehen sehen. Jekt ist es endlich Zeit, daß fie vom Schauplabe abtreten. Wir brauchen feine unnüßben Aemter mehr. Nicht durch abentheuerliche Kostüme , durch Sticke- reien , lächerliche Verzierungen und derg!. darf die Deputir- ten-Kammer sich hinführo auszeichnen; durch die Gewalt der Vernunft und der Wahrheit müssen wir uns die öffentliche Meinung und jene unwiderstehliche moralische Krast erwer- ben, welcher Tausende- von bewaffneten Soldaten haben wei- chen mússen. Doch genug in Betreff der Staatsboten ; durch ‘ihre Abschäffung ersparen wir jährlich 15,000 Fr., denn Je- der von ihnen bezieht ein Gehalt von 5,000 Fr., und sie ha- ben überdies noch einen Wagen zur Disposition. Bevor ich schließe, erinnere ich Sie noch an jenen alten Philosophen, der, als Jemand die freie Bewegung abläugnen wollte, sich siatt aller Antwort darauf beschránfte, vor ihm auf und ab- zugehen. Um meine Ansicht zu bekämpfen, wünschte ich, daß die beiden in Rede stehenden Personen sich eines ähnlichen Arguments gegen mich bedienen könnten.“ Als Herr B. Délessert, dessen Rede die Versammlung mehrmals in eine sehr fröhlihe Stimmung verseßt hatte, sich anschicéte, die Red- nerbühne zu verlassen, eilte Einer der Staatsboten (Herr Giraud) schnellen Schrittes auf ihn zu, wahrscheinlih um thm zu beweisen, daß er noch gut auf den Füßen sey, und richtete einige sehr lebhafte Worte- an ihn. Der Antrag des Hrn. Délessert wurde übrigens, 'auf die Bemerkung des Hrn. Du- vergier de Hauranne, daß es unschicklich seyn würde, mit der Pairs - Kammer durch die Vermittelung eines bloßen Thür- stehers zu forrespondiren , verworfen. Als zuleßt über die sämmtlichen in dem Reglernent vorgenommenen Modificatio- nen noch einmal abgestimmt ward, wurden dieselben einstim- mig angenommen. Der Präsident theilte hierauf der Ver- sammlung ein Schreiben des Hrn. v. Vatimesnil mit, worin dieser gleichzeitig in Valenciennes und Saínt-Flour gewählte Deputirte sih für den erstern Bezirk entschied. Jeßt be- stieg Hr. Jacques Lefebvre die Rednerbühne, um, Na- mens der betrefenden Kommission, die Annahme des am Wsten vorgelegten Geseß - Entwurfes, wodurch dem Minister des Innern L verschiedenen öôffentlihen Bauten und außer- ordentlichen Bedürfnissen éin Kredit von 5 Millionen Fr. eróffnet werden soll, in Vorschlag zu bringen. Demnächst stattete auch Hr. Milleret den Kommissions - Bericht über den am 18ten vorgelegten Geseßz - Entwurf ab, wonach die Einregistrirungs-Gebühren für Verhandlungen über Darlehen ang von Waaren ein für allemal auf zwei Fr. festgeseßt werden sollen; er stimmte gleichfalls für die An-

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*) Wir haben diescn G

cie - Entwur bereits gester Paris vom 25. Aug. mitgethélie f its gestern unter **) Es sollen deren reglementsmäßig drei seyn.

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nahme dieses Entwurfes, indem er zugleich den Vorschlag machte, die betreffende Anordnung auch noch auf solcheDarlehen zu. erstrecken, die gegen Verpfändung von Actien anonymer Han- dels - Gesellschaften eröffnet werden. Die Kammer beschloß, sich mit diesen beiden Geseß-Entwürfen in ihrer Sißung vom 26jten zu beschäftigen, und schritt hierauf zur Wahl eines Präsidenten an die Stelle“ des Hrn. Cas. Périer. Der Na- mens - Aufruf ergab 256 anwesende Deputirten. Von diesen erhielt Hr. Laffitte 245 Stiramen, der sonach unter dem [eb- haftesten Beifalle zum Präsidenten der Deputirten - Kaminer ausgerufen wurde. Hr. Laffitte danfte in folgenden Wor- ten: „Meine Herren, ih nehme mit Freuden das hohe Amt an, das die Kammer mir überträgt. Jch weiß, wie sehr däs- scibe meine Kräfte übersteigt; aber Jhre Nachsicht flößt mir Muth ein, und ih darf nur meiner Hingebung fär das all- gemeine Beste folgen. “Durchdrungen von einem Beweise der Achtung, den ich als das glücklichite Ereigniß meines Lebens betrachte, bitte ih die Kammer, den Ausdruck meines lebhaf- ten und aufrichtigen Dankgefühls zu genehmigen.‘“/ Die Wahl des Hrn. Laffitte machte die Ernennung eines vierten Vice - Präsidenten nôthig. Es wurde dieserhalb sofort eine zweite Abstimmung veranstaltet, und als diese zu feinem Re- jultate führte, da Niemand die absolute Majorität erhielt, eine dritte. Bei dieser wurden Hrn. Labbey de Pompières von 245 Stimmen 136 zu Theil, so daß er zum vierten Vice-Präsidenten proklamirt wurde. Die meisten Stimmen nach ihm erhielt Hr. Aug. Périer, nämlich 108. Am Schlusse der Sißung fand noch eine vierte Abstimmnng Bchufs der Wahl der beiden Quästoren der Kammer statt. Die beiden bisherigen Quäjtoren, Herren Laisné de Villevêque und v. Bondy, wurden mit großer Stimmen -Mehrheit (resp. 188 und 156 Stimmen unter 226) wieder gewählt.

Paris, 25. August. Vorgestern fand ein großes Gast- mahl bei Hofe statt, Das Journal des Débats enthält darúber folgenden- Bericht : „Alle Stände schienen an dieser Tafel repräsentirt zu seyn, wo man Herrn v. Saint-Aulaire, Pair von Frankreih , mit dem Fürsten von der Moskwa, dem Obersten der reitenden National - Garde, mehrere Genee ral-Lieutenants , den General-Peost-Direftor und Deputirten Herrn Chardel, den Advokaten Lucas vom Königl. Gerichts- hofe und mehrere Präsidenten der Deputationen aus den Departèments, so wie Abgeordnete der Kunst- und Gewerb- \chulen u. \. w. beisammen sißen sah. Der König unterhielt

sich mit jedem der Präsidenten der verschiedenen Deputatio-

nen über die Lokal-Jnteressen, auf die sie seine Aufmerfsam- feic geleitet hatten, und sprach lange mit Herrn Lucas über

den Antrag des Herrn von Tracy, an dessen Erfolge Se. “Majestät den lebhaftesten Antheil zu nehmen schienen.“ :

Am verwichenen Sonnabend machte eine Deputation des Vereins für die Beförderung des Elementar-Unterrichts dem Könige- ihre Aufwartung. Der Präsident des Vereins, Hr. Francoeur, redete Se. Maj. in folgender Weise an: ¡Sire! Der Vecein für die Beförderung des Elementar - Unterrichts fühlt das Bedörfniß, Jhnen heine Wünsche auszusprechen und seine Huldigung darzubringen. In stürmischen Zeiten entstanden , kämpft der Verein seit 15 Jahren standhaft ge- gen den Obscutantismus , der ihn durchaus zerstôren wollte. Jeßt sind shöônere Tage. für uns aufgegangen. Seit langer Zeir geruhte der Herzog von Orleans, unjere Bestrebungen hochherzig zu unteritüßen ; er wird uns als König der Fran- zosen nicht verlassen. Wir werden den Französischen Boden sich endlich mit Freischulen für den gegenseitigen Unterricht bedecen sehen, in denen man das Volk in der Liebe zum Vaterlande, in der Ehrfurcht vor den Geseßen, und im Seg- nen des Begründers unserer Freiheiten unterweisen wird.“

Der König erwiederte: „Jch habe den gegenseitigen Unter-

richt stets geliebt und beschüßt. Jeßt, wo ih mehr Macht habe, wird mein Schuß wirksamer seyn, worüber ich lebhafte Freude empfinden werde.‘ Vor einigen Tagen stattete die Königin, von ihrer Schwägerin und dem jungen Herzoge von Aumale, ihrem

Sohne , begleitet, dem Herzoge von Bourbon in Saint -Leu

einen Besuch ab. i

Der Moniteur enthält folgende vom Finanz-Minister Baron Louis contrasignirte Königl. Verordnung vom 23sten d. M. --Wir Ludwig Philipp, König der Franzosen u. s. w. haben in Betracht, daß sich in den mit dem Weinbau be- \chäftigten Landschaften Klagen, welche auf ernste Bedräng-

“nisse hindeuten, erhoben haben, und in der Absicht, diesen

Bedrängnissen, so viel in Unserer Macht steht, abzuhelfen, auf den Bericht unseres Minister-Staats-Secretairs der Fi- nanzen verordnet und verordnen, wie folgt : Art. 1. Eine aus den nachbenannten Mitgliedern bestehende Spezial-Kom-

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mission wird unverzüglich zusamentreten, um die dermaligen Getränfsteuern zu untersuchen und uns diejenigen Modifica- tionen vorzuschlagen, welche mit diesen Steuern etwa vorzu- nehmen seyn möchren. Art. 2. Zu Mitgliedern diejer Kommission werden hiermit ernannt: Der Graf v. Argout, Pair von Frankreich, die Herren Gautier, Humann, Ram- buteau, Pavée de Vandeuvre, Gallotr, Persil, Saunac, Tho- mas, sámmtlich Mitglieder der Deputirten - Kammer, der Staatsrath Thiers, Herr Pasquier, Verwalter der indiref- ten Steuern, und Herr Bvursy, Divisions-Chef bei der Ver- waltung derselben Steuern. Den Präsidenten wird die Kom- mission selbst ernennen und Herr Boursy die Functionen eines Secretairs versehen.“/

Durch drei andere Königl. Verordnungen von demselben |

Datum wird der Deputirte und Rath beim Königl. Gerichts- hofe zu Paris, Baron von Schonen, zum Kdnigl. Ge- neral-Profurator beim Rechnungshofe statt des mit Anspruch auf Pension entlassenen Baron Rendu, der Deputirte Herr Bavoux zum Rath beim Rechnungshofe statt des Herrn Josse de Beauvoir, und der Deputirte Herr Berar d (Ver- fasser der bekannten Propositionen) zum General - Direktor der Brücken und Chausseen ernannt.

Nachstehende dreí Präfefturen sind neu beseßt worden : Die Präfektur des Departements des Lot und der Garonne durch den ehemaligen General - Secretair Croneau, statt des E Baumes ; die Práfeftur des Departements der Seine und Marne durch Hrn. v. la Chapelle, statt des Hrn. v. Goyon, und die des Departements des Var durch den erst vor eini- gen Tagen zum Präfekten der- Nordkústen ernannten Hrn. Thieullen. Außerdem giebt der Moniteur die Ernennung mehrerer Unter - Präfekten und Maires und 83 Beförderun-

gen im Justizfache.

Der Constitutionnel enthält Folgendes: „Die Hand- lungen des Ministeriums tragen mehr als je den Stempel jenes gefährlichen Cotterie-Geistes, jener verderblichen Willfäh- rigfeit an sich, die wir schon einmal bezeichnet haben. Jeder, der auf die langen Listen einen Blick wirft , welche täglich die Kolumnen des Moniteurs anfüllen, wird darin einige Namen von úbler Vorbedeutung, einige von jenen SchüÜßz- lingen finden, die unter den Ministerien Villèle’'s und Po- lignac’'s noch mächtige Leute waren. Sind denn die Mi- nister schon jebt so hohe Personen geworden, daß sie eine an- dre Luft einathmen , in einer andern Atmosphäre leben , als dás Volk? Es thut uns leid, daß wir uns genöthigt sehen, uns noch immer zur Opposition zu bekennen, aber unsre ge- naue Kenntniß der Thatsachen und der Richtung der Gemü- ther zwingt uns dazu. Wir sind von einer systematischen Opposition so weit entfernt , es fommt uns so wenig in den Sinn, die Absichten der Regierung zu beschuldigen, daß wir überzeugt sind, die Minister selbst würden uns bei- pflichten, wenn sie hörten, was wir hôren, sähen, was wir sehen, und wüßten, was man in Paris und in den Depar- tements denkt, und was sich hier und dort zuträgt. Aber die ministeriellen Salons werden von den Ränkemachern aller Epochen, den Söldlingen aller Systeme, den Seiden aller Regierungen belagert, die um so leichter den Vorrang ablaufen, als das bescheidene Verdienst, die wahre Vaterlands- liebe mit der'Rolle eines Sollicitanten unvereinbar ist. Dies giébt zu Klagen und Murren Anlaß, die man zu beschwichti- gen suchen sollte.‘

Der Courrier français äußert -an einer Stelle : „Das: Ministerium hat von uns weder Ruhe noch Rast zu erwarten, so lange nicht die Lage der Dinge in den Provin- zen ein andres Ansehen gewonnen hat. Es giebt Orte, wo der König. der Franzosen noch gar nicht proflamirt worden ist, wo die Verfügungen der Regierung gar nicht bekannt gemacht werden. Der Aufschwung der Gemüther hat dem Argwohn Plaß gemacht; man befürchtet, sich zu compromit- tiren, wenn man si für die neue Ordnung der Dinge aus- spricht. Ein solcher ärgerlicher Zustand darf nichr länger

eduldet werden ; dauert er noch 14 Tage, so wäre dies eine

Verrätherei. Wenn der Minister des Jnnern sich nicht fähig ühlt, fräftige Mittel dagegen anzuwenden, so ist er es dem Lande und dem Könige, der ihn mit seinem Vertrauen beehrt, schuldig, sein Amt in die Hände eines Mannes zu legen, der uns dieser gefahrvollen Lage mit fester Hand entreißt.‘‘

- „Wir haben der liberalen Partei zugerufen!/, sagt die Gazette de France, daß, wenn es ihr gelänge, die Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten, und das Glúck des

.

Landes zu machen, wir uns zu ihrem Siege freuen und ihre

Ansprüche auf die Herrschaft mit Vergnügen anerkennen

hause. Die Spribenleute er] ‘und ihrem Czafo ohne Kokarde. Herr von Lascours erflárte

würden. Aber man darf ‘es sich nicht verhehlen, diese Auf gabe ist eben so shwierig als verwickelt. Es handelt sich darum, die allgemeine Kraft, nämlich die Regierung, zu fon- stituiren und ihr die einzelnen Kräfte unterzuordnen. Jene allgemeine Krafc besteht aber aus verschiedenartigen Ele- menten, die durch eine langwierige Opposition entstellt und ver- fálscht worden sind. Diese Elemente sind die Auflagen, der «Militairdienst, die Verwaltung, die Bestrafung der Vergehen, die Polizei , mir einem Worte Alles, was die Subordination sichern und den Gehorsam für die Gesebe gebieten fann.

* Wenn nun aber alle diese Theile der dffentlihen Macht all-

málig von denjenigen Männern selbst geschwächt worden sind, die sie heutiges Tages neu begründen wollen, so läßt sh

nicht annehmen, daß dieselbéèn Grundsäße, wodurch die allge- | meine Krafc gebrochen worden, jeßt auch dazu dienen fônnen,

sie wiederherzustellen. Die Regierungen erhalten sih nur durch gute Geseße; föônnen nun aber wohl Geseße gut seyns die auf Vorurtheile und Leidenschaften des Augenblicks ge- gründet sind? Die Begierde, die neue Ordnung der Dinge dem Volke dbelicbr zu machen, führt _ immer weiter, als man sich anfangs vorgenommen hatte. Die Demokratie ‘hat ihr Völkchen von Schmeichlern, wie die Monarchie ihren Schwarm von Hofleuten. Man will die alten Institutionen verbessern, und statt dessen stdßt man sie ganz über den Haufen und schafft an deren Stelle neue, die nichts als Mißbräuche sind, weil man von einem Extreme in das andere gerathen it. Wir befinden

uns am Abhange des Bösen; welche Mühe wird es nicht

fosten, wieder zum Guten hinaufzusteigen. Der Moniteur hat die von der Deputirten-Kammer modificirte neue Charte publicirt. Dieses Dokument is ein Denkmal der politischen

| Fdeen unserer Zeir. Die Erfahrung allein fann über den

Werth einer soichen Verfassung entscheiden; wir wünschen sehr, day sie den Bedürfnissen unserer gesellschaftlichen Ord- nung genügen und daß die große Schwächung - der König- lichen Macht die Hoffnungen der Wohlgesinnten nicht täu- schen möôge.‘“

Ueber die Unruhen in Nismes enthält ein vom Globe mitgetheiltes Privat-Schreiben aus dieser Stadt vom 17ten August folgende nähere Angaben : „„Am verwichenen Sonn- abend war angekündigt worden, daß am folgenden Tage der König der Franzosen proflamirt werden sollte. Zu dieser Feierlichkeit hatte der Maire auch die Spribenleute eingela- den. Am Abend kam Herr v. Lascours an. Des Sonntags frúh um 9 Uhr begaben sih alle Truppen nach dem Stadt-

chienen mit ihren alten Lilien

dem Chef derselben, daß sie der Feierlichkeit nur mit den Nationalfarben beiwohnen könnten, tadeite sle heftig und be- fahl ihnen, sich zurücézuziehen. Der neue König wurde hier- auf in der größten Ordnung proklamirt, und bis um 4 Uhr Abends war Alles ruhig. Um diese Zeit aber bildeten sih Gruppen um das Theater; diejenigen Personen, welche die dreifarbige Kokarde trugen, wurden mit Steinen gewor- fen, und man versuchte, ihnen dieselbe abzureißen. Mehrere Bürger wurden dabei sehr gemißhandelt. Abends war die Stadc erleuchtet[und die Ruhe schien wiederhergestellt, als stär- fere Volkshaufen sich bei den Kasernen verjammelten und allen Vorübergehenden die dreifarbige Kokarde abrissen. Bald rúte eine ziemlich bedeutende Anzahl von Patrioten nah demselben Orte zu, es kam zum Angriffe, wobei mehrere Bürger mit Dolchstichen verwundet wurden. Am folgenden Mor- gen wurden die verschiedenen Gewerbe auf die Mairie zusarnmen berufen, um sih über Mittel zur Wiederherstellung der Ordnung zu berathen. Jn dieser Versammlung zeigte Hr. Jsnard der Vater an, daß eine Verschwörung dem Ausbruche nahe gewe- sen sey; die Sturmglocke sollte das Si nal geben, man wollte die Schweizer entwassnen und den Maire nebst Herrn von

Lascours umbringen. Die Behörden trafen sogleich die ns-

thigen Maaßregeln , um diese Pläne zu vereiteln, der Glo- ckéenthurm wurde mit Truppen beseßt, die Seile an den Glocken wurden abgeschnitten, und einige wegen ihrer im Jahre 1815 begangenen Ausschweifungen berüchtigte Einwoh- ner wurden verhaftet. Der bei den Kasernen / versammelte Haufen wurde hierauf noch unge umer; er bewaffnete sich mit Steinen und rücfte mit dem Ruf: „„die Bourbonen oder den Tod!‘ vor. Herr von Lascours , der eine bewunderns- werthe Thätigkeit entwickelte, war einen Augenblick von deu Wäüthenden umgeben , wurde aber durch eine Patrouille rei- tender Jäger bald befreit. Alle Schweizer - Truppen traten unter die Waffen, und es gelang, die Ruhe - einigermaßen wieder herzustellen. Jeßt, seitdem das 36ste Regiment aus Montpellier hier angekommen ist, sind wir ruhig, denn wir haben nunmehr Französische Truppen.“ : i Ueber das Sinken der Fonds an der hiesigen Börse liest