1874 / 284 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Dec 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Einen Beitrag zur Auslegung der strafrehtlichen Be- stimmung über die Beiseiteshaffung von Urkunden, Registern, Akten 2c. gewährt ein Erkenntniß des Ober- Tribunals vom 12. November cr. §. 133 des Reihs-Straf- geseßbuches bestimmt: „Wer eine Urkunde, ein Register, Akten oder einen sonstigen Gegenstand, welche sich zur amtlihen Auf- bewahrung an einem dazu bestimmten Orte befinden, oder welche einem Beamten oder einem Dritten amtlich übergeben worden sind, vorsäßlih vernichtet, bei Seite haft oder beschädigt, wird mit Gefängniß bestraft.“ In Beziehung auf diese Bestimmung entschicd das Ober-Tribunal, daß unter einem „zur amtlichen Aufbewahrung bestimmten Orte“ nicht nur ein Ort, der geseßlich oder durch eine Dienstanweisuag ausdrücklich hierzu bestimmt ist, sondern auch derjenige Ort zu verstehen sei, welcher \ich zur zweckentsprehenden Aufbewahrung der betreffenden Urkunden eignet und hierzu auch stets ausersehen wird. Féèrner entschied das Ober-Tribunal in derselben Unter- \suhungs\ache, daß unter Beiseiteshaffung von Urkun- den keineswegs eine für immer geschehene Entziehung zu ver- stehen sei, es genügt vielmehr dem Wortlaute und dem Zwecke des Geseßes nah au eine zeitweilige Beseitigung, wenn dieselbe in der Absiht erfolgt, dem Berech- tigten die Zugänglichkeit zu den betreffenden Urkun- den zu entziehen. Der gesehwidrig angestellte Kaplan K. zu E. (Westfalen) hatte die Kirhenbücher seiner Gemeinde ver- borgen, um dieselben einer Konfiszirung Seitens des Staates zu entziehen, und entzog fie so eine Zeit lang der berechtigten Benußung. Auf Grund des §. 133 des Strafgesezbuhs an- geklagt, wurde Kaplan K. vom Appellationsgeriht zu Münster demgemäß verurtheilt. In der gegen dieses Urtheil eingelegten Nichtigkeitsbeshwerde betonte der Angeklagte, daß Kirchen- bücher keine staatlihen Urkunden seien, daß für deren Auf- bewahrung weder geseßlih noch durch eine Instruktion ausdrüdck- li ein Ort bestimmt sei, und daß er die Kirhenbücher nit für immer der döffentlihen Benußung entziehen wollte. Diese Be- hauptung wurde jedoch vom Ober-Tribunal als ungegründet zurückgewiesen, indem es unter Anderem ausführte: „die Kirchen- bücher, mögen sie auch ursprünglih von der Kirche und zu den Zwecken der Kirche eingeführt sein, haben doch im Laufe der geschichtlihen Entwickelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat fast überall und insbesondere auch im preußi- hen Staate ihren rein fkirhlihen Charakter verloren und zugleih die Natur von bürgerlichen Standesregistern ange- nommen, welche der Staat auch für seine Zwecke benußt, auf deren Einrichtung und Führung er sih aber au eben deshalb im Wege der Gesezgebung und Verwaltung erheblichen Einfluß verschafft hat. . . Die Ansicht, als ob lediglich ein vom Gesege oder doch mindestens durh eine Dienstanweisung ausdrücklih bestimmter Ort als ein zur amtlihen Aufbewahrung der Urkunden bestimmter Ort im Sinne des §. 133 angesehen werden dürfe, ift irrig; sie entspricht dem Zwecke wie dem Wortlaute des Geseßes um so weniger, da dasselbe anstatt des im §. 106 des preußischen Strafge- sehbuches fich findenden Ausdrucks „an einem öffentlichen Verwah- rungsorte“ und anstatt des in dem §. 118 des ersten Entwurfs des Strafgesehbuchs für den Norddeutschen Bund gewählten Ausdrucks „an einem dienstlih bestimmten Orte“ des dehnbaren Ausdrucks „an einem dazu (sc. zur amtlichen Aufbewahrung) bestimmten Orte“ sih bedient. Vielmehr kann als ein „dazu bestimmter Ort“ in Ermangelung eines Geseßes oder einer ausdrücklihen Dienstanweisung auch derjenige Ort betrachtet werden, welcher nach- Zweck und Wesen der betreffenden Urkunden von dem zur Aufbewahrung Verpflichteten dazu nothwendig auser- sehen werden muß, wenn er seine Aufbewahrungspfliht gehörig erfüllen will, wobei es nit ausgeschlossen ift, daß mehrere Orte alternativ als zur Aufbewahrung geeignet er- cheinen. Der Appellationsrihter konnte deshalb im vorliegen- den Falle ohne Rechtsirrthum annehmen, daß die Kirhe und die Pfarrwohnung die zur Aufbewahrung der Kirchenbücher bestimmten Orte waren. Endlich is auch der Vorwurf unbe- gründet, daß der Appellationsrihter mit Unreht eine Beiseite- schaffung der fraglihen Bücher angenommen habe. Denn wenn- gleih der Begriff des Beiseiteschaffens nit dur eine jede, lediglich zum Zwecke eines blos vorübergehenden unbefugten Gebrauchs verübte Wegnahme der Urkunden von ihrem Verwahrungsorte er- füllt wird, \o verlangt derselbe doch auf der anderen Seite keineswegs eine für immer geshehene Entziehung; es genügt vielmehr dem Wortlaute wie dem Zwecke des Gesegzes nah auch eine zeitweilige Beseitigung, wenn dieselbe in der Absicht erfolgt, dem Berechtigten die Zugänglichkeit zu den be- treffenden Urkunden zu entziehen. In diesem Sinne hat aber

der Appellationsrichter ein „Beiseiteschaffen“ festgestellt, indem

er sagt, daß die Kirhenbücher von dem Angeklagten von dem zur Aufbewahrung bestimmten Orte weg- resp. bei Seite ge- chafffl seien und verheimliht wurden.“

Der General-Feldmarshall Graf vo n Roon if auf seinem Rittergut Crobnig in der Lausiß erk rankt. In dem Be- finden desselben ist laut Meldung des „W. T. B.“ aus Görliß von gestern Nachmittag eine Besserung eingetreten und gegründete Ausficht auf Wiedergenesung vorhanden. Jedoh dürfte leßtere nur langsam und allmählich vorschreiten.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrathe, Königlih baye- rischer “oige - Minister Dr. von Fäuftle, is nah München abgereist.

Ueber die auf der Schiffsbau- und Maschinenwerkstätt „Vulcan“ bei Stettin in der Ausrüstung befindlihen Schiffe der Kaiserlihen Marine berichtet die „Ostsee-Z3tg.“ aus Stettin: Das Panzershif „Hansa“, welches, um gepanzert und mit Maschinen versehen zu werden, seit dem vorigen Herbst vor der Werst des „Vulcan“ liegt, is jeßt soweitfertig gestellt, daß es am Donnerstag seine Fahrt nach Kiel antreten kann. Durh die Panzerung is der Tiefgang der „Hansa“ um 6 Fuß größer geworden, \o daß sie am Hintertheil durch Prähme gehoben werden muß, um über die flahen Stellen im Fahrwasser nah Swinemünde fortzukommen. Das Schiff kann deshalb auch seine eigenen (übrigens vollständig betriebsfähigen) Maschinen auf dieser Tour niht benußen, \on- dern muß bis Swinemünde geschleppt werden. Die Seefertig- stellung der Panzerfregatte „Preußen “, welche am 22. November vorigen Jahres auf dem „Vulcan“ vom Stapel lief, wird erst im nächsten Jahre erfolgen können. Ein kleiner Turbinendampfer „Rival“ ‘ist für die d Lee N Marine ebenfalls auf iet par S u erbaut und hat vor Kurzem seine Probefahrt gemacht.

Posen, 2. Dezember. (W. T. B.) Dekan Kryger -in Siemowo isst auf 6 Wochen inhaftirt worden, weil er sih ge- weigert hat, den Namen des apostolishen Delegaten anzugeben.

Baden, Karlsruhe, 1. Dezember. Nach einer im heute ausgegebenen „Geseßes- und Verordnungsblatt“ veröffent-

lihten landesherrlihen Verordnung soll der Betrag des Schulgeldes an den Gelehrtenshulen, Realgymnafien und höheren Bürgerschulen jährlich 64 Mark und an den mit solhen Anstalten verbundenen Vorshulen jährlich 30 Mark nit über- schreiten. Neben dem Schulgeld fann an ersteren Anstalten als Beitrag zur Bibliothek und Lehrmittelsammlung ein bei der erstmaligen Aufnahme von jedem Schüler zu entrihtendes Ein- trittsgeld eingeführt werden, welches aber den Betrag von 4 Mark nit überschreiten darf. Innerhalb dieser Grenzen wird das Schulgeld sowohl als das Eintrittsgeld für jede Anstalt und Klasse, und zwar bei Realgymnasien und höheren Bürgershulen nach Anhörung der Gemeindebehörde, von dem Ministerium des Innern festgeseßt. Für den Unterricht in den Gewerbeshulen wird in der Regel ein mäßiges Schulgeld entrichtet. Dasselbe soll bei der gewöhn- lihen Einrichtung dieser Schulen niht über den Betrag von móönatlich 60 Pfennigen anfteigen. Dasselbe Blatt enthält die Bekanntmachung, nah welcher die vom Schlusse des Scul- jahres 1873/74 (eins{chließlich) ab von den nihtbadishen deut- {Gen Gymnasien ausgestellten Maturitätszeugnisse, wenn fie der unter den deutshen Regierungen vereinbarten Form für diese Zeugnisse entsprehen, als den badischen gleihgeltend anzu- sehen sind, und es daher für Baden einer ausdrücklichen An- erkennung derselben im einzelnen Falle Seitens des Ministeriums des Innern ferner nicht bedarf.

Mecklenburg. Schwerin, 2. Dezember. Das von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog Friedrih Franz von Mecklenburg-Shwerin dem Andenken der in dem Kriege 1870—71 gebliebenen Mecklenburger auf dem Alten Garten hierselbst gesezte Denkmal is heute mit großer Feier- lihkeit enthüllt worden.

Das Denkmal steht auf dem südlihen Theil des Alten Gartens, der Statue des Großherzogs Paul Friedrich gegenüber. Ueber einer geräumigen Freitreppe, auf deren Treppenwangen zwei der großen in Soissons genommenen Festungskanonen, die Se. Majestät der Kaiser dem Groß- herzoge geschenkt, aufgestellt find, erhebt fich ein vierseitiger granitner Sockel. Jede Seite trägt eine Namenstafel. Ueber dem Sotel steigt 65 Fuß hoh eine shlanke Säule von rothe \{chwedishem Granit empor, ausgehend in ein kunstvoll mit Bronze geshmüdcktes Kapitäl. Auf leßterem steht die bronzene Bildsäule der Megalopolis, das siegreiche Schwert in der Rechten hoc er- hebend, die Linke auf den Schild ftüßend. :

Die Namenstafeln tragen die Namen von 809 Mecklen- burgern, welche in den Kriegsjahren 1870 und 1871 in Frank- reih vor dem Feinde gefallen oder ihren Wunden erlegen (544) oder an Krankheiten gestorben sind (265). Von dieser Ge- \sammtzahl haben 220 in dem mecklenburgishen Grenadier-Regi- mente Nr. 89, 269 in dem mecklenburgishen Füsilier-Regimente Nr. 90, 92 in dem mecklenburgishen Jäger-Bataillon Nr. 14, 94 in dem 1. mecklenburgishen Dragoner-Regimente Nr. 17, 97 in dem 2. mecklenburgishen Dragoner-Regimente Nr. 18, 26 in der mecklenburgishen (3. Fuß-) Abtheilung des {hleswig- holsteinishen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 9, (jeßt Nr. 24), endlich 151 in nihtmecklenburgishen Regimentern gestanden. 39 waren Offiziere, 17 Feldwebel und Vize-Feldwebel.

In Anlaß dieser militärischen Festlichkeit wurden zuglei den drei seit 1867 angesammelten Landwehr-Bataillonen Schwerin, Wismär und Rosto Fahnen verliehen. Gestern Nachmittag wurden dieselben im der Waffenhalle des Großherzoglichen Schlosses, unter persönlicher Betheiligung Ihrer Königlichen Ho- heiten der Großherzogin und der Großherzogin-Mutter, fowie der anwesenden fremden Militärs feierlih benagelt, darauf heute Vormittag in der Garnisonkirhe geweiht und auf dem an die Kirche stoßenden Platze den Bataillonen übergeben.

Als Gäste Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs nahmen an der Enthüllungsfeier Theil die Generale, welche vor vier Jahren bei den Kämpfen vor Orleans unter dem Oberbefehl Sr. Königlichen Hoheit ein Kommando geführt, so wie die Öffiziere, die dem Stabe desselben angehört haben oder dem Hauptquartier attachirt gewesen sind. In diesen verschie- denen Qualitäten waren anwesend der Königlih bayerische Ge- neral der Infanterie Freiherr von der Tann-Rathsamhausen, der Königlih preußishe General-Lieutenant von Tresckow, mit der Führung des IX. Armee-Corps beauftragt, im De- zember 1870 ftellvertretender Commandeur der 17. Divifion, der Marine-Minister General-Lieutenant von Sto\cch, 1870 Chef des Generalstabs im Corps des, Großherzogs, General- Lieutenant a. D. von Wittih, 1870 Commandeur der 292. Division, General-Lieutenant von Schmidt, 1870 Com- mandeur einer Kavallerie - Division, General - Lieutenant von Bredow, General-Lieutenant von Colomb, General-Major Freiherr von Kottwißt, jeßt Divisions-Commandeur in Stutt- gart, 1870 Commandeur der 33. Brigade, General-Major von Kleist, 1870 Commandeur des 89. Regiments, General-Major Dejanicz von G iszc zynski, 1870 Commandeur des 90. Re- giments, Oberst Graf von Waldersee, Oberst Strempel, Dberst von Lewinski, Oberst-Lieutenant von Tiele-Winckler, Major von Kossel, Major Fischer, Major Graf von Schlieffen, Major am Ende, Major Freiherr von Esebeck, Adjutant des Herzogs von Sa(hsen - Altenburg, Lieutenant Freiherr von Egloffstein, Adjutant des Herzogs von Sachsen - Altenburg, der Johanniter- Ritter Freiherr von Malt ahn- Vollrathsruhe, Geheimer Kriegs- rath Intendant von Schwedler, Ober-Stabsarzt Dr. Schilling, Justiz-Rath Ober- und Corps - Auditeur Michelis, Hauptmann von Vietinghoff, Hauptmann von Leithold, Rittmeister von Kleist, Rittmeister von Kobe, Hauptmann von Rösfing, Haupt- mann Fleck, Hauptmann As, Lieutenant Graf von Arco, Lieutenant Stengel, Lieutenant Graf von Pückler, Lieutenant Keding.

Von fremden Fürstlihen Personen betheiligten sich Se. Hoheit der Herzog von Sahsen-Altenburg, der 1870 auch im Hauptquartier Sr. Königlichen Hoheit des Groß- herzogs verweilte, und Se. Durchlaucht der Prinz Gün ther von Schwarzburg - Rudolstadt, Bruder der Groß- herzogin.

Die Feierlichkeit begann mit einem Choral der Militär- musik. Hierauf hielt Pastor Cöfsel aus Güstrow, der 1870 die mecklenburgishen Truppen als Feldprediger begleitet hatte, eine ergreifende Rede. Am Schluß derselben fiel unter be- geistertem Jubelruf, unter Kanonendonner und Glockengeläute die Hülle, welhe bisher den Sockel und die an demselben befind- lihen Namenstafeln den Blicken entzogen hatte. Der Großherzog und seine glänzende militärishe Begleitung begab fich auf die obere Plattform des Denkmals, während das bisher dem Denk- mal gegenüber aufgestellt gewesene Militär (die einzelnen Trup- pentheile find oben genannt) sich zum Vorbeimarsh formirte. Se. Königliche Hoheit der Großherzog stellte sih selbs an die Spitze der Truppen und führte sie an dem Denkmal vorüber,

so den tapferen Todten die legte Ehre erweisend.

In einer offenen Tribüne wohnten Ihre Königlichen Hoheiten die Großherzogin und Großherzogin-Mutter der Feier- lichkeit bei.

Oldenburg. Aus dem Fürstenthum Lübeck,. 2, Dezem- ber. (H. N.) Die Großherzoglihe Regierung hat zur Aus- führung einer in dem Schulgeseze vom 15. Januar 1873 vor=- gesehenen Bestimmung ein Regulativ über die Dispens\ ation vom Besuch der Volks\chule erlassen. Danach dürfen in Zukunft Dispensationen vom Schulbesuche im Sommerhalb- jahre während 20, im Winterhalbjahre während 10 Tage von dem Schul-Inspektor im Einverständniß mit dem Lehrer

„für das Winterhalbjahr nur in dringenden Nothfällen, für das

Sommerhalbjahr auf höchstens drei Monate ertheilt werden, jedo nur dann, wenn das elfte Lebenjahr zurückgelegt ist, oder das Kind eine Bildungsftufe erreicht hat, wie sie nach den Grund- linien für die Lehrpläne der Volks\hule bei seinem Eintritt in die Oberklasse von dem Schüler gefordert wird. Dispensationen zum Antriti eines Dienstes find niemals im Interesse der Dienst- herrschaften, sondern lediglih dann zu ertheilen, wenn die Dürftigkeit der betreffenden Familie so groß ist, daß anzunehmen steht, dieselbe werde in Noth gerathen, wenn die Dispensation versagt würde.

Anhalt. Dessau, 1. Dezember. (Anh. St.-A.) Se. Majestät der Kaiser und König haben eine Einladung Sr. Hoheit des Herzogs von Anhalt zu einer Iagd anzunehmen geruht. Se. Majestät werden mit Ihren Königlichen Hoheiten den preußischen Prinzen, dem Prinzen August von Württemberg

und andern Hohen Gästen am 12. Dezember um 10x Uhr auf

einem Extrazuge hier anlangen und von Sr. Hoheit dem Her- zoge am hiesigen Bahnhofe empfangen werden. Hochderselbe wird mit dem hiesigen JIagdgefolge sofort einsteigen und der Kaiserliche Zug wird nah dem Biendorfer Schlosse fahren, wo ein Dejeuner eingenommen wird. Die Jagd selbst wird darauf aus zwei Treiben auf Hasen bestehen. Nach derselben werden Se. Majestät und Se. Hoheit der Herzog mit den Hohen Gästen auf dem Jagdterrain den Extrazug besteigen, der gegen 44 Uhr in Dessau ankommt. Darauf findet im großen Saale des Her- zoglihen Residenzshlosses um 5# Uhr ein Diner statt, nah wel- chem Se. Majestät um 8 Uhr mit den Königlichen Prinzen nah Berlin zurückreisen wird.

Sachsen-Coburg-Gotha. Gotha, 2. Dezember Die „Goth. 3.“ veröffentlicht folgendes Dankschreiben des Staats-Ministers Frhr. v. Seebach:

Es hat mir der gestrige Tag so zahlreihe Beweise wohlwollen- der Theilnahme aus allen Kreisen der Bevölkerung der beiden Her-

zogthümer gebracht, daß es mir unmögli gewesen ist und auch für

die nächsten Tagë unmöglich sein wird, für jeden cinzelnen derselben besonders zu danken. Sei es mir daher gestattet, allen Denen, die mir in irgend einer Weise die Freude des s{önen Mes erhöht haben, meinen herzlihen und tief empfundenen Dank auf diesem Wege auszusprechen. Gotha, den 2. Dezember 1874. S : v. Seebach.

Die Geseß-Sammlung enthält eine Verordnung, betreffend die Ueberleitung der Landes-Schul-Angelegen- heiten auf die Regierung und die in Folge dessen nothwendig werdende anderweitie Organisation der oberen Verwaltungs- behörden.

WaldeŒ. Arolsen, 1. Dezember. Das Fürstl. Wal- deckische Reg. Bl. veröffentlicht folgende Verordnung, betref- fend die Organisation der Disziplinar-Behörden für die Lehrer und die Beamten an den öffentlichen Unterrichts-Anstalten in den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.

verordnen in Gemäßheit des zwischen Preußen und Waldeck-Pyr- mont geschlossenen Vertrages vom 18. Juli 1867, betreffend die Ueber- tragung der Verwaltung der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont an Preußen (Ges. Samml. für die Preußischen Staaten, 1868, S. 1, Fürstlich Waldeckishes Regierungsblatt, 1867, S. 133) auf den An- trag Unseres Staats-Ministeriums für das Gebiet der genannten Fürstenthümer, was folgt:

Art. T. Die Bestimmungen der Verordnung vom 18. Januar 1869, betreffend die Organisation der Disziplinarbehörden in den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont (Ges. Samml. für die Preus- Fischen Staaten von 1869, S. 209, Fürstlih Waldeckisches Regierungs- blatt von 1869, S. 15) finden hinsihtliGß der an den öffentlichen Unterrichtsanstalten angestellten Lehrer und Beamten mit den in den D Artikeln Il. und IIL. enthaltenen Maßgaben Anwen-

ung.

Art. 11. In den im Artikel der Verordnung vom 18. Januar 1869 bezeihneten Fällen tritt an die Stelle der in dem Staatsdienst- geseß vom 9. Juli 1855 (Fürstlih Waldeckishes Regierungsblatt S. 191) angegebenen Behörden, insbesondere auh_ der Ober-Schul- C und ihres Vorsißenden, Unser Provinzial-Schulkollegium zu

assel.

Art. I[1. Unser Provinzial-Schulkollegium zu Cassel bildet das Disziplinargericht erster Justanz, insofern der Beschuldigte niht von Uns angestellt oder bestätigt ist. i

Art. 1V. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündi- gung in Kraft. Ï |

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel. :

Berlin, den 2. November 1874.

Wilhelm. Camphausen. Gr. Eulenburg. A. Leouhardt. Falk. G. v. Kameke. Achenbach. Friedenthal. Der Landes-Direktor. j v. Sommerfeld.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 2. Dezember. Der Kaiser wird, wie der „P. Lloyd“ vernimmt, übermorgen Gödöllö ver- lassen, um sich nach Wien zu begeben und dort der Prüfung beizuwohnen, die der Kronprinz Rudolf vor einem großen Kreise von Fahmännern am 5. k. M. ablegen wird.

Das Ne l cas veröffentliht das Schluß- protofïoll vom 9. (21.) Juni 1874 der zu Warschau versam- melten internationalen Kommission, betreffend die Theilung der unbeweglihen Güter und Kapitalien der bestandenen Krakauer Diôzese und die Liquidirung anderer auf die Konvention vom 17. (29.) April 1828 gegründeten Reklamationen, unterzeihnet zu Warschau am 9. (21.) Iuni 1874, auf Grund Allerhöhster Entschließung - Sr. Kaiserlihen und Königlichen Apostolishen Majestät vom 29. April 1874.

Der vom Abg. Dr. Brestl verfaßte Bericht des Budgetaus\chusses des österreichischen Abgeordnetenhauses über den Staatsvoranshlag für 1875 gelangte bereits zur Ver- theilung. Die Voranschläge der Regierung sind im Wesentlichen gutgeheißen. Die Ausgaben sind um 1,467,762 Fl. niedriger angeseßt. Das wirkliche Defizit stellt fich auf 13,900,166 §Vl.

Prag, 2. Dezember. In Ausführung des §. 15 des böh- mischen Landesgesezes vom 27. Oktober 1868, womit die grund- säßlihen Bestimmungen zur Regelung des Kurwesens in

„nahdem nun an mehreren Stellen derartige Kurse zur Heran-

den Kurorten Karlsbad, Marienbad, Franzenbad und Tepliß- Schönau vorgezeihnet sind, wie das „Prg. Abendbl.* mit- theilt, nummnehr die Normen darüber festgestellt worden, welche besondere Vertretung in den bezüglihen Gemeindeorganen die- jenigen Interessenten zu finden haben, die als Eigenthümer der Quellen und Badeansftalten bisher in der Kurkommission ver- treten waren. Darnach wird denselben bei der Berathung aller Kurangelegenheiten in den Sißungen des Gemeindeaus\{huf}ses, oder des zur Besorgung der Kurangelegenheiten etwa besonders aufgestellten Organes eine auch durch Bevollmächtigte vertretbare Virilstimme eingeräumt und müssen dieselben von der Anbe- raumung einer jeden Sißzung, in welcher Kurangelegenheiten zur Verhandlung gelangen, unter Bekanntgabe der bezüglichen Pro- grammspunkte rehtzeitig verständigt werden. Doch kommt diesen Personen, wenn sie. bereits Mitglieder des die Kurangelegen- heiten berathenden Gemeindeaus\{usses sind, ein weiteres Stimm- recht, d. h. eine zweite Stimme nit zu. Pest, 1. Dezember. Der Steueraus\chuß begann die Berathung über die Besteuerung der Aktiengesellschaften und A cs E A i das Durhschnittserirägniß der ehten drei Jahre. e für Materialabnüßung abgeschrie Beträge werden nicht besteuert. E O OREE

; Großbritannien und Jrland. London, 1. Dezember. Die Prinzessin von Wales trat heute in ihr 30. Lebens- jahr. Das freudige Ereigniß wurde in London und Windsor durch die üblihen Ehrenbezeugungen festlich begangen. Die Großherzogin von Mecklenbúrg-Strelig stattete gestern der Königin in Windsor einen Besuch ab.

_— In dem Befinden des an der Gicht leidenden Premier- Ministers Disraeli is eine beträhtlihe Besserung eingetreten. Er war gestern zum-ersten Male seit einer Woche im Stande, sein Zimmer zu verlassen.

_— Der durh das Ableben des Generals Sir Frederic Smith erledigte Posten eines Ceremonienzneisters (Gentleman Usher) am Hofe is, wie die Morgenblätter melden, Herrn Leopold Cust, einem Sohne des Generals Sir Edward Cust, übertragen worden;

_— Der Lordmayor der City von London sowie die Sheriffs von London und Middlesex werden sich in Folge erhal- tener Einladungen Anfangs Januar nah Paris begeben, um der feierlihen Eröffnung des neuen Opernhauses beizuwohnen.

Frankreich. Paris, 1. Dezember. Die parlamen- tarishen Vereine hielten heute wieder Versammlungen. Das rechie Centrum ernannte zu seinen Vize-Präsidenten Batbie, Callet, Delsol und Lambert Saint Croix. Der Präsident des Vereins, Bocher, hielt eine Rede, ‘worin er die Nothwendigkeit des Zusammenhaltens der ganzen Rechten betonte, während Audiffret-Pasquier für ein Zusammengehen mit dem linken Centrum gesprochen hatte. Im linken Centrum erklärte Casimir Perier sih für eine abwartende Haltung der Rechten gegenüber.

Der Ober-Unterrihts8rath nahm vor zwei Tagen den Antrag des Bischofs von Angers, Msgr. Freppel, an, wo- nah der Rath eine Art von Oberaufsicht über den ganzen öffentlihen Unterricht in Frankreih übernehmen soll. Eine Kom- mission von fünf Mitgliedern wurde ernannt, um die Art und Weise festzustellen, wie das System in Ausführung gebracht werden soll.

_— 2. Dezember. (W. T. B.) Die vielfahen Gerüchte darüber, daß die Frage betreffs Organisation der öffentlichen Gewalten zu Meinungsverschiedenheiten im Schooße des Mini- steriums Anlaß gegeben habe, werden der „Agence Havas“ zu- folge an zuständiger Stelle als unbegründet bezeichnet.

Die Botschaft des Marschall-Präsidenten an die Nationalversammlung is heute Morgen festgestellt worden, dieselbe soll in der morgenden Sizung zur Vorlesung kommen.

__ Versailles, 2. Dezember. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung sprach der Präsident Buffet seinen Dank für die ihm zu Theil gewordene Wahl aus, und gab im Verlaufe seiner Rede der Erwartung Ausdru, daß die Parteien eine versöhnlihe Haltung gegen einander be- wahren würden. Scließlih \prach der Präsident die Hoffnung aus, daß es der Versammlung mit Gottes Hülfe gelingen werde, ihre Misfion nach jeder Richtung hin zu erfüllen. Der Herzog von Audiffret-Pasquier (rechtes Centrum) wurde mit 288 Stimmen zum vierten Vize - Präsidenten erwählt. Rampon (linkes Centrum) erhielt 251 Stimmen. Die Versammlung nahm hierauf das Geseß über die Reorganisirung der Cadres der Armee in erster Lesung an. Am nächsten Sonntag werden in den Kirchen anläßlich des Wiederzusammentrittes der Natio- nalversammlung öffentlihe Gebete stattfinden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 1. Dezember. Das Ministerium des Jnnern hat, nah der „M. Z.“, in diesen Tagen die Frage entschieden, auf welhe Weise diejenigen Personen zur Ableistung der Dienstpflicht herbeigezogen wer- den sollen, welche hrem Alter nah dienstpflihtig sind, aber bereits im Militärdienst gestanden haben und mit Offiziersrang verabschiedet worden sind. Es ist entschieden worden, daß solche Personen auf allgemeiner Grundlage zur Loosung herbeizuziehen sind, ohne aber persöônlih das Loos ziehen zu müssen. Wenn das Loos zum Eintritt in den Dienst auf fie fällt, sind sie in- dessen sofort mit Offiziersrang in die Reserve einzutragen. Sie werden dabei aber als zum Rekrutenkontingent ihres Einberu- fungsbezirks gehörig betrachtet. Zugleich is der Militär-Ober- behörde und dem Generalstab darüber zu berihten, damit die Steine zur Beurlaubung in die Reserve ausgeschrieben werden können, Wenn sich die in Rede stehenden Personen indessen nit der Loosung unterziehen wollen, werden sie in eine Er- ganzungsliste eingetragen und ebenfalls als Offiziere der Re- serve zugezählt.

_— Im Laufe des nähsten Monats wird aus der unter Leitung des St. Petersburger Damen-Lazareth-Comités stehenden Sule zur Seranbildung von Felds\cherinnen die erste Ent- lassung der 14 Zöglinge der oberen Klasse (nach Beendigung des dreijährigen Kurses) stattfinden. Indem die St. Peters- burger Hauptverwaltung der Gesellschaft zur Pflege verwundeter und kranker Krieger dies bekanni macht, fordert \ie die Land- amter und sonstigen Behörden auf, sofern bei ihnen ein Bedürf- niß nah Feldscherinnen vorliegt, und fie“ geneigt wären, eine oder mehrere dersellen bei fih anzustellen, der Hauptverwaltung hierüber rechtzcitig Mittheilung zu machen mit gleichzeitiger An- gabe der Bedingungen, unter welchen die Anstellung erfolgen könnte. Gleichzeitig maht die Hauptverwaltung bekannt, daß,

bildung von Feldscherinnen ins Leben gerufen worden sind, zu hoffen steht, daß nunmehr alljährlih Entlassungen ausgebildter Feldscherinnen stattfinden können. Es werden demnach hinfort

Wie die offizielle „Turkestansche Zeitung“ meldet, hat fih General Lomakin vorgenommen, vom Flusse Atrek und dem Kleinen Balkan aus eine Rekognoszirung auszuführen, um der unter den Teke-Turkmenen herrshenden Agitation ein Ende zu machen. Mit dieser Mission sollen“ zwei Kolonnen be- traut werden, von denen die eine von Tschikishljar und die andere vom Michailowshen Golf aus vorgehen follen. Der Kommandirende im Transkaspishen Gebiet hofft, daß diese Re- kognoszirung auf die Teke-Turkmenen Eindruck machen werde. Diese Kolonnen würden von ihren Stüßpunkten aus auf 100 bis 120 Werst vorgehen und dadur den Beweis liefern, daß die rufsishen Truppen im Stande sind, zu jeder beliebigen Zeit in den Lagerstätten der Nomadén zu erscheinen.

__— Am 11. November starb zu Peterhof der General- Lieutenant K. v. Wenzel, einer der verdienstvollsten General- stabs-Offiziere Rußlands. Am 23. Juli 1797 zu Witebsk geboren, wo fein Vater lutherisher Prediger war, trat er 1814 in das Spezial- Corps (Vorschule zum Generalstabe) ein, wurde 1820 Seconde- Lieutenant der Suite des Kaisers Alexander, bei dessen Tode er in Taganrog zugegen war; 1829 Stabs-Kapitän, machte er den türkischen Krieg und den Uebergang über den Balkan, desgleichen in Polen die Shlacht bei Ostrolenka und den Sturm auf Warschau mit; 1834 Oberst, 1839 Inspektor der Vermessung der Kron- E 1851 Gouverneur von Jrkutsk, seit 1859 Mitglied

enats.

Dänemark. Kopenhagen, 30. November. Nach län- gerer Pause hielt das Folkething heute wieder eine Sizung, in welcher zunächst die vierwöhentlihe Neuwahl der Beamten des Thinges vorgenommen wurde. Zum Präsidenten wurde Hr. Krabbe wieder mit 59 von 64 gültigen Stimmen gewählt. Vize- Präsidenten wurden Högsbro mit 47 von 56 und I. À. Hansen mit 46 von 56 Stimmen. Es wurde darauf ein Aus\huß von 11 Mitgliedern zur Prüfung des von Mitgliedern der sog. Mittelpartei, also niht von der Linken, eingebrachten Gesezent- wurfs, betreffend Veränderung des Kronzehnten in natura in eine Geldabgabe gewählt. Die Zehnten werden weniger in Jütland, als auf den Inseln, noch zum Theil in natura erlegt, Es wurde darauf in zweiter Behandlung der Regierungs- geseßentwurf, betreffend Ermächtigung an die Kom- mune in Aarhuus auf ungestempeltem Papier Partial- Obligationen einer Anleihe von 200,000 Thlr. R.- M. für dortige Hafenbauten auszustellen berathen. Es sollte danach auch die erste Behandlung der zwei eingebraht n Privatgeseßentwürfe, betreffend Unterstühungskassen für Dürftige, welhe niht der Armenverforgung unterliegen, vorgenommen werden, die Vorlagen wurden jedoch von der Tagesordnung ab- gesezt, weil die Minister, da gleihzeitig ein Staatsrath abgehalten wurde, niht zugegen sein konnten. Von dem Abg. Kapitän Jagd wurde eine Interpellation an den Justiz - Minister ange- meldet, welche das Gesindegeseß betraf.

Amerika, Der „Times“ wird aus Washington vom 2. Dezember gemeldet, die Botschaft des Präsidenten Grant an den Kongreß, die am nächsten Montag zur Verlesung gelange, werde abermals die Nothwendigkeit be- tonen, die Zahlung in Metall wieder aufzunehmen. Außer- dem werde in der Botschaft zu Neubauten bei der Marine aufgefordert und ferner anempfohlen, die Einfuhr von ausländi- hen Rohprodukten in. das Unionsgebiet entweder ganz zollfrei oder wenigstens zu ermäßigten Zollsäßen zu gestatten. Auch in dem Berichte des Schaßsekretärs wird hervorgehoben werden, daß die E derZahlungen in Metall dringend wünschens- werth sei.

Nach in New-York eingegangenen Meloungen aus Kuba hat ein spanishes Kanonenboot 21/2 Meilen von der kubanishen Küste einen englishen Schooner aufgebracht.

__ Afrika. Dem arabischen Journale „al Sawäib“ zufolge wird der Sultan von Zanzibar im nähsten Frühjahr Eng- [and besuchen. Die britische Regierung hat ihm die Versicherung ertheilt, daß er mit der seinem Range und seinen Verdiensten gebührenden Ehre und Achtung empfangen werden würde.

_ Australien. Aus Sidney wird vom 30. November telegra- phirt, daß das Ministerium von Neu-Süd-Wales eine Niederlage erlitten hat, in Folge dessen der Gouverneur das Parlament auflöôste.

New-Yorker Zeitungen hatten vorige Woche gemeldet, daß eine Revolte auf den Fid\hi-Inseln ausgebrochen sei, weil viele Häuptlinge mit der Annexion unzufrieden seien. Eine Depesche aus Melbourne vom 30. November bezeichnet diese Angaben als unwahr. Alles nehme seinea günstigen Fortgang auf den Inseln. König. Cacabau wird hinzugefügt is in Ihrer Majestät Schiff „Dido“ in Sidney angekommen und wird in Kurzem auch Melbourne besuchen.

Nr. 23 des „Marine-Verordnungs-Blatts“ hat folgen- den Inhalt: Abäudezungen der Reglements über die Geldver- pflegung der Marine im Frieden und über Schiffsverpflegung. Normalpreise für Bekleidungsftücke. Abkürzung des Wortes „Mark.“ Bestimmungen über die Konjervirung der Taucherapparate an Bord S. M. She. Markirung der Ankerketten.

Die Nr. 24 des „Amts-Blatts der Deutschen Reichs- Telegraphen-Verwaltung“ hat folgenden Jnhalt: Verfügun- en: Vom 26. November 1874: Abänderung des Betriebsreglements. om 27. November 1874: Ermittelung des Einheitssaßes der für Telegraphirungsgeschäfte zu gewährenden Nebenvergütung bei den selbständigen Stationen pro TV. Quarlal 1874.

Neichstags - Angelegenheiten.

Berlin, 3. Dezember. In der Sizung des ¡Deutschen Reichstags am 1. d. M. entgegnete der Bundesbevollmächtigte Staats-Minister v. Sto\ch in der ersten Berathung über den Gesehentwurf, betreffend die Marineanleihe 2c., Tau Abg. v. Seint-Paul-Illaire, welher die langsame Ausführung des Flottengründungsplans bedauert hatte:

Jch will nur den eben ausgesprochenen Urtheilen gegenüber, die ja gewissermaßen von kompetenter S’ite kommen, eine Rechtferti- gung dessen geben, was in den vergangenen Jahren geschehen ift. Der Flottengründungsplan ist entworfen Ende des Jahres 1872, und in Folge dessen ist das Jahr 1873 als vollleistungsfähig angenom- men worden ; der Nachtragsetat für 1873 ging aber erft im Juli 1873 aus den Verhandlungen hervor, es wurden also auch die Sum- men erst damals disponibel, und da jede Arbeit eine sehr bedeutende Vorarbeit erfordert, kamen die Mittel vor dem Jahre 1874 nicht zur Verwendung. Das Geld, was für Schiffsbauten ange- wendet worden ist, hätte das ist nicht zu leugnen in erhöh- terem Maße ausgegeben werden können, wenn wir die eng- lische Industrie voll in Anspruch genommen hätten. Der Bau von

u jeder Zeit Gesuhe wegen Ueberweisung von Feldscherinnen von der Hauptverwaltung entgegengenommen werden.

Wege, als durch den jährlich zunehmenden Ersaß und den immer fortschreitenden Gang der Ausbildung nicht geschehen konnte, wobei das Uebermaß an Leuten nur s{lecht ausgebildet würde, und wobei es unmöglih ist, jedes Jahr eine so große Zahl von Offizieren ueu zu beschaffen und auszubilden, wie ein folcher forcirter Schiffsbau erfordert hätte, Das Maß, bei welchem die Ausbildung des Perso- nals erfolgen konnte, das allein mußte bestimmen, wie viel Schiffe gebaut würden, und danach ist gehandelt worden. Jh glaube, daß in Betreff der Ausbildung des Personals alle Kräfte bis zum Ueber- maß verwendet worden find, und daß da Niemand einen Vorwurf der Nachlässigkeit wird ausfprechen können.

Was den Hafenbau anbetrifft, so is es ja auch hier selbstredend, daß es eine lokale Thätigkeit ist, bei der man ein Jahr, das durch Hinausschiebung des Etats nöthig wurde, niht nachholen kaun. Man fann im Wasser nur langsam bauen und muß dem Raume, auf dem gebaut wird, Rechnung tragen. Es ist, nahdem einmal das Geld bewilligt und alle Pläne danach festgestellt waren, mit der ganzen Lebendigkeit gebaut, die möglich war. Es sind so viel Arbeiter und Kräfte ange- seßt, als zulässig sind. Hiernah also muß der ganze Flottengrün- dungsplan nothwendig um ein Jahr hinausges{hoben werden, weil der Etat um ein Jahr später gekommen ift.

__Was nun das Material selbst betrifft, so würde im nächsten Frühjahr, eventuell im nächsten Sommer, die Marine mit einer doppelten Zahl von Panzerschiffen auftreten können. Daß dieselben \chon projektirt und angefangen waren, als ich das Amt antrat, hat der Herr Vorredner rihtig gesagt. Ein gutes Schiff braucht drei Jahre, um es fertig zu bringen, die größeren Schiffe oft mehr, und jo lange unsere Werften so beshränkt waren, wie früher, brauchten die Bauten bei Kaiserlihen Werften ein Jahr mehr, als bei Privat- werften. Die Privatwerften find aber in dem Maße in An- spruch genommen worden, wie sie sich selbst leiftungsfähig er- klärten, Es is auf den Wunsch des Hauses von der Admiralität vermieden worden, in England zu bauen, sobald in Deutschland die Bauteu möglich werden. Es ist nit zu leugnen, daß die deutschen Bauten etwas mehr Zeit brauchten; aber es handelt sich dabei um Monate, welche auf den Winter fallen, also die Schlagfähigkeit der Marine nicht begrenzen.

Was nun den Schiffbau anbetrifft, der von der Admiralität ein- geleitet worden ist, so find es die beiden Panzerkorvetten, die der

err Vorredner erwähnt hat, und die beide im Bau sind. Daß der

lan eines solchen Scbiffes, welches, wie gesagt, neu ist und noch von fkeiver anderen Marine nach demselben Modell gebaut ist, Zeit braucht, bis er die verschiedenen Stadien der Berathung und Anerken- nung von technischer und maritimer Seite durchgemat hat, ist selbst- redend, und ih glaube, es ist viel, daß die Admiralität im Anfäng dieses Jahres vollständig einig mit sich war über das, was sie wollte, und was fie für das richtige hielt. Jch glaube nicht, daß es eine andere Marine Europas giebt, die darin weiter und ent- schiedener hätte vorgehen fönnen. Es find in diesem Jahre nicht die zwei Panzerkorvetten eingestellt worden, welche im Flottengründungs- plan vorgesehen waren, weil das Bedürfniß na leihteren Korvetten, die den politishen Sicherheitsdienst in entfernteren Meeren zu thun hätten, ein so lebendiges war, daß diesem Bedürfniß, zumal bei der vorhandenen Ausficht auf Frieden für das nächfte Jahr, vor- weg Genüge geshehen mußte. Vergessen Sie niht, meine Herren, daß 9 Millionen Deutsche über die Erde verstreut leben, und da}z es fast keinen Hafen der Welt giebt, in dem niht Deutsche wohnen und deutsche Ansprüche auf Unterstüßungen machen, - seitdem Deutschland ein großes Land und eine Kraft der Welt geworden ist. Ich glaube, es ist die erste Pflicht, diesen Forderungen, die aus un- seren eigen:n Handlungen hier in der Heimat entspringen, zu genügen, und deshalb find die beiden leichten Korvetten vorangestellt, ohne daß der Bau der beiden anderen aufgegeben ist. Es wird au die An- schaffung von Material, die Feststellung der Baustellen u. #. w. so weit eingeleitet, daß mit dem Beginne des nächsten Etatsjahres auch die Geldmittel dafür gleich zur Verwendung kommen.

Was nun die Bemerkung anbetrisst, daß der Monitor aus dem Entwurf ausgeschieden ist und dafür drei Kanonenboote eingeseßt, fo will ich ausfprechen, daß auch ich den Flottengründungsplan mehr für eine Studie, als für einen festen Anhalt ansehe. Der Flottezgründungs- plan giebt die Schlagfähigkeit, die gefordert wird; wié die zu erringen ist, das hängt doch entschieden von dem Laufe der Entwickelung der Marine, der Kenntnisse, der Erfindungen, dem Bau der Majchinen u. st. w. ab, und dies mat sih gerade bei diesem Schiff, dem Mo- nitor, geltend. Der Monitor ift nach meiner Ansicht ein veraltetes Schiff und ein veraltetes Projekt. Es hat viel mehr defensivz, fehr viel mehr lokale Bedeutung, als eine kleine Marine eigentlich auf ein Schiff verwenden darf. Der Ersaß desselben *durch drei Kanonenboote ist Hier deshalb gefordert worden, weil wir im Torpedowesen soweit vorwärts gekommen find, daß wir im Stande find, jeden Hafen mit dem allein: zu vertheidigen, und daß wir die Kanonenboote eingeseßt haben, um der Torpedo- vertheidigung, die ja mehr oder minder lokal ist, cine lebendigere Vertheidigung zuzugesellen; uud da diese Kanonenboote mit den s\hwersten Geschüßen armirt werden sollen, die man heute konstruiren kann, so glaube ih, daß sie in Verbindung mit dem Torpedowesen mehr als das leisten, was hier der einzelne Monitor leisten foll.

_Es ift auch noch die Ansicht ausgesprochen worden, daß die Ver- shiebung der Beschaffung ökonomish falsch gewesen sei, weil die Preise si gesteigert haben. Jh muß nach den neuesten Ecfahrungen das Gegentheil behaupten. Hätten wir im vorigen Jahre alle die Bestellungen gemacht, welche der Flottengründungsplan und das vor- handene Geld gestatteten, dann hätten wir viel, viel theurere Preise be- {e als wir bei den heutigen Unternehmungen zu bezahlen nothwendig jaben,

‘Was die mehr angeseßte Artillerie betrifft, so möchte ih darüber nur das eine noch sagen, daß es das Bedürfniß war, diese Satar die immer größer an Bedeutung werden, auch im Falle eines Krieges von der Landseite aus zu vertheidigen, und daß, da das, Kriege-Mi- nisterium nicht im Stande war, dem hier gefühlten Bedürfnisse zu geuügen, die Admiralität genöthigt war, diestn Posten im Etat ein- zufügen. Eine Verminderung der Entwickelung des Matrosen-Corpys oder der Zahl des ganzen Personals, welches füc die Schiffe noth- wendig ist, war nicht beabsichtigt.

Dem Reichstag ist folgender Entwurf eines Geseyes, I Gi die Einführung von Reichsgesehen in Elsaß-Lothringen, vorgelegt worden :

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König ai ag u X Deuts R

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgtec Zustimmun

des Die Witt und des Reichêtags, was folgt: :

Die Wirksamkeit der anliegenden Bo tete nämli :

1) des Geseßes vom 16. Mai 1869, betreffend die Einführung von Telegraphen-Freimarken,

2) des Geseßes vom 4. Mai 1870, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Vie eb 97. I 371 f

des Geseßes vom 27. Juni 1871, betreffend die Pensioni- rung und ns der Militärpersonen des edi eites aab der Kaiserlichen Marine, sowie die Bewilligungen für die Hinter- bliebenen solcher Personen, i

4) des Geseßes vom 12. Mai 1873, betreffend das Aufgebot nnd die Amortisation verlorener oder vernichteter Schuldurkunden des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs,

5) s Ee üb e B L e Abände- rungen des Geseßes über da osttarwesen im Gebiete des Deutschen Reichs, vom 25. Oktober 1871, wird hierdurch auf Elsaß-Lothringen ausgedehnt; jedo gilt das voc- stehend zu 3 bezeichnete Geseß vom 27. Juni 1871 daselbst nur mit denjenigen Maßgaben, welche fich aus dem Geseße vom 4. April 1874, betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen des Geseßes vom 27. Juni 1871 über die Pensionirung und Versorgung der Militär-

Schiffen aber konnte zu nichts führen, wenn es niht au gelang das Personal in derselben Art zu entwickeln, was auf einem anderen

personen 2. (Reihs-Geseßbl. S. 25), ergeben. Urkundlich 2c. Gegeben 2c. f