1874 / 216 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 Sep 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Die Theilnahme an dem Kongresse war zugesagt von folgen- den Staaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Luxemburg, Niederlande, Oesfterreih, Portugal, ' Rußland, Schweden und Norwegen, Schweiz, Spanien, Türkei, Ungarn, Vereinigte Staaten von Amerika und von folgenden Postverwaltungen : Aegypten, Ru- mänien und Serbien.

Die Namen der einzelnen Repräsentanten haben wir bereits in Nr. 210 des „R. u. St.-A.“ mitgetheilt.

Nath einem Bescheide des Minisiers des Innern vom 8. v. M. is die aus dem §. 48 der Verordnung vom 26. De- zember 1808 wegen vecbesserter Einrihtung der Provinzial-, Polizei- und Finanzbehörden in Verbindung mit dem 8. 20 des Gesehes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 hergeleitete Befugniß der Polizeibehörden zur Verhän- gung von Freiheitsftrafen als Exekutivmittel in Betreff der Landräthe, der Polizeiverwalter in den zu den Land- kreisen gehörigen Städten, der Amtsvorsteher und der Orts- (Gemeinde-, Guts-) Vorsteher durch den §. 79 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 aufgehoben worden. -In diesem Paragraphen sind die Zwangsmittel, deren die gedahten Behör- den in Ausübung ihrer Polizeigewalt zur Durchführung ihrer Anordnungen fi bedienen dürfen, speziell aufgeführt, unter den- selben jedo die Freiheits\trafen niht genannt. Auch ergiebt fih aus den legislativen Verhandlungen über die Kreisordnung, daß die Absicht des Gesezgebers ausdrücklich dahin gerichtet ge- wesen ist, die Freiheitsstrafen aus der Kategorie der geseglih zu- lässigen Zwangsmittel auszuschließen.

Die Königliche Regierung zu Potsdam hat im Einver- ftändniß mit den Ressort-Ministern dem von dem Magistrat und den Stadtverordneten Berlins festgestellten Regulativ für die Gemeinde-Einkommenfsteuer die Genehmigung nicht ertheilt, vielmehr zuvor die Erledigung mehrerer gegen das Re- gulativ erhobenen Erinnerungen verlangt. Außerdem hat die Regierung, da die nah Maßgabe des neuen Regulativs zu er- hebende Steuer dazu bestimmt ist, einen Theil des dur die Aufhebung der Mahl- und Schlahtsteuer der Stadt- gemeinde erwachsenen Ausfalls zu decken, überdies auf Grund des neuen Regulativs die seither von der Steuer befreit ge- wesenen Personen mit einem Einkommen von 140 bis 300 Uhlrn. jährli zu derselben herangezogen werden jollen, cs fich mithin thatsählih um eine tief eingreifende Umgestaltung des Steuer- systems handelt, auf Grund der Vorschriften im §. 53 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 die Genehmigung des zu er- hebenden Prozentsayzes der Steuereinheits\äße des Regulativs fh vorbehalten. Der Magistrat hat bei der Stadtverordneten- versammlung eine Abänderung des Regulativs im Sinne des Regierungserlasses beantragt, wegen des von der Regierung rücksichtlich der Genehmigung des Prozen#saßes gemachten Vor- behaltes aber die Erörterung auf einen anderen Zeitpunkt vertagt.

Der Kaiserlich deutsche Legations-Rath, Konsul Dr. Bu\ch ist von seiner Urlaubsreise hier eingetroffen.

Der Kaiserlich deutsche Legations - Rath Graf von Berchem is mit Urlaub nah Bayern abgereist.

Der Oberst und Inspecteur der Infanterie-Shulen von Kloeden is von seiner Dienstreise nah Marienwerder hierher zurügekehrt.

Der Kapitän zur See von Wickede is auf der Durch- reise von Rußland nah Kiel hier eingetroffen.

Kiel, 14. September. (K. Ztg.) Geftern Mittag fiattete Se. Kaiserlihe Hoheit der Großfürst Alexis von Rußland auf dem Stations\{hiff „Niobe“ einen Besuh ab, welches den hohen Gast mit einem Salut von 21 Schüssen begrüßte. Am Dienstag trifft Se. Königliche Hoheit der Prinz von Wales hier ein und begiebt fich an Bord der englischen Dampfyacht „Ds- borne“, welche den Prinzen nah Kopenhagen überführt, woselbst die Prinzessin von Wales mit ihren Kindern bereits seit Ende August verweilt.

Bayern. München, 14. September. (W. T. B.) Die hiefige Polizei-Direktion hat unterm 12. d. M. die hier bestehen- den sozial - demokratishen Zweigvereine der Schuh- machergewerkschaft, des - allgemeinen deutshen Schneidervereins, des allgemeinen deutshen Töpfervereins, der Maler-, Latirer- und Vergolder-Gewerkschaft, der Metallarbeiter-Gewerksgenossen- \haft und der Holzarbeiter-Gewerkschaft als selbständige politische Vereine erklärt und ge\chlo\sen. Gleichzeitig erfolgte auch die polizeilihe Schließung des Arbeiter-Preßvereins. Im An- \{chlu}se an diese Maßregeln wurde gestern bei den hervor- ragendsten Führern der \ozial-demokratischen Partei eine polizei- lihe Haussuhung vorgenommen und das auf ihre Vereins- thätigkeit bezüglihe Material mit Beschlag belegt. Ein gericht- liches Einschreiten gegen die genannten Vereine wegen Verlezung des Vereinsgeseßes if bevorstehend.

Sachsen. Dresden, 14. September. Der Prinz Leopold von Bayern istff am 11. d. M. Abends von München hier eingetroffen, im „Hotel Bellevue“ abgetreten und gestern Abend 37 Uhr nah Berlin abgereist. Die Herzogin von Genua hat fich heute früh 4 Uhr 25 Minuten nah Stresa begeben.

Der Staats-Minister Freiherr von Friesen is gestern von seiner Urlaubsreise zurückgekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen.

Württemberg. Stuttgart, 13. September. Der „St. A. f. W.*“ veröffentliht folgende Verordnung vom 9. September, betreffend die Wirkung der von den deutshen Gymnasien ausgestellten Maturitäts- zeugnisse: Ó __ Karl von Gottes Gnaden König von Württemberg. Nachdem sämmtliche deutshe Regierungen in Beziehung auf die Einrichtung der Gymnasicn unddie von den deutschen Gymnasien auszustellenden Ma- turitätszeugnifse über gewisse Grundsäße übereingekommen sind, ver- E u verfügen Wir, nah Anhörung Unseres Geheimen-Raths, wie folgt:

§. 1, Die: auf Grund der Vereinbarung unter den deutschen Regierungen ausgestellten Maturitätszeugnisse von anderen deutschen Gymnasien haben künftig nicht nur für die Zulaffung zu den Univer- sitäts\tudien, sondern in allen öffentlichen Verhältnissen, insbesondere also auch hinsichtlich der Zulassung zu den verschiedenen Prüfungen für den öffentlichen Dienst, die gleiche rehtliche Wirkung, wie die nah der Verfügung Unseres Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens vom 19. Juni 1873 (Reg.-Bl. S. 277 ff.) ausgestellten Maturitäts- zeugnisse von den württembergischen Gymnafien.

&§. 2. Gegenwärtige Verordnung tritt mit dem 29. September (Michaelis) d. J. in Wirksamkeit.

Unsere sämmtlichen Ministerien sind mit der Vollziehung dieser Verordnung beauftragt.

Baden. Karlsruhe, 13. September. Durh Entschließung des Großherzoglihen Ministeriums des Innern vom 3. d. M. ist der bereits früher ftaatlich genehmigten Gemeinde der Alt- katholiken zu Epfenhofen, wie die „Badishe Landes- Zeitung“ mittheilt, die Pfarrpfründe neb| dem übrigert örtlichen Kirchenvermögen zu aus\chließlihem Genuß überwiesen worden.

Meck&lenburg. Schwerin, 14. Septemver. Zu den Vermählungsfeierlihkeiten tragen die „Meckl. Anz.“ noch nah, dáß einige Stationen von Zarskoje-Selo der Kaiser von Rußland dem Großherzoge die Epaulettes und Insignien eines Feld - marschalls der rus\ischen Armee entgegensandte. Mit den Insignien geschmüdckt, wurde der Großherzog von dem Kaiser in Gatschina begrüßt.

Sachsen - Altenburg. Altenburg, 12. September. Der Herzog is heute Nahmittag aus Eisenach wieder hier ein- getroffen. Derselbe wird sich dem Vernehmen nah morgen nah Hannover begeben, um den dortigen Manövern beizuwohnen.

Neuß. Gera, 13. September. Der Für ftlihe Hof hat zum Gedächtniß des jüngst verewigten Prinzen Adolph Bentheim- Tecklenburg-Rheda (Schwager des regierenden Fürsten) auf \sechs Wochen Trauer angelegt.

Für den am 31. Oftober 1871 zusammengetretenen Landtag des Fürstenthums is nun der Landtags-Abschied und zuglei eine landesherrlihe Verordnung erschienen, die be- stimmt, daß die Wahlen zum nächsten Landtage Montag, 28. September, vorgenommen werden sollen. Der Fürst spriht in dem Landtags-Abschiedce mit Befriedigung von dem nun abgetretenen Landtage und hebt die mit ihm zu Stande gebrachten Geseze hervor, von denen er sch eine gute. Einwirkung auf die Verhältnisse im Fürstenthume verspriht. Der Fürst erkennt ferner die Be- reitwilligkeit des Landtages an, mit welcher er die von der Auf- hebung der Bierbannrehte betroffenen oberländishen Städte mit Entschädigungssummen bedachte und den Staatsdienern und Volks\chullehrern wiederholt Theuerungszulagen bewilligte. Weiter \spriht er von den im Bau begriffenen Eisenbahnlinien und hofft, daß die zum Ausbau der Mehltheuer-Weidaer Eisenbahn erforderlichen Geldmittel beschafft werden.

LübeŒck, 14. September. Die dritte der vier für das Jahr durch die Verfassung fest vorgeschriebenen Versammlungen der Bürgerschaft findet am nächsten Montag ftatt.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 14. September. Die „Presse“ erfährt, der Reichsrath werde bereits zwischen dem 15. und 20. Oktober wieder zusammentreten, und würden die Sessionen der Landesvertretungen deshalb spätestens bis zum 15. k. Mts. geschlossen werden.

Die „Internationale Korrespondenz“ sagt bezüglih der in Prag von dem Kardinal-Erzbishof Fürsten Schwarzen- berg an den Kaiser gerichteten Anrede und dessen darauf folgender Erwiderung, daß weder eine offizielle Ansprahe des Adels, noch éine solche der Geistlihkeit in das Huldigungspro- gramm aufgenommen worden sei. Wenn trohdem ein Mitglied des Klerus eine Anrede an den Kaiser gehalten habe, so könne eine solche, ebenso wie deren Beantwortung, füglih als einfache Konversation angesehen werden und werde daher auch keine offizielle Mittheilung des authentishen Textes erfolgen.

Graf Hans Wilczek wird fich am 18. d. in Begleitung des Grafen Edmund Zichy. Und des Baron Todesco zum Em- pfange der Mitglieder der österreihischen Nordpol-Expe- dition nah Hamburg begeben, wo dieselben am 22. d. er- wartet werden.

Prag, 14. September. Aus Veranlassung der bei Brandeis abgehaltenen Manöver hat der Kaiser an den fommandireuden General in Böhinen, Philippovich, ein Hand- \hreiben gerichtet, in welhem er demselben seine vollste Aner- fennung und seine vollständige Befriedigung über die gediegene Detailausbildung, die vorzüglihe Manövrirfähigkeit und die Disziplin der verwendeten Truppen aller Waffengattungen ausspricht.

Pest, 14. September. Der „Pester Lloyd“ bezweifelt die Richtigkeit der vom „Vaterland“ mitgetheilten Fassung der Antwort, welhe der Kaiser beim Empfange des Kardinals Schwarzenberg auf dessen Anrede ertheilt haben soll. Der Kaiser wolle den kirchlihen Frieden, er versprehe, die Kirche gegen ungeretfertigte Angriffe zu \{hüzen, aber entscheidend werde dabei die Haltung der Kirche sein. Uebernehme sie die Rolle des Angreifers und Friedensstörers, dann verwirke fie den Anspru auf den Schutz, den der Kardinal erbeten habe.

„Pesti Naplo“ meldet, daß die erste Emission der Schatzbons nunmehr in London vollständig plazirt sei, und daß die Verhandlungen betreffs der neuen Anleihe im Laufe des Monats Oktober beendigt werden dürften. Einer weiteren Mittheilung desselben Blattes zufolge find die Steuern verhält- niß mäßig befriedigend eingegangen und wird das Defizit vor- ausfihtiih geringer \ein, als im Voranshlag angenommen war.

Das ungarishe Amtsblatt veröffentlicht eine, die Ein- berufung des Karlowigzer Kongresses betreffende Aller- höchste Entschließung. Darnach wird der auf den 11. Juli d. 0; na Karlowit einberufene und am 6. August vertagte serbish- nationale Kirchenkongreß für den 4. Oktober d. I. neuerdings einberufen.

Die „Reform* brachte dieser Tage die Nachricht, daß an der Grenze des Csiker Stuhles 600 Moldauer eine Grenz- verlezung begingen und daß der Vizegespan auf telegraphishem Wege vom Ministerium des Innern die Aussendung von Hon- védtruppen erbeten habe. „Pesti Napló“ theilt nun mit, daß wohl vom Vizegespan des Csiker Stuhles ein Telegramm einlangte, in welchem derselbe das Erscheinen von 400 bis 500 Moldauern auf der zum Csiker Stuhle ge- Le Apa - Alpe anzeigte, ferner daß diese Leute

ie Absicht haben, auf einem angebli streitigem Terrain Gras

zu mähen, do habe der Vizegespan aus Anlaß dieses Zwischen- falles die Aussendung von A nbe is niht urgirt. Wie übrigens das citirte Blatt erfährt, sind in Folge des än der Apa-Alpe eingetretenen Zwischenfalles im Wege des öôsterreichish- ungarischen General-Konsuls in Bukarest sofort die nöthigen Sÿritte zur Wahrung der Interessen der ungarischen Unter- thanen geschehen.

Großbritannien und Jrland. London, 12. Sep- tember. Die Großherzogin von Mecklenburg-Streliß fam gestern von Deutschland hier an und begab sich nach Cam- bridge Cottage, Kew, zu einem Besuche ihrer Mutter, der ver- wittweten Herzogin von Cambridge.

Auf Befehl des Herzogs von Cambridge werden fi der Generalmajor Park, Commandeur der 1. Infanterie- Brigade, in Aldershot, und Major Robinson nah Deutsch-

land begeben, um den Herbstmanövern der deutschen Armee beizuwohnen.

Der Premier-Minister Dis raeli hat an den neuen fran- zösishen Botschafter, Graf Jarnac, folgendes Schreiben

gerichtet : „Bretby Park, 22. August 1874.

Mein lieber Jarnac! Jh habe in meinem öffentlichen Leben kaum einen Brief erhalten, der mir größere Befriedigung bereitete, als der, welcher anzeigte, daß Sie zum Botschafter bei meiner gnädigen Souverainin ernannt worden sind. Ich konnte nicht umhin, mir die Zeit von einem Vierteljahrhundert zurückzurufen, als wir im Club von Coventry zusammen auf das Bulletin warteten , welches eine Re- volution in Ihrem Lande anzeigte, die ih zu beklagen niemals auf- gehört habe. Die Zeit hat Ihnen wieder das große Amt gebracht, das zu bekleiden Sie nahe daran waren, und das Sie mit dem er- habenen Prinzip, das Sie stets auszeihnete, und der Erfahrung, die der Verlauf von 25 Jahren uns beiden gebracht hat, leiten werden. Fch schreibe heute an die Königin und werde das Vergnügen haben, Shrer Majestät die Gesinnungen zu übermitteln, die Sie fo glücklih ausgedrückt haben.“

In Chiswick starb am 10. d. M. der britische Ad- miral Sir Robert Smart im Alter von 78 Iahren.

Nächsten Monat werden \sich der Marine - Minister Ward Hunt und mehrere Lords der Admiralität nah dem Mittelländishen Meere begeben, um die Marine-Etablissements in Gibraltar und Malta zu inspiziren.

Der neue russische Botschafter am Hofe von St. James, Graf Schuwaloff, wird am 15. d. M. in London er- wartet.

Hr. W. E. Forster hat gestern an Bord des Allan- Dampfers „Circassian“ eine Reise nah Canada und den Ver- einigten Staaten angetreten, die den Zweck hat, die Unterrichts- Institute dieser Länder zu studiren.

Amilihe Ausweise geben die Zahl der Soldaten in der britishen Armee, die während des Jahres 1873—74 fahnen- flüchtig wurden, auf. 5861 an, von denen nur 1855 entweder cingefangen wurden oder freiwillig zurückehuten. Dieses be- ständig wachsende Uebel is, nah der „A. A. C., so ernftlih geworden, daß der Kriegs-Minister ein militärishes Comité niedergefezt hat, das Erhebungen über die Ursachen der aue Desertionen anstellen und Abwehrmittel vorschla- gen soll.

Frankreich. Paris, 13. September. Der Groß- herzog von Mecklenburg-Strelißz, der vor drei Tagen hier angekommen und im Hotel Maurice abgestiegen war, ift heute nah Biarriy abgereist, wo sih bereits der Großfürst Konstantin, die Großfürstin Marie von Rußland und der ehe- malige König von Hannover befinden.

Der am 12. d. in einem Alter von 87 Iahren auf \ei= nem Gute Val Richer verschiedene François Pierre Guillaume Guizot war am 4. Oktober 1787 zu Nimes in einer protestan- tischen Familie geboren. Sein Vater, ein Advokat, endete wäh- rend der Revolution auf dem Schaffot, und der junge Guizot erhielt in Genf seine erste Erziehung. Er studirte dann ‘in Paris die Rehte, wandte fich aber bald historish-literarischen Studien zu und wies mit Mignet und Augustin Thierry der französishen Geschihtshreibung neue Bahnen. Seit 1812 Pro- fessor an der Sorbonne, betrat er {hon früh den politischen Schauplatz, folgte Ludwig XVIH. während der hundert Tage na Gent und zeihnete im Jahre 1816 mit der Schrift: „Von der Repräsentativregierung- und dem gegenwärtigen Zustande Frank- reihs* das fonstitutionclle Programm vor, welches der Leitstern seines ganzen Lebens blieb. In den ersten Jahren der Restaura- tion gehörte er dem Staatsrath an; nah dem Tode des Herzogs von Berry zog er \sich aber wieder auf das akademische Feld zu- rück und eröffnete dort mit Villemain und Victor Cousin eine für Frankreih Epohe machende und an historischen Arbeiten fruhtbare Wirksamkeit. In diese Zeit fallen seine „Geschichte der englishen Revolution“, seine hochbedeutende „Geschichte der Civilisation in Frankreih* u. #. w. Als Abgeordneter von Lifieux unterzeihnete er im Jahre 1830 die Adresse der 221 und wurde nun einer der Anwälte und bald der wichtig e Träger der JIulimonarchie. Ein erstes Mal mit Thiers und dem Her- zog von Broglie durch vier Jahre Minister, dann unter dem Ministeriuun Molé Führer der Opposition, während der großen orientalishen Krisis von 1840 Botschafter in London, war er vom 29. Oktober 1840 bis zum 24. Februar 1848 die Seele der Regierung Ludwig Philipps. Die Revolution vertrieb ihn nah England; im Jahre 1849 wollte er noch einmal den politi- \hen Schauplaz betreten, drang aber mit seiner Kandidatur für die geseßgebende Versammlung niht durch und widmete sh nun unwiderruflih dem Privatleben, der Akademie und seinen literarishen Studien ; dem Institut, gehörte er in drei Eigen- schaften an: er war Mitglied der Académie des Sciences mo- rales et politiques \eit 1832, der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres \eit 1833 und der Àcadémie française feit 1836. Sein letztes (unvollendetes) Werk is die „EHistoire de France racontée à mes Petits enfants.“ Seine „Denkwürdigfeiten“ find eine der werthvollsten Quellen der neuesten Geschichte. Im Jahre 1840 ernannte ihn Ludwig Philipp zum Großkreuz der Ehrenlegion. Er war zweimal verheirathet: \eine erfte Frau, geborene Paulin de Meulan, sowie seine Tochter, Frau Cor-' nélis de Witt, haben sich in der französischen Literatur einen Namen gemacht.

14. September. (W. T. B.) Aus Arras wird vom

eutigen Tage gemeldet: Der Marshall Mac Mahon

ist heute Abend um 7 Uhr hier eingetroffen. Bei feinem Empfange hielt der Maire eine Anrede, in welcher er besonders hervorhob, daß das Land der gegenwärtigen Regierung Ver- trauen schenke und die baldige Annahme der konstitutionellen Geseße verlange. Die Stadt war glänzend illuminirt und fest- lih geshmückt. Morgen wird der Marshall die Truppen der Garnison besihtigen und darauf die Kathedrale, das Hospital, die Citadelle und das Arsenal besuchen. Morgen Abend wird derselbe seine Reise nah Amiens fortsegzen.

15.-September. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ veröffentliht eine amtlihe Verordnung, durch welche die zur theilweisen Erneuerung der General- und Axrron- dissementsräthe erforderlihen Wahlen auf den 4. Oktober d. I. ausgeschrieben werden.

Grasse, 14. September. (W. T. B.) Der Prozeß ge- g die wegen Betheiligung an der ölucht Bazaine's ange- lagten Personen, Oberst Vilette und Genossen, ift heute vor dem hiesigen Zuchtpolizeigerihte eröffnet worden. Eine große Anzahl von Zuhörern war im Gerichtssaale anwesend. Nah Verlesung der Verfügung, welhe den Prozeß vor das Zucht- polizeigeriht verweist, erfolgte die Vernehmung von fünfzehn Zeugen. Von den Aussagen derselben is besonders die Angabe des Bootsführers Rocca hervorzuheben, daß die Gemahlin Ba- zaine's ein Boot von ihm gemiethet habe. Ueber die Frage, ob Bazaine das Gefängniß vermittelst eines Seiles oder auf an-

dere Weise verlassen habe, is bisher durch das Verhör noch Nichts festgestellt worden. i

In einer zweiten, heute Nachmittag abgehaltenen Sißung führte das- Zuchtpolizeigeriht die Vernehmung der Zeugen zu Ende; hierbei wurde von dem Präfekten von Nizza u. A. zu- estanden, daß er die Herzogin de la Torre bei einem Besuche Pazaine's begleitet habe. Sodann folgte das Verhör der An- geshuldigten Lefrançois, Leterme, Gigoux und Platin. Die Sizung wurde Abends 7 Uhr auf morgen Nachmittag 2 Uhr

F vertagt.

Spanien. Ueber den Vorfall bei Guetaria ist nunmehr ein Beriht des Geshwader-Kommandanten, Kapitän zur See Zembsch, eingegangen. Die „Nordd. Alg. Ztg.“ theilt daraus Folgendes mit: : :

Am 3. und 4. September füllten „Nautilus“ und eAlbatroß“ Wasser auf in Passages, uad am 5. d. M. Morgens um 5 Uhr gingen die Schiffe in See, zuerst an der Küste entlang öftlich bis vor den Bidassoafluß, um die Gegend kennen W lernen, und dann ebenfalls dicht unter Land westlich zurück nach Santander zu. i

Als sie in der Nähe der kleinen befestigten Stadt Guetaria, welche von Regierungstruppen besetzt ist, kamen, höôrte man Geschüß- und Geweh-feuer und sah, näher kommend, daß die Stadt Guetaria von den C-rlisten, die einen naheliegenden Bergri cken beseßt hatten, mit Gewehrfeuer beschossen wurde. Die Stadt hat nach dieser Seite hin eine alte Mauer, hinter welcher Infanteristen der Garnison stan- den und auf die Carlisten, welche ihrerseits in niedrigem Gebüsh hinter Steinen gedeckt lagen, feuerten. i

Eine hohe, auf dem Berge dominirend gelegene Batterie feuerte mit einem Geshüß nah den Carlisten, aber scheinbar ohne Erfolg. Die Letzteren hatten, wie es schien, kein Geschüß. L

Die Schiffe gingen auf ihrem Kurse dicht an der Küste San unbeirrt weiter und hatten das Fort und die Stadt Guetaria längst passirt, mochten aber etwa 800 Meter quer ab von den nächstliegenden Carlisten entfernt sein, als diese ihr Feuer auf sie richteten. Die Kugeln pfiffen der Mannschaft um die Köpfe und dur die Takelage, zum Theil \chlugen sie diht vor und hinter dem Schiff ins Wasser; glücklicherweise wurde Niemand getroff.n. Ein Mißverständniß konnte hier gar nicht obwalten, die Flaggen wehten flar aus; es war gegen 114 Uhr Vormittags und heller Sonnenschein. Die Schußrichtungen von den Carlisten aus gegen die Stadt Guetaria und gegen „Albatroß und „Nautilus“ waren mehr als 90 Grad auseinander, so daß auch in dieser Beziehung ein Versehen der Carlisten unmöglich war. è

Als die Schiffe das Feuer bekamen und der Kavitän Zembsh merkte, daß die Gewehre der Carlisten bis an die Schiffe heran und über dieselben hinweg trugen, drehte er in einem Bogen lang)am von Land ab und ließ Klar-Schiff schlagen, machte auch an „Albatroß“, der in diesem Augenblick etwas weit ab war, das Signal „Klar zum Gefecht“. Gleichzeitig bat er den Korvetten-Kapitän v Nostiz, an Bord zu kammen, und verabredete mit ihm, auf welch? Reise sie den von den Carlisten beseßten Bergrücken beschießen wollten, und daß dafür zu jorgen sei, daß keines der in der Umgegend liegenden Bauern- häuser getroffen werde. Nachdem dies geschehen, feuerten beide Schiffe einige Schuß mit dem vorderen Geschüß aus der Bugpforte, mit den mitt- leren GeschÚßen aus den Seitenpforten und mit dem Heckges{üß aus der Heckpforte, während fie in einem Bogen langjam auf durchschnitt- lich 1300 Meter Eatfernung passirten. Der erste Schuß des „Nau- tilus* ging etwas zu niedrig, der zweite ging über den Berg hinweg, der dritte aber und der vierte saßen vortrefflich, und man konnte vom Schiffe aus sehen, daß die Carlisten theils nah dem Innern zu, theils nach dem Wasser in ein Seitenthal flohen. Da nach _ 3 weiteren Schüssen das Feuer der Carlisten aufhörte, so stellten die Schiffe auh das ibrige ein und nahmen ihren alten Kurs wieder aus. Auch “Albatroß“, der auf weitere Entfernung s{hoß, glaubt einige Treffer erzielt zu haben. „Nautilus" verfeuerte 7, „Albatroß“ 8 Schuß.

Santander, 14. September. (W. T. B.) Der deutsche Konsul in Bayonne, Richard Lindau, ist gesiern Abend hier eingetroffen und wird sich im Laufe des Tages mit den beiden deutshen Kanonenbooten nah Bilbao begeben.

Ftälien. Rom, 9. September. (It. N.) Mit dem Befinden der Herzogin von Aosta geht es nur langsam besser. Um die Rekonvalescenz zu beshleunigen, haben die Aerzte Ihrer Königlichen Hoheit gerathen, den Winteraufenthalt, statt in dem rauhen Piemont, an der milden ligurischen Küste zu nehmen, und Prinz Amadeus hat deshalb die Villen Zirio und Dufour an der Küste von San Remo miethen lassen.

In dem Personal der Finanz-Verwaltung steht am 1. k. M. eine große Veränderung bevor; nah dem Geseße vom 18. Dezember 1873 geht nämlich die Verwaltung der Staats\huld, der Depositengelder und der Anleihen aus den Händen der Behörden, die fie jeßt unter fich haben, in die eigens dafür ernannte neue Verwaltung über. i

Wie die Zeitungen berichten, find alle in der Villa Ruffi bei Rimini verhafteten Republikaner von Spoleto nah Perugia gebraht worden, wo fie vor Gericht gestellt werden sollen.

Mailänder Blätter melden die Ankunft Emilio Caste- lar’'s daselbst. : | |

Von Tunis wird berichtet, daß die Dampfschiffahrts-

. gesellshaft Rubattino regelmäßige t e nfahrten zwischen den

Häfen Tunis, Susa, Medhia, Monastier, Sfax und nah der Insel Irbah einrihten will.

Nuߧland und Polen. St. Petersburg, 13. Sep- iember. Die Allerhöhs|t bestätigte „Gesellschaft zur Hülfe- leistung bei Schiffbrüchen hatte, wie die „Börjen-Zeitung“ meldet, ihren Präses, den General-Adjutanten Possiet, beauf- tragt, bei der Staatsregierung um die Bildung einer Spezial- kommission nahzusuchen, wie eine solche in Frankreich besteht, um diejenigen Maßregeln zu ermitteln, welche geeignet sind, Unglücks- fällen mit Fahrzeugen, besonders mit Passagierdampfern vorzu- beugen. Wie verlautet, \oll bereits die Genehmigung zur Bil- dung einer solchen Kommission aus Vertretern der Ministerien der Finanzen, der Marine und der Wegeverbindungen, sowie aus Deputirten der „Gesellschaft zur" Hülfeleistung bei Schiff- brüchen“ und einiger bedeutender Dampfschiffahrts-Gesellschaften erfolgt sein. Zum Präses dieser Kommission ist in diesen Tagen der Contre-Admiral von der Suite Sr. Majestät, Stezenko, er- nannt worden, und wird die Kommission in nächster Zeit ihre Sizungen eröffnen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 9. Sep- tember. Der Expeditionshef des Medizinalwesens in Norwegen, C. T. Kierulff, ist nach kurzem Krankenlager im Alter von 51 Jahren verstorben. j

Zum \{chwedis{-norwegishen Vizekonsul in Quebeck unter dem Konsulat daselbst is der Freiherr Frederik Andreas Fal- kenberg ernannt worden. Der neuernannte \{chwedis{- norwegishe Konsul in Shanghai, Chriftiernson, hält sich zur Zeit in Christiania auf und gedenkt fi ebenfalls vor seiner Abreise nah China nah den übrigen Haupthandelsplägen des Landes zu begeben. Sein Zweck ist dabei, den Geschäftsleuten Gelegenheit zu geben, Mittheilungen über Handelsinteressen in jenen Gegenden zu geben oder zu empfangen.

Dänemark. Kopenhagen, 11. September. _Der Prinz von Wales wird hier, wie bereits früher erwähnt,

zum Besuch am Königlichen Hofe erwartet. Gestern Morgen ging die englische Luftyaht „Osborne“ nah Kiel ab, um den Prinzen herüber zu führen.

Es liegen jezt genaue Angaben über die Theil- nahme der Bevölkerung an den Wahlmannswahlen zum Landsthinge vor. Dieselbe war hier in der Stadt ganz außerordentlih gering, in einem Kreise gaben nur etwas über 3 Proz. \sämmtliher Urwähler ihre Stimme ab. Im Ganzen erfüllten von 24,972 Wählern nur 1316 ihre Bürgerpflicht.

Landtags- Angelegenheiten. __ Im _ 2. Stralsunder Wahlbezirk, Grimmen-Greifswald, ist der Kreisgerichts-Rath Wendorff zu Stralsund mit "83 gegen 111 Stimmen, welche Graf zu Solms-Altenhagen erhalten hat, zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten wieder gewählt worden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

_ Berlin. Professor C. Keil hat in seinem Atelier, im Heide- priemschen Garten hinter den Zelten von gestern, den 14., bis Sonn- tag, den 20. d. M., in den Stunden von früh 9 Uhr bis Nachmit- tags 4 Uhr sein für die Stadt Bremen vollendetes Siegesdenk- mal ausgestellt.

_— Ueber- die Fahrt S. M. Schiff „Gazelle“, das bekanntlih die Mitglicder der zur Beobachtung des Venusdurchganges nach den Kerguelen entsendeten Reichs-Expedition an Bord - hat, gehen der „Nordd. Allg. Ztg.“ folgende weitere Mittheilungen zu:

Am Nachmittag des 14. Juli war die Insel Madeira in Sicht. Am folgenden Morgen befand fich das Schiff in unmittelbarer Nähe der Nordwestseite der Insel, und beschäftigte man sich daselbst mit dem Fischen, in der Hoffnung, irgend etwas Interessantes für die Ge- lehrten zu finden. Auch während des Lothens wurde stets mit dem Schleppnete gefisht und ergatterte man alle möüglichen kleinen Thiere und Pflänzchen, die dann s{hleunigst unter das Mikroskop gethan und mit wissenshaftlihem Eifer zerlegt wurden: Alles, was aufs Schiff gebraht wird, verfällt der Wissenschaft und . wird .in Spi- ritus gestecki. Mittags gegen 12 Uhr dampfte die „Ga- zelle" an der s{chöônen Insel in geringer Entfernung entlang nach Funchal. Bis anu den steil emporsteigenden Felsen hai das Wasser hier eine Tiefe von etwa 100 Fuß, so daß eine An- näherung an die Insel bei dem ruhigen Wetter vollständig - gefahrlos gesehen konnte. An den Abhängen der Berge hängen hier und da fleine Städte und Dörfer, welhe mit denjenigen Norwegens viele Aehnlichkeit haben sollen. Um 34 Uhr Nachmittags ging die „Gazelle“ auf der Rhede von Funchal vor Anker. Die Mitglieder der Expedition machten einen Ausflug nach der Insel, wozu ihnen aber nur kurze Zeit gelassen wurde, da am nächsten Tage die Reife weiter gehen sollte. Die Mitglieder besahen sich die Stadt Funchal, welche ziemli s{chmußtig ist und wenig Interessantes bietet. Den schönsten Anblick hatte man vom Schiff aus auf die Injel. Am Donnerstag, den 16., Abends 9 Uhr, verließ die „Gazelle“ Madeira und befand si am 25. Juli zwishen den Cap- Verdischen Inseln. Wind und

- Weiter begünstigten die Reise unausgeseßt. - Auf der Reise von Ma-

deira bis nah den Cap-Verdischen Juseln gleicht so ziemlih ein Tag dem andern. Seit der Ankunft auf der Rhede von Madeira befand sich die Expedition in den eigentlihen Tropen, am 25. auf dein 15. Grad nördlicher Breite und 234 Grad westlicher Länge von Greenwich. Die Hiße war eine recht bedeutende, und gingen daher Alle, sogar die Offiziere, weiß gekleidet und mit Strohhüten. Der Gesundheitszustand an Bord war ein ret befriedigender ; {chwere Erkrankungen sind noch gar nit vorgekommen. Dem beißen Klima entsprechend, war die tägliche Beschäftigung der Schiffsmannschaft eingetheilt. Das Essen und der Wein wird sehr gelobt. Jn Madeira wurde vom Konjul und zweien anderen Deutschen ein sehr nobles Frühstück gegeben, zu welchem au der Kommandant eingeladen war. Am 27. Zuli Morgens erreichte die „Gazelle" die Insel San Jago. Zwei Tage hindurch beschäftigte man fich zwischeck den Inseln mit Lothen, Strommessen, Fischen und Schleppen von Neten, nit einmal die Nächte machten eine Ausnahme, da der Kommandant unermüdlih im Forschen ist. Mit der Haiangel wurde ein 7 Fuß langer Hai gefan- gen. Es waren ihrer 3, welche an dem ausgehängten Bissen umher \chnoberten, der kleinste war der gierigste und biß an. Der Hai wurde unter freudiger Aufregung an Bord gebraht und gleich von der Wissenschaft in Beschlag genommen. Die Cap-Verdischen Inseln find reih an fkahlen, hohen Gebirgsmassen von oft wunderbarer Bil- dung. Im Innern von San Jago soll es dagegen einige prachtvolle Thäler mit üppiger Vegetation geben, aber fie liegen zu entfernt von Porto Praya, als daß sie von den Expeditionsmitgliedern hätten aufgesucht werden können. Am 27. Nachmittags halb 2 Uhr warf die „Gazelle“ auf der Rhede von Porto Praya Anker, und am folgenden Vormittage beabsichtigte der Kommandant weiter zu gehen. Während die Offiziere an Bord blieben, begaben sich die Expeditionsmitglieder \{leunigst ans Land. Die Stadt ist nur von Negern. und einigen verkommenen Portugiesen bewohnt, der Strand und die dahinter liegenden Gebirge find fast ganz fahl, dazu die glühende Hiße das Alles konnte wenig zu einem Besuche des Lan- des reizen. Monrovia heffte man nun in acht Tagen zu erreichen und dort wieder Gelegenheit zu finden, Briefe nach der Heimath zu senden. Von Monrovia segelt die „Gazelle" dann nach Banana und wird vielleicht auch die Insel St. Helena berühren.

Die fünfte allgemeine Versammlung der „deut- schen anthropologischen Gesellschaft" wurde gestern im Hôör- faale des Zwingerpavillons zu Dresden von Hofrath Prof. Dr. Geinißz eröffnet, und es fand im Namen der Staatsregierung die Be- grüßung der Versammelten durch Hofrath Dr. Roßmann statt. Das Brm führte Prof. Dr. Virhow. Gegen Mittag beehrte Se.

ajestät der König die Versammlung mit seiner hohen Gegenwart.

Die deutsche geologishe Gesellshaft ist am 10. d. M. in Dresden zu einer allgemeinen Versammlung zusammen-

etreten.

ci Die geographische Gesellshaft in Hamburg trifft Vorkehrungen zu einem festlihen Empfang der Mitglieder der ¿sterreichischen Nordpol-Expedition, welhe am 22. d. M. bier erwartet werden. Weypreht wird mit der Mannschaft auf dem Seewege eintreffen; Payer kommt über Land von Stockholm. Œs wird beabsichtigt, den Nordpolfahrern auf der Elbe mit einem Dampf- schiffe entgegenzufahren und dieselben feierlich einzuholen. Abends soll eine außerordentlihe Sißung der geographischen Gesellschaft stattfin- den, an welche sich ein Festmahl anschließen wird. Von auswärts find als Ehrengäste zu den Festlichkeiten geladen : die Grafen Wilczek und Zichy, die Admirale Wuellerstorf und rhr. v. Sterneck, ferner v. Hochstetter, Steinhäuser, Hoefer und Dr. Weypreht aus Wien, Prof. Dove, v. Richthofen, Bastian und Neumayr aus Berlin, Dr. Petermann aus Gotha, Mosle, Breufing und Dyes aus Bremen, Prof. Bruhns aus Leipzig. j

Landwirthschaft.

Mit dem 1. Oktober d. I. erscheint bei Wiegandt, Hempel & Parey in Berlin wöchentlih zwei Mal ein großes landwirthschaftliches illustrirtes Je unter dem Titel: Deutsche Landwirthschaftlihe Presse. Die Zeitung steht insofern im Mittelpunkt aller landwirth chaftlihen Bestrebungen, als je von dem gemeinsamen General-Sekretär des Deutschen Landwirth- chaftsrathes und des Kongresses Deutscher Landwirthe, Oekonomie- Rath Hausburg redigirt wird. Jhr Programm ist zunächst die un- parteiische freie Erörterung und Vertretung der wirthshaftlihen Jn- teressen des deutschen Grundbefitzes. Wie diese Abtheilung, wird aber au die praftishe Landwirthschaft und ihre Hülfswissenschaften, wird der Gartenbau, das Forstwesen, die Fischerei, die auswirth\s{haft, Fagd und der Sport von bedeutenden und als solche bekannten Fach-

Berlin.

männern in möglichst anziehender, und, wo es das Thema gestattet, auch unterhaltender Form behandelt werden. Ein reih:s Feuilleton und gute Illustrationen dienen zur Unterstüßung dieses Zwecks. Der Abonnementspreis der Deutschen Landwirthschaftlichen Presse beträgt vierteljährlich 15 Thlr. Die uns vorliegende Nr. 1 hat einen sehr mannigfaltigen Jnhalt und eine recht ansprehende Ausstattuno, gutes Papier, klaren Druck 2c. Im Laufe der Zeit werden wir Gelegen- heit finden, auf das Blatt zurückzukommeu.

Vom 1. bis 5. d. M. tagte in Freiburg i. Br. die dritte Versammlung deutscher Forstwirthe. Dieselbe zählte nah einer Mittheilung der „Badischen Landes-Zeitung“ etwa 400 Mit- glieder. Von den Gegenftänden der Verathung kamen nur zwei zur Verhandlung, von denen das erste Thema: „Forstakademie oder all- gemeine Hochschule?“ in einer 6 stündigen Sißung besprochen wurde. Dasselbe wurde eingeleitet durch Hrn. Ober-Forstmeister Danckel- mann, Dir-ktor der Forstakademie zu Neustadt-Eberswalde, welcher die Beibehaltung der isolirten forstlihen Fack schulen befür- wortete. Diese Anstalten, meinte der Berichterstatter, seien allein geeignet, tüchtige Praktiker zu bilden, während man in dieser Beziehung auf den allgemeinen Hochschulen nur ungünstige Er- folge erzielt habe. Auf leßteren komme der Studirende zu wenig mit dem Wald in Berührung, die Lehrer der Hülfswissenshaften lehrten ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse des Faches, ihre Forschungen seien ge- wissermaßen nur einseitiger Natur und von geringem Nußen für die Forst- wirthshaft. Hierauf ergriff Hr. Regierungs-Rath Prof. Dr. v. Secken- dorff aus Wien das Wort. - Er zeigte unter rauschendem Beifall der Versammlung, daß alle für die Jsolirung des forstlichen Unterrichts vorgebrachten Gründe thatsächlich hinfällig feien, indem die meisten Hochschulen Deutschlands zum Walde noch weit günstiger gestellt seien, als die derge its bestehenden Forstakademien. Derjenige Grund, welcher es früher nöthig gemaht habe, für die Forstwirthe besondere Lehranstalten zu errihten, sei gegenwärtig in Wegfall gekommen. Während noch vor einigen wenigen Jahrzehnten in den meisten Staaten Deutschlands von den zukünftigen Forftver- waltungsbeamten nur ein geringes Maß von Vorbildung verlangt wor- den sei, werde heut überall die Reife gefordert. Von dem Augenblick an, in welhem die Forstwissenschaft die volle Ebenbürtigkeit mit den übrigen Wissenschaflen erreicht habe, und in welchem von den Aspi- ranten des Forstdienftes dieselbe Vorbildung verlangt werde, wie von den Aspiranten der übrigen Zweige des Staatsdienstes, hätten die isolirten Forstlehranstalten die Berehtigung ihrer Existenz verloren. Da dieser Augenblick aber fchon gekommen fei, so erlaube sich Redner zu beantragen: „Die Versammlung der deutschen Forstwirthe wolle erklären, daß die isolirten Forstlehranstalten zur Ausbildung der für die Forstverwaltung bestimmten Beamten nicht mehr genügten, und daß es deshalb ein dringendes Bedürfniß sei, den forstlihen Unter- richt an die allgemeinen Hochschulen zu übertragen.“ Dieser Antrag wurde mit etwa 385 gegen 15 Stimmen angenommen. Das zweite, am 4. verhandelte Thema lautcte: „Welches ist die geeignetste Ein- rihtung der Gemeindeforstverwaltung?“ Dasselbe wurde eingeleitet durch Hrn. Forstmeister Bernhardt aus Neustadt-Gberswalde als Berichterstatter und Hrn. Forstmeister Ganghofer aus Würzburg als Mitberichterstatter. Nach einer kurzen Verhandlung wurde der An- trag: „Die Versammlung erklärt, daß zur nachhaltigen guten Erhal- tung der Gemeindewaldungen die Beförsteruig nothwendig sei,“ mit Mehrheit angenommen. Die Ausflüge, welche in den Schwarzwald unternommen wurden, verliefen zu allgemeiner voller Befriedigung.

__ Gewerbe und Handel.

_ Die „Zeitschrift für Gewerbe, Handel und Volfks- wirthschaft, Organ des Oberschlesishen berg- und hüttenmännischen Vereins“, redigirt von Dr. Adolf Franß zu Beuthen O./S., enthält in Nr. 35 vom 5. September d. J.: Die Schlesischen Eisenbahnen im Jahre 1873 mit einem Blicke auf die Tarifreform. Gutachtlichhe Aeußerungen über den Antrag auf Er- höhung der Tarife der Oberschlesischen (s{chmalspurigen) Zweigbahn. Die Bessener Stahlwerke in Amerika. Zum volkswirthschaft- lichen Kongreß. Produktion, Handel, Verkehr (vom Oberschlesischen Kohlenmarkt). Kohlenverkehr der Sächs. Staatsbahnen. Tarif- flagen der Böhmischen Braunkohle Galiziens Kohlenproduktion. Kohlen und Eisen in Westfalen und Rheinland. Aus Belgien. Aus Frankreih. Aus Großbritannien. Anzeigen.

Nr. 36 vom 12. September cr.: Amtliches. Die Stlesisen Eisenbahnen im Jahre 1873 mit einern Blicke auf die Tarifreform. Eine Hüttenschule in Oberschlesien. Parlamentarische Enquéête über den Stand der Steinkohlenindustrie in Frankreih. Produktion, Handel, Verkehr (Situation in Oberschlefien. Aus Rußland. Aus Belgien. Aus Frankrei. Der europäishe Handel im Fahre 1874. Zum Bankgeseß-Entwurfe; das Breslauer Handels- blatt als Dr. Eisenbart der Volkswirthschaft. Eisenbahn-Tariffrage. Zu den Darichnskassen ci-devant ) 47. Verjammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Breslau. Provinzial-Volksbildungs- verein. Anzeigen. Extrabeilagen. Etat und Jahres- beriht der Oberschlesischen Steinkohlen-Bergbau-Hülfskasse pro 1875

resp. 1873. Verkehrs-Anstalten.

Die diesjährige Generalversammlung des Vereins deutscher Eijenbahn-Verwaltungen triti am 28. September in Buda-Pest zusammen. Die Tagesordnung weist 19 einzelne Be- rathungs- Gegenstände auf, welche zum größten Theile technischer Natur sind.

Southampton, 14. September. (W. T. B.) Der nord- deutsche Lloyddampfer „M inister Roon“ ift heute hier eingetroffen.

New-York, 14. September. (W. T. B.) Der Dampfer „Cimbria* von der Hamburg-Amerikanischen Gesellschaft ist mit 260,000 Doll. Contanten hier eingetroffen.

Aus dem Wolff'\chen Telegraphen-Büreau.

Prag, Dienstag, 15. September, Mittags. Bei der heuti- gen Eröffnung des böhmischen Landtags waren Minister-Präsident Fürst- Auersperg und die Minister Unger, von Pretis-Cagnodo und Banhans anwesend. Unter den erschienenen Abgeordneten befanden fi fieben czehishe, welhe theils im linken Centrum, theils auf der äußersten Linken ihre Sie einnahmen. Vom Oberft-Landmarschall wurden in der Eröffnungsrede die czechi- hen Abgeordneten besonders willkommen geheißen.

Königliche Schauspiele.

Mittwoch, den 16. September. Opernhaus. (170. Vorstel- lung.) Fantasca. Großes Zauber-Ballet in 4 Akten nebst einem Vorspiel (12 Bildern) von P. Taglioni. Musik von P. Hertel. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Schauspielhaus. (174. Vorftellung.) Der geheime Agent. Lustspiel in 4 Akten von Hackländer. Anfang 7 Uhr. Mittel-

reise. : hs T oaneitiog, den 17. September. Opernhaus. (171. Vor- ftellung.) Das Nachtlager von Granada. Oper in 2 Abthei- [lungen nah dem Schauspiel gleihen Namens von Kind. Musik von Kreuzer. Hierauf : Tanz nach einer Melodie Ludwig XIII, Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Schauspielhaus. Zum Besten der Abgebrannten in Mei- ningen. Was ihr wollt. Lustspiel in 4 Akten von Shakespeare. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Sämmtliche freie Entrées (mit alleiniger Ausnahme derer für die Presse) find ungültig, dagegen werden den Besigern von Dienst- und Freiplägen die betreffenden Billets gegen Zahlung bis Vormittags 12 Uhr an der Kasse reservirt. Die permanent reservirten Billets haben für diese Vorstellung Gültigkeit.