1874 / 298 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 Dec 1874 18:00:01 GMT) scan diff

desrath gebracht ist und der Erwägung unterliegen wird, über die Petitionen zur Tagesordnung überzugehen, und bezüglih der Petitionen von Telegraphenbeamten I. Diese Petitionen, insoweit sie 1) das Verlangen, die Tantièue der Telegraphenbeamten als pensionsfähigen Theil des Einkommens der gedahten Beamten, und 2) insoweit fie die Regelung der Rangverhältnisse der Ober-Telegraphisten und Telegraphisten betreffen, dem Reichskanzler zur Erwägung zu. überweisen; II. insoweit fie die Berücksichtigung der Altpensionäre betrifft, dur die Erhöhung der betreffenden Dispositionsfonds im Etat für 1875 für erledigt zu erklären; 11. im Uebrigen über die bezeihneten Petitionen zur Tagesordnung überzugehen.

Dann setzte das Haus die zweite Berathung des Lan des- haushalts-Etats von Elsaß-Lothringen fort, an der fich übrigens die elsaß-lothringishen Abgeordneten nicht betheilig- ten, und erledigte dieselbe nah den Beschlüssen der Kommission. Um 41/5 Uhr vertagte sih das Haus bis Abends 71/2 Uhr.

In der gestrigen 36. (Abend-) Sizung des Reichs- tages, welher der Reihskanzler Fürst von Bismarck, sowie mehrere Bundesbevollmächtigte und Bundeskommissare beiwohn- ten, wurde die zweite Lesung des Bundeshaushalts-Etats für Elsaß-Lothringen nah den Beschlüssen der Kommission beendet. Schluß 111/4 Uhr.

Ii der heutigen (37) Sißung des Deutschen Reichstags, welcher der Präsident des Reichskanzler-Amts Staats-Minister Dr. Delbrück mit mehreren Bundeskommissarien beinmohnte, wurde der Gesezentwurf, betréffend die Feststellung des Landeshaushalts-CEtat von Elsaß-Lothringen für das Iahr 1875 in dritter Berathung ohne erhebliche Diskussion angenommen. Nur der Abg. Simonis brachte in längerem Vortrage verschiedene Beshwerden vor und betonte nochmals, daß es den Abgeordneten aus dem Reichslande aus den son früher angegebenen Gründen unmöglih gewesen sei, an der Be- rathung dieses Gesezentwurfes theilzunchmen. Ihm antwortete der Abg. Dr. Lasker, welcher nahwies, daß diese von den elfäs- fishen Abgeordneten eingenommene Stellung dem Interesse des Reichslandes nicht entsprehe. Um 1 Uhr vertagte sich der Reichstag bis zum 7. Januar 1875, Nachmittags 15 Uhr.

Eine häufig. wiederkehrende Beschwerde des Publikums besteht darin, daß auf Erkundigungen an den Personen- billetschaltern und bei den Güter-Expeditionen über Reiserouten, Frachtsäße und dergleichen von den: Beamten öfters ungenügende oder unrichtige Auskunft ertheilt wird. Das Reichs - Eisenbahn - Amt hat Veranlassung genommen, sämmiliche Gisenbahnverwaltungen Deutschsands (exkl. Bayerns) darauf aufmerksam zu machen, daß, wenn es auch im Allge- meinen dem die Eisenbahn ‘benußenden Publikum überlassen bleiben muß, fih aus den publizirten Tarifen, Fahrplänen und sonstigen Bestimmungen über die zweckmäßigste Art der Benußung der Eisenbahnen und über die Höhe der Säße zu informiren, fh doch die Verwaltungen und ihre Organe niht werden ent- ziehen können, dem Publikum auf Verlangen über die erwähn-

ten Transportverhältnisse ausführlihe Belehrung zu ertheilen. |

Diese könne aber ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie durchaus genau und zuverlässig sei, und liege es ganz abgesehen von der Frage, ob und inwieweit die Verwaltungen für die Seitens ihrer Organe ertheilte Auskunft einzustehen haben ebenso sehr im Interesse der Bahnen, wie des Publikums, daß dabei keinerlei Unrichtigkeiten unterlaufen. Neben der bereits zur Pflicht gemachten Ausrüstung der Expeditionen 2c. mit dem für Beleh- rung des Publikums nöthigen Material werden dieseben au anzuweisen sein, bei eigener ungenügender Information oder in zweifelhaften Fällen zum Zweck pflichtmäßiger willfähriger Aus- kunftsertheilung schleunigst erf Instruktion der betreffenden vor- geseßten Dienststelle einzuholen.

Das Reichs-Eisenbahn-Amt hat die Bahnverwaltungen ferncr darauf aufmerksam gemacht, daß die Seitens der Güter-Ex- ditionen auf die Frahtbriefe zu sehenden Vermerke häufig lückenhaft und unkorrekt find. So fehlen insbesondere die Stempel der Aufgabe-, Uebergangs- und Ankunsts-Stationen niht selten gänzlih; noch häufiger sind diese Stempel so undeut- lih aufgedrückt, daß der Name der Station, sowie das Datum niht oder doch nur mit Mühe zu entziffern ist. Ebenso vermißt man in den zur „Note“ gehörigen Kolonnen des Frachtbriefes fast regelmäßig den vor: eshriebenen Eintrag des Einheits- Frachtsazes und hin und wieder bei gebrochener Kartirung den Vermerk der Stationen, bis zu welchen die einzelnen Säße, aus welchen sich die Gesammtfracht zusammensetzt, berehnet wurden.

Wenn Seitens der Eisenbahnverwaltungen mit Recht darauf gehalten wird, daß Seitens des Publikums das Frachtbrief-For- mular den Bestimmungen des Reglements entsprechend ausge- füllt werde, so dürfe mit gleihem Rehte von den Eisenbahn- verwaltungen erwartet werden, daß die zur Orientirung des Publikums und zur Kontrole über den pünktlihen Vollzug des Frachtvertrages bestimmten bahnseitigen Vermerke auf dem Frachtbriefe vollständig und \o deutlich eingetragen werden, daß der dadur beabsihtigte Zweck erreicht wird. ;

Es pvird. den Eisenbahnverwaltungen empfohlen, diesem Gegenstande ihre ernsilihe Aufmerksamkeit zuzuwenden und Zu- widerhandlungen ihrer Bediensteten nahdrücklich zu ahnden.

Ein rheinischer Civil stands-Beamter hatte einer, auf Bekanntmachung des Aufgebotes nach den Vorschriften des Gesezes vom 9. März cr. gerichteten Requisition eines anderen Standesbeamten keine Folge gegeben, weil das in Rede stehende Geseh im Bezirke des Appellation®gerihtshofes zu Cöln feine Anwendung finde. Die Bestimmungen des Ge- seßes vom 9. März d. I. erleiden jedoch nah §. 30 ibid. eine Ausnahme nur in dem Falle, wenn einer der Orte, wo das Aufgebot nach §. 29 vorgenommen werden foll, außerhalb Preußens gelegen is, Der Minister des Innern hat daher in einem im Einverständniß mit dem Justiz-Minister ergangenen Spezial-Erlaß vom 9. v. M. die Gemeindebehörden auch im Gebiete des Rheinischen Rechtes resp. im Gebiete der ehe- maligen freien Stadt Frankfurt a./M. für verpflichtet erachtet, den Requisitionen der gedahten Art nahzukommen.

Die Anfertigung \{hriftlicher Eingaben an die gerihtlihen Behörden durch Private, im Auftrage der Unterzeichner, ist, selbs wenn sie gewerbsmäßig und gegen Entgelt erfolgt, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribu- nals vom 17. November cr. strafrechtlich niht zu ver- folgen.

Nach §. 53 des Reichs-Strafgeseßbuches ist eine straf- bare Handlung nicht vorhanden, ! wenn die Handlung dur Nothwehr, „um einen gegenwärtigen rechtswidrigeu Angriff von \ich oder einem Anderen abzuwenden“, geboten war. Im Anschluß an diese Bestimmung erkannte der Ober-Dribu- nals\enat für Strafsachen, in der Sizung vom 3. Dezem-

ber cr., daß die Nothwehr nur dann ftraflos is, wenn der Angriff wirklich bereits begonnen, beziehungsweise Handlungen ftattgefunden haben und konstatirt find, in welhem der Beginn eines rechtswidrigen Angriffs gefunden werden kann.

Die Verweisung auf die ein für allemal bei einem Ge- rihtshof geshehenen Vereidung eines Sachverständigen für dic Verhandlungen eines anderen Gerichtes, welche die Fortsezung der Verhandlungen jenes Gerichtshofes bilden, ift nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 4. De- zember cr. für zulässig zu erachten.

Der Bundesraths-Bevollmächtigte Großherzoglich hessischer Ministerial-Rath Finger is hicr eingetroffen, die Bundesraths- Bevollmächtigten Königlich bayerisher Staats-Minister Berr, Großherzoglich hessisher Minister Hofmann, Königlich baye- rischer Ober-Zollrath Schmidtkonz und Königlih württember- gisher Ober-Regierung{-Rath Baezner sind nach ihrer Heimath zurückgereist.

Der Königlih dänische Gesandte am Kaiserlih-Königlich österreihisch-ungarishen Hofe, Kammerherr von Falbe, traf gestern Nachmittag auf der Durchreise nach Kopenhagen hier cin und stieg im Hotel Royal ab.

Der General-Lieutenant von Voigts-Rheßt, Com- mandeur der 20. Division, und der General-Major Graf von der Groeben, Commandeur der 5. Kavallerie-Brigade, find von St. Petersburg, wohin sich dieselben zur Theilnaßwe an dem St. Georgs-Ordens-Feste begeben hatten, auf der Durch- reise nach ihren resp. Garnisonen hier eingetroffen.

S. M. S. „Victoria“ if am 16. Dezember cr. zur Ueberführung nah Wilhelmshaven in Kiel in Dienst gestellt. - Sb L - e N R L I T

Rendsburg, 18. Dezember. (W. T. B.) Der vom Provinzial-Landtage niedergeseßte Aus{huß hat wegen der Ausgleihung der \chleswig-holsteinishen Kriegskosten Bericht erstattet. In demselben wird der offerirte Betrag von 400,000 Thlx. als ungenügend zur Beseitigung aller alten Ansprüche be- zeicynet und zugleich beantragt, daß im Sinne des Beschlusses des Abgeordnetenhauses vom 10. Mai. eine Ausgleihssumme bewilligt werden möge, die dem Betrage der Kommunalanleihen von 1849/50 (3 Millionen Thaler) nahe komme.

Paderborn, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Bischof Martin von Paderborn iff zum 5. Januar nah Berlin vor den Gerichtshof für kirhlihe Angelegenheiten geladen worden. Waden. Karlsruhe, 17. Dezember. Die Regierung hat das erzbishöflihe Kapitels-Vicariat zur Zurück- nahme der den sog. Neupriestern ertheilten Mission auf- gefordert. Nach einer Verfügung des Ministeriums an die Be- zirksämter foll bei gesperrten Neupriestern, wenn sie die Erthei- lung des ihnen seither verbotenen Religionsunterrihts vor- nehmen, selbst in dem hierzu verordneten Schullokal, kein Zwang oder polizeiliher Arrest mehr Plaß greifen. Die neulich wegen unbefugter kirhliher Funktionen verurtheilten Neupriester v. Rüpplin, Ihringer und Fauler haben nicht aufgehört, diese Funktionen auszuüben; die beiden leßteren befinden sich denn auch neuerdings wieder in Untersuchung.

Dessen. Darmstadt, 17. Dezember. Den Zudrang mittel- loser Deutscher nah Frankreich betreffend, hat das Großherzog- lihe Ministerium des Innerw an die Großherzoglichen Kreisämter ein Ausschreiben lassen, in welhem u. gesagt ist: d j

Ju unserem Ausschreiben vom 30. März und vom 11. Dezem- ber 1872 haten wir auf die grceßen Schwierigkeiten aufmerksam gemacht, die sich Deutschen, die in Frankreich und namentlich in Paris Arbeit suchen, entgegenstellen “und Sie angewiesen, bei Aué‘tellung der Legitimationspapiere an_die eine Uebersiedelung dorthin beabsichti- genden Perfonen diefelben entsprechend zu bedeuten, und daß dieses geschehen, jedesuial afktenmäßig zu machen. Nach neueren Mitthei- lungen hat der Zudrang deutscher junger Leute, welche nah Frankreich und besonders nach Paris kommen, um daselt#| Beschäftigung zu suchen, in bedenklicher Weise zugenommen, Bei de: fortdauernden Ungencigtheit der Franzosen, deutsche Arbeitcr zu bescäfiigen, fallen dieje Arbeiter, welche meist ohne Existenzmitlel und kaum der fran- ¿6sishen Sprache mächtig find, nach wenigen Tagen vergeblichen Suchens den dortigen Behörden oder den Hülfsyereinen zur Last. Wir beauftragen Sie daher, der Uebersiedelung von Angehörigen Jhrer Kreise nach Frankreih fortdaucz:nd Ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken, die oben erwähnte Vorschrift genau zu befolgen u f. f.

Sachseu-Weimar-Eisenach, Weimar, 15. Dezember. D KULator: dec Universität Jen hat bei den Regierungen der ernestinischen Linie die Bitte gestellt, dieselben möchten von den französishen Kriegsentshädigungsgeldern 500,000 Thlr. zu einer Dotation für die Universität verwenden.

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Defterreicbh - Ungarw- Wien, 17. Dezember. In der heutigen Sißzung des Abgeordnetenhauses legte die Regierung einen Geseßentwurf betreffs Verlängerung der Rü- zahlungstermine des böhmischen Nothstandsanlehens, ferner einen Gesetzentwurf, betreffend ‘die Regulirung der Mur, vor. —*So- dann entstand eine lebhafte Debatte über eine Petition des Ver- eins „Volksstinme“. Der Ausschuß beantragte diesbezüglich, die Regierung wolle in der bevorstehenden Reform der Gewerbe- Ordnung Arbeiterkammern als Organ der gewerblichen Lohn- arbeiter aufnelzmen, welches dort einzuführen wäre, wo das Affo- ciationswesen der Arbeiter die geseßlihen Vorbedingungen erfüllt. Schrank sprach gegen den Ausshußantrag, beantragte, daß überall, wo Handelskammern sind, auch Arbeiterkammern gegründet wer- den, und wollte die Regierung zu einer diesbezüglihen Geseßvor- lage aufgefordert wissen. Walterskirhen Ktellte den Zusaßantrag, die Regierung aufzufordern, die Art und Weise einer politischen Vertretung der Arbeiterkammern zu erwägen. Bei der Abstim- mung. wurde der Antrag Schranks abgelehnt, der Aus\{huß- antrag angenommen und der Zusoazantrag Walterskirchens ab- gelehnt. Der Antrag des Ausschusses, die Regierung äufzufor- dern, daß in die revidirte Gewerbeordnung \{chügende Bestim- mungen über die Arbeitszeit von Kindern und Frauen und über die Sanitätsverhältnisse in den Fabriken aufgenommen werden, wurde nebst dem Zusazantrag Kübecks auf Errichtung von Fabriks\{hulen angenommen.

18. Dezember. Heute antwortete der Unterrihts-Minister v. Stremayr auf die Ir.terpellation betreffs der Ausführungs-Be- stimmungen zu den konfessionellen Gesezen, daß die Vorarbeiten zur Regelung des Patronatswesens wegen des zu bewältigenden massen- haften Materials nur langsam vorwärts schritten, und daß aus gleichem Gründe auch die Reform der katholisch-theologischen Fakul- täten sih verzögere. \ Die hierauf folgende Prüfung der Wahl der Abgeordneten des oberöfterreihishen Großgrundbesizes rief eine längere Debatte hervor, indem dabei die prin- zipielle Frage, ob geistlichen Nußznießern das Wahlrecht zustehe, entschieden werden sollte. Der Abg. Herbst “hob hervor, daß

diese Frage die Regierung nicht direkt berühre, vielmehr eine innere Angelegenheit des Abgeordnetenhauses sei und nit yoy politischen, sondern nur vom Rechtsstandpunkte aus entschieden werden müsse. Der Minister Unger wies nun aus juristischen Gründen und unter Bezug auf juristishe Autoritäten nach, daß es dem geltenden Rechte durchaus entsprehe, den geistlicher Nugznießern das Wahlreht zu gewähren; bei der Abstimmun wurde aber der Antrag auf Annullirung der Wahlen des oe öfterreihischen Großgrundbesißes mit 120 gegen 116 Stimmen angenommen.

Pest, 17. Dezember. Im Abgeordnetenhause wurde bei fortgeseßter Verhandlung der Grundsteuervorlage im §. 1g nach langer Debatte der Antrag des Oberhauses angenommen wonach statt des von dem Katasteraué\shusse beantragten zehn- jährigen Durchschnittes als Basis bei der Berehnung des Ein- kommens der sechsjährige Durhshniti der Produktenpreise von 1867 bis 1872 angenommen wird.

Für den Oberhausantrag stimmten 96, gegen denselben 94 Abgeordnete. Die Verhandlung _ wurde hierauf bis zum §. 38 fortgeführt.

Schweiz. Bern, 16. Dezember. Der Nationalrath hat

heute bei Fortseßung der Berathung des Gesetzentwurfs betreffend Civilstand und Ehe, die Bestimmungen über die auf die Eheabschließung Bezug habenden Förmlichkeiten fest gestellt, welhe er unwesentlih verändert nah dem Antrag der Kommissionsmehrheit und in Uebereinstimmung mit dem Stände- rath angenommen hat. Sie lauten: : „Jeder im Gebiet der Eidgenossenschaft vorzunehmenden Ehe- schließung muß die Verkündung des. Eheverspreens vorausgehben, Die Verkündung hat am Wohnorte, sowie am Heimathsorte jedes der Brautleute zu erfolgen. Wird im Auslande mit Berufung «auf bestehende Landesgeseße das Aufgebot als überflüssig oder unzulässig abgelehnt, fo ersetzt eine desfällige Bescheinigung dasselbe. Behufs Vornahme der Verkündigung von Ehbeversprechen sind dem Civil- beamten vorzuweisen: a. die Geburtsfcheine beider Brautleute; b. os fern dieselben nicht im Civilstandskceise selbst ihren ordentlichen Wohnsiß haben, eine Bescheinigung des Civilstandêsbeamten des Wohnortes über ihren ledigen Stand; e. für Personen, welche das 20. Altersjahr nicht zurücgelegt baben, eive Zustimmungserklärung der Jnhaber der elterlichen Gewalt; wenn diese nicht in dem Fall, ihren Willen zu äußern, so ist eine Zustimmungéerklärung des Vormundes, resp. der Vormundsbchörcde erforderlich; und falls nicht bcide Theile persönli erscheinen, cin von ihnen unterzeihuetes und von der zuständigen Amtsstelle beglaubigtes Ehcversprechen.

Eine lange Debatte veranlaßten die Ghescheidungsbestim- mungen, welche jedenfalls noch die morgende Sißung in An- \spruch nehmen werden. -

Der Ständerath begann heute die Budgetberathung,

Großbritannien nund Jrland. London, 17. Dezember. Der Herzog und die Herzogin von Edinburgh haben mit ihrem Sohne Schloß Windfor verlassen und sich zu einem Besuche des Earls und der Gräfin Dudley nah Witley-Court begeben. Der Prinz und die Prinzessin von Wales haben ihren Besuch bei der Königin ebenfalls beendet nnd sind nah Marl- borough House zurückgekehrt.

Das Auswärtige Amt hat vom außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Republik Para- guay in London eine vom 3. d. datirte Note erhalten, in der mitgetheilt wird, daß er die Ernennung des Dr. Leone Levi zum General-Konsul für die Republik Paraguay in London annullirt habe, und daß die Legation vor- der Hand die Konsu- latsgeschäfte fortführen werde.

Der lange vakante Posten eines Lordkanzlers von Irland is jezt in der Person des bizherigen Generalanwalts für Irland, Dr. Thomas Ball, wiederbesezt worden. Der bisherige Generalfiskäl für Irland, Hr. Henry Ormsdy, ist zum Generalanwalt hinaufgerückt und hat den Königlichen Rath, Hrn. D. Robert Plunket ein Gnkel des Redners und Rechtsgelehr- ten Lord Plunket der das Großsiegel in Irland von 1830 bis 1834 und wieder von 1835—1841 innehatte zu seinem Nachfolger erhalten. i

Herr George Walkem, der Premier von Britisch- Columbia, verließ gestern London, um via Liverpool nah Vic- toria zurückzukehren. Außer dem Geschäft im Kolonialamte be- züglih der canadishen Pacific-Eisenbahn, die den Hauptzwed seiner Mission nah England bildete, pflog Herr Walkem Kon- ferenzen mit dem ersten Lord der Admiralität und dem Schaß- kanzler bezüglih der Herstellung eines neuen Flottendocks in Esquimalt, Vancouvers-Jnsel, da ein solher Dock für die För- derung der britischen Interessen im Stillen Ozean für sehr nöthig erachtet wird.

In South Kensington, Loudon, starb am 12. ds. Dr. James Thomas O'Brien, Lord - Bischof . von Ofsory und Ferns, im Alter von 83 Iahren.

Der Gesundheitszustand der Hauptstadt bleibt in Folge der dieser Jahreszeit eigenen plößlihen Witterungs- umschläge ein sehr ungünstiger. In der am 12. d. beendeten Woche starben 2082 Personen, d. i. eine Zahl, welche den Durh- {nitt der lezten 10 Jahre um ein volles Drittel übersteigt. Das Sterblichkeitsverhältniß ift seit den lezten fieben Wochen von 90 auf 33 auf Tausend Einwohner gestiegen. Luftröhrenent- zündung vershuldete die größte Zahl der Sterbefälle, demnächst Scharlachfieber, Keuchhusten 2c.

Großbritanniens Staatseinnahmen vom 1. April bis “zum 12. Dezember er. betragen 58,029,660 Lftr. gegen 63,045,178 Lstr. in derselben Periode des Vorjahres, während die Ausgaben fich auf 53,826,988 Lstr. gegen 58,899,255 Lstr. im Vorjahre belaufen. Der Kreditsaldo des Schagamtes in der Bank von England bezifferte sh am gedachten Tage auf 4,202,672 Lstr.

Frankreich. Paris, 18. Dezember. (W. T. B.) Das linke Centrum hat beshlossen, das Geseß wegen Errichtung eines Senates zu bekämpfen, sobald nicht mit demselben gleich- zeitig au die übrigen fonstitutionellen Vorlagen eingebraht wer- den. In der Untersuchung gegen das „Comité des appel au peuple“ if ein Einstellungsbeschluß erfolgt.

19. Dezember. (W. T. B.) Gestern fand bei dem deutschen Botschafter, Fürsten Hohenlohe, der erste Empfang statt. Sämmtliche Mitglieder des diplomatishen Corps, sowie der Minister des Auswärtigen , Herzog v. Decazes, der Minister des Innern, General de Chabaud-Latour, der Unterrichts-Minister Cumont, der Handels-Minister Grivart und der Militär-Gou- verneur von Paris, General de Ladmirault, wohnten demselben bei. Alle Damen des diplomatishen Corps, die Herzogin von Decazes und eine große Anzahl anderer Damen aus den offi- ziellen Kreisen waren gleihfalls erschienen.

Versailles, 18. Dezember. (W. T. B.) National- versammlung. Der Minister des Auswärtigen, Herzog von Decazes, zeigt an, daß: er die am 22. v. M. in Alexandrien ab- geschlossene Konvention, betreffend die Gerichtsreform in Aegypten,

in nähster Woche der Versammlung zur Ratifikation vorlegen werde, er verweist auf das Gelbbuch, in welchem die amtlichen Sriftstücke enthalten seien, die fh auf die der Konvention vorausgegangenen Verhandlungen bezögen. Im weiteren Ver- laufe der Sizung fand eine längere Debatte über das für Algier in Anwendung zu bringende Verwaltungss\yften, ftatt. Verschie- dene Abgeordnete erklärten \sich für das Kolonial-Verwaltungs- \yftem. Crémieux \prah \ih für die Wiederherstellung der Civil- verwaltung aus. Der Minister des Jnnern, General de Chabaud Latour, beantragte die. Einsezung einer Enquête-Kommission. Die Berathung soil in der morgenden Sihung fortgeseßt werden.

Griechenlaad. Aus Konstantinopel wird der „Times“ telegraphirt, daß Photiades Bez, der türkische Gesandte in Athen, am 15. d. M. fch auf seinen Posten begeben sollte, mit In- siruktionen, bei der griechischen Regierung auf die Regelung der Frage betreffs des Umstandes, daß ottomanishe Unterthanen hellenishen Schuß in der Türkei beanspruchen, zu dringen, und Maßregeln zur Verhinderung der Wiederbelebung des Bri- ganténthums an der Grenze, das Mehemed . Ali Pascha's Energie in der europäischen Türkei gänzlih unterdrüct hat, zu ‘verabreden. Ungefähr 200 Briganten wurden während der lezten 6 Monate gefangen genommen und gegenwärtig existirt keine reguläre Bande.

Nußland und Polen. (Monatsübersiht für No- vember.) Die Abreise des Kaisers aus der Krim hat fih dieses Mal etwas verzögert aus Rülksiht auf die Erkrankung des Grafen Adlerberg, des Ministers des Kaiserlichen Hauses. So blieb Se. Majestät noch den ganzen November. in der Krim und traf mit der Gemahlin des Thronfolgers und dem Groß- fürsten Wladimir am 2. Dezember neuen Styls in Zarzkoje- Selo ein. Gleich nach seiner Rückkehr wohnte der Kaiser dem Stiftungsfeste des Garde-Regiments Semenow bei und wurde von dem Volke mit enthusiastishen Zurufen begrüßt.

Am 23. November fand in London die Taufe des Sohnes des Herzogs von Edinburgh statt, worauf die- Kaiserin von Rußland von London abreiste, um im strengsten Jnkognito über Paris sich nach San Remo am Mittelländischen Meere zu be- geben. Das offizielle Blatt konstatirte den leidenden Zuftand der Kaiserin, welher wenn er auch nicht ernstlihe Besorgnisse einflößt doch besondere Shonung und einen längeren Auf- enthalt in dem milden Klima Italiens nothwendig macht. Zu der Taufe waren auch der Großfürst-Thronfolger und der Großfürst Alexis nach England gekommen; fie reisten am 26. November in Begleitung der Kaiserin nach Paris. Der Tele- graph und die Tageblätter haben seitdem genau Rechenschaft ge- geben sowohl über den Aufenthalt des Thronfolgers in Paris und in Berlin, als auch über seine Rückkehr nah Rußland.

Wie immer in den leßten Jahren find auch diesmal zum russishen St. Georgsfeste auf Einladung des Kaisers aus Preußen Gäste ckeingetrofsen, die mit Herzlichkeit vom Publikum empfangen wurden. Man begrüßte den Prinzen Albrecht, die Generale von Voigts-Rheeß und v. d. Gröben und die andern mit ihnen gekommenen Georgs-Ritter als Vertreter der alten Waffenbrüderschaft zwischen Rußland und Preußen, an welche die Erinnerung noch immer ungeshwäht hüben und drüben fortlebt,

Seit der Rückkehr des Reichskanzlers Fürsten Gortschakow, der auf der Heimreise in Berlin verweilte und daselbst mit dem deutihen Reichskanzler wiederholt konferirte, sind auch alle Minister von ihren Reiséèn zurück, und das St. Petersburger Leben is somit in seine lebhafteste Phase wieder eingetreten.

Schon in einem unserer früheren Berichte haben wir auf die außerordentlih lebhafte Thätigkeit hingewiesen, welche in die- sem Sommer die Regierung in geseßgeberischer Hinsicht entfaltet. Zunächst wurde der Vertrag mit Deutschland in Betreff der Hinterlassenschaften russisher Staatsangehörigen in Deutschland und Deutscher in Rußland ratifizirt. Dann erschien ein aus- führlihes Gese über die Dienstpflicht der donischen Kosaken ; endli wurde der Entwurf zu einem ausführlichen Geseg über das Vormundschaftswesen publizirt. Zu den Geseßen von gerin- gerer Tragweite gehört dasjenige, welches den “eamten mit Ausnahme der höheren Würden und des Hofressorts das Tragen von Bärten völlig freigiebt.

Die Dienstpfliht der donischen Kosaken wird durch das neue Gese für die aktive Armee und Reserve verkürzt; der Donische Kosak gehört der aëtiven Armee und der Reserve nur noh bis zum 33. Jahre an. Dazu bestimmt das neue Geseg eine vorbereitende Dienstzeit vom 18. bis 21. Lebensjahre, damit die Kosaken systematisch den modernen Dienst erlernen. Endlich ordnet das neue Gescy auch eine dem zeitgemäßen Bedürfniß entsprechende Eintheilung der Kosaken-Truppenkörper an und bestimmt auch das Kontingent für andere militärisch wichtig ge- wordene Dienstbranchen, wie z. B. für die Eisexbahn- Kom- manden.

Das Geseßprojekt über das Vormundschaftswesen soll einem An dringenden Bedürfniß abhelfen. Die Vormundschaften wurden früher rein nah dem ftändischen Prinzip“ behandelt, und dem patriarhalishen Wesen der alten russishen Familien zu schr Rechnung getragen. Das Gesehprojekt hebt die ständischen Vormundschaftsbehörden auf und überweist die Mündelsachen einer Behörde der Landstände; es set Familienräthe zur Kon- trole der vormundschaftlihen Behörden ein und nimmt unter Abschaffung der bisherigen Abstufungen der Voll- und Groß- jährigkeit eine einzige Mündigkeitsperiode (mit 21 Jahren) an.

Am 13. November begann im ganzen Reiche die erste Aus- hebung nah dem Gesetze über“ allgemeine Wehrpflicht. Bei ODr- ganisation der Einberufyngsbezirke und Zählung der Stellungs- pflichtigen hat sich erwiesen, daß nahezu 800,000 junge Leute in diesem Jahre das 21. Iahr volleaden. Da das auszuhebende Kontingent auf nur 150,000 Mann bemessen ward, hat die Wehr- pfliht feineswegs als \{chwere Last aufgefaßt werden können. Da ferner in früheren Jahren nach der alten Form der Rekru- tirung, die nit alle Klassen der Staatsangehörigen traf, mehr ausgehoben waren als jet, und die reguläre Dienstzeit viel länger dauerte, betrahtet die Presse die gegenwärtige mäßige Aushebung als einen neuen Beweis für die Fortdauer des Friedens.

Im Reichsrath dürften demnächst die allgemeinen Zusiche- rungen, welche im Auftrage des Kaisers der General Todtleben den Mennoniten bezüglih ihrer Exemtion vom Kriegsdienst und dem Tragen von Waffen gemacht, zur formellen Diskussion ge- langen. Die Zahl der Mennoniten in Rußland beträgt etwa 400,000 Seelcn; ihr Jahreskontingent belief sich auf 100. Die Presse befürwortet die Exemtion der Mennoniten und die Ver- wendung ihrer Jahreskontingente zur Hebung der Forstkultur.

Der November is Zeuge unliebsamer Auftritte an einigen Unserer gelehrten Anstalten in St. Petersburg gewesen. Strei- tigkeiten zwischen Professoren der medico-chirurgishen Akademie boten den ersten Anlaß zu studentishen Demonstrationen. Unter den Studenten drängten sih einige vor, welche aus ihren frühes-

ren Verhältnissen herausgetreten waren und die akademischen [

Prüfungen, durch die sie anstellungsfähig werden sollten, nit abzulegen vermodjien. Diese „declassirten“ jungen Leute be- firebten- fch die Bewegung allgemein zu machen, und zogen die Studirenden an der St. Petersburger Universität, an dem technolo- gischen Institut und anderen Anstalten in ihren Kreis. Es blieb bei einigen tumusltuarishen Szenen, welche ein Einschreiten der regulären Obrigkeit nah \sich zogen, worauf Alles wieder in den richtigen Gang kam. Eine FKommission ist miteinem gut- atlihen Bericht über die ftudentishen Wirren betraut.

Weniger klar find diejenigen Ereignisse, welche an einigen Stellen in der Provinz Verhaftungen nach fich zogen. Vom Auslande aus haben Emissäre sozialistisher Kreise, wie es scheint, das Landvolk und die Arbeiter zu bearbeiten gesucch# find aber wohl durch die loyale Treue, welhe den Bauer in Rußland auszeihnet, in ihrem Vorhaben gehindert worden. Bis jeßt ist jedoch zu wenig bekannt, um den Gang und die Ausdehnung der Propaganda zu präcisiren. :

Gegen Gnde des Monats sind an die Mächte, welche am brüfseler Kongreß si betheiligten, Einladungen ergangen, die Verhandlungen roeiter fortzuführen mit Berücksichtigung der während des Kongresses erhobenen Einwendungen.

Das Iahrbuch des Finanz - Ministeriums liefert interessante Notizen über die Entwickelung des Aftienwesens in Rußland. Unter dem Kaiser Paul gab es in Rußland eine einzige AfktiengeseUs\chaft, und unter Alexander I. kam eine zweit: hinzu. Unter Niïfolaus 1. gab es aber {hon 76 Aktiengesellshaften. Seit 1855 find nicht weniger als 476 Aktiengesellschaften neu gegründet worden und zwar davon allein in dem Jahre 1872 61 und im Jahre 1873 105. Somit find in Rußland 552 Aktiengesellshaften gegründet worden, von welchen 42 nicht recht zu Stande kamen und 51 ihre Thätigkeit wieder einstellten. Die bestehenden 459 Aktien- gesellshaften besißen ein Gesammtvermögen von 1,154,159,039 Rubel in klingender Münze und 619,847,720 Rubel in Bank- notenwährung (zu 28 bis 29 Silbergroschen). Dieses Gesammt- vermögen vertheilt fich folgendermaßen: Eisenbahn - Compagnien 1,111,009,035 Rubel in flingender Münze und 172,691,520 Rubel in Banknotenwährung; Dampfschiffahrts - Gesellshaften 3,600,000 Rubel in klingender Münze und 43,209,000 Rubel in Banknoten; Handelsgesellshaften und Fabriken 39,550,000 Rubel in klingender Münze und 265,307,200 Rubel in Bank- noten; Kommerzbanken 74,900,000 Rubel in Banknoten ; Landesfkreditbanken 30 Millionen Rubel in Banknoten; Ver- fiherungsgeféllschaften 33,740,000 Rubel in Banknoten.

Außerordentlih rasch haben sich die ländlichen Darlehns- fassen und Hülfsgenossenschaften enwickelt. Die erste wurde 1865 gegründet, die nächsten zwei 1868 und 1869; 1870 gab es 9, 1871 über 30, 1872 hatten sich {on 101 gemeldet, von denen mehr als 60 bestätigt waren. Im Jahre 1873 waren \{chon 260 Darlehnskassen und Hülfsgenossenschaften bestätigt, und im Jahre 1874 betrug ihre Anzahl 327. Dazu kommen noch etwa 110, welche sich schon angemeldet, aber noch nicht die erforderlihe Bestätigung erlangt. Vom Iahre 1873 haben 231 Genoffenschaften (von den damals bestehenden 260) ihre Bilan- cen eingeshickt und 33,461 Theilnehmer mit einem Aktienkapital von 596,000 Rubel nachgewiesen; sie hatten binnen Jahresfrist 3,333,500 Rubel an Darlehn verabfolgt und einen Reingewinn von mehr als einer Million Rubel erzielt. Diese Hülfsgenossen- schaften bestehen {hon in 48 Gouvernements des europäischen Rußland (im Gouvernement Cherson giebt es ihrer 58), doch ist ihr Kontingent aus den Fabrikkreisen gering, so daß das ländliche Element fast ganz bestimmend vorwaltet.

Hinsichtlih der Armeeverhältnisse liefert der Kalender von Suworin für das Iahr 1875 folgende Daten: Die russische Armee besteht aus 785 Bataillonen, 590 Schwadronen, 320 Batterien mit 1550 Geschützen, im Ganzen aus 808,066 Mann mit 116,200 Pferden. Zur Garde gehören 42 Bataillone, 50 Schwadronen und 22 Batterien; die Kosaken bilden 8 Batail- lone, 310 Schwadronen. und 15 Batterien. Generale zählt Rußland 562, Offiziere 25,490, Unteroffiziere 50,439, Unter- Militärs 630,000 in der Fronte und etma 80,000, die außer der Fronte stehen. Die Gesammtbevölkerung des ganzen rufssi- hen Reiches beträgt nah Zählungstabellen, die übrigens für manche Landestheile nicht neu , genug sind, 86,177,906 Köpfe.

Dánemar. Kopenhagen, 17. Dezember. Die Kon- firmation des Prinzen Waldemar hat heute Vormittag in der Schloßkirhe zu Fredensborg in Gegenwart der König- lichen Familie und sämmtlicher Eingeladenen, sowie einer großen Anzahl der Gemeindemitglieder aus Fredensborg stattgefunden.

Der Gedenkstein am Grabe des preußischen Architekten, Richard Günther, welcher am 4. April d. J. bei der Rettung eines Knaben im hiesigen Hafen ums Leben kam, ist j:ßt auf dem Kopenhagener Ässistentz-Kirhhofe errichtet worden. Der- selbe besteht aus einem sehr großen Granitstein mit einer ge- \{chliffenen Fläche, worauf der Name steht. Unter demselben um- {ließt cin Lorbeerkranz das Eiserne Kreuz mit daranhängender Rettungsmedaille.

Amerika. New-York, 18. Dezember. (W. T. B.) Nach aus Havanna hier eingelangten Nachrichten haben die auf Kuba bezüglihen Stellen der Botschaft des Präsidenten Grant dort feine besondere Beunruhigung erregt. Bon den Blättern wird eine Intervention der nordamerikanishen Union für niht wahrscheinlih gehalten, deßungeahtet aber eine fort- geseßte Wachsamkeit der Regierung für nothwendig erachtet.

Das Dekret, womit am 31. Oktober d. I. ein Theil der Seeküste non Venezuela, insbesondere des Staates Falcon (nach seiner Hauptstadt auch Coro genannt), in Blokade- zustand erklärt worden is, lautet nah der „Cöln. Ztg.“ in

wortgetreuer Uebersezung folgendermaßen :

Antonio Guzman Blanco, Präsident der Vereinigten Staaten von Venezuela; in Anwendung der Machtbefugnisse, mit denen ih bekleidet bin, und in Erwägung, daß im Staate Falcon eine Er- hebung mit bewaffneter Hand gegen die politishen Einrichtungen der Nation und die Centralregierung stattgefunden hat, befehle ih: Art. 1. Die Küsten des Staates Falcon von der Mündung des Tocuyo bis zur Mündung des Oribono werden für geschlossen uad in Blokade- zustand erklärt. Art. 2. Um diese Blokade effektiv zu machen, wird die nothwendige Seemacht bestimmt werden. Art. 3. Die Kriegsschisse befreundeter und neutralec Staaten fönnen in den Hafen Vela de Coro ein- laufen, ausgehen und dort bleiben, so lange sie nit auf irgend eine Weise die Feinde der Republik unterstüßen. Art. 4. Die Kommandanten der blokirenden Schiffe haben sich an die Cours-Ordonnanz vom 30. März 1822 und an die folgenden Bestimmungen zu halten: 1) Den aus Europa kommenden Schiffe, welche während zweier Monate, gerechnet vom Datum des gegenwärtizen Dekrets, ihren Hafen ver- lassen haben, den aus Nordamerika kommenden, welche während eines Monats, den aus den Antillen, ausgenommen Barbados und Trini- dad, fommenden, welhe während 14 Tagen, und den von Curaggçao, Trinidad und Demerara kommenden Schiffen, welche seit Mittheilung dieses Dekrets an ihre resp. Behörden ihren Hafen verlassen haben, soll bei Ankunft in den blokirten Gewässern von dem Kom- mandanten des nächsten blokirenden Schiffes notifizirt wer-

den, daß fie die Blokadelinie nicht überschreiten dürfen; nur wean das Schiff darauf besteht, in besagten Gewässern {feine Fahrt fortzuseßen, fell es als ein die Blokade brehendes betrachtet werden. 2) Den Swiffen, auf welche sih die vorgehende Bestimmung bezieht, soll sofort bei der ersten Notifikation mitgetheilt werden, daß ihnen erlaubt ist, in irgend einen der übrigen Häfen der Republik, der nit von den Insurgenten beseßt is, einzulaufen und dort zu löschen. 3) Nach Ablauf des festgeseßten Termins wird jedes Schiff, das in die Gewässer der blokirten Küste einläuft, unter Wache nach Puerto Cabello geshickt werden, damit es dort vom Seegericht gedachten Hafenbezirks gerichtet wird. Art. 5. Der Staats-Minister des Kriegs und der Marine wird mit der Auéführung dieses Dekrets und Mittheilung desselben, wen es angeht, beauftragt. Gegeben, ge- zeichnet von meiner Hand und gegengezeichnet von dem Staatê-Minister des Kriegs und der Marine im Bundespalast von Caracas am 31. Oftober 1874. 1. Jahr des Gesetzes und 16. der Föderation. Guz- man Blanco. Gegengezeichnet: Der Kriegs- und Marine-Minister,

Afrika. Aus Cape Town wird unterm 16. November geschrieben: Des Gouverneurs Arrangements mit Adam Kok be- züglih der Annexion von Griqualand erweisen fich als ?orrekt berihtet; es wird indessen gemeldet, daß diese Prozeduren nur vorläufige waren, und alle proponirten Arrangements dem Parlamente zur Benehmigung unterbreitet werden würden. Unter dem 26. November wird gemeldet: Der Bischof von Cape Town wurde am 6. ds. in scin Amt eingeführt.

Nr. 51 des „Central-Blatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichskarzler-Amt (Berlin, Carl Heymanns Verlag), hat folgenden Inhalt : 1) Allgemeine Verwaltungssachen: Verwei- fungen von Ausländern aus dem Reichsgebiete. 2) Münzwefen: Uebersicht über die Auéprägung von Reichsmünzen; Uebersicht über die bis Ende November 1874 für Rechnung des deutschen Reichs zur Einziehung gelangten Landeésilber- und Kupfermünzen. -— 3) Han- dels- und Gäwerbewesehn: Dispensation von ärztlicher Prüfung 2c. 4) Telegraphenwesen: Bekanntmachung, betr. die auf Reihsmarkwäh- rung lautenden Telegraphenfreimarken. 5) Konsulatwesen: Er- nennuungen 2c. 6) Zoll- und Steuerwesen: Nachweisung der CEin- nahmen an Wechfelstezapelsteuec im deutschen Reiche für die Monate Januar bis November 1874. 7) Amtliche Belehrung des Publi- fums an Billetschaltern und Güterexpeditionen ; forgfältige Ausfüllung u. f. w. der Frachtbriefe Seitens der Güterexrpeditionen. 8) Perso- nalveränderungen 2c.: Ernennung.

Nr. 24 des „Marine-Verordnungs-Blatts“ hat felgen- den Juhalt: Verordnung über die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873 und die Anstellung der Reichsbeamten. Vom 23. November 1874. Ausführungs- Bestimmungen zum Geseß über die Beurkundung des Personenftandes und die Form der Eheschließung vom 9. März 1874. Berichtigung der Instruktion über die Nusbildung der Schiffésungen der Kaiser- lichen Marine. Ausstellung der Quartierbescheinigungen. Ein- sendung der Rechnungssachen. Kostenfreie Zusendung des Marine- Verordnungsblattes resp. der Hydrographischen Mittheilungen durch die Admiralität an diejenigen Abonnenten, welche sih auf S. M. Schiffen und Fahrzeugen im Auslande befinden. Currenthaltung der Stauungspläne. Dieustbeschädigungs-Atteste.

Nr. 12 des „Beiheft zum Marine-Verordnungs*" Blatt“ hat folgenden Inhalt : 1) Eine Ueberseßung (Panzerwirkung verschiedener Geshüßzsysteme). 2) Aus den englischen Admiralitäts- Cirfularen pro 1874): a) Abfeuern der Geschütze mittels Eleftrizität; b) Verschriften über Behandlung und Konservirung von Maschinen und Kesseln; e. Stromrestimmung ; d. Lothungen im Stillen Ocean. 3) Bericht des Kommandos S, M. S. „Arcona“ über den Aufenthalt in Levuka und über die Reise nah den Samoa-Inseln. 4) Bemer- fungen zu dem 6. Artikel im Beiheft Nr. 9. (die Seekriegführung an der Küste) und dem 4. Artikel im Beiheft Nr. 109 (Entgegnung auf den ersteren). 5) Bericht des Kommandos S. M. S. „Arcena“ über den Aufenthalt in Apia und über die Samoa-Inseln. 6) Aus den englischen Admiralitäts-Cirkulrren pro 1874. Beschreibung des Lothapparates von Sir Wislliain Tvomsen. 7) Vom Batterie-Offizier. 8) Internationales Seerccht. 9) Kritik.

Neichstags- Angelegenheiten.

Berlin, 19. Dezember. In der gestrigen (35.) Sizung des Deutschen Reichstages bemerkte der Bundesbevollmächh- igte, Präsident des Reichskanzler - Amts, Staats - Minister Dr. Delbrück auf eine Aeußerung des Abg. Dr. Loewe in Betreff der Wiedereinführung des Zolls auf Eisenbahnmateriali-n in der Schweiz:

Meine Herren, die von dem Herrn Vorredner angeführten That- sacben sind meines Wissens richtig; es ist auch nicht zu bestreiten, es folgt das aus der Natur der Dinge, daß durch die WPiederauf- hebung der Zollfreiheit für Eisenbahnmaterial der Vau der Gotthard- bahn vertheuert wecden wird.

Was nun die Stellung des Reichs zu dieser Frage anlangt, so mache ih darauf aufmerfsam, daß die Subventicnen, welche das Reich, die Schweiz und Italien geben, feste Summen find, die weder fich vermindern, wenn die Bauausführung wohlfeiler wird, wie sie veranschlagt war, noch sich erhöht, wenn fie theurer ausfällt, als fie veranschlagt war. JInteressirt bei der Frage direkt ist die Gefell- schaft, welche die St. Gotihardbahn auszuführen hat. Auf die Schulterz dieser Gesellschaft fällt die Mehrausgabe. Diese Gesell- schaft hat sich an das Reich in dieser Beziehung noch nicht gewendet, und von Reich3wegen die Frage aufzunehmen, lag kein Grund vor, wenn man nicht die Frage auffafsen wollte als eine allgemeine, als eine das Interesse der deutschen Eisenindustrie betreffende. Hierzu lag aber, ganz atgesehen davon, daz derartige Reklamationen in Bezug auf Tarifsäße einzelnen Staaten gegenüber nur unter bejon- deren Umitänden anzubringen siud, namentlich die Rüdcksicht v2r, daß der schweizerische Eifenzoll kein Schußzell ift.

Zu Kap. 6 (Reichsheer) Titel 5 a. 16, betreffend den Neubau eines Getreide- und Mehlthurmes in Leipzip, ergr:f der Bundes-Kommissar, Königlich sächsischer Major v. d. Planiß das Wort:

Meine Herren! Wohl ist es s{chwierig, eine von Jbnen in zwei- ter Lesung abgesetzte Position {eßt wieder einzustellen, ih muß aber doch darauf hinweisen, daß si die Nothwendigkeit der Magazine in Leipzig, bezüglih deren Sie die Bewilligung der Position abgelehnt haber, und zwar deshalb, weil sie während der Periode des Pausch-

quantums ehne besondere Bewilligung gebaut worden seien und des

halb auch à conto des Pauscquantums ausgeführt werden müßten ih sage, daß sich die Nothwendigkeit dieser Magazine s{chon früher herausgestellt hatte. Meine Herren ! Wie Sie sich vielleicht erinnern werden, war in der Vorlage, welche im Jahre 1873 in der damaligen Session dem Reichstag gemacht werden ift, bei denjenigeu Bauten, welche vorzugsweise aus dem sogenannten 13 Millionenfonds bestritten werden sollten, auch - der Betrag für diese Magazine enthalten. Der Reichstag hat damals blos die besonders nothwendigen Bauten genehmigt und gewisse Bauten zurückgestellt, oder die Bes willigung dafür wenigstens vorläufig nicht ausge\sprochei. Unter diesen letzteren befanden sich auch diese Magazine in Leipzig. Da fi in- zwischen aber die unbedingte Nothwendigkeit herausgestellt hat, die Magazine herzustellen, so ist man mit dem Ban derselben in der Hoffnung aaf deren nachträglihe Bewilligung vorgegangen.

In der Diskusfion über den elsaß-lothrizgishen Etat erklärte der Bundes-Kommissar, Direktor im Reichskanzler- Amt, Wirkl. Geh. Ober-Regierungs-Rath Herzog auf die vom Abg. Miquel befürwortete Resolution auf Vereinfachung des Verwalungsapparats in den Reichslanden:

T 15S.