1874 / 288 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Dec 1874 18:00:01 GMT) scan diff

zweiter Berathung wurde das Gesetz, betreffend die Stempel- pflihtigkeit der Rechnungen -und Quittungen in Elsaß-Lothringen, in erster Lesung. das Geseh, betreffend Ee un grnug von Reichsgeseßen in Elsaß-Lothringen, erie igt. Î

¿ Stluß 4!/, Uhr. Nächste Sizung Mittwoch 11 Uhr.

Die von dem Bureaudirektor des Hauses der Abgeord- neten, Geheimen Rechnungs-Rath Klein\schmidt verfaßte Uebersicht über die Geschäftsthätigkeit des Hauses der Abgeordneten in der Session 1873/74 ist soeben er- schienen. Dieselbe ist von den gleichen Gesichtspunkten, wie die Uebersichten pro 1871/72 und 1872/73, angefertigt und zerfällt, wie diese, in drei Theile, nämlich: die Rednerliste, die Ueber- a über die Etatsverhandlungen, die Hauptüber- iht.

Die na dem Alphabet gèordnete Rednerliste ergiebt nicht nur den Tag, an welchem, sondern auch den Gegenftand, über welchen jeder einzelne Redner gesprochen hat, unter Hinweis auf die betreffenden Seiten der stenographischen Berichte. Die Ueber- ficht über die Etatsverhaudlungen enthält eine vollstän- dige Darstellung der Anträge und Verhandlungen zu dem Etatsgeseß und dem Hauptetat, sowie zu den verschiedenen Spezialetats. Sie bildet einen integrirenden Theil der Hauptüberficht und is nur der bequemeren Benußung wegen besonders gedruckt worden. Die Hauptübersiht selbst ift alphabetish nach Materien geordnet ; fie enthält die Regierungsvorlagen und alle Anträge zu denselben dem Wortlaute nah und maht die Verhandlungen und die Beschlüsse nicht nur des Ab- geordnetenhauses, sondern auch des Herrenhauses ersihtlich. Sie

ewährt daher an sich einen genauen Ueberblick über das Zu- E aideligiimelt der Gesetze u. \. w., ohne daß die Einfcht der Drucksachen des Hauses nothwendig is. Sämmtlihe zur Berathung gelangte Petitionen, alle selbständigen Anträge und Interpellationen von Abgeordneten, die namentlihen Abstim- mungen, so wie die von dem Hause angenommenen Anträge und Resolutionen find hintereinander verzeihnet, und bei den Verhandlungen über die Prüfung von Ab- geordnetenwahlen ist der Inhalt der Proteste und Ein- \sprahen kurz angegeben. Sorgfältige Hinweise bei den in Betracht kommenden Materien, auch aus den gehal- tenen Reden, fichern eine vollständige Kenntniß der statt- gefundenen Verhandlungen, und ein spezielles Sachregister er- leichtert die Benußung des Werkes, in welchem bei den Geseßen \owohl das Datum, unter welchem dieselben publizirt find, als die Seite der Geseßsammlung, wo dies geschehen, angegeben ift.

Die Uebersicht ist an die Mitglieder des Hauses vertheilt, und kann auch anderweit gegen einen mäßigen Preis aus der Vezlags-Buchhandlung von W. Moeser in Berlin, Stallschrei- berstraße 34, bezogen werden, S n

Die Ausübung eines in dem verliehenen Bergwerks- eigenthum enthaltenen Rechts enthält nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 30. Oktober cr. keine Turbation, wenn diese Ausübung auch daneben einen Zweck verfolgen - sollte, der außerhalb dieser Berechtigung liegt. Die Bergbau-Aktiengesell- haft Uellniß betrieb mit Erlaubniß der Bergbehörde einen Stollen unter dem Ader und der Eisenbahn des Kaufmanns H. in Magdeburg zu bergbaulihen Zwecken und benußte denselben nach der Behauptung des Kaufmanns H. auch noch zu anderen Zwecken. Auf . die dagegen von - dem Kaufmann H. ange- firengte Klage wurde jedoch Kläger sowohl in zweiter Instanz als auch vom Ober - Tribunal mit seinem Klageantrage auf Beseitigung des Stollens zurückgewiesen, weil die Thatsache, daß der Stollen auch zu niht bergbäulihen Zwecken dienen \oll, unerheblich ist. „Bei der thatsählihen Feststelung des Vorder- richters,“ führt das Ober-Tribunal aus, „würde die Beweis- erhebung über die Absicht bei der Errichtung des Stollens nit weiter geführt haben, als zu der Annahme, daß neben dem bergbaulihen Zwecke, der die Anlegung des Stollens schon allein genügend rechtfertigt, noch cin anderer nebensähliher Zweck, der an \ich unerheblih für die Annahme einér Turbation if, ver- folgt wird.“

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Wittenberg, 6. Dezember. In der Shloßkirche fand heute die feierlihe Einweihung der vier Gedenktafeln statt, auf welhen die Namen der in den beiden Kriegen von 1866 und 1870—71 von den beiden ersten Bataillonen des 3. Bran- denburgischen Infanterie-Regiments Nr. 20 und der erften \{hwe- ren und ersten leichten Batterie des Brandenburgischen Feld- Artillerie Regimentes Nr. 3 gefallenen Offiziere und Mann- haften verzeihnet stehen. Die drei erften Tafeln tragen die Namen der 218 in den beiden Kriegen Gefallenen der beiden Musketier-Bataillone des 20. Regiments (1866: 9; 1870—71: 209), während auf der vierten die Namen der 24 Gefallenen der bezeihneten beiden Batterien verzeihnet find (1866: 5; 1870—71: 19).

Coblenz, G Dezember. Se. Majestät der Kaiser und

König haben genehmigt, daß der dem Landtags-Marschalle der Rheinprovinz beigeordnete obere Beamte den Titel „Provin- zial-Rath“ führen darf.

Dessen. Darmfiadt, 7. Dezember. Der Großherzog hat unter dem 18. v. Mts. den Ministerial-Direktor in dem Ministerium der Finanzen, August Schleiermacher, auf sein Nachsuchen von der Stelle eines Präsidenten für die Gewerbe und den Landesgewerbverein enthoben und am 27. November den Ministerial-Rath bei dem Ministerium der Finanzen, Franz Fink, zum Präsidenten der CentralsteLe für die Gewerbe und den Landesgewerbverein ernannt,

‘Das am 4. ausgegebene Großherzog ihe Regierungs- blatt Nr. 57 enthält das Gese vom 25. November, die Ein- führung der Reihsmarkrechnung im Großherzogthum be- treffend. Danach können bei der Umrechnung Pfennigbeträge, welche niht Vielfache der Zahl zehn sind, bis höchstens zu dem nächst höheren Vielfachen von zehn abgerundet wérden. Auf dié in dem §. 1 des Finanzgeseßes vom 30. November 1873 ausgedrückten Geldsäße, sowie auf Geldbeträge von 3 Kreuzern und weniger, findet diese Bestimmung jedoch feine Anwendung. Dasselbe Blatt veröffentliht auch ein Gesey, die Sterh- quartale der Civilbeamten betreffend.

Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 5. Dezember. Der Herzog ist in voriger Naht aus dem Elsaß hierher zurüdckgekehrt. / i

Dem Geheimen Rath von Pawel-Rammingen hierselbst ift t e bes M m “ans Tae des Tad gdes; zu as Komthurkreuz L. e des sacsen-ernestin Haus-Ordens von Sr. Hoheit dem Herzog Da und find die beiden leßtgenannten Staatsräthe Braun Und Brüdckner gleichzeitig zu „Geheimen Staatsräthen* ernannt worden.

Gotha, 3. Dezember. Die Berathung über den vom Her- ]

glichen Kirchenregimente der hier tagenden Vorsynode vor- Lieateà Entwurf- der Verfassung der evangelischen

irhe der Herzogthümer Coburg und Gotha wurde heute

fortgeseßt. j i L

Die Debatte erstreckte ih, nach der „Weim. Zig.“ zunächst auf das Alinea 2 des §. 1 des yon der Kirche im Allgemeinen han- delnden Abschnittes T. dieser Verfafsung. Es wurde ichließlich der vom Herzoglichen Kirchenregimente modifizirte Shwerdtsche Kom- missions- Minoritätsantrag gegen drei Stimmen angenommen. Es hat dieses Alinea somit folgende Fassung erhalten: Sie (näm- lich die evangelishe Kirhe- der beiden Herzogthümer) steht demnach auf dem Grunde des Evangeliums Christi und in Uektercinstimmung mit den Grundsäßen der Reformation welche in den Bekenntnißschriften ihren ersten anerkannten Ausdruck gefunden haben, aber eine Fortentwickelung im Geiste evangelischer Freiheit zulassen und fordern. Es sind in ihr alle Glaubens- richtungen, welche von dieser Grundlage nit abweichen, gleichberech- tigt." Einstimmig angenommen wurde zuvor das Alinea 1 diejes Paragraphen, welches dahin lautet: „Die evangelische Kirche der Herzogthümer Coburg und Gotha ist ein Theil der evangelischen Kirche Deutschlands und. mit dieser ein Glied der evangelishen Ge- sammtkirhe.* Auch der §. 2 dieses Abschnitts, welcher dahin geht, daß die evangelische Kirche der beiden Herzogthümer ihre Angelegen- beiten selbständig ordnen und verwalten soll, unbeshadet der ge- sezlih festgestellten Rechte des Staates, wurde einstimmig genehmigt; desgleichen §. 3 desselben Abschnitts, welcher bestimmt, daß der evan- gelische Herzog Inhaber des Kirchenregiments sei und dasselbe nach den Bestimmungen dieser Verfassung ausüben solle. Nur gegen Eine Stimme wurde der von der Kommission hierzu gestellte Antrag an- genommen, nämlih, daß bei eintretendem Regierungêwesel der Herzog in einer shriftliGen Urkunde die Zusicherung zu ertheilen habe, daß er das ihm zustehende Kirchenregiment, der Kirchenverfas- sung gemäß, zum Besten der Kirche treulid ausüben wolle, und daß diese Urkunde an das Archiv der Landeêsynode abgegeben werde. Fast durchweg einstimmig genehmigt wurden die sämmtkichen Paragraphen des von den Kirchengemeinden handelnden I1. Abschnitts.

Anhaiït. Dessau, 5. Dezember. Nach der in der Ge- seß-Sammlung für Anhalt veröffentlihten höchsten Verordnung wird die Leitung der Landes-Schulangelegenheiten vom 1. Ja- nuar 1875 auf die Herzogliche Regierung übergehen. Die „A b- theilung für das Schulwesen“ besteht aus dem Borsizen- den, zwei Sculräthen, einem oder nah Befinden mehrerèn Räthen, welchen die Bearbeitung der juristishen, der Kassen- und Bau- Angelegenheiten, soweit leztere niht techaisher Natur sind, ob- liegt, einem von dem Herzoge zu ernennenden Mitgliede des Konsistoriums zur Wahrnehmung der Interessen der evange- lischen Landeskirhe in Beziehung auf den Religionsunterriht, sowie die gemeinschaftlißéèn Beamten- und Vermögensangelegen- heiten, endlih einem Baurathe mit Stimmrecht in den bauteh- nischen Angelegenheiten.

Bremen, 3. Dezember. In der gestrigen Bürger -

| schafts-Sizung wurde der noch übrige Theil des Geseßes | über die Rehtsverhältnisse der Beamten erledigt. Der

von den Nebenbeschäftigungen der Beamten handelnde Sah er- hielt folgende Fassung: „Ein Beamter darf ohne Erlaubniß des Senats weder ein Nebenamt bekleiden, noch eine Nebenbeshäf- tigung, mit welcher eine fortlaufende Renumeration -verbunden ist, oder ein sonstiges Erwerbsgeshäft betreiben, noch auch dem Vorstande, Verwaltungs- oder Auffichtsrath einer auf Erwerb gerichteten Gesellshaft angehören. Diese Erlaubniß darf nicht er- theilt werden, wenn die fraglichen, Geschäfte mit der gehörigen Wahrnehmung des Amtes unverträglich find oder die Vornahme derselben mit Rücksicht auf die Natur des Amts oder die Stel- lung oder die Verhältnisse der Beamten für unstatthaft zu achten ift. Die Erlaubniß is jederzeit widerruflih. Sonstige Privatarbeiten sind den Beamten von der vorgeseßten Behörde zu untersagen, wenn fie die Erfüllung der amtlihen Pflichten beeinträchtigen ; fie können ihm außerdem dann untersagt werden, wenn fie gegen Vergütung geschehen.“ Bei der Berehnung des Ruhegehalts wurde ein Antrag, Lehrern an konzessionirten bre- mischen Volks\{hulen beim Uebertritt in den Staatsdienst eine mehr als fünfjährige Dienstzeit an jenen mitzurechnen, abgelehnt, angenommen dagegen der Antrag, zeitweilige ÜUnterbrehungen der Staatsdienstzeit niht zu berücksihtigen. Schließlih \prach die Bürgerschaft den Wunsch aus, das Gefeß möge bald in Kraft treten.

Miz2ederlande. Haag, 3. Dezember. Der österreichish- ungarishe Gesandte am hiefigen Hofe, Ritter v. Haymerle, wurde vor einigen Tagen von dem Prinzen Alexander in Audienz empfangen und überreihte demselben das Großkreuz des St. Stephans-Ordens, welches der Kaiser dem Prinzen bei Gelegenheit der Mündigkeit defselben verliehen hat.

Großbritannien und Jrland. London, 6. De- zeuber. Dem Hofjournal zufolge wird die Königin mit ihrem Hofftaate am 17. ds. von Windsor nach Osborne auf der Insel Wight für das Weihnachtsfest übersiedeln, Prinz Arthur, Herzog von Connaught, tritt am 1. Januar eine Reise nah dem Orient an.

Der Premier-Minister Disraeli hat London verlassen, A fih zu einer Kur nah dem Seebadeorte Bornemouth zu be- geben.

Die amtlihe „London Gazette“ notifizirt die Ernennung von Lord Lytton, bisherigen Boischafts-Sekretär in Paris, zum außerordentlihen Gesandten und bevollmächtigten Minister am para Len TI en Hofe. Der „Times“ zufolge hat die Regierung Sir Arthur Gordon, den ehemaligen Gouverneur von Mauritius und Trinidad, zum Gourverneur der Fid\chi- Inseln ernannt.

Aus dem Ministerium für die Kolonien wird nachsiehende Mittheilung veröffentlicht:

„Lord Carnarvon hält es zur Vermeidung von Mißverständnissen betreffs der genauen Lage dec Maßregeln, die nun für die Abs{af- fung der Sklaverei an der Goldküste adoptirt werden, für recht, daß es bekannt werde, daß dem mit der leßten Post eingetrof- fenen Bericht des Gouverneurs Strahan zufolge die Könige und Häuptlinge, nachdem sie sich Erläuterungen erbeten und dieselben er- halten hatten, völlig zufrieden mit der Anzeige waren, daß jedweder Sklave, der nicht wünschen mag, fortzufahren mit seinem Herrn zu leben, künftighin durch keinen Gerichtshof, fei er englisch oder cingeboren, gezwungen werden soll, zu. thm zurückzukehren. Es ist demnach un- nôthig, daß Grausamkeit oder irgend eine andere Ursache festgestellt werde, und Lord Carnarvon hegt keine Zweifel, daß es Sklaven in Gemäßheit dieser Erklärung gänzlich freistehen wird, bei ihren Herren zu bleiben oder fie zu verlassen, und daß jeder Versuch, seine Freiheït zu beeinträchtigen, wirksam bestraft werden wird. Die neu gemelde- ten Prozeduren müssen indeß als der erste Schritt einer Politik, die nothwendigerweise allmählich in ihrer Entwvickelung sein muß, ange- sehen werden.“

7. Dezember. (W. T. B.) Auf die von einer Ver- sammlung nonconformistischer Geistlichen in Lancaster (Cornwales) an Gladstone aus Veranlassung seiner Broschüre über die vatikanischen Dekrete gerihtete Dankadrefse hat Lehterer unter

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dem 2. d. ein Erwiderungs\chreiben erlassen. Gladstone spricht in demselben den Unterzeichnern der Adresse seinen Dank für das- Vertrauen aus, * welhes ihm betreffs der Aufrichtigkeit seiner Meinungsäußerung kundgegeben worden sei, und ver- fichert, daß er an den von ihm in der Broschüre aufgestellten Grundsäßen über die Unvereinbarkeit der vatikanishen Dekrete mit der Unterthanentreue unbedingt festhalte.

rFéanfkreich. Paris, 7. Dezember. (W. T. B.) Der „Moni- teur* reibt, daß der Kriegs-Minister de Cissey sein Amt nie- derzulegen beabsichtige, falls der Gesezentwurf über die Organisation der Cadres der Armee nicht die Genehmigung der Nationalversamm- lung erhalten sollte. Die Antwortnote auf das letzte \pa- nische Memorandum dürfte, gutem Vernehmen nah, ersff morgen offiziell in Madrid überreiht werden. Die „Agence Havas!‘ bestätigt, daß die Regierung einen Vertrag mit Deutschland über den Zchuß des literarishen Eigenthums vorbereite. Die Grundlagen, auf denen die Konvention abges{chlossen werden solle, seien indessen im Einzelnen noch nicht festgestellt.

§8. Dezember. (W. T. B.) Heute Abend findet der ersie offizielle Emfang bei dem Deutschen Botschafter, Fürsten Hohenlohe, statt, wozu die sämmtlichen Mitglieder des diplomatishen Corps Einladungen erhalten haben.

In der gestrigen Sihung des Ober-Handelsraths wurde von Grivart der Entwurf einer neuen Regulirung der Zuckerzölle eingebrawt, wobei der Antragsteller darauf auf- merksam machte, daß, bevor der Entwurf der Nationalversamm- lung zur Berathung unterbreitet werden könne, fih die Einlei- tung neuer Unterhandlungen mit den auswärtigen Staaten, von denen die Konvention vom Iahre 1864 uniterzeihnet worden fei, erforderlich mache.

Die französischen Streitkräfte sollen in drei Ar- meen, in eine Süd-, West- und Ost-Armee eingetheilt werden. Herzog von Aumale soll den Oberbefehl über die Oft-Armee erhalten.

Versailles, 7. Dezember. (W. T. B.) Die heutige Sizung der Nationalversammlung war ohne erhebliches Interesse. Ein Antrag, betreffend den Schuß der in dem Hausir- handel und anderen umherziehenden Gewerben beschäftigten Kinder wurde genehmigt.

Spanien. Madrid, 7. Dezember. (W. T. B.) Die Journale veröffentlichen ein Schreiben des Bischofs von Seu de Urgel, in welchem dieser aus\priht, daß er die car- listishe Partei verlasse, und Don Alphons von Bourbon auf- fordert, ih ebenfalls von der Sache des Carlismus loszusagen. Der Bischof erklärt zugleich, daß er in Seu de Urgel bleiben werde, auch wenn die Stadt von den Regierungstruppen beseßt werden sollte.

Nach in Paris eingegangenen carlistishen Meldungen ist Tristany zum Oberbefehlshaber der carlistishen Armee im Norden und Dorregaray zum Kommandan- at des Centrums der carlistishen Streitkräfte ernannt worden.

Ftalien. Rom, 3. Dezember. (It. N.) In der Depu - tirtenkammer wurden gestern zwei die Beshentung des Ge- nerals Garibaldi betreffende Gesezentwüafe vorgelesen. Der eine, von 106 Oppositionsdeputirten unterschrieben, {chlägt eine Jahres- rente von 100,000, und der andere, welchen der Abg. Caranti eingebraht hat, ein Jahresgehalt von 20,000 Fres. vor. Der Minister-Präfident erklärte, daß" die Regierung gegen den von den Oppositionsdeputirten gestellten Antrag nicht allein nihts einzuwenden hat, sondern daß sie ihn auch selber gern eingebracht hätte. Die Versammlung beschloß, daß die Antragsteller nur heute ihre Anträge begründen sollten. In der heutigen Sißzung der Kammer begründete der Abgeordnete Mancini den Vorschlag der 106 Oppositionsdepu- tirten, dem General Garibaldi eine Jahresrente von 100,000 Franken zu bewilligen, indem er hervorhob, daß es ihm vor Allem darauf anzukommen seine, diesem Akte der Dankbarkeit und Anerkennung der Verdienste um das Vaterland den Cha- rakter einer Parteidemonfstration zu benehmen. Der Minister- Präsident erklärte aufs Neue, daß die Regierung den Vorshlag mit Freuden annimmt und daß sie s{ch vorbehält, der Kommission einige unbedeutende Modifikationen des Antrages zu empfehlen.

Der Marine-Minister legte im Laufe der gestrigen

Kammersißzung den Gesehentwurf von Neuem vor, der den Ver- kauf eines Theiles dexr Kriegsflotte betri. Bekanntlich wurde diese Vorlage dem Parlamente {hon am 1. Dezember.v. J. unterbreitet, sie- kam aber niht zur Verhandlung in der Kammer. Die Vorlage is dahin motivirt, daß sie jeßt nicht den Verkauf von 25, sondern von. 32 Kriegsschiffen vorshlägt, nämlih der Panzerschiffe: „Re di Portogallo“, „Principe di Carignano“, „Audace“, „Alfredo Cappellini“, „Faa di Bruno“, „Guerriera“ und „Voragine“, der Schraubendampfer „Re Galantuomo“, „Duca di Genova*, „JItalia“, „Principe Umberto“, „Gaeta“, „Magenta“, Principessa. Clotilde“, „San Giovanni“, „Etna“, „Carlo Alberio“, „Regina“, „Curtatone“ und „Montebello“, und der Raddampfer: „Constituzione“, „Monzambano“, „Tri- poli“, „Aguila“, „Peloro“, „Guluara“, „Cambria“, „Plebiscito“, „Ercole“, „Tuery“ und der beiden Segelschiffe „S. Miele“ und „Euridice“.

In der vergangenen Nacht wurde der Hauptmann und legte Ueberrest einer Räuberbande, welche die Umgegend von Bologna unsicher gemacht hatte, Andreoli, nah kurzem Kampfe gefangen genommen und mit ihm sein Hehler und einige andere Mitschuldige.

Nach dem Voranshlage der Einnahmen und Aus- gaben des Staatshaushaltes für das Iahr 1875 be- laufen sich die Einnahmen auf 1,266,555,061 Fr., die Ausgaben auf 1,320,701,519 Fr., das Defizit also auf 54,146,458 Fr.

Türkei. Belgrad, 7. Dezember. (W. T. B.) Die

gestern mitgetheilte Minifterliste ist nahträglich dahin ab- - geändert, daß das Finanz-Minifterium von Koljevic und das

Ministerium für Kommunikationen von Ivanovics über-

nommen wird.

Dänemark. Kopenhagen, 4. Dezember. Nach §. 2, Z und 4 des vom Kriegs-Minister General Steirimann ein- gebrachten Gesezentwurfs, die Ordnung des Heeres betref- fend, besteht die Armee aus 4 Brigaden, ‘von denen 2 aus 3, 2 aus 2 Regimentern, à 3 Linien-Bataillonen und 1 Reserve- Bataillon Fußoolk, wozu noch die Leibgarde und 1 Regiment der Kopenhagener Bewaffnung kommen (ca. 31,000 Kombat- tanten). Die Reiterei besteht aus 4 Regimentern à 4 Escadro- nen, die Feld- Artillerie aus 1 Brigade (4 Regimentern à 3 Linien-Batterien, 1 Resveer-Batterie und 1 Regimentspark), ca. 128 Kanonen. Die wahrscheinlihen Ausgaben für das Heer nah dem vorgelegten Geseßze werden auf ca. 8,550,000 Kronen für 1 Jahr angegeben, während fie nach dem früheren Gesehe 8,100,000 Kronen betragen würden. Die Mehrausgabe is die-

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elbe, wie beim früheren Revifionsvorshlage. Indessen enthält neue Geseg durch seine zweEmäßige Einrichtung eine Be- shränkun der persönlichen Leiftungen der Bevölkerung, insofern die Anzahl der Diensttage über 200,000 weniger is, als nah dem bisherigen Gesetze.

5. Dezember. (H. NZ Nach dem heute im Folke- thing vorgelegten Nachbewilligungsgesey is die Bau- summe. für das neue Königliche Theater mit 165,049 Rd. über- chritien. In den Motiven heißt es, daß der Minister vor den unbereWenbaren Folgen einer Sistirung des Baues keine Wahl

gehabt babe.

Amerika. Washington, 6. Dezember. (W. T. B.) Von der morgen im Kongreß zur Verlesung gelangenden Botschaft des Präsidenten Grant üegi bereits in den hiefigen Journalen eine ausführlihe, als authentisch bezeihnete Analyse vor, nah welcher der Präfident auf das Entschiedenste die baldige Wiederaufnahme der Baarzahlungen empfiehlt, die allerdings nicht vor dem Ianuar 1876 mögli sein werde, Den Zeitpunkt für diese Maßregel, sowie die einzelnen Mittel und Wege zur Erreichung des Zweckes möge der Kongreß festsezen, dem eine besondere Berücksichtigung der dur den Uebergang zur Metallwährung in hohem Grade berührten Rehtsansprüche aus allen seit längerer Zeit abges{lossenen Privatfontrakten an- empfohlen wird. Aus diesem Grunde werde der Termin für die Einzahlung des Papiergeldes geändert werden müssen. Die Bot- saft shlägt vor, das Schaßdepartement zu ermächtigen, bei Wieder- aufnahme der Baarzahlungen ausreihende Goldankäufe vermittelt Verkaufs von Bonds zu bewirken. In allen Zweigen der Verwal- tung müsse gleichzeitig zur Erleichterung der Maßregel die größte Sparsamkeit durhgeführt werden. Ebenso sei eine Reform des Zoll- und Steuergesezes ins Auge zu fassen, um einen höheren Steuerertrag zu erzielen. Ferner sollten die Staatsbanken zur selben Zeit von bisherigen Beschränkungen bezüglich der Aus- gabe ihrer Noten befreit werden, indem es der gemeinsamen Ver- tretung derselben freigestelt werden würde, den Minimalbetrag des Notenumlaufs fefizustellen. Die bisherigen Shußmaßregeln für die Inhaber der Bondsnoten hätten jedoch in Kraft zu bleiben. Die näheren Bestimmungen über die Freiheit der Banken und die Vorbedingungen ihrer Organisation müsse der Kon- greß feststellen.

In Betreff der Beziehungen der Vereinigten Staaten zum Auslande konstatirt die Botschaft die ungestörte Fortdauer des freund\haftlihen Verkehrs mit allen auswärtigen Mächten. Eine Ausnahme hiervon bildeten nur die Beziehungen zu Vene- zuela, das die aus dem Vertrage von 1866 resultirenden Ent- \chädigungsfummen noch immer nicht bezahlt habe, und außer- dem diejenigen zu Spanien. Die Unionsregierung hätte \ich wegen der Fortdauer der Insurrektion auf der Insel Kuba zu beflagen, wodur: dem amerikanischen Handel ganz beträchtliche Verluste zugefügt würden. Die Botschaft erklärt, daß es für Amerika nothwendig werden könne, im Verein mit den anderen Mächten der kubanischen Insurrektion ein Ende zu machen, da Spanien sich vergeblich bemüßt Habe, dieses Ziel zu erreichen. Der Präsident giebt der Hoffnung Ausdruck, daß die mit Spanien \{chwebenden Verhandlungen in der Vir- ginius-Ängelegenheit bald zum Abschluß gebracht werden möh- ten, wenygleih die Lage derselben zur Zeit keine sehr günstige sei, indem er gleichzeitig ankündigt, daß die Höhe der Entschädi- ungsforderungen den Gegenstand einer besonderen Botschaft bilden solle. Alsdann wird noch die Indianerfrage besprochen. Der Präsident hofft, daß die den Eingeborenen gegenüber be- folgte friedfertige Politik gute Früchte tragen werde, indem fie die Grenzgebiete endlih vor der Wiederkehr der indianishen Auf- stände bewahre. Die Botschaft \chließt mit dem Versprechen, daß die Regierung mit Energie an den Verwaltungsreformen weiter arbeiten wecde, und empfiehlt die Einsezung eines Gerichts- hofes, dem die Erledigung der von Ausländern erhobenen Re- fsamationen, sowie die Regelung der Einwanderung aus China zur besonderen Aufgabe gemaht werden solle.

7. Dezember (W. T. B.) Der Bericht des Shaßh-

Sekretärs Bristow liegt nunmehr gleihfalls vor. In dem-=

selben werden die Einnahmen des Finanzjahres 1873 auf 322 Millionen, die Ausgaben auf 302 Millionen Dollars angege- ben; pro 1874 belaufen sih die Einnahmen auf 293, die Aus- gaben auf 2783 Millionen. Die zur Schuldentilgung erforderlichen 32 Millionen werden dabei nihcht mitge- rechnet. Die Nothwendigkeit, neues Papiergeld auszu- geben, habe. aufgehört. Der“ Zeitpunkt zur Amortifirung sei gekommen. Als wünschenswerth wird bezeichnet, daß zu einem nahen und fest bestimmten Zeittermine der Zwangs- cours für das Papiergeld aufhöre. Dieser Zeitpunkt werde in 3 Jahren, wenn nicht früher, eintreten. Der Bericht knüpft daran. Vorschläge, die die Durhführung dieses Projektes erleich- tern und jede etwaige Krisis fern halten sollen. Derselbe hält fest an der Erwartung, daß der Goldzufluß sich vermehren werde, sobald die Zahlungen in Metall wieder aufgenommen seien. Es würde das System freier Banken zur Einführung gelangen und bei etwaigem Mangel an baarem Gelde der Cirkulation dur in Gold zahlbare Banknoten zu Hülfe gekommen werden können. Die gegenwärtige ungünstige Lage von Börse und Handel sei die Folge der Ueberspekulation. Wenn an Stelle des gegenwär- tigen Systems ein solches trete, das gutes Geld an die Stelle nit einlöslihen Pagiergeldes seße, so werde auch in den in- dustriellen Kreisen das Vertrauen zurückehren. Der Bericht empfiehlt endlih die Aufhebung der Taxen auf Tratten der Banken, auf S{hwefelhölzer, wohlriehende und kosmetishe Mittel, sowie Droguen. Es wird vorgeschlagen, dieselben durch einen Zu- \hlag von 10 Cents auf Spirituosen zu ersezen; die Zölle auf Thee und Kaffee, deren Ertrag sih ohne jeden Vortheil für die Konsumenten wesentlih verringert hat, sollen gleihfalls gänzlih aufgehoben werden. Die Einsezung einer Kommission, die die Tariffrage überhaupt einer neuen Prüfung unterzöge, wird als außerst wünschenswerth bezeichnet.

__— Dem „Reutershen Bureau“ geht unter dem 7. Dezember die Meldung aus Washington zu, der Staatssekretär de3 Auswärtigen, Sir H. Fish, habe den Unions-Gesandten in Madrid, Caleb Cushing, bereits im Februar d. I. dahin inftruirt, daß die Unionsregierung die Unabhängigkeit von Cuba und die Emanzipation der Sklaven als die allein möglihe und noth- wendige Lösung der cubanischen Frage betrahte; der Staats- sekretär habe dabei indeß ausdrücklih betont, daß der Unions- regierung jede Absicht, Cuba zu annektiren, vollständig fern liege.

Asien. Dem „Reutershen Bureau‘ wird aus Hong- kong vom 6. d. gemeldet, daß die Insel Formosa am 3. d. von den japanischen Truppen geräumt und somit die N eines Krieges zwischen Japan und China be-

Afrika. Aegypten. Die „Times“ veröffentliht die folgende Mittheilung der Regierung des Khedive:

i Die in der „Times“ und franssishen Zeitungen veröffent- lite telegraphishe Nachricht aus Aden, welche meldete, daß drei ägyptishe Regierungs-Krieas\chiffe nah Berbera gesandt worden seien, um diesen Hafen zu blokiren, fomit die Kommunikation mit Aden abschueidend, entbehrt gänzli der Begründung. Thatsache ist, daß dieses Jahr wie früher ein ägyptischer Regierungsdampfer, der „Bakif“, nach Berbera als eine einfache Vorsichtsmaßregel wäh- rend der großen Messe, und auch zu dem Behufe, die Salaire u. f. w. der Regierungsbeamten in diesem Hafen, der einen Theil des unter der Verwaltung der ägyptischen Regierung stehenden Gebiets bildet,

} zu überbringen, abgefandt wurde.“

Neichstags - Angelegenheiten.

Berlin, 8. Dezember. In der gestrigen Sizung des Deutschen Reichstags erklärte der Bundesbevollmächtigte General-Postdireftor Dr. Stephan in der Diskussion über den Postetat rücksihtlich des Antrags des Abg. Ackermann in Betreff der Revision der geseblihen Bestimmungen über die Zeitungs provision:

Meine Herren! Die Gründe, welche die geehrten Herren Vor- redner angeführt haben für die Zweckmäßigkeit, ja für die Nothwen- digkeit ciner Revision der Bestimmungen über die Zeitungsproviston, Gründe, welchen fich noch einige andere hinzugesellen, die aber auszu- führen bei der Etatsberathung zu weitläufig sein würde, seßen die Regierung in die Lage, sich dahin zu erklären, daß sie bereit ist, auf die Resolution im Siane einer rihtigeren Ausgleihung zwischen Leistung und Bezahlung einzugehen. Die Differenzen, welhe nament- lih bei den Wochenbläitezn obwalten, find in der That von ganz eminenter Bedeutung. Ein Wocheublatt, welches sich „Aktionär“ nennt und in Frankfurt a./M. wöchentlich ein Mal erscheint, also 52 Mal jährlih von der Post versendet wird, zahlt dafür eine Pro- vision von 2 Thalern, die ich als eine sehr ansehnliche bezeichnen muß gegenüber der Leistung der Post. Dagegen giebt es andere Wochen- schriften ih nenne z. B. die Sonntagsblätter —, die ebenfalls 52 Mal jährlich befördert werden und welche für dieselbe Leistung, für die das in Frankfurt erscheinende Blatt 2 Thlr. bezahlt, nur 4 Sgr. Provision entrihten. Es werden namentlich durch die jeßigen Pro- vifionsbestimmungen die wissens{hoftlichen Zeitschriften unverhältniß- mäßig betroffen. Die „Zeitschrift für klassishe Alterthumswifsen- schaft“, welhe monatlich ein Mal erscheint und die also von der Post 12 Mal sährlich zu befördern ijt, zahlt dafür cine Provision von 2 Thlr. 74 Sgr.; die „Vierteljahrsschrift für praftishe Heil- funde*, welche nur vier Mal jährli befördert wird, zahlt eine Pro- vision von 1 Thlr. 15 Sgr. Diese wenigen Beispiele werden ge- nügen.

Nun, meine Herren, das sind Differenzen, welche die Behaup- iung gercch{Gtfertigt erscheinen lassen, daß die jeßige Regelung der Zei- tungsprovision nicht den Vorzug einer besonders ratiozellen befißt, und ich kann daher nur wiederholen, daß die Regierung geneigt ift, auf die vorgeschlagene Resolution einzugehen und die Aenderung der Provisionsbeftimmungen in Erwägung zu ziehen.

Beim Etat der Telegraphenverwaltung war zu Tit. 1 der Einnahme (Gebühren) von den Kommissarien des Hauses der Antrag gestellt, die Erwartung auszusprechen, daß es der: Telegraphenverwaltung gelingen werde, in dem Etat für 1876 die Einnahmen mit den Ausgaben möglih| ins Gleich- gewicht zu bringen.

Der Bundeskommissar General Meydam über nach dem Abg. v. Behr:

Meine Herren! Der Reichs-Telegraphenverwaltung is, wie auch der Hr. Abg. Sonnemann bereits in dem Eingange feiner Rede be- merkte, von dem Bundesrath die Aufgabe geworden , möglichst auf ein Gleihgewiht zwischen den Einnahmen und Ausgaben im Etat dieser Verwaltung hinzuwirken. Die Berwaltung muß natür- lich ihr Augenmerk darauf richten, die Tarife so bemessen zu lassen, daß die cigenen Auêëgaben der Verwaltung dur die aufkommenden Gebühren hinreichend gedeckt werden. JInwieweit das dur eine Ausgleihung der jeßt bestehenden verschiedenen Tarifsäße, die sich na Zonen klassifizir-n, thunlich ist, muß den statistishen Erörterungen, die eingeleitet find, überlassen bleiben. Es wird natürlich die größte Mühwaltung in der Richtung eingeschlagen werden, und die Ansicht, welche dem Antrage des Abg. Ackermann und Genossen zu Grunde gelegen hat, findet darin bereits ihre Befriedigung. Den Vertretern der Verwaltung ist es natürlich von großem Nuben und Interesse gewesen, die Ansichten der Reichstagsmitglieder, welche in der Gruppe thätig waren, zu vernchmen und damit Wünsche und Ansichten kennen zu lernen, die bei den verschiedenen Kreisen und Persönlichkeiten vor- handen waren.

Ein weiterer Punkt, der von dem Hrn. Abg. Sonnemann angeregt werden ift, betrifft die herbeizuführende Erleichterung der telegraphischen Zeitungskorrespondenz in - der Nacht. Meine Herren! An solhen Orten, wo bereits Nactdienst besteht, wo es ohne erheb- lihe Mehr aufrendung ven Betriebsmaterial und Personal möglih ift, wird die Telegraphenverwaltung fehr gern den Wünschen größerer Zeitungen in dieser Beziehung entgegenkommen. Jn der That ruht des Nachts der telegraphishe Verkehr in erheblicher Weise, und es ist deéhalb mögli, die Leitungen für die telegravhishe Zeitungskor- respondenz zur Verfügung zu stellen, um diesen Organen der öffent- lichen na Erleichterungen zu verschaffen. Natürlich ift ein esa mei dabei die Vergütigung der eigenen Kosten der Tclegraphen-

erwaltung. ;

In der Diskussion über die Rübenzuckerfteuer ant- wortete der Bundesbevollmächtigte, Staats-Minister Dr. Delbrü ck, auf eine Anfrage des Abg. v. Behr ‘in Betreff des Scheibler- schen Verfahrens: :

Meine Herren! Ic beschränke mich auf die Beantwortung der eben vom Herrn Vorredner gestellten Frage.

Jch kann im Augenblicke nit eine Auskunft darüber geben, ob eine Forderung für die zur Prüfung des Scheiblerschen Verfahrens anzustellenden Versuche noch im Laufe der Budgetberathung wird ein- gebracht werden. Wenn sie aber niht eingebracht wird, so möchte ih den Herrn Vorredner fowchl wie das Haus darum bitten, niht daraus zu folgern, daß die Versuhe etwa niht werden angestellt werden. Die Summen, um die cs fi handelt, sind an sih uicht so bedeutend, und das Interesse, welches die Frage än Anspruch nimmt, ist auf der anderen Seite so bedeutend, daß die verbündeten Regierungen kein Bedenken tragen werden, in dem Verhoffen auf die demnächstige Zu- stimmung des Reichstags die Ausgaben zu leisten, auch wenn si: nicht durch das Budget bewilligt find.

Gegen den Abg. Dr. Websky bemerkte der genannte Bundesbevollmächtigte in Betreff der Branntweinsteuer:

Meine Herren! Es ist unmöglich, von hier aus den Berehnun- en, die der Herr Vorredner mitgetheilt hat, zu folgen, da man ihre Siänente nit kontroliren kann. Jch mache ihm meinerseits daraus feinen Vorwurf; denn wenn er seine Berehnungen fo vorgetragen hätte, daß man die Elemente Fontroliren fönnte, fo würde er damit vielleiht zu viel Zeit in Anspruch genommen haben.

Ich möchte nun, was die Branntweinsteuer betrifft, scinen Zahlen zwei andere gegenüberstellen, die ich für ganz unumstößlich richtig halte. Es ift im Etat für den Norddeutschen Bund für 1868 be- rechnet und zwar nah der Wirklichkeit, was in den 3 Jahren 1864, 1865 und 1866 in den damaligen Branntweinsteuergebieten auf den Kopf wirklich aufgekommen war. Nach Abzug der Exportbonifikation famen damals an Branntweinsteuern und an Uebergangs- abgabe 9 Sgr. 10 Pf. auf den Kopf. In dem jeßt Shnen vorliegenden Etat ist ebenso genau aus den Durchschnitten

erklärte hier-

der 3 Jahre 1871, 1872 und 1873, auch nach ebens der Exportboni- fikation, für die jeßige Branntweinsteuergemeinschaft 1,0023 Mark, also 10 Sgr. # Pf. gegenüber 9 Sgr. 10% Pf. im DurWhschnitt der 3 Fahre 1864 biz 1866 pro Kopf berechnet.

Ich glaube, daß sich hieraus ergiebt, daß der Verbrauch des Brannt- weinsinnerhalb der Grenzen desBrannitweinsteuergebietes si nicht in einer Weise vermehrt hat, so daß dies irgendwie zu bedenkliheren Folgerungen Anlaß geben könnte, wobei ich ganz außer Acht lasse, daß von Jahr zu Jahc mehr Branntwein für gewerbliche Zwecke verbraucht wird, daß man also selbsi aus einer sehr viel größeren Steigerung der Ein- nahme von der Branntweinsteuer und folgeweise aus der Erzeugung von Branntwein nicht im allermindesten herleiten könnte, daß mehr Branntwein getrunken wird.

In der Diskussion über die Brausteuer entgegnete der Staats-Minister Dr. Delbrü ck dem Abg. Dr. Loewe:

Meine Herren! Jh kann mi auf die tehnischen Fragen, die hier berührt worden find, als Nichttehniker niht einlassen. Jch kann indessen anführen, daß für die verbündeten Regierungen in dem vor Kurzem bekannt gewordenen Ergebniß der Besteuerung der Malz- Surrogate im Jahre 1873, dem ersten Jahre, wo das neue Geseßz in Kraft stand, die dringende Veranlassung gegeben iît, fich zu über- legen, ob nit das Geseß zu ändern sein möchte. Denn das Ergeb- niß, daß im Jahre 1873 überhaupt nur 63,009 Ctr. Malz- Surrogate versteuert worden find, fordert hinlänglich dazu auf.

Bei der Position Wechsel stempelsteuer erwiderte Derselbe auf eine Anfrage des Abg. Dr. Reichensperger:

Meine Hexren! Der Augenblick, in den Säßen des Wechsels stempelsteuergeseßes eine Nenderung vorzunehmen, wird meiner Ansicht nach erst dann eintreten, wenn die Markwährunig in ganz Deutsä- land eingeführt fein wird, unabhängig von der ja jeßt nur in einem Theile von Deutschland bevorstehenden Einführung der Mark- rechnung. :

Die Petition, welche der Herr Vorredner erwähnte, ist viel- leiht nicht von derselben Handelskammer, indeß solche Petitionen pflegen identisch zu sein von mehreren Handelskammern an den Bundesrath gebracht und wird der Erwägung unterliegen. Bemerken will ih nur, daß das praktische Resultat dieser Petition eine recht erhebliche Steuerermäßigung für die niedrigeren Stufen fein würde.

In der Diskussion über den Münzetat bemerkte der genannte Bundesbevollmächtigte nah dem Abg. Siemens:

Meine Herren! Da wohl nicht darauf zu hoffen ift, bis zum 31, Dezember d. Is. die Bankgeseßgebung abgeschlossen zu sehen, so sehe ih es als vollfommen selbstveritändlih an, daß eine Verlänge- rung des Gesetzes vom Jahre 1870 noch im Laufe diefes Monats sowohl die Zustimmung deë Bundesraths “als auch des Reichstages finden wird, In Verbindung mit einer solchen Vorlage ift es die Absicht des Reichskanzler-Amtes, weitere Bestimmungen zu bxingen, welche darauf abzielen, die rashere Einziehung der kleinerea Noten- appoints innerhalb des nächsten Jahres anzuordnen.

Rüfsichtlich des Gesezentwurfs, betreffend die Einführung von Reichsgeseßen in Elsaß-Lothringen, erklärte der Staats-Mi- nister Dr. Delbrück auf eine Anfrage des Abg. Dr. Lasker wegen der Justizgesehe:

Meine Herren! Das Geseß, welches der Herr Vorredner er- wähnt hat, ist nit vergessen worden bei der Aufstellung dieses Ent- wurfs. Wir find aber der Meinung gewesen, daß es niht nothwen- dig sei, es hier ausdrücklich mit auszuführen, weil bei dieser Aende- rung der Verfassung, wo es sih um das Verhältniß der Souveränetät der Einzelstaaten zur Gesämmtheit handelte, Rücksichten ia Betracht gekommen find und in Betracht fommen, die bei Elfaß-Lothringen überall nit zutreffen, und daß es bei Elsaß Lothringen einfa ge- nügen wird, die Reichsgeseße, die auf Grund dieses von mir erwähn- ten Gesetzes erlassen werden, ohne daß Elsaß-Lothringen in der Ein- gangsformel aufgenommen wird, anzunehmen und zu verkündigen.

Statistische Nachrichten.

Das Königliche württembergische Ministerium des Junern hat im vorigen Monat von den Öberamts-Physikaten Verzeichnisse über die in ihren Bezirken in ktervfliher Thätigkeit stehenden appro- birten deutschen Aerzte eingefordert und eine Zusammenstellung des Fnhalts dieses Verzeichnisses bearbeiten lassen. Hiernach befinden fi in Württemberg gegenwäctig bei 254 Apothek.n 504 app: obirte Aerzte, wovon im Neckarkreis 193, im Schwarzwaldkreis 108, im Jagstkreis 77, im Donaukreis 126 wohnen.

Ueber den ersten allgemeinen Beamtenverein der ¿sterreihisch-ungarischen Monarchie theilt die „Wien. Z.“ Folgendes mit: Die Lebensversicherung8abtheilung nahm im Monate November d. F. 556 Anträge über 607,828 Fl. Kapital und 1740 Fl Rente entgegen, wovon 428 Versicherungsanträge mit 420,800 Fl. Kapital und 40 Fl. Rente angenommen worden. Der G-fammiftand der Ende v. M. in Kraft befindlichen Versicherungen bezifferte fich nah Abzug aller Erlöschungen mit 23,699 Verträgén über eine Kapi- talsumme von 21,609.690 Fl. und jährlide Renten per 46,900 Fl. Hiervon ist ein Kapitalsbetrag von 700,000 F1. in Rückversicherung gegeben. Durch Ableben der Versicherten sind seit Beginn dieses Jahres 252 Verträge erloschen und mit diesen 175,600 Fl. Kapital und 300 Fl. Rente fällig geworden. Die Prämieneinnahme für den verflossenen Monat war mit 48,342 Fl. 64 Kr. in Vorschreibung. Fn Wr.-Neustadt ist ein Spar- und Vorschußconsortium des Beam- tenvereins ins Leben getreten.

DieAuswanderung über Liverpool ift, amtlichen Sta- tistiken zufolge, noch immer im Abnehmen begriffen. Während des verwichenen Monats (November) segelten von der Merfey 35 Schiffe mit 5893 Auswanderern nah transatlantishen Häfen ab, d. i. 1868 weniger als im korrespondirenden Monat des Vorjahres, während die Abnahme in dem m:t November endendèn Jahre fich auf 66,900 Passagiere beziffert. Von den 5893 Auswanderern im vorigen Mo- nat gingen 55%5 nah den Vereinigten Staaten, 75 nach Nova Sco- tia, 38 nach Victoria, 20 nach China, 32 nah Ostindien, 30 nach Westindien und 113 nach Südamerika.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin. In d:r Versammlung der Juristishen Gesellschaft am Mittwoch den 9. d. M, wird der Königlich sächfishe General- Staatsanwalt Dr. Shwarße einen Vortrag über den österreichischen Entwurf cines Strafgeseßbuches halten.

Nah einer Bekanntmachung des Vorstandes des Evangelischen Vereins für kirhlihe Zwecke wird auch im nächsten Jahre zwischen Neujahr und Ostern wieder ein Cyklus wissen}haftlicher Vor- träge an den Montagabenden von 7 bis 8 Uhr im Saale des Evangelischen Vereinshauses, Oranienstraße 106 hierselbft, gehalten werden. Es werden sprehen: 4. Januar. Reichard, Kon- sistorial-Rath in Posen: Die religiösen“ Bewegungen in Frankreich in den leßten 50 Jahren. 11. Januar. Stahn, Konsistorial-Rath: Die Freihcitsleiden der Gegenwart. 18. Januar. Liz. Gerlach, Pfarrer in Garz: Der Sozialismus und das Christenthum. 2%. Januar. Fürer, Pfarrer in Friesdorf: Vergleihung von Scheffels Ekkchard und Freitags Ahnen. 1. Februar. Liz. Dr. Dibelius, Paftor pri. in Dresden: Das Gesangbuch. 8. Februar. Dr. Schian, Arcidiakonus in Liegniß: Das Wunder. 15. Februar. Seukeates Superintendent in Schneidemühl: DieSelbstzerseßung des Christenthums und die Religion der Zukunft nach Eduard von Hartmann. 22. Februar. Pank, E (Das Thema ift noch vorbehalten.) 1. März. Liz. Tauscher,

irektor des Stiftsgymnasiums in Zeitz: Die kirchenpolitishen Be- wegungen der Gegenwart im Lichte der nes 8. März. Freiherr von Meerheimb, Oberst im Großen General?iab: Der Ein- fluß der Volksvildung auf die Mgr ars, 15. März. Dr. Se- mit, Konsistorial-Rath und Professor: Das christliche Märtyrerthum nach seinem Wesen und seiner Bedeutung für die Kirche.