1874 / 277 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Nov 1874 18:00:01 GMT) scan diff

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den Gedanken der detachirten Strafkfammern bei den Kreisgerihts- Kollegien, für welche ihm drei Richter ausreichend schienen. Warum sollte aber ein solhes Detachement niht auch bei den Civilkammern gestattet sein? Die“ zweite Vorausseßung für eine gute Gerichtsorganisation fand Redner in den Bürgschaften für eine unabhängige und sorgfältige Rechtspflege; über die Dienstverhältnisse der Richter enthalte der Entwurf aber gar nichts; nicht einmal die Unabseßlichkeit garantire er. Ferner verbiete der Entwurf niht, das in Preußen mit heftigen Klagen angegriffene Deputations- und Kommissionswesen in das deutshe Geriht zu übernehmen. Der Reichstag dürfe einer Organisation nicht zustimmen, in welcher die Mög- lihkeit der Verschiebung der Justizverwaltung vorhanden ist. Warum können aber nit dieselben Abtheilungen Straf- und Civilrecht \sprehen? Eine fernere Garantie fand Redner in den Rechtsmitteln; er bedauerte, daß die Regierungen sich gezwungen gesehen haben, die Berufung in Civilsahen darunter aufzuneh- men. Es föônne dem Ansehen der Gerichte nit förderlich fein, wenn man das Erkenntniß der ersten Instanz als Pro- visorium betrachte. Gleichzeitig werde der Rechtseinheit die Lebensader durschnitten, indem der Entwurf gegen zwei übereinstimmende Erkenntnisse die Revision nicht gestatte. Ferner sei das Prinzip der Oeffentlichkeit besser zu fichern, welche die einzig sichere und wirksame Kontrole des Rechts- \pruches sei. Was endlih die in den Justizgeseßen wahrzuneh- mende Rechtseinheit betrifft, #o vermisse man s{hwer genug, daß man eine centrale Justizverwaltung nit habe; als Symbol der Einheit habe man freilih das Reichsgericht erhalten, dessen Ein- heit aber vollständig aufgehoben werde dur S. 7 des Einfüh- rungsgeseßes , welcher jedem Staate, das mehrere Oberlandes- gerihte habe, anheimgebe, die dritte Instanz einem höôh- sten Gerichte zu übertragen. Er könne niht glauben, daß dieser Paragraph ohne Anwendung von Gewalt vom Reichstage angenommen werden würde, wodur \sich die Frage freilih aus einer Gesezgebungs- in eine politishe Frage ver- wandeln würde. Niemand verkenne die Vorzüge des Entwurfs; aber Ergänzungen desselben müßten nothwendig ein- treten, da ohne dieselben eine gesicherte und geschüßte Rechts- pflege niht möglih sei. Der Reichstag dürfe dem Reiche die ReHtspflege, wie er sie von den Einzelstaaten übernommen habe, nicht um Vieles vermindert und in ihren Garantien verschlechtert übergeben. 4

Der Bundesbevollmächtigte, Staats- und Justiz - Minister Dr. Leonhardt replizirte darauf gegen einige Aeußerungen des Abg. Dr. Lasker. (S. unter Reichstagsangelegenheiten.) Dann \prah der Abg. Dr. Schwarze sein Bedauern darüber aus, daß das Schöffengericht nicht in das Geseß aufgenommen sei. Der Abg. Windthorst richtete seine Kritik Strafprozeßordnung; c- wünschte den Richter aus dem Partei- getriebe mehr zu entfernen, als das bis jegt der Fall sei. Bor Allem aber erklärte er sh mit dem Siß des Reichsgerichts nicht einverstanden und wünschte dafselve in eine Universitätsstadt, aber nicht nach Berlin, dem Sitze der höchsten Verwaltungsbehörden, verlegt. Schließlich \prach er sih gegen die einfache Aufhebung der firchlihen und Patrimonialgerihtsbarkeit aus.

Um 4 Uhr vertagte das Haus die Debatte bis heute 11 Uhr.

In der heutigen (17.) Sizung des Deutschen Reichstags, welcher die Bundesbevollmächtigten Staats- und Justiz-Minister Dr. Leonhardt, der Präsident des Reichskanzler-

Amts, Staats-Minister Pr. Delbrück, der bayerische Staats-Mi-

nister Dr. v. Fäustle, der württembergishe Iristiz- Minister v. Mittnaht und zahlreiche Bundeskommissarien- beiwohnten, wurde die erste Berathung der drei Justizgeseßentwürfe fortgeseßt. Der Abg. Dr. Gneist hielt es für wünschenswerth, daß die verbündeten Regierungen noch nachträglich sfich über Mo- tive der Vorlagen \{chlüssig machen, welche sie gemeinsam zu ver- treten geneigt wären. Er begrüßte im Entwurfe vornehmlich, daß der Grundsaß der Kollegialität in umfassenderer Weise zur Gel- tung gebracht werde, als im alten preußischen Verfahren. Gesetze, welche das gesammte Rechtsleben eines Volkes zu regeln berufen wären, könnten schon um dieser ihrer Natur willen nicht en bloc angenommen twerden. Die mweitgreifenden Aenderungen des Entwurfs, die Ausdehnung der Befugnisse und Wirksamkeit des Einzelrichters, die Vereinfahung und Beschränkung des In- stanzenzuges und der Rechtsmittel könnten niht vorgenommen werden, ohne daß Garantien für die Unabhängigkeit und Un- absezbarkeit der Richter gegeben würden. Es entspreche weder der Würde des Reichs, noch den Anforderungen an eine ge- sunde Rechtspflege, daß, wie der Entwurf will, neben dem Reichsgericht noch drei oder vier oberste Gerichtshöfe auf kurze Zeit beständen. Die Materie sei eine so \chwierige, daß man nicht werde umhin können, von einer permanenten Kommission eine materielle Prüfung eintreten zu lassen, obgleich eine solche Kommission in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen sei. Dies erkläre sich aber daraus, daß Geschäfts- ordnungen niemals Bestimmungen über die Behandlung großer Kodifikationen enthalten, sondern nur Borschristen über die ge- \häftsmäßige Behandlung einzelner Gesezentwürfe. Wolle man eine permanente Kommission nicht einsezen, so würde man in die shwierige Lage kommen, über ein- oder zweitausend Amen- dements zu berathen und sich \{lüssig zu machen. Der Redner empfahl {ließli die Niedersetzung einer permanenten Kommission von 28 Mitgliedern. Der Abg. Dr. Erhard gab dem Abg. Dr. Lasker zu bedenken, ob er in seinen gestrigen Ausführungen nicht die gegebenen Verhältnisse außer Acht gelassen und einen idealen Einzelrichter “statuirt Habe, der in Wirklichkeit niht existirt , verführt durch das auf Deutschland nicht anzuwendende Beispiel Englands, dessen Institution der Friedensrichter auf dem Selfgovernement und auf einem für das Geshworenenamt entwicktelten Laien- element beruht, dessen Deutschland nohch für lange Seit entbehren werde. In Betref} der Preßvergehen vermißte der Redner in der Strafprozeßordnung die Aburtheilung durch Schwurgerichte, welhe eine Resolution des Reichstags, die anläßlih des Preß- geseßes beschlossen war , ausdrücklich in Aussiht genommen hatte. In Betreff der geshäftlihen Behandlung der Justiz- gesege trat der Redner dem Vorschlage des Abg. Dr. Gneist urhaus bei. Alsdann \prach der Abg. v. Schoening im Namen seiner konservativen Freunde die Bereitwilligkeit aus, an der großen Iustizreform mitzuarbeiten ohne Voreingenommen- heit gegen liberale Auffassungen, aver nicht ohne Bedenken gegen die umfassende Heranziehung des Laienelements zu den Schwurgerichten, das in den ses öftlihen Provinzen nicht vorhanden sei.

Am Schlusse des Blatts hatte der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) das Wort, zunächst um sein Bedauern über die allzu rasche Betreibung der Reichsjustizreform auszusprechen, das Institut der Schöffen als cine für ihn auffällige Neuerung zu bezeihnen und die -Präzifirung der Stellung des Staatsanmaltes zu seinem Vorgeseßten in der Vorlage zu verlangen.

hauptsählich gegen die

Bei Gelegenheit eincs Spezialfalles ist es neuerdings zur Sprache gekommen, daß hinsihtlich der Berehnung der den verheiratheten außeretatsmäßigen Beamten bei Versehungen zustehenden Reisekosten (cfr. Nr. 3 des Cirkularerlasscs vom 98. August 1873, Minist. Bl. f d. i. V. S. 253, betreffend die Anwendung des Geseßes vom 24. März 1873, Ges. S. S. 122) cine verschiedene Praxis beobachtet wird, indem einzelne Behör- den gemäß der Verfügung vom 16. Juni 1857 (Centralblatt S. 187, Staats-Anzeiger S. 1256) dieser Berehnung die Ent- fernung auf dem kürzesten Exttapostwege zu Grunde legen, während andere gemäß der Cirkularerlasse vom 28. März 1867 (Min. Bl. f. d. i. V. S. 179) und vom 15. Januar 1869 (Centralblatt S. 161, Minist. Bl. f. d. i. V. S. 88) die be- treffende Entfernung, wenn sich der kürzeste Weg dadur ergiebt, daß einzelne Strecker. der Umzugstour nach dem Eisenbahn- oder Dampfschiffswege, andere nach dem Landwege berechnet werden, nah diesem kürzesten Wege berechnen. Zum Zwecke der Herbeiführung eines gleichmäßigen Verfahrens haben der Finanz- Minister und der Minister des Innern unter Modifikation der legteren beiden Cirkularerlasse bestimmt, daß für die Folge die erstere Berechnungsweise, welche dem Sinne der hier in Betracht fommenden §8. 2 und 4 des Allerhöchsten Erlasses vom 10. Juni 1848 (Gef. Samml. S. 151) am meisten entspricht, allgemein in Anwendung zu bringen ist. S :

Was die Berechnung der Tagegelder für die fraglichen Versehzungsreisen anlangt, so bleibt für dieselbe nur die auf die betreffende Reise wirkli verwendete Zeit maßgebend.

Von der Beschlagnahme eines Grundstüdckes Fur die erfolgte Einleitung der Subhastation werden, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 15. Oktober cr. die beweglihen Pertinenzien desselben, soweit sie fih zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstücke befanden, gleihmäßig betroffen, und es gelangt bei diesen ebenfalls die Strafandrohung des &'137 R. Str. G. B. (be- treffend die Beiseiteschaffung gepfändeter oder in Beschlag ge- nommener Sachen) zur Anwendung. Durch die Einleitung der Subhastation im Wege der Exekution wurde das Ziegelei- grundstück des Handelsmannes K. in Beshlag genommen. Dieser kaufte sodann, wie er später vor dem Appellations- rihter angab, mehrere Utensilien zum Betriebe der Ziegelei, die er einige Zeit päter wieder verkaufte und in Folge dessen auf Grund dcs §. 137 Str. G. B. angeklagt wurde. Das Mo- ment, daß Angeklagter jene Utensilien ersst nach der Beschlag- nahme angeschafft, erachtete jedoh der Appellationsrichter für unerheblih. Durch die Bestimmung derselben für den Betrieb der Ziegelei haben fie in jedem Falle die Eigenschaft von Per- tinenzstücken des in Beschlag genommenen Grundstückes erlangt und fallen somit gleihfalls unter die Strafbestimmung des §. 137 des Straf - Gese - Buches. Auf die gegen das verurtheilende Erkenntniß der zweiten Instanz eingelegte Nichtigkeitsbeshwerde des Angeklagten erklärte das Ober-Tribunal die Auffassung des Appellationsrichters für rechtsirrthümlich und erkannte auf Vernichtung des Vorerkenntnisses. „Die Beschlag- nahme eines Grundstückes“ führt das Erkenntniß des höchsten Gerichtshofes aus „durch Einleitung der Subhastation um- faßt nur den Indegriff der zur Zeit der Beschlagnahme zu dem- selben gehörigen Gegenstände. Es fann zugegeben werden, daß die im Laufe der Bewirthschaftung seit Ginleitung der Subhastation auf deus Grundstücke erzeugten ftehenden und die zur Fortséhung- bestimmten abgesonderten Früchte unter die stattgehabte Beschlagnahme fallen, weil dieselben in natür- liher Weise aus dem der Beschlagnahme unterworfenen Grund- stücke erwachsen find. Anders aber verhält es sich mit beweg- lichen Gegenständen, welche erst durch menshlihe Handlung und MWillensbestimmung für das Grundstück erworben und demselben zugeschlagen werden, und welche daher nur in Folge einer redht- lichen Fiktion (privatrechtlich) als Theile des Inbegriffs angeschen werden, dem sie einverleibt wurden.“

In einer Injurienprozeßsache hat das Ober-Tribunal am 9. Oktober cr. folgende wesentliche Entscheidung gefällt: Wenn der zuständige Sch iedsmann, an welchen sich Kläger zunähst gewendet hatte, ohne den bei ihm gestellten Antrag zu erledigen, aus seinem Amte \hied, und der Verklagte \ elbst zu seinem Nachfolger bestellt wurde, so muß die Vermitte- lung des stellvertretenden Schiedsrichters nachgesucht werden. Ob aber ein solcher zur Zeit bestellt war, hat das Ge- richt, vor welchem der Injurienprozeß anhängig gemacht ist, von Amtswegen festzustellen. War ein Stellvertreter nicht bestellt, so war ein kompetenter Schiedsmann nicht vorhanden und die Injurienklage daher auch ohne das Attest desselben zugelassen. Die Bestellung eines Stellvertreters durch Anträge bei der kompetenten Behörde herbeizuführen, ist der Kläger nicht verpflichtet.

_— Der General-Major von Grawers, Commandeur der 12. Infanterie-Brigade, ist zur Abstattung persönliher Meldun- gen von Brandenburg a. H. hier eingetroffen.

_— S. M. Kanonenboot „Drache“ is am 23. November c. in Wilhelmshaven außer Dienst gestellt.

Stralsund, 23. November. Heute Vormittags 10 Uhr wurde der diesjährige Neuvorpommersce Kommunal- Landtag dur den Vorsißenden, Se. Durchlaucht den Fürsten und Herrn zu Putbus, eröffnet.

Der Herr Vorsizende gedachte zunächst in ehrenden Worten des vor einiger Zeit verstorbenen rittershaftlichen Abgeordneten des Kreises Rügen, Hauptmann a. D. von der Lancken auf Landen. Die Versammlung erhob sich in Anerkennung der Verdienste des Verstorbenen. Die neueingetretenen Mitglieder, der ritterschaftliche Abgeordnete des Kreises Rügen, Rittmeister von der Lancken auf Mühliy und der städtische Abgeordnete, Bürgermeister Dettmann zu Grimmen, wurden der Versamm- lung vorgestellt. Der Jahresbericht der Landkostens-Bevoll- mächtigten wurde verlesen. Aus demselben is zu bemerken, daß der Bedarf der allgemeinen Landeskasse, der Landess\chuldenkasse und der Chaufsee-Unterhaltungskasse für das Jahr 1875 mit 9333 Thlrn. hinter dem Bedarse des Jahres 1874 zurück- bleibt. Die demnächst vorgenommene Wahl eines Mit- gliedes des engeren ständishen Ausschusses fiel auf den ritterschaftlihen Abgeordneten des Kreises Greifswald, Ritter- gutsbesißger von Homeyer auf Ranzin. Die Rechnungen pro 1873 wurden auf den Antrag der Revisions-Kommission dechargirt. Auf die vorjährige Petition des Kommunal-Land- tags wegen Verbesserung der Kommunikationsmittel zwischen der Insel Rügen und dem Festlande ift, wie mitgetheilt wurde, von Seiten des Königlichen Handels-Ministeriums abshlägliher Be- scheid erfolgt. Ueber die Geschäftsthätigkeit der Provinzial- Hülfskasse im Jahre 1873 wurde berihtet und insbesondere mit- getheilt, daß nur vier Darlehne von zusammen 1800 Thlrn. aus- gegeben worden sind. Ueber den gegenwärtigen Stand des

Baues der Berliner Nordbahn gelangte die Mittheilung an die Versammlung, daß der Direktion der genannten Bahn von Sei- ten der Königlihen Staatsregierung die Genehmigung einer Prioritäts-Anleihe von 4 Millionen in Ausficht gestellt sei. Nach Verhandlnng mehrerer Angelegenheiten von minderer Wichtigkeit wurde die Sihung Mittags 1 Uhr geschlossen.

Göxlig, 24. November. Der diesjährige Kommunal- Landtag des Markgrafthums Ober-Lausiÿ wurde heute Vormittag bald nah 10 Uhr im Landhause hierselbst durch den Landeshauptmann und Landesältesten von Seydewiß mit dem Vortrage seines Jahresberichts eröffnet. Derselbe ent- hält eine interessanie Uebersicht über den Zustand und die Ent- wickelung der ständischen Verwaltung während der leßten 10 Iahre und weist nach allen Seiten hin die günstigsten Resultate nah. Nach Konstituirung des Landtages, Einführung der neuen Mitglieder und Erledigung der formellen Geschäfte, wurden 3 Ausschüsse aus dem Landtage gebildet, worauf die verfassungs=- mäßige Resignation sowohl des Landeshauptmanns - als des Landesbestalltcn erfolgte, welhe beide mit Einstimmigkeit wieder gewählt wurden. Der Borsißzende gab demnächst einige Er- läuterungen zu seinem Jahresberiht und sah auf Grund der- selben der Landtag sich veranlaßt, die nahgewiesenen geringen Etats-Ueberschreitungen, denen fehr viel höhere Ersparnisse gegen- überstehen, zu genehmigen, die für das Provinzial-Museum in Shlesien bewilligten 8000 Thlr. aus dem Reservefonds der Landsteuer-Kasse vorschießen zu lassen, der Präparanden-Anstalt in Rothenburg den bisherigen Beitrag fortzubewilligen, auch zur Unterstüßung von Präparanden, Seminaristen, Lehrern 2c., die bisherige Summe dem Landeshauptman zur Dis- position zu stellen und der Gemeinde Tränke einen Bei- trag von 20 Thlrn. zur Salarirung ihres Lehrers zu ge- währen. Von dem höheren Bescheide, betreffend den Lehrer- Emeritenfonds nimmt der Landtag Kenntniß und beschließt, die weitere Betreibung dieser Angelegenheit bis zum nächsten Land- tage zu vertagen. Ebenso erhält der Landtag Mittheilung über die Entwickelung des Lausißer Kredit-Instituts aus dem Berichte der General-Direktion desselben und bewirkt dann, nachdem au die Anstellung eines unteren Beamten beshlo}sen war, die für die einzelnen Direktionen, Kommissionen und Deputationen er- forderlihen Wahlen.

Bayern, München, 22. November. Prinz Otto hat fih gestern von Elbingeralp nah Hohenshwangau zu Sr. Majestät dem König begeben ; Ihre Majestät die König1n- Mutter weilt zur Zeit noh in Elbingeralp. Wegen Ablebens des Erzherzogs Ferdinand von Oesterreih wird für den König- lichen Hof eine Trauer auf 14 Tage angeordnet werden.

Der deutsche Botschafter in Paris, Fürst von Hohen- lohe, ift in der vergangenen Nacht von Schillingsfürst hierher zurücgekehrt. Die Familie desselben tri morgen. von Aufssee hier ein, die Abreise nah Paris ist auf künftigen Mittwoch fest- geseßt, , “Der „Corr. v. u. f. D.“ schreibt: In der gestern ab- gehaltenen Sizung des Verwaltungsrathes der baye- rischen Ofstbahnen wurde eine aus fünf Mitgliedern be- stehende Kommission gewählt, welche die Verhandlungen über den Verkauf der Ostbahnen mit der Staatsregierung führen soll. Diese Kommission besteht aus dem Staatsrath von Schu- bert, dem Präsidenten des Verwaltungsraths, dem Freiherrn von Eichthal, von Frölich, Hofrath Dr. Henle und Banquier Dr. Merk. Hinsichtlih des eventuellen Kaufpreises hat die Staats- regierung bisher noch keine Vorschläge gemacht, es dürften die- selben aber nunmehr in kürzester Zeit an die eben erwähnte Kommission gelangen. Sobald Aussicht auf eine Ver- ständigung mit der Staatsregierung vorhanden ist, wird der Verwaltungsrath die Einberufung einer außerordent- lien Generalversammlung der Aktionäre beschließen. Die gemishte Kommission, welche vorläufig über den Zustand der Ostbahnen und der zu denselben gehörenden Ge- bäude tehnishe Erhebungen zu pflegen hat, wird bei sieben- tägigem Kommissorium in Bayreuth beginnend die Strecken Weiden - Eger, Irrenlohe, Nürnberg - Regensburg - Schwandorf- Furth, Regeasburg-Passau und Straubing-München in Augen- schein nehmen.

Demselben Blatt entnehmen wir Folgendes:

Das Comité für katholische Reformbewegung hatte, veranlaßt durch in leßter Zeit ausgestreuten Gerüchte bezügli) des miylichen Standes der altkatholishen Sache in München, für geboten evachtet, cine getreue Darstellung der Sacblage an die Mitglieder ge- langen zu lassenz zu diesem Behufe fand heute Vormittag im großen Saale des Museum eine sehr stark besuchte vertrauliche Bersamm- lung* der Altfatholiken statt, in welher Prof. Dr. J. Huber unter lebhaftem Beifalle die Fortschritte des Altkatholizismus in Deutsch- land und speziell in Bayern, Kaufmann Schamberger die günstigen Kassenverhältnlsse des Münchener Vereins und Pro- fessor Dr. Meßmer die Schul- und Pastoralangelegen- beiten darlegte. Professor Dr. Friedrih, welcher eigens zu dieser Versammlung von Bern hierher gerei\t war und mit stürmishem Jubel empfangen wurde, versprach ferner auf dem Kampf- vlaße in München auszuharren und oft von Bern hierher zu kommen. Der Vorsißende theilte die demnächstige Wiederaufnahme der Monat®- versammlungen im „Café Metropole* mit, und Prof. Dr. Huber, sowie Dr. Friedrich fündigten Vorträge hiefür an. Da der bisherige Redacteur des altkatholischen Organs „Deutscher Merkur“ in München, Hr. Dr. Hirshwälder, sih na Bern als Professor an der dortigen altfatholischen Fakultät begiebt, fo wird, wie die „N. Nachr." melden, ein junger Gelehrter Namens Dr. Wogcker die Redaktion des „Merkur“ übernehmen.

Der Aus\chuß des kürzlih konstituirten Vereins der liberalen Reihsfreunde hat unter dem 21. d. M. fol- genden Aufruf erlassen: :

Mitbürger! Unsere Gegner ließen si þ enge an einander und haben si eine Gliederung gegeben, welche ihren gesammten Kräften volle Wirksamkeit sihert. Säumen auch wir nicht, unsere Organi- sation zu festigen und uns zu Rath und That innig zu verbinden. Es mahnen hierzu die höchsten Interessen des politischen und sozialen Lebens, werth des Strebens und Bemüähens Aller, die es wohl mei- nen mit den Geschien unseres Vaterlandes, Der Sieg unserer Geg- ner wäre die Zerreißung des durch die politische Arbeit und das Blut der besten Männer excungenen Deutschen Reichs, denn offen erklären sich Stimmen aus dem Lager mächtiger Parteien als reichsfeindlich gesinnt. Bekennen wir um fo entschiedener, daß wir als Deutsche treu und fest zu Kaiser und Reich stehen und schen wir ab von untergeordnetem Parteiunterschiede. Zu- nächst wollen wir zusammentceten zur Vertheidigung und Förderung der großen nationalen Aufgaben und unter den. Bestrebungen für das Gedeihen Bayerns vorerst diejenigen gemeinsam zu verwirklichen fuchen, welche jedem freisinnigen Bürger als ein Bedürfniß vor dem Auge stehen. Kein Ziel wird auf politischem Gebiete erreicht, keine Errungen- schaft gewahrt ohne reges thätiges Zusammenwirken aller Gleichgesinn- ten. Möge daher der Beitritt der lieberalen und reichstreuen Männer in München und seiner Umgegend zu unserem Veceine Zeugniß für das Verständniß ablegen, day wir den Einzelstaat um jo mehr stärken, je entschlossener wir für das Wohl des gemeinsamen deutschen Vater- landes wirken!

WWürttemb-xg+ Stuttgart, 19. November. Wegen Ablebens des Erzherzogs Karl Ferdinand von Oesterreich if von heute an Hoftrauer auf 8 Tage angeordnet worden. Der König ist gestern Abend von Bebenhausen wieder hier ein- getroffen.

_— Der am 14. Dezember 1865 verstorbene Staatsrath Dr. v. Lud wig hat einen großen Theil seines Vermögens im Be- trage von über einer halben Million Gulden zur Gründung eines Hospitals für „arme kranke Württemberger“ gestiftet. Nach- dem in Ausführung dieses Testaments das Hospital, welches nah der Verfügung des Stifters den Namen „Charlottenhülfe“ tragen soll, erbaut, und die innere Einrihtung vollendet ist, wird am 1. Dezember dieses Jahres dessen Betrieb unter- der ärztlihen Leitung des Professors Dr. Ott hier beginnen. Das Hospital befindet sich an der Ee der Silberburg- und Linden- \pürstraße in einer größeren geschlossenen Gartenanlage.

Baden. Karlsruhe, 23. November. Gestern Nah- mittag is der erwartete Besuch des Großherzogs und der Großherzogin von Sachsen-Weimar mit den Prinzessinnen Marie und Elisabeth hier eingetroffen. Gleichzeitig kamen auch der Landgraf Friedrih und die Landgräfin Anna von Hessen, geb. Prinzessin von Preußen, zum Besuch der Großherzoglichen

Familie von Baden hier an und kehrten Abends dahin zurü,

wo sie den Winter zu verbleiben gedenken, während die Weimar- \hen Herrschaften heute Nachmittag Karlsruhe wieder verlassen und die Reise nah Weimar fortgeseßt haben. :

_— Am verflossenen Montag fand au protestantischer Seits die Einweihung des neuen Friedhofs statt. Nah Be- {luß des Kirchengemeinde-Raths sollte dieselbe niht als b:\on- dere Feierlichkeit, sondern bei Gelegenheit der ersten Beerdigung vorgenonimen werden. So traf es sih, daß Ober-Hofprediger Boll die Weihe der neuen Begräbnißstätte zu vollziehen hatte. Wenn thunlich, ist nah Vollendung der Friedhofkapelle eine all- gemeinere Feierlichkeit beabsichtigt.

In Konstanz ist nunmehr, und zwar vom 6. d. an, die Spitalkirche der kirhlih konstituirten und staatlich anerkann- ten altkatholishen Gemeinde zum, aus\cließlihen Ge- brau überwiesen worden, ebenso die Spitalpfründe. Auch in der Thiengener Kirchenfrage ist die Entscheidung erfolgt.

Meeklenburg+ Der „Rostocker Zeitung“ wird aus Ber- lin vom 23. November Folgendes telegraphirt: Die Petitions- Kommission des Reichstages verhandelte heute über die Petition in der mecklenburgishen Verfassungsangelegenheit. Referent war Haupt (Wismar), Korreferent v. Puttkamer (Ly). Der mecklenburgishe Regierungs - Kommissar Legations - Rath v. Bülow erklärte, dem nächsten ordentlichen Landtage, welcher Mitte Februar zusammentrete, werde die frühere Verfassungs- vorlage unverändert, und zwar im Einverständnisse zwischen Meck- lenburg - Schwerin und Mecklenburg - Streliy vorgelegt werden. Die Kommission beschloß darauf, die Petition wegen der meck- lenburgischen Verfassung als durch den im Reichstage eingebrah- ten Antrag und den’ darauf zu fassenden Beschluß für erledigt zu ertlären und die Referenten mit mündlicher Berichterstattung über den Inhalt der Petition bei der Verhandlung des An- trages über die mecklenburgishe Verfassung im Plenum zu be- austragen.

Sachsen-Weimar-Eisenach. We imar, 24. November. Der Großherzog und die Großherzogin trafen mit den Prinzessinnen vergangene Nacht von ihrer Reise nah Italien, nachdem Ihre Königlichen Hoheiten dem Großherzoglichen Hofe zu Karlsruhe auf der Durchreise einen Besuch gemacht hatten, in erfreulihem Wohlsein wieder hier ein.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 23. November. Der König und die Königin von Sachsen trafen heute Mittag auf dem hiesigen Bahnhofe ein, woseld| Sie von dem Herzog und der Herzogin sowie dem Prinzen Moriß empfangen wurden. Auch hatten si zur ehrfurchtsvollen Be- grüßung Ihrer Majestäten das Offizier-Corps und ein zahl- reihes Publikum eingefunden. Nachdem Se. Majestät die auf- gestellte Ehrencompagnie, während das Musikcorps die Sachsen- hymne spielte, besichtigt hatte, begaben si die Hohen Herrschaften in die bereit stehenden Wagen und fuhren in das Residenshloß. Abends wohnten dieselben einer Borstelung im Theater bei. Sodann war militärischer Zapfenstreih. Zu Ehrea des Kö- nigs wird morgen eine Iagd auf Rehe in der Leina-Waldung stattfinden.

Hesterreich - Ungarn, Wien, 24. November. Vor- gestern Abend traf die Kaiserin, gestern früh der Kaiser von Göddölló in Wien ein. Nachmittags 4 Uhr fand die feierliche Beiseßung- der Leiche des Erzherzogs Carl Ferdinand, die vorgestern hierher überbracht und gestern früh von 8 Uhr an in der Hofburgkirhe ausgestellt war, in der Kapuzinerkirche statt. Die Allerhöhsten und Höchsten Herrschaften sowie Spezial-

esandte der \remden Höfe, unter diesen der außerordentlihe und

bevollmächtigte Botschafter des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, General-Lieutenant v. Schweiniz, wohnten der Feierlichkeit bei.

Im Abgeordnetenhause beantwortete der Handels- Minister einige in Eisenbahnangelegenheiten an die Regiernug gerihtete Interpellationen und erklärte, daß im Jahre 1872 10 Millionen Fl. an Subventionen gewährt worden seien und 945 Meilen Eisenbahn im Bau begriffen waren, von denen für 1873 noch 123 Meilen zum Ausbau verblieben. Im Jahre 1874 seien 95 neue Meilen hinzugekommen. Für 1875 werde der Staat fast 50 Millionen Fl. verausgaben. Eine größere Belastung des Eisenbahubudgets halte die Regierung mit Rü- siht auf die obwaltenden Umstände für inopportun; für das Jahr 1876 sei der Bau von 100 Meilen Eisenbahn bereits ge- sichert. Der Minister versprah die Vorlage eines detaillirten Programmes, sowie eine Reform der Gesehe über den Bau von Eisenbahnen und glaubte dur diese Erklärung einer detaillir- teren Beantwortung der bezüglichen Interpellationen überhoben zu sein. Die Rede des Ministers wurde beifällig aufgenommen und darauf die Debatte über das Aktiengeseßz fortgeseßt.

Ueber den Schiffbruch der Brigg „Said a“ enthält die „Wien. Z.* folgendes Telegramm aus Scyilla, 21. November : Sr. Majestät Brigg „Saida“ is gestern, mit frishem Nordwest- wind von den Liparischen Inseln gegen den Kanal von Messina segelnd, vor der Einfahrt in diesen Kanal von einem {weren Wesisturme ereilt worden. Es gelang niht, das Schiff von der Seeküste freizusegeln. Um 7 Uhr Abends wurde mit drei An- kern an dem geeignetsten Punkte geankert.

ads wig die Takelage auf Deck gegeben wurde, um dem Schiffe den Widerstand gegen die Macht des Sturmes zu er- leihtern, trieb dasselbe gegen Land und gerieth um halb 10 Uhr Abends auf den Grund.

Die Bemannung mußte as Schiff verlassen und isst mit Ausnahme des Matrosen Smircich vollzählig gerettet.

Sämmtliche Mitglieder der hier im laufenden Jahre ab- gehaltenen internationalen Sanitätskonferenz haben in Anerkennung der taktvollen Leitung der Verhandlungen und des verbindlichen Entgegenkommens, womit der Freiherr Max von Gagern die Diskussionen leitete, den Beshluß gefaßt, demselben ein Pracht-Album mit den photographischen Portraits der Kon- ferenzmitglieder zu widmen. In Abwesenheit der Vize-Präsi- denten der Konferenz wurde mit ihrer Autorisation das Album am 22. d. M. von den Mitgliedern, den Professoren Sigmund, Draschke und Dr. Polak überreicht. An Stelle des durch Un- päßlihkeit verhinderten Hrn. Ministerial-Rathes Dr. Ulrich richtete Professor v. Sigmund an den Freiherrn v. Gagern eine An- sprache, worin er den Verdiensten des Präsidenten um Erreihung der humanitären Biele die verdiente Würdigung widerfahren ließ. Baron v. Gagern gab hierauf in warmen Worten den Gefühlen seines Dankes den entsprechenden Ausdru.

Pest, 23. November. Das Unterhaus verhandelte die Nungzien des Oberhauses. Betreffs des Wahlgeseßes verlangte Tisza in Aufsehen erregender Rede protoktollarisch auszusprechen, daß das Unterhaus von der Richtigkeit seines frühern Beschlusses überzeugt sei und nur aus Rücsicht für das Inslebentreten des Wahlgefeßes dem Oberhaustexte beitrete. Die Siebenbürger \sprahen gegen den Oberhaustext, welcher von der Majorität angenommen wurde. Das Wahlgesetz ist somit erledigt. Die Notariatsvorlage wurde gleichfalls in der Fassung des Ober- hauses angenommen. Die Vorschläge des Oberhauses, betreffend die Inkompatibilitätsvorlage, wurden meist zurückgewiesen.

: Schweiz. Genf, 24. November. (W. T. B.) Bei den hier stattgehabten ‘Nahwahlen zum Großen Rathe sind die 19 Kandidaten der liberal-radikalen Partei gewählt worden.

-—— Der „N. Zürch. Ztg.“ wird aus Genf gemeldet; Die

Medaille, welhe zwi savoyishe Departemente der Schweiz als Dankeszeichen für die Aufnahme des Bourbaki'shen Corps widmeten, is nun erstellt und in Genf angelangt. Sie ist von Hrn. Schiapatti in Mailand gravirt und hat einen Goldwerth von 750 Fr. Auf der einen Seite stellt sie Frankreih dar, wie es der Schweiz die Hand reiht und auf der anderen stehen die Wappen von Chambéry und Annecy. e Der Wassershaden des Kantons Graubünden im Jahre 1874 betrug an Staatseigenthum 36,555 Fr., an Gemeinde-Eigenthum 113,622 Fr. und an Privat - Eigenthum 136,080 Fr., zusammen 286,258 Fr.

Großbritannien und Jrland. London, 29. November. (W. T. B.) Bei der Parlamentswahl in Birkenhead ist der Kandidat der Konservativen, Magiver, mit 3421 Stim- men gewählt worden; der liberale Gegenkandidat Stitt erhielt 2474 Stimmen. 7

Dover, 24. November. (W. T. B.) Die Kaiserin von

gleitung des Großfürsten-Thronfolgers und des Groß- fürsten Alexis nach Calais eingeschifft. Der Herzog von Edinburgh, Graf Schuwa loff und Viscount Sidney geleiteten E Kaiserin bis Dover. Die gesammte Garnison bildete die hrenwaZe-

Frankreich Paris, 22. November. Der Marine- Minister Admiral von Montaignac hat an den Prâäsi- derten der Republik folgenden Bericht erftattet :

Herr Prästdent! In dem Marinearsenal ist dér wichtige Dienst der Ausrüstung, des Betriebs, der Beaufsichtigung und Jnstandhal- tung der Flotte einem Personal anvertraut, welches in zwei Gruppen: die Hafenwächter und die Schiffshüter zerfällt. Nah der Ordnung vom 1. Juli 1831 und dem Dekret vom 2. Januar 1868, welche hierin nur dem Reglement vom 6. Oktober 1674 treu bleibt, wurde dieses Personal auss{ließlich aus den Schiffsoffizianten, Bootsleuten und Matrosen der Flotte rekrutirt, nur daß dieselben nichi länger ihre militärische Eigenschaft behielten. Gleichwohl sind die Dienste, welche sie zu leisten haben, ‘ana ang-than, eine vollkommene Gleich- stellung mit den Militärs zu rechtfertigen. Dies i} auch {on wieder- holt von den Marinebehörden vorgeschlagen worden und die Rolle, die den Hafenwächtern und Schiffshütern in Zukunft bei der Vertheidigung von Kriegshäfen mittelst unterseeischer Apparate zufallen wird, läßt es ebenfalls nothwendig erscheinen, das Band, das sie an die Marine fnüvft, zu stärken. Aus diesen Gründen habe ich, nachdem ih das &utachten des Admiralitätsraths eingeholt, die Ehre, das beiliegende Dekret Ihrer Genehmigung zu unterbreiten. Durch vasselbe werden die Hafenwächter und Schiffshüter in eine einzige Körperschaft ver- \{chmolzen, welche den Namen Marineveteranen fähreu und mit den Flottenmannschaften durchaus auf gleichen Fuß gestellt werden follen, wobei im Uebrigen aße bestehenden Vorschriften für die Rekrutirung, Besoldung und Verwaltung dieser Truppe beibehalten werden.

Montaignac.

Gelegentlih der Gemeindewahlen briagt die „Corr. Havas“ folgende Statistik : 165,830 Gemeinderäthe werden von Gemeinden unter 500 Einwohnern gewählt, 178,572 von denen unter 1500 Einwohnern, 44,112 von denen unter 2500 Ein- wohnern, 17,997 von denen unter 3500 Einwohnern, 16,652 von denen unter 10,000 Einwohnern, 3681 von denen unter 30,000 Einwohnern, 330 von denen unter 40,000 Einwohnern, 9288 von denen von 40—50,000 Einwohnern 2. Im Ganzen werden 428,458 Gemeinderäthe gewählt werden.

_— Das bereits erwähnte in Dijon an den Straßenecken angeshlagene Plakat, betreffend Maßregeln gegen Ruhestörungen gelegentlih der Gemeindewahlen, lautete wie folgt:

Achtes Armee-Corps. Gereralbefehl. In Folge der leßten Wahten kam es an cinigen Punkten des Gebiets des 3. Armeekorps zu stürmischen Aufläufen, bei welchen Rufe und Gesänge vernom- men wurden, die vom Standpunkt der Ordnung nur bedauerlich ge- nannt werden können. Es muß unbedingt dafür gesorgt werden, daß solche Vorgänge sih bei den bevorstehenden Gemeindewahlen nicht wiederholeu. Sie verbreiten Unruhe und Aufregung im Lande, lähmen die Geschäfte und sind störend für alle auständigen Leute. Der militärishe Befehlshaber soll sich daher allenthalben mit den bürgerlichen Behörden, den Staatsanwaltshaften und der Gendar- merie benehmen, damit die Ordnung vor, während und nach den Wahlen in gewohnter Art aufcechterhalten bleibe. Wo es die muth- maßlichen Dispositionen gewisser Einwohner erheishen, wird man wohl thun, aus Piquets starke Patronillen zu bilden, welche nur in Begleitung von Polizeiagenten oder Gendarmen umherzichen und e die Ruhestörer unbedenklich von de: Waffe Gebrauch machen ollen. Die Generale und Kommandanten haben, sobald die bürger- lihen und militärischen Behörden si verständigt, dem Obergeneral über die getroffenen Maßnahmen Bericht zu erstatten.

Im großen Hauptquartier zu Bourges, den 16, November 1874.

A. Drcrot, fommandirender General des 8. Korps und der 8. Militärdivision.

Beglaubigt: Guillet, Generalstabschef.

Befördert: Daunassaus, Präfekt der Côte-d’Or.

Aus Brest, 22. November, wird gemeldet: Der Admiral Ribourt is heute von Neu-Caledonien ange- kommen und wird heute Abend nah Paris weiterreisen. Der- selbe war in der Strafkolonie mit der Untersuchung beauftragt,

welche die Flucht Rocheforts betrifft. Man glaubt, daß sofort

Rußland hat sich heute Vormittag um 1/211 Uhr in Be- 4

eine vollständige Veränderung in dem höheren Beamtenpersonal der Kolonie stattfinden werde.

—— DD: November. (W. T. B.) Dem „Soleil“ zufolge würde in der Zusammensezung des Ministeriums bis nah den bevorftehenden Weihnachtsferien keinerlei Veränderung ein- treten und würde au die Berathung der konstitutionellen Frágen bis dahin vershoben werden.

Der hiesige Munizipalrath hat den Antrag, die Be- rathung über die neue 229-Millionen-Anleihe zu vertagen, mit 40 gegen 25 Stimmen abgelehnt. ;

Nah hier eingegangenen amtlichen Mittheilungen aus Algier find dort weder Unruhen ausgebrochen, noch Verhaf- tungen von Häuptlingen einzelner Stämme vorgenommen wor- den. Die nah Algier geflüchteten Marokkaner und TU- nesen sind entwaffnet und theicweise bereits in ihre Heimath zurückgekehrt.

Ftaliea. Rom, 20. November. - Turiner Zeitungen be- rihten, daß sich der Gesundheitszustand der Herzogin. von L f f während ihres Aufenthalts in San Remo fast zusehends

effsert.

Nachstehendes Cirkular aus dem Ministerium des Innern an die Präfekten wird von den Blättern ver- öffentlicht :

„Die politische Bewegung, welche in der argentinischen Konföde- ration ausgebrochen ist, hat den Handel und Verkehr dort ins Stocken gebraht und die zahlreihen Einwanderer aus all.n Ländern Europas arbeits- und verdienstlos gemacht. Jch wünsche, daß diese Nachricht, welche die Regierung aus offizieller Quelle erhalten hat, zur Kenntniß Aller gebracht wird, wle in ihrer Unbekanntschaft mit den dortigen politishen Zuständen daran denken sollten, nach der argentinischen Republik auszuwandern in der Hoffnung, dort Arbeit und. Brot zu finden. Indem ih Ihnen dieses mittheile, ersuche ich n du es in der amtlichen und periodischen Presse bekannt zu machen.“

Von den dreizehn Bischöfen, welche die english-katho- [ische Hierarchie bilden, befinden sih, wie L A A, gegenwärtig bereits fünf in Rom, vier andere und der Metro- politan-Bishóf Monsignore Manning werden von Tag zu Tag erwartet. Der von Basel vertriebene Bischof Lachat is ange- fommen und bereits vom Papst empfangen worden.

Nach der „Italie“ sollte in Rom am 22. d. eine Ver- sammlung von Abgeordneten der Rechten stattfinden, welcher auch der Minister-Präsident beiwohnen wollte, um den Deputirten die Politik, welche die Regierung zu verfolgen ge- denft, auseinanderzusezen.

Die Einnahmen der Tabaksregie beliefen sih im leßtvergangenen Monat Oftobez: auf 10,468,509 Fr. oder 115,856 Fr. mehr als im Oktober 1873. Die Einnahmen der ersten zehn Monate des laufenden Jahres belaufen ih auf 98,070,268 Fr. oder 2,435,695 Fr. mehr als in demselben Zeit- raume des Jahres 1873.

Die neapolitanishen Zeitungen berihten, daß abermals 69 Cammorristen verhaftet und nah den mittel- ländischen Inseln in Zwangsaufenthalt abgeführt worden find.

Amerika. Nach ciner dem „Reutershen Bureau“ aus Vue - nos-Ayres zugegangenen Meldung vom 21. d. herrscht in der Stadt vollständige Ruhe und sind die Fremden in keiner Weise behelligt worden. Der Aufstand ist bisher auf die Provinzen im Innern beschränkt geblieben. Die Wirkungen desselben magen sih in der Hauptstadt wenig bemerklih, die Schiffahrt ist u gehemmt und die Kriegsschiffe der auswärtigen Mächte haben ohne Ausnahme ihre Station nicht verlassen. Die Banken find sämmtlich geöffnet, au die argentinische Bank, welche eine Zeit lang geschlossen war, hat ihr Geschäft wieder aufgenommen. In Montevideo herrscht vollständige Ruhe,

Asien. Nah in London am 24. November eingegangenen Nathrichten aus Bombay hat Shir Ali Khan die Verhaftung von JFacub Khan aus Besorgniß vornehmen lassen, daß Leß- terer Herat an Persien abtreten werde. Nach Berichten, welche der „Times“ aus Kalkutta zugegangen sind, fürhtet man dort, daß die Gefangensezung von Jacub Khan ernsthafte Ver- wicklungen zur Folge haben und zu einer Intervention der Regierung von Ostindien Veranlassung geben könne.

Afrika. Aegypten. Der „Times“ wird aus Alexan - drien gemeldet, - daß Frankreich nunmehr seine Zustim- mung zu einer Reform der ägyptischen Gerichtsorgani- sation ertheilt habe. Es ist bereits eine Konvention zu diesem Zwecke unterzeihnet, welche der Nationalversammlung zur Be- \{lußfa}sung unterbreitet werden soll.

Land- und Forstwirthschaft.

Berlin. Das Laudeê-Oekonomie-Kollegium seßte in seiner Sitzung am Freitag, 20. d. M., in Gegenwart des Ministers für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten seine Berathungen unter dem Vorsiß des Geh. Reg. Rath Dr. Thiel fort. Zunächst erfolgte die Wahl der Ausschußmitglieder, Es wurden gewählt für die Provinz Preußen: General-Landschafts-Nath Richter, al&,Stell- vertreter Hr. v. Saucken-Tarputschen; für die Provinz Branden- burg: Hr. v. Herford, als Stellvertreter Amtsra:h Schütz; fürz die Provinz Pommern: Landschafts-Direktor v. Hagen, als St-llver- treter Kammerherr v. Buggenhagen; für die Provinz Posen: Hr. Leh- mann-Nitsche, als Stellvertreter Hr. v. Bethmann-Hol weg ; für die Pro- vinz Schlesien: Frhr. v. Richthofen-Brechelshof, als Stellve.treter Geh. Rath Dr. Settegast; für die Provinz Sachsen: Landes- Oekonomie-Rath v. Nathusius-Königsborn , als Stellvertreter Hr. Sombart; für die Provinz Schleswig-Holstein: Hr. Bokelmann, als Stellvertrete: General-Sekretär Hach; für die Provinz Hannover: Staats-Minister Graf v. Borries, als Stellvertreter Ober-Appella- tions-Rath v. Lenthe; für die Provinz Westfalen: Frhr. v. Schor- lemer-Alst, als Stellvertreter Oekonomie-Rath v. Laer; für die Pro- vinz Hessen-Nassau: Frhr. v. Troll, als Stellvertreter Regie- rungs - Rath Wendelstadt; für die Rheinprovinz: Hr. vom Rath Lauersfort, Stellvertretender General - Direktor Capaun - Karlewa. Ein Antrag zur Geschäftsordnung, wonach in Zukunft bei den Be- rathungen des Ausschusses die Referenten und Korreferenten zu den gestellten Anträgen hinzuzuziehen find, wurde von der Versammlung angenommen. Ebenso erfolgte nah kurzer Diskussion die Ännahme des Antrages des Hrn. Lenße: den Minister für die landwirthschaft- lihen Angelegenheiten zu bitten, sich bei dem Minister des Innern dafür zu verwenden, daß die Bestimmung des bohenzoflern-sigmarin- gischen Geseßes vom 28. April 1849, wonach Mobilien nur bis zu drei Viertel ihrcs Werthes versichert werden können, so schnell als möglich aufgehoben werde. Hierauf trat das Kollegium in die Berathung - des 2 ntrages des Hrn. Vissering, der darauf hinging, bei der eng - llishen Regierung die Aufhebung der Viehsperre gegen

eutschland zu bewirken. Ju der Diskussion wurde tallscitig aner- kannt und dem Ministerium speziell der Dank dafür ausgesprochen, daß es mit den übrigen Organen der Staatsregierung biéher eifrigst bemüht gewesen sei, diejenigen Maßregeln zu treffen, weiche eine freie Eins fuhr von Vieh aus Deutschland nach England wieder ermöglichen könnten.

Nachdem der Minister Dr. Friedenthal in einer längeren Ausführung dem Kollegio die Versicherung gegeben, daß er die Sache unausgeseßt