1874 / 273 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Nov 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Durchlauchten dem Reichskanzler und der Fürstin von Bismarck statt.

Zu dem vorgestern Seitens des Reichskanzlers veranstalteten parlamentarishem Diner hatten einerseits der Gesammt- vorstand des Reichstags, andererseits die Spißen der Reichs- behörden Einladungen erhalten.

der Aus\chuß des Bundesrathes für Handel und Verkehr und die vereinigten Aus\hü}e für das Seewesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sißzungen.

Ein Rechtsfall gab dem Ober-Tribunal Veranlassung zu zwei prinzipiell sehr wichtigen strafrechtlichen Entscheidungen, in denen die Geundsäte ausgesprochen find : 1) Völlige Trun kenheit des Thäters \{chließt das Vor- handensein einer strafbaren Handlung aus. Dieser Zustand fann nur durch die Angabe bestimmter dafür \prechender That- sahen und ihre Feststellung, niht aber durch Berufung auf Zeugen, welche \{chlechtweg das Vorhandensein der Trunkenheit bezeugen, gerichtlih bewiesen werden. 2) Bei gemeinen Bes leidigungen gewährt der Anreiz nur dann einen speziellen Strafaus\chließungsgrund, wenn derselbe fich durch die sofortige Erwiderung eine Beleidigung gegen den Beleidiger sfich äußert, bei Majeftätsbeleidigungen* hingegen kommt der Anreiz rechtlih gar nicht in Betracht.

Das Eingreifen eines Polizeibeamten in einen privatrechtlihen Streit, das weder von Amtswegen noch zum Zwecke der Aufrehthaltung der öffentlichen Ordnung, noch zum nothwendigen Schuz des Eigenthums oder der Person erfolgt —, fällt nicht unter den Begriff der rechtmäßigen Ausübung eines Amtes und der Widerstand gegen einen fsolchen Beamten ist demnach nicht nach der Bestimmung des §8. 113 des Str. G. B. zu bestrafen. Dieser vom Ober-Tribunal in der Sizung vom 9. Oftober cr. gefällten Entscheidung liegt folgender, im Leben sih oft wiederholender Rehtsfall zu Grunde: „Dem Grundbefsizer C. wurde im Wege der Exekution eine Quantität Torf abgepfändet, welche sodann der Fleischer B. in gerichtlicher Auktion kaufte. Als nun der Käufer von dem Grundftück des C. den Torf abfahren lassen wollte, hielt Leßterer die Pferde des Käufers an, mißhandelte denselben und warf den zur Hülfe des Käufers herbeicilenden Fleisher M. in einen Graben. Am folgenden Tage begab s\ich der Käufer in Begleitung des Bür- germeisters und des Polizeiverwalters M. von! Neuem nah dem Torfgrundstücke, wobei der Bürgermeister \ein Amt als Polizeiverwalter gebrauchte, um einen Widerstand des C. gegen die Fortshaffung des Torfs von seinem Grundftück brechen zu helfen. Bei dieser Gelegenheit bedrohte C. den Bürgermeister mit Gewalt und leistete ihm hierdurch Widerstand. Auf Grund des §. 113 des Str. G. B. des Widerstandes gegen einen Bean:ten in der Ausübung seines Amtes an- geflagt, wobei die Rechtmäßigkeit dieser Ausübung da- durch motivirt wurde, daß das Einschreiten des Poslizei- Verwalters bezweckt habe, um den Käufer und dessen Leute gegen kriminell strafbare Aus\chreitungen des Angeklagten zu {hüten murde C. in allen Instanzen mit der oben erwähnten Moti- virung freigesprochen. Wenngleih die Polizei, führt das Ober- Zribunals-Erkenntniß unter Anderem aus, zum Schutze des Be- fißers unter den geseßlih festgestellten Vorausseßungen berufen sein kann, so ift doch das Vorhandendensein dieser Voraus- seßzungen im vorliegenden Falle thatsählich verneint und davon ausgegangen, daß au der angegriffene Beamte ihr Vorhanden- \cin niht angenommen habe. Es fann aber auch von einem Schutze des Besitzers im vorliegenden Falle überhaupt nicht die Rede sein, weil festgestellt ist, daß der Käufer sich noch gar nicht im Besigze des verkauften Torfs befunden hat, denselben vielmehr erft erlangen wollte. Der Anspruch auf Uebergabe des Torfs gehört nah der thatsählihen Lage des Falles aus\{ließlich zur Kompetenz des Civilrichters.

Die in dem Gebäudesteuergeseze vom 21. Mai 1861 angedrohte Strafe der unterlassenen Anmeldung zur Ge- bäudesteuer trifft nah einem Erkenntniß des Ober- Tribunals vom 23. Oktober cr. nur denjenigen, welcher in dem Augenblicke, als die Anmeldungs frift ablief, Eigenthümer oder Nugznießer des Grundftütckes war. Der Milchpächter L. hatte ein Grundftück am 1. Januar 1872 hierselbst gekauft, dessen Vorderwohngebäude im Jahre 1865 erbaut wurde, ohne daß der Vorbesizer diesen Neu- bau ers zur Gebäudesteuer anmeldete. In Folge die- ser unterlassenen Anmeldung wurde der Neubau vom 1. Januar 1872 ab zur Gebäudesteuer veranlagt und gleih- zeitig von der Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern in Berlin der zeitige Besißer zur Entrichtung einer Geldstrafe und zur Nachzahlung der Steuer pro 1868—1871 aufgefordert. Der Steuer-Defraudation angeklagt, wurde L. vom hiesigen Stadt- gericht freigesprohen. Die Polizei-Anwaltschaft und die Steuer- Direktion appellirten hierauf und führten in der Appellations- Rechtfertigung aus, daß der zweite Besizer gleih dem Vorbesigzer die Anmeldung der Steuer unterlassen und er erf nach der im November 1872 erfolgten Besteuerung des Gebäudes die Steuer

*entrihtet habe. Die Anmeldung des Neubaues sei demna niht rehtzeitig und überhaupt dem Gebäudesteuer-Geseß ent- sprechend erfolgt, und es komme nicht darauf an, ob die Ge- bäude erst während der Besigzzeit des Angeschuldigten errichtet worden, oder ob bereits sein Vorbesißzer zur Anmeldung verpflih- tet gewesen sei, da der Neubau bis zur erfolgten Anmeldung oder L ersteuerung als neu entstanden der Steuerbehörde gegenüber zu erahten sei. Das Kammergeriht {loß \fich jedoch dieser Aus- führung gegenüber in seinem Erkenntnisse dem Stadtgericht an, und auch die von der Steuerdirektion eingelegte Nichtigkeits- beschwerde wurde vom Ober-Tribunal zurückgewiesen, indem es ausführte: Wollte man der in der Appellationsrechtfertigkeits- und in der Nichtigkeitsbeshwerde behaupteten Auffassung folgen, „so würde man, da nur die Verabsäumung der vorgeschriebe- nen Anmeldungsfrist mit Strafe bedroht ift, denjenigen, welcjer ers nach Ablauf dieser Frist das Eigenthum oder die Nugznießung eines neu entstandenen Gebäudes erworben hat, für eine Unterlafsung verantwortlich machen müssen, deren Vermei- dung ihm geradezu unmöglich war. Denn eine besondere Anmeldungsfrist für die Besiznahfol ger des Säumigen is im Gesetz nirgends vorgeschrieben oder auch nur angedeutet worden.

Die am Todtenfeste, als am 22. November cr., statt- findende Ueberweisung der Gedächtnißtafeln für die in den Kriegen 1864, 1866 und 1870/71 Gebliebenen des Garde- Corps resp. lll. Armee-Corps an die Garnisonkirhe zu Berlin erfolgt in nahstehender Weise :

1) Der Domdtor intonirt einen Psalm mit dem „Ehre sei dem Vater“ \{ließend. 2) Die Gemeinde fingt unter Begleitung der Orgel den 1. und 2. Vers des Liedes Nr. 122 „Wer weiß,

Der Bundesrath;

propft der Armee Dr. Thielen lesen wird, folgt dem Gange der Liturgie am Todtenfeste. Als Graduale nach der Epistel wird vorschriftsmäßig der Spruch: „Selig find die Todten, die in dem Herrn sterben“, eingelegt, worauf der Chor fingt: „Ja der Geist \pricht, daß fie ruhen von ihrer Arbeit, Hallelujah.* 4) Hauptlied Nr. 49 „Jesus meine Zuversicht“, Vers 1 bis 3. 5) Predigt, welche Hofprediger und Garnisonpfarrer Frommel halten wird. 6) Nah der Predigt \ingt die Gemeinde den 8. Vers aus dem Liede Nr 49 „Icesus meine Zuversicht.“ 7) Es folgt die Liturgie und {ließt mit dem Segen. 8) Nach der Predigt oder vor dem „Unser Vater“ fingt der Domchor den 9. Vers des Liedes Nr. 39 „Wenn ih einmal soll heiden.“ An- zug bei der Feier: Paradeanzug ohne Ordensband.

In Folge mehrseitiger Anfragen bemerken wir, daß die Redaktion der Ausgabe des Handbuchs über den Königlich Preußischen Hof und Staat für das Iahr 1875 am 15. d. M. abgeschlossen if, und daß die Indrucklegung bereits begonnen hat. Es steht daher das Erscheinen desselben mit dem Beginn des künftigen Jahres zu erwarten.

Der Bundesraths-Bevollmächtigte, Staats-Minister von Larisch isst von Dessau hier eingetroffen.

Der Kaiserlih russishe Reichskanzler Fürst Gorts\ ch- koff ist nah St. Petersburg weitergereift.

Der General-Major und Commandeur der 22. Kavallerie- Brigade von Pfuhl, sowie der Oberst und Commandeur des 1. Rheinischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 8, Baron von der Goltz, haben fich in ihre Garnisonen zurückbegeben.

Die Stadtverordnetenversammlung beschloß in ihrer gestrigen Sizung, unter den von der gemischten Deputation beider ftädtishen Behörden proponirten Bedingungen die fis fka- lishe Straßen- und Brückenbaulast auf die Stadt zu übernehmen. Der betreffende Beschluß lautet:

Unter der Bedingung: 1) day die Straßenbau-Polizei in dem Umfange, wie folcher in dem Ministerialreskripte vom 15. Februar 1873 angegeben is nämlich nicht nur die Aufficht über die Art und Weise der Befestigung der Straßen, fondern das ganze auf die Anlegung, Regulirung, Eatwässerung und Unterhaltung der Straßen bezügliche lokalpolizeiliche Decernat mit Einschluß der erstinstanzlichen Bestimmung über die Baufluchtlinien gleichzeitig an die Stadt über- geht; 2) daß das Eigenthum an allen innerhalb des Berliner Weich- bildes gelegenen, dem öffentlihen Verkehr unmittelbar gewidmeten Straßen, Brücken und Plätzen, so weit es aus irgend einem Rechts- titel dem Fiskus zusteht, der Stadtgemeinde Berlin unentgeltlich ab- getreten wird (ecfr, Ministerialreskript vom 17. August 1873), er- flärt die Versammlung fich einverstanden mit der Uebernahme der fisfalischen Stiraßen- und Brückenbaulast gegen eine zum 20fachen Betrag abtlösbare Rente, sowie damit, daß der Renteberechnung der- jenige Kostenaufwand zu Grunde gelegt werde, welcher in Erfüllung der fiskalishen Baulast währ:nd der Jahre 1864—1873 incl, wirklich durchschnittlich gemacht ist. e

Ueber den Ausfall der gestern in der I. Abtheilung stattgehabten Ergänzungswahlen für die Stadtverord- netenversammlung enthalten die heutigen Morgenblätter

folgende Mittheilungen: 6. Wahlbezirk. 59 Wahlberechtigte, 37 zur Wahl erschiene,

Stadtverordneter Vollgold (freie Vereinigung) mit 33 Stimmen neu ge

: B. 57 Wahlber., 30 erschienen; Verlagsbuchhändler Julius Springer mit 18 St. gewählt.

8, W. B. 202 Wahlber.,, 107 erschienen; Baumeister B ö ck- mann mit 54 St. gewählt.

14, W. B. 546 Wahlber, 223 erschienen; Generalkonsul Behrend (freie Vereinigung) mit 221 St. wiedergewählt.

17. W. B. 35 Wahlber, 23 erschienen; Rentier Gründler mit 22 St. neu gewählt. j

18, W. B. 70 Wahlber., 43 erschienen; Rentier Francke mit 26 St. neu gewählt.

20. W. B. 66 Wakhlber., 36 erschienen; Stadtverordneter Kom- Menger RaW) Vollgold (freie Vereinigung) mit 35 St. wieder- gewählt. :

21. W. B. 99 Wahlber., 67 erschienen; Kaufmann Scheiding (Bergpartei) mit 47 Sit. neu gewählt.

Baumeister Ed.

24. W. B. 80 Wahlber.,, 46 erschienen: Schmidt mit 38 St. neu gewählt.

39 Waht!ber., 20 erschienen; Eigenthümer M 1r- zahn einstimmig neu gewählt. : Fabrikant Berlin

28. W. B. 29. W. B. 65 Wahiber., 27 erschienen; (Bergpartei) mit 25 St. neu gewählt.

30. W. B. 23 Wakhlber., 15 ershienen; Maurermeister Salge (freie Vereinigung) mit 9 Stimmen wiedergewählt.

31. W. B. 18 Wahlber., 15 erschienen; Kunftgärtner Limprecht (Bergpartei) einftimmig neu gewählt.

32. W. B. 68 Wahlber., 27 erschienen; Rentier Bartusch (Bergpartei) mit 26 Stimmen wiedergewählt.

Posen, 19. November. An Stelle des nah Oppeln ver- seßten Ober - Regierungs - Raths Raffel ist vom 17. Provinzial- Landtage der Ober-Regierungs-Rath B ergenr oth hierse:bst zum vorsizenden Direktor der Landarmen-Direktion der Provinz Posen gewählt und als \olher Allerhöchsten Orts be- stätigt worden.

Lauenburg. Ratzeburg, 18. November. Ueber die am 16. d. Mts. stattgehabien Landtagsverhandlungen berichtet die „Lauenb. Land.-Ztg.“ vorläufig, daß die Landes- vertretung ihren Präfidenten, den Land-Marschall von Bülow und als dessen Stellvertreter den Ober-Jägermeister Baron . von Hollen, erwöhlt hat, um die Interessen des Landes bei den Inkorporations-Verhandlvungen mit Preußen wahrzunehmen. Gleichzeitig wählte der Landtag einen ftändishen Aus\chuß zu dem Zweck, die bei den Inkorporations-Verhandlungen zur Sprache zu bringenden diesseitigen Wünsche möglichst zu präcifiren. Der Aus\chuß wird aus den Abgeordneten Freiherrn von Hollen- Tüschenbeck (Ritterschaft), Amtsrichter Sahau-Razeburg (Städte), Kammerrath Berling-Büchen (bäuerliher Grundbesiß) bestehen.

Bayern. München, 18. November. Se. Majestät der König hat den Königlihen Polizei-Direktor Freiherrn von Feiliß\ch hierselbst sein Bildniß als Zeichen besonderer Aner- kennung zustellen lasen.

Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Maria Theresia, Gemahlin des Prinzen Ludwig, hat, wie man der „L. Z.“ \{hreibt, als Großmeisterin des bekanntlih mit Königlicher Genehmigung in diesem Jahre reorganisirten Elisabethen-Ordens, seit zehn Jahren zum ersten Male wieder Ordensverleihungen vorgenom- men, indem sie zu „Ordensdamen“* ernannte: die Erzher- zogin Elisabeth Franzisca Marie, die Prinzessinnen Therese (Tochter des Prinzen Luitpold), und Gisela (Gemahlin des Prinzen Leopold) von Bayern, die Gräfinnen Arco-Zinneberg und Preysing-Lichtenegg, dann die Fürstinnen von Waldburg- Wolfsegg und dieFreifrauv. Frankenstein ; zu Ordens-Ehrendamen: Ihre Majestät die Königin Marie Henriette der Belgier, dje

wie nahe mir mein Ende.“ 23) Die Liturgie, welche der Feld-

Königlichen Hoheiten die Prinzessinnen Marie Louise und Sophie Charlotte Auguste, Herzogin von Alençon, und die Fürstin von Iscnburg-Birstein. Morgen und am Freitag finden in der St. Cajetans-Hoffirche die Ordensgottesdienste ftatt.

Auf Grund des §. 38 der Gewerbe-Ordnung und des 8. 360 Ziff. 12 des Strafgesezbuches für das Deutsche Reich, dann Artikel 2 Ziff. 3 des bayerischen Polizei - Strafgeseßbuches find vom Staats-Ministerium des Innern in Ansehung der Führung der Bücher der Pfandleiher, sowie bezüglich der polizeili- hen Kontrolen über den Umfang und die Art des Geschäfts- betriebs eingehende Bestimmungen erlafsen worden. Diese, der Sache entsprechenden fehr srengen Anordnungen, welhe übrigens auf gemeindlihe Pfandleihanstalten keine Anwendung finden, haben mit dem 1. Januar 1875 in Kraft zu treten.

Baden. Aus Mannheim, 17. November, wird der „Karlsr. Ztg.“ geschrieben: In der Leihenbegängnißfrage liegt nunmehr au eine Erflärung der katholishen Stiftungs- Kommission vor. Darnah hat diese Behörde, nahdem das fatholishe Personal bei zwei durch den altkatholishen Geistlihen abgehaltenen Leichenbegängnissen Dienste geleistet hatte, den An- trag gestellt, daß die Altkatholiken für die Leichenbegängnisse ihrer Angehörigen einen eigenen Kommissar und eigene Träger aufstellen sollen, wie dies auch Seitens der andern Konfessionen und kirchlihen Vereine der Fall sei. Bei diesem Antrage, dem bekanntlich stattgegeben wurde, sei der Gefihtspunkt maßgebend gewesen, daß die Leichenbegängnifse z. 3. nah Geseßgebung und Sitte w. sentlih kirhlihe Akte sein und ein kirhlihes Dienst- personal erforderten, welhes durch das katholische Ritual aus- drücklih vorgeschen werde, daß man aber dem katholischen Per- sonal als solchem die Dienstleistung zu Kultushandlungen der Altkatholiken uiht zumuthen könne.

Sessen. Darmstadt, 18. November. Zur Feier des Geburtsfestes des Prinzen Wilhelm am 16. d. M,, war der Großherzog zur Tafel bei dem Prinzen Carl ein- geladen, welcher auch die übrigêèn Glieder der Großherzoglichen Familie anwohnten.

(Fr. I.) Bei dem lebhaften Verkehr mit auslän- dishén Behörden, welchen die hessishen Gerichte, An- wälte 2c. zu unterhalten haben, if eine in leßter Zeit von dem Gesammt-Ministerium gefertigte, hiernächst auch den Gerichten mitgetheilte Zusammenstelung der zur Anwendung zu bringen- den Grundsätze für weitere, insbesondere Anmaltskreise von In- teresse. Hiernach find alle im Auslande zu insinuirenden Urkun- den im Allgemeinen dem Gesamunt-Ministerium behufs Erwir- fung der Zustellung vorzulegen. Hinsichtlih der Beschaffung von Todes\cheinen im Auslande verstorbener Personen, der Erhebung von Nachläfsen, Erwirkung von Vollmachten, Ermittelung des Aufenthaltsortes von Personen in außerdeutshen Ländern 2c. ist empfohlen, alle ‘Gesuhe dem Gesammt - Ministerium zu unterbreiten und durch dessen Vermittelung, sei es auf diplomatishem oder fonsularishem Wege, erledigen zu lassen, Gesuhe um Abnahme von Eiden, sowie um Zeugen - Vernehmungen find ausnahmslos in einem, von dem Letr. Gericht in deutscher Sprache abzufa\senden, an das Gesammt-Ministerium einzusendenden, \pezialisirten Re- quisitions\chreiben niederzulegen. Für alle Zweifelsfälle ist em- pfohlen, die Einfügung der anzugehenden speziellen Behörde dem Gesammt-Ministerium zu überlassen. Bezüglicy der Gesuche um Verhaftung, Auslieferung von Personen kommen die Be- stimmungen- zur Anwendung, welche in den zwischen dem Deut- {en Reih und bezw. dem Großherzogthum abgeschlossenen Auslieferungsverträgen enthalten sind.

Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 17. November. Ihre Hoheiten *der Herzog und die Herzogin haben das Sommershloß Kallenberg verlassen und das kleine Palais im Hofgarten bezogen.

Gotha, 16. November. Am 1. 25jährige Minister-Jubiläum des Staats - Ministers Camillo von Seebach hier festlih begangen werden. Am 1. Dezember 1849 wurde der Dresdener Appellationsgerihts - Rath von Seebah vom Herzog Ernst ll. auf den höchsten Posten des Landes be- rufen, und ein Vierteljahrhundert hindur hat er \fich das Ver- trauen seines Fürsten und des Landes zu erhalten gewußt. Hier in Gotha wird, der „M. Z.“ zufolge, ein Diner mit mehr als 400 Gedecken zu Ehren des Jubilars gegeben werden, woran sich Personen aus allen Ständen von Stadt und Land bethei- ligen; in Friedrihsrode ist dem Minister eine Villa gebaut worden, die ihm der Herzog und das Land gemeinsam verehren.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 18. November. (Dr. I.) Die Landschaft des Herzogthums is für den 26. d. M. zu einem ordentlihen Landtage einberufen worden. Der Einberufungsbeschluß hat fih längere Zeit dadurch verzögert, daß der Vorstand des Herzoglihen Gesammtministeriuums, Ge- heimer Rath v. Gerstenberg, leider seit einiger Zeit von eciner {weren Krankheit an das Bett gefesselt worden ift. Die Hauptaufgabe der Diät wird die Feststellung des Etats für die neue dreijährige Finanzperiode- 1875 1877 bil- den. Da der Etat zum ersten Male die seit dem 1. Oktober d. I. abgetrennte Domänenverwaltung niht mehr umfassen wird, so wird derselbe eine wesentlih vereinfahte Gestalt gegen früher darbieten, im Uebrigen aber au wegen gleichzeitiger Einführung der Reichsmarkrehnung wesentlih andere Zahlen enthzlten. Außer- dem wird den Landtag als eine der dringlihften Vorlagen noch der mit der Königlih \sähsishen Regierung abgeschlossene Ver- trag wegen Verlegung des Altenburger Bahnhofes und des von Seiten der hiefigen Regierung zu den Koften hierfür, wie für die herzustellende abgekürzte neue Bahnlinie zu gewährenden Zu-

\chufses beschäftigen.

Lippe. Detmold, 19. November. Durch Höhstes Patent vom 17. d. M. ist der Landtag auf den 3. Dezember d. I. einberufen worden.

Bremen, 17. November. Die Sanitäts-Behörde hat durch Dr. W. O. Focke, der die geognostishe Untersuhung des Bremer Staatsgebiets besorgt, einen Plan ausarbeiten lassen, welher das städtishe Kanalisations - Unternehmen ab- schließen sol. Dr. Fode's Vorshläge gehen übrigens zunähst nur auf maßgebende Versuhe hinaus. Eine andere von der Sanitäts : Behörde jeßt ernsilih in die and genommene Angelegenheit is die der Errichtung öffentliher Shlachthäuser. Hierüber hat ihr Vorsitzender, S enator Dr. ßRfeiffer, eine Denkschrift ausgearbeitet, die gégen- wärtig in Circulation begriffen ift. Schlachthauszwang und Ent- schädigung der Schlachter werden auch hier als nothwendige Er-

Dezember wird das coburg - gothaishen

‘fordernisse der Reform betrachtet.

Großherzogin Alice von Toscana, die Erzherzogin Clotilde von Oesterreich, die Herzogin Marie Therese von Württemberg, Ihre

Hamburg, 19. November. In der gestrigen Sißung der Bürgerschaft wurde zunächst der Senatsantrag wegen Er-

hung des diesjährigen Budgetpostens für unvorhergesehene

| gar M in zweiter Lesung ohne Diskussion genehmigt. Dar- auf wurden Wahlen für die Ausschüsse vorgenommen, u. A. für die Finanz-Deputation, die Gefängniß-Deputation, den Aus- {uß znr Prüfung des Senatsantrages, betreffend die Anstellung von drei Bau-Inspektoren, sowie eines Registrators am Central- Bureau der Bau-Deputation, den Aus\huß zur Entwerfung eines Pensionsgesezes. Der Senatsantrag, betreffend Nach- bewilligung zum Belaufe von 71,000 Mrk.-Crt. auf das Budget der Bau-Deputation, wurde definitiv genehmigt. Dem Bericht des Aus\hus}ses über den Senatsantrag, betreffend Organisa- tion der Verwaltung der hamburgischen Münzstätte entgegen, ward der Senatsantrag angenommen, derselbe bedarf jedoch der zweiten Lesung. Der zweite Bericht des Ausschusses über die Erwiderung des Senats, betreffend Ausdehnung der Vormund- shaftsordnung auf das hamburgische Gebiet und Revifion der- selben, wurde genehmigt.

Elsaß-Lothringen. Metz, 16. November. Die „Zei- tung für Lothringen“ veröffentliht an der Spitze ihrer heutigen Nummer folgendes Abschiedswort des Grafen von Arnim an den Bezirk Lothringen : S

Der shwere Schlag, welcher mich vor Kurzem durch den Tod meiner Frau getroffen hat, hat mich veranlaßt, meine Entlassung aus dem Amte als Bezirkspräsident von Lothringen zu erbitten, und haben Se. Majestät der Kaiser geruht, mittelst Allerhöchster Ordre vom 4. November cr. meinem Antrage in Gnaden stattzugeben. ;

Mit aufrichtige Schmerze scheide ih aus einem Wirkungskreise, der mir theuer geworden war, und mit welchem fich für mich die Er- innerung an zahlreihe und freundlihe Beziehungen dienstlicher und persönlicher Natur verbindet. J werde stets mit Freuden an die Zeit zurückdenken, während welcher ih die Ehre und das Glück genoß, mit der Verwaltung Lothringens betraut zu sein, ih werde die Be- weise des Vertrauens und Wohlwollens nicht vergessen, die mir von so vielen Seiten zu Theil geworden sind, und meine herzlichsten Wünsche werden dem Wohle des Bezirks immerdar gewidmet bleiben. Möge -mir derselbe ein freuridliches Andenken bewahren.

Boißzenburg, 10. November 1873. : i

Graf von Arnim.

Defterreich - Ungarn. Wien, 18. November. Der Kaiser ift gestern früh in Gödölls eingetroffen.

Nach dem neuesten Bulletin von heute Morgen war im Laufe des gestrigen Tages keine Besserung im Befinden des Erzherzogs Karl. Ferdinand eingetreten; erst nach Mitternacht ließen die Delirien und die Unruhe nah und der Kranke \{chlief ziemlich ruhig. i

19. November. Das Abgeordnetenhaus beschloß in einer heute abgehaltenen vertraulihen Sizung, der beantragten gerichtlichen Verfolgung der Abgg. Schöffel und Schönerer statt- zugeben.

Niederlande. Haag, 16. November. Das Ministerium Heemskerk hatte alsbald nach seinem Amtsantritte den Geseß- entwurf zurückgezogen, welcher von der vorigen Verwaltung für Gewährung von Subsidien seitens des Reiches an einen Verein niederländisher Bankiers, der fih zum Zwecke der An- legung einex Reihe von Eisenbahnlinien gebildet, eingebracht worden war. Es wurde dieser Gesehentwurf vornehmlich aus dem Grunde zurückgezogen, weil dem Minifterium Heemskerk die Richtung einiger dieser Linien nicht passend erschien. Es finden jeßt zwishen der Regierung und jenem Vereine, an dessen Spie die Rotterdamer Bank steht, neue Unterhandlungen über Gewährung von Subsidien zu dem angegebenen Zwecke statt. Der Verein hat nunmehr einen ausführlihen Plan der. von ihm projektirten Linicn vorgelegt. Der Verein verlangt Konzession und Sub- fidien für die Anlegung und den Betrieb folgender Linien : 1) von Dordrecht über Sliedreht, Gorinhem und Leerdam nah Kuilenburg; 2) von Kuilenburg über Buren und Tiel nah Elst (Anshluß an die Eisenbahn zwischen Arnheim und Nim- wegen); 3) von Leerdam nah Buren; 4) von Almeloo nah Zwolle und Meppel ; 5) von dem Nordseehafen bei Velgen über Zaandam, Pulmerend und Hoorn nah Enkhuizen ; 6) von Hoorn nach Alkmaar; 7) von Stavoren über Hindeloopen und Sneekï nah Leeuwarden.

(W. T. B.) Neue Nachrichten aus Athin vom 14. d. M. schildern den Gesundheitszustand der niederländischen Truppen als einen höchst ungünstigen; auch hatten die leßteren beim Bau einer Batterie, die behufs Beherrshung des Atchinflusses angelegt wurde, einige Verluste erlitten. Die eigentlih atchine- fishe Partei im Lande beharrt darauf, daß der Krieg fortgeseßt werden müsse.

Großbritannien und JFrland. London, 18. November. Die neueste Nummer der „London Gazette“ meldet die Er- nennung des General - Majorsj Sir Arthur Phayon zum Gouverneur der Insel Mauritius ; des Marquis von Normanby zum Gouverneur von Neuseeland, des Herrn W. W. Cairns zum Gouverneur von Queensland; des Herrn G. Berkeley zum Gouverneur der Leewards-Inseln, sowie des Herrn W. Robinson zum Gouverneur der Kolonie von Westaustralien.

Erzbischof Manning hat gestern London verlassen, um sich nach Rom zu begeben. i |

In Downing street fand gestern wiederum eine Kab in etjs- Berathung statt, bei der sämmtlihe Minister zugegen waren.

Der Scaßzkanzler empfing gestern eine Deputation vom hauptstädtishen Bautenamt bezüglih der Aufhebung der Brücenzölle in London. Oberst Hogg, der Vorsizende des erwähnten Bautenamtes, bemerkte, daß der einzige Weg zur Bewerfstelligung dieser Reform die Prolongirung der Kohlen- und Weinzölle, die in 1889 in Wegfall kommen sollen, um weitere 15 Jahre sein würde. Der Minister erhob Bedenken gegen einige der gemahten Vorschläge, versprach aber, die An- gelegenheit in reiflihe Erwägung zu zichen. : / :

Gegenüber den jüngst veröffentlihten Berichten über die angeblich unbefriedigenden Fortschritte des Rekrutirens für die britische Armee is die „Times“ ermächtigt zu erklären, daß das Rekrutiren nichts zu wünschen übrig lasse. Die Effektiv- stärke der Armee sei während des Jahres komplett gewesen, und die Rekruten entsprähen, obwohl sie jung seien, den Erfordernissen der Werbeoffiziere betreffs des nöthigen Körpermaßes hinlänglich. Während des ganzen laufenden Jahres habe die Zahl der jeden Monat angeworbenen Rekruten die der in den entsprehenden Monaten früherer Jahre überstiegen, und dies ohne irgend welche außergewöhnliche Anstrengungen. i

GroßbritanniensStaatseinnahmen vom 1. April bis 14. d. betrugen, amtlihen Ausweisen zufolge, 43,004,630 Lstrl. gegen 42,930,379 Lstrl. in der Parallelperiode des Bor- jahres, und die Ausgaben in dem nämlihen Zeitraum über- stiegen um eine Kleinigkeit 47,000,000 Lstrl. Die Bilanz des Scagzamtes in der Bank von England belief fih am legten

Sonnabend auf 1,757,219 Lfirl. und in der Bank von Irland auf 662,005 Lftrl.

420. November. (W. T. B.) Die Kaiserin von Rußland befindet fich in Besserung und hütet nur noch Vor- fihts halber das Zimmer. Ihre Abreise ist nah den bisherigen Dispositionen auf Dienstag festgeseßt.

Frankreich. Paris, 17. November. Der „Moniteur“ theilt mit, daß die Militärklasse von 1870, die zuerst im Sep- tember, dann am 15. November entlassen werden sollte, jetzt bis zum Monat Februar unter den Fahnen gehalten werden soll, und motivirt diese Anordnung folgendermaßen: ' Wir kündigten an, daß die Klasse von 1870 wahrscheinlich am 10. L ezember d. J. in ihre Heimath entlassen werden würde. Diese Nachricht rief große Erregurg in den Regimentern hervor, deren Cadres durch die Entlassung der Klafse von 1869 schon sehr geschwächt find. Die Corpsführer gaben die Befürchtungen ihrer Offiziere be- treffs des Mangels an Unteroffizieren den Generalen kund, und diese betonten in ihren Berichten an den Kriegs-Minister die Nothwendig- feit, die Entlassung der Klasse von 1870 einige Monate hbinaus- zushieben. Da auf dem Kriegs-Ministerium noch nichts Bestimmtes abgemachi worden war, so fkosteee es dem General de Cifssey keine Mühe, anzuerkennen, daß die ihm gemachten Bemerkungen begründet feien. Der Große Generalstab erkannte ‘an, daß es unmöglich sei, das Kontingent von 1870 vor der Einverleibung der Klasse von 1873 zu entlassen. Diese Maßregel, welche bis zum Februar die Entlassung einer ver- dienstvollen Klasse sie leistete während des Krieges große Dienste vertagî, ist unvermeidlich. Wir billigen sie vollständig und wir rechnen darauf, daß die, welche enttäuscht werden, die Gründe würdigen werdèn, welche ihre sofortige Befreiung verzögert. Die 29,000 Unter- offiziere, Brigadiers und Korporale, welche die Klasse von 1870 in sih schließt, werden sih ohne Mühe überzeugen, daß fie die Instruktion des Kontingents von. 1872, der gerade angekommenen Freiwilligen und ihrer Kameraden der Klasse von 1873, die sofort unter die Fahnen. berufen werden, bcenden müssen. Der militärische Geist ist in Frank- reich noch stark genug, daß fie mit Ergebung den Dienst von zwei Monaten (es find eigentlih fünf) ertragen, welche das Interesse der Armee erheischt, deren Basis fie sind. / L Der Kriegs-M inister hat an den Obersten Reffye, Direktor des Arsenals von Tarbes, folgendes Schreiben gerichtet: Oberst! Jh erhielt die leßten Mittheilungen über die Schieß- übungen von 1874. Sie sind jehr befriedigend. Die Regimenter haben großes Vertrauen auf ihre neue Bewaffnung. Die Richtigkeit des Zieles, die Leichtigkeit der Handhabung des Geschüßec, die Ein- fahheit der Ladung find allen Offizieren aufgefallen. Beschädigt wurden nur einige von der Privat-Jndustrie während des Krieges \{leht gebohrte Geschüße des I. Corps, die dur Ihre Fürsorge auf leichte Weise reparirt werden können. Die Ergebnisse würden noch \hlagender gewesen sein, wenn, wie ih hoffe, es nächstes Iahr thun zu können, ih den Uebungen eine größere An- zahl geladener Haubißfugeln hätte zuwenden können. Jndem ih den Ausdruck der Befriedigung aller Armee-Corps empfange, beeile ich mich, Ihnen die meinige zu bezeigen. Das Artillerie- System, dem die Dankbarkeit der Armee Jhren Namen gegeben, wird Ihnen gestattet haben, in 15 Monaten unsere Feld-Artellerie zu re- konstituiren. Dasselbe hat aus der Bronze das Maximum der nüß- lichen WirkunE die man erhoffen konnte, gezogen. “Es gestattet uns, für unsere Stückpatronen alles in unsereu Magazinea aufbewah1te Pulver zu verwenden. Es wird uns die Mittel liefern, iu wenigen Monaten für die Vertheidigung unserer ersten Pläße Sorge tragen zu können. Sie sind auf dec Bahn neuer Entdeckungen, und die, welche andere Offiziere mit Erfolg vorlegen, sind größtentheils durch Jhre eigenen Studien hervorgerufen worden. Die Größe der erhal- tenen Resultate wird die erhabenste Ey für Ihre mühsamen strengungen sein. Genehmigen Sie, Oberst 2c, 1 E E General E. de Cissey. 19. November. (W. T. B.) Wie die „Agence Havas“ erfährt, wird das Minifterium bezüglih der konstitutio- nellen Gesetze die Initiative nicht ergreifen, sondern fidf auf die von der Nationalversammlung übernommenen Ver- pslihtungen zu deren Berathung berufen. Die Aufgabe der Nationalversammlung sei, das Septennat zu organisiren, dem Ministerium liege nur die Führung der Verwaltung bei der Septennatsregierung ob. Deshalb könne aber auch die Existenz des Ministeriums durch die mit der Organisation des Septennats zusammenhängenden Fragen nicht bedroht und gefährdet werden. 920. November. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ erklärt, daß die in verschiedenen Journalen enthaltenen Mitthei- lungen über den Inhalt der in den legten Sizungen des Mi- nisterraths getroffenen Beschlüsse und über die Haltung, welche die Regierung bei der Berathung der konstitutionellen Ge- seßentwürfe einzunehmen gedenke, durchaus der Begründung

entbehren.

Louis Blanc hat aus Veranlassung des vor Kurzem durch Christophle veröffentlihten Programms des linken Centrums an leßteren eine Zuschrift gerihtet, in welcher er ihn auffordert, seine Bemühungen auf das Zusammengehen aller repub*ifanishen Parteien anstatt auf eine Einigung der Fraf- tionen des Centrums zu richten, welhe sich nicht ermöglihen lassen werde.

Spanien. Madrid, 16. November. Nach amtlichen Berichten sind die Vertheidigungswerke der vor der feindlihen Front liegenden navarresishen Pläße Lerin, Larraga und Ta- falla in artilleristisher Beziehung wohl ausgerüstet. :

Die ersten amtlihen Nachrichten über die Siege in Gui- puzcoa brate die offizielle ‘Gaceta“ in folgenden Mittheilungen :

Der Oberbefehlshaber meldet aus Renteria vom 10. d. M,, daß nah hartnäckigem Widerstande die Feinde die furchtbace und stark vershanzte Position San Marcos räumten, und daß er am folgenden Tage den Angriff entschlossen fortseßen würde, wenn auch mit den Vorsihtsmaßregeln, welche die besonderen topographischen Verhältnisse des vom Feinde mit Verschanzungen Üüber!äeten Landes erfordern würden. Unsere Verluste ließen sich im Augenblicke nicht genau feststellen, waren aber, wenn auch immerhin empfindlih, doch jehr gering im Vergleiche zu den errungenen Erfolgen. R

Der Oberbefehlshaber meldet ferner aus Jrun vom 11. Novem- ber, Abends 74 Uhr: Wie ich in meinem gestrigen Telegramm an- fündigte, habe ich heute Morgen den Vormarsch in drei Kolonnen fortgeseßt. Der rechte Flügel, unter dem Befehle des Generals Loma, rüdckte über die Positionen von Oyarzun vor; der linke; vom General La Portilla geführt, gewann mit höchst mühseligem Anstieg die Sierra Jaizquivel und überzog den Gipfel in seiner ganzen Ausdeh- nung, um die zahlreihen Schanzgräben einzuwickeln, welche der Feind in \senkrehter Richtung auf die von San Sebastian durch Renteria nah Jrun führende Straße angelegt hatte, und das Centrum, unter dem Befehle des Generals Blanco, unternahm den Marsch von Lezo aus mit dem Hauptaugenmerk, . die Positionen des Urcabe zu erobern. Die Bewegung wurde von voll- ständigem Erfolge gekrönt, nachdem die Abtheilung Lomas, welche den Feind aus allen Positionen warf, einen heftigen Kampf durchgeführt hatte und dann die Herabsteigung des Generals La Portilla den Feind zum gänzlihen Rückzug und zur sleunigsten Räumung der

Genipark in unsere Hände fielen. Generale, Offiziere und Soldaten Libes wieder einmal ihre Tapferkeit und militärishe Tüchtigkeit be- wiesen. Die Ersteren gaben ihren Leuten Beispiele der Entschlossen- heit und Unerschrockenheit, und die Leßteren legten von Neuem die

den spanischen Soldaten in so hohem Maße auszeichnenden Vorzüge an den Tag.

Schanzgräben zwang, wobei Mundvorräthe, Reserve-Munition und*

In Vigo ift, der „Köln. Ztg.“ zufolge, am 16. d, M. ein Theil des britischen Kanalgeschwaders vor Anker ge- gangen: „Agincourt“, „Northumberland*, „Triumph“ und „Re- sistance“ ; das Panzer\hif „Monar“ war s{hon seit dem 10. d. im Hafen.

Aus Bayonne meldet man den Tod des Generals Lersundi.

Nach über Paris, 19. November, Abends eingegangenen Nachrichten des „W. T. B.“, haben die Carlisten ihre früheren Stellungen an der französishen Grenze wieder eingenommen, die Verbindung zwishen Irun und San Sebastian is unter- brochen. Von den Pariser Blättern, welche fast alle den uner- klärlihen Stillstand, der in den Operationen der Regicrungs- truppen eingetreten ift, besprechen, wird besonders darauf hinge- wiesen, daß ein Zurüdrängen der Carlisten von der Grenze der \spanishen Regierung jeden Vorwand zu Reklamationen gegen die franzöfishe Regierung genommen haben würde.

Schweden und Norwegen. Sto ckholm, 16. November. Der König ift heute nach Norrköpping abgereist. Während seiner Abwesenheit besteht die Königliche Regierung aus dem Justiz-Minister, sowie den Staatsräthen Lejonhufvud, Alströmer und Lovén.

Laut Königlihen Reskripis vom 7. d. Mts. ift eine Kommission zur Untersuhung folcher Eisenbahnunter- nehmen, welche fich zur Ausführung für Rechnung des Staga- tes eignen, erwählt worden. Die Kommission steht unter dem Vorfig des Stadthauptmannes Schwarz.

Dänemark. Kopenhagen, 16. November. Der Kö- nig und die Königin empfingen heute Nahmittag im Residenz- palais auf Amalienborg den am hiesigen Hofe akkreditirten groß- britannishen Gesandten, Sir Charles Wyke, welcher bei dieser Gelegenheit die Ehre hatte, Höchstdenselben die Notifikations- chreiben der Königin von Großbritannien und Irland, betreffend die glücklihe Entbindung der Herzogin von Edinburgh von einem Prinzen, zu überreichen.

Die Rückkehr des Kronprinzen und der Kronprin- zessin von ihrer Reise im Auslande wird Sonnabend Vor- mittag, den 21. d. M. erwartet.

Herr M. A. B. Lindberg if als dänischer Vize-Kon- sul in Portland (Maine) und Herr C. N. Iörgensen, wohn- haft in Storm Lake City, als dänischer Vize-Konsul für den Staat Towa anerkannt worden.

17. November. In der heutigen Folkethingssißung kam der Bergsche Geseßvorshlag, betreffend Abschaffung des Adels, der Orden und Titel, zur ersten Berathung.

Die „Berl. Tid.“ \chreibt am Schlusse eines Artikels über die erfolgte Rücknahme der Bergschen Tagesord- nung im Folkething: Z

Wir wissen nicht, welche Berathungen und widorstreitenden Mei- nungen sich innerhalb des Centrums der Majorität haben geltend macheu können; aber selbst wenn der iu der Freitagssißung mitgetheilte Beschluß wegen Rücknahme der motivirten Tägesordnung, nicht ganz freiwillig gewesen is, verdient die von Berg betonte Rücksicht auf das Land die Billigung Aller, da die Auflösung des Things unleugbar die Bevölkerung den Bewegungen einer neuen Wahl- agitation und allerlei Störungen ausgeseßt haben würde. JIrgend ein positives Resultat i aus der dreitägigen Debatte somit nicht hervorgegangen. Die Verhandlungen würden aber den- noch nicht umsonst gewesen sein, wenn die Opposition da- durch zur Erkenntniß gekommen wäre, daß eine gesezgebende Versamm- lung allen Grund hat, vorsichtig und gemäßigt beim Gebrauch ihres úInterpellationsrechts zu scin, und daß cine regelmäßig wiederholte Einmischung in die administ:ativen Verhältnisse nur dazu. beitragen fann, eine der wichtigsten Faktoren des Staatslebens zu s{chwächen. Daß der Versuch, sih als Oberrichter zwischen Regierung und deren Beamten hineinzuschieben, bei dieser Gelegenheit mit so großer Be- stimmtheit zurückgewiesen worden ist, wird hoffeutlich in der Folge nicht ohne Bedeutung sein.

Amerika. Durch Nachrichten, welche den Zeitungen vonP e r- nambuco vom 17. c. entnommen find, wird das Gerücht, daß der Aufstand in Buenos-Ayres unterdrückt sei und daß \ich General Mitre auf der Flucht befinde, nicht bestätigt, vielmehr werden die Feindseligkeiten noch fortgeseßt. Indeß stände die Regierung mit den Insurgenten in Unterhandlungen.

Asien. Nach einem Telegramme der „Morning Post“ aus Kalkutta vom 17. d. M. hat sich der Emir von Afghanistan bei einem ihm von Jacub Khan abgestatteten Besuche, bei welchem die zwischen ihnen bestehenden Streitigkeiten geshlichtet werden follten, JIacub Khans auf verrätherische Weise bemäch- tigt und denselben gefangen geseßt.

Nr. 44 des Justiz-Ministerial-Blatts für die preu- ßishe Geseßgebung und Rechtspflege, herausgegeben im Bureau des Justiz - Ministeriums, enthält: Allgemeine Verfügung vom 9. November 1874, betreffend das Grundbuchwesen in den hohen- zollernshen Landen, Folgendes Erkenntniß des Königlichen Gerichts- hofes zur Entscheidung der Kompetenz-Konflifte vom 10. Oktober 1874. Anordnungen der Verwaltungsbehörden, welhe im Erxekutivverfaren gegen cinen nit staatlich anerkannten Geistlichen wegen verweigerter Herausgabe der Kirchenbücher und Kirchensiegel getroffen werden, fönnen vor den ordentlihen Gerichten nicht angefochten werden.

Das Oftober - Heft des Centralblatts für die ge- sammte Unterrichts-Verwaltung in Preußen, herausgegeben in dem Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-An- elegenheiten , Berlin, 1874, Verlag von Wilhelm Herß (Bessersche Buchhandlung), hat folgenden Johalt : Kautionen der Staatsbeamten. Funftion des Landraths als Kommissarius der Regierung und zu- gleih als Vorsitzender des Kreisausschusses. Behandlung der Schul- bausahen. Uebertragung von Pensionen 2c. von einer Provinzial- fasse auf eine andere. Schuß der in Ausführung begriffenen Bauten gegen Witterzungseinflüsse. Abschlagszahlungen bei CEntreprisebauten. Beschränktes Submissionsverfahren bei Bauten. Zahl der Leh- rer an den Universitäten im Sommer - Semester 1874. Zahl der Studirenden auf den Universitäten, deégl. Dauer des Universitäts- Studiums der Pharmaceuten. Einjährig freiwilliger Militärdienst der Mediziner. Diäten und Reisekosten der Gymnafial-Oberlehrer 2c. Besoldung der Direktoren an den nicht vom Staat allein und direkt unterhaltenen Gymnasien 2c. Alumnat bei dem Marien- Gymnasium zu Posen. Beschränkung der Aufnahme neuer Schüler bei Ueberfüllung einer Anstalt. Vorauszahlung eines Staats- zuschusses, Ausfluß der Vorauszahlung bei vorhandenem Vermögen der Anstalt. Zahl der Lehrer an einem vollständigen Seminar, allmählihe Ergänzung des Lehrerpersonals an einem in der Entwicke- lung begriffenen Seminar. Unterrichts\sprache bei dem Religions- Unterricht und polnisher Sprachunterricht in den Seminarien der Provinz Posen. Lehrer-Fortbildungsanstalt A Stettin. Schul- bildung der Armee-Ersaz-Mannschaften. Weibliche Hardarbeiten in den Schulen des Regierungsbezirks Frankfurt. Uebernahme von Schullasten Seitens der bürgerlichen Gemeinden. Konfessionsschulen neben städtischen Schulen; Nichtverpflichtung der bürgerlichen Gemein- den zu Beiträgen für erstere und für konfessionelle Privatschulen.

Personalchronik.