1874 / 226 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Sep 1874 18:00:01 GMT) scan diff

und Ausdauer gelizgen wird, den der niederländischen Herrschaft ent- gegengeseßten Widerstand zu besiegen. Die Verhältnisse des indischen Archipels sind übrigens befriedigend. Die Kulturanlagen versprechen einen befriedigenden Ertrag. Ich beabsichtige Ihnen nächstens einen Antrag zur Anlegung weiterer Eisenbahnen in Java zu unterbreiten.

n Westindien sind Zeichen des Fortschritts bemerkbar. Die finanziellen

erhältnisse dieser Kolonien zum Mutterlande gestalten ih günstiger. Verschiedene und wichtige Arbeiten beanspruchen Ihre Mitwirkung während der gegenwärtigen Sißung. “Möge Gottes Segen auf Jhrer Thätigkeit ruhen und das Wobl des Vaterlandes unser höchster Zweck Rem Ich erkläre die ordentlihe Sitzung der Generalstaaten für eröffnet.“

Großbritannien und Jrland. London, 25. Sep- tember. (W. T. B.) Die „Times“ if zu der Mittheilung ver- anlaßt, daß der Premier-Minister Disraeli in Folgc eines ziemlih heftigen Bronchitisanfalls seine Absicht, Irland einen Besuch abzustatten, für jezt habe aufgeben müffen.

Demselben Blatte zufolge hat die türkisché Regie- rung den Betrag von 140,000 Pfd. Sterl., den dieselbe der Varnaer Eisenbahngesellshaft für das Jahr 1873 garantirt hatte, an die legtere auszahlen lassen; die „Times“ fügt hinzu, die gleihe Ende Juni dieses Jahrs fällig gewesene Summe würde dem Vernehmen nah ebenfalls sofort ausbezahlt werden.

Dem „Globe“ zufolge hat zwischen der englischen und der spanischen Regierung eine Korrespondenz ftattge- funden wegen der Dur{suchung, die vor \panishen Küsten- offizieren auf englishen Kauffahrteischiffen vorgenommen worden war. Der „Globe“ fügt hinzu, England habe deshalb zwar feine Satisfaftion verlangt, jedoch die Erwartung ausgesprochen, daß die spanischen Offiziere künftig mit mehr Umsicht zu Werke gehen würden.

Frankreich. Paris, 25. September. (W. T. B.) Die Abendblätter veröffentlichen eine Zuschrift des Sekretärs des vormaligen Herzogs von Parma, in welcher die von der „Jberia® gebrahte Erzählung von der angeblich zwischen dem Prinzen Don Carlos, dem Herzog von Parma und den Grafen von Caserta und Bari stattgehabten Berathung für vollständig unritig und fals erklärt wird.

Der „Moniteur“ bringt eine Widerlegung der von aus- wärtigen Zeitungen gegen die franzöfishen Behörden an der Pyre- näengrenze erhobenen Beschuldigungen. Es werden alle seit dem 22. Iuni d. I. vorgekommenen Fälle aufgezählt, in denen für die Carlisten bestimmte Gegenstände mit Beschlag belegt worden find, es wird ferner konstatirt, daß die zu Lande eingeschleppte Kriegskontrebande in Folge der Schwie- rigkeiten, auf die das Einshmuggeln derselben ößt, fehr unbe- deutend sei und dann hervorgehoben, daß alles carlistishe Kriegsmaterial zur See eingeführt werde. Es seien im Augen- blick 26 Schiffe fignalisirt, die von England, Antwerpen, Amster- dam, Bremen und Hamburg nah der kantabrishen Küste ab- gegangen seien. Dort würde deren in Waffen und Munition bestehende Ladung von carlistishen Barken in Empfang genom- men und gelandet.

Prinz Alfons von Asturien getroffen.

Thiers wird noch bis zum Dienstag in Grenoble ver- weilen und dann erft seine Reise nah Italien fortsetzen.

Die ultramontanen und legitimistishen Journale von Paris und Angers fordern die Wähler des Departements Maine-et-Loire auf, sh bei der morgen stattfindenden Nachwahl zur Nationalversammlung der Abgabe ihrer Stimmen zu enthalten.

26. September. (W. T. B.) Die „Semaine finan- cière* bestätigt, daß die Bank von Frankreich die Absicht hat, die 20-Frankbillets in dem Maße, wie solhe zur Bank zurückfließen, ganz aus dem Verkehre zurüczuziehen. Der im Januar d. I. noch in 628 Millionen bestehende Betrag dieser Bantkbillets beläuft sh gegenwärtig nur noch auf 500 Millionen. Die erste Hauptversammlung des Verbandes deut-

scher Architekten- und Ingenieur-Vereine.

IITT.

ist gestern hier ein-

Abtheilungen des Verbandes.

Die Abtheilung für Architektur seßte im Marmorsaale unter dem Vorsiße des Ober-Baurath v. Egell aus Hannover die Diskussion über die aht Thesen der Stadterweiterung fort. Der Re- ferent Prof. Baumeister aus Karlsruhe sprah über die fiebente Thefse. Die Deckung der Kosten für Straßenanlagen fällt in kleinen Orten der Stadtgemeinde zu, während in größeren Gemeinden die Privat-

eigenthümer mit zu den Gesammtfkosten herangezogen werden. Damit |

fich aber die Stadtgemeinde nicht auf Kosten der Privaten bereichert und leßtere nicht auf die nothdürftigsten Verkel)zrswege beschränkt werden, muß ein Modus der Theilung erstrebt werden, der fi in der Mitte des Maximums und Minimums der Kosten zu halten be- müht ist. Jn Deuts{land übe man nur in Hamburg seit dem großen Brande die Methode der Rechnung urid Gegen- rechnung aus. Der Korreferent Orth in Berlin will die Normal- beiträge nicht nach der Meterzahl der Frontlänge des Geo bäudes festgeseßt wissen; ihm sei der Werth des Gebäudes allein maßgebend. Die siebente Thefe wurde darauf nah kurzer Debatte in folgender Fassung angenommen: „Ver Stadtgemeinde kommt die Befugniß zu, si für die von ihr aufgewandten Kosten neuer Straßen mit Zubehör Deckung von Seiten der anstoßenden Grundeigenthümer zu verschaffen. Unter den betreffenden finanziellen Normen empfehlen fich, namentli} wenn das Verfahren der Regulirung bereits durhge- führt ist, Normalbeiträge pro Meter der Frontlänge jedes Grund- \sttücks.* An der Debatte über die achte Theje betheiligten fich außer dem Referenten und Korreferenten noch die Herren Aßmann, Boeck- mann und Hackländcr; die These gelangte in folgender amendirter Fafsung zur Annahme: „Die Eigenthumsverhältnisse, welche mit Fest- eßung eines Stadterweiterungsplanes fich bilden, sowie die Ver- pflichiung der Anstoßer einerseits und der Gemeinde andererseits be- dürfen der geseßlichen Regelung. Auf Flächen, welche zu fünftigen Straßen und Pläßen bestimmt find, darf nach geseßlicher Feststellung des Planes niht mehr, oder pur gegen Revers ge werden. Dem Eigenthümer mere wegen diesec Be

\chränkung feine Entschädigung, dagegen das Ret, zu verlangen,

daß Grundstücke zu pa t Pläßen angekauft werden, sobald die

anliegenden Straßen herge tellt sind. Für Zugänglihkeit und Ent- wässerung von vereinzelten Neubauten muß zunächst durch die Eigen- thümer gesorgt werden. Doch sollte die Gemeinde sih allgemein zur vollständigen Herstellung und Unterhaltung einer neuen Straße ver- bindlih erklären, sobald Sicherheit besteht, daß ein gewisser Theil aller angrenzenden Grundstüsfronten mit Häusern versehen werden wird.“ Die Sißung wurde hierauf um 12 Uhr geschlossen.

Es war ferner eine Abtheilung zusammengetreten, um über A u s- nußung der Torfmoore, auch cer unter Wasser liegenden, für industrielle und landwirthshoftlihe Zwecke zu berathen.

Es wurde A. für industrielle Zwecke ins Auge gefaßt: I. Die Torfgewinnung a3. über Waffer, im Tagebau, 1) im Wiesen- oder Grünlandêmoore, 2) im Hochmoore (dessen Natur, Art des Torf- stichs in Hand- und Maschinenarbeit, Kanalisirung, Torfprefsung

| Schiffmaschine, 4) mit Timmens Baggerschiffe. Il, Verwendung des | Torfs a. zu unmittelbarer Verbrennung (in Oefen aller Art, Lokomo-

Gestern tagten im Abgeordnetenhause hierselbst die verschiedenen |

| über Waffer);

Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. Sep- tember. General-Adjutant Ignatjew, der diesseitige Botschaf- ter in Konstantinopel, ist aus Odessa vorgestern hier eingetroffen. Geheim-Rath Baron Iowini iff| aus Brüssel und der Schweiz wieder nah St. Petersburg zurückgekehrt.

Die „R. W.* erfährt, daß zwischen den Ministerien des Innern und der Volksaufklärung eine Korrespondenz stattfinde, welche geseßlihe Siherungsmaßregeln zum Schuß einmal ge- gründeter Dorfshulen bezweckt. Die Bauern, welche laut Gemeindebeshluß, sei derselbe nur von einer Dorfschaft oder von einer ganzen Wolost ausgegangen, Geld zu einer Schule hergegeben haben, follen, wenn die Land- saft von sih aus eine Subvention zur Schule zahlt, nachher niht mehr beretigt sein, das für die Schule bestimmte Geld dur einen neuen Gemeindebes{luß zurückzuziehen. Die Zahlung für die Schule soll im Gegentheil wie jede andere Steuer ein- getrieben werden können. z

Der Kaiser hat dem Minister der Kommunifationen be- fohlen, die erforderlihen Expropriationen zu folgenden Eisenbahnbauten ausführen zu lassen:

1) Von der Station Fasstowo der Kiew-Briester Bahn über den Flecken Ssmela bis zur Station Snamenka der Charkow-Nikola- jewshen Bahn; 2) vom rechten Wolgaufer bei der Station Batraki der Morschansk-Ssysraner Bahn über Ssamara bis Orenburg ; 3) von Perm nach Jekaterinburg mit Zweiglinien zu den Lunjewschen Gruben und den Bilimbajewschen Hüttenwerken und 4) für ein neues Pafsa-

g

giergebäude bei der Station Skernewice der Warschau-Wiener Bahn.

Nr. 39 des „Central-Blatts für das Deutsche Reih“, herausgegeben im Reichskanzler-Amt (Berlin, Carl Heymanns Verlag), hat folgenden Snhalt: 1) Allgemeine Verwaltungssahen: Ver- weisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. 2) Finanzwesen : Nachweisung der Einnahmen an Zöllen und gemeinschaftlichen Steuern, sowie anderer Einnahmen im Deutschen Reiche für die Zeit vom 1. Januar bis zum Schlusse des Monats August 1874. 3) Münzwesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen. 4) Zoll- und Steuerwesen: Einziehung und Kompetenz von Königlich bayerischen Zollstellen. 5) Marine und Schiffahrt: Quarantaine- Vorschriften. 6) Koeonsulatwesen : Entlassung eines Konsuls. 7) Personalveränderungen 2c.: Ernennung.

_— Von den Entscheidungen des Bundesamtes für das Heimathwesen, bearbeitet und herausgegeben von Wohlers, Geheimer Ober-Regierungê-Rath, Mitglied des Bundesamtes für das Heimathwesen, (Verlag von Franz Vahlen in Berlin), ift soeben das 4. Heft, enthaltend die seit dem 1. Dezember 1873 bis zum 31. August 1874 ergangenen wichtigeren Entscheidungen, (mit einem die v Hefte umfassenden alphabetischen Sachregister), veröffentlicht worden. : Nr. 36 des Justiz-Ministerial-Blatts für die Preu- ßishe Geseßgebung und Recbtspflege, herausgegeben im Bureau des Justiz-Ministeciums, hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 14. September 1874, betreffend die unter der Be- zeihnung „Central-Polizeiblatt* in Berlin erscheinende Zeitschrift. Allgemeine Verfügung vom 15. September 1874, betreffend die Herbeiführung der Uebereinstimmuvg der Grundbücher mit den Flur- buchs- und Gebäudesteuerrollen-Anhängen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin, W. September. Zur Unterstüßung der Abge- brannten Meiningens findet morgen, Sonntag Nachmittag, Prâs cise 6 Uhr, in der Marienkirche ein Konzert statt, das von Hrn. D ienel veranstaltet ist und bei welchem Frl Hedwig Dedcker, Frl. Gottschau, Frl. Stresow, Hr. Putsch u. A. mitwirken werden:

Das Pâdagogium Ostrau (Ostrowo) bei Filehne, eine Lehr- und Erziehungsanstalt, verbindet die Lehrthätigkeit der Sqhule mit den Aufsichtépflichten der Familie und ist hierdurch, wie ver- mittelst cigenartiger Organisation seit 24 Jahren bestrebt, die männ- liche Jugend, die ihr aus nah und fern zugeführt wird, zu tüchtigen Menschen heranzubilden. Vorzugsweise gern werden Knaben von 8—15 Jahren aufgenommen, und in normalen Klassen von Septima bis Prima (Gym. wie Real.) geführt. Aber auch ältere Zöglinge,

u. \. w.), b, unter Wasser: 1) nach holländishem Baggerverfahren, 9) mit Brofowsky's Torfstehmaschine, 3) mit Hodge's s{chwimmender

tiven u. f. w.), b. zur Herstellung von Torfkohlen (in Meilern, Koks- dfen u. \. w.), e. zur Verglasung (in Siemens Regeneratoren, Puddel- öfen u. }. w.). Ferner B. für landwirthschaftliche Zwecke (ledigli

a, ausshließlich als Wiesengrund, b. oder auch für Ackerbau (Brandkultur, Bedingung ihrer Fruchtbarkeit, niederländische Brandkultur, Rimgans Dammfultur u. f. w.)

Referent war Hr. Lasius ‘aus Hannover, Korreferent: Hr. Laut- mann aus München. An der Debatte betheiligte sich Hr. Buresch aus Oldenburg, von der Aufstellung von Thesen sah man jedoch ab, und wird erft auf der nächsten Versammlung zur Formulirung der- jelben geschritten werden.

In der Abtheilung der Ingenieure, welche im Sißungs- saale tagte, sprach zunächst Hr. Gordon aus Franffurt und alsdann der Baurath Hobrecht über Kanalisation. Beide Referenten sprachen fich für Schwemmfkanalisation aus, Baurath Hobrecht mit besonderer Rücksicht auf Berlin, wo nur die Berieselung die Fäkalien für landwirthschaftliche Zwecke verwendbar machen könne. Der Sibung wohnten auch der Kriegs-Minister v. Kameke und der Polizei-Prä- fident v. Madai bei.

_ Um 12F Uhr fand alsdann die zweite und leßte Gesammt- sißung statt, die durch den Vorsißenden, Regierungs-Rath Strecker, erôffnet wurde. sammitsißung erstattete der Ober-Baurath Egell Bericht über die Sizßungen der Abtheilung für Architekten, Baurath Sonne über die für Ingenieure. Es gelangte alsdann zur Verlesung ein Schreiben des „Vereins für die Geschichte Berlins", nah welchem der Verein den Mitgliedern 800 photolithographirte Exemplare einer althollän- dishen Handzeihnung aus dem 17. Jahrhundert, eine Ansicht Ber- lins darstellend, als Festgabe überreicht; um 1 Uhr wurde die Sißung und mit ibr die erste Hauvtversammlung geschlossen.

Df Die Ausstellung des Akklimatisations-Vereins wurde am Donnerstag Nachmittag 3 Uhr vonSr. Kaiserlichenund König- lihen Hoheit dem Kro nprinzen besucht. Der General-Sekretär des Vereins, Dr. Buvry ertheilte als Führer dem Hohen Protektor nie gewünschte Auskunft über Einzeldeiten. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit nahm auf das Eingehendste Kenntniß von der Auss stellung, richtete an einige Aussteller freundliche Worte und verabschie- dete Sih mit Worten der Anerkennung über die Bestrebungen und erreichten Ziele des Vereines.

Am Freitag Mittag 2 Uhr fand die feierlihe Preiévertheilung statt. Als Preisrichter fungirten aus Berlin: Professor Dr. Hart- mann, Präsident Oppermann, Dr. Buvry, Gutsbesißer Dr. Bolle, Dro ctor Dr. Cabanis, Sefretär Wagenführ, Direktor Dr. Bodinus,

rofesjor Dr. Gerftäcker, Kunstgärtner Böse, Dr. Wittmack, Baum- \ulenbesißer Späth, Garten-Inspektor Bouché, Dr. P. Magnus, Bee Dr. Garcke, Professor Dr. Alex. Müller, Garten-Jnspefktor ärdt, Baumschulenbefißer Lohrberg Kaufmann Brebeck, Dr. Hermes, Dr. Filly, ferner Kameral-Direktor Rieloff aus Muskau, Hauptmann

Nach Verlesung des Protokolls über die erste Ge- |

welche Versäumnisse früherer Jahre gern einholen, und eine Schul- bildung noch erstreben, die fie mindesteus zum einjährigen Freiwilligen- Dienst berechtigt, finden in Speziallehrkursen à circa 12 Mit- glieder die individuellste Berücksichtigung, und bei redlichem Streben ebenso sichere als schnelle Förderung. Die Anstalt ift berech- tigt, Zeugnisse zum einjährig Freiwilligen-Dienst aus- zustellen. Näheres die Prospekte.

Gewerbe und Handel.

Brieg, 25. September. An dem zum 24. d. M. hierselbst an- geseßten Wollmarfkte ist keine Wolle zum Verkauf gebracht worden. ___— Die vom Dr. Ad. Franßt zusammengestellten Tabellen über die Produktion 2c. der Oberschlesishen Steinkohlengruben sind jeßt in einer besonderen Ausgabe unter dem Titel: Allgemeine Ueber- sicht der Produktion, des Absaßes und des Verbrauchs der Obersblesishen Steinkohlengruben (Berlin, Carl

Heymanns Verlag, 1874) erschienen.

Verkehrs-Anstalten.

Die Nt, 76 Zer „Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen“ hat folgenden Inhalt: Der - Ent- wurf eines Reichs-Eisenbahn-Gef ‘bes, aufgestellt im Reichs-Eifenbahn- Amt. (Vierter Abschnitt: Betrieb der Eisenbahnen). Deutsche Eisenbahnstatistik für das Betriebsjahr 1872. (IIT. Verkehr. 2. Der Güterverkehr.) Vereinsgebiet: Preußen. (Zu §. 17 des Bahn- polizei-Reglements). Berliner Briefe. Chemniß-Komotauer Eisenbahn. (Aus dem mit dem Hause von Erlanger abgeschlossenen Kontrakte.) Ausland: Frankreich. Charentes Bahn, Stand der Arbeiten. Spanien. (Eisenbahn von Madrid nach Sarag-effa. Juristishes: Urtheil des Reichs-Ober-Hande!sgerichts vom 24. Oktober 1873. (Eisenbahntransport in unbedeckten Wagen.) Personalnach- rihten. Eisenbahnkal-nder. Offizielle Anzeigen. Beilage : Notizen über neue Tarife und Tarifänderungen pro August 1874. Offizielle und Privatanzeigen.

Hull, 25. September. (W. T. B.) Der neue nach Bessemer- {er Konstruktion hier erbaute Salondampfer ist gestern glücklich vom Stapel gelaufen.

Aus dem Wolff'\hen Telegraphen-B* reau.

London, Sonnabend, 26. September, Mittags. Die Delegirten der Berg- und Hüttenarbeiter von Staffordshire und S zeigen fich geneigt, auf eine Lohnherabsezung ein- zugehen.

New-York, Sonnabend, 26. September. Die Baum- wollwaaren-Fabrikanten von Neu-England haben vorgeschlagen, daß die Produktion in den Fabriken um ein Dritttheil redu- zirt werde.

Königliche Schauspiele.

Sonntag, den 27. September. Opernhaus. (179. Vor- stellung.) Belmonte und Constanze, oder: Die Entführung aus dem Serail. Oper in 3 Abtheilungen. Musik von Mozart. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Schauspielhaus. (184. Vorstellung.) Viel Lärmen um Nichts. Lustspiel in 5 Abtheilungen von Shakespeare. An- fang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Montag, den 28. September. Opernhaus. (180. Vor- stellung.) Die Afrikanerin. Oper in 5 Akten. Musik von Meyerbeer. Ballet von P. Taglioni. Selika: Fr. v. Voggen- huber. Ines: Frl. Lehmann. Vasco de Gama: Hr. Niemann. Nelusko: Hr. Bez. Anfang halb 7 Uhr. Hohe Preise.

Schauspielhaus. (185. Vorstellung.) Zum ersten Male wiederholt: Herodes und Mariamne. Eine Tragödie in 5 Akten von Friedrih Hebbel. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise.

Dienstag, den 29. September. Opernhaus. (181. Vor- stellung.) Auf vielfahes Begehren: Flick und Flo. Komisches

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v. Homeyer in Schweidnitz, Garten-Juspektor -Lauche in Potsdam,

Zauber-Ballet in 3 Akten und 6 Bildern von P. Taglioni. Musik von Hertel. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Schauspielhaus. (186. Vorstellung.) Die zärtlihen Ver- wandten.- Lustspiel in 3 Aufzügen von R. Benedix. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Oekonomie-Rath v. Schlicht in Potsdam, Gutsbefißer v. Türk in Türkhof Rittergutsbesißer v. Sczaniecki auf Miedzychód, Domänenpächter Wandelt in Kaisershof, Kunstgärtner Benarz in Erfurt, Professor Dr. Münter in Greifswald, Garten-Inspektor Paul in Halle a. S., Hof-Gartendirektor Jühlke in Sansfouci, Defo- nomie-Direktor Meßmer in Schloß Callenberg bei Coburg, Garten- Direktor Neide in Gharlottenburg, Oberförster Bandow in Neustadt- Eberswalde und Rittergutsbesißer Graf von Kleist auf Juchow. Nach dem Urtheile der Preisrichter erhielten: -die goldene Me- daille Sr. Majestät des L Se. Königliche Hoheit Prinz Friedrih der Niederlande; dea E renpreis Sr. Kaiserlichen uad Königlichen Hoheit des Kronprinzen: General-Sekretär Dr. Buvry (Gesammileistung und Bemühungen um den Verein); den silbernen Pokal Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich der Niederlande: Baumschulenbesißzer Späth; den silbernen Pokal Sr. Hoheit des Herzogs von Coburg: Quasthoff u. Co. in Aschersleben (Gesammtleistungen); den silber- nen Pokal des Herzogs von Ratibor: Dr. Ruß in Stegliß (Vögel); zwei Alabastervaîen von Prinz Handjery: Kommerzien-Rath Perle (Seide); die Büste Sr. Majestät des Kaisers vom Rittergutsbesißer v. Karstenn: Fishzüchter Wagner in Oldenburg ; die drei silbernen Medaillen vom landwirthschaftlihen Ministerium : Garten-Inspektor Bouché (Gespinnstpflanzen), v. Gröling in Linden- berg (Kartoffeln), v. Jäkel in Nennhaujen (Kaninchen); die sechs bronzenen Medaillen vom landwirth\caftlichen Ministerium : Frl. Hagenbeck in Hawburg (Vögel), Haage jun. in Erfurt (Ziergewäch)e), Prinzlicher Gärtner Jabusch in Düppel (Getreide), A. Reiblen in Stuttgart (Maiskultur), A. Gühler in Steinhöffel (Bienenzucht), E. Kraß in Hochheim (Kartoffeln), die fünf silbernen Medaillen des Vereins: Ch. Hanus (eingemates Gemüse), Schiebler & Sohn in Celle (Erbsen), Rittergutsbesißer Bush auf Groß- Massow (Kar- toffeln), Hofgärtner Reuter auf der Pfaueninsel (Gesammileistungen), Frau Doory in Bordeaux (Bienen); die Serpentinsteinvase vom Banquier Nbel : Dr. Bodinus (Kaninchen); ein Cabaret mit 3 MWeinkaraffen vom Rentier Bier: Weinbergsbesißer Friße in Werden (Pfirsiche); 50 Flaschen Canténac vom Kaufmann Brebeck; Sekretär Wagenführ (mexikanische Pflanzen); 4 botanisch e Werke vom Geheimen Ober-Hofbuchdrucker v. Dedcker : Obergärtner Schröfeld in Muskau (ausländische Gehölze); 100 Mar k: Dr. Bo- dinus (Kaninchenzucht) ; 50 Mark: A. Stegemann in Charlottenburg (Terrarien); je 25 Thlr.: Chemiker Deininger (Gespinnstfasern), Garten - Inspektor Bouché in Berlin (Coniferen) und A. Krüger in Lübbenau (Gemüse).

__ Gegen Abend vereinigte ein „Afklimatisationsdiner“ die Mit- glieder des Vereins im zoologischen Garten; heute Mittag wurde die Ausstellung geschlossen.

Redaktion und Rendantur: Schwieger.

Berlin: Verlag der Expedition (Kessel), Druck: W. Elsner, Vier Beilagen (einschließli Börsen- und Handelsr:gister- Beilage Nr. 178),

Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

i2 226. “Nichtamtliches.

Berlin, 26. September. Der hiefige Magistrat ver- öffentlicht folgende Zusammenstellung der wesent- lihsten Bestimmungen des Gesezes über die Beur- kundung des Personenstandes und die Form der Eheshließung vom 9. März 1874:

I. Allgemeine Bestimmungen. Die Beurkundung der Geburten, Heirathen und Sterbefälle erfolgt vom 1. Oftober 1874 ab aus\cließlich dur die vom Staate bestellten Standesbeamten mittelst Eintragung in die dazu bestimmten Register. Die ordnungsmäßig geführten Standesregister beweisen diejenigen Thatsachen, zu deren Beurkundung Fe bestimmt und welche in ihnen eingetragen sind, bis der Nachweis der Fälschung oder der Unrichtigkeit der Anzeigen und Feststellungen, auf Grund deren die Eintragung stattgefunden hat, erbracht ist. Die Führung der Standesregister und die darauf bezüglichen Verhand- lungen exfolgen fosten- und stempelfrei. Gegen Zahlung der tarifmäßigen Gebühren müssen die Standesregister Jedermann zur Einsich: vor- gelegt, sowie beglaubigte Auszüge aus denselben ertheilt werden; 1m amtlichen Interesse und bei Unvermögen der Betheiligten ist die Ein- sicht der Register und die Ertheilung der Auszüge gebührenfrei zu ge- währen. Die zum Zweck der Taufe oder der Beerdigung, sowie über die erfolgte Eheschließung ertheilten Bescheinigungen find gebührenfrei. Den mit der Führung der Kirchenbücher und Standesregister bisher betraut gewesenen Behörden und Beamten verbleivt die Berechtigung und Vervflichtung, über die bis zum 1. Oktober 1874 eingetretenen Gebuzten, Heirathen und Sterbefälle Atteste zu ertheile.

T1. Geburtsregister. Jede Geburt eines Kindes ist inner- halb ziner Woche dem Standesbeamten des Bezirks, in welchem die Niederkunft stattgefunden hat, mündlich anzuzeigen, und zwar sind zu dieser Anzeige verpflibtet: 1) der eheliche Vater, 2) die bei der Nic- derkfunft zugegen gewesene Hebeamme, 3) der dabei zugegen gewesene Arzt, 4) jede. andere zugegen gewe)ene Person, 5) derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung die Niederkunft erfolgt ist, 6) die Mutter, sobald sie dazu im Stande ist. ; ; i

Jedoch tritt die Verpflichtung der in der vorstz-henden Reihen- folge später genannten Personen nur dann ein, wenn ein früher ge- nannter Verpflichteter niht vorhanden oder derjelbe an der Erstattung der Anzeige behindert ift. :

Die Flizivagtina des Gebur:sfalles soll enthalten: 1) Vor- und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort des Anzeigenden ; 9) Ort, Tag und Stunde der Geburt; 3) das Geschlecht des Kindes; 4) die Vornamen des Kindes; 5) Vor- und Familiennamen, Religion, Stand oder Gewerbe und Wohnort der Eltern. Let

Bei Zwülings- oder Mehrgeburten ist die Eintragung für jedes Kind besonders und fo genau zu bewirken, daß die Zeitfolge der ver- schiedenen Geburten ersichtlich ist. / f

Standen die Vornamen des Kindes zur Zeit der Anzeige nochch nit fest, fo sind dieselben nahträglich und längstens binnen zwei Monaten nach ‘der Geburt anzuzeigen. Die Bestimmungen, welche eine staatliche Einwirkung auf die Vollziehung der Taufe anordnen, treten außer Kraft. j E j

Wenn ein Kind todt geboren oder in der Geburt verstorben ist, so muß die Anzeige spätestens am nächstfolgenden Tage geschehen, und die Eintragung erfolgt alsdann nur 1m Sterberegister. i Ï

Wer ein neugebornes Kind findet, ist verpflichtet, Hiervon \pâ- testens am nächstfolgenden Tage Anzeige bei der Ortspolizeibehörde zu machen, die dann das Weitere veranla"t. i i :

Das Anerkenntniß der Vaterschaft zu einem unchelichen Kinde darf ia das Geburtsregister nur dann eingetragen werden, wenu der Anerkentende daffelbe vor dem Standesbeamten oder in einer Beriht- lih oder notariell aufgenomm-nen Urkunde abgegeben hat. :

Veränderungen, welche sich nach Eintragung der Geburt in den Standesrechten eines Kindes ereignen (Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde, Legitimation, Adoption 2c.) find auf den Antrag eines Betheiligten am Rande der über den Geburtsfall vor- genommenen Eintragung zu vermerken. i n

III. Heirath8register. Innerhalb des Geltungsbereihes dieses Geseges kann eine bürgerlich gültige Ehe nur in der dur dieses Geseß vorgeschriebenen Form ges{lofsen werden. Die religiösen

eierlihfeiten einer Eheschließung dürfen erst nach Schließung der he vor dem Standesbeamten stattfinden. _ ;

Die Bestimmungen, welche die Schließung einer Ehe wegen Ver- \chiedenheit des Religionsbekennitnisses verbieten, treten außer Kraft.

Für den Abschluß der Ehe ist der Standesbeamte zuständig, in dessen Bezir? einer der Verlobten seinen Wohnsiß hat oder si ge- wöhnlich aufhält. Unter mehreren zuständigen Standesbeamten haben die Verlobten die Wahl. Auf \chriftliche Ecmächtigung des zuständi- gen Standeêbeamten darf die Eheschließung auch vor dem Standes- beamten eines anderen Ortes stattfinden. e

Der Stbließung der Ehe soll ein Aufgebot vorhergehen ; für die Anordnung desselben ift jeder Standesbe:mte zuständig, vor welchem die Ebe geschlossen werden kann. Vor Anordnung des Aufgebots sind dem Standesbeamten die zur Eheschließung geteßlich nothwendigen Erfordernisse als vorhanden nachzuweisen. Insbesondere haben die Nerlobten in beglaubigter Form ihre Geburtsurkfunden und die zu- stimmende Ecklärung derjenigen Personen beizubringen, deren Ein- willigung geseßlih erforderli ift. Das Aufgebot muß bekannt ge- macht werden: L

9 in der Gemeinde oder in den Gemeinden, woselbst die Ver- lobten ihren Wohnsiß haben; E L

2) wenn einer der Verlobten feinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb seines gegenwärtigen Wohnsißes hat, ‘auch in der Gemeinde seines jeßigen Aufenthaltes, und wenn ex seinen Wohnsiß innerhalb der leßten sechs Monate gewechselt hat, auch in der Gemeinde seines früheren Wohnsißes.

Die Bekanntmachung ist während zweter Wochen an dem Rath- hause auszuhängen. Das Aufgebot muß wiederholt werden, wenn seit dessen ie sech8 Monate verstrichen sind, ohne daß die Ehe ge\ch{lofsen worden. i A A

O Wu Befreiung vom Aufgebot kann in ällen Fällen durch König- lie Dispensation erfolgen; in dringenden Fällen kann der Vorsißende der Aufsichtsbehörde eine Abkürzung der Fristen gestatten und bei vorhandener Lebensgefahr von dem Anfgebote ganz entbinden. Beîï E lebenëgefährliher Krankheit kann der Standesbeamte die Ehejsliezung auch ohne Aufgebot vornehmen.

Die Ebe wird dadur geschlossen, daß die Verlobten in Gegen- wart von zwei großjährigen Zeugen, die mit denselben und unter- einander verwandt oder vershwägert sein fönnen, vor dem Standes- beamten persönlich ihren Willen erklären, die Ehe miteinander eîn- gehen zu wollen, daß diese Erklärung vom Standesbeamten in das

eirathsregister eingetragen, und daß die Eintragung von den Ver-

bten und von dem Standesbeamten vollzogen wird.

Ist eine Ehe getrennt, für P oder für nichtig erklärt wor- den, jo hat das E egericht zu veranlassen, daß dies auf Grund einer Ausfertigung am Rande der Heirathsurckunde vermerkt werde.

Iv. Sterberegister. Jeder Sterb-fall ist spätestens am nächstfolgenden Tage dem Standesbeamten des Bezirks, in welhem der Tod erfolgt ist, mündli anzuzeigen. Verpflichtet zu der‘ Anzeige ist das Familienhaupt, beziehungsweise die Wittwe, und wenn ein {olcher Verpflichteter nicht vorhanden oder an der Anzeige behindert

' ift, derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung der Sterbefall fich

L r E va des Sterbefalls soll enthalten: 1) Vor- und Fa-

Berlin, Sonnabend, deu 26. September

miliennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort des Anzeigenden ; 2) Ort, Tag und Stunde des erfolgten Todes; 3) Vor- und Fami» liennamen, Religion, Alter, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Ge- burtsort des Verstorbenen; 4) Vox- und Familiennamen seines Ehe- gatten, odec Vermerk, daß der Verstorbene ledig gewesen fei: 5) Vor- und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort der Eltern des Verstorbenen. Ohne Genehmigung der Ortspolizeibehörde darf feine Beerdigung vor der Eintragung stattfinden. e

y Strafbestimmungen. Wer den im Gesehe vorgeschrie- benen Anzeigepflihten nicht nachkommt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft. Die Strafverfolgung tritt nicht ein, wenn die Anzeige, obwobl nit von dem zunächst Verpflichteten, doch rechtzeitig gemächt worden t. Die Standesbeamten find auy?r- dem befugt, die zu Anzeigen oder zu sonstigen Handlungen auf Grund dieses Gesetzes verpflichteten Personen hierzu durch Strafen anzuhalten, welche jedo für jeden einzelnen Fall den Betrag von 15 Mark nicht Übresteigen dürfen.

Von der österreihischen Nordpol-Expedition.

Die „Neue Feeie Presse* erhält aus Hamburg ein Telegramm, geschrieben an Bord des „Finnmarken“, 21. September, dem wir Fol- gendes entnehmen : : Z

Der ursprünglihe Plan der Expedition bestand bekanntli darin, längs der Westküste Nowaja-Semljas hinaufzufahren, mit

dem Bestreben , möglichst weit öftlich vorzudringen, wenn thun- -

lic), im ersten Jahr Cap Tjscheljuskin an der nördlichsten Spiße Sibiriens zu erreihen. Von hier a18 sollt: der „Tegetthoff“ nach Osten gegen die Behringsftraße vordringen , und als sein Desiderium war die Erreichung der Behringsftraße, die Rückehr durch dieselbe in befahrene Gewässer und das Anlaufen eines amerikanischen oder asiatischen Hafens in Ausficht genommen. Mit diesem Plane ging die Expeditien an 13. Juni 1872 von Bremerhaven nah Tromfse, dort mußte sie wegen verschiedener Adaptirungen und Kohleneinnahme zehn Tage verweilen. In der Naht vom 13. auf den 14. Juli ging der „Tegetthoff“ unter Dampf; Kommandanten, Offiziere und Mannschaft waren | guten Muthes. Am Abend des 295. Juli stieß die Expedition unter 747 Grad nördlicher Breite auf leichtes Treibe.8, noch in derselben Nat verdichtete sich dasselbe fehr stark, und in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli war der „Tegetthoff“ vollständig vom Eise blokirt. Sechs Tage hindurch verblieb das Schiff in dieser Lage, dann änderte sich der Wind, der »„Tegetthoff“ wurde frei und gelangie in der Nähe der Admiralitäts-Halbinseln in Küstenwafser. Die Expedition kam nun dasselbe entlan bis nach Nowaja-Semlja und erreichte endlich durch ziemli gul vert eiltes Gis die Nähe der Kreuz-Inseln, dort fanden un}ere Polarfahrer gutes

Metter, flaue Brise und glücklich vertheiltes Gis, aber starken Nebel. '

Einen Augenblick lang zerriß der leßtere, und am Horizont sah man zwei Yachten. Der Nebel gestattete nicht weiter vorzugehen, das Er- peditions\chiff ging an einem großen Eisfelde vor Anker. Plößlich h ôrte man an Bord zwei au einanderfoigende Kanonenscchüsse, der Nebel hob sih und es war eine Yacht in Sicht, welche die norwegi]che Flagge an der Gaffel und die österreichische auf Toy führte, es war der „Jsbjôörn®" mit dem Grafen Wilczek und dem Commodore Sterneck. Beide Herren kamen in einem Fangboot an Bord, Wilczek eine Champagnerflasche s{wingend, und bei hHeiterem Male wurde das unerwartete Wiedersehen gefeiert. Beide Schiffe seßten dann unter Segel und nahmen nordsstliche Richtung. Gegen Morgen luvten fie gegen die Wilhelms-Inseln, um dort vor Anker zu gehen; eine plößlich entstandene Oeffnung im Eise gestattete jedoch_ den Cours forfzuseßzen, Am Morgen des 13. August ‘verweilten die Schiffe in der Nähe ber Barents-JIriseln, alle Auävege wurden ihnen verfchkefsen, und fo blieb nichts übrig, als fich am Landeise in der Nahe dieser In- seln festzulegen. Ein frisher Südwestwind feßte ein, trieb das Eis in schweren, nicht gepaäten Massen nordostwärts, wodurch v Tegetthoff und „JIsbjörn“ noch dichter beseßt wurden und auh daSs.-Landeis, das vorüberstreifende Pacfeis keine große Sicherheit mehr bot. Zwischen

den Kommandauten der beiden Schiffe war verabredet, sich beim Ein- -

tritt günstigerer Eisverhältnisse zu trennen. : Î

Erst am Morgen des 21. August traten diese ein, um 9 Uhr lihtete der „Tegetthoff“ und steuerte nordostwärts, und der „Jsbiörn seßte kurz darauf unter Segel und zog südwärts nach der Heimat. Er fam bald außer Sicht. Der „Tegetthoff* fand abermals gut veriheiltes Eis, zwischen dem erx bis Mitternacht im nordöstlichen Cours vorwärts fteuerte; dann aber mußte er, da das Eis feine Durchfahrt gestattete, an einer Eis\colle Anker werfcn. Der frische Nordostwind fiel plößlich ab, es trat vollkommene Windstille ein, das Eis packte zusammen, und als die Pelarfahrer des andern Mor- gens erwachten, da war in ihrer Nähe keine eisfreie Stelle mebr zu sehen. Der „Tegetthofff" war eingefroren! Das prächtige Schiff, welches die größten Schwierigkeiten leicht bewältigt hatte, wurde zwischen dem Eije festgevackt, und es erschloß sich Feine Aussicht, dasselbe daraus zu befreien, denn der herbeigejehnte Ostwind blieb aus. “Der „Tegetthoff" war somit den Launen der gewaltigen Eismassen preis- gegeben. Er begann mit denselben zu treiben, und zwar in nord: östlicher Richtung. Es öffneten sih wohl später ‘einzelne Waken, und die Befreiung8arbeiten wurden mit fast übermenschliher Anstrengung begonnen und fortgeseßt. Tag und Nacht, bei Sturm und Wetter legten Kommandant, Offiziere und Mannschaft mit Hand an; das Eis wurde gesägt und jegar der Versuch gewagt, ‘das Schiff dur die Maschine zu befreien. s A ad

Es war Alles vergeblich. Das Erpeditions\{if trieb unauf- haltisam längs der Küste von Koma lgen immer nach Nordost. Añfahngs Oktober endlich begann die bis jeßt feste Scholle, welche den „Tegetthcfff“ gefangen hielt, in Stücke zu gehen, am 7. Oktober fam das Steuer in Gefahr zu bersten, und am Morgen des 13. Oktober hatte das Schiff die erste schwere Eispressung auszuhalten. Der „Tegetthoff“ war dur die Prefsungen stark gehoben, auf die Seite gelegt, und an allen Ecken und Enden preßten si die folossalcn Eis- massen an ihn; er hatte die erfte, aber vollgiltige Probe seiner aus- gezeichneten Konstruktion abgelegt. L s

Alle Fährlichkciten dieser erften und aller späteren Pressungen über- dauerte der „Tegetthoff“ heil und unversehrt. Man kann diese Wider- \standskraft erst richtig bemessen, wenn man si vor Augen hält, daß diese Pressungen bis zum Februar 1873 sich fast täglich wiederholten. Das Eis in der Umgebung des Schiffes war während dieser Zeit îo ausfge- {raubt und zerschlagen, daß man an Bord in Verlegenheit war, wo- hin der stets Péréitgéhaltene Rettungsproviant und die Rettungsboote niedergelassen werden sollten. Es kam vor, daß fich im Verlaufe von fünf Minuten wenige Schritte {vom Schiffe ein Eiswall in der Höhe von 36 Schuh aufschob und einen Theil des auf dem Eise befindlichen

olz- und Koblenvorrathes, sowie das für magnetische Beobachtungen

Pitt Zelt begrub. Fast endlos schienen si diese Qualen aus- dehnen zu wollen, und dech verließ Niemanden die Zuversicht auf Rettung und gutes Vorwärtskommen. Ende Februar ließen die Eis- ressungen in der That nah, und rings um das Schiff herrschte fortan uhe im Eise. A 2 "am AJunagi 1873 hatte die Expedition den 79. Grad nördlicher Breite erreiht und furz darauf überschritten ; weiter wurde sie in nordwestlicher Richtung etrieben, nahdem sie nordöstlih bis 73 Grad Ztliher Länge fortgerissen worden war. Frühjahr, als das Schiff aufgetakelt wurde, boten sich troy häufiger Ausfchau aus dem Krähenwinkel nur sehr geringe Aussichten, aus dem ringsuin s{ließenden Eise herauszukommen. Abermals wurden alle verfügbaren Kräfte aufgeboten, um das Schiff vom Eise

187A.

zu befreien. Von Anfang Mai bis Anfang September, _also durch volle vier Monate wurde mit Sprengen, Bohren, Sägen und Meißeln daran gearbeitet. Das Schiff jollte zuerst vom Eise los- gelöst und daun ins Wasser gebraht werden. Bis zum Großmaite gelang dies auch na kaum zu scchildernden Gefahren und Bemühun- gen; von dort gegen den Achter aber bot das Sägen des Eijes immer größere Schwierigkeiten, denn es nahm an Dicke von Stunde zu Stunde zu. Die Mitgliedér der Expedition sägten olt Eisplatten von zwölf Fuß Dicke hecaus und mußten sich dann von der Vergeb- lichkeit dieser aufreibenden Arbeit überzeugen, denn unter der herauê- gesägten Platte fanden sie untergeschobenes Eis, das mit den Werk- zeugen gar nicht mehr bewältigt werden konnte. Es wurden neue, längere Sägen konstruirt, doch au diese führten zu keinem erfceu- liheren Resuitate. So mußten si denu Führer und Offiziere nah und nah mit der Idee befreunden, ihr kostbares Eigenthum, den Tegetthoff“ aufzugeben. :

_Am 390. August 1873 um 2 Uhr Nachmittags fam Franz- Æosephs-Land zum erstenmal in Sicht. Das erste, jest nach Admiral Tegetthof genannte Kap präsentirte fich hech, \chrof und felfig, leine abfallenden Wände waren theilweise schneefrei. Als der Tag fich neigte, wurden noch mehrere flach vorliegende Inseln und auch Glet- scher gesehen. Sobald die Existenz des Landes konstatirt war, ließ der Kommandant Offiziere und Mannschaft auf Deck treten; die prachtvolle, jeßt etwas mitgenommene Seidenflagge, ein Geschenk der Damen in Pola, wurde aufgehißt, und Kapitän Weyprecht hielt eine dem seltenen Anlasse entsprechende Rede. ODreimaliges Hurrah- geschrei ertönte darauf, und das Land war nach dem Kaiser „Franz- SFosephs-Land“ getauft. In den Monaten September und Oktober Frieb der „Tegetthof“ längs der Küste diejes Landes auf und nieder, immer dem her:shenden Winde folgend, und erst am 1. November kam er nach einem starken Ost-Nord-Ost ganz uner- wartet an Land, fast auf drei Meilen von einer flachen Insel, welche die Mitglicder der Expedition s{on am nächsten Tage betraten. Das Land wurde im Namen d-:8 Kaisers in Besiß genommen ; es wucde cin Cairu (Steinhaufen) gebaut und darunter ein Dokument nteder- gelegt, welzes eine kurze Geschichte der Expedition enthält.

Wider alles Erwarten blieb das Expeditionsshi}} den ganzen Winter hindurch ruhig in der Nähe des Landes legen. Die schönen Tage wurden zu Ausflügen auf das Land benüßt, welche jedo feine grojze Ausdehnung nehmen durften, da die furze Dämmerung weiteres Entfernen vom Sciffe nicht zuließ. Indeß wurden die Vorberei- tungen zu den größeren Schlittenreiten während des Frühjahres ge- troffen. Diese Schlittenreisen, welhe von VFulius Payer geführt wurden, zählen zu den tollfühnsten und wunderbarsten Unternehmun- gen, welhe je von Polar-Reisenden gewagt wurden. Angethan mit einer dickden Hose und einem Matrofenhemd, über den Kopf eine Sturmhaube aus doppeltem Tuch geworfen, welche nur einen Theil des Gesichis freiliez, und ein Bärenfell umgehängt, betraten die todesmuthigen Kämpfer im Dienste der Wissenschaft bei einer Kälte von 40 Grad Reaumur die unermeßlichen Eisfelder auf den schwachen Schlitten. Dazu heulten die Stürme über die Gletscher- felder, und die Windstärke war oft so groß, daß die Schlitten mit aufgespannten Segeln ohne jede menschliche Thätigkeit mit _ rasender Geschwindigkeit vorwärts getrieben wurden. Auf diejen, Schlitten- reisen haben sib die mitgenommenen Hunde in erstaunliher Weise bewährt. Alle Strapazen, alle Noth waren niht im Stande. sie arbeitsunfähig zu machen, galt es nun die Schlitten vorwärts zu Ls oder auf Eisbären Jagd zu machen, welche Leckerbissen für die 2 tahl- zeit lieferten. Die Noth, welche die Nordpolfahrer auf diejen Reisen erduldeten, war oft schrecklich, am gräßlihsten war die Plage des Durstes. Oft mußten fie gefrorene Schneeballen in der- geschlossenen Hand aufthauen lassen, mm daraus dani einen labenden Trurik zu faugen. Zwei dieser Reisen führten nach Westen, eine nach Norden; während der leßteren blieben die Theilnehmer dreißig Tage vom Schiff entfernt, während der erften beiden je sech3 Tage. Auf der Nordreije gelangten Ober-Lieutenant Payer, Schiffsfähnrih Orel und 5 Mann bis ans Cap Hohenlohe unter 81 Grad 35 Minuten. Lte bisher bestandenen Gefahren machten vier Mann unfähig, die Reise fortzu- seßen, sie wurden zurückgeschick, und nur Payer, Orel und der Ma- trose, Zerlinovitsch wagten sich mit zwei Hunden weiter nordwärts. Payer, der Matrose und die Hunde wurden vor den Schlitien ge- spannt, während Orel rückwärts nachschob, auf dem Schlitten lag der Proviant für acht Tage und ein Zelt. Sie kamen zuerst nordöstlich an ein Gletscherlabyrinth, in welchem fi die Eisberge ju Hunderten aufthürmten. Vor denselben wurde Mittag gehalten, Sssen gefoht, und na eingenommener Mahlzeit seßte sich die todesmuthige Kara- wane in Bewegung. Kaum hatte sie _jedoch zwanzig Schritte zurück- gelegt Orel drehte fih eben nah rücéwärts, um zu sehen, ob nichts von der Bagage zurückgeblieben sei da ershütterte ein donnernder Krach die Luft ; Menschen, Schlitten, Hunde waren verschwunden, und Orel sah sich allein in dem Umkreise von Gletschern. Bange Angst befiel ihn um die verunglückten Gefährten; er begann sie zu suchen und hatte bald herausgebracht, daß fie in eine Gletscherspalte gestürzt waren. Payer war glüdlicherweije an cinem Gürt hängen geblieben und hatte sich platt aus den Boden jenseits des Spaltes gedrüdt; dies war nur mögli, weil fi der Sÿhhlitten zwischen der Spalte gespreizt hatte. Nun warf sih Orel ebenfalls auf den Bauch und kroch auf allen Vieren bis zur Spalte; dort sah er Payer in einer Tiefe von zwel Klaftern liegen, und aus dem Abgrunde tönte das Jammern des Matrcsen und das Gewimmer der an der Leine baumelnden Hunde. Orel warf Payer ein Taschen- messer zu, mit dessen Hülfe er den Gurt abschneiden und si retten konnte. Nun riefen sie dem Matrosen in die Tiefe hinab, er mêge sich unter keinen Umständen seßen, sonst sei sein Ersta ren unausweich- li; dann liefen sie in Strümpfen den zurückgeshickten Leuten in ra- sendem Galopp sechs nautische Meilen nach, erwishten den Tyroler Kloß, und na ungefähr 34 Stunden waren fie wieder an der Spalte. Mit den mitgebrachten Stangen und Tauen wurde au der Matrose gerettet; zwei Zeltstüßen wurden über die Spalte gelegt, der Tyroler glitt hinab und holte seinen Kameraden, die Hunde und den Schlitten heraur. / :

Der bedauerlihe Zwischenfall hielt Payer jedo nit ab, d:e Expedition fortzuseßen, nur die Richtung wurde geändert. Er beschloß nicht über die Gletsher, sondern gegen Westen vorwärts zu dringen und wollte versuchen, von dort aus nach Norden gelangen.

Am anderen Morgen son kamen sie dahin und fanden einen guten Weg über junges salziges Eis. Der f un war vorzüglich, und so erreichten sie am 12. April auf 82 Grad 5 Minuten den nördlichsten betretenen Vunkt der Erde. Dort wurde die ôster- reichische Flagge aufgehißt und ein dreimaliges Hurrah gerufen. Aus den mitgebrahten Jungredienzen brauten sich die Entdecker ein seltsames Getränk aus Rum, Kaffee und Fleis - Extrakt, 2as ihnen nach eigener Aussage sehr gut geschmeck hat. Von tausend ß 6he herab „übershauten sie das Land, welches nach einer beiläufigen O fich - 70 Meilen nach Nordwest zieht. Die Flora ist glei tull auf Franz-Josephs- Land, und auch die Fauna bietet wenig Abwechslung. Es finden sich Alken zu Tausenden, verichiedene Mövengattungen, der kleine Schneezeisig und eine Gattung Strandläufer. Von BVierfü lern fanden die Nordpolfahrer den Eisbär in großer Menge , Fe felbst shofsen mehr als sehzig, deren kostbare Felle in Fässern verpackt_ auf dem „Tegetthoff“ jurkgelaisen wurden ; dann sahen sie oft die feigen Sp»-ren der Füchje auf Caps, wo sich- Vögel aue der Thiere selbst konnten sie jedoch nicht ansichtig werden. Auf einer Insel end- lih fanden sie Hafenlofung.