1874 / 257 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Nov 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Die preußische Staats-Telegraphie.

leichten Telegraphen-Leitungen und zur Einrichtung von Stationen | Mitglied aufnehmen. War die Zahl der Theilnehmer neb den zum Transport erforderlich-n Wagen im Frieden beschafft ;

im Jahre 1847 {hon auf 40 gewachsen, so brate die mit dem Jahre 1848

Aus Anlaß des fünfundzwanzigjährigen Jubiläums der Pre Le dasselbe diente aber erst bei der Mobilmachung zur Formation von beginnerde parlementarische Thätigkeit im Staatsleben dem Syftem

\chen Staats-Telegraphie, deren Benußung seit dem 1. Ok.

geshihtlihen Ueberblick über diese Verkehrs-Einrichtung, wel- chem wir folgende Mittheilungen entnebmea. In Preußen bestand der 3 A seit 1832 eine optische Telegraphenlinie von Berlin über Magde- | der rmeen. burg, Paderborn, Cöln und Coblenz bis Trier, welche vom Kriegs-

als Direktor verwaltet wurde. Die Organisation war eine mili-

Nachrichten. Bei der erweiterten und veränderten Aufgabe der

von seinem Ressort in Anregung gebracht. Der Direktor der optischen

: E tit E Telegraphie war im Jahre 1848 ausgeschieden, wurde mehrere „General-Postamte des Norddeutschen Bundes- Direktion der Telegraphen des Nordd

Monate lang durch seinen Sohn, den Major des General- stabs, jeßigen General der Infanterie z. D. von Eßtzel, vertreten, führt, elbe Bebörbes E, E

Y ; L : ) L und erhielt 1849 einen Nachfolger in der Person des Obersten du lung des Bundeskanzleramtes bildeten. Dou

Vignau. Derselbe wurde zugleich Vorsißender der jeßt dem Mini- ; sterium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten unterstellten | 8raphenwesens, Oberst von Chauvin,

; ; 5 ; L Feld-Telegraphen- Abtheilungen. Zwei folcher tober 1849 dem Publikum gestattet ist, veröffentliht der General reits 1864 im Deutsh- Dänischen Kriege

Telegraphen-Direktor, General-Major Meydam, einen kurzen Feldzuge von 1866 waren bereits 4 Feld-Telegraphen- Abtheilun- gen thätig, eine für das gr-ße Hauptquartier, (Schlefishe, böhmische In den beiden Kriegen hatte der Telegraphen

ere ; E r hauvin, die Leitung des Telegraphenwesen Ministerium ressortirte, und vom Major, späteren General von Eßtzel, Kriegssauplate übernommen, Durch Artikel

Verwerthung. Im

n ; 4 Roi E T Bund sverfassung erlangte im Jahre 1867 die Telegraphenverwaltung târishe und diente nur zur Mittheilung politischer und militärischer eine Ausdehnung fiber ctt gesamte Gebiet des Norddeutschen Bundes

: A2 ; E und laut des erhôchsten Erlasses vom Staats-Telegraphie hatte der Kriegs Minister die Trennung derselben wurde die Verwaltung des Post- urd Telegraphenwesens des Nord : deutschen Bundes unter der Leitung des Bundeskanzlers von dem beitsstunden gelernt werden und bietet gegen früher den großen Vor- und der General- | theil, daß der Schüler sih der Schrift in kürzester Zeit bedienen eutschen Bundes* ge- | kann. Dies hat die erfreuliche Folge, daß die Schüler jeßt in über- beziehungsweise IL, Abthei- wiegender Mehrzahl den Kursus vollenden, während sie ihn früher abbrahen und Freunde und Bekannte vom Erlernen der Steno- „Stenogra- seinem Namen,

Direktor des Tele- j wurde zum General- | graphie abredeten. Der Verein verschmäht

Telegraphen-Direktor des Norddeutshen Bundes ernannt. Die phisher Verein® jeden weiteren Zusatz

In dieser Stärke hielt ih d

Abtheilungen fanden be- | nit allein öffentliche Anerkennung, sondern auch dem Verein neue Anhänger und Mitglieder , die E u Jahre 1850 auf 120 beliefen. er Verein bis zum Jahre 1873, ‘von

eine für jede | welcher Zeit an die Zahl der Theilnehmer \o rasch stieg, daß ihm

Kommission für die Berwaltung der Staats-Telegra- Ueberführung der bestehenden Telegraphen: Einrichtungen zu einem | um sich nach feiner Seite zu binden,

phen, welhe alsbald in die Königliche Telegraphen-Direk- einheitlihen Ganzen erforderte ausgedehnte Arbeiten in administrativer Stolzeschen System dos zur Zeit vollendetste

und Main - Armee ). | jeßt 243 Mitglieder, unter ihnen 192 hiesige und 51 auswärtige, o:i- Direktor, Oberst von gehörcn. Der Grund zu diesem ebenso ploblichen als {nellen Wad)s- auf dem jedesmaligen | thum liegt in der durchgeseßten Vereinfachung des Systems; man dachte 48 der Norddeutschen | bei der früheren Schreibweise an möglichste Kürze, überbürdete aber das System mit Gedächtnißkram. Dieser von den Jüngern anderer Schulen oft und mit Recht gemachte Vorwurf ist jeßt gegenstandlos geworden, 18. Dezember 1867 | da der ganze Lehrgang streng \ystematis{ geordnet ist. Die Stolzesche Stenographie kann bei einem sachverständigen Lehrer in zwölf Ar-

in dem

und gewann diese

Lion überging. Die leßtere erhielt durch Allerhöchsten Erlaß vom und tenisher Hinsicht. Die Herabseßung der Gebühren von Anschauung durch zahlreicbe Konferenzen, die in früheren Jahren mit

23. März 1849 die Befugniß einer öffentlichen Behörde. Die optische 8, 16, 24 Sgr. auf 5, 10, 15 E a j i i : bewirfte zwar eine Vermehrung der telegraphischen Korrespondenz, je- | Schule ist zur Beit vorwiegend in Norddeuts\{l Maße, um die Einnahme-Ueberschüsse zu gewähren, | vertreten, fast in allen größeren und kleiner

Telegraphenlinie zwischen Berlin und Cöln ging ein, die geeigneten militärishen Beamten wurden Civilbeamte und zur elektrischGen Bob Gt fn A

drei Entfernungszonen

den Vertretern anderer Systeme veranstaltet

sind. - Die Stolzeschè and und der Schweiz en Städten bestehen

Felegraphie übernommen. Am 4. Dezember 1856 Unge diy S auf welche die so wünschenswerthe Ausdehnung und Vermehrung der | stenographishe Vereine. Jm Jahre 1841 erschien die erste Auflage

nennung des damaligen Platz-Ingenienrs Majo r Chauvin zum Di- rektor des Telegraphenwesens. Leider verjagten die in den ersten Jahren zur Anwendung gekommenen unterirdi \chen Telegraphenleitungen

auf Veranlassung des Vereins in 3 Theile, Grade in An- | und Lehrgang, zerlegt. Zur Zeit liegt nun die

Telegraphenlinien und Stationen durch die jährlichen Haushalts- | des Lehrbus von Wilhelm Stolze; dasselbe wurde späterhin von ibm Etats angewiesen war. Die Thätigkeit der Bundes-Telegraphie ward durch den deut - französischen Krieg in hohem

Anleitung, Sclüssel 28. Auflage der An-

ufi ß fi x j Betri fs Í ] . fo häufig, daß fie aller Mühewaltung, einen geregelten Betrieb auf spruch genommen. 7 Feld- und 5 Etappen-Telegraphen-Abtheilungen leitung vor. Am 25. Jahrestage der prafktischen Anwendung

. Ct E Ma Hy C n s e A : i ret zu erhalten, spotteten, und man sich R mußte, zur An traten in Wirksamkeit, zu deren Leitung der feit 1870 bei der General- | der Stolze’ schen Stenographie, am 11, April 3 die 25. Auflage, welche zuerst die oben angedeutete Vereinfachung ent-

k .- Qs; . - g . 0 C, Î k Le lage oberirdischer Linien überzugehen. Nach einer im Herbst Telegraphen-Direktion zur Stellvertretung de

s G-neral-Direktors kom-

erschien

1851 von Berlin nach Magdeburg hergestellten Bersuchsleitung wurde mandirte Oberst Meydam als Chef der Militär-Telegraphie im | hielt. Seit jenem Tage sind in der 29., 26. und 27. Auflage 15,000

deé Tusführung der vorhandenen Linien in 0berirdischen Leitungen, Großen Hauptquarti. r mobil wurde. Zwei bayerische Feld-Telegraphen- Exemplare abgeseßt, was für den Monat einen Dur

chschnittsabsaß

bei deuen verzinkter Eisendraht durch Porzellanglocken isolirt, von A s 2 D i I} ; L L N L} i; ck E : ; 4 Abtheilungen und eine württembergische wurden in gleicher Weije an | von 500 ergiebt. Es ist wohl nicht zuviel gesagt daß die Anleitung wurde Beile ‘unr ait der Diots uus Börsenstädton in M den gemeinsamen Aufgaben betheiligt. Nah Konstituirung des | zur Stolze'shen Stenographie auf dem besten Wege ist, ein Volksbuch

F Ér n : Deutschen Reiches ward das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs | zu werden. Die erste den Zwecken des Stolze's{en Systems dienende

vinzen und den benachbarten Staaten verbunden, dabei auch das

als einheitliche Staats-Vaerkehrs-Anstalt eingerihtet und trat auch Zeitschrift war das Archiv für Stenographie,

fiskalische Interesse zur Richtschnur genommen, daher nur wenige Statio- Sem f : T OT Gl, E x AERE L 4 3 ; ¿Aa : a m Ausëlande gegenüber als einheitlihes Ganzes auf, obgleich die be- erscheint. Der Stenographische Almanach nen zur Eröffnung gelangten, bis Ende 1857 nur 97 ; eine \{nellere Entwicke sondere Königlich bay er isch e uns Königlich württembergische Te: | 1854 ziemli regelmäßig herausgegeben,

lung zeigte fih ers von 1858 ab. Nachdem ursprünglich die Haupt- legraphen-Verwaltung bestehen blieb. Der erste General-Direktor der Erzähler erscheint seit dem FIahre 1868. Telegraphen des Deutschen Reichs, General Major von Chauvin, Sprachen ist das Stolze’sche System erbat ‘1872 wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes seine Ent- | der englischen und französischen, doch giebt es au lassung und erhielt als Nachfolger den Obersten,

Telegraphen-Verbindungen von den Berliner Bahnhöfen der betreffen- den Eisenbahnen ausgegangen warcn, wurde 1850 eiu (okal im Ge- bäude des Genéral-Postamts als Centralftation für die verschiedenen

mebr ausreihten, wurde ein besonderes Gebäude errichtet, in

gelegenheiten im Königlich preußischen Kriegs Ministerium, welcher seit

das noch gegenwärtig wird seit dem Jahre Stenographische Auch

fremden

vor allen ch eine lateinische,

E L) LUO LLEE 2 : L S e jeßigen General- italienische, russishe und ungarische Stenographie nah Stolze’ schen Linien eingerichtet, und als spâter die dortigen Räumlichkeiten nicht Major Meydam, früher Chef der Abtheilung für die Fngenieur-An- (Grundsäßen. Durch zahlreiche an das Publikum gerichtete Ansprachen

weldem sih die Berliner Telegraphen-Centralstation und die Tele- Anfang 1870 als sein Stellvertreter in der Telegraphenverwaltung be- | gemadt; eine Petition, dasselbe in den Sch

graphen-Centralbehörde seit 1864 befinden. Der Tarif war in den ersten Jahren des Telegraphenverkehrs allerdings je nach den Entfernungen der Bestimmungsorte mannigfach abgestuft und ziemlich hoh; eine Depesche von 20 Worten kostete mindestens 20 Sar., eine fol: von Berlin nach Hamburg 2 Thlr., von Memel nach Aachen 4 Thlr. Seit dem Jahre 1858 trat hierin eine merkbare

schäftigt gewesen war.

Der fstenographische Verein Aenderung ein, in ziemli unmittelbarem Anschluß an eine durh- | nach Stolzeshem System feierte am Sonnaben

hat der Verein immer mehr Propaganda für d i ulen als ob Gegenstand einzuführen, hatte zur Zeit noch keinen Erfolg. lih wiederholt verahstalteten und stets stark bes versprehen dem Vereine einen nachhaltigen Zuw weise aus der heranwacsenden Generation ergän aue Ot Jas e [de Evstem Ci a i S ; und im Reichstage findet auch das Gabels erger

d im Saale der Urania dung. So hat fich aus unscheinbaren Anfängen die Stolze'sche Ste-

as Stolze'she System ligatorischen

Die jähr-

uchten Unterrichtskurse as, der sich vorzugs- zt. Im Abgeordneten- , im Herrenhause e System Anwen-

: 4 S ) : s c A O : : greifende Gebühren-E: mäßigung, durh. welche die vorgedachten | sein dreißigstes Stiftungsfest. Der bei dieser Gelegenheit gehaltenen nographie mächtig entwidelt und sich in Parlementen und bei Be-

Säße auf 12 Sgr., 1 Thlr. 6 Sgr, 2 Thlr. 12 Sgr. herab- sanken. Unter Mitwirkung der Telegraphen-Verwaltung hatte das

preußische Kriegs - Ministerium ein tranêportables Feld - Tel ee- Der Verein wurde am 24. Juni 1844

E —_—_—— rier

Bestrede des Vorstehers des stenographischen Bureaus des Reichstages, Herrn Scalopp, entnehmen wir nachstehende Daten:

er später als ordentliches

börden, in zahllosen gelehrten Vereinen und bei Privatleuten dauernde gegründet und zählte an- Ae Ns côll A E Tae7 pfer

graphen-System zum Gebrauche der Armee im Kriege feststellen fangs 16 Mitglieder; Wilhelm Stolze, der Erfinder des Systems, | Fle? vis zu seinem, am 8, Januar Crroigien,

lassen. Jn Gemäßheit desselben wurde das Material zum Bau von | war sein erstes Ehrenmitglied, ließ fih ab des stenographischen Bureaus des Abgeordnetenhauses.

Wilhelm Stolze, Tode Vorsteher

[5211]

Berliner Pfe! Gesellschaft

Commandit=Gesellschaft auf Actien

E. Besckow.

de-

Die am 18, Maid. J. abgehaltene General-Versammlung unserer Herren Actionaire hat Behufs

9. Lestmann.

senbahn-

Anlage eines zweiten Greleises vom

Brandenburger Thor nach Charlottenburg die Erhöhung des Grund-Capitals von Thlr. 280,000 auf Thlr. 560.000 beschlossen und gleichzeitig festgestellt, dass den Inhabern je einer alten Actie Anspruch auf eine neue al pari zustehen solle; zur Fest-

stellung aller übrigen Modalitäten, namentlich auch der Bestimmung der Frist für Ausübung des Bezugsrechts, wurde der Aufsichtsrath ermächtigt.

Nachdem nunmehr sowohl die Königliche Concession als auch die obrigkeitliche Bauerlaubniss zur Anlage des zweiten Geleises ertheilt ist, dessen Fertigstellung für diesen Sommer in Aussicht genommen ist, haben wir beschlossen, mit der Emission von

80,000 Thlr.

Neuer Actien, jede über Reichsmark GOO lautend, welche vom 1. Januar 1875 ab,

540,000 Reichesma

in jeder Beziehung gleichberechtigt mit den alten Actien,

an der Dividende Theil nehmen, vorzugehen, und haben betreffs derselben Folgendes festgesetzt : Die Ausübung des Bezugsrechts al pari steht den Inhabern der alten Actien vom 10. November bis 25. November zu; nach Ablauf dieser Frist,

also am 25. November, Mittags 12 Uhr, ist indess jeder Anspruch darauf erloschen und wird die Verwerthung der auf diese Weise nicht in Anspruch ge-

nommenen Actien anderweitig für Rechnung der Gesellschaft bewirkt werden. Bei Anmeldung der Ausüburg des Bezugsrechts haben die Actionaire sich

P,

durch Vorlegung ihres Actienbesîtzes behufs Abstempelung zu legitimiren,

einen Zeichenschein zu vollziehen und den Vollbetrag der Actie mit Reichsmark 600 einzuzahlen, wogegen Zug um Zug die mit Coupons für 10 Jahre und Talon versehenen neuen Actien, auf die Namen der Zeichner lautend, ausgehändigt werden. Yon der Zulassung ratenweiser Ein ahlungen muss als ungeeignet

im Vinblick auf die für Commandit-Ges Berlin, 1, November 1874.

recht bei den Banquiers unserer Gesellschaft,. E

den Herren Platheo «& Wolf, Breitestrasse 6 ) Volkmar « Bendix, Dorotheenstr, 8

wo Zeichenscheine zur Empfangnahme - bereit liegen, in den Vormittagsstunden auszuüben.

Die persönlich haftenden Gesgellschafter,

Berlin, 1. November 1874.

Berlin: Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

abgesehen werden. F

L Etac Der Aufsichtsrath,

Levinstein,

Vorsitzender.

E. Besckow. J. Lestmann. Bier Beilagen (einshließlich Börsen- und Handelsregister-Beilage).

hierselbst,

(a, 44/11.)

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und König

a g 257,

Prozeß Kullmann

Würzburg, 29. Oktober. (Fortseßung). Präs.: Das gleiche Recht mit dem Herrn Staatsanwalte steht au d¿m Angeklagten und seinem Herrn Vertheidiger zu,

Vertheidiger: Jch stelle die Bitte, das Gutachten der von mir vorgeschlagenen und auch vorgeladenen beiden Petren Sathverständigen entgegenzunehmen; sodann bitte id, zur Verlesung zu bringen, einen Bericht der Polizeiverwaltung Salzwedel (Band IL S. 65 und f. der Akten) soweit dort der Einfluß des Pfarrers Sitörrmann in Salzwedel gekennzeichnet ist. In einem Bei- lagenkonvolute liegen ferner folgende Aktenstücke : Ein Brief des genannten Pfarrers an den Präsidenten des Fathelifchen Männervercins in Salz- wede!, Namens Keßtli, ferner ein Konzept eines Vortrages des genann- ten Pfarrers, dann Statuten einer besonderen Leichenkasse-Abtheilung in dem genannten Vereine und {ließli ein Étleiner Zettel, ebenfalls von der Hand des Pfarrers Storrmann geschrieben.

Präs.: Wir werden auf diese Aktenstücke seiner Zeit zurückommen. Herr Sekretär, wollen Sie die Zeugenliste verlesen (geschieht; sämmt- lihe 31 Zeua:n und Sachverständigen sind erschienen). Dieselben werden vom Präfidenten in eingehcnder Weise über die Wichtigkeit des Eides und über die Folgen des Meineides belehrt, sodann in das Zeugenzimmer verwiesen mit dem Bemerken, daß sie dort nah ihrem Belieben fich unterhalten dürften mit Ausnahme der Person des Ange- klagten, ihrer fcüheren Aussagen vor dem Untersuchungsrichter und desjenigen, das fie heute verkundschaften würden.

Die Sachverständigen blieben mit Ausnahme des zuglei als Zeuge geladenen Dr. Oëfar Diruff im Sißungésaale ¿urück, un derx Verhandlung beizuwohnen. Hiegegen bestand auf Fragen des Prâäfi- denten auf feiner Seite eine Erinnerung.

Der Präsident gab noch bekannt, daß der ursprünglich auf die Beugenliste noch gejeßte Zeuge Sc{üll“ in einer Gefangen-Anstalt fich befindet und deshalb “von der Anklage an denselben verzichtet wurde, wogegen der Angeklagte und fein Vertheidiger ebenfalls feine rinnecung zu machen hatten.

Verhör des Angeklagten.

_ Präs: Kullmann stehen Sie auf! Sie haben bereits angegeben, daß Sie in Neustadi-Magdeburg geboren wurden? Angekl.: Jag. Prâs.: Haben Sie die dortige Volksschule besucht ? Angekl.: Fa. Präf.: Können Sie uns angeben, in welchem Jahre Sie in die Schule gingen? Angekl. : Mit lechs Jahren. Präs. : Mit welchein Lebenéjahre haben Sie die Schule verlassen ? Angekl,: Mit dem vierzehnten. Präf.: Sie gingen alio vom 6. bis 14. Jahre in die Schule? Wo würden Sie nach Ihcex Entlassung aus der Schule untergebracht ? Angekl.: Da fam ih in die Lehre beim Böttcker- meister August Welsch. _Präs.: Auch in Neuftadt-Magdeburg wohnhaft? Angekl. : Ja. Präs. : Wie lange blieben Sie bei diesem Meister? Angekl. : Drei drei Viertel Jabre. Präs. : Jn welhem Jahre traten Sie aus der Lehre? Angekl,: Im Jahre 1872. Präs. : Wo begaben Sie sich nun hin? Angekl,: Nach Tangermünde, Berlin, Charlot- tenburg, Lüneburg und Salzwedel. Präs.: Sie waren also auch in Salzwedel; wann warea Sie dort? Angekl.: Vergangenes Jahr von Februar bis Juli. Pcâs.: Sie haben sih schon in Jhrer früheren Jugend mit Schießversuchen abgegeben? Angek[.: ZA: das habe ih. Präs.; Wann machten Sie die ersten Ver- fue? Angekl. : Da war i noch kene zwei Jahre in der Lehre. Präs. : Welche Waffe hatten Sie? Ein Terzerol? Eine Pistole? Etwa, wie diese da? Angekl.: Etwas kleiner. Präs. : Haben Sie damals als Lehrling auch \chon damit geschossen? Angekl. : Ja.

räf.: Nach was? Angekl.: Nah Vögel. Präf.: Sie haben also arf geschossen? Angekl.: Jx, mit Schroten nach Vögel. Präs. : Haben Sie diese Pistole behalten 2 Angckl. : Die habe i verkauft. Präs. : Ift sie Ihnen nicht vielmehr von Ihrem Meister abgenommen wor- den? Angekl.: Das war wieder eine andere. Präs.: Also Sie shafften sih bei Ihrem Meister die zweite Pistole an und diese wurde Jhnen von Ihrem Lehrberrn genommen 2 Angekl.: Ja. Präs. : Warum wurde Ihnen die Pistole abgenommen? Angekl: Ich follte nicht schießen.

Präs. : Wie Sie aus der Lehre traten, wurden Sie Geselle; aus welchem Grunde sind Sie von Ihrem Meister, dem Bötth2r Welsch, weggegangen ? Angékl.: Meiftentheils, weil ih Abends zu spät zu Hause kam. Präf.: Es kommt aber vor, als wenn Manerlei Anderes vorgefallen wäre. Sie sollen unverträg- lih “gewesen sein, Händel mit den Nebengesellen angefangen haben ? Angekl.: Da kann ih nichts sagen. Präs.: Es kommt vor, daß Sie gegen einen Jhrer Nebeng-sellen als Lehrling {hon ein scharfes Schnißmesser geworfen hätten? Angekl.: Ja, das war, wie ih das erste Jahr in der Lehre war. Präs: Als Geselle sollen Sie ein Dolchmesser geführt haben? Angefl.: Ja. Präs.: Wo Ut das hingekommen ? Angekl.: Das ist mir in Magdeburg bei einer Untersuchung abgenommen worden. Präs.: Es wird im Urtheil gelautet haben, das Messer sei einzuziehen; das heißt, es wurde Ihnen gerichtlich abgenommen - und nicht Wieder zurückgegeben ? Angekl. Ja. Präs: Geschah dies vielleicht bei Ihrer Verurtheilung zu eine: dreimonatlichen Gefängißstrafe ?

Tk: Fa Präf.: Sie follen dies Messer nicht allein damals,

/ l anderer Gelegenheit gebraucht haben. Angekl.: Jch habe es im Guten gebrauht. Präâs.: Es kommt vor, daß. Sie auch im Jahre 1872 zu Charlottenburg aus einem ganz geringfügigen An- lasse Jhrem Nebengesellen Cari Otto zwei Stichwunden in den Rücken verseßt hätten ? Angekl: Das war ein fleines Taschenmesser. Präs. : Nun wollen wir das annehmen! Aber rihtig ist, daß Sie dem Otto zwei Stichwunden in den Nücea verseßten? Angekl. : Ja.

râf.: Das war doch gewiß tücsch, wenn Sie Jenem vom Rüen

tiche verseßzten, dagegen konnte er sih ja n'cht zur Wehre seßen, ondern wurde offenbar vergewaltigt! Angekl. : Fch wor betrunfken, ener aber auch und daher ist es gerommen. Pcäi.: Hat Otto niht Strafantrag gestellt ? Angekl. : Ja. Prâs.: Wie kam es, daß Sie nit bestraft wurden ? Angekl. : Jch habe mi mit ihm verständigt, ih wollte die Doktorkosten ablen rf. : Und da hat Otto den Antrag rechtzeitig zurückgezogen. ng:kl.:! Ja. Präs: zu den Geschwornen gewendet: Es fonnte deshalb dieses Reat nicht verfolgt werden, weil dazu der Antrag des Verleßten nothwendig ist; bei dessen rehtzeitiger Zurücfziehung konnte und durfte das Gericht nicht mehr weiter fortfahren.

Ein ähnlicher Vorfall soll fich in Salzwedel zugetragen haben und zwar mit dem Böttchergesei!en _Friedrih Günther? Angekl : das ift eine unwahre Behauptung. Präf.: Es joll aber doch so sein und dieser Günthcr nur durch die „Dazwischenkunft eines Ulanen vor Mißhandlung gechüßt worden sein. Angek(.: Dag ist anders : Eines Sonntags wollte ih etwas Krankengeld bezahlen an die Salzwedler Krankenkasse der Böttcher; ih hatte das in der vorausgegangenen Woche versäumt. Als ich nun Sonntags binkomme, fragte Günther, warum ich es nit {Gon eher gebracht hâtte? Sagte ih: Jch habe nit daran gedaht. Es gab nun einen Streit. Ih war son früher mit seinem Nachbar in Streit gerathen, weil mi die Beiden in meiner Werkstätte werfen wollten; in Folge dessen war er mir bss. Präs.: Sie haben früher angegeben, daß Sie wegen des Krankengeldes in Wortwechsel kamen? Angekl. :

Erste Beilage

Berlin, Montag, den 2. November

Sein Landsmann ist stärker als ih; ich sagte, wenn Du mein Geld willst, nimmst Du es mit und drehte mich um; er faßt mi beim Rücken und ruft die drei Ulanen, welhe bei seinem Meister in Quar- tier lagen und \chreit, daß ich ihn stehen wollte. Jn Folge dessen eilten die Ulanen herunter, der Eine \chlägt mich auf den Kopf, ih mache mich los und fagte: er wäre ein Lausbube, weil er behaupte F ih mit dem Messer stechen wollte. Präs. : Sie sagen alfo, ie hâtten bei dieser Gelegenheit feine Gewaltthätigkeit verübt und die Ulanen hätten Sie geshlagen? Sie sollen aber einen Ulanen auf den Mund geshlagen haben. Angekl,: Das ist soviel, daß ih einen Ulanen zurechtwies; der wollte mich shlagen, in Folge dessen kam ih zuvor und s{lug ihm mit dem Messer ins Gesicht. Präs.: Ein weiterer Vorfall soll fih in Neustadt-Magdeburg ereignet haben im September 1873 gegenüber dem Bruder Jhres früheren Lehr- meisters, dem Philipp Welsch, diesem sollen Sie mit Ihrem Dolche verschiedene Stichwunden beigebracht haben ? Angekl.: Da habe ih nur mit zugeschlagen, wenn ih ihn gestochen hätte, wäre er nicht mehr aufgekommen. Unten an dem Messer war eine Zange, woran er si beschädigte. Präs. : Das ist die Verleßung, wegen der sie eine drei- monatltche Gefängnißstrafe erlitten, und dabei wurde Ihnen das Messer abgenommen? Angekl.: Ja. Präs.: Warum haben Sie den Bruder Ihres Meisters mit dem Messer beshä- digt? Angekl.: Weil er in der Lehre fkatholisher Muter zu mir gefagt hatte. Präs.: Das zeigt aber große Rachsucht; der Vorfall war im September 1873; Sie find 1872 aus der Lehre ent- laffen worden und wie tragen Sie das dem Welsck in einer Weise nah, daß Sie ihn verletzen mit scharfer Waffe, weil ex einmal früher gesagt hatte, katholischer Mudcker! Angekl. : Degs- wegen nicht allein; ich traf mit ihm zusammen, wobei wir in Streit geriethen. Präs. : Es wird noch eines weiteren Vorfalles Erwähnung gethan, n*mlich im Febeuar 1874 sollen Sie auf einem Balle, den die Böttchergesellen zu Neustadt- Magdeburg gaben, Jhren Lehrmeister Welsch mißhandelt haben ? Angekl, : Das ist cine unwahre Behauptung: es war gerade die Polo- naije; da sagte Jemand, der hinter Welsch stand, zu mir: Wenn nur der mit seinen krummen Beinen nicht tanzen wollte.“ Welsch dachte in Folge dessen, ich wäre es gewesen, der diese Aeußerung machte, weil ih mit seinem Bruder Streit hatte, ich hâtte aber Zeugen auf- stellen können, daß ih es niht war. Präs.: Sie sollen damals durch zwei Gesellen und einen Dritten gus dem Lokale entfernt worden sein? Argekl,: Es wurde auêgemacht: Wer Streit anfängt, der wird binausgeshaft, und man glaubte, ih hâtte Streit ange- fangen. Präs.: Als Sie bei dieser Gelegenheit aus dem Saale ent- fernt wurden, will man wahrgenommen haben, daß Sie eine Pistole in threr Tasche geführt hätten ?Angekl.: Das ist eine unwahre Behauptung ; wenn ih auf einen Ball gehe, werde ih doch keine Pistole in die Tasche stecken. Präs. : Der Geselle Jerich hat Sie damals aus dem Lokale hinausgeführt. Sie sollen deshalb Haß auf ibn geworfen haben? Angekl,: Er hat m'ch herausgewiesen und ih bin gegangen; dabei hat er mich hint er!istig in das Genick ges{lagen. Präs. : Sie sollen diefem Ihrem Hasle Ausdruck gegeben haben, dadur, daß Sie Jerich in der Wirtl- haft zur Tonhalle mißhandeltea? Angekl.: Das habe ih, weil er mich unrecht beleidigt hat, da ih schon so aus dem Tanzlokale ge- gangen bin. Präf.: Es ist das doch nach meiner Ansicht ein Beweis, daß Sie alle kleine Belcidigungen, die nach Ihrer Ansicht Ibuen zugefügt werden, den Betreffenden nachtragen und si |chwere Rache nehmen, wenn Sie de, Jerich nach geraumer Zeit mißhandelten! Angekl.: Das war erst 14 Lage dana. Präs. : Sie haben in Salzwedel gearbeitet, „wann war das? Angekl.: Im Juni 1873. Präs; Dort sind Sie einem Vereine beigetreten 2 Angekl.: Dem katholischen Männerverein. Präf. : Wie kam es, daß Sie einem folchen religiösen Verein sich anschlossen ? Angekl.: Fch habe keinen Religiotsgrund gehabt, ich that es aus langer Weile. Die religiöse Richtung hat mich nicht dazu geführt. Präs. : Kamen Sie oft in diesen Verein 2 Angekl.: oft ih Gelegenheit hatte, kam ih hin, Präs: Was trieb man da? Angekl.: Es wurde vor- gelesen, Zeitungen waren da und wir vertrieben uns die Zeit. Präs. : Wurde dort Bier getrunken, gerauchßt und waren ge- sellige Unterhaltungen dort? Angekl. : Ja. Präs. : Sie haben früher ge]agt, daß auch Vorträge dort gehalten worden find und zwar von einem Lehrer, wer war dies 2? Angekl.: Jch weiß seinen Namen nicht. Präf.: Wer war Borstand des Vereins ? Angetkl,: Der Korbmacher- meister Kößel. Präs. : War der Verein nicht auch von Geistlichen besucht, war nit auch Pfarrer Störmann dott ? Angekl, : Ja, Pfarrer Störmann war da. Präs. : Hielt dieser auch einen Vortrag, dem Sie beiwohnten? Angekl,: Ich hörte den, den er bei einem Stiftungs- feste hielt. Präs. : Liegen Zeitungen im Vereine auf, um von den Vereinsmitgliedern gelesen zu werden ? Angekl.: Ja. Präs. : Lasen Sie die Zeitungen au? Angekl: Ja. Präs: Können Sie sagen, welche Zeitungen auflagen? Angekl.: Die Germania und die Eisfelder Volksbläâtter, Präs. : Wissen Sie, welche Richtung diese Biätter haben? Angekl.: Fa, eine ultramontane. Präs.: Lasen Sie auch Blätter anderer Richtung? Angekl.: Fa, ich las auch liberale Blätter. Präs.: Wissen Sie welche? Angekl.: Die Magdeburger Zeitung und dann verschiedene wie sie in meine Hände kamen. Präs: Haben Sie qus diesen Blättern, der Germania und den Bolksblättern, manches entnommen, was Ihnen besonders auffällig war? Angeli. 2 Ja, dis Kirchengesetze. Präs. : Hat Sie das besonders interessirt? Angekl.: Gewiß. Präs. : Sie lasen auch liberale Blätter, die Sie ärgerten? Angekl.: Fa. Präf.: Haben Sie fich nicht auch über Fürst Bismarck ausgelassen? Angekl. t Ja, Präs. : In welcher Art und Weise ? Angekl.: Das war verschieden. Präs.: Sie sollen si geäußert haben: „&ürst Bismarck set der ärgste, der tollste Feind der fatholischen Kirche“ ? Angekl. ; Ja. Prâs.: Bei welcher Gelegenheit ? Angekl : Darauf kaun ich mich fo genau nicht mehr entfinnen. Präs, : Warum glaubten Sie das? Angekl.: Weil die liberalen Blätter selber ihn als sol- chen hinstellten. Präs. : Sie sollen sid auch geäußert haben, Bi2marck sei ein liberaler Schuft, ein Philister? Angekl. : Ja, das fagte ih, aber ich war zuo.st gereizt worden wegen Auslassungen über die Pfarrer vnd die Jesuiten. Prâf. : Haben Sie sich auch zugezählt zu einer Partei? Angekl.: Ja, ih rechnete mich wenigstens zu den Ultramontanen. Prä. : Haben Sie Bismarck als Gegner des Ultra- montanismus betrachtet? Angekl. : Ja. Präs. : Sie äußerten fich, Bismarck wäre der ärgste Gegner, und wenn der weggeschafft wäre, wäre viel gewonnen 2? Angekl.: Das weiß ich niht ge¿au. Präs. : Sie sollen au eiumal sih geäußert haben, wenu nur einmal ein Religions- Bus entstände, die- 14,000,000 Ultramontanen werden die 20 oder 23 Nillionen Protestanten schon unterkriegen. Angekl. : Das habe ich nicht gesagt ! Präs. : Sie sollea ferner geäußert haben, wenn Jhr Pastor abgeführt würde, so würde der fallen, welcher ihn abführen wollte und Sie auch, Angekl,: Ja, diese Aeußerung that i. Präs: Sie sich nicht wieder eine Pistole verschafft, während Sie dem Männer- verein angehörten? Angekl.: Ja in Salzwedel Mitte Mai 1873. Präs.: Sie kauften si also eine neue im Mai 1873. Angekl.: Ja, il mein Vater mir meine alte Pistole niht \{icken wollte. Der Meister hatte sie mir abgenommen und meinem Vater gegeben. Präs. : aben Sie öfter geschossen ? Angekl.: Ja. Präf.: Mit scharfer Ladung ? ngekl: Mit Schrot. Präs: Nach welchem Ziele ? Angekl. : Nach Vögeln. râf. : Sie habcn sih also auf diese Weise geübt, nach einem be- timmten Ziele zu schießen ? Angekl.: „Das that ich zum Vergnügen. räsf.: Sie haben angegeben, Sie hätten auch nach anderen Gegen- tanden als nach Vögeln Pitfsent Angekl.: Das kann ich nicht agen. Präf.: Nun geben Sie an e wann ist der Gedanke in Ihnen entstanden , gegen den Fürsten Bismarck ein Attentat auêzuführen,

lih Preußischen Slaals-Anuzeiger.

1874.

welches dahin gehen sollte, dem Fürsten das Leben zu nehmen. Angekl. : Von Sudenburg aus. Präs. : Es soll der erste Gedanke dazu bereits zu Ostern dieses Jahres -in Ihnen aufgekommen sein? Angekl. : Ja. Präs. : Sie sagen also, daß Sie schon zu Ostern dieses Jahres den ersten Gedanken faßten, dem Fürsten Bismarck das Leben zu nehmen? Angekl. : Ja. Präs.: Sie follen auch um jne Zeit zu dem Arbeiter Meißner mit Bezug auf Ihre Pistole geäußert haben: Das Ding hat einen Zweck und wird auch seinen Zweck er- reichen. Angekl.: Ja, das will ih nit bestreiten. Präs.: Hatten Sie den bestimmten Gedanfen, den Fürsten Bismarck ums Leben zu bringen ? Angekl. : Ja, diesen Gedanken hatte ih. Präs.: Sie hatten diesen Gedanken und auch den Vorsaß, ibn auszuführen ? Angekl.: Ja. Präf.: Auch gegenüber dem Böttchergesellen Doerr sollen Sie die Außerung gethan haben: ehe ich sterbe, wird noch ein Anderer fallen! Angekl.: Ja, das habe ih gesagt. Prâf. : Was hatten Sie damals für einen Gedanken ? Angekl. : Einen Gedanken hatte ich auch da; ich - hatte auch da Bismarck im Sinne. Präs. : Von wann an haben Sie Ihr Vorhaben, das Sie um Ostern faßten, auszuführen gesucht ? AUngekl.: Erst von Pfingsten dieses Jahres an. Präf.: Sie waren in Sudenburg ? Angekl.: Jh hatte in Sudenburg Arbeit. Präf. : Hatten Sie in Sudenburg den Plan auszuführen Men? Angekl.: Ja. Präs.: Nun, was haben Sie von da aus gethan? Angekl. : Ich bin mit der Bahn nah Berlin gefahren, weil Bismarck sih noch in Berlin aufhielt, um Bismarck zu tôdten. Präs. : Wohec wußten Sie, daß Fürst Bizmarck sih in Berlin aufhielt 2 Angekl. : Dies wußie ih aus den Zeitungen. Präs.: Weil Sie dies wußten, begaben Sie sich nach Berlin? Angekl.: Ja. Präs.: Haben Sie, ehe Sie Sudenburg verließen, nicht nochmals Ihre Bal probirt? Angekl. : _Ja, mehrmals in dem Garten des Böttchermeisters Wich. Präs.: Warum haben Sie das probirt ? Angekl.: Jch wollte mi vergewissern, daß die Pistole nit versage. Präs. : Haben Sie nicht auf der Reise nach Berlin den Bätergesellen Bruskorius getroffen und diesem gesagt: Sie gingen nach Berlin, um BVismarck aufzusuchen? Angel. : Das werde ih \chwerlich gesagt haben. Präf.: Was thaten Sie zuerst in Berlin? Angekl. : Ich erkundigte mich, wo Bismarck sich aufhielt. Präf.: Wo erkundigten Sie sich? Angekl.: Wo ich gerade war. Präs.: Erkundigten Sie sich, welche Orte Fürst Bismarck besuchte, oder erkundigten Sie sih nach seiner Wohnung ? Angefkl. : Nach seiner Wohnung erfundigte ih mi. Präs. : Haben Sie nicht etwas in Berlin gekauft ? Angekl. : Ja, Reh- posten. Präs. : Wie viel Stück haben Sie gekauft? Angekl.: Jh habe mir sech3 Stü gekauft. Präs. : Haben Sie son Pulver ges habt oder erst in Berlin „gekauft? Angekl,: Das hatte ih noch. Präâf. : Wie kam es, daß Sie in Berlin nit versuchten, Ihr Attentat in Berlin auszuführen, _Angekl.: Weil ih die Wohnung des Särsten Bismarck nicht auffinden konnte. Präf.: Sie hörten, daß &ürst Bismarck damals Berlín verlassen habe? Angekl.: Jch hörte, daß er Sonntag darauf Berlin verlassen habe. Präs: Wodurch erfuhren Sie das? Angekl.; Jch erfuhr es dur die Zeitung. Präs. : Was thaten Sie nun? Angekl.: Jh nahm Arbeit in Berlin. Prä. : Bei wem? Angekl. (besinnt sich etwas): Den Namen weiß ih nicht mehr. Präs.: Wie lauge waren Sie in Arbeit in Berlin? Angekl.: Acht Tage. Von da ging ich nach Potsdam, wg ih vierzehn Tage blieb. Präs.: Haben Sie in Potsdam die christliche Herberge besucht und dort einen Schneidergesellen Na- mens Kannebley kennen gelernt? Angel. : Ja wohl, aber den Namen kenne ih nicht. Präs.: Sie sollen zu diesem gesagt haben: „Meine Hand ist zu etwas Anderem bestimmt und ih führe es auch aus,“ Angekl, : Nein, eine solche Aeußerung habe ich nicht fallen lassen. Präs. : Wohin gingen. Sie von Potsdam aus? Angekl.: - Jch ging von da mit dem Böttchergesellen Schulze nach Sanger- hausen. Präs.: Können Sie den Tag angeben, wo Sie von Potsdam fort sind? Angekl,: Es tvird Freitag gewesen sein. Präs.: Es soll der 19. Juni gewesen sein. Angekl.: Das weiß 1 nicht. Präs. : Wann kamen Sie an in Sangerhausen ? Angekl. : Das kann ih auch nit sagen. Präs. : Es soll der 23. gewesen sein. Bei wem traten Sie in Arbeit ? Angekl.: Bei Böttchermeister Da- seler. Präf.: Wie lange waren Sie bei diesem in Arbeit. Angekl, : Da war ich ungefähr 16 Tage. Präs. : Haben Sie dort nicht auch geschossen? Angekl.- Ja, einmal. Präs.: Nun, sind Sie als Sie s{ossen, nicht von Schulze aufgefordert worden, no

‘weiter zu schießen? Angekl. : Ja, das glaube i. Präs. : Was haben

Sie dazu beme: kt ? Angekl.: Jch sagte, glaube ich, mein Pulver braucye ich- noch zu etwas Anderem. Präs.: Sie sagten, Sie könnten das Pulver ‘noch zu anderen Zwecken gebrauchen. Was bedeutete das ? Angekl.: Weil ih nach Kissingen machen wo":te, um den Fürste.i auf- zusuchen. Präs. : Nun, bei Dafeler sollen Sie auch in der Schlaffammer, welche Sie mit Schulze innehatten, größere Rehpoften gesehen haben? Angekl, : Das kann ich gesehen haben. Präs. : Sie zeigten Schulze einen Rehposten und sagten, damit fönnen man einem Menschen das Leben ausblasen. Präs. : Wars einer von Ihren Rehposten? Angekl. : Das kann ich nit sagen, ob es einer von meinen oder einer von den an- dern gewesen ist. Präs.: Im Tischkasten lagen au die Jhrigen. Haben Sie blos die JIhrigen mitgenommen, oder auch von den im Tischkasten gelegenen? Angekl.: Das kann ih nit genau sagen; es kann sein, daß ih ein Paar von den anderen mitgenommen habe. Präs: Wie viel nahmen Sie mit. Angekl.: Das kann ih niht sagen. Jch kann nicht sagen, ob dieselben von Berlin waren, oder ob auch andere dabei waren. Präf.: Haben Sie damals nit eine Spißkugel gesehen? Angel. : Nein. Präs. : Oder haben Sie nicht eine verlangt ? Angekl.: Ja. Präsid. : Von wem? Angkl.: Vom jungen Daseler. Präf. : Was hai dieser gesagt? Angekl.: Er hat gemeint, daß jein Vater die Kugeln verslossen habe, und daß der gerade jeßt nit da wäre; er fönne feine hergeben. Präs.: Zu welchem Zwecke verlangten Sie die Spißkugel 2 Angekl.: Jh hatte gerade Eeinen Zwedck dabei. Präs.: Haben Sie denn, wie Sie nach Sangerhausen kamen, vorgehabt, längere Zeit dort zu verweilen oder nur vorüber- gehend? Angekl.: Jch las, daß der Fürst nah Kissingen gemacht ist oder machen wollte, deshalb ging ih nah Sangerhausen. Präs, : Wo waren Sie, als Sie das lasen? Angekl.: Da war i in Potsdam. Präs. : Da hatten Sie hon vor, nah Kissingen zu gehen? Angekl.: Noch niht; ich wußte roh nicht, daß er {on in Kissingen O las: e8 erst in Sangerhausen, daß er in Kissingen sei. Präs.: Wie reisten Sie?- Angekl.: Ich fuhr mit der Bahn nah Nordhausen. Präs. : Besißen Sie nicht eine Landkarte welche Sie zur Bemessung Jhres Weges genommen haben follen 2 Angekl.: Das that i wohl. Präs. ; Ist das Ihre Karte? (zeigt diese). Angekl, : Ja. Präs. : Da liegen noch zwei Rehposten. Haben Sie die bei si geführt ? Angekl.: Ja. räf.: Das ist noch ein Theil der Posten, welhe Sie mit nach ‘Kissingen nahmen ? Angefkl[. : Ia. Präs. : Sie hörten also, meine Herren, daß der Angeklagte gesagt hat, er hätte in Berlin, um seine Pistole zu laden, 6 Rehposten gekauft, sie in Sangerhausen in der Schlafkammer in den Tischkasten, wo noch andere waren, gelegt, dann habe er 6 mitgenommen, er wisse niht, ob von. den hineingelegten, oder von denen, die {hon darin waren. Allein, das ist ein Theil der Posten, die er mit nah Kissingen genommen hat. Angeklagter! Sie haben also auf der Landkarte nachgesehen, welchen Weg Sie nach Kissingen zu machen hatten? Angekl.: Ja. Präs.: Sie hatten vor, nah Kissingen zu geen in der Absicht, den Fürsten Bismarck ums Leben zu bringen?

ngekl.: Ja. Präs.: Wissen Sie, an welchem Tage Sie Ihre Reise nah Kissingen angetreten haben? Es soll der 6. Juli ge- wesen sein. Angekl.: Ja, da verließ ich Sangerhausen. Präs.