1874 / 207 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Sep 1874 18:00:01 GMT) scan diff

im Arbeitskoftüme, en die Burschen mit blumenumkränzten Leitern, Kürschner, Shuhmacher, Bäcker, Riemer, Töpfer, Klemp- ner, die Maschinenbauer der Oft- und Südbahn mit zahlreichen Emblemen, die Arbeiter der Annahütte in Bergmannstracht mit geschmüdckten Centrum-, Erd- und Steinbohrern, die Maschinen- bauer der Steinfurtshen und der Reinicke'\hen Fabrik mit Em- blemen. Der Vorbeimarsch dauerte fast 3/4 Stunde und noh länger währte es, bis auf dem Festplaßze die sämmtlichen Glieder des Zuges und die Musikcorps Stellung genommen hatten. Als dieses geschehen, ergriff der Polizei - Präsident von Pilgrim das Wort zu einer Ansprache, welhe- mit dem Wunsche {chloß, daß das Denkmal „ein Wallfahrtsort für die Königsberger werde, bestimmt, das Andenken an die lichte Frauengestalt auf Preußens Thron von Geschlecht zu Geschlecht frisch zu erhalten und Liebe zum Herrscherhause und zum Vaterlande zu erwecken.““ Indem der Redner darauf das Denkmal für den „Genius Preußens, die unvergeßlihe Königin Luise“ enthüllen ließ, for- derte er die Versammlung auf, einzustimmen in das Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König, dem Gott noch eine lange und gesegnete Regierung verleihen möge. Begeistert ftimmte das viele Tausende zählende Publikum in dieses Hoh ein, während die sämmtlihen Musikcorps die Nationalhymne in- tonirten. Die Hülle fiel, und das Luisen-Denkmal bot sich den Bliten in seiner ganzen Schönheit dar. Aus dem freiwilligenRettungs- corps traten einige Beauftragte hervor und umrahmten die Büste der Königin mit einem frishen Lorbeerkranze. Gleichzeitig wurde im Auftrage des Festcomités von dem Redner als Vorsißenden folgendes Telegramm an des Kaisers Majestät nach Berlin ab- esendet:

ges „Die bei der Feier der Enthüllung des Denkmals für den Genius Preußens, die unvergeßliche Königin Luise, anwesende gesammte Bürger- schaft Königsbergs bringt Ew. Kaiserlihen Majestät aus vollstem, dankbaren Herzen ein vieltausendstimmiges Hoch.“

Das Denkmal besteht in einer halbkreisförmigen Ballustrade, innerhalb deren Ruhebänke rings um die Friedenslinde an- gebracht sind. Die Wangen \{chmüdcken Blumenvasen, in der Mitte überragt die Ballustrade ein .Sternenkranz, worin die Marmorbüste der verewigten Königin Luise (nah Rauchs Statue auf dem Sarkophag im Mausoleum zu Charlottenburg) an- gebracht ist. Das Denkmal trägt die einfahe Inschrift: „Dem Genius Preußens, der unvergeßlichen Königin Luise, Königsberger Bürger. Anno MDCCCLXXIV. Nah der feierlihen Enthüllung fanden in allen Hufengärten Volks- konzerte statt, die außerordentlih zahlreich besucht waren. Abends wurde auf Herzogsater ein Feuerwerk abgebrannt, während viele Häuser der Stadt illuminirten. l 4 Ente

In Nür nberg begannen die Bewohner bereits am 1. Nach- mittags mit der Shmückung der Häuser; ebenso war Abends das zum Festplaze gewählte Maxfeld zahlreih besucht. Böller- shüsse verkündeten am anderen Morgen die Feier des Tages, und um 6 Uhr ertônten von der Freiung der Burg die ernsten, feierlihen Weisen eines Chorals. Troy der frühen Morgenftunde hatte fich hierzu eine außerordentlich zahlreihe Menshenmenge auf dem Burgberge eingefunden; sodann zogen drei Musikcorps gesondert durch die Straßen der Stadt, begleitet von'je einer Abtheilung des Turn- vereins, der freiwilligen Feuerwehr und des Kampfgenossen- Vereins. Um 8 Uhr versammelten sich die Sänger- Gesellschaften auf dem KAegidienberge, um in Anwesenheit einer weithin den Play füllenden Menge einige der Feier des Tages angemessene Lieder vorzutragen. Um 9 Uhr fand in der überfüllten Sebalduskirhe der Festgottesdienst statt, dem Deputationen der ftädtishen und Königlihen Be- hörden, das Offizier-Corps sowie eine außerordentliche zahlreihe Schaar anderer Andähtiger beiwohnte. Pfarrer Heller gedachte in seiner Festpredigt in \{chwungvollen Worten der hohen Bedeutung des Tages. Nach beendigtem Gottesdiensie begann im Seile Rathhaussfaale die Schulfeier,

zu der troß der Schulferien die Schuljugend \ich in stattlicher

Zah: eingefunden hatte. Nachdem die Schüler einige patriotische Lieder gesungen, hielt Professor und Schulinspektor Dr. Krück die Festrede, welche in ausführliher Weise die Bedeutung des zum Nationalfesttage erkorenen Tages darlegte. Um die Mittagsfstunde verkündete das Geläute \sämmtliher Glocken die Festfeier, nahdem vorher von der Sebaldus - Kirche die Stadtmusik den Choral: „Lobet den Herrn! vor- getragen hatte. Dann bewegte sich durch die Straßen der imposante Festzug, an dessen Spitze nah Vorantritt eines Musik- Corps eine Deputation der städtishen Behörden sih befand. An diese reihten sich (zu Wagen) Veteranen aus den Befreiungskriegen ; es folgten die Vereine in der programmmäßigen Ordnung. Die Sculjugend hatte sih zahlrei betheiligt; viele. Mädhen waren mit den bayerischen und deutschen Farben geschmückt. Eine unab- \sehbare Menge bildete Spalier. Sämmtliche Verkaufsläden waren Nachmittags geschlossen; auch in den Werkstätten ruhte die Arbeit. Als der Festzug auf dem als Festplaß gewählten Marfelde an- gelangt war, entwickelte sich daselbs bald ein buntes volksfest- ahnlihes Treiben. Mehrere Musikcorps erfreuten durch ab- wechselnde Vorträge die Zuhörer und trugen zur Erhöhung der Feststimmung bei. Abends wurde der Play mit bengalischen Flammen erleuchtet.

Ueber die Nationalfeier im Saale des Gewerbehauses zu Dresden entnehmen wir dem „Dresd. Journ.“ noch Folgendes:

Die an der Feier theilnehmenden Männer und Frauen bildeten einen ftattlihen mannigfaltigen Verein von 500 bis 600 Banketgästen. In ihren Reihen sah man: die zur Zeit in Dresden anwesenden Staats-Minister v. Fabrice, v. Nostiz- Wallwiß und Dr, v. Gerber, den Königlich preußischen Gesandten Graf Solms, den Stadt- Kommandanten General-Lieutenant Frhr. v. Hausen, den evangelishen Ober-Hofprediger Dr. Kohl- \hütter, den Kaiserlihen Ober-Postdirektor Geh. Postrath Strahl, den Kaiserlihen Telegraphen-Direktor Schmidt, den \tellvertre- tenden Königlichen Polizei-Direktor Regierungs-Rath Berndt, die Spitzen der ftädtishen Gemeindevertretung, wie denn auch Kunst und Wissenschaft allseitig reih repräsentirt waren. Der mit Blumen, Fahnen und Wappen und auf dem Orchesterpodium mit den Büsten des Königs von Sachsen und des Deutschen Kaisers geschmüdckte Saal bot einen gafstlih festlihen Anblick dar, und es kam der Weihe des Abends zu Gute, daß man den eigentlichen Festakt als Beginn der Feier von dem nachfolgenden Banket mit seinen Tischreden und Toasten getrennt hatte. Nach einer Ein- [eitungsmusfik, wie alle Leistungen des Orchesters vom Musik- chor des Direktors Pohle ausgeführt, \sammelte ein poetischer Prolog zunächst die Stimmung der Anwesenden, welchen der Dichter Friedrih von Bodenstedt, als gegenwärtiger Gaft Dresdens, persönlich zum Vortrag bringen konnte. Den mit warmem Beifall aufgenommenen Strophen \{loß \ich unmittelbar die eigentlihe Festrede an, welche der Staats-Minister Dr. v. Gerber hielt. Decselbe wies darauf hin, daß mit dem Siege bei Sedan am 2. September 1870 „das Lebens\chisal

der Deutschen Nation selbst zur endlichen fiegreihen Entscheidung gekommen sei. Das war és, was Aller Herzen so unwiderstehlih ergriff und bewußt oder unbewußt zu grenzenlosem Jubel fort- riß.“ Die Schlußworte der Rede lauteten nach dem „Dr. J.“ wie folgt: | Sit nun das Volksfest dieses Tages dazu bestimmt, die Feier jenes großen Sieges fortzuseßen, so werden wir uns froh und glüdlich dem erhebenden Gedanken an die hohe Ehrenstellung überlassen, welche das deutshe Volk errungen hat, werden wir mit freudigem Stolze der Achtung gedenken, welche der Deutsche nunmehr unter fremden Natio- nen und des Schußes, welchen der deutsche Fleiß und Unternel;mungs- geist genießt, werden wir der vielen heilsamen Ziele eingedenk sein, welche das deutsche Volk in seiner glücklih errungenen Reichsgemeinschast zu er- streben vermag. Aber es mahnt uns diejes Fest zugleich daran, daß es au ilt, das Errungene festzuhalten, und wir find uns wohl der alten Wahrheit bewußt, daß es oft leichter ift zu erwerben, als das Erwor- bene zu behaupten. Nun, meine geehrten Festgenossen, zunächst scheint es ja nah mens{liher Ansicht, als wenn jede Besorgniß für die Er- haltung des Errungenen auf Menschenalter vertagt werden dürfe; wir blicken getroft auf die groyartigen Machtmittel hin, welche unsere be- währte | a ini nt darbietet und auf die unvergleihlihe und shlag- fertige Kraft unseres zum Dienste für das Vaterland organisirten Volks. Aber vergessen wir dabei nie, daß es niht rohe äußere Ge- walt gewesen ift, welhe uns den Sieg verschafft hat, sondern vor- irece die lange gepflegte geistige Bildung unseres Volkes; in den ehselfällen dieses furchtbaren Krieges hat vor Allem diese ihre herr- lihste Probe bestanden. i z Aber, 'aueine geehrten Festgenossen, ich meine überhaupt, daß unser Streben, wie es \sich fort und fort an diesem Festtage erneuern soll, niht blos darauf gerichtet sein darf, die Machtstellung des deutschen Volkes zu erhalten, sondern vor Allem auch darauf, sie immer mehr zu verdienen. Beherzigen wir doch das alte Wort, daß e sittlihe Macht au den Gedanken des fittlichen Berufs einshließt. Wir wollen für unser Volk keine Macht, die nur auf der Furcht vor seinen äußeren Gewaltmitteln beruht, unsere Macht foll zugleich auf der Achtung vor unserem Charakter und unseren geistigen und fittlichen Zielen beruhen. Nun wollen wir es uns, da wir der Zweideutigkeit dieses Lobes entronnen sind, gern gefallen lassen, wenn man uns auch ferner den Ehrennamen eines Volkes von Denkern beilegt, und nicht vergessen, daß die höchste Werthshäßung eines Volkes sich in der Hauptsache darnah bemißt, was es für die idealen Güter der Menschheit geleistet hat. Darum meine i, sollte der Tag von Sedan für Alle zugleih eine ernste und eindringliche Mahnung zur Arbeit sein, zur Arbeit an jeder Art der inneren Veredlung. Möge doch Ieder an seinem Theile und in seinem Kreise dazu mitwirken, daß der deutschen Nation in ihrer heutigen glorreichen Entwickelung der alte Ruhm eines ernsten, maßvollen und sittlihen Volkes erhalten werde, welches fort und fort fich an der Lösung der höchsten Probleme der Menschheit betheiligt, damit, wenn abermals ein Jahrtausend verflossen ist und die Summe unserer Existenz gezogen wird, man sagen kann, das war ein mächtiges und starkes Volk, es hat das Panier seiner Ehre hoh gehalten; aber es war auch ein gutes und edles Volk und hat den geistigen und sittlichen Schaß der Menschheit zum Segen aller zukünftigen Geschlehter um viele und kostbare Stücke bereichert. E E i Und nun noch Eins. Eine Nation kann wie der Einzelne nicht immer ia der Stimmung der Festfreude sein. Auf den Jubel des Festtags folgt oft die Stimmung kalter Ernüchterung. Auch wir haben es erleben müssen, daß nah den großen Erfolgen des Kriegs Verschiedenheiten und Gegensäße der Meinungen hecvortraten, nicht blos über die Ziele, sondern auch über die Mittel und Wege, welche nun zu ergreifen seien, und diese Gegensäße haben zur Bildung von Parteien geführt, die einander bekämpfen und sich oft in erbitterter Feindschaft gegenüber stehen. Meine geehrten Festgenosfen, es kann ja das faum anders sein. Wie wäre es denkbar, daß bei der Mannig- faltigkeit, Großartigfeit und Sct-wierigkeit unserer Aufgaben überall eine volle Einstimmung- der Ansichten bestände, zumal in einem Volke von so reicher Willensanlage und einem so ausgeprägten Triebe nach individueller Selbständigceit. Jch denke nun, n der Tag von Sedan auch hierfür ein Tag des Segens sein müsse. Lassen Sie uns darin verbunden sein, daß wir an diesem Tage Alles vergessen, was uns sonjt etwa treanen mag, daß wir in der Liebe. zum Vaterlande mehr und mehr die Gegensäße der Parteien üktecrwinden, und daß uns fortan nur das eine Bewußtsein erfüllen soll, Brüder einer großen Nation zu fein, die, was auch immer kommen mag, bereit find, Alles, was sie find und haben, dem Einen zum Opfer zu bringen, dem unsere Liebe und Ehre gilt, dem deutschen Volke !“ 1 Nach dieser mit allseitig zustimmendem Leifall aufgenomme- nén Rede und nah einer Zwischenmusik wurde auf einem kleinen improvisirten Theater eine dramatisch-patriotishhe Scene „Die Frau des Kriegers“ von Karl Heigel dargestellt, der ein poeti- scher Epilog folgte. Die Jubelouverture und ein Festmarsh von Reissiger leitete zum Bánket hinüber und Ober-Bürgermeister Pfotenhauer, der als Vize-Präsident der Ersten Kammer den Tafelvorsiz übernommen hatte, brahte den ersten Trink- \spruch auf Se. Majestät den Deutschen Kaiser, Se. Majestät den König von Sachsen und das Deutsche Vaterland aus. Prof. Dr. Hettner hielt dann eine inhaltreihe, vom Ddem des Zeitgeistes durhwehte, mehrfah von Beifall unter- brohene Rede, welhe mit einem Hoh auf das Wohl des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck, des Feldmarschalls Grafen von Moltke und des deutschen Heeres \{chloß. Als Vertreter der sächsishen Armee erhob sh sodann der Kriegs - Minister, General der Kavallerie Staats-Minister v. Fabrice, und drückte seinen Dank in warmen Worten aus, welhe mit einem Toaf auf das deutsche Vater- land \{lo}ssen. Auf den Trinkspruch, welhen der Stadtverord- neten-Vizevorsteher Advokat Emil Lehmann dem Deutschen Reichs- tage darbrachte, erwiderte Hofrath Ackermann als Reichstags- Abgeordneter. Es folgte dann noch eine Reihe von Tischreden, welche die Festversammlung lange bei gehobener Stimmung er- hielten, so daß \ih diese erf zu vorgerückter Nachtstunde trennte.

Die Vorfeier des deuishen Nationalfestes in Stuttgart begann am 1. Mittags mit Beflaggung der öffentlihen und Privatgebäude der Stadt; dieselbe war bis zum 2. Morgens eine allgemeine geworden, und manches Gebäude zeihnete fih durch reihe und geschmackvolle Verzierung des Balkons u. dgl. besonders aus. Am 1. um 5 Uhr Abends mahnte das Glocken- geläute von sämmtilihen Kirhthürmen an den bevorstehenden Festtag; zu gleicher Zeit hatten fih zahlreihe Volksmafsen auf dem Fangelsbach-Friedhof gesammelt, um der Todtenfeier an den Gräbern der daselbst beerdigten Krieger anzuwohnen. Vor dem einfach ges{chmüdckten Denkmal, auf dessen Stufen ein Lorbeer- kranz niedergelegt ward, nahm zuerst der Kriegerverein, General- Lieutenant von Reizenftein an der Spiße, mit \{chwarzumflorter Fahne Aufstellung, ihm folgte der Liederkranz, dann die Offiziere des Landwehr-Reservebataillons, Mitglieder der bürgerlichen Kollegien, die Stadt - Geistlichkeit und das Stadtreitercorps. Der Liederkranz leitete die Feier mit dem Vortrag zweier Strophen des Chorals: „Himmelan “nur Himmelan“ ein; darauf betrat Stadtpfarrer Fischer die vor den Stufen des Denkmals ange- brachte Kanzel und führte in gedankenreihem Vortrag aus, in welchem Sinne wir über den Gräbern der Gefallenen Trauer- weiden pflanzen, auf ihren Gräbern den Lorbeerkranz winden, an ihren Gräbern den Oelzweig niederlegen und um ihre Gräber Immergrün flechten. Der Liederkranz trug das „Ehrenvoll if er gefallen“ vor, worauf Stadtpfarrer Fischer die Feier mit dem Segen \{loß. Abends wurde im dichtgefüllten großen Saale

der Liederhalle von Zöglingen des Stuttgarter Gymnasiums das fünfaktige Schauspiel „Colberg“ von P. Heyse zur Aufführung gebracht, welches die heldenmüthige Vertheidigung der Stadt und Festung Colberg im Jahre 1807 zum Gegenstande hat. Der „Mozartverein“ füllte die Zwischenakte mit Musik aus, und der Dirigent desselben hatte eigens eine Introduktion zu dem Schau- spiel komponirt, welche mit einem Lobgesang für die Befreiung \{loß. Mit Einbruch der Dunkelheit leuhteten vou den Höhen um Stuttgart zahlreihe Freudenfeuer; da und dort belebte die liche Bild von Feuerwerk und lebhaftes Schießen das nächt- lihe Bild.

Die Residenzstadt Darmstadt prangte zur Feier des Tages von Sedan von dem Rheinthore an bis zu dem fernen „Heiligen Kreuze“, von der Wilhelmstraße bis zu den Angestellten- Wohnungen der Hessishen Ludwigshahn, von dem äußersten Ost- bis zu dem äußersten Westende, von dem äußersten Süd- bis zu den lezten Wohnungen des Nordendes, in dem Shmuck des frishen Grüns und dreifarbiger oder hessisher Bänder und Wimpel. Vorzüglih \{chön präsentirten sich auch dieses Mal die engen Straßen der Altstadt, die Ochsengasse, die Schustergafse und die Kirchstraße, wo dek in seinem patriotishen Eifer un- erschütterlihe alteingesessene Darmstädter Bürgerstand seine Woh- nungen hat. Lange Wimpel verdeckten die oberen Stockwerke der Häuser und Windlichter in den Reichsfarben hingen an den Guirlanden herab, welhe die Fichtenbäume verbinden. Darm- stadts Alterthümer, „Grünes Laub“, Viehhof und Hinkelstein, waren in modernen Festschmuck eingehüllt.

Bereits lange bevor ih der Nahmittagsfestzug in Bewegung setzte, erfüllte eine große Menge Einheimischer und Fremder die Straßen und Plätze, waren alle Fenster, an denen der Zug vor- beigehen mußte, diht besezt. Zur bestimmten Zeit, um 3 Uhr, begann der Festzug seinen Marsh von dem Playe vor dem Gymnasium aus. Ihn eröffnete eine Abtheilung Turnerfeuer- wehr mit ihren Tambours, welche vas nachfolgende Musikcorps, sobald es pausirte, ablösten. Dem Musikcorps folgte das Gym- nasium, voran die Lehrer, dann die Schüler, jede Klasse für \sich in treffliher Marschordnung und von Fahnenträgern und s{härpen- tragenden Führern eröffnet. Eine ganz neue Fahne war laut Inschrift von Schülern eigens für die Sedanfeier gestiftet. So- dann die Mädchen- und Knabenschulen, die Schülerinnen zum Theil mit grünen Kränzen im Haar, die Knaben mit Fähnhen in den Händen, fowie die Schüler des Poly- technikums mit ihren Professoren und Lehrern. Sodann erschien die Schüztengesellshaft. Eine 1 feuerwehr \{chloß den langen Zug, der mit seinen reihen Fahnen, den shärpengeschmüdckten Theilnehmern, den hellgekleideten Mädchen und unterstüßt durh den freundlichsten Sonnenschein, ein sehr freundlihes Bild darbot. Der Zug bewegte sich durch die Sulstraße, Elisabethenstraße, Neckarstraße und Rheinstraße nah dem Paradeplaß. Hier war am Eingangsthor des Zeughauses eine Rednerbühne aufgeschlagen, um welche \ich die Theilnehmer am Zug gruppirten, während die ihn beglceitende Menschenmenge den großen Paradeplaß Kopf an Kopf erfüllte. Nach einem Gesangsvortrag bestieg Hr. Reineck die Rednertribüne und hielt die durch einen Gesangsvortrag in zwei Hälften getheilte Fest- rede. Als er mit einem Hoh auf Kaîser und Reich \{loß, stimmten die Versammelten unter Fahnenshwenken ein und ließ die Schüztengesellshaft eine Ehrensalve ertönen. Nah dem Ab- singen des Liedes: „Deutschland, Deutschland über Alles“ zog der Zug in umgekehrter Ordnung wie er gekommen war, über den Markt und die Ludwigsstraße nah dem Ludwigsplaß, wo er sih auflöste. Als zweite Hauptfestlichkeit reihte sich an die besprochene der Lampionsfestzug, welcher sih des Abends um 8 Uhr durch die Stadt auf den Louisenplay bewegte. Das Gros derselben bestand aus der Turngemeinde, der Turner- feuerwehr, den Gesangvereinen, den Mekgern Darmstadts im Mezgercostume, einer höchst originellen Abtheilung, dem Feuer- wehrcorps der hessishen- Ludwigsbahn und zahlreihen anderen Theilnehmenden. Drei Musikcorps begleiteten . den sehr aus- gedehnten und durch den Glanz von.Lampions und Fackeln einen prachtvollen Anblick gewährenden Zug. Auf dem Luisenplatze stellte er sich auf; es folgte die Absingung mehrerer Lieder und eine Ansprache des Festcomité-Präsidenten Welcker mit einem Hoch auf Kaiser und Reih, welher Ansprache der Vortrag der „Wacht am Rhein“ folgte. Das Feuerwerk, welches der festlihen Feier den Abschluß gab, war ein außerordentlih ge- lungenes, und bei dessen leztem Theil, einem glänzenden Kreuz auf der Spiße des Ludwigsmonuments und dem feurigen Regen ausströmenden flammenden „Eisernen Kreuz“ am Fuße des Monuments, brach das Publikum in großen Jubel aus. Noch lange wogte es auf den Straßen, welhe noch in spätester Abendstunde den sommerlihen Temperaturgrad zeigten, der dem ganzen Tag eigen gewesen war. Mehrere Gebäude, wie der Gasthof zum Darmstädter Hof, auch die „Traube“ und andere hatten zur Feier des Tages am Abend illuminirt. Des Abends fanden sich die an dem Zug betheiligten Vereine und Einzelne im Saalbau und anderen Lokalen ein, wo sie den Tag be-

\{chlo}sen.

In Gotha zogen nah beendetem Gottesdieust die Schüler und Schülerinnen der Bürgershulen mit Fahnen und Kränzen festlich geschmüdckt unter Vorantritt der sämmtlichen Lehrer und Lehrerinnen zum Landes-Kriegerdenkmal für die Gefallenen im französishen Kriege, wo sich Tausende von Menschen aus allen Ständen bereits versammelt hatten. Nah dem Absingen des Liedes: „Lobet den Herrn“ gedachte Schuldirektor Dr. Z\{chäck der Gefallenen des Herzogthums und brachte ein dreimaliges Hoch auf den Deutschen Kaiser aus, in welhes das Publikum mit großer Begeisterung einstimmte. Zum Schluß der Feier folgte der Gesang „die Wacht am Rhein“ von den Schulkindern. Die Schülerinnen der höheren Töchtershule waren zum Krieger- denkmal auf dem Friedhofe gezogen. Nah Beendigung der Feier wurden beide Denkmäler mit Lorbeer- und anderen Kränzen reichlih belegt. Die Straßen der Stadt mit sämmtlihen Staats- gebäuden und dem Schlosse Friedenstein waren mit Flaggen ge- ziert. Abends hielt die Schügtengesellshaft unter Böllerschüssen und unter dem Zudrange großer Volksmassen einen feierlichen Umzug, welcher in der neuerbauten Halle am Wäldchen endete, nahdem von den Vorstandsmitgliedern patriotishe Reden ge- halten worden waren, die mit dem Gesange vaterländischer Lieder der dortigen Gesangvereine abwechselten. Den Schluß bildete ein glänzendes Feuerwerk.

Die Sedanfeier wurde in Sondershausen am Dien- stag mit allen Glocken eingeläutet; mit Einbruch der Nacht leuhteten auf dem Frauenberge und vielen anderen Höhen in der Nähe und in der Ferne Freudenfeuer; um halb neun Uhr durchzog der von dem Kriegervereine veranstaltete Zapfenstreich die Stadt. Am eigentlihen Festtage Morgens 6 Uhr wurde wieder mit allen Glocken geläutet, und die Reveille ging dur die Stadt; um 7 Uhr wurde das Lied: „Nun danket alle Gott“

Abtheilung Turners-

vom Thurm der Stadtkirhe geblasen. Das Fürstlihe Schloß, die öffentlihen Gebäude und viele Privathäuser hatten geflaggt. Sämmtliche Lehranstalten hielten in den geschmüdckten Klassen- zimmern Festakte. Der stark besuchte Gottesdien|st begann um 9 Uhr mit dem Choral: „Lobe den Herrn, 0 meine Seele.“ Die Bibel - Lektion vor dem Altar war dem 33. Psalm, V. 8—18, entnommen. Die Festpredigt handelte, im Anschluß an das Shriftwort Buch Josua 24, 18—24, von der Sedanfeier als einer Bundesfeier zwischen Gott und uns. Zum Schluß des Gottesdienstes wurde das Lied : „Allein Gott in der Höh' sei Ehr“ unter Musikbegleitung gesun- gen; vom Thurm ertönte dazu Glockengeläute, und von dm Franzberge wurden 21 Kanonenshüsse abgegeben. Auch die israelitishe Gemeinde hielt in ihrem Tempel eine Festfeier. Den Bürgershulen hatten die ftädtischen Behörden am Nach- mittag auf dem Lohplagz ein Festvergnügen bereitet. Zum Abend wurden von dem Turnverein in Verbindung mit den Gesang- und anderen Vereinen im Hotel Münch verschiedene Festlichkeiten veranstaltet.

Vom Kaiserlihen Zoll- und Steuer-Rechnungs-Bureau hierselb ist die provisorishe Adrechnung zwischen dem Deutschen Reiche, Desterreih (wegen der dem deutschen Zollgebiete angeschlossenen Gemeinde Iungholz) und Luxem- burg über die gemeinschaftlihen Einnahmen an Zöllen, Rübenzuckersteuer, Salzsteuer und Tabaks- steuer für das 1. Halbjahr 1874 -ausgestellt worden. Nach derselben belief fich die Solleinnahme der vorgedahten Steuer- zweige einshließlich der Freishreibungen für privative Rechnung der norddeutshen Staaten auf 30,142,911 Thlr. ; hiervon gehen an Erhebungs- und Verwaltungskosten und sonstigen Ausgaben 2,356,997 Thlr. ab, \o daß sih der zur Theilung zu fstellende Reinertag auf 27,786,314 Thlr. beläuft, von welchen 27,630,245 Thlr. im deutshen Zollgebiete und 156,069 Thlr. in. Luxemburg aufgekommen sind. Der Antheil nach dem Verhältniß der Be- völkerung (40,678,111 Köpfe nah der Zählung vom 1. Dezem- ber 1871) berehnet fich für das deutshe Zollgebiet (40,480,366 Köpfe) auf 27,651,239 Thlr., für die österreihische Gemeinde Iungholz (217 Köpfe) auf 148 Thlr. und für das Großherzog- thum Luxemburg (197,528 Köpfe) auf 134,927 Thlr., \o daß also das Letztere von seinen Einnahmen 20,994 Thlr. an das ag s Zollgebiet und 148 Thlr. nah Oesterreih herauszuzah- len hat.

Bezüglich der einzelnen Abgabenzweige if zu bemerken, daß die Zölle eine Brutto-Einnahme von 17,524,129 Thlr. (1873: 23,369,032 Thlr.) geliefert haben; hiervon ab an Erhebungs- und Verwaltungskosten 1,938,868 Thlr. (1873: 1,900,899 Thlr.), bleiben zur Theilung 15,585,261 Thlr. (1873: 21,468,133 Thlr.), von welchen 15,426,035 Thlr. im deutschen Zollgebiete und 159,226 Thlr. in Luxemburg erhoben worden find. Der Brutto-Ertrag der Rübenzuckersteuer war 7,401,514 Thlr. gegen 5,847,907 Thlr. in 1873, wovon jedoch an Erhebungs- kosten 326,422 Thlr. (1873: 266,964 Thlr.) abgehen, \o daß fich also die Netto-EGinnahme auf 7,075,092 Thlr. (1873: 5,581,343 Thlr.) stellt. Von diesem Betrage sind im deutschen Zollgebiete 7,085,514 Thlr. zur Erhebung gekommen, wovon jedoch 10,422 Thlr., welhe Luxemburg an Herauszahlungen bei der Rübenzuckersteuer geleistet hat, abzurehnen sind. Die ge- meinschaftlihe Solleinnahme an Salzsteuer stellt sich auf 4,935,817 Thlr. (1873: 4,761,782 Thlr.); hiervon ab die Ver- waltungsausgaben mit 41,456 Thlr. (1873: 40,736 Thlr.), bleiben zur Theilung 4,894,321 Thlr. (1873: 4,721,047 Thlr.) und sind hiervon 4,866,509 Thlr. im deutschen Zollgebiete und 7812 Thlr. in Luxemburg aufgekommen. Die Tabaks steuer endlih lieferte einen Brutto-Ertrag von 281,450 Thlr. (1873: 178,204 Thlr.). Werden hiervon die Erhebungskosten mit 49,810 Thlr. (1873: 30,730 Téslr.) in Abzug gebracht, \o er- giebt sich ein Netto-Auffommen von 231,640 Thlr. (1873: s Thlr.), welches allein auf das deutshe Zollgebiet entfällt.

Das Königliche Justiz-Ministerium hat soeben eine S tatistik der preußishen Shwurgerihte und der von denselben erkannten Strafen und Freisprehungen für die Jahre 1872 und 1873 veröffentliht. Wir kommen auf die umfang- reiche eingehende Arbeit demnächst ausführlih zurü; für heut bemerken wir, daß sowohl die Zahl der Untersuchungsfachen, als der angeklagten Personen für 1872 und noch mehr für 1873 eine Steigerung gegen 1871 nachweist, daß aber beide Ziffern lange niht die Höhe erreicht haben, welche sie 1870 und noch mehr 1869 hatten. Untersuhungs\sahen wurden abgeurtheilt 1873: 4339, 1872: 4211, 1871: 3393, 1870: 4788, 1869: 5709; dieselben betrafen Personen: 1873: 6327, 1872: 6019, 1871: 4751, 1870: 6607, 1869: 8352. Auf die einzelnen Pro- vinzen kommen: Preußen 1873: 725, 1872: 807, 1871: 619; Brandenburg 615 resp. 617, resp. 508; Pommern 236—228 —1563 Posen 414—437—293; Schlefien 806—665—549; Sachsen 278 —320—269; Schleswig-Holstein 89—90—65; Hannover 199 —164—179; Westfalen (ein\schließlih Dstrhein und Hohen- zollernschen Lande) 217—300—260; Hessen-Nafsau 178 —132— 120 und Rheinprovinz 482—451—375. Vergleiht man die einzelnen- Gattungen der Verbrehen und Vergehen mit ihrer Gesammtzahl, \o ergiebt sich unter Berückfichtigung der leßten zwei Jahrzehnte, daß der Prozentsaz der meisten Gattungen von Verbrechen, mit einer gewissen, fast an mathematishe Genauig- keit grenzenden Regelmäßigkeit wiederkehrend, in gewissen Zeit- abschnitten ganz derselbe ist; es kommen wohl für einzelne Jahre Ausnahmen vor, auch wirkt der größere Wohlstand oder ein Nothstand auf die Verminderung oder Vermehrung gewisser Verbrechen, insbesondere derer aus Eigennug (als: Diebstahl, Raub, Erpressung, Meineid, Münzverbrechen, Urkundenfälschung, Bankerutt) ein, und außerordentliche Unterschiede hinsihtlih des Prozentsazes der Verbrechen werden je nah der wirthschaftlichen Lage der Provinz, nah dem Bildungsgrade der Bevölkerung, namentlich je nah der Dichtigkeit der Bevölkerung (insbesondere in großen Städten) hervortreten; im großen Ganzen aber wird O ausgesprochene Wahrnehmung als zutreffend fih er- weisen.

Der General-Feldmarshall u:d General-Adjutant Sr. Majestät d:s Kaisers und Königs Frhr. von Manteuffel ift wieder auf seine Besizung in der Neumark abgereist.

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Der General-Inspekteur der Artillerie, General der Ka- vallerie von Podbielski, sowie der Oberst “und Chef des Generalstabes der Inspektion der Artillerie von Rychelberg find von ihrer Dienstreise nah Dresden zurückgekehrt, desgleichen der General-Major und Direktor des Allgemeinen Kriegs-Depar- tements von Voigts-Rheß von den Brüsseler Konferenzen.

Der General-Major von Zedtwigt, bisher Komman- dant von Wittenberg, welher vor Kurzem zum Kommandanten

von Wesel ernannt worden ift und aus diesem Anlaß zur Ab- stattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen war, hat ih nah seiner neuen Garnison Wesel begeben.

_— Heute früh rüdckten sämmtlihe Stäbe und Truppen- theile in die resp. Manöver-Terrains ab, während Theile der 3. E E bereits gestern Nachmittag Berlin verließen.

_ Folgende fremdländische Offiziere sind ferner hier eingetroffen, um den Herbstübungen beizuwohnen: von der fran- zöfischen Armee: de Larelause, Colonel des 14. Dragoner-Regi- ments d'Arbo, Le Colonel im 82. Infanterie-Regiment, Mennier, Capitain im 13. Artillerie-Regiment, und Rigodet, Capitain im 12. Husaren-Regiment; von der Königlih dänischen Armee: Oberst von Stricker von der Infanterie, Hauptmann von Hertel von der Artillerie und Rittmeister von Flindt von der Kavallerie.

S. M. S. „Gazelle“ is am 4. v. Mts. auf der Rhede von Monrovia zu Anker gegangen, An Bord Alles wohl.

Bayern. München, 1. September. Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, hat Se. Majestät der König dem für das preußische Heer bereits publizirten Entwurf einer Verordnung über die Ehrengerihte der Offiziere die Allerhöhste Ge- nehmigung ertheilt. Bekanntlich war Bayern in Berlin bei den bezüglichen Berathungen über die Revision der bestehenden Be- stimmungen üher militärische Ehrengerichte, um in der deutschen Armee ein gleihmäßiges Verfahren zu erzielen, durch den Kd- ie iy bayerishen Militärbevollmächtigten, Obersten Fries , ver- reten.

An die Stelle des Grafen v. Könneriz, welher um Enthebung von der Stelle als Gesandter Sachsens am Königlich bayerishen Hofe nachsuhte, wird dem Vernehmen desselben Blattes zufolge der General-Major v. Fabrice, bisher Ver- treter Sachsens in Brüssel 2c., zum Gesandten in München er- nannt werden.

Dem Staats-Ministerium des Innern liegt nunmehr der Entwurf einer neuen Medizinal-Taxordnung nach den Anträgen der Aerztekammern fertig vor. Derselbe wurde dur den Königlichen Ministerial-Referenten und Ober-Medizinal-Rath Dr. Klinger den jüngst zur Plenarsizung des Ober-Medizinal- Ausschusses einberufenen Delegirten statt einer hierzu niederzu- sezenden Kommission zur Berathung unterbreitet und wird die neue Taxe nach erholter Prüfung und Ge- nehmigung von Seite der zuständigen Ministerien mit dem kom- menden Januar in Kraft treten. Bezüglich der in den vorjährigen Aerztekammern ventilirten Frage „üver Leichenbeshau und Leichen- beshaugebühren wurden vom Königlichen Staats-Ministerium des Innern eingehende Erhebungen in den verschiedenen Kreisen angeordnet, um eine möglichst einheitliche Regulirung der Ge- bühren erzielen zu können.

Die Bezüge der Königlichen Förster wurden mit Rück- wirkung vom 1. Januar d. I. neu geregelt und zwar vom 1.—8. Dienstjahre auf 520 Fl. , vom 4.—5. auf 545 Fl., vom 9.—10. auf 570 Fl. und für jedes weitere Quinquennium eine Mehrung mit 25 Fl. festgeseßt.

4. September. (W. T. B.) Der König hat anläßlih der Sedanfeier aus verschiedenen Landestheilen und auch von auswärts zahlreihe Huldigungstelegramme erhalten.

Der deutsche Botschafter in Paris, Fürst v. Hohenlohe- Schillings fürst, ist gestern aus Berlin hier eingetroffen und wird heute zu seiner Familie nah Aussee weiterreisen, .wo er etwa 4 bis 5 Wochen verweilen wird.

Sachsen. Dresden, 3. September. Der König wird sich morgen früh wieder zu den Manövern nah Großenhain begeben und oaselbst übernahten., Am Sonnabend Vormittag wird auch die Königin in Großenhain eintreffen, und gedenken Beide Majestäten fih sodann Nachmittags vom Manöverplaße aus direkt nah Pillniß zu begeben. Der Herzog von Sachsen- S ist gestern Abend 6 Uhr nah Alterburg zurü- gereist.

Baden. Karlsruhe, 3. September. Der Groß- herzog, die Großherzogin, der Erbgroßherzog, die Prinzessin Victoria und PrinzLudwig Wilhelm haben am 1. September St. Moriz-Bad verlassen und einen Ausflug an die italienishen Seen unternommen, von welchem die Hohen Herrschaften in 10 bis 12 Tagen auf Schloß Mainau eintreffen werden. Dort werden Ihre Königlichen Hoheiten den ganzen September verweilen und dann nah Schloß Baden übersiedeln.

Anfang Oktober wird in Baden-Baden dem Besuch Ihrer Majestät der Kaiserin von Oesterreih-Ungarn entgegengesehen.

Die Nr. 38 des Gesezes- und Verordnungs-Blattes vom 31, August d. I. enthält das Gesey: die Aenderung des Gesetzes

tungs- und Polizeisachen betreffend, vom 21. Juni 1874, neb| Een. Dasselbe tritt am 1. Januar 1875 in Kraft.

Sachsen - Altenburg. Altenburg, 2. September. Die Herzogin ist gestern Abend aus Hummelshain hier angekommen.

Schwarzburg - Soudershausen. Sondershausen, 1. September, Der Fürst und die Prinzessin Elisabeth erfreuen sh, nach aus Scheveningen hier eingetroffenen Nach- rihten, fortdauernd des besten Wohlseins. Die Hohen ‘Herr- \chaften gedenken, den ursprünglihen Bestimmungen gemäß, am 19, d. M. hierher zurückzukehren.

Elsaß-Lothringen. Metz, 30. August. In der Shluß- sißung des lothringishen Bezirkstags wurde von den vereinigten Kommissionen ein Antrag vorgetrazen und vom Be- girkstage einstimmig angenommen, wonach die Kommissionen des Brezirkstages der Januar-Session des Jahres den Wunsch ausgesprochen: es möge so bald als möglich dem Reichslande Elsaß-Lothringen eine staatsrechtliche Organisation zugestanden werden, nah welcher das Geseß vom 10. Mai 1838 in folgen- der Weise abzuändern wäre:

1) In der Session für 1875 werden in jedem der drei Bezirks- tage von Elsaß-Lothringen zehn Mitglieder gewählt, um die Fragen zu prüfen, welche die drei Bezirke gemeinschaftlich angehen. Die Amtsdauer dieser Mitglieder wird auf drei Jahre festgeseßt. 2) Diese Kommission, welche abwechselnd in Straßburg, Meß und Kolmar zusammentritt, wird durch Kaiserliche Verordnung einbe- rufen, 3) Dieselbe hat das Steuerkontingent für die verschie- denen Bezirke Elsaß-Lothringens zu vertheilen, nah Art. 1 und 2 des Geseßes vom 10. Mai 1838. 4) Die Seitens der Finanzverwaltung über die Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung des Reichslandes Elsaß-Lothringen angefertigten Rehnungsauszüge sollen dieser Kom- mission mitgetheilt werden, damit sie die ihr nüßlich scheinenden Modi- fikaüionen der Regierung kund geben kann. :

Nach Beerdigung der Arbeiten wurde die Session von dem

Bezirks-Präsidenten mit folgenden Worten geshlo}sen :

über die Stempel, Sporteln und Taxen in Civilstaatsverwal- |

Meine Herren! Jn der beim Beginne Jhrer Berathungen ge- haltenen Rede forderte Jhr Pcäsident Sie auf, die Verwalttng ohne Rücksiht auf irgend welhe andere Erwägungen zu unterstüßen als solhe, welhe im Juteresse des Bezirks begründet sind. Ich bin Ihnen Allen aufrihtig dankbar, meine Herren, daß Sie dem Rathe und Beispiele Ihres verehrten Präfidenten überall gefolgt find. Durch Ihre Hingebung und Ihren unermüdlichen Eifer ist es Ihnen gelun- gen, die zahlreihen und s{wierigen Arbeiten, welhe Jhnen vorgelegt worden, zu gutem Ende zu führen. Ich danke Ihnen und hoffe, daß die ren Beziehungen zwischen dem Bezirkstage uud der Verwaltung fortbestehen werden zum Wohle des Bezirks, dem vorzustehen ih mich glüdcklih säße.

j Desterreich-Ungarnu. Wien, 3. September. (W. T. B.) Die Nachricht, daß der zur Zeit auf Urlaub befindliche Mi- nister-Präsident Fürst von Auersperg den Kaiser nah Prag begleiten werde, wird von dem „,Telegraphen-Korrespondenz- Bureau“ als unbegründet bezeihnet, da von einer Unterbre- chung des Urlaubs des Minister-Präsidenten niemals die Rede gewesen sei.

Belgien. Brüssel, 3. September. (W. T. B.) Der spanische Gesandte, Herzog von Tetuan, hat seine Kreditive dem Minister des Auswärtigen überreicht.

Großbritannien und Friand. London, 3. Septem- ber. (W. T. B.) Der spanische Gesandte Gomyn hat seine Kreditive im auswärtigen Amte übergeben.

Frankreich. Pagris, 1. September. Gestern Vormittag begab fich der Marshall Mac Mahon mit dem Fürsten von Serbien auf die Jagd im Walde von Marly.

__— Erzbischof Manning ift seit einigen Tagen hier und wird morgen mit den englishen Pilgern nach Pontigny weiter wallfahren.

__— Degrier, Major vom 25. Jäger-Bataillon, und Me u- nier, Kapitän . im 13. Artillerie-Regiment, sind vom Kriegs- Minister dazu bestimmt worden, dem Manöver in Hannover beizuwohnen.

Zu den diesjährigen Herbstmanövern werden die meisten europäishen Staaten militärishe Vertreter \{chicken. Das Programm der von neun Corps vorzunehmenden Manöver ist Folgendes: 1. Corps, Lille, General Clinchant, 4.—22. Septem- ber, 18 Bataillone Infanterie, 12 Schwadronen Kavallerie, 6 Batterien “Artillerie; 2. Corps, Amiens, General Montaudon, 9.—24. Sept., 15 Bataillone Infanterie, 6 Schwadronen Ka- vallerie, 6 Batterien Artillerie; 4. Corps, Le Mans, General Deligny, 20. Sept. bis 5. Okt., 14 Bataillone Infanterie, 8 Schwadronen Kavallerie, 8 Batterien Artillerie; 6. Corps, Cha- lons, General Douay, 15.—24. Sept., 22 Bataillone Infanterie, 14 Schwadronen Kavallerie, 6 Batterien Artillerie; 7. Corps, Besançon, General Herzog Aumale, 9.—19. Sept., 21 Bataillone Infanterie, 12 Schwadronen Kavallerie, 9 Batterien Artillerie ; 8. Corps, Bourges, General Ducrot, 5.—11. Sept., 10 Bataillone Infanterie, 2 Schwadronen Kavallerie, 7 Batterien Artillerie; 11. Corps, Nantes, General Lallemant, 1.—15. Sept., 12 Ba- taillone Infanterie, 4 Schwadronen Kavallerie, 9 Batterien Ar- tillerie; 14. Corps, Lyon, General Bourbaki, 10. —18. Sept., 26 Bataillone Infanterie, 24 Shwadronen Kavallerie, 12 Bat- terien Artillerie; 16. Corps, Montpellier, General Aymard, 26. Okt. bis 7, Nov., 13 Bataillone Infanterie, 5 Schwadronen Kavallerie, 5 Batterien Artillerie.

Wie das „Journal des Debats“ meldet, hat der Kriegs- Minister de Cissey die Summe von 162,800,000 Fr., die die ihm für die Liquidationsrehnung der verschiedenen aus den Kriegen hervorgegangenen Lasten gestattet wurde, folgender- maßen vertheilt: Eine Summe von 56,779,000 Fr. für die Artillerie, 26,941,000 Fr. für Waffen, 6,800,000 Fr. für Mi- litär-Equipagen und 1,480,000 Fr. für Geschirr der Artillerie- pferde. Die Befestigungen werden dieses Jahr 39 Millionen benöthigen, die Militärgebäude 16,800,000 Fr., die Vollendung und Verbesserung der Instruktionslager 500,000 Fr., das Ma- terial des Genie 700,000 Fr., die Umänderung des Materials der Eisenbahnen und der Bahnhöfe 1,300,000 Fr., die Tele- graphen 500,000 Fr.; 500,000 Fr. werden für Militär-Sub- sistenzmittel, eine ähnlißhe Summe für Armeespitäler ausgegeben werden und schließlich die Kleidung und das Kampirungs-Ma- terial der Truppen eine Ausgabe von 11 Millionen erfordern.

Der Kriegs-Minister läßt gegenwärtig alle französischen Festungen inspiziren. General Frossard besichtigt Toul, Méziè- res, Verdun, Longwy, Montmédy und Vitry; General Doutre- laine Rennes, Cherbourg, Brest und Lorient; General Dubost Paris und Versailles; General Riffault Lyon, Grenoble, Fort Barrault, Embrun, Briançon, Marseille und Toulon; General Cadart Lille, Douai, Cambrai, Bouchain, Valenciennes, Condé, Maubeuge, Landrecies, Dunkirchen, Amiens, Laon, La Fère und Arras; General Chareton Besançon, Langres, Belfort, Chau- mont und Bourges; General Boissonnet Montpellier, Perpignan, Carcassonne und Narbonne; General Dupouët Toulouse, Foix, Montaubaa, Cahors, Bayonne, Pau, Tarbes, Bordeaux und La Rochelle: General Jovain Tours, Chateauroux, Poitiers, Niort, Augers, Saumur, Limoges, - Périgueux, Clermont, St. Etienne und Montluçon; General Blondeau Rouen, Havre, Aurxerre, Laval und Orleans, und General Farre Oran, Con- stantine und Algier. Die Berichte dieser verschiedenen Generale werden auf dem Kriegs-Ministerium gesammelt, um \päter dem Comité für die Befestigungen vorgelegt zu werden. Nach seiner Anwesenheit in Toul hat General de Cissey einen Tagesbefehl erlassen, worin er sich fehr lobend über die Garnison ausspricht.

Der Kapitän Doineau, welher wegen Mithülfe bei der Entweihung Bazkine's verhaftet, aber am Sonnabend Abend wieder freigelassen worden war, wurde am nämlichen Tage um Mitternaht wieder fesigenommen und sofort nah Grasse abgeführt. Der Prozeß gegen die bei der Flucht Bazainc's der Mitshuld Angeklag:en kommt niht vor den Assisenhof der Niederalpen, sondern vor das Zuchtpolizeigeriht von Grafse.

Das Transport\chiff} „Virginie“ if gestern mit 227 De- portirten von Brest nah Neu-Caledonien abgegangen. Die Zahl der zur Deportation Verurtheilten, welhe noch in Frank- reich sind, beträgt 290; 63, darunter das Mitglied der Commune Billioray, find aber so krank, daß die Aerzte erklärten, sie könnten die Strapazen der Reise niht ertragen. Das nächste Transport- chiff, das nah Neu- Caledonien abgeht, ist der „Calvados“, welches 71 verurtheilte Araber mitnimmt. Die Zahl derer, welche de- poriirt werden sollen, beträgt im Ganzen 77; sechs wurden krankheitshalber aber ausgeshlossen, worüber dieselben in E Verzweiflung geriethen. Die Araber ziehen Caledonien, wo fie eine Art von Freiheit genießen, dem Gefängniß vor.

4. September. (W. T. B.) Das „Iournal officiel“ publizirt die Ernennung des seitherigen Gesandten in Bern, Grafen Chaudordy, zum Gesandten Frankreichs bei der

spanischen Regierung.