1874 / 272 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Nov 1874 18:00:01 GMT) scan diff

&iefontosaß von 4 Prozent zurückzukehren erlaubte, war also wesent- li erniedrigt. L i

Im Änfange Oktober dieses Jahres is wieder eine Grhöhung des Diskontosaßzes über seinen regelmäßigen Stand eingetreten, nach- dem vorher bereits im August und September sich die bekannten Symptome des Goldabschlusses geltend gemacht hatten. In diesem Jahre zum ersten Male trat nämli die Wirkung der von uns in der Einführung begriffenen Goldwährung auf dem Notenmarkte ein. Beim Uebergange zur Erhöhung des Diskontosaßes hatten die in Rede stehenden 6 Banken zusammen einen ungedeckten Notenumlauf von 89 Millionen. Davon kamen 60 auf die Preußische Bank und 29 Mil- lionen auf die übrigen Banken, leßtere hatten also jeßt ein Drittel von der &esammtsumme. Sie schen also, daß erstens das Niveau der ungedeckten Notenemission sich bis 1873 von Jahr zu Iahr er- höht hat, daß zweitens diejenigen Banken, außer der Preußischen Bank, welche eiu unbeschränkies Recht der Notenemission haben, von Jahr endi einen größeren Antheil an der ungedeckten Notenemission nehmen.

Die Zahlen würden noch frappanter werden, wenn wir die süd- deutschen Banken, welche mit einer dehnbaren und deshalb dehnsamen Notenemission ausgestattet sind, hinzurehnen wollten. Diese Zahlen würden nur dadurch etwas weniger brauhbar, weil die Banken erft in leßter Zeit begründet wurden. Der Antheil derjenigen außer- preußischen Banken des Thalergebietes, welche eine uneingeschränkte Notenemission haben, an dem gesammten Umlaufe, einschließlich des der Preußischen Bank, stieg in der Zeit, welche ih Jhren vorführte, von F auf 4, und während die De Bank bei der leßten Diskontoerhöhung ungefähr auf dem Niveau stand, auf welchem nah dem Geseßentwurfe ihr regelmäßiger Umlauf beschränkt werden soll, standen die übrigen Bankea bereits weit über diesem Niveau, und man kann sagen, daß die Preußische Bank wesentlich mit durch die Auêdehnung des Notenumlaufs der anderen Banken gezwungen wurde, ihren Diskonto zu erhöhen. Es ist ja ganz klar, meine Herren, daß die sämmtlichen Banken sehr genau wissen, daß das provisorische Geseß von 1870 über kurz oder lang einem Definitivum Plaß machen muß und daß das Definitivum wird anfnüpfen müssen an die bestehenden Verhältnisse, daß es jede Um- wälzung des Verkehrs möglichst wird vermeiden müssen, und daher haben sämmtliche Banken das natürlihe Streben, das Terrain, welches sie mit ihrer ungedeckten Notenemission beherrschen, von Jahr zu Jahr möglichst zu erweitern, um mit einem möglichst großen Besitz- stande dem Definitivum gegenüber zu stehen. Wenn der Herr Abgeordnete für Meiningen gestern gesagt hat, es sei niht räthlih, ein Geseß gegenwärtig zu geben und für das nächste Jahr ein weiteres in Aussicht zu nehmen, weil jeder Schritt der Geseßgebung Neuerungen schaffen werde, so daß also zwei- malige Veränderungen eintreten würden, während mit einem einmaligen Gesetze das gleiche Ziel mit geringerer Störung zu erreichen sei: wenn der Herr Abgeordnete für Meiningen dies als Prinzip der Gesehz-

ebung aufstellte, so möchte ih für die Eventualität, die ih ins Auge Lie, daß eine Verständigung über die Reichsbank nicht zu Stande käme, doch Jhre Aufmerksamkeit darauf lenken, daß die Umwälzung, welche das Definitivum des Bankgeseßzes herbeiführen wird, wesentlich größer wird, je mehr der Besißstand derjenigen Banken, die in threr ungedeckten Notenausgabe auf ein bescheidenes ats Mt ränkt werd-n sollen, sfih erweitert, daß Sie also, wenn Sie jeßt auf dem Boden dieses Geseßes eine Regelung herbeiführen, welche eine Erweiterung dieses Besißstandes hindert, den Zweck erreichen, daß die Einführung der Reichsbank eine neue Umwälzung nicht mehr ver- anlaßt; während, wenn Sie die gegenwärtige vorsichtige Maßnahme unterlassen, die Schwierigkeiten, welche im nächsten Jahre das Geseßz finden wird, ungleich größer sein werden, als die, welche gegenwärtig dem Gesetz begegnen.

Es ift allerdings gestern von dem leßten Herrn Redner der Aus- spruch gethan, ein Arkanum gegen Krisen bilde nicht dieses Geseß, bilde nicht die Ausbildung des Depositum-Verkehrs. Ja, meine

erren, ein Arkanum giebt es überhaupt nicht, Arkana sind auf wirth- aftlihem Gebiete noch nicht çefunden und auch auf keinem anderen. Sein Vorschlag aber, einer Bank mit vollständig unbeschränkter Noten- Emission, ficht dem Versuch eines Arkanums gleich, wie ein Ei dem andern. Jeder, welcher die Geselischaft in ihren Grundvesten umge- talten will, der fordert zuerst, daß irgend eine unbegrenzte wirthschaftlihe Kraft ihm zu Gebote gestellt werde, und wenn es möglich wäre, irgend einem Manne eine wirthschaftliche Kraft unbeschränkt zusGebote zu stellen, so würde er die Erde aus den Angeln heben können, Es giebt aber glüliherweise keine unbeschränkten Kräfte, und die Gefahr der Unbeschränktheit der Notenemission, die gegenwärtig für eine anze Reihe deutscher Banken geltenden Rechtes ist, liegt darin, daß die handeltreibenden Klassen glauben, es gebe eine unbe- \chränkte Diskontirung8möglichkeit, daß sie auf diesen Glauben ihre Operationen einrichten, daß die Banken diesem Glauben eine Zeitlang nachfolgen, bis endlih der Moment eintritt, wo den Bäumen gesteuert werden muß, daß sie nicht in den Himmel wachsen. Dann kommt der Rückshlag. Die sogenannte indirekte Kontingen- tirung, welche das Gese Ihnen vorschlägt, sagt nichts weiter, als daß das Geseß für den Zeitpunkt Marken seßen muß, wo einer Stei- gerung des Umlaufs der fünstlihen Zahlungsmittel im Interesse des esunden Zustandes unserer Geldcirkulation von den Banken felbst entgegengetreten werden muß. Es zeigt diefen Zeitpunkt an durch eine Erhöhung der Besteuerung, dadurch, daß es den Bauken dur eine böbere Besteuerung des ungedeckten Noten- umlaufs Veranlassuyg giebt, durch eine Erhöhung ihres Diskonts auf eine N ihres Notenumlaufs Bedacht zu nehmen. Es ist dies der Wegweiser für das Noten-Emissionsgeschäft, welchen die Gesetzgebung hinstellen muß, damit sie die ihr a größere Auf- gabe, die Durchführung und Aufrechthaltung der oldwährung sichere. Der Entwurf geht davon aus, daß die ungedeckte Notenemission die Bedeutung habe, den Shwankungen des Bedarfs nach Zahlungsmitteln gerecht zu werden, daß es aber lediglich die Aufgabe hat, den Schwankun- gen gerecht zu werden, nicht die künstlihen Zahlungêmittel auf Kosten der Edelmetall-Zal;lungsmittel im Laufe der Zeit fortwährend aus- zudehnen. Diesec Grundsaß des Gesehes hat wie ich mi freue nach den Aeußerungen des Hrn, Abgeordneten für Meiningen kon- statiren zu können die Majorität dieses Hauses auf seiner Seite. Ich kann Sie nur bitten das ist der erste Hauptzweck des Geseßentwurfs sorgen Sie dafür, daß wir niht mit einem Mangel unserer Gesetzgebung in das noch unbekanate Gebiet der Goldwährung eintreten, nachdem wir unter der Herrschaft der Silberwährung in Folge dieses Mangels bereits mißlihe Erfahrungen gemacht haben. Sorgen Sie ferner im Juteresse des Publikums und namentlich des wirthschaftlich s{wächeren Theils des Publikums da- für, daß nur solche künstliche Zahlungsmittel künftig in seine Hande gegeben werden können, welche von dem Publikum leiht in 3 etall Fonvertirt werden können, welche si also nicht wie eine ungern ge- nommene, ängstlih abgeschobene und mit Mißvergnügen wieder ab- genommene Last vom kleinen zum kleinerenMann fortschieben, bis sie in den- enigen Kreiscn des Verkchré sich festsezen, in wel{chen wir am wenigsten Li ungewisse Zahlungsmitel sehen möchten. Die Erhöhung der Minimalappoints auf 100 Mark leistet allerdings etwas in dieser

insicht, aber, weine Herren, wie viele Tausende und Millionen von

andwerkern bekommen denn Zahlungen geleistet im Betrage von

31 Thlr.? Und alle diese seßen Sie, wenn Sie nicht jeßt für die Einrichtung eines gesunten Notenumlaufs sorgen, der Gefahr aus, solche ungeeignete Noten annehmen zu müssen. Sorgen Sie endlich, meine Hercen, dafür, daß die Gesetzgebung die wünschenêwerthe Be- weglihkeit erlange. Jh glaube, daß Sie auf diesem Wege dem Zwecke, den Sie zu errei@en suchen, am besten vorarbeiten werden.

Nachdem hierauf der Abg. v. Kardorff für die Nothwen- digkeit einer Reichsbank gesprochen hatte, nahm der Bundes- bevollmächtigte Präsident des Reichskanzler-Amts, Staats-Minister Dr. Delbrück das Wort:

Meine Herren! Jch will nur wenige Bemerkungen machen, die zum Theil allerdings persönlicher Natur find.

Der Herr Vorredner hat seinen Vortrag begonnen mit der Ver-

sicherung, daß er dem vorliegenden Entwurf, als er in seiner ersten Gestalt bekannt wurde, seine volle Sympathie entgegengebraht habe, und zwar in dcr Unterstellung, daß das, was er eigentlich enthalten müßte, nämlich die Reichsbank auf unüberwindliche, gar nicht zu beseitigende Schwierigkeiten gestoßen sei. Dieser Gedanke, daß der vorliegende Entwurf eigentlich naturgemäß hätte die Reichsbank ent- halten müssen, is bald in dieser, bald in jener Form, auch in der gestrigen Diskusfion hervorgetreten, und der Vorwurf, der in diesem Gedanken liegt, wenn er auch als Vorwurf nit formulirt ist, würde allerdings zunächst das Reichskanzler-Amt treffen, welhes den Ent- wurf aufgestellt hat, und deshalb erlaube ich mir das Wort zu nehmev.

Meine Herren, als das Reichskanzler-Amt die keineswegs leichte Aufgabe sowohl durch den Bundesrath als dur den Reichstag erhielt, ein Bankgeseß auszuarbeiten und vorzulegen, da war die kleinste Schwierigkeit die, sich klar zu machen die Uebelstände, auf deren Beseitigung es ankommt. Die wahre Schwierigkeit lag darin, den Weg zu finden, wie diese Schwierigkeiten zu befeitigen seien. Nun glaube ih kaum bemerken zu müssen, daß, wenn man an die Ausarbeitung eines Geseßes geht und sih die Frage vergegenwärtigt, auf welchem Wege ist ein bestimmtes Ziel zu erreichen, man dann doch auch die Frage vor allen Dingen ins Auge zu fassen hat: welcher von den verschiedenen sich darbietenden Wegen kann darauf rechnen, in den maßgebenden Faktoren, im Bundesrath und Reichstag eine Majorität zu finden? Wenn man eine solche Frage unbeachtet ließe, so würde man, wie ich glaube, ganz besonders unpraktisch verfahren. Nun war ja ich habe das bei meinem einleitenden Vertrage ge- sagt der Gedanke einer Reichsbank durhaus nichts Neues. Es war ein Gedanke, der uns von verschiedenen Seiten entgegengebracht war und den wir aus dem eben angedeuteten Gesichtspunkt seiner Durchführbarkeit, d. h. der Erlangung einer Majorität in den beiden gesetzgebenden Faktoren, sehr wesentlich ins Auge zu fassen hatten.

Was zunächst den Reichstag dabei betrifft und wir hatten uns fa zunächst die Frage vorzulegen, wie wird ein solcher Gedanke im Reichstage aufgenommen werden so war die Reichsbank einmal ex professo erdôrtert, und zwar in der vorleßten Sesfion. Die Herren Abgg. Tellkampf und v. Unruh hatten damals eine Resolution ein- gebracht, welhe angenommen wurde, eine Resolution, auf die ih im Allgemeinen {hon bei meinem einleitenden Vortrag Bezug genommen habe, die ih aber debt doch verlesen will. Sie heißt:

Den Herrn Reichskanzler aufzufordern, baldmöglichst ein Geseß über das Bankwesen vorzulegen, durch welches die Cirkulation nicht mit Metall gedeckter Noten regulirt und begrenzt, über die Bcfug- niß zur Ausgabe vollgedeckter Noten Bestimmung getroffen und die Frage, ob und unter welchen Bedingungen eine Reichsbank errichtet werden soll, entschieden wird.

Meine Herren! Wenn man diese Resolution nur nach ihrem Wortlaute ansah, so machte sie den Eindruck, der vielleicht damals auch vollkommen der Situation entsprach, ih komme darauf noch weiter zurück daß die Verfasser der Resolution die natürliche Ten- denz gehabt haben, eine Majorität im Hause zu bekommen, und da im Hause Vertreter- der Reichsbank entschieden vorhanden waren die Thatsache lag ja damals vor so haben sie es für nöthig und richtig gehalten, in einer außerordentli bescheidenen, zurückhaltenden Weise auch die Eventualität der Reichsbank zu ‘bezeichnen.

Nun fam die Diskussion über die Resolution. Der erste Redner war der Herr Abg. Tellkampf, von dem sie mit ausging. Von ihm ist bekannt: er ist ein Vertreter einer einzigen Bank. Er erwähnte das historish, nahm sich aber sehr in Acht, daß man seiner Aeuße- rung nicht eine zu weit tragende Bedeutung beilege.

Er fügte hinzu:

Da nun aber, meine Herren, der vorliegende Antrag nah dem Wunsche der Mitunterzeichneten nicht bezweckt, {hon jeßt auf die Einzelnheiten der Bankfrage und der möglichen Pläne einzugehen, fo enthalte ich mich au aller bestimmten Vorschläge.

Der nächste Redner war der damalige Abgeordnete für Verden. Er licß fich aus über die Nachtheile einer zu großen ungedeckten Noten- cirkulation, der Reichsbank erwähnte er garniht. Der dritte Redner war der damalige 48 Abgeordnete für Mörs. Er nahm eine ent- schieden feindselige Haltung gegen den Ge»anken ein und sagte:

Die Reichsregierung und die Herren Nationalliberalen {einen darüber einig zu sein, daß durch Umwandlung der Preußischen Bank in en Reichsbank ungefähr derselbe Unfug weiter getrieben wer-

en soll, wie er nach seiner Ansicht bisher getrieben war.

Darauf kam der Herr Abgeordnete für Zeiß. Der sprach auch A O A gegen den Unfug der übertriebenen Noten-Emission und sagte:

Vor allen Dingen denke ih aber dabei an eine deutsche Reichs- bank. Ich will durchaus kein Präjudiz geben; ich habe felber mit manchem Anderen Bedenken gegen eine Reichsbank, und ih will mich nur darauf beschränken, zu sagen: wenn wir durch den Drang der Umstände, dur den Mangel an Opferbereitwilligkeit Seitens der Zettelbanken in die Lage gesetzt werden sollen, zwischen zwei Uebeln Das geringere zu wählen, so glaube ih der Zustimmung dieses Hauses gewiß zu sein, daß eine deutshe Reichsbank immer uo besser ist, als ein Dugend kleiner Zettelbanken.

Darauf kam der damalige Herr Abgeordnete für Heilbronn. Er führte aus, es wäre doch am Ende der Cirkulation der Noten nicht so gar s{limm, und {loß:

Meine Herren! Auch diese Sache hat ihre zwei Seiten. Eine Reichsbank wird weit mehr als Privatbanken unter dem Einfluß von den politischen Verhältnissen stehen, und es könnte der Fall eintreten, wo wir, wenn man überhaupt niht Banken gänzlich unter- drücken will, uns glücklich {äßen würden, es mit einer Anzahl solid und gut kontrolirter Anstalten zu thun zu haben, statt mit einer einzigen.

Endlich am Schlusse nahm der Mitantragsteller, der Hr. Abg. von Unruh, das Wort und sagte in Erwiderung auf das, was der Herr Abgeordnete für Mörs gefagt hatte:

Fch will mich darauf beschränken zu sagen, es hätte sehr wenig Mühe gekostet, um zu erfahren, daß in der nationalliberalen artei es Mehrere giebt und gerade Solche, die sich mit volkswirth}chaft- lihen Interessen beschäftigen, die von einer Reichsbank nichts wissen wollen, am wenigsten von einer Reichsbank mit den Privilegien der jeßigen Preußischen Bank.

Das waren die Herren, die sich ausgesprochzen haben.

Nun, meine Herren, aus dieser Diskussion werden Sie auch bei den lebhaftesten Sympathien für eine Reichsbank nun und nimmer das Fazit ziehen können, daß die Stimmung des Hauses im Jahre 1873 für eine Reichsbank eingenommen war.

Es fam die Session vom Jahre 1874 in dem neuen Hause. In dieser Session ist die Frage ex profess0 nicht erôrtert worden, fie ist beiläufig wiederholt berührt worden bei der Diskussion des Gesetzes über das Papiergeld. Es is von dem Herrn Abgeordneten für Bingen, von dem Herrn Abgeordueten für Bremen und von dem Herrn Abtgeordneten für Oels Gelegenheit genom- men worden, darauf hinzuweisen, daß eine NReichébank besonders geeignet sein werde, diz Umwandlung des Staatspapiergeldes in cin gemeinsames Cirkulationsmittel auszuführen. Damals ist von feinem der Herren etwa an das Geseß eine Resolution in diesem Sinne angeknüpft worden. Ih mache daraus keïînem von den Herren den allerentferntesten Vorwurf, ih will mit dem, was ich da sage, nur zeigen, daß auch in der legten Session Gelegenheit war, ein Zeugniß für eine Reichsbank zu geben, und daß diese Gelegenheit nicht benußt worden ille A aus guten Gründen, aber für mi steht die Thatsache fest, fie ist niht benußt worden. :

“Nun kann ich mi endlich für den Eindruck, den wir aus diesen Diskussionen gewonnen hatten, noch berufen auf dasjenige, was der Hr. Abgeordnete für Frankfurt gestern gesagt hat. Gleich am Ein- gang seiner Rede hat er der angenehmen Ueberraschung Ausdruck ge* geben, die er empfunden-hat, daß der von ihm längst vertretene Gé- danke einer Reichsbank inzwischen so starke Propaganda gemacht habe, und ih glaube, ih kann mi auf den Abgeordueten sür Frankfurt um so mehr in dieser Beziehung berufen, als er einmal Mitglied

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des Hauses ift, sodann vermöge seiner Stellung in der Presse beson- ders in der Lage ist, feinhörig zu sein, und dann, weil er ein Ver- theidiger der Reichsbank ist und gewiß das am liebsten hört, was seinen Intentionen entspriht. So war also für unsere Auffassung die Lage dem Reichstag gegenüber.

Der Bundesrath hatte, als er das Reichskanzler-Amt mit der Ausarbeitung eines Geseßentwurfes beauftragte, gur feine Direfkftiven gegeben. Das {loß natürlich niht aus, daß die einzelnen Regie- rungen, wenn sie dazu Veranlassung fanden, dem_Reichskanzler-Amt zu erkennen geben fonnten, in diesem oder jenem Sinne wünschten sie die Sache geordnet zu sehen. Dergleichen Mittheilungen find mir niht geworden. Es ist zuerst die Frage der Reichsbank zur Sprache gebraht worden, als der Ihnen jeßt vorliegende Entwurf in den Aus- \hüssen des Bundesrathes berathen wurde. Jn den Ausschüssen des Bundesrathes is von einer Regierung der Antrag gestellt worden, zwar den Entwurf zu berathen, indessen gleichzeitig den Herrn Reichs- kanzler zu ersuchen, mit der preußischen Regierung über die Umwand- lung der Preußischen Bank in eine Centralbank in Verhandlung zu treten. Dieser Antrag hat in den vereinigten Ausschüssen nicht die Mehrheit gefun- den. Ich bemerke, daß in den Ausschüssen des Bundesraths bekanntli nah Personen gestimmt wird und nicht nach dem Stimmverhältniß der Reichsverfassung. Im Plenum des Bundesraths bei der Abs timmung über das Gesetz ist dieser Antrag nicht wiederholt worden. Es ist von mehreren der verbündeten Regierungen die Ansicht ausge- sprochen, daß die weitere Organisation des Bankwesens nothwendig zu einer Reichsbank führen müsse, daß eine solche weitere Entwickelung erwünscht sei, und daß fie baldmöglichst herbeizuführen sei.

Nun, meine Herren, ih habe diesen thatsächlichen Hergang hervor gehoben, um einen, wenn auch indirekten, Vorwurf abzulehnen, der uns gemacht ist, daß wir nicht vorausgesehen haben die Stimmung, die heute, wie es scheint, in der Majorität des Hauses herrsht. Es wird zuglei dieser Vorgang dazu dienen, die Vorwürfe auf ihren Werth zurückzuführen, welche in der vorigen Diskussion auch der preu- ßishen Regierung gemacht sind deshalb, weil fie ihrerseits dies nicht vorausgesehen hat. Ich will dabei nur noch beiläufig bemerken, daß, wenn der Herk Abgeordnete für Oels vorhin hervorgehoben hat, er glaube dem preußischen Finanz-Minister etwas Partikularismus vor- werfen zu können, weil er niht die Preußische Bank aus der Hand geben wollte, dabei wohl übersehen ist, daß der preußische Herr Finanz- Minister niht Chef der Preußischen Bank ift.

Nun will ich nur noch einen Punkt hervorheben, der gestern und heute in der Diskussion erwähnt ist, und der ein fahliher Punkt ift. Es ist das die Stellung, die der bayerischen Regierung in unserm Entwurfe gegeben ist. Es ist behauptet, daß die Ausführung einer Reichsbank ganz ungemein erschwert werden würde, wenn die der Bayerischen Bank jeßt zustehende Notenemissionsbefugniß erweitert würde, d. h, wenn die Königlich bayerische Regierung in die Lage käme, fie zu erwcitern. Jh muß bekennen, meine elten, daß ich hierin irgend eine Erschwerung der usfüls rung einer Reichsbank - nicht erkennen kann. Wir können ja und darin ist vielleicht ein großer Theil des Hauses mit mir einig wir können ja beflagen, daß wir so schr viele einzelner Banken haben, wir können wünschen, wiz hätten jehr viel weniger, aber, meine Herren, eine Ecschwerung der Regulirung darin zu finden, daß einer Bauk oder zwei Banken, ih weiß es nicht, im Königreich Bayern die Befugniß gegeben wird, 30 Millionen ungedeckter Noten ausgeben zu dürfen neben den 300 Millionen ungedeckter Noten, die der Entwurf vorsieht darin, meine Herren, kann ich in der That eine Ershwerung der Sache nah keiner Seite hin finden, Es ist das, was wir für Bayern vorgeschlagen haben, nichts als cin Gebot der ausgleichenden Gerechtigkeit. Nun ift die Summe, die für Bayern in Ausficht genommen is, von dem Herrn Abgeordneten für Meiningen gestern angefochten worden, weil sie auf dem mechanischen Wege des Bevölkerungsverhältnisses ermittelt sei. Ich erkenne an, daß dieser Maßstab durchaus anfechtbar ist; wenn aber einmal eine Ausgleichung Bayern gegenüber eintreten sollte, so frägt es sich vor allen Dingen do, welch anderen Maßstab hat man, und da glaube ich, ist der Maßstab, den wir gewählt haben, doch nit ganz unrich- tig; ih glaube, es ist nicht ganz unrichtig, wenn man annimmt, daß Bayern in den hier entscheidenden Beziehungen den großen Durch- {nitt der Verhältnisse in Deutschland repräsentirt: ayern hat entshieden rein ackerbautreibende Gegenden , gerade so wie Norddeutschland, auch hat Bayern eine sehr eminent ent- wickelte Industrie in verschiedenen Gegenden, wie sie das andere Deutschland auch hat, und Bayern hat endlich in feiner linksrheini- {en Provinz ein Land, wo die Industrie zwar uit in der höchsten Potenz entwickelt is, wo aber im Uebrigen die Verkehrsverhältnisse, der Wohlstand der Bevölkerung, wie ih glaube, erheblih über dem Durchschnitte im übrigen Deutschland stehen. Wenn wir aus diesen Momenten dahin gekommen sind, das Bevölkerungsverhältniß zum Maßstab zu nehmen, so wiederhole ih, ih erkenne an, das kann ih zwar nicht zifffermäßig nachweisen, daß das Bevölkerungsverhältniß der richtige Maßstab ist, aber ih glaube, es wird hier ebensowenig ein anderer Maßstab bezeichnet werden können, welcher richtiger ist.

Hierauf \prach der Abg. von Unruh ebenfalls für eine Reichsbank, worauf der Bundesbevollmächtigte , Vize - Präsident des Staats - Ministeriums, Finanz - Minister Camphausen das Wort ergriff : /

Meine Herren! Es giebt ein Glement, was, wie ih glaube, der Annahme des Gesehentwurfs in Kreisen außerhalb dieses Hauses die größte Schwierigkeit bereitet, und das in der Diskussion noh_ nicht nach allen Seiten erwogen worden ist, Fürchten Sie nicht, daß ih in diesem Augenblicke, wo Sie zum Schlusse f gelangen wünschen, mich noch auf eine theoretische Erörterung einla

überhaupt im Ganzen und Großen demjenigen, was ich vorgestern

zu Ihnen spra, nichts hinzuzuseßen; aber ih wünsche über die

sogenannte indirekte Kontingentirung doch noch ein Wort zu sagen,

namentli veranlaßt durch die Besorgnisse, die der geehrte Herr Vor-

redner an diese Maßregel geknüpft hat.

Soll ih den Vorschlag, den Ihnen die verbündeten Regierungen f

gemacht haben, in dieser Beziehung in ein kurzes Wort zusammen- fassen, so würde ih sagen, meine Herren, der Vorschlag der Regie- rung bezweckt, dem deutschen Vaterland die großen Vortheile zu sichern, welche die Peels-Akte England gebracht hat; er beabsichtigt zuglei, das deutsche Vaterland vor den überaus großen Nachtheilen zu be- wahren, welche die Peel-Akte ebenfalls gebracht hat. Diese über- aus großen Nachtheile liegen in den Zeitpunkten der gefähr- lichen Krisen, der großen Zuckungen, sie liegen in den Zeit- punkten, wo darin stimme ich auf das vollständigste mit dem Herrn Abgeordneten für Bingen überein die einzelnen Banken erst zigen müssen, was sie sind. Was thut nun der Ge- seßesvorshlag in dieser Beziehung ? Er hat eine Zahl gegriffen man mag ja über die Proe dieser Zahl streiten können, man mag ja dabet vollständig übersehen, wie sehr unsere Verhältnisse dur die Einzie-

hung dec kleinen Notenappoints einer Umgestaltung entgegengehen; F

hätten wir den 1. Januar 1876 hinter uns, fo würde das Jedermann erkennen, vor dem 1. Januar 1876 werden es vielleiht nur die Kun- digen vollständig überschauen, was der Artikel 18 des Münzgesetzes für eine Bedeutung entwickeln wird. Nun, meine Herren, lasen wir die Zahl alto in Ruhe, nehmen wir an, darüber wäre noch zu disfuliren, so sagt der Gesehentwurf: hier ist die Grenze ge- kommen, wo wir der beliebigen Fabrifation von Geldzeichen, die 4vie Geld umherlaufen, ein Ziel setzen, das ist die Grenze. Der Verkehr mag si frei bewegen, er mag eine Richtung aunehmen, wie es den Bedürfnissen entspricht, er soll sich aßer darauf einrihten, innerhalb

einer gewissen Grenze zu hantiren. Das war vex Gedanke, der eine F

Gedanke, welcher der Pcels-Akte zu Grunde lag, und wo nur Theo- retiker verkennen können, welche unendlihen Vortheile dem englischen Kreditwesen diese Bestimmung gebracht hat. /

Unser Vorschlag in Bezug auf die 5prozentige Steuer was heißt der eigentlich?. Woher stammen die 5 Prozent? Meine Hexren, die 5 Prozent bedeuten nichts, als wie den Zinsfuß, zu dem man in regulären Zeiten sich das Kapital t Da kann; sie bedeuten nichts als wie, wir verleiden den Banken das Handwerk, daß fie künstliche

sen möchte; ih habe

Kreditmittel in Bewegung seßen, die ibnen nichts kosten und wir führen sie darauf hin, daß bei Annäherung an jene Grenze sie eben ihrerseits das Geld bezahlen müssen, was alle Andern für den Genuß des Geldes auch bezahlen müssen. Wir wirken also darauf hin, daß die Banken selbst fich bemühen, Geld an fich zu ziehen, daß fie fich bemühen, niht zum leichten Auskunftsmittel der Notenfabrikation zu greifen. Die Möglichkeit, zu diesem Aus- kunftsmittel stets greifen zu können, bat felbst eine so solid verwal- tete Bank, wie die Preußische Hauptbank, wie ih glaube, in große Frrthümer geführt; sie hat, wie ih glaube, dahin geführt, daß die Masse der ungedeckten Noten von Jahr zu Jahr in ihrem Umfange gestiegen ist. Wenn wir nun stait der aae Schranke, die cine starre Grenze gezogen hat, eine unüber- teigbare Grenze oder nur durch einen Gewaltschritt übersteigbare Grenze, statt dessen diesen Saß auêgesprohen haben mit der foge- nannten fünfprozentigen Steuer, meine Herren, was ist die Folge? Dann ift die Folge, daß bei großen geschäftlichen Krisen nicht die ganze Welt den Kopf zusammenstecken muß: „Gleich kommt der Augenblick, da ist baar Geld für keinen Preis mehr zu haben.“ Jeder muß die Summen sich beschaffen, muß einen viel größeren Vorrath hiulegen, als er an sich nöthig hätte, wenn er nicht von dieser alles überwältigenden Besorgniß gepeinigt würde; er muß Besißthümer los\lagen zu geringerem Preis, um verhältnißmäßig niedrigen Preis, um sich ja nicht der Gefahr auszuseßen, die für kaufmännische Ge- {äfte beispielsweise Alles ist, Ehre und Reputation verlieren zu müssen, seine Verpflichtungen nicht erfüllen zu können.

Was sagt nun unser Vorschlag? Unser Vorschlag sagt: nein! Wenn eine jolche Zeit kommt, anstatt die Ausgabe von Noten un- möglich zu machen, anstatt das Uebel zu erhöhen und zu ver- \{limmern, dann lassen wir die Elastizitat der Noten ihre Wirkung thun, dann ift das Institut da, das in einem solGen Augen- blie, wo die ganze Welt sich trostlos ansehen würde, mit seinem Kredit, mit feinen Geldzeichen hervortritt, witkfam sein fann und was dann die Gefahr beschwört. Nach unserem Vorschlag, meine Herren, da treten wir nicht in die Situation, wo ein fremder, außerhalb stehender Wille eingreifen und die \ckwere Verantwortlichkeit übernehmen muß, was, beiläufig bemerkt, ich bei der Orgauisation der Reichsbehörden für wahrhaft unmöglich halten würde; nah unserem Vorschlage treten wir nicht in eine solche Si- tuation, indem der Gesetzentwurf selbs mit gehöriger Vorsicht au diese Momente vorgeschen. Ich, meine Herren, würde einem Bank- geseß, was eine Bestimmung wie die Peels-Akte enthielte, meine Zu- stimmung niemals geben; ich würde die außerordentlichen Gefahren, die England zu bestehen hatte dreimal in großen, {weren Zuungen, in unserem Lande nicht heraufbeschwören mögen; dagegen von biesem Vorschlag, der die Elastizität der Noten wahrt, ihre Wirksamkeit in dem Augenblicke, wo sie am meisten Bedürfniß geworden ift, sichert, behaupte i, daß er nicht allein uns zum Segen gereichen wird, son- E daß er das Bankwesen in Europa vor und nach umgestal- en wird.

Es wird nun die Besorgniß geäußert: kommen die Banken nit dazu, auf einmal von 3 bis 4% Diskonto, die fie genommen haben, mit einem gewaltigen Sprunge auf 8% Diskonto steigen zu müssen ?

_ Meine Herren! Das Verhäliniß wird nie eintreten, fann nie eintreten, d. h. wenn die Bankvyerwaltungen nachher noch einigermaßen ihre Aufgabe richtig würdigen werden. Wenn sie ihre Aufgabe richtig würdigen, so müssen fie sih für den gewöhnlichen Verkehr so ein- richten, daß die ihnen dur die einprozentige Steuer gezogene Grenze nicht leiht erreicht wird, daß dafür gesorgt wird, wie fie in gewöhnlichen ruhigen Zeiten innerhalb dieser Grenze sich zu bewegen haben, sie werden auch innerhalb dieser Grenze den ODiskontojaß nicht auf 3 und 4% zu balten, fie werden ihn auf 4, 5 und auf 6 Prozent, je nah Umständen, zu bringen haben, und wenn nun solhe Krisen, wie i fie eben erwähnt habe, einireten sollten, dann spielt die Höhe des Diskonts im Geschäfts- verkehr gar keine Rolle mehr. Dann ist es ganz gleichgültig, ob es fich um 1 oder 2 Prozente mehr handelt, dann kommt es darauf an, gerade dur die Höhe des Diskonts das Metallgeld von allen Seiten anzuziehen und die drohende oder eingetretene Krifis zu brechen.

Nun, meine Herren, es ist, nahdem ih neulich gesprochen habe, noch von mehreren Seiten auf die Frage, Reichêbank oder nicht, ein- gegangen worden. Ich werde über diese Frage im Allgemeinen kein Wort mehr verlieren, ich will nur noch Hrn. Abg. v. Kardorff be- ruhigen, der da anerkannt hat, daß die Besorgniß wegen des Parti- fularismus bei ihm doch in Bezug auf meine Person vor und nach geschwunden sei, und der nur noch einen dunklen Punkt am Horizont erblickte. Das war die Frage, ob der preußische Finanz - Minister wohl die Bank wolle unter die Kontrole des Deutschen Reiches ge- langen lassen. :

__ Nun, meine Herren, seit mehr als cinem halben Jahre vergeht kein Tag, wo ih mich nicht mit der Bankfrcage beschäftigt hâite, mehr oder weniger. Meine Gedanken habe ich dieser Frage nah allen Richtungen zugewendet, und ich hoffe, daß, wenn ih vor Ihnen das Wort ergreife, Sie mir vielleicht das zugestehen werden, daß Derjenige, der zu Ihnen spricht, nicht mit der Materie ganz unbekannt geblieben sei. Aber, meine Herren, niemals in dieser Zeit haben sich meine Gedanken damit befaßt, ob es für uns ein Interesse haben könnte, die Kontrole über die Preußische Bauk in unserem Staate in Reichshänden zu sehen. Jn der Be- ziehung gebe ich Ihnen plein pouvoir, wie Sie es irgend haben wollen. Es ist ein großer Jrrthum, wenn überhaupt geglaubt wird, daß ein Institut, wie die Preußische Bank, wesentlich von der Regierung ab- hängig fei. Es giebt ja in unserer Bankeinrichtung einen bestimmten Kreis, wo der Chef der Bank getoisse Attributionen befißt und wahr- zunehmen hat. Der Chef der Bank, meine Herren, in Preußen ist zur Zeit Hr. Minister Achenbach. Jch bin niemals Chef der Bank gewesen, und ih habe eine direkte Einwirkung auf die Preußische Bank nie gehabt, und wenn es sih handelt von der Einwirkung des Finanz-Ministers, nun, meine Herren, dann weiß ich fehr wohl mi zu eriunern, wie es nicht blos der preußische Generalstab war, der die Verhältaisse der Bank verbessert hat in kritischen Zeiten, jondern daß es auch der preußische Staatsschaß war, den der Finanz-Minister immer bereitwillig geöffnet und gerade der Bank in dem Augenkblicke zugeführt hat, wo fie des baaren Geldes am meisten bedurfte. Wie Sie auch “über die Frage der Reichsbank entscheiden mögen, diefe Sorge, die der Herr Abgeordnete von Kardorff geäußert hat, möge Sie nicht dabei beunruhigen.

Statistische Nachrichten.

Nach den Aufstellungen des statistishen Bureaus in München fönnen wir über die Bewegung der Bevölkerung im König- reich Bayern für das Jahr 1873 folgende Angaben machen:

Die Zahl der Eheschließungen belief fich auf 48,924. Geboren wurden 208,771 Kinder und zwar 107,859 oder 51,7 % männlichen und 100,912 oder 48,3 % weiblihen Geshlehts; es befanden fich darunter 6980 Todtgeborene oder 3,3 %. Bei den Knaben waren Todtgebuxten häufiger als bei den Mädchen; unter den Geborenen männlichen Geschlehts befanden sich 3943 oder 3,7 % todtgeborene, unter den Geborenen weiblichen Geschlechts aber nur 3037 oder 3,0 %, Unter den im Jahre 1873 überhaupt Geborenen befanden sih 28,048 oder 13,9 % uneheliche Kinder. Die Zahl der im Jahre 1873 Gestorbenen einshließlich der Todtgeborenen war 162,749 und entfallen hiervon 85,013 oder 52,2 % auf das männliche und 77,736 oder 47,8 % auf das weibliche Geschlecht. Zieht man die Zahl der Gestorbenen von ‘der der Geborenen ab, so ergiebt sich für 1873 ein natürlicher Zuwachs der Bevölkerung um 46,022 Köpfe. Die Zahl der im Jahre 1873 in Bayern an Angehörige eines anderen Bundesstaats ertheilten Aufnahmeurkunden war 279, welche sih auf 444 Personen (324 männ- liche und 120 weibliche) erstreckten; von diesen gehörten namentlich an: Preußen 83, Sachsen 11, Württemberg 152, Baden 65, Hessen 74, Medcklenburg-Schwerin 1, Sachsen-Weimar 1, Sachsen-Meiningen 16, Sachsen-Coburg-Gotha 18, Anhalt 1, Reuß j. L, 6, Schaumburg-

Lippe 2 und Elsaß-Lothringen 13. Die Zahl der im Jahre 1873 cë- theilten Naturalisationsufunden war 112, und zwar fir 189 Pec- sonen (138 männliche und 51 weibliche.) Hierbei fommt namentlich die Naturalisation von 129 Personen, die bisher in Desterreich-Ungarn ftaats- angehöôrig waren, in Betracht, während sich der Rest namentlich auf die Vereinigten Staaten von Amerika (31 Pers.), Schweiz, Rußland, Jtalien, Frankreich und Belgien vertheilt. Die Zahlt dec Entlassungs- urkunden aus dem bayerischen Staatsöverbande, welche im Jahre 1873 ertheilt wurden, belief sich auf 1810 und erstreckten \ih dieselben im Ganzen _auf 2777 Personen (2056 männliche und 2777 weibliche). Von diesen beabsichtigten 282 nah anderen deutschen Bundesstaaten (davon 177 nach Preußen) und 2495 nach auswärtigen Staaten (2284 nah den Vereinigten Staaten, 120 nah Desterreich-Ungarn, 32 nach der Schweiz, 25 nach Eugland, 10 nach Brasilien, 8 nach Südamerika, die übrigen nah Frankreich, den Niederlanden, Schweten und Ostindien) auszuwandern.

Die Mittheilungen der Großherzoglich Hessischen Centralstelle für die Landesftatistik Nr. 133 ilen zur Darmstädter Zeitung) (für Oktober) hat folgenden Jnhalt : Erwer- bung und Verlust der Staatsangehörigkeit im Großherzogthum Hessen durch Aufnahme, Naturalisation und Entlassung (Ein- und Auswan- derung) im Jahr 1872. Meteorologishe Beobachtungen vom Sep- tember 1874. Obstertrag im Großherzogthum Hessen im Jahre 1873. Sterbefälle und Todesursachen im September 1874.

Einem kürzlih erschienenen Buche: „Frankreich und Rom“ von T. Jung (Paris, bei Charpentier) entnehmen wir über den Stand des Klerus und der geistlihen Geuojsenshaften in Frank- reich folgende Statistik, die zwar vom Jahre 1861 datirt, seit wel- cher Zeit der Klerikalismus in Franfreih noch bedeutende Fortschritte gemacht hat, aber darum nicht minder, als auf amtlichen Quellen beruhend, Beachtung verdient: Es gab im Jahre 1861 in Frankrei 26 Erzbischöfe und Bischöfe, 189 Generalvikare, 711 Kanonici, 3517 Pfarrer, 30,190 fonstige firhlihe Beamte; rechnct man dazu noch die Kapläne, Vikare, die mit Bischofsrang bekleideten Kanonici, fo gelangt man zu der Ziffer von 53,997. Direkt oder indirekt lebten vom geistlihen Berufe damals in Frankreich 79,584 Personen männ- lichen und 124,893 Persouen weibliheu Geschlechts. Die Zahl der männlichen Orden belief fi auf 86 mit 2158 Anstalten und einem Personal von 16,815 Jndividuen, die der weiblichen Orden auf 279 mit 12,239 Mutterhäusern oder Succursalen und einem Personal von 88,091 Frauen. Im Ganzen gab es also 104,906 Ordensgeistliche d, i. über 60 C00 mehr denn Geistliche.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

An der neubegründeten Trau Fo sephoe ute gee zu Agram sind bis jeßt 270 Hörer inskcibirt. Hiervon entfallen auf die juridiscbe Fakultät 160 ordentlicce und 7 außerordentliche, zusammen 167 Hörer, auf die philosophishe Fakultät 18 ordentliche und 4 außerordentliche, zusammen 22 Hörer, endlich auf die theologische Safultät 7 ordentliche und 74 außerordentliche, zusammen 81 Hörer.

_— Die Königliche Gef ellschaft zur Förderung der Wissenschaft (Royal Society) in London hat ihre Copley- Medaille dem Professor Louis Pasteur in Paris für seine For- hungen über Gährung und Gebräue, ihre Rumford-Medaille dem Astro- nomen Hrn. I. Norman Lotckyer für seine spektroskopischen Sonnen- forshungen, sowie eine Königliche Medaille dem Professor Willia m- fon vom Owens College Manchester, für seine Beiträge zur Zoolo- gie und Palaeontologie, und insbesondere für seine Untersuchungen der Struktur fossiler Pflanzen zuerkannt.

__— Die Kathedrale von Sevilla ift, wie telegraphisch gemeldet wird, ihres {önsten Shmudckes, des Bildes des heil. Antonius von Murillo, beraubt worden. Die spanische Regierung hat so- fort ihre Agenten im Auslande beauftragt, vor dem Ankauf des Bildes zu warnen. Der Raub scheint von kundiger Hand ausgeführt zu sein, denn aus dem großen Altarbilde ist nur dasjenige Stück aus- geschnitten, auf welchem der Heiland knieend in betender Haltung Dar- gestellt ist, ohne daß die Nebengegenstände auf dem Bilde beschädigt worden sind. Der Dieb muß sich zur Ausführunyg seiner That einer Leiter bedient haben, da das große Bild hoh über dem Altare hängt. Auffälligerweise sind die Gitter, Riegel und Schlösser unversehrt ge- blieben, und es ist räthselhaft, wie der Raub hat ausgeführt werden können, da sih des Nachts stets ein Kaplan, zwei Wärter und zwei große Hunde in der Kirche eingeschlossen befinden. Der Werth des Murille’schen Meisterwerks, welches auf mehr als eine Million Thaler geschäßt wird, ist völlig vernichtet.

Ueber die Arbeiten der wissenschaftlichen Expedition an den Amu-Darja wird dem „Russ. Inv." geschrieben: Während der Fahrt des Dampfers „Perowski" von Nukus \stromanfwärts nach Petro-Alexandrowsk, welhe durch die bedeutende Beränderung des Fabrwassers seit dem vergangenen Jahre eine Verzögerung erlitt, wurden an fünf Stellen Bestimmungen des Querprofils und der Schnelligkeit des Stromes ausgeführt, Bei der Exlursion, welche Oberst Sstoletow mit dem Kapitän-Lieutenant Subow und dem englishen Major Wood auf Kähnen unternahm, gelangten dieselben von Petro - Alexandrowêk stromaufwärts bis zum Orte Tuja-bujun (oberhalb der Stadt Pitnjak und aller

‘vom Amu sih abzweigenden Kanäle) und bestimmten auch dort

die Querprofile und die Schnelligkeit des Laufes. Ju All- gemeinen bietet nah der Ansicht des Obersten Sstoletow das Be- euren des Amu-Darja von Nukus aufwärts auf einem widerstands- fähigen Dampfer keine sonderlihen Schwierigkeiten, es sei denn die häufige Veränderlichkeit des Fahrwassers, obgleich auch dieser Miß- stand mit Hülfe der einheimishin Fischer als Lootsen zu bewältigen ist. Was die Tiefe des Fahrwassers betrifft, so ist dieselbe überall ausreichend, nnd wird die Schiffahrt aud noch dadurch wesentlich erleichtert, daß nirgend Steine unter dem Wasser vorhanden sind und die Beschaffenheit der User fast überall ein unmittelbares Anlegen ohne vorherigen Bau von Landungsbrücken, gestattet. i

Am 16. August trat der Dampfer „Perowski“ seine Rundreise von Petro-Alexandrowsk nah Nukus an, wo er am 21. August an- langte. Wegen des rapiden Laufes des Flusses und des noch_nicht hinlänglich bekannten Charakters seines Fahrwassers war das Schiff genöthigt, unter Dampf zu gehen, anstatt sich vom Strome treiben zu lassen, wie anfänglich beabsichtigt war. A 2

Nach den Unterjuhungen, welche vom Kapitän-Lieutenant Subow und dem Seconde-Lieutenant Schebaschew auf Kähnen in den Armen Tilla-bai und Ischan, sowie im Kuwansch-dsharm, in den Dau-Ka- rinshen Seen und im Jany-su ausgeführt worden, erhielt der Dampfer „Perowski* Ordre zur Rückehr nah Kasalinsk, wobei die auf demselben befindlichen Mitglieder der Expedition nach dem Fallen des Wassers nochmals den Weg, auf welchem der Dampfer aus dem Aral-See in den Amu-Darja gelangt war, und die Bucht Tuschtschebas untersuchen sollten.

Nach BeendigunF des Nivellements_ zwishen den Ansiedeluugen Nukus und Tschimbai begaben sih Oberst Sstoletow, Major Wood und Lieutenant Rodionow vom Telegraphen-Corps am 7. September nach Irkibai, revidirten daselbst die zwischen Klytsch-kala und Irkibai auëgeführten Nivellirungsarbeiten und s{hlugen dann weiter die nord- östliche Richtung nah dem Punkte ein, wo fich der Kanal Kara-bai vom Flusse Kuwan-Darja abzweigt, und von hier wurden dann wie- der zwei Nivellirungspartien in verschiedenen Richtungen abgesandt. Am 28. September waren alle Nivellirungsarbeiten zu Ende geführt, die Querprofile und die Schnelligkeit des Laufes des Kuwan-Darja und des Kanals Kitkansu bestimmt und außer den Abrissen in den Nivellirungsjournalen die Marschroutenaufnahme des ganzen Weges von Dau-kara bis Perowsk ausgeführt. en Aufenthalt in Perowsk und Kasalinsk benußten die Mitglieder der Expedition endlich zum Ordnen des gewonnenen Materials. Gegenwärtig hat nun der größte Theil der Expedition Turkestan bereits verlassen, und sieht man dem Eintreffen des Obersten Sstoletow in St, Petersburg demnächst ent-

| gegen.

Professor Thalén in Upsala hat für seiné Methode, dur ae A IESEORNEN Es zu untersuchen , als, “js fennung vo.? der Repräsentantschaft des sog. y Cisencontoirs" ein Ge- schenk von 4000 Kronen erhalten, E toirs" ein Ge

Land- und Forftwirt&(%«c-,

Wrg

Dem jeßt veröffentlichten Jahrcsberiht des Großherzogli Badischen Handels8-Ministeriums über feinen Geschäftsfreis oes Jahr 1873 (Karlsruhe, G. Braunsche Hofbuchhandlung 1874) eut- nehmen wir über die landwirthshaftlichen Zustände des Großherzogthums Baden folgende wichtigere Angaben:

__ Das landwirthscaftlich benußte Areal umfaßte im Jahre 1873 eine Fläh2 von 793,392 Hektaren und zwac: 514,818 H. bestelltes Ackerfeld, 30,916 H. brachliegendes Ackerfeld, 172,279 H. Wiesen, 20,275 H. Rebland, 12,885 H. Gras- und Obstgärten, 898 H. Kaä- stanieawald und 41,321 H. ständige Weide. Von den als Ackerfeld benußten Flächen waren bestellt: mit Wintergetreide 172,706 H.. mit Sommergetreide 124,053 H , mit sonstigen Mehl- und Hülsenfrüchten 6822 H., mit Knollengewächfen 80,674 H.,, mit Wurzelgewächsen 25,467 H., mit Futtergewächsen 77,240 H., mit Handels8gewächien 27,956 H. Die Ernteerträge waren im Durchschnitt der Jahre 1865 bis - 73 folgende: Wintergetreide 3,962,466 Ctr., Sommergetreide 2,680,514 Ctr., sonstige Mahl- und Hülsenfrüchte 156,090 Ctr., Knol- lengewächse 11,860,207 Ctr., Wurzelgewächse 15,020,550 Ctr., Futter- gewäcse 21,107,124 .Ctr., Stroh 10,592,543 Ctr“ Von den Haudels- gewächsen sind füc Baden Tabak und Hopfen von besonderer Be- deutung. _ Dem Anbau des ersteren waren im Durchschnitt für 1865—73: 7837 Heftare gewidmet, deren jährlicher Ertrag auf 251,646 Ctr. angegeben wird; im Jahre 1873 betrug die bebaute Fläche 8956 H., der Ertrag 296,921 Ctr., deren Werth auf 35 Millionen Gulden ges{äßt wird. Mit Hopfen war:n im Durch- schnitt 1865/73 17,10 H. bestellt, welche 32,573 Ctr. lieferten. Der Gecfammtwerth der 1873er Hopfenernte (38,142 Ctr.) wird auf 2,300,070 Fl. veranschlagt. Die mit Wein bebaute Fläche betrug im Ducchschnitt für 1865/73: 19,268 H. mit einem Ertrage von 318,205 Ohm oder 16,5 Ohm pro H. Der siebensährige Durchschnitts- ertrag des Obstbaues von 1866—72 war: 1,247,688 Sester 15 Liter) Aepfel, 661,783 Sest. Birnen, 561,830 Seft. Zwetshen und Pflaumen, 132,159 Ctr. Kirschen, 204,693 Sest. Nüsse und 12,482 Sest. Kastanien. Der Viehstand betrug nah der Zählung vom 3. Dezember 1873 70,220 Pferde (1562 Hengste, 30,983 Stuten, 30,856 Wallachen, 7019 Fohlen unter 4 Jahren), 680,405 Stück Rindvieh (5170 Zuchtftiere, 376,821 Kühe, 68,094 Ochsen, 166,132 Stück Jung- Zehe 44,188 Kälber), 170,556 Schafe, 371,389 Schweine und 79,286 iegen.

Jn Betreff des landwirths{aftlichen Unterricht8wesens ift zu be= merken, daß seit dem Jahre 1872 an der Universität Heidelberg zwei Lehrstühle für Landwirthschaft errichtet find. Außerdem bcfanden fich im Großherzogthum im Jahre 1873 folgende Anstalten für die all- gemeine Ausbildung junger Landwirthe: die Ackerbauschule Hochburg (Schülerzahl 1870/74: 37), die landwirthschaftliche Gartenbauschule Karlsruhe (Schülerzahl 1873: 21), 11 landwirthschaftliche Winter- schulen (1873/74: zusammen 159 Schüler), und die Kreisanstalt in Hagen. Für spezielle Zwecke des landwirthschaftlicen Betriebes dien- ten: die Obstbauschule in Karlsruhe (durchs{nittlich von 18 Schülern jährlich besucht), der Obstbaukurs in Karlsruhe für Perfonen reiferen Alters (1873 von 11 Personen besucht), die Wiesenbauschule in Offen- burg (1873/74 18 Schüler), die Hufbeschlagschule in Karlêruhe. Der langwirthschaftlihe Verein für das Großherzogthum Baden gliederte sich am Schlusse des Jahres 1873 in 69 Bezirksvereine, welche zu 14 Gaubänden verbunden waren, und ählte Anfang 1874: 14,405 Mitglieder. Die Leitung der gemeinschaftlichen Angelegen- heiten ist der vom Verein gewählten Gentralstelle übertragen. Im I. 1873 ist, wie seit mehreren Jahren, dem Nerein eine Staats9- Dotation von 13,000 Fl. gewährt. Außerdem bestehen zur Förde=- rung landwirthscaftlicher Zwecke noch: der Wanderverein badischer Landwirthe und Gutsbesißer, der badishe Gartenbauverein (857 Mits-

lieder), der badishe Rennverein in Mannheim, der badische Verein ür Geflügelzuht (423 Mitglieder) und der badische . Verein für Bienenzucht (1148 Mitgl.)

Gewerbe und Sandel.

Die Herren A. u. C. Kaufmann in Berlin W. (Kaiser- galerie 37) haben seit circa 2 Jahren in Deutschland Gardinen aus Japanischem Stoffpapier eingeführt. Als Rohmaterialien für die Herstellung dieses überaus zähen, dba zerreißbaren Filzes jollen pflanzliche und thierishe Faserstoffe zur Verwendung {gelangen, welche, nah ihrer Verrottung zwischen Walzen zerkleinert und nah der Bleiche mit verschiedenen Chemikalien behandelt, auf cine Papier- maschine gebraht werden. Jhr Erzeugniß ist die filzige, folide Masse, welche, geförbt, mit Mustern bedeckt und mit einer eigenthümlichen, die Textur der Gewebe täuschend nahahmenden Pressung versehen, zux Anfertigung von Gardinen, Lambrequins, Portièren und jeder anderen Art von Vorhängen geeignet ist. Dieses Stoffpapier ist nur mit Anstrengung zerreißbaï, leidet weder durch Staub noch dur Rauch, hält in der Farbe vor der Sonne Stand und wird durch die Einwir- fungen feuhter Luft nur immer s{chmiegsamer. Das eigenthümliche Material ermöglicht weiche und runde Falten, von Schönheit in Zeich- nung und Farbe und in Mustern, welche das Papier wirklichem Seiden-, Wollen- oder Baumwollenstof} täuschend ähnlih erscheinen lassen. Die genannte Firma erleichtert die Benußung dex neuen Er- findung durch die Möglichkeit, bei gegebenen Cf die Vorhänge 2c. schon genäht, gefüttert und garnirt, also zum Authängen fertig zu be- ziehen. Dabei find die Gardinen wohlfeil (pro Fenster gefüttert von 22 Thlr. an) und auch zum Tapezieren und zu faltiger Bespannung der Plafonds geeignet. :

Aus dem Geschäftsbericht, welcher in der am 14. November abgehaltenen Generalversammlung der Hagener Gußstahlwerke vorgetragen wurde, entnehmen wir: Das Gewinn- und Verlust-Konto erzielten nach Abzug sämmtlicher Betriebsauêtgaben, Steuern, Provi- sionen, Zinsen 2c, einen Retto-Ueberschuß von 24,985 Thlr. 5 Pf., wovon auf Konto der Wiener Ausstellung 1271 Thlr. 15 Sgr. 3 Pf. Fabrikanlage und Gebäude 10,095 Thir. 24 Sgr., Maschinen 7783 Thlr. 12 Sgr. 9 Pf., Utensilien und Oefen 5078 Thlr. 27 Sgr. 9 Pf., Fuhrwerk 352 Thlr. 1 Sgr. abgeschrieben, dem Reservefonds-Konto 950 Thlr. und auf neue Rechnung 153 Thlr. 9 Sgr. 8 Pf. überschrieben wurden. Eine Dividende pro 1873/74 kommt nicht zur Vertheilung. Die Gesammtabschreibungen betragen bisher 44,163 Thlr. 22 Sgr. 6 Pf., der Reservefonds 40600 Thlr., und besteht ein Spezial-Reserve: Konto von 3000 Thlr. Von der in der Bilanz aufgeführten Hypo- thekenschuld von 130,000 Thlr. sind inzwischen 30,000 Thlr. in Folge eines der Gesellschast zustehenden Rechtes gekündigt, und ist dur Arrangement mit dem Vorbesißer ermöglicht, daß die Tilgung dieses Betrages keine anderweite pekuniäre Belastung der Gesellschaft erfor- dert, sondern leßtere in der Lage ift, den genannten Betrag voll zur Abschreibung zu verwenden. : N ; S

Der „Economista d’Jtalia* veröffeutliht ein vom italienischen a und Ackerbau-Ministerium dem Justiz-Minister unterbreitetes

chriftstûck, das von der Geseßgebung betreffs der Handels- Gesellschaften handelt und worüber nicht nur das Gutachten des VFndustrie- und Handelsrathes d:s Königreiches, sondern auch von fünfzig inländischen Handelskammern eingeholt wurde. Diesem Schrift tüde zufolge würde die Regierung auf die Ertheilung ihrer Autori- Lilien zur Bildung einer Handels- oder Aktiengesellfchaft Verzicht. leisten, und \chlägt sie statt derselben folgende Bestimmungen vor: 1) Die sih bildende Geseklschaft muß ihr Kapital voll ge zeige: und davon zwei Zehntel {hon eingezahlt haben; 2) die persönliche Verantwortlichkeit dauert so lange, als die Aktien nicht vollständig eingezahlt wurden; 3) die Aktiengesellschaften müssen sih beim Haundels-Tribunal einschreiben lassen; 4) Bilanzen und andere Akten der Handels- und Aktiengesellschaften müssen im offiziellen Handelsblatt E werden; 5) die Lehensversiéherungsgesell- ¡haften müssen für die Verwendun.g der eingezahlten Kapitalien Garantie leisten; 6) und 7) für Nichteinhaltv.ng diesex Bevordnungea werden Pönale ausgeseßt,