1830 / 246 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sun, 05 Sep 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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gnürigster Kdnig die hiesige Stadt, besonders nah deren un- glülihen Feuersbrünsten, gewürdigt hat, gehört auch die gnädigste Verleihung einer neuen Orgel für die hiesige Stadt- kirche. Dieses ausgezeichnet shône Werk, das der Orgelbauer err Heise aus Potsdam mit seltener Geschicklichkeit ausge- bre: ba, ist gesteru Vormittags feierlihs eingeweiht wor- den, und mit dieser Festlichkeit hat zugleich die Einführung des eht evangelischen neuen Berliner Gesangbuchs statt ge- funden, für dessen Annahme sich die hiesige Kirchengemeinde laut und freudig ausgesprochen, und zu dessen Verbreitung unter die Armen der Stadt unsere achtbaren Herren Stadt- verordneten die bedeutende Summe von Hundert Thalern eben so gern bewilligt hatten, wie früher schon von densel- ben die Verwendung einer noch größeren Summe zur Anfer- tigung eines dem neuen Orgelwerke entsprechenden Gehäujes enchmigt worden war. Für diese Feierlichkeit begaben sich dein ersten Glockengeläut die städtischen Behörden , welchen sih die Schuljugend mit ihren Lehrern anschloß, Eve tein Zuge nach der Kirche. Nun ließ der zur Revision der Orgel hier anwesende Königl. Musik - Direktor Herr Bach aus Berlin die ersten Feiertdne der für dieses Fest noch be- sonders verzierten “Orgel erschailen, welche aufs mächtigste und tiefste das Gemüth der auch durch die Theilnahme vieler Fremden höchst zahlreihen Versammlung ergriffen, die dann den Gesang; „Lobe den Herrn 2c.“ anstimmte. Hierauf ward die hier schon seit fast vier Jahren zu allgemeiner Erbauung eingeführte Liturgie abgehalten und nah dieser eine vom Ober - Prediger gedihtete und vom Stadt - Musikus Herrn Lehmann in Wusterhausen a. d. D. höchst ansprechend kom- ponirte Kirchen-Musif unter der Leitung desselben von dem Herrn 2c. Bach, nebst vielen hochgéehrten Mitgliedern der Berliner Sing-Akademie und mehreren fremden und einhei- mischen Künstlern, ausgeführt. Jhr folgte nach Abfingung des Haupt-Liedes die vom Ober-Prediger gehaltene ‘Predigt, worauf das Lied „Nun danket alle Gott‘/ und ein diese Kir- chenfeier würdig schließendes Nachspiel des Herrn Bach auf der Orgel dieselbe beendigte. Ein nah dem Schlusse des nachmittäglichen Gottesdienstes folgendes Festmahl, an wel- em außer den Behörden und den dazu eingeladenen A auch viele Einwohner Theil nahmen , ethielt seinen Werth vorzügli h durch die laut und ehrfurchtsvoll ausgèsprochenen Worte der reinsten und lebendigsten Dank- barkeit gegen Se. Majestät, unsern erhabensten Wohlthäter, die sich auch in der-Stunde der Freude eben so warm und innig darthat, wie sle in der Stunde des Ernstes von der Kanzel herab der Gemeinde zugesprochen worden war.

Im Jahre 1829 haben in den zur Kur- und Neumärf- (& es” Felersocecát gebdrigen Städten des Potsdammschen Regierungsbezirks überhaupt 44 Brände stattgefunden, von welchen Z durch Verwahrlosung, 10 durch muthmaßliche und 1 durch vorsäßlihe Brandstiftung, 1 durch fehlerhafte Bau- art und 29 durch unermittelte Zufälle veranlaßt worden sind.

Bei diesén Bränden haben 215 “Associirte an ihren Gebäu--

den Schäden geritten, und sind denselben 30 Wohnhäuser, 70 Seiten- is Stallgebäude , 116 Scheunen, 5 Windmüh- len, 2 Fabrikgebäude und 1 Kegelbahn gänzlich eingeäschert, so wie außerdem 44 Wohnhäuser, 40 Seiten- und Stallge- bäude, 1 Scheune und 1 Mahlarche mehr oder weniger be- schädigt worden. Die. gesammte Ausgabe für liguidirte. Feu- ershäden hat 194,250 Thlr. betragen.

Die sonst in Alt-Stansdorf- eingeschult gewesene Kom- mune-Riep los (Regierungs-Bezirk Potsdam) hat mit rühm- lihem- Cifer/ und bedeutenden Aufopferungen eine eigene Schuleinrichtung getroffen, ein zum Schulhause- passendes Gebäude, zweckmäßig eingerichtet, die Schulstelle nah Kräf- ten dotirt und die Schule mit den nöthigen Utensilien und „Lehrapparaten auf ihre Kosten versehen.

Große musikalische Aufführung in Stettin, Am 14, und 15. September werden | Unterzeichnete - în der Form eines: Musikffestes zwei große Aufführungen ‘veran-

alle Tonkänstler hierselbst, haben sich zu diesem Zwecke be- reits verde, Aach lt dén benachbarten Städten von Stettin ist uns Unterstüßung zugesagt. Auswärtige Ton- funstler und Sänger von Berlin und Halle haben die Aus- führung der Haupt- Solo - Partieen auszuführen gütigst über- nommen. Am l4ten, Abends unt 5 Uhr, wird in der er- leuchteten Jafkobikirhe mit einem Personale von zwei bis drei Hundert. Theilnehmern „Die Zerstörung Jerusalems ‘“, Oratorium von- G. Nikolai, komponirt von C. Lôwe, und am 15ten, im Schüßensaale, neben Solo -Gesangspartieen, Beethovens „„C- moll- Symphonie‘! von einem zahlreichen Orchester - Personale aufgeführt werden. Näheres werden wir nachträglih anzuzeigen nicht verfehlen. Stettin, am 28. August 1830.

Lôwe. Liebert.

Königlihe Schauspiele.

Sonnabend, 4. September. Jm Schauspielhause : Erster Saß eines Violin - Konzerts, von Viotti, vorgetragen von Herrn F. Leo Herz. Hierauf: Der dreißigste Geburtstag, Lustspiel in 1 Akt. Dann: Variationen súr Violine, von Be- riot, vorgetragen von Herrn Leo Herz. Und: Karl XI[. auf seiner Heimkehr , militairisches Lustspiel in 4 Abtheilungen, vom Dr, C. Tôpfer. ;

Sonntag, 5. September. Jm Opernhause: Der Frei- {Úß, Oper in 3 Aufzúgen, von F. Kind; Musik von C. M. von Weber. (Dlle. Heinefetter, erste Sängerin» der Jlaliänischen Oper zu Paris: Agathe, als Gastrolle. Fräu: lein von Schäbel : Annchen.) ; “atis

In Charlottenburg: Beschämte Eifersucht, Lustspiel iu 3 Aufzúgen, von Frau v. Weißenthurn. (Herr Engelhardt, vom Hoftheater zu Sondershaujen : Werthen, als Gastrolle.) Und: Der Nasenstúber, Possenspiel in 3 Abtheilungen, von E. Raupach. ; i

Montag, 6. September. Im Schauspielhause: Die Doppelverheiratheten, Lustspiel in 1 Aufzug. Und: Die feind- lichen Brúdec, Possenspiel in 3 Aufzügen, von E. Raupach.

Königstädcisches Theater.

Sonnabend, 1 Atelier Zum erstenmale: Der Flücht: sing, Drama in 1 Aft, vou F. L. Winzer. ierauf: Sta- berl als Freischüß, Parodie mit Gesang in Z-Aften.

Sonntag, 5. September. Fra Diavolo, oder : Das Wirths- haus zu Terracina, komische Oper in 3 Akten; Musik von Auber. t i Montag, 6. September. Die Schwestern von Prag, fomische Oper in 2 Akten. (Herr Röôsicke wird, von jeiner Reise zurückgekehrt, als Schneider Kakadu zum erstenmale wieder auftreten.) ;

Berliner Börse. Den 3. September 1830.

i FZA Brief. Geld St.-Schuld-Sch1 4 | 96# { 965 JVstpr. Ptandbrfk. Pr. Eng]. Anl. 18| 5 1100. | Pomm. Pfandbrf. Pr. Engl. Anl. 22! 5 ‘100 Kur-u.Neum. do, Pr. Engl. Obl. 30 92x Schlesische do. Kurw-Ob. in.1.C. 96x Dem. - Pfandbri, Neum.Int Sch.d.f 4 | 96% Rkst. C.d.K.-u.N, Berl. do Ob. 99x Z.-Sch. d.K.- u N. Königébg. do. 98 i Elb Sée do. 100 Holl. vollwv. Duk. Dánz: do. in Th: 36L Neue „dito Westpr.“Ptdb, 99: - Friedrichsd’or . Grosshz.Pos. do.j 4/1007 Disconto...

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P s R A R QU

Auswärtige Börsen. Hamburg, 1. September. Wiener Bank-Actien 1240. Engl. Russ. Anl: 100. Silber-

stalten. Alle Freunde der Tonkunst unserer Stadt, so wie

Bub. 96. Dän. 665: Poln. pr. 30. Sept. 114:

Neueste Börsen-Nachrichten. _ Paris, 28. Aug. 5proc. Rente - per compt. und lin cour. 101 Fr. 70 C. 3proc: per compt. und fin cour. 73 Fr.

5proc.- Neap. Falc. 5proc. Cortes-Bons 19x,

Frankfurt a. M., 31. August. Oesterr. 5proc. Metall. 954. 95. 4proc. 894. 89. Bank-Actien 1479. 1477. Part;Obl, 1222. Loose zu 100 Fl. 170. B. Poin. Loose 565. 565.

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Gedruckft hei A. W. Hayn.

per compt. und fin cour, ‘70 Fr. 50 C.

5proc. Span. Rente perp. 46.

Redacteur John. Mitredacteur Cottel.

Amtl. Fonds- und Geld-Cours-Zettel. (Preufs. Cour.)

5proc. dito- Guebhard 52. Iproc. 54. 1proc. 23. B.

Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

Ne 246.

Amtlihe Nachrichten.

Kronik des Tages.

Der bisherige Prorektor des Gymnasiums in Múühlhau- sen, De. Gräfenhan, is zum Direktor dieser Anstalt er- nannt worden.

Der bisherige Prorektor am Gymnasium zu Guben, De. Schönborn, is zum Direftor des Gymnaslums in Schweidniß ernannt worden.

Im Bezirk der Königl. Regierung zu Frankfurt a. d. O. ist der Kandidat Hubert zum

evangelischen Hülfs - Prediger und Rektor in Dobrilugk , der Pfarr-Gehülfe Schulze zum evangelischen Pfarr-Adjunkt in Buchholz, Superintendentur Fürstenwalde, und der bisherige

farr-Adjunkt Rosenfeld zu Görlsdorf N evangelischen

rediger in Rosenthal, Superintendentur Königsberg i. d. N., berufen und der Pfarr- Adjunkt Hufnagel zu Klein - Rade als evangelischer Prediger in Tschernow, erste Franffurter Superintendentur, desgleichen der Kandidat Mudra als Sub-Diafonus und Rektor in Peiß, Superintendentur Kott- bus, bestätigt worden; :

zu Minden ist zur Verleihung der erledigten Kaplanet-

Stelle zu Bredenborn, Kreises Höxter , an den Kurat-Geist- lihen Anton Steinbrincck aus Paderborn, ingleichen zur Uebertragung der erledigten 2ten Kaplanei-Stelle zu Wieden- brûck an den Seminar Priester Kd ster aus Rietberg, das landesherrlihe Placet ertheilt worden ;

__ zu Trier ist der Pfarramts- Kandidat Ernst Fried- re Quas zum evangelischen Pfarrer zu Hausen ernannt worden. ;

Angekommen: Se. Durchlaucht der Herzog Wil- helm von Braunschweig-Oels, aus Schlesien.

Zeitungs-Nachrichten. Ausland.

Franfkfreicdch.

Pairs-Kammer. Sibung vom 27. Augusk. Da der Präsident, Baron Pasquier, sih an diesem Tage nach Saint-Leu begeben hatte, um über den Tod des Prinzen von Bourbon - Condé *) ein Protokoll aufzunehmen, so war der Baron Séguier von dem Könige zum Vice - Präsidenten ernannt worden. Nachdem der Herzog von Broglie er- klärt, daß die betreffende Königl. Verordnung sich bereits in den Händen des Großsiegelbewahrers befinde und jeden Au- genblick eintreffen müsse, bestieg Hr. Séguier den Práäsiden- ten- Stuhl: und nahm in einer furzen Anrede die Nachsicht und das Wohlwollen der Versammlung, die übrigens an die- sem Tage nur aus 90: Personen bestand, in Anspruch. Hier- auf wurden vier Pairs vereidigt. Einer derselben, der Her- ¿zog von Coigny, hieit dabei folgende Rede: „Jm Gefühle des tiefsten Schmerzes sehe ih mich heute genöthigt, einen neuen Eid zu leisten ; ich bâtte gewünscht, als ein Unterthan jener erlauchten Familie zu sterben, die in diesem Augenblicke abermals einen Zufluchtsort auf fremdem Gebiete sucht. Warum’ mußten sich auch in. Frankreich Männer finden, - die, Feinde ihres Landes, wie ihrer eignen Person sinn- los genug waren, der - Stimme der‘ Verwerfung, die ihre Gegenwart an der Spike der ffentlichen An-

Vat bb ite era CC itel

*) S. uten den Arlitel Paris.

Berlin, Sonntag den 5ten September

1830.

gelegenheiten allgemein erregte, um jeden Preis Troß béie- ten zu wollen; die Achtung, die ihrer gegenwärtigen Lage ge- bührt, verschließt mir den Mund ; wie aber auch der Pro- zeß ausfallen môge, der in diesem Saale erôffnet werden wird, so ist der Thron deshalb nicht minder erledigt wörden, und zwar, meiner Meinung nach, nicht kraft einer Erklärung der Kammern, sondern dur die That. Es sey mir hier erlaubt, zu sagen, daß ih aus dem Grunde meiner Seele das Schick- sal jener unglücklichen Fürsten beklage, die, zum drittenmale von dem Gipfel ihrer Größe hinabgestärzt, in Franfreih nichts mehr bewahren ,„- nicht einmal die Hoffnung auf ein Grab. Hätte es nur meiner bedeutungslosen Existenz bedurft, um Rechte zurückzufkaufen, die, ich gestehe es, muthwillig aufs Spiel gesekt worden sind, so ist Gott mein Zeuge, wie glück- lich es mich gemacht haben würde, ein solches geringes Opfer zu bringen. So betrübr indessen auch. mein Herz if, so wird es deshalb nie aufhdren, fär Frankreich zu blen Fch beeile mih daher auch, anzuerkennen, daß in diesem gewalti- gen Sturme das Staatsschiff noch das hohe Meer behauptet, aber dergestalt von den Wellen gepeitscht , daß es, meiner Ueberzeugung nah, den Matrosen so wenig als dem Steuermann erlaubt ist, ihren Posten zu verlassen : ich ge- horche daher demjenigen, dem man das Ruder übergeben hat, und ohne irgend eines Vorbehalt s{chwödre ich Treue der Ver- fassung und dem Könige Ludwig Philipp 1.“ An der Tagesordnung waren hierauf zwei Berichte, über die Na- tiottal - Belohnungen und übor den neuen Eidschwur. Der Herzog von Choiseul stattete den erstern ab. Er berterkte, daß außer dem (vorgestern erwähnten) Schreiben eines ge- wissen Le Grand, worin dieser die gedachten Belohnungen

auf die am 30sten und 31sten in St. Cloud und Sevres Verwundeten erstreckt wissen wollte, auch noch die- Ein- wohner von Nantes eine gleiche Vergünstigung für ihre Landsleute verlangten, während in einer dritten Petition diese Gunst für alle Opfer der Revolution in ganz Fratk- reich in Anspruch genonimen wärde; die Korkmission habe aber geglaubt, auf diese Forderungen keine Rücksicht nehmen zu dürfen. Der Zweck des vorgeschlagenen Gesetzes gehe ausschließlich dahin , die Bewohner des Seine-Departements und namentlich der Hauptstade für ihre Hingebung an den Tagen des 27sten bis 29ften Juli zu belohnen. Gebe es in andern Departements auch noch Belohnungen zuzuerkennen, so werde die Regierung es si späterhin gewiß angelegen seyn lassen, auch für ste „die National-Erkenntlichkeit in Anspruch zu nehmen : die Kommi)sion stimme daher einmüthig für die An- nahme des betreffenden Geseß - Entwurfes. Nach Herrn v. Choiseul erstattete der Graf v. Saint- Aulaire einen zweiten Bericht über den neu einzuführenden Militair- und Civil -Cid. Er äußerte sich im Wesentlichen folgendermaßen : ¡Der Gegenstand, worüber ih Jhnen, meine Herxen, Bericht abzustatten habe, ist von der höchsten Wichtigkeit, da er zu- gleich auch die Pairs und die Deputirten betrifft. Der ge- wissenhafte Staatsbürger berathschlagt immer nur mit eini- gem Widerwillen über einen neuen Eidshwur. Wohl de-- nen, die in ihrem Leben nur einen einzigen haben leisten dür- fen. So gut ist es aber den Männern unserer Zeit nicht geworden. „Seit vierzig Jahren von so vielen Staats-Um- wälzungen überrascht, hat das allgemeine Prinzip der Unverleßlichkeit des Eides manche Ausnahme erlittèn. Wir wollen hoffen, daß wir endlich am Ziele dieser harten Probe sind. Ausgeklärt durch so viele theuer erkauste Erfahrungen, werden die Regierungen wie die Völfer endlich einsehen, daß, wenn die öffentliche Ruhe und das Gemeinwohl von dem Gehorsame der Völker abhängen, die Stätigkeit der Regie- rungen dagegen wieder auf der Achtung vor den Gerechtsa- men der Bürger beruht. Der Geseß-Entwurf, über den Sie

L berathschlagen haben, zerfällt in drei Theile: den Text des ides, die Bezeichnuñg derer, -die ihn {leisten sollen, und die