1830 / 252 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

1926

Biographische Notizen. (Fortseßung.) l „Ludwig XVIIl. hatte dem Prinzen die Departements des Norden anvertraut; am Abend des 16. März reiste die- ser ab, um den Ober-Befehl dort zu übernehmen, und am fol- enden Tage kam er, in Begleitung des General-Lieutenants Albert, eines seiner Adjutanten, in Peronne an. Der Mar- schall Mortier, Herzog von Treviso, mit welchem der Prinz im Jahre 1792 zusammen gedient hatte, ließ ihn von den Truppen als ihren Ober-Besehlshaber anerkennen. Von Pe- ronne ging Ludwig Philipp nach Cambray, Douay und Lille, wo er überall mit Enthusiasmus aufgenommen wurde. Die Instructionen, die er unterm 20. März an die Kommandan- ten erließ, gingen dahin, jede Partei-Meinung vor dem drin- genden Rufe des Vaterlandes zurücktreten zu lassen, die Gräuel eines Bürgerkrieges zu vermeiden, die constitution- nelle Charte als Vereinigungs - Punkt anzusehen und endlich feinesfalls ausländishe Truppen in unsere festen Pläße ein- zulassen. Eine Botschaft Napoleons traf in Lille ein, in der es hieß: ,, „Der Kaiser kehrt nach Paris, an der Spiße von Truppen, zurück, die man gegen iha gesandt. hatte. Die Civil- und Militair-Behörden haben nun keinen anderen Be- fehlen , - als den seinigen, zu gehorchen, und die dreifarbige Fahne soll auf der Stelle aufgepflanzt werden.‘/ "/ Ludwig XVIII. fam nah Lille und fand dort den Prinzen ; er reiste am nächsten Morgen wieder ab, ohne die- fem oder einem der andern der in Lille befindlichen höheren Offiziere Verhaltungs - Befehle zurückzulassen, Der Prinz zeigte nun allen Festungs - Kommandanten an, daß er ihnen keine Vorschriften mitzutheilen habe, und schicfte sich an, sei- ner Familie nachzureisen. Vorher schrieb er noch an den Marschall Mortier einen Brief, der es wohl verdient, allge- mein befannt zu seyn, denn man findet darin denselben Mann, der er immer war, denselben Franzosen wieder „der dieses Namens würdig ist. Das Schreiben lautete : 17 ¡¡Lille, 23, März 1815. Fch stelle Jhnen, mein theurer Marschall, das Kom- mando vollständig zurück, das mit Jhnen zugleich im Depar- tement des Norden zu führen mich sehr glüctlich “gemacht ha- ben würde. Jch bin ein zu guter Franzose, um das Jnter- “esse Franfreichs deshalb hintanzuseßen, weil neue Unglücks- fälle mich zwingen, es zu verlassen. Jch reise fort von hier, um mich in Zurückgezogenheit und Vergessenheit zu begkaäben. Da der König nicht mehr in Frankreich ist, so kann ih Jh- nen auch keine - Befehle mehr in seinem Namen zukommen lassen, und bleibt mir nichts übrig, als Sie der Beobachtung aller Befehle zu entbinden, die ih Jhnen früher mitgetheilt habe und Zhnen zugleich zu empfehlen, daß Sie Alles thun mögen, was Jhnen Jhr vortrefflihes Urtheil und Jhre reine Vaterlandsliebe als das Beste für die Junteressen Frank: rèihs und als dasjenige darstellen, was sich am angemessen- sten mit allen Pflichten, die Sie zu erfüllen haben, vereinigen läßt. Leben Sie wohl, mein theurer Marschall! Die Brust “wird mir beengt, indem ih diesen Abschiedsgruß niederschreibe. Bewahren Sie mir Jhre Freundschaft, wohin auch das Schicksal mich führen möge, und rechnen Sie für immer auf die meinige. Jch werde das niemals vergessen, was ih von Jhnen in der leider nur zu E Zeit, die wir beisammen zubrachten, gesehen habe. Jch bewundere eben so Jhre edle Loyalität und Jhren trefflihen Charakter, als ih Sie achte und liebe, und all das Glúck, dessen Sie, mein theurer Mar- schall, würdig sind und das noch für Sie zu hoffen ist, wün- sche ih Jhnen aus dem Grunde meines Herzens. E Ludwig Philipp v. Orleans.//‘/ ¿Als einige Tage darauf der Marschall Mortier dem Kaiser eine Mittheilung dieses Schreibens machte, sagte Napoleon, nachdem er es gelesen hatte, von Ludwig Philipp : ¿1 1D, dieser hat immer ein S NIRe Herz gehabt !//‘/ K „Ehe Ludwig Philipp Lille verließ, drückte er einem Offiziere die Lea und sagte ihm bewegt : „„„„Auch ih habe die National-Farbe einst getragen und wünschte sie wohl noch einmal tragen zu fönnen.//// Jn Twickenham ließ er aber- mals sich nieder, und dort beobachtete er gegen sein Vater- land, dem mit dem Degen zu dienen er außer Stand geseßt “war, die strengste Neutralität.

(Schluß folgt.)

1 von Körner.

Königsbg. do.

Königliche Séauüfspiele,

Freitag, 10. September. Im Schauspielhause: Preciosa, Schauspiel. mit Gesang und Tanz in 4 Abtheilungen , von P. A. Wolff; Musik von C. M. v. Weber. (Dlle. Senger, voin Königl. Baierschen Hoftheater zu München: Preciosa, als Gastrolle.)

Sonnabend, 11. September. Im Schauspielhause : Die Schleichhändler, Possenspiel in 4 Abtheilungen, von E. Rau-

pach. Vorher: Der Bettler , Drama in 1 Aufzug, von E.

Raupach.

Sonntag, 12. Sept. Jm Opernhause: Semiramis, große Oper in 2 Abtheilungen; Musik von Rossini. (Dlle. Heinefetter, erste Sängerin der Jtaliänischen Oper zu Paris : Semiramis, als Gastrolle.) -

Preise der Pläße: Ein Plaß in den Logen des ersten Ranges 1 Rthlr. 10 Sgr. 2c. |

In Charlottenburg: Die Indianer in England, Lust- spiel in 3 Abtheilungen, von Koßebue. (Neu einstudirt.)

Königstädtisches Theater.

Freitag, 10. September. Die Braut, Lustspiel in 1 Aft, ierauf, zum erstenmale: Launen“ des Zufalls,„ Lustspiel in 3 Akten, von Lebrun. (Herr Burrmeister, vom Königl. v fe ge zu ‘Dresden: im ersten Stück: den jun- gen Grafen, im zweiten: den Konrad, als Gastrollen.)

_ Sonnabend, 11. September. Der lustige Schuster, fo- mische Oper.in 2 Aften. Zum Schluß der Oper : Variationen über ein Thema von Beethoven, mit obligatem Violoncell, von Adolph Müller eigens für Dlle. Vio fomponirt und vorgetragen von Derselben. :

Sonntag, 12. September. Ouverture aus der Oper „¿Corradino‘/ von Rossini. Hierauf: 1) Molly's Abschied, von Gernlein. 2) Adelaide, von Beethoven, beide mit Kla- vier - Begleitung , vorgetragen von Herrn Holzmiller. Zum Beschluß: Arsena, die Männerfeindin, komisches Feen-Sing- spiel in 2 Aften.

Dienstag, 14. September. Zum erstenmale: Die beiden Nächte, komische Oper in 3 Akten, nah dem Französischen des Scribe und Bouilly, von K. A. Ritter; Musik von Boyeldieu. :

B erie r-B.0 Tse, Den 9. September 1830. Amtl. Fonds- und Geld-Cours-Zeéttel. (Preufs. Cour.)

| Z7 | Brief] Cid] Z7 Erie Teld.

Pt. -Schald-Sch. 958 | 954 JOstpr. Pfandbr. 100 Pr. Engl, Anl. 18 992 Pomm. Ptandbrf. 1055 Sr. Engl, Anl. 22! 997 Kur- u.Neum. do. 106 Pr. Engl. Obl 30; 91 Sechlesische do. 107 Kurm.Ob. m.1.C. 95x Rkst. C.d.K.-u.N. 70 Neum.Int Sch.d. 954 Z.-Sch. d.K.- u. N. T1 Perl. Stadt - Ob. 99x 97 99 36

Elbingér do. Holl. vollw. Duk. Danz. do. in Th. fer WVWVestpr. Pfdb. 96x 122

Neue dito +4 Friedrichsd'or . 13€ Grosshz.P os. do. 100 L | 65 D I: S T N ERE I R E E Af B ACER s S S F S; V I A NOLIS E A T6; D BER D D R O R D E IORUA S B R F IOR A! O R E}

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; Preufss.Cour. Wechsel Cours. Brief | Ged (NRIEQAR SARA Ita O C O C S R P F I E FE M E U B T E U i RURS V NBETZ E C A A S E A R I A R R E} Amsterdam . |Kurz 1385 | 2 Mt. 1372 Kurz 1497 2 Mt. [1485 3 Mt.

2 Mt.

2 Mi.

2 It.

z Mt

8 Tage. 2 Mi.

3 Woch. Kurz

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A | R RAOANA

[1114S 1. S

1149

London

Paris. i

Wien in 20 Xr

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Frankfart a. M. W Petersburg BN. ........ Warschau

1015 9874

1014 30 1005 |

Neueéstè Börsen-Nachrichten.

j Paris, A Sept.

72 Fr. 70 C. 3proc. fin cour. 72 Fr. 95

Z5proc. Span. Rente perp. 42. - Franffurt a. M., 6. Sept.

Bank-Actien 1437. 1434. Part.-Obl. 1223, 1224. Loose zu 100 Fl. 169. B. Pola. ——————————————LELOE C O I E E R Ewa mae e

Gedruckt bei A. W. Hayn.

5proc. Rente per compt. 102 Fr. 65 C. 5proc. fin cour. 102 Fr. 85 C. 3proc. per compt. C Sée Neap. Falc. per compt. 70 Fr. 10 C. 5proc. fin cour. 7 Fr. 45 C.

Oesterr. 5proc. Metall. 955. 955. 4proc. 887. 882, 273proc, 53ä. 1proc. 225. B.

: oose 557. 555. Redacteur. John. Mitredacteur Cottel.

Allge meéne

Preußische Staats- Zeitung.

——— : SVT 52 Berlin, Sonnabend den 11e# September

“Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Das 46te Stück der Geseßsammlung, welches heute aus-

gegeben wird, enthält : / | die Allerhöchsten Kabinets-Ordres unter

Nr. 1162. vom 7ten v. M. , betreffend die- Ermäßigung der | im Tarif vom 24. Juli 1828 festgeseßten Schiff- |

fahrts - Abgabe auf der Wasserstraße zwischen der

Elbe und Oder für die unbeladenen Kähne und deren Anwendung auf die kleineren Wasserstraßen im Bezirke der Regierung zu Potsdam, und

Nr. 1163. vom 418ten v. M., die Gebühren der Beamten

bei den Kreis - Justiz - Kommissionen betreffend,

und unter

die Verordnung wegen Einführung einer gleichen

Wagen - und Schlitten - Spur in der Provinz

i Posen. Vom 21sten v. M. Z

Bérlin, den 11. September 1830. Debits-Comtoir.

Angekommen: Der Kaiserl. Russische General-Major von Esjakow, von Achen. ;

Der Kaiserl. Russische Feldjäger Franzow , als Courier von Paris,

Nr. 1164.

ae Abgereist: Se. Durchlaucht der Herzog Wilheln'

von -Braunschweig-ODels, nah Braunschweig.

Se. Excellenz der Königl. Französische General-Lieutenant, Graf von Lobau, nach Paris. | e, Der Premier-Lieutenant’ und Adjutant Sr. Königl. Ho- heit des Prinzen Albrecht, von Reißenstein, als Courier nach dem. Haag. :

“Der Königl. Sardinische Legations-Secretair bèi der Ge- sandtschaft. am Kaiserl. Russischen Hofe, Marquis Pareto, als Courter nah St. Petersburg. ;

Zeitungs-Nachrichten. Ausla n d.

ELantrei o, Deputirten-Kammer. - Die Sibung vom-2.

Seprember erôffnete der Präsident mitder Vorlefung ver--

schiedener ihm zugegangener Schreiben. Eines derselben lau- tete also: „M. H. Jch glaube nicht” das Recht zu haben, die Thronfolge - Ordnung in Frankreich und die Verfassungs -Ur- kfundé des Reichs. zu ändern. Dem zufolge fann ich an den Geschäften der Kammer- keinen Theil nehmen und ersuche selbige daher, meine Abdankung anzunehmen. Empfangen

Sie u. s. 1. / A da (Gez.) v. Terrier-Santans, : Deputirter des Doubs.‘/ Jn vier anderen Schreiben entschuldigten eben so viel

Deputirte ihr Ausbleiben mit Unpäßlichkeit oder Familien-An- gelegenheiten. Hierauf legte der Großsiegelbewahrer. einen neuen Geseß-Entwurf wegen Abschaffung der Gerichts-

Auditoren bei den Tribunalen erster Junstanz, als einer Köôr- perschaft , vor, deren Einseßung und innere Organisation ex als geseßwidrig bezeichnete. „Durch bloße Königl. Verord- nungen ringe bte äußerte er, „„einer-Art- von Absebbarkeit unterworfen und verpflichtet , sich nach denjenigen Tribuna-

len zu begeben, wohin das Ministerium sie schicken. wollte,

um bei der Abstimmung: die Majorität zu brechen, haben die Gerichts:Auditoren schon ge s gegründeten Besorgnissen Anlaß--gegeben. Um das Uebel sogleich mit der Wurzel gus?

1830.

zurotten, \chlägt die Regierung Jhnen daher die sofortige Abschaf- fung dieses Körpers vor. Hierbei sind indessen zweierlei Rück- fichten zu nehmen. Einmal giebt es Tribunale, wo die Unzuläng-

lichfeit der wirflihen Richter die Dazwischenfunft der Ge--

richts-Auditoren nothwendig. oder doch sehr nüblih macht. Aus diesem Grunde tragen wir darauf an, die Zahl der stell- vertretenden Richter bei dem Tribunale* erster Jnstanz des Seine-Departements zu erhöhen und der Regierung die Be- fugniß einzuräumen, solches späterhin auch bei den übrigen Tribunalen des Reichs, wo sie es für nöthig erachten möchte, zu thun. Andererseits müssen wir bedenken, daß sih unter den Gerichts-Auditoren, wenn gleih gesclwidrig eingeführt,

doch vielleiht Mancher befindet, der der Justiz-Verwaltung wesentliche Dienste geleistet hat. j

j Um ihnen daher ihre fkúnf- tige Laufbahn nicht zu verderben, schlagen wir vor, sie der Bedingungen, dic das Geseb hinsichtlih des Alters zur Ver- richtung der verschiedenen Functionen im Justizfache vor- schreibt, zu überheben. Jch halte es für überflüssig, hinzuzu- fügen, daß die Regierung diejenigen unter ihnen nicht ver- gessen wird, die sich durch ihren Eifer, ihre Kenntnisse und die Festigkeit ihres Charakters ihres Richteramtes würdig ge- zeigt haben. Auf solche Weise, m. H., glauben wir den Erwar- tungen desLandes zu entsprechen, das berechtigt ist, zu verlangen, daß man unverzüglich die Stiftungen einer Epoche eingehen lasse, in welcher die Gesebe nur allzu oft einer Gewaltsübertretung zum Vorwande dienten.“ Nach dieser Einleitung trug der Minister den Geseß-Entwurf selbst vor, dessen wesentlicher Snhalt sich aus dem Obigen ergiebt, Herr Labbey de Pompières- erdôfífnete hierauf die Berathungen über den Geseß-Entwurf wegen der den Verbanuten. zu bewilligenden Amnestie. *) Derselbe äußerte sich folgendermaßen : „„Meine Herren, wenn eine große Ungerechtigkeit eine rasche Genug- thuung erfordert, so werden Sie sch beeilen, der grausamen Verfolgung ein Ende zu machen, deren Gegenstand bereits

. Jahre lang so viele unglückliche und zum Theil von Allem

entblôßte Franzosen sind. Jch wünsche dem Lande daher Glück zu dem uns vorgelegten Geseß-Entwurfe; doch finde ih in der Abfassüng- desselben etwas Unbestimmtes, das- die Berau- bung mehrerer Verbannten leicht sanctioniren könnte. Das sogenannte Amnestie-Geseß vom Jahre 1816 erklärte die Ver- bannten nur ihrer Güter und Gnaden- Pensionen verlustig. Die meisten von ihnen bezogen aber ein Jahrgeld, das als eine Gnaden-Pension gar nicht betrachtet werden kounte,da es der Er- trag ihrer Gehalts-Abzüge oder der Lohn langjähriger Dienste war. Nichts desto weniger wurden alle diese Jahrgelder eingezogen, und es möchte schwer halten, einen Ausdruck zu finden , der stark genug wäre, um die Beraubung so wohlerworbener Rechte zn bezeichnen. Nach dêm uns vorgelegten Gesebe sollen aber

die Verbannten nur von dem Tage der Bekanntmachung -

“desselben an wieder in den Genuß ihrer Güter und Pensio-

nen eingeseßt werden. Diese Vorenthaltung der Rückstände

fann, jollte ich glauben, nur auf Gnaden -Pensionen An-

wendung finden, denn solche Pensionen, wozu der Empfän-. ger berechtigt war, fonnten nimmermehr eingezogen wer-

den. Doch isk dies , wie gesagt, geschehen, und mehrere. sol-

cher Pensionairs sind in ihrer Verbannung nur durch Dar-

lehen großmüthiger Freunde, wovon einige sich in diesem

Augenblicke unter uns befinden, in den Stand geseßt wor-

den, ihre Existenz zu fristen. Alle sind bejahrt; die Rück- stände sind daher, wenn auch nicht für sie, doch für ihre Jch wiederhole es. daher, - -

Familien von großer Wichtigkeit. der 2e Artikel ‘des uns vorgelegten Geseß- Entwurfs kaun sich nur: auf dié Gnaden - Pensionen beziehen, obgleich ih u auch hinsichtlich djeser noh für sehr streng halte, vorzüglich wenn -man ihn mit der Milliarde für die Emigrirten-

©) Wir haben diesen Geseb-Entwurf in Nr. 242 der Staats 0

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Zeitung Artikel Paris gegeben. L G k