1937 / 22 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Jan 1937 18:00:01 GMT) scan diff

Erste Beilage zum Reichs: and Staatsanzeiger Nr. 22 vom 28, Januar 1937. S. 2

Begründung zur RNeichsdienststrafordnung

vom 26. Zanuar 1937.

Allgemeiner Teil.

Eine wesentlihe Ergänzung des allgemeinen Beamten- rechts bildet das Dienststrafreht. Während jenes den Pflichtenkreis des Beamten umschreibt, gibt das Dienststraf- recht dem Dienstherrn des Beamten die Mittel an die Hand, um Verstöße gegen die Dienstzucht abzuwehren und die Be- amtenschaft notigenfalls von Elementen zu reinigen, die das ihnen durch die Ernennung zum Beamten bewiesene Ver- trauen nicht rechtfertigen. Es bezeichnet die Strafen, die unbeschadet eines etwaigen Eingreifens des allgemeinen Straf- rechts als Dienststrafen eigener Art gegen Pflichtver- leßzungen des Beamten angewandt werden können, und regelt das Verfahren ihrer Anwendung.

Jm Reichsbeamtengesey vom 831. März 1873 war das Dienststrafreht mitenthalten, ebenso in einigen Beamten- geseßen der Länder, z. B. im Bayerischen Beamtengeseß vom 15. August 1908; andere Länder hatten von jeher besondere Disziplinargeseße, so insbesondere Preußen (Geseße von 1851 und 52, neugefaßt in den Dienststrafordnungen vom 27. Fanuar 1932). Wenn auch vieles, namentlich der enge sachliche Zusammenhang des Dienststrafrehts mit dem allge- meinen Beamtenrecht, für eine Vereinigung beider Gegen- stände in einem Geseß spricht, wird für das neue Reichsrecht derx andere Weg gewählt, weil der Umfang der Dienststrafvor- schriften schon aus Gründen der praktischen Handhabung eine Trennung in zwei Geseße gebietet. Da das Dienststrafrecht fast ausschließlich Verfahrensrecht ist, macht auch die Abgren- zung der Gegenstände, die in das Beamtengeseß einerseits, das Dienststrafgeses andererseits zu verweisen sind, keine Schwierigkeit.

Wie auf anderen Rechtsgebieten (Strafrecht, Zivilrecht) wird auch hiex durch die Bezeichnung „Reichsdienststraf o r d - nung“ (im folgenden RDStO. genannt) zum Ausdruck ge- bracht, daß es sich im wesentlihen um Verfahrensrecht handelt.

Bei dex engen inneren Zusammengehörigkeit beider Ge- seße versteht es sih von selbst, daß die RDStO. von denselben Grundgedanken beherrscht wird wie das Deutsche Beamtea- gese. Ebenso wie dieses den Pflichtgedanken bewußt und betont in den Vordergrund stellt, trägt die RDStO. den schärferen Anforderungen, die der nationalsozialistische Staat an das Pflichtbewußtsein seiner Beamten stellt, und dem strengeren Maßstab, den er bei einer Verleßung der Beamten- pflichten anlegt, Rechnung. Die RDStO, leistet ferner, ebenso wie das Deutsche Beamtengeseß, ein wichtiges Stück praktischer Arbeit an der Reichsreform, in dem sie ein für alle deutschen Beamten einheitliches Dienststrafrecht schafft und die Dienst- strafgerichtsbarkeit organisatorish vereinheitlicht.

Die RDStO., stellt keine völlige Reform des Dienststraf- rechts an Haupt und Gliedern dar. Sie baut vielmehr auf den Grundlagen des alten, bis zum Weltkrieg entwickelten deutschen Disziplinarrechts des Reiches und der Länder inso- weit auf, als dieses Recht sih durxh Jahrzehnte hindurch in seiner Aufgabe bewährt hatte, jenen nah den Worten des Führers „unvergleichlichen Beamtenkörper des alten Reiches“ zu schaffen und in seiner Unbestechlichkeit und hohen Leistungs- fähigkeit zu erhalten. Fn der Gestaltung des förmlichen Ver- fahrens, den Arten der Dienststrafen u a. m. lehnt sie sih an geltendes (Reichs- und Landes-) Recht an. Andererseits ent- halt sie alle Handhaben, die nötig sind, um die Beamtenauf- fassung des nationalsozialistishen Staates, wie sie im Deutschen Beamtengeseß ihren Ausdruck findet, durhzuseßen. Hierin hatte nach der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus die preußische Geseßgebung wertvolle Vorarbeit geleistet, indem sie das preußische Dienststrafrecht, das in seiner Neufassung von Anfang 1932 besonders stark von liberalistisch-marxisti- schen Fdeen beeinflußt war, durch die Novelle vom 18. August 1934 in einigen Punkten grundsäßlich umgestaltete. Die RDStO. knüpft daran an und entwickelt einzelne damals in das preußische Dienststrafreht neu eingeführte Gedanken dem neuen Reichsbeamtenreht entsprechend weiter, so namentlich in der dienststrafrechtlichen Stellung der Ruhestandsbeamten. Jnwieweit im einzelnen Gedanken des alten Rechts auf- genommen oder neue Grundsäye an ihre Stelle getreten sind, ergibt sich aus den Bemerkungen des Besonderen Teils.

Um die enge Verflehtung von Partei und Staat nicht nur in Rechtssäben zu erschöpfen, die den nationalsozialistischen Gedanken im Dienststrafreht Ausdruck verleihen, sichert die RDStO. der Partei in bestimmten Beziehungen eine unmittelbare Beteiligung in Dienststrafsachen zu.

Damit die Partei über alle dienststrafrehtlichen Maß- nahmen auf dem Laufenden bleibt, die gegen ein Parteimit- glied ergriffen werden und möglicherweise eine parteigericht- liche Behandlung zur Folge haben müssen, wird sowohl die Verfügung über die Einleitung des förmlichen Verfahrens gegen einen Pg. dem Stellvertreter des Führers mitgeteilt als auch das Urteil ihm zugestellt (§§ 28 und 65 Abs. 3). Der Stellvertreter des Führers ist befugt, in die gegen einen Pg. stattfindende Hauptverhandlung, deren Termin ihm mitzu- teilen ist 58 Abs. 2), einen Beauftragten zu entsenden 60 Abs. 2). Durch eine Anordnung im Parteiwege wird Vor- sorge getroffen werden, daß anderseits über etwaige partei- gerichtliche Maßnahmen gegen einen Beamten die vorgeseßte Behörde jeweils unterrichtet wird. Die Beteiligung der Partei bei der Auswahl der Mitglieder der Dienststraffammern und des Reichsdienststrafhofs regelt der Reichsminister des Fn- nern, für die besonderen Dienststrafgerichte der Fustizverwal- tung der Reichsminister der Justiz, im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers (§8 36 Abs. 3, 41 Abs. 5 und 109 Abs. 1 Nr. 3 Say 2). Aus\{hluß oder Ausstoßung aus der Bu haben das Erlöschen des Amtes als Mitglied eines

ienststrafgerichts kraft Geseßes zur Folge 40 Abs. 1 Nr. 2).

Besonderer Teil.

Zu Abschnitt I: Der 1. Abschnitt grenzt die Anwendbarkeit der RDStO. nach drei Richtungen ab. 8 1: Der Personenkreis, der von dem Geseh er- faßt wird, ist der gleiche wie der, für den das Deutsche Be- amtengeseßy gilt.

Für die Beamten und Ruhestandsbeamten der Reichs- bank und der Deutschen Reichsbahn-Gesellshaft bleiben die Vorschriften des § 9 Abs. 4 des Bankgeseves, § 23 des Reichs- bahngeseßes und § 5 des Reichsbahn-Personalgeseßes un- berührt (8 121 Abs. 2). Das bedeutet, daß auch für die Be- amten der beiden genanuten Verwaltungen: die RDStO. sinn- gemäß gilt und die Dienststrafgerichte des Reiches zuständig sind.

Wegen gewisser Abweichungen für bestimmte Arten von Beamten vergl. die Bemerkungen zu Abschn. IX.

L 2: Der Begriffdes8Dienstvergehens ist nicht in der RDStO,, sondern, als materiell-rechtliche Vorschrift, im Deutschen Beamtengeseß (8 22 Abs. 1) bestimmt. Er deckt sich inhaltlih in der Hauptsache mit dem im bisherigen Reichs- recht (vgl. § 72 RBG.) und Landesrecht (vgl. z. B. § 2 Preuß. Beamtendienststrafordnung, Art. 105 Bayr. Beamtengeseß, § 3 Sächs. Landesdienststrafordnung) geltenden Begriff. Wesent- lich ist ihm zunächst der Ta:hestand der Pflichtverlezung. Zu den Pflichten des Beamten gehört es auch, daß er sich durch sein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung und des Vertrauens, die seinem Beruf entgegengebracht werden, würdig zeigt 3 Abs. 3 Say 2 DBG.). Ein weiteres Tat- bestandsmerkmal ist das Verschulden, das ebenfalls bisher schon Voraussetzung der Dienstbestrafung war, auch wenn, wie 1m Reichsbeamtengesey und in den preußischen Dienststraford- nungen, dies nicht ausdrücklich hervorgehoben wurde. Drittes Erfordernis war bisher, daß im Zeitpunkt des Begehens der dienststrafrechtlich zu verfolgenden Handlung die Beamten- eigenschaft des Handelnden vorhanden war. Auch die preu- Fische Novelle war darüber nicht hinausgegangen; sie hat zwar die Einleitung eines Dienststrafverfahrens gegen einen Ruhe- standsbeamten zugelassen, aber nur wegen solcher Vergehen, die vor Eintritt in den Ruhestand, also noch während des Be- stehens des Beamtenverhältnisses, begangen worden waren. Das Deutsche Beamtengeseß geht weiter. Künstig sind be- stimmte Handlungen, nämlich staatsfeindlihe Betätigung, Bruch der Amtsverschwiegenheit und Annahme von Geschenken und Belohnungen auch dann als Dienstvergehen verfolgbar, wenn sie nah Eintritt in den Ruhestand begangen werden. Solche Handlungen sind aber keine Dienstvergehen, sie gelten nur als solche. An dem Grundsay, daß ein Dienst- vergehen nur von einem (aktiven) Beamten begangen werden kann, wird also festgehalten.

usäßlih entscheidet § 2 die Frage, inwieweit Verfeh- ae e Beamten dienststrafrechtlich verfolgt werden können, die vor der Begründung seines jeßigen Beamtenverhältnisses liegen. Die Verfolgung ist hier- nah grundsäßlich zulässig gegenüber einem Be- amten, der in einem früheren Beamtenverhältnis

oder nah Beendigung eines solchen ein Dienstvergehen im

Sinne des § 22 Abs. 1 Say 1 und 2 DBG. begangen hat. Diese geseßliche Klarstellung ist bedeutsam vor allem für die Fälle des Uebergangs eines Beamten aus dem Dienst eines Dienstherrn in den eines anderen, insbesondere aus dem mittelbaren Staatsdienst (z. B. bei einer Gemeinde oder son- stigen Körperschaft des öffentlichen Rechts) in den unmittel- baren Staats- oder Reichsdienst, eines Ueberganges also, der sich wenn nicht eine Verseßung auf Grund des § 5 der Ersten Verordnung über den Neuaufbau des Reiches vom 2. Februar 1934 (Reichsgeseßbl. 1 S. 81) vom Landes- in den Reichsdienst oder umgekehrt stattfindet regelmäßig in der Weise vollzieht, daß der Beamte aus dem Beamtenver- hältnis bei seinem bisherigen Dienstherrn auf eigenen Antrag entlassen 60 DBG.) und gleichzeitig oder danah in ein neues Beamtenverhältnis bei einem anderen Dienstherrn be- rufen wird. Die Verfolgbarkeit eines während eines früheren Dienstverhältnisses begangenen Dienstvergehens findet ihre Rechtfertigung darin, daß die Dienststrafgewalt über mittel- bare und unmittelbare Reichsbeamte (vgl. § 2 Abs. 3 DBG.) Ausfluß der einheitlihen Reichsgewalt ist, die Verfolgbarkeit einer nah Beendigung des früheren Dienstverhältnisses be- gangenen als Dienstvergehen geltenden Handlung darin, daß der frühere Pflichtenkreis über seine Beendigung hinaus ge- wisse Wirkungen ausstrahlt für den, der sich von neuem einem Pflichtenkreis gleicher Art unterwirft.

8 3: Jm Dienststrafrecht gilt im Gegensaß zum allge- meinen Strafrecht nicht das Legalitäts-, sondern das Op- portunitätsprinzip, d. h. es gibt hier keine Straf- verfolgungsbehörde, die von Amts wegen verpflichtet ist, ein- zuschreiten, wenn sie den Tatbestand eines Dienstvergehens für vorliegend hält. Vielmehr steht es im freien Ermessen der zuständigen Dienstbehörde, zu entscheiden, ob eine dienststraf- rechtliche Verfolgung erforderlich, zweckmäßig und erwünscht ist. Die Entscheidung hängt in erster Linic davon ab, wie die pflichtwidrige Handlung (oder Unterlassung) vom Gesichts- punkt der Erhaltung der Dienstzucht in der Beamtenschaft zu bewerten ist, ob ihre Nichtverfolgung innerhalb der Beamten- schaft selbst ungünstig wirken, ob sie deren Ansehen nach außen schädigen kann, oder ob andere staatliche Rücsichten ein Ein- schreiten gebieten oder aber verbieten. Diesen {hon das bis- herige Dienststrafreht beherrshenden Grundsaß spricht § 3 ausdrücklich aus. Eine ershöpfende Aufzählung der für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte ist niht möglich. Nur einen dex wesentlichsten Anhaltspunkte für die zu ent- scheidende Ermessensfrage, insbesondere auch dafür, welche der im Geseß zugelassenen Dienststrafen angebracht ist, hebt das Geseß hervor, daß nämlich die Jesamte Persönlichkeit des beschuldigten Beamten, seine bisherigen dienstlichen Leistungen und sein außerdienstliches Verhalten, sowohl nach der positiven wie nach der negativen Seite hin, zu berücksichtigen sind.

Nicht vecht vereinbar mit dem Opportunitätsprinzip war die in einigen Ländern, auch in Preußen bis zum 1. Oktober 1934, geltende Verjährung von Dienstvergehen. Denn wenn einerseits keine Strafpflicht im Dienststrafrecht besteht, so kann andererseits auch das Recht zu strafen, niht durch Zeitablauf unwirksam werden. Fnsbesondere widerspräche es auch dem Ziel des nationalsozialistischen Beamtenrechts, ein in seiner Pflichtauffassung vorbildliches Beamtentum wieder zu schaffen und. zu erhalten, wenn die Möglichkeit, den Be- amtenkörper von unwürdigen Elementen zu befreien, durch

eine Verjährungsfrist beschnitten würde. Fn diesem Sinne forderte schon ein Geseßentwurf der preußischen Landtags- frafktion der NSDAP. vom November 1932 den Wegfall der Verjährung. Der Ermessensgrundsaß bietet die Gewähr da- für, daß längst Vergangenes nicht ohne zwingendes Bedürfnis wieder aufgerührt wird. Von einer rückwirkenden Aufhebung der bisher geltenden Verjährungsvorschriften wird aus all- gemeinen rechtspolitischen Erwägungen abgesehen 115 Abs. 1, 2. Halbsat).

Zu Abschnitt Il:

L 4: Die Dienststrafen der Warnung, des Verwweises und der Geldbuße sind beibehalten worden. Die Warnung, als leihtere Form, neben dem Verweis hat sih in der Mehrzahl der Verwaltungen als praktisch erwiesen. Der Sammelbegriff „Drdnungsstrafen“ (vgl. § 74 des Reichsbeamtengeseßes) ist als irreführend fallen gelassen worden.

Schwerste Strafe is die Entfernung aus dem Dienst. Sie beendet das Beamtenverhältnis (vgl. 8 50 DBG.) mit den in § 8 bezeichneten Folgen. Das bisherige Reich8reht kannte daneben als „Strafversezung“ die Verseßung in ein anderes Amt von gleichem Range unter Verminderung des Diensteinkommens (§8 75 RBG.). Diese Strafart ist praktisch schwer durchführbar. Fhre Anwendung kann dazu führen, daß gewisse weniger beliebte Dienstorte, insbesondere in Grenzbezirken, sich zu einex Art von „Straf- kfolonien“ herausbilden. Fn einzelnen Verwaltungen, die Be- amte nur in wenigen Dienstorten haben (wie z. B. die Kriegs=- marine), ist die Strafversezung fast undurchführbar; sie würde namentlich in der gesamten Kommunalvecwaltung, troß der an sich bestehenden Versezungsmöglichkeit nah § 35 Abs. 2 DBG., zu großen Unzuträglichkeiten führen. Gegen diese Strafart spricht auch, daß das Dienststrafgericht, das die Strafe verhängt, auf ihre Durchführung keinerlei Einfluß hat und infolgedessen gar nicht beurteilen kann, wie schwer sie sich für den bestraften Beamten auswirkt. Als zweitshwerste Strafe ist deshalb, nah dem Vorbild des preußischen Rechts, die Gehaltsfürzung vorzuziehen.

An die Stellen der beiden schwersten Strafen, die nur im R Verfahren verhängt werden können 11), treten ei Ruhestandsbeamten sinngemäß die Aberkennung und die Kürzung des Ruhegehalts 9 Abs. 1).

Eine Verbindung zweier Strafen ist nicht zugelassen.

Die 88 5—9 bestimmen Fnhalt, Umfang und Anwen- dungsbereich der einzelnen Dienststrafen. Weiteres werden die Durchführungsvorschriften ergänzen.

Jn § 8 Abs. 2 ist durch die Worte „bei Rechtskraft des Urteils“ klargestellt, daß sich die Rechtsfolgen der Entfernung aus dem Dienst, insbesondere also auch der Verlust des An- spruchs auf Versorgung, nicht ohne weiteres auf solche Aemter erstrecken, die der Bestrafte früher bekleidet hat, und aus denen er z. B. in den Ruhestand getreten ist, wenn nicht ein Fall des § 10 vorliegt.

Zu § 9: Neu ist die dienststrafrehtliche Verfolgbarkeit des Ruhestandsbeamten. Sie beschränkt sih auf bestimmte Tatbestände, vgl. § 12 Saß 2. Jm einzelnen darf auf § 22 des Deutschen Beamtengeseßes und die Bemerkungen zu § 2 oben verwiesen werden. Wenn sich herausstellt, daß -weder Aberkennung noch Kürzung des Ruhegehalts gerechtfertigt sind, wird hon die Einleitungsbehörde das Verfahren in der Regel einstellen (vgl. § 52 Abs. 2 Say 3); das Dienststraf- gericht muß es in diesen Fällen einstellen 63 Abs. 3 Saß 2).

8 10 Abs. 1 regelt den Fall, daß sich bei einem Beamten nachträglich ein Dienstvergehen herausstellt, das er in einem früheren Beamtenverhältnis begangen hat, oder eine Hand- lung, die nah § 22 Abs. 1 Say 2 DBG. als Dienstvergehen gilt. Abs. 2 trifft die entsprechende Regelung für den Ruhe- tandsbeamten.

Für die zweitshwerste Strafe der Gehaltskürzung oder der Kürzung des Ruhegehalts sind in diesen Fällen die Vor- riften der §8 7 Abs. 1 Say 2 und 9 Abs. 1 Say 1, zweiter Halbsay, zu beachten.

Zu Abschnitt Ill:

Nach §8 11 ist das Verfahren wie bisher entweder ein förmliches Dienststrafverfahren 28) oder ein Verfahren des Dienstvorgeseßten. Da auch dieses gewissen Formvor- schriften unterliegt, vermeidet die RDStO, den Ausdruck „michtförmliches“ Verfahren.

12 begrenzt die Verfolgbarkeit des Ruhestandsbeamten auf die Dienstvergehen im Sinne des § 22 Abs. 1 DBG. UVebexgangsvorschrift dazu in § 115 Abs. 2. Jm übrigen vgl. die Bemerkungen zu § 9.-

Say 1, wonach die Fortseßung eines shwebenden Ver- fahrens durch den Eintritt in den Ruhestand nicht berührt wird, ist nicht so zu verstehen, als ob hierdurch die Einleitungs- behörde gezwungen wäre, das Verfahren fortzuseßen. Nach dem Opportunitätsprinzip hat sie és vielmehr in der Hand, auf Grund von § 52 Abs. 2 Say 1 das Verfahren einzustellen.

Duxch Novelle vom 18. August 1934 war in das preußische Dienststrafreht eine fünfjährige Frist ein- eführt worden, nah deren Ablauf das Verfahren gegen einen R boahalisembfänaer eingestellt werden mußte. Da eine derartige Aus\hlußfrist das Opportunitätsprinzip in gewisser Weise durchbricht, sieht die RDStO. davon ab, hierin dem preußischen Recht zu folgen.

§ 13 regelt das Verhältnis des Dienststrafverfahrens un \trafgerichtlichen Verfahren im wesentlichen dem gelten- en Recht entsprechend. Das Strafverfahren hat grundsäßlich den Vorrang und bindet insbesondere im Falle des Frel- spruchs den Dienststrafrichter in bestimmtem Umfange (Abs. 2). Welcher Zeitpunkt für die Ausseßzung des Dienststrafver- fahrens, das an sich eingeleitet werden kann (Abs. 1), maß- gebend ist, ergibt sih aus den Vorschriften der StPO. über die Erhebung der öffentlichen Klage.

Jn Abs. 3 entscheidet sih das Geseh für die Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils, um vonein- ander abweichende Entscheidungen zweier Gerichte nach Mög- lichkeit auszuschließen. Es mußte jedoch die Möglichkeit be- lassen werden, bei solchen Strafurteilen, die nach einstimmiger Ansicht des Dienststrafgerihts in ihren tatsächlichen Fest- stellungen fehl gegangen sind, andere Feststellungen zugrunde

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zu legen. Die Vorschriften des § 13 über den Vorrang des Strafverfahrens gelten, wie sich aus ihrer Stellung unter den „allgemeinen Vorschriften“ ergibt, grundsäßlih auch für das Verfahren des Dienstvorgeseßten, werden aber, solange kein förmliches Verfahren eingeleitet ist, praktisch keine besondere Rolle spielen.

8 14 ermöglicht es, ein Dienststrafverfahren auch dann auszuseßen, wenn zwar kein Strafverfahren, aber ein andereë Verfahren schwebt, dessen Ausgang zweckmäßigerweise ab- gewartet wird. Gedacht is insbesondere an einen bürgerlichen Rechtsstreit, an Patent-, Verwaltungsstreit- und Steuerstraf- verfahren, ferner auch an Verfahren vor Standesehren- gerichten. Das Verhältnis zwischen Parteigerichtsverfahren und Dienststrafverfahren wird außerhalb des Geseßes geregelt.

Unter „Frage“ im Sinne des Sag 1 kann sowohl ein Rechtsverhältnis als auch eine Tatfrage verstanden werden.

& 15 läßt, abweichend vom allgemeinen Strafrecht, die Möglichkeit zu, auch gegen einen geisteskranken oder sonst ver- handlungsunfähigen Beschuldigten ein Verfahren durchzu- führen. Die Erfahrungen der Praxis haben diese Möglichkeit bisher vermissen lassen. Rechtspolitische Bedenken stehen nicht entgegen, da, den allgemeinen Zwecken des Dienststrafrechts entsprechend, auch ein solches Verfahren nicht in erster Linie Strafcharakter hat, d. h. nicht die Sühne für eine Verleßung der Rechtsordnung, sondern die Reinigung des Beamten- körvers beziveckt. Die Rechte des Beschuldigten werden in solchen Fällen durch einen vom Amtsgericht zu bestellenden Pfleger ausreichend gewahrt. Der Pfleger muß Beamter sein, also jemand, der mit den Gepflogenheiten des Dienstes, den dienstlichen Pflichten usw. vertraut ist. Jst bereits ein Vor- mund oder Pfleger anderweitig bestellt, der Beamter ist, so steht nichts im Wege, diesen auch als Pfleger im Sinne des 8 15 Abs. 2 zu bestätigen. Tritt der Fall des Abs. 1 schon vor Einleitung des förmlichen Verfahrens, z. B. während der Vorermittelungen ein, so ist es Sache des Dienstvorgeseßten, sih wegen des Antrages auf Bestellung eines Pflegers an die Einleitungsbehörde zu wenden.

8 16 stellt die Amts- und Rechtshilfepflicht für Dienst- \strafsahen fest, soweit diese Pflicht nicht hon auf Grund anderer Geseße besteht. „Verwaltungshehörden“ in diesem Einne sind u. a. auch die Behörden oder Verwaltungsstellen (vgl. § 112 Abs. 5) von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die ei dli che Vernehmung im Wege der Rechtshilfe ist den Amtsgerichten vorbehalten. Wird das Ersuchen von einem Dienstvorgeseßten gestellt, der selbst niht zur Abnahme von Eiden berechtigt ist, so liegt die Entscheidung darüber, ob die Vereidigung zulässig und notwendig ist, beim Amtsgericht. Eine selbst nicht zur Abnahme von Eiden berechtigte Stelle kann also nicht auf dem Wege über das ersuchte Amtsgericht die eidliche Vernehmung eines Zeugen erzwingen. Anderer- seits ermöglicht 8 16 als allgemeine Vorschrift die eidliche Ver- nohmung von Zeugen usw. auch außerhalb des förmlichen Dienststrafverfahrens, z. B. in den Vorermittlungen.

Da § 16 nur von den Vernehmungen, die auf Ersuchen erfolgen, handelt, bleibt die Befugnis jedes Dienstvorgeseßten, die ihm unterstehenden Beamten dienstlich zu vernehmen oder dnrch nachgeordnete Behörden vernehmen zu lassen, unberührt. Die Befugnis des Untersuchungsführers, eidlich zu vernehmen, ergibt sich aus § 46.

8 17 Abs. 1 und 2 sollen verhindern, daß vom Dienststraf- gericht etwa die Unterlassung einer bestimmten Art der Be- weiserhebung, z. B. die Abstandnahme von der Vernehmung eines Zeugen, dessen .Bekundung sich schon anderweitig (z. B. aus Protokollen, Aftenvermerken, Auskünften einex Behörde oder dergl.) exgibt, als ‘Verfahrensmangel angesehen wird.

§ 18: Verhaftungen, die außerhalb des Dienststrafver- fahrens exfolgen, werden durch diese Vorschrift nicht ver- hindert.

8 20: Die Worte „Zur Ergänzung“ besagen, daß die Vor- schriften des Gerichtsverfassungsgeseßes und dex Strafprozeß- ordnung nur insoweit heranzuziehen sind, als die Reichsdienst- strafordnung über die betreffende Frage nichts enthält.

Die §8 21—23 geben im wesentlihen nur das wieder, was bisher schon in Uebung war. Auch formlose Vorermitte- lungen dürfen sich nicht hinter dem Rücken des Beamten ab- spielen. Er ist vielmehr davon zu unterrichten, ebenso wie er auch nach § 42 Abs. 1 Say 2 DBG. Anspruch darauf hat, über Beschwerden und Behauptungen, die ihm nachteilig werden können, gehört zu werden.

Die Einstellung der Vorermittelungen hat keine Rechts- kraftwirkung 22 Abs. 2).

Zu 88 24 und 26: Die Zuständigkeit zur Verhängung von Geldbußen und der Beschwerdezug richten sih nah der Or- ganisation der Verwaltung. Der Beamte hat auch hier (vgl. S 42 Abs. 2 Saß 1 DBG.) den Dienstweg einzuhalten; er darf seinen unmittelbaren Dienstvorgeseßten niht UÜbergehen. Dieser ist aber seinerseits (mit Ansnahme der obersten Dienst- behörde, § 27) an die einmal erlassene Verfügung gebunden. Die Ausgestaltung des Beschwerdezuges muß sich nah den Bedürfnissen der einzelnen Verwaltungen richten. Fn Be- triebsverwaltungen mit zahlreichem Personal kommen kleine Dienststrafen verhältnismäßig häufig vor, werden auch in der Regel von dem bestraften Beamten als berechtigt hinge-

nommen. Für diese Verwaltungen kann eine einzige Be-

\chwerdestufe genügen. Andere Verwaltungen müssen nach der Art ihrer Behördenorganisation Wert darauf legen, in jedem Falle eine förmliche Beschwerdemöglichkeit bis an den Minister zu schaffen. Beiden Bedürfnissen trägt § 26 Abs. 3 Rechnung.

8 27: Dem Führer-Grundsaß entspricht es, daß die höhere Behörde Dienststrafverfügungen eines nachgeordneten Dienstvorgeseßten nachprüfen und gegebenenfalls s\chärfere Maßregeln gegen den bestraften Beamten ergreifen kann. An- dererseits würde es die Dienstfreudigkeit eines mit einer ge- ringen Dienststrafe davongeklommenen Beamten auf die Dauer lähmen, wenn er bis an das Ende seiner Diensttätigkeit damit rechnen müßte, wegen des bereits geahndeten Vergehens noch nach längerer Zeit in ein förmliches Verfahren verwickelt zu werden. Eine Ausschlußfrist ist daher am Playe. Die Frist von einem Fahre wird im allgemeinen für die Nachprüfung im Verwaltungswege ausreichen.

Zu 88 28, 29: Die Einleitung i} der entscheidende Akt, durch den das förmliche Verfahren in Gang kommt. Zux Ent- lastung der obersten Reichsbehörden ist die Einleitungsbefugnis abgestuft (anders als im bisherigen Reichsrecht), jedoch bleibt

es der obersten Reichsbehörde unbenommen, die Befugnis all- gemein oder im Einzelfall an sih zu ziehen. Die Zuständig- keiten im einzelnen ergeben sich aus der Organisation der Ver- waltung.

8 30 füllt zwei Lücken des bisherigen Rechts aus, in beiden Fällen (Abgrenzung bei mehreren Aemtern Abs. 1 und 2 —, Verbindung und Trennung von Verfahren Abs. 3 und 4 —) mit dem Ziel, einheitliches Vorgehen zu ge- währleisten und Üüberflüssige Verwaltungsarbeit zu ersparen.

Zu 88 31 f. (Di enstrafgerichte). Gleihwie für alle deutschen Beamten nunmehr materiell gleiches Dienststraf- recht gilt, wird auch die Dienststrafgerichtsbarkeit für das ganze Reich vereinheitliht. Die Dienststraffammern im ersten und der Reichsdienststrafhof im zweiten und lebten Rechtszuge sind grundsäßlich für alle Beamten des Reiches, der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften, An- stalten und Stiftungen des öffentlihen Rechts zuständig. Eine Ausnahme rechtfertigt sich lediglich durh die Sonderstellung der Rechtspflege (Näheres #. zu § 109).

Die Organisation der Dienststrafgerichte wird sih dem künftigen Aufbau der Verwaltungsgerichte anpassen (§§ 32 und 41).

Jn beiden Rechtszügen wirken neben rechtskundigen Bei- sißern andere Beisißer aus der Beamtenschaft mit. Sie wer- den aus allen Laufbahnen und Verwaltungszweigen aus- gewählt. Fn ihrer Mitwirkung drückt sich der Gemeinschafts- gedanke innerhalb der Beamtenschaft aus. Die Zahl der an der Entscheidung teilnehmenden Mitglieder ist gegenüber dem bisherigen Recht beschränkt worden, für den ersten Rechtszug auf drei, für den zweiten Rechtszug in Beschlußsachen auf drei, sonst auf fünf Mitglieder.

Die Zuständigkeit der Dienststraffammer bestimmt sich in der Regel örtlich 33); von der Möglichkeit der Verweisung einer Sache von der zuständigen an eine andere Dienfistraf- kammer (vgl. z. B. § 90 des Reichsbeamtengeseßes) ist bewußt Abstand genommen worden, um etwaigen Maßnahmen, die den Anschein einer unsachlichen Einflußnahme auf die Recht- sprechung der Dienststrafgerichte erwecken könnten, von vorn- herein den Boden zu entziehen.

8 42 (Entscheidung eines „Großen Dienststrafsenats“ über Rechtsfragen) dient der Einheitlichkeit der Rechtsprechung.

Zu 88 44 fff. (Untersuchung): Die RDStO. hält an einer förmlichen Voruntersuchung, hier „Untersuchung“ genannt, fest. Der Grundsag der Uninittelbarkeit der mündlichen Ver- handlung läßt sih auf das Dienststrafverfahren nicht ohne weiteres übertragen. Fm allgemeinen sind mit der Vorunter- suchung im Dienststrafreht überwiegend gute Erfahrungen gemacht worden. Jhre Beseitigung würde die Gründlichkeit der Beweisaufnahme gefährden, die Verlegv.ng des Schwer- gewichts in die Hauptverhandlung auh dem Staate vielfach erhebliche Mehrkosten verursachen. Verschleppungsbestrebun- gen des Beschuldigten, die in größeren Verfahren gelegentlich zutage getreten sind, wird ein Untersuchungsführer, der die Zügel der Untersuchung fest in der Hand hat, mit Erfolg ent- gegentreten können, um so mehr, wenn wie {hon nach bisherigem Reichsreht ein Verteidiger dem Beschuldigten in der Untersuchung noch nicht zur Seite steht, während auf der anderen Seite die Einleitungsbehörde durch ihren Ver- treter ausreichende Handhaben hat, um das Verfahren vorwärtszutreiben.

Schließlich kann die Einleitungsbehörde, wenn der Sach- verhalt bereits klar zutage liegt, insbesondere also nah vor- ausgegangenem Strafverfahren, das mit Verurteilung ge- endet hat, von der Untersuchung absehen 44 Abf. 1).

Der Untersuchungsführerxr hat die Stellung eines unab- hängigen Untersuchungsrichters.

Jn Dienststrafverfahren, deren Untersuchung z. B. durch die große Zahl dex Anschuldigungspunkte oder durch die Zahl dex zu vernehmenden Zeugen außergewöhnlich umfangreich ist, kann sih die Bestellung eines Hilfsuntersuchungsführers als

zweckmäßig erweisen. Sie wird daher nah dem Vorgang des

S 184 der Strafprozeßordnung in der Fassung des Gesetzes vom 28. 6. 1935 (Reichsgeseßbl. I S. 844, 846), dessen einzelne Vorschriften gemäß § 20 RDStO. ergänzend anzuwenden sind, zugelassen 44 Abs. 2 Sat 2), darf aber worauf die Ein- leitungsbehörden in den Ausführungsbestimmungen noch be- sonders hinzuweisen sein werden keinesfalls etwa als will- kommene Entlastung eines jeden Untersuchungsführers zur Regel werden.

Der Vertreter derx Einleitungsbehörde die an das all- gemeine Strafprozeßrecht anklingende Bezeichnung „Beamter der Staatsanwaltschaft“ vermeidet das Geseyß bewußt ist lediglich der verlängerte Arm oder das Sprachrohr der Ein- leitungsbehörde.

In § 48 ist neu die Möglichkeit der zwangsweisen Unter-

suchung des Beschuldigten auf seinen Geisteszustand schon -

während der Untersuchung. Dies gilt sinngemäß für das Verfahren vor der Dienststrafkfammer 53 Abs. 5). Wird Geistesfkrankheit festgestellt, so hat an Stelle des nah § 48 Abs. 1 Say 3 zum Verteidiger bestellten Beamten ein Pfleger nach § 15 Abs. 2 zu treten.

& 49: Die Zulassung des Beschuldigten zu allen Beweis=- exhebungen eine wesentlihe Abweichung vom bisherigen Reichsreht dient dem Ziel, die Hauptverhandlung nach Möglichkeit zu entlasten, andererseits die Verteidigungsmög- lichkeiten des Beschuldigten nicht zu beschränken.

8 50: Die Einflußnahme der Einleitungsbehörde durch ihren Vertreter auf den Gang des Verfahrens ist gegenüber dem bisherigen Recht stark ausgebaut, unter dem Gesichts- punkt, daß bis zum Tätigwerden des Dienststrafgerichts die Einleitungsbehörde unbeschadet der Pflicht des Unter- suchungsführers, die Untersuchung objektiv zu führen die eigentliche Herrin des Verfahrens sein soll.

8 52: Die Frage, wann ein förmliches Dienststrafver- fahren eingestellt werden muß oder eingestellt werden kann, sei es von dex Einleitungsbehörde oder von dem Dienststraf- gericht, war im bisherigen Reichs- und Landesvrecht nicht er- \chöpfend geregelt. § 52 füllt, in Verbindung mit § 63 Abs. 3, diese Lücke aus. Fn Abs. 1 sind die in Frage kommenden Fälle der Beendigung des Beamtenverhältnisses nah dem Deutschen

Beamktengeseß berücksichtigt. Nr. 5 enthält die wichtige mate- '

rielle Vorschrift, daß ein der obersten Dienstbehörde gegenüber

schriftlich erklärter Verzicht eines Ruhestandsbeamten auf seine Rechte diese zum Erlöschen bringt. Für den aktiven Beamten ergibt sich die entsprehende Folge aus den §8 60, 66 Abs. 2 des Deutschen Beamtengesetes.

Neu ist die Bestimmung, daß im Falle der Verhängung einer Dienststrafe bei Einstellung des Verfahrens durch die Einleitungsbehörde dem Beschuldigten die Kosten des Ver- fahrens auferlegt werden können.

Die Einstellung des Verfahrens nah § 52 Abs. 2 hat ebensowenig Rechtskraftwirkung wie die Einstellung der Vor- ermittlungen nah § 22.

Zu 8F 53 }ff.: Den entschzidenden Einschnitt im förmlichen Verfahren, zwischen Untersuchung und Verfahren vor der Dienststrafkammer, bildet die Einreichung der An schuldis- gungsschrift. Nach ihrem Eingang bei der Dienststraf= kammer, dem „Anhängigwerden“ des Verfahrens, kann die Einleitungsbehörde den weiteren Lauf des Verfahrens nicht mehr aufhalten und, im Gegensatz zum geltenden Reichsrecht (S 101 RGB.), das Verfahren ihrerseits niht mehr einstellen. Ein Eingreifen bleibt dann nur noh im Wege dec Nicder- shlagung durch den Führer und Reichskanzler möglich.

Die Anschuldigungs\chrift, gegebenenfalls mit den Er- weiterungen, die sie durch Nachtrage r:ach § 53 Abs. 4 erfährt, begrenzt den Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Urteilsfindung 62). Vom Eingang der Anschuldigungs- chrift an kann sich der Beschuldigte eines Verteidigers bes- dienen; Beamte sind, von Rechtslehrern an Hochschulen ab- gesehen, als solche nicht zugelassen, da es für den autoritären Staat nicht tragbar ist, daß ein Beamter in einem gericht- lichen Verfahren gegen die Behörde, u. U. sogar gegen den Minister als Einleitungsbehörde, die Futeressen eines anderen vertritt 56). Von der Zustellung der Anschuldigungsschrift an haben der Beschuldigte und sein Verteidiger das Recht auf Akteneinsiht im Rahmen des § 57.

Zu 8&8 59 }ff}.: Die Haüptverhandlung ist künftig niht mehr öffentlih 60). Die besondere Stellung des öffentlichen Dienstes und die Eigenart des Dienststraf- verfahrens begründen diese Abweihung vom allgemeinen Strafrecht. Der Gang der Hauptverhandlung entspricht im wesentlichen dem geltenden Reht. Den Umfang der Beweis=- aufnahme bestimmt das Gericht 61 Abs. 2).

Der „Unterhaltsbeitrag“, den das Dienststrafgericht in einem auf die shwerste Strafe lautenden Urteil unter be- stimmten Vorausseßungen auf Lebenszeit oder auf bestimmte Zeit bewilligen kann darf 75 % des erdienten Ruhegehalts für längstens fünf Fahre und 50 % über diesen Zeitraum hinaus nicht übersteigen 64). Dem zu freigebigen Gebrauch dieses Härteausgleihs bisher war es möglich bis zu 99 % zu betvilligen seßt der Entwurf hiermit eine Schranke.

Zu 88 66 }ff. (Rechtsmittel): § 66 Abs. 1 {ließt Be- schwerden im förmlichen Verfahren insoweit aus, als die Ent- scheidungen der Dienststraffammer „endgültig“, d. h. in der Reichsdienststrafordnung selbst oder in anderen, auf das Dienststrafrecht verweisenden Geseßen, wie z. B. dem Deut- hen Beamtengeseß, ausdrüdlich als endgültig bezeichnet sind (Beispiel: § 135 Abs. 3 Saß 2 DBG.).

Die Berufungsfrist ist im Fnteresse der Beschleunigung des Verfahrens auf zwei Wochen abgekürzt; zwei weitere Wochen stehen für die Begründung zur Verfügung (88 67, 69). Auch sonst sind Sicherungen eingebaut worden, um die bisher allgemein beklagte Verschleppung der Dienststrafverfahren, die nur zum Teil durch formelle Vorschriften bedingt war, überwiegend aber auf Machenschaften des im ersten Rechts= zuge verurteilten Beamten beruhte, künftig nah Möglichkeit zu verhindern. Zu diesem Zweck wird das Vorbringen neuer Tatsachen und Beweismittel in Anlehnung an die Regelung des Arbeitsgerichtsgeseßes beschränkt 69 Abs. 3). Es wird ferner eine Vorprüfung durch den Vorsißenden der Dienst- strafkfammer eingeschaltet, der die Berufung u. a. auch dann als unzulässig verwerfen kann, wenn sie nicht rechtzeitig be- grüudet worden ist, d. H. ulsv auch, wenn sie überhaupt nicht, wie in § 69 Abs. 1 und 2 vorgeschrieben, begründet worden ist. Der Verurteilte andererseits ist gegen einen etwaigen Versuch der Dienststrafkfammer, die Durchführung der gegen ihr eigenes Urteil eingelegten Berufung auf diesem Wege ab- zuschneiden, gesichert durch die Möglichkeit, den nah § 70 Abs. 2 ergehenden Beschluß im Beschwerdewege nach § 66 an- zufechten.

Ferner kann der Reichsdienststrafhof die Berufung u. a. ohne weiteres im Beschlußwege zurückweisen, wenn sie „offen- sichtlich unbegründet“ ist 73 Abs. 1 Nr. 2), ein Mittel, das sih als geeignet erweisen wird, um das Plenum des Dienst- strafsenats mit aussichtslosen Berufungen zu verschonen.

8 74: Wie die Entscheidung, die der Reichsdienststrafhof selbst in dexr Sache fällt, lauten kann, ergibt sich aus § 63. Gemäß § 20 besteht jeßt auch im Dienststrafrecht die durch die neue Fassung der §8 331 und 358 StPO. (Aenderungsgeseßz vom 28. 6. 1935 Reîichsgeseßbl. I S. 844 —) eingeführte

Möglichkeit einer reformatio in peius.

Der Reichsdienststrafhof entscheidet, abweichend vom Strafprozeßrecht, stets, auch über Schuldfrage und Strafmaß, mit einfacher Stimmenmehrheit (S 75 Abs. 2). Die Autorität eines starken, sih als Führer des Gerichts fühlenden Vor- sißenden wird sich auf diese Weise leihter durhseßen. Bei der Dienststrafkammer spielt das Stimmenverhältnis keine Rolle, da sie nux mit drei Richtern beseßt ist.

Zu 88 78 ff, (vorläufige Dienstenthebung): Die Frage, wie die A Dienstenthebung („Suspension vom Amte“) u regeln sei, hat in früheren Erörterungen über das Dienst frafrecht eine gewisse Rolle gespielt. Aus liberalistishen Ge=- dankengängen heraus wurde sogar ihre völlige Abschaffung be- fürwortet, weil sie die Wirkungen des Urteils teilweise vor- weg nehme, was „allgemeinen Rechtsgrundsäßen“ wider- spreche, und als Ersaß die einfache Zwangsbeurlaubung vor- geschlagen. Die leßtere Möglichkeit bleibt auf jeden Fall ge- geben (vgl. § 6 DBG.). Auf das Mittel der vorläufigen Dienst- enthebung kann eine auf straffe Dienstzucht bedachte und schnell zugreifende Verwaltung nicht verzichten. Andererseits liegt es in der Linie des Opportunitätsprinzips, die Entscheidung darüber in jedem Falle der Behörde zu überlassen und nicht von gewissen geseßlichen Tatbeständen (wie in § 125 RBG.) abhängig zu machen. Es lassen sich Handlungen eines Be- amten denken, die nux im förmlichen Dienststrafverfahren völlig geklärt werden können, ohne daß dics indesseu nah