1937 / 28 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Feb 1937 18:00:01 GMT) scan diff

Neicch83- und Staat8auzeiger Nr. 28 vom 4. Februar 1937.

einem mehrgliedrigen Vorstand geht der Entwurf vom Grund- saß der Gesamtvertretung aus. Die Saßung oder bei Er- mächtigung durch die Saßung auch der Aufsichtsrat können eine andere Regelung vorschreiben. Der Entrourf läßt es daher zu, daß einem Vorsißer des Vorstandes mit alleinigem Entscheidungsrecht nach innen 70 Abs. 2 Say 2) auch nach außen das Alleinzeichnungsrecht verliehen wird. Der völlige Ausschluß eines Vorstandsmitglieds von der Vertretungs- befugnis ist wie nah geltendem Recht unzulassig.

Der Entwurf hält in § 74 an dem Grundsaß fest, daß die Vertretungsmacht des Vorstands gegenüber Dritten uu- beschräanfbar ist. Nur gegenüber der Gesellschaft kann der Vorstand verpflichtet sein, Beschränkungen einzuhalten, die die Sazbung, der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung im Falle des § 103 Abs. 2 vorgeschrieben haben.

Die Bestellung und Abberufung des Vorstands geschieht, wie es bereits heute in der Praxis Üblich ist, durh den Auf- sichtsrat 75). Eine Bestellung der Vorstandsmitglieder auf unbegrenzte Zeit läßt der Entwurf nicht mehr zu, da langfristige Anstellungsverträge oftmals zu einer schweren Belastung derx Gesellschaft geführt haben. Die Bestellung eines Vorstandsmitglieds ist daher höchstens auf 5 Jahre zu- laisig (8 75 Abs. 1); eine wiederholte Bestellung wird hierdurch nicht ausgeschlossen. Unzulässig ist es, durch Vereinbarung eines unangemessenen Ruhegehalts oder einer Leistung ver- wandter Art die freie Entschließung dexr Gesellschaft über die wiederholte Bestellung unbillig zu beschränken. Für die zur Beit des Jnkraft:retens des Aktiengeseßes im Amt befindlichen Vorstandsmitglieder beginnt die fünfjährige Frist erst mit dem Jnkrafttreten des Geseßes 7 Abs. 2 des Entwurfs zum Einführungsgeseß). Erstreckt sih der Anstellungsvertrag auf mehr als 5 Jahre, so steht dem Vorstandsmitglied nah S 7 Abs. 3 Satz 1 des Entwurfs zum Einführungsge]eß zur Wiedererlangung seiner Bewegungsfreiheit ein außerordent- liches Kündigungsrecht zu.

Juristische Personen können keine Vorstandsmitglieder sein, da die Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds eine persön- liche Tätigkeit vorausseßt 75 Abs. 1 Sag 3). ;

Jn § 75 Abs. 3 sieht der Entwurf die Möglichkeit der Abberufung eines Vorstandsmitglieds durch den Aufsichtsrat vor. Um jedoch zu verhindern, daß der Vorstand hierdurch in ein starkes Abhaängigkeitsverhältnis zum Aufsichtsrat gerät, fann der Aufsichtsrat die Bestellung- zum Vorstandsmitglied odex die Ernennung zum Vorsißer des Vorstands nur wider- rufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Beispiele für inen solchen wichtigen Grund werden namentlich grobe BVflichtverlezung, Unfähigkeit zux ordnungsmäßigen Ge- schäftsführung oder bei Unternehmen, die einer besonderen Aufsicht unterliegen, das Verlangen der Aufsichtsbehörde bilden fkförnen. Hat die Hauptversammlung einem Vor- siandsmitglied das Vertrauen entzogen, so ist dies selbstver- ständlich stets ein wichtiger Grund. Zur Vermeidung eines unerwünschten Schwebezustands bestimmt § 75 Abs. 3 Sat 3, daß der Widerruf wirksam ist, solange der Abberufene keine rechtsfräftige Entscheidung über die Unwirksamkeic des Wider- rufs herbeiführt.

Beim Fehlen der zur Vertretung der Gesellschaft erfor- derlichen Vorstandsmitglieder läßt § 76 in dringenden Fällen auf Antrag eines Beteiligten eine vorläufige Bestellung von Vorstandsmitgliedern durch das Gericht zu. Die Möglichkeit einer solchen Ersaßbestellung wurde bereits im geltenden Recht auf Grund des § 29 BGB. angenommen.

Dex Entwuxf stellt fernex in S 78 für die Bezüge - der Vorstandsmitglieder, mögen sie în festem Gehalt, Gewinn- beteiligungen, Aufivandsentschädigungen, Versicherungs8ent- gelten, Provisionen oder Nebenleistungen jeder Art bestehen, der heutigen Volksauffassung entsprechende Grundsäße auf. Der Aufsichtsrat hat dafür zu sorgen, daß die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des einzelnen Mitglieds und der Lage der Gesellschaft stehen. Nach 78 Abs. 2 steht dem Aufsichtsrat auch das Recht zu, die Bezüge der Vorstandsmitglieder an- gemessen herabzuseßen, wenn eine so wesentliche Verschlechte- rung in den Verhältnissen der Gesellschaft eintritt, daß die Wettergewährung der Bezüge eine schwere Unbilligkeit für die Gesellschaft bedeuten würde. Zur Vermeidung unbilliger Härten, die darin liegen können, daß der Vorstand auf 5 Jahre an die Gesellschaft gebunden ist, ist dem einzelnen Vorstandsmitglied das Recht gegeben, seinen Anstellungs- vertrag zum Schluß des nächsten Kalendervierteljahres mit einer Kündigungsfrist von 6 Wochen zu kündigen, falls ex mit der Herabseßung seiner Bezüge nicht einverstanden ist.

Da im Konkurs Verpflichtungen aus lange dauernden Anstellungsverträgen für eine Gesellschaft lästig sind, bestimmt S 78 Abs. 3, daß ein Vorstandsmitglied im Falle des Kon- kurses Entschädigungsforderungen für die durch Kündigung des Dienstverhältnisses weggefallenen Bezüge für eine spatere Zeit als 2 Jahre seit dem Ablauf des Dienstverhältnisses nicht geltend machen kann.

Unberührt bleiben Vorschriften des öffentlichen Rechts, die eine Anpassung der Bezüge von Vorstandsmitgliedern ge- wisser Unternehmen an die Gehälter von Beamten regeln.

Wird den Vorstandsmitgliedern eine Gewinnbeteiligung gewahrt, so soll dieje, da der Vorstand für das Gesamtuntexr- nehmen verantwortlich ist, in der Regel in einem Anteil am Jahresgewinn bestehen 77 Abs. 1)

Gewinnanteile, die sich nah dem Ergebnis eines Ge- \chäftszweigs odex nah der Höhe des Umsates richten sollen, dürfen daher grundsäßlich niht gewährt werden. Eine Aus- nahme wird sih meist nur mit Rücksicht auf die besondere Art des Unternehmens rechtfertigen lassen.

S 77 Abs. 2 gibt eine zwingende Vorschrift für die Be- rechnung des Gewinnanteils, wenn dieser in einem Anteil am Jahresgewinn besteht. Dabei wird in einem wesentlichen Punkte vom geltenden Recht abgewichen. Die Berechnungs- art des 8 237. HGB. führt zu dem unbefriedigenden Er- gebnis, daß ein Vorstandsmitglied, das die Rücklagen schafft, nichts davon erhält, während das Vorstandsmitglied, das sie zum Zwecke der Ausschüttung eines Gewinnanteils ver- braucht, hieraus Vorteil zieht. § 77 Abs. 2 schreibt daher vor, daß sih der Gewinnanteil des Vorstands nach dem Rein- gewinn errechnet unter Abzug des Gewinnbetrags, der durch Auflösung von Rücklagen entstanden ist. Der P Des Reingewinns ist hierbei, wie noch besonders klargestellt ist, derselbe wie in § 131 Abs. Z. Entgegenstehende Verein- barungen oder Hauptversammlungsbeschlüsse sind nichtig, da die Vorschrift des § 77 Abs. 2 im öffentlichen Funteresse ge- geben ist. Der Aufsichtsrat kann jedoch, wenn es die Billig- keit verlangt, für das einzelne Geschäftsjahr zulassen, daß auch die Gewinnbeträge, die zur Bildung freier Rücklagen ver- wandt werden, bei der Berehnung des Gewinnanteils des Vorstands berücksichtigt werden. Der für den Vorstand

gewinnanteilspflihtige Betrag kann demnach kleiner oder größer als der Reingewinn sein, der die Grundlage für die Berechnung der Aktionärgeiwwinnanteile bildet. Die Entschei- dung des Aufsichtsrats, die nur für das einzelne Geschäfts- jahr und nicht allgemein im Anstellungsvertrag vorweg ge- troffen werden kann, ist von der Hauptversammlung bei der Beschlußfassung über die Gewinnverteilung zu beachten. Eine freie Rücklage ist auch der Gewinnvortrag; in der Regel wird es billig sein, ihn bei der Berechnung des Gewinnanteils des Vorstands zu berücksichtigen. .

Jt der Vorstand am Gewinn beteiligt, so hat der Auf- sichtsrat darauf zu achten, daß solche Beteiligungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufwendungen zugunsten der Gefolgschaft oder von Einrichtungen stehen, die dem gemeinen Wohle dienen. Unter Aufwendungen zugunsten der Gefolgschaft fallen dem Sinne der Vorschrift entsprechend Löhne, Gehälter und soziale Abgaben nicht. Da die Oeffent- lichkeit im hohen Maße an dex Einhaltung dieses Gebots beteiligt ist, so kann als Vertreterin des öffentlichen Fnter- esses die Staatsanwaltschaft im Klagewege einschreiten, um bei einem unangemessenen Vevhältnis die Herabseßung der Gewinnbeteiligung zu exzwingen.

Für die Uebergangszeit gewährt § 7 Abs. 3 Say 2 des Entwurfs zum Einführungsgesey dem Vorstand ein Kündi- gungsrecht, wenn anzunehmen ist, daß sich seine Gesamtbezüge durch die Neuregelung der Vorschrift über die Gewinnbeteili- gung erheblich verschlechtern werden.

E as Wettbewerbverbot des § 79 entspriht dem § 237 HGB.

: Das Verbot der Kreditgewährung ohne Zustimmung des Aufsichtsrats is gegenüber dem geltenden Recht 240a HGB.) erweitert worden. Es erstreckt E nicht nux auf die Vorstandsmitglieder und die diesen bisher gleichgestellten Personen, sondern auch auf leitende Angestellte. Diese Erweiterung des Personenkreises is notwendig, da sonst das Verbot des § 80 leicht umgangen werden kann. Na der Begriffsbestimmung des § 80 Abs. 1 Saß 2 sind untex leitenden Angestellten Geschäftsführer und Betriebsleiter zu verstehen, die zur selbständigen Einstellung oder Entlassung der übrigen im Betriebe oder in der Betriebsabteilung Be- schäftigten berechtigt sind oder denen Prokura oder General- vollmacht erteilt ist.

Nach § 80 Abs. 2 können in Anlehnung an § 14 Abs. 2 des Geseßes über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934 (Reichsgeseßbl. T1 S. 1203) Kredite, die ein Monatsgehalt nicht übersteigen, ohne Zustimmung des Aufsichtsrats gewährt {verden.

8 81 regelt die Pflicht des Vorstands zur laufenden Be- richterstattung an den Aufsichtsrat. Die Vorschrift will die Veberwachung dex Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat erleichtern.

Nach § 83 ist der Vorstand nicht nur bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz, sondern steis, wenn nach pflihtmäßigem Ermessen ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals anzunehmen ist, verpflichtet, die Hauptver- sammlung zu berufen und vom Verlust Anzeige zu machen. Eine solche Erweiterung der Vorstandspflichten ist notwendig, da nach geltendem Recht 240 HGB.) der Vorstand sich dex Verlustanzeigepflicht entziehen kann, wenn er die Aufstellung des Jahresabschlusses verzögert oder keine Zwischenbilanz auf- stellt. Die im Falle der Konkursreife nah § 83 Abs. 2 be- stehenden Vorstandspflichten entsprechen dem geltenden Recht 240 Abs. 2 HGB.).

S 84 regelt die Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder. Nach Abs. 1 haben diese bei ihrer Geschäftsführung die Sorg- falt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters am- zuwenden. Die Haftung dex Vorstandsmitglieder seßt daher auch nach dem Entwurf ein Verschulden voraus. Eine Haftung des Vorstands für den Erfolg seiner Geschäftsführung ohne Rücksicht auf sein Verschulden würde nux zur Folge haben, daß die Verantwortungsfreudigkeit eines Vorstandsmitglieds erheblich herabgemindert und ihm jeder Mut zur Tat ge- nommen wird. Der Gedanke der Erfolgshaftung hat daher auch in den Beratungen der Akademie für Deutsches Recht Ablehnung gefunden.

Dagegen erschien es gerechtfertigt, die Haftung des Vor- stands gegenüber den Gläubigern nicht wie es nah § 241 Abs. 3 HGB. der Fall ist auf bestimmte Fälle zu beschränken. Der Entwurf vergrößert die Rechte des Vorstands und legt namentlich die Leitung der Gesellschaft in seine Hände. Dieser gehobeneren Stellung muß daher auch eine erhöhte Verant- wortlichkeit entsprehen. Eine unmittelbare Haftung der Vor- standsmitglieder gegenüber den Gläubigern kann nah dem Entwurf stets eintreten, wenn diese ihre Obliegenheiten u haft verleßt haben. Eine zum Ersaß verpflichtende schuldhafte Verletzung liegt jedoch in anderen als den Fällen des § 84 Abs. 3, der dem § 241 Abs. 3 HGB. entspricht, nur vor, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblih verleßt haben. Diese Einschränkung des Verschuldensmaßstabs ershien notwendig, da es sih bei den anderen als den in § 84 Abs. 3 genannten Fällen meist um Obliegenheitsverlezungen handeln wird, die im Bereich der Geschäftsführung liegen. Eine unmittelbare Haftung gegenüber den Gläubigern auch in diesen Fällen für leichtere Verlezungen der Sorgfaltspflicht eintreten zu lassen, würde auf das Verantwortungsbewußtsein des Vorstands läh- mend wirken und nicht dem Vorteil der Gesellschaft dienen. Dex Entwurf hält auch an dem Grundsaß des geltenden Rechts fest, daß den Vorstand eine Ersatpflicht gegenüber den Glâu- bigern nur trifft, soweit diese von der Gesellschaft keine Be- friedigung erlangen können.

Der Entwurf hat ferner den in der Rechtsprehung schon entwickelten Gedanken, wonath dex Vorstand in Schadenersaß- prozessen den Entlastungsbeweis zu führen hat, geseßlich ver- ankert. Gegenüber der Gesellschaft sind Vorstandsmitglieder, die ihre Obliegenheiten verleßt haben, zum Ersaß des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet, falls sie nicht nachweisen, daß sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften* Geschäftsleiters angewandt haben. Die gleiche Regelung der Beweislast sicht der Entivurf auch gegenüber den Gläubigern vor. Handelt es sih hierbei um Obliegenheits- verleßungen, die nicht unter § 84 Abs. 3 fallen, so müssen die Vorstandsmitglieder nachweisen, daß sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht gröblich verleßt haben.

Jun § 84 Abs. 4 ist klargestellt, daß eine Ersatzpflicht des Vorstands, der seine Obliegenheiten s{huldhaft verleßt hat, der esellschaft gegenüber nur in dem Falle nicht eintritlk, wenn die Handlung auf einem geseßmäßigen, d. h. weder nichtigen noch anfechtbaren Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ein gesehwidriger Beschluß der Hauptversammlung oder eine

S, 4

Billigung des Aufsichtsrats hat eine solche Wirkung nicht. Hierbei wird es im einzelnen Tatfrage sein, ob uicht die Au- nahme emer schuldhaften Obliegenheitsverlezung eines Vor- standsmitglieds bereits aus dem Grunde zu verneinen ist, weil dieses in der Hauptversammlung selbst oder im Vorstand gegen» über den anderen Vorstondsmitgliedern widersprochen hat. Für die Entscheidung der Frage, ob ein Vorstandsmitglied durch einen solchen Widerspruh den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters schon genügt hat, wird sowohl die Bedeutung der Angelegenheit als auch die Stärke der bestehenden rechtlihen oder wirtschaftlichen Be- denken von maßgebendem Einfluß sein. Verzichte und Ver- gleiche der Gesellschaft auf entstandene Ersaßausprüche sind, wie nach geltendem Recht, nur untex ershwerten Bedingungen zu- lässig. Gegenüber den Gläubigern kann eine Ersaßpflicht des Vorstands, wie im geltenden Recht, auch bestehen, wenn die Handlung auf einem Beschluß der Hauptverhandlung beruht. Auch hier ist immer ein Verschulden des Vorstands Voraus- seßung der Verantwortlichkeit. Hat der Vorstand einen geseßz- mäßigen Beschluß der Hauptversammlung über Geschäfts- führungsfragen ausgeführt, an den er nah § 74 Abs. 1 ge- bunden ist, so kann er allein durch die Ausführung eines solchen Beschlusses seine Obliegenheiten nicht verleßt haben und daher den Gläubigern auch nicht ersaßpflichtig werden. Verzichte und Vergleiche der Gesellschaft sind den Gläubigern gegenüber un- wirksam (Abs. 5).

Zweilex Abschnitt Aufsichtsrat (§Z 86 bis 99)

Die Hauptaufgabe des Aufsichtsrats besteht darin, die Ges häftsführung des Vorstands zu überwachen 95 Abs. 1). Hierfür ist ein vielköpfiger Aufsichtsrat nicht geeignet. Der Entwurf strebt daher grundsäßlih eine Verkleinerung des Aufsichtsrats an. Da der Aufsichtsrat in der Praxis neben der reinen Ueberwachungstätigkeit auch der Erhaltung geschäftlicher Beziehungen und Verbindungen dient, besteht die Befahr, daß sich durxh eine übermäßige Verkleinerung des Aufsichtsrats neben diesem geseßlichen Verwaltungsträger unverantivortliche Beirâte oder sonstige Nebenorgane bilden. Aus diesem Grunde erschien es angezeigt, die Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder beweglicher zu gestalten. Der Entwurf sieht im § 86 Abs. L einë Staffelung nah dem Grundkapital vor. Die Höchslzahl der Aufsichtsratsmitglieder beträgt für Gesellschaften mit einem Grundkapital

bis zu 3 000 000 RM sieben,

von mehr als 8000 000 RM zwölf,

von mehr als 20 000 000 RM zwanzig. Bet dieser Regelung wird nicht verkannt, daß die Höhe des Grundkapitals nicht immer ein sicheres Anzeichen für die Not= ivendigkeit eines größeren oder kleineren Aufsichtsrats bildet. Es kann Gesellschaften geben, bei denen mit Rücksicht auf den Gegenstand und das Maß der geschäftlihen Verflechtung des Unternehmens ein größerer Aufsichtsrat wirtschaftlih not- wendig ist. Der Entwurf sieht daher vor, daß der Reichswirt=- schaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Justiz und den sonst beteiligten Reichsministern Ausnahmen von der grundsäßlichen Regelung des § 86 Abs. 1 Sag 3 zus- lassen kann, wenn das Wohl der Gesellschaft oder gesamtwirt- schaftliche Belange es fordern. Nach § 86 Abs. 2 Sat 2 kann grundsäßlich zum Aufsichtsrat nicht gewählt werden, wer be reits in zehn Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien Aufsichtsratsmitglied ist. Dieser über das geltende Recht hinausgehenden Beschränkung liegt die Erwägung zu- grunde, daß das einzelne Mitglied, mag es auch noch so sach- kundig und erfahren sein, bei Zugehörigkeit zu einer Vielzahl von Aufsichtsräten sih der Ausübung des einzelnen Amts nicht mit der nötigen Sorgfalt widmen kann. Der Reichsminister der Justiz kann jedoh mit Zustimmung der beteiligten Reichs=- minister abweichende Vorschriften und Anordnungen treffen, soweit es zur ausreichenden Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange des Reichs, von Ländern, Gemeindeverbänden oder Gemeinden oder von Wirtschaftsunternehmen nötig erscheint.

Die Aufsichtsratsvergütungen unterliegen in voller Höhe der Einkommensteuer. Auch gelten für sie die Vorschriften der Verordnung über den Steuerabzug von Aufsichtsratsvergütun- gen vom 6. Februar 1935 (Reichsgeseßbl. 1 S. 161). Um hohe Vergütungen aus einer Vielzahl von Aufsichtsratsposten zu beschränken, ist eine Nachprüfung dieser Verordnung namentlich unter dem Gesichtspunkt der Progression angeregt worden. Dieser Anregung wird nachgegangen.

Die Wahl und Abberufung des Aufsichtsrats geschieht wie nach geltendem Recht 243 HGB.) durch die Hauptversammlung 87). Kein Aufsichtsratsmitglied kann für längere Zeit als bis zur Beendigung der Hauptversamms- lung gewählt werden, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nah der Wahl beschließt. Eine turnusmäßige Ab- lösung wird hierdurch nicht ausgeschlossen. Furistishe Personen sind vom Amt des Aufsichtsrats ausgeschlossen (Z 86 Abs. 2 Sat 1).

? Minderheiten sind nicht berechtigt, Vertreter. in den Aufs sichtsrat zu entsenden. Dagegen kann nach § 88 die Saßung Aktionären das Recht einräumen, Personen thres Verirauens in den Aufsichtsrat zu entsenden, damit diese in besonderem Maße ihre Belange wahren können, soweit mit diesen nicht die Belange der Gesellschaft in Widerspruch stehen. Dieses Ents sendungsrecht wird namentlich für gemischt- und gemeinwirt- schaftliche Unternehmen von großer Bedeutung sein. Das Ent= sendungsrecht kann entweder an die Person des Akiionärs oder an den jeweiligen Fnhaber der Aktien geknüpft sein (Abs. 1); jedoch müssen nah Abs. 2 die entsendungsberechtigten Aktionäre stets Fnhaber gebundener Namensaktien sein. Hierdurch wird der rein spekulative Aktienbesiß von der Einflußnahme aus- geschlossen. Handeln zum Schaden der Gesellschaft zwecks Er- langung gesellschaftsfremder Vorteile macht den Entsendungs- berechtigten nah § 101 exsaßpflichtig.

(Fortseßung in der Ersten Beilage.)

r C E M e E r l O R r e p p T

Beranticoril thh: :

für Schriftleitung (Amtlicher u. Nictamtlicher Teil), Anzeigenteil

und für den Verlag: Präsident Dr. Schlange in Potsdam;

für den Handelsteil und den übrigen redaklionellen Teil:

Rudolf Lanysch in Berlin-Schöneberg. ]

Druck der Preußischen Druckerei- und Verlags-Aktiengesellschaft, Berlin, Wilhelmstraße 32.

Sieben Beilagen

(einschl. Börsenbeilage und zwei HZentralhandelscegisterbeil agen),

Ir. 28 _

Fortsezung aus dem Hauptblatt.

S 89 sieht eine gerichtliche Bestellung von Aufsichtsrats- mitgliedern vor, wenn dem Aufsichtsrat weniger als die zur Beschlußsähigkeit erforderliche Zahl von Mitgliedern ange- hören. Das Gericht fann in diesem Falle auf Antrag des Vor- stands, eines Aufsichtsratsmitglieds odex eines Aktionärs einen beschlußsähigen Aufsichtsrat bostellen.

Abweichend vom geltenden Recht sind im Entwurf auch Vorschriften über die innere Orduung des Aufsichtsrats ent- halten. Nach § 92 Abs. 1 hat der Aufsichtsrat aus seiner Mitte einen Vorsißer und mindestens einen Stellvertreter zu wählen. Ein Entscheidungsrecht bei Meinungsverschiedenheiten unter den Aufsichtsratsmitgliedern ähnlih dem Entscheidungs- recht eines Vorsißers des Vorstands nah § 70 Abs. 2 Say 2 ist dem Vorsißer des Aufsichtsrats nicht eingeräumt worden, da der Aufsichtsrat als Vertreter der Aktionäre allein die Aufgabe hat, die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen und ihn zu beraten. Ju einem solchen Falle erscheint es nicht ange- bracht, die Entscheidung dem Vorsißer des Aufsichtsrats au dann zu überlassen, wenn die übrigen Mitglieder anderer Mei- nung sind. Als Vorsiver hat ex vielmehr die Aufgabe, das zu tun, vas dem Vorsißer eines Kollegiums üblicherweise obliegt. Vazu wird im Zweifel die Leitung der Aufsichtsratssizungen sowie die Vorbereitung und Ausführung seiner Beschlüsse ge- hören. Jm übrigen sind ihm verschiedene Aufgaben durch den Entivurf selbst zugewiesen (vgl. z. B. §8 93, 94, 95, 141 Abs. 3 151, 155, 176, 180). S : |

z n J 92 Abs. 4 nimmt der Entwurf zu den Ausschüssen des Aufsichtsrats Stellung, die heute vielfach in der Praxis außerhalb des Geseßes gebildet sind. Jhre Bestellung erachtet e B. Die Bestellung solcher Ausschüsse N Berbl N Or Van Í weck geschehen, die Verhandlungen 1nd Beschlüsse des Aufsichtsrats vorzubereiten oder die Aus- führung der Beschlüss zu überwachen. Neben dieser rein vor- N und auêführenden Tätigkeit wird grundsäßlich in estimmtem Umfang auch die Uebertragung entscheidender Be- fugnisse des Aufsichtsrats zulässig sein, mögen diese auf Geseh oder Saßung beruhen. Eine Uebertragung entscheidender Be- fugnisse auf ein einzelnes Mitglied oder auf den Vorsißer des Aufsichtsrats ist im Entwurf nicht vorgesehen. ; Si A E geht davon aus, daß an den Sizungen AustchSrats Und seiner Ausschüsse grundsäblih nur Auf- sictsratsmitglieder teilnebmen dürfen, da sonst lercht die dur § 86 angestrebte Beschränkung der Dahl der Autfsicht8vats: mitglieder vereitelt werden fönnte. Außer Aufsichtsratsmit- gltedern ist daher nur ‘noch Vorstandsmitgliedern die Teil- name an Sitzungen des Aufsichtsrats oder seiner Ausschüsse g-staitet. ulässig ist es jedoch, wie der Entwurf ausdrücklich Tarstellt, Sachverständige und Auskunftspersonen zur Be- ratung über einzelne Gegenstände hinzuzuziehen. Das Teil- naßmeret der Aufsichtsratsmitglieder an den Sitzungen des aUusnchtiórats und seiner Ausschüsse ist zunächst dahin zu ver- stehen, daß jedes Aussichtsratsmitglied berechtigt ist, an den Sizungen des Gesanttaufsichtsrats teilzunehmen, und jedes Vittglied eines Aussch{usses berechtiat ist, an den Aus{ch{uß- sißunagen teil’uneßmen. Dagegen erschien es nicht angebracht auch den nit dem Aussch{uß angehörenden Aufsichtsratsmit- gliedern stets ein Teilnahmerecht an den Ausshußsizungen zu geden. Denn das Wohl der Gesellschaft kann es fordern, daß die Teilnatmrybefugnis auf einen engeren Kreis, d. h. eben auf die zum Aus\{uß gehörenden Mitglieder beshränkt ivird. Daher kann sowohl die Saßung als auc der Vorsiber dos Aussichtsrats nach § 93 Abs. 2 einem nicht dem Ausschuß angehörenden Aufsichtsvatsmitglied die Teilnahme an Aus- scéarßsibungen versagen. Eine wichtige Neuerung bringt 8 93 Ads. 3, Es ist in der Wirtschaft oft als ein Mangel emp- funden ivorden, daß es einem an der Teilnahme verhinderten Anssichtsratsmitglied unmöglich ist, seine Rechte in der Auf- sichtsratsfibung duxch einen anderen wahrnehmen zu lassen. m fünftigen Recht wivd die Satzung zulassen können, daß an den Sizungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse Derjonen, die dem Aufsichtsrat nicht angehören, an Stelle von Aufsichtsratsmitgliedern teilnehmen können, wenn sie von diesen hierzu s{riftlich ermächtigt sind. Die rechtliche Stel- lung eines Stellvertreters im Rechtssinn kommt diesen Per- sonen nicht zu und kann ihnen auch nicht eingeräumt werden. Sie können sich lediglich an Stelle des Aufsichtsratsmitglieds an der Sizung beteiligen und vor allem s{riftlihe Stimm- abgaben des verhinderten Mitglieds überreichen. Eine schrift- liche Beschlußfassung im Sinne des § 92 Abs. 3, die nux zu- lässig ist, wenn kein Mitglied widerspricht, liegt in diesem Falle nicht vor. Nach § 94 kann außer dem einzelnen Aufsichtsratsmit-

glied auch der Vorstand vom Vorsißer des Aufsichtsrats die

Einberufung des Aufsichtsrats verlangen. Wird einem von mindestens zwei Aufsick(svatsmitgliedern oder vom Vorstand goäußerten Verlangen nicht stattgegeben, so steht den Antrag- stellern seit} das Einberufungsreht zu. Haben die Antrag- steller ihre Rechte mißbräuchlih ausgeübt, so können sie nah S5 04, 99 für die Kosten der Sißung ersatpflihtig gemacht werden. E

Nach § 95 hat der Aufsichtsrat wie schon in § 246 Abs. 1 HGB. bestimmt ist das Recht auf jederzeitige Berichterstattung. Das glerche Recht hat auch ein einzelnes Aufsichtsratêmitglied, damit es seinen Pflichten nachkommen kann. Der Bericht kann jedoch von dem einzelnen Mitglied nur an den Aufsichtsrat als solchen verlangt werden. Lehnt der Vorsiand die Berichterstattung ab, so kann der Bericht nux dann verlangt werden, wenn der Vorsißer des Aufsichts- rats das Verlangen unterstüßt.

S 95 Abs. 3 gibt dem Aufsichtsrat ein erweitertes Unter- suchungsrecht, wonach sämtliche Vermögen®gegenstände der Gesellschaft von ihm besichtigt und geprüft werden können.

Der Aussichtsrat ist ferner nah § 95 Abs. 4 zur Ein- berufung der Hauptversammlung berechtigt und verpflichtet, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert.

Die Bedeutung des § 95 Abs. 5 ist im Zusammenhang mit der grundsäßlichen Neuordnung der Zuständigkeit unter den Verwaltungsträgexrn behandelt worden.

Nach § 96 hat der Aufsichtsrat die Pflicht, den Jahres- abshluß, den Vorschlag für die Gewinnverteilung und den Geschäftsbericht, wenn ihm diese Vorlagen uach §8 125 Abs. 1, 126 Abs. 2, 127 Abs. 1 vom Vorstand zugehen, zu prüfen und der Hauptversammlung darüber zu berichten. Die einzelnen

Erste Beilage zum Deutschen NeichSanzeiger und Preußischen Staat2anzeiger

Berlin, Donnerstag, den 4. Februar

Angaben, die der Bericht enthalten muß, sind in § 96 Abs. 2 aufgeführt.

_Die Vorschrift des § 97 über die Vertretung der Gesell- haft gegenüber dem Vorstand entspricht dem geltenden Recht (8 247 HGB.).

Für die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder gilt der Grundsay, daß die Vergütung mit den Aufgaben des Mit- glieds und mit der Lage der Gesellschaft in Einklang stehen muß 98 Abs. 1). Ju der Sazung festgeseßte Vergütungen fonnen von der Hauptversammlung mit einfacher Stimmen- mehrheit herabgeseßt werden. Die Gewinnbeteiligung des Aufsichtsrats ist grundsäblih ähnlich wie die des Vorstands gestaltet 98 Abs. 3 und 4), jedoch können Gewinnbeträge, die zur Bildung von Rücklagen verwandt werden, für Auf- sihtsratsmitglieder nicht gewinnanteilpflihtig gemacht werden.

Die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit des Aufsichts rats (8 99) entspricht der des Vorstands nach § 84.

8 des Entwurfs zum Einführunasgeseß schreibt das Außerkrafttreten einer Reihe von Satungsbestimmungen über den Aufsichtsrat vor, die der Durchführung der Neu- ordnung des Aufsichtsrats im Wege stehen könnten.

Dritter Absch ütt

Gemeinsame Vorschriften für die Mitglieder des Borstands und des Aufsichtsrats (§8 100, 101)

Der Abschnitt bringt zwei Bestimmungen, die wesent- liche Neuerungen gegenüber dem geltenden Recht enthalten.

Zu den Mängeln des bisherigen Aktienrechts wird in erster Linie die Anonymität gerechnet. Soweit sich die An- griffe gegen die Anonymität der Aktie richten, läßt sich der Mangel nicht beseitigen, ohne die Aktiengesellschaft ihrer wirt- schaftlichen Bedeutung zu berauben. Wohl aver kann man verlangen, daß das anonyme Kapital das Unternehmen durh verantwortliche Persönlichkeiten führen läßt und es kann er- reicht werden, daß die leitenden Perfonliclkeiten der Verwwal- tung stärker hervortreten und ihre Namen bekanntwerden. Das geltende Recht sieht in dieser Richtung keine Bestim- mungen vor. Es begnügt sich damit, daß die leitenden Persön- lichkeiten im Handelsregister eingetragen sind. Das ist unzu- reichend. Die leitenden und verantwortlichen Persönlich- feiten müssen in Zukunft klarer herausgeste!lt werden. Feder, der mit der Gesellshaft in Verbindung steht, muß ohne weitere Nackforschung ersehen können, in ‘vessen Händen die Geschicke dex Gesellschaft liegen, der er sein Geld anvertraut oder mit der er Geschäfte s{hließen will. Der Entwurf be- stimmt deshalb, daß auf allen Geschäftsbriefen die sämtlichen Mitollieder des Vorstands und der Vorsißer des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschrie- benen Vornamen anzugeben sind 100). Derselbe Gedanke fommt in zwei weiteren Bestimmungen zum Audruck. Fm Geschäftsbericht sind die sämtlichen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats einschließlich der im Laufe des Ge- schäftsjahres oder nah Ablauf desselben ausgeschiedenen ans zugeben 128 Abs. 4). Ferner müssen in allen Veröffents- lichungen und Vervielfältigungen des Fahresabschlusses in gleicher Weise sämtliche Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats angegeben werden 144 Abs. 1). Jn allen Fällen sind die Vorsißer des Vorstands und des Ausfsichts- rats besonders zu bezeichnen. Mit diesen Vorschriften durfte die Anonymität der Gesellschaft um ein erhebliches Teil ge- mildert sein, ohne daß S wirtschaftlich berechtigte Interessen dadurch gefährdet werden. S , S zweite Vorschrift soll dem Schuß der Gesellschaft vorx einer Beeinflussung threr Verwaltungstrager zum Schaden der Gesellschaft dienen. i F Jn der Vergangenheit hatten sich die Fälle gemehrt, in ‘denen versucht wurde, auf Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats einer Gesellschaft Einfluß zu nehmen, um unter Ausnuzung dieses Einflusses zum Schaden der Gesellschast gesellschaftsfremde Sondevvorteile zu erlangen. Meist gingen diese Versuche von Aktionären aus; aber auch Nichtaktionäre, die Lieferanten oder Abnehmer der Gesellschaft waren, wählten diesen Weg, um sich auf Kosten der Gesellschaft Vor- teile zu verschaffen. Es hatte sih weiter gezeigt, daß § 826 BGB.,, die na geltendem Recht allein zur N stehende Handhabe, nicht ausreichte, um derartige Machenschaften zu verhindern. Der Entwurf von 1930 sah deshalb bereits die Einführung einer besonderen, der Eigenart des Aktienrech|ts angepaßten Rechtsnorm, die eine Sonderhaftung der Aktionäre begründen sollte, vor. Nach § 85 dieses Entwurfs sollte jeder Aktionär, der zwecks Erreichung gesellschaftsfremder Sonder=- vorteile für sich oder einen Dritten unter Benußung seines Einflusses als Aktionär ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats vorsäßlich dazu bestimmt hatte, zum Schaden der Gesellschaft zu handeln, der Gesellschaft für den daraus entstehenden Schaden neben dem Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats haften. Der jeßige Entwurf nimmt diesen Gedanken auf. Es muß eine Rechtsnorm geschaffen werden, die der Gesellshaft vor jeder Beeinflussung ihrer Verwal- tungsträger zu die Gesellschaft schädigenden Handlungen Schutz bietet. Dabei kanu nicht unterschieden werden, ob die Beeinflussung von einem Aktionär oder einem Nichtaktionär ausgeht. Auch jemaud, der nicht Aktionär ist, kann auf Grund seiner geschäftlichen Beziehungen auf die Gesellschaft und da- mit auf deren Veriwaltungsträgex Einfluß haben, manchmal vielleicht sogar größeren als ein Aktionär. Es ist nicht ein- zusehen, weshalb er besser behandelt werden soll als jemand, der zugleich Aktionär ist. Die Schadenersaßpflicht beruht nicht auf der Treupslicht der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft. Dann könnte sie allerdings nur diese ergreifen. Sie hat viel- mehr ihren Grund in der Gefahr, daß Beeinflussungsversuche naturgemäß besonders solchen Personen gegenüber unter- nommen werden, die mit fremdem Kapitäl wirtschaften. Des- halb bedarf die Aktiengesellschast eines erhöhten Schußes gegenüber derartigen Beeinflussungsersuchen, wobei gleich- gültig ist, ob der Versuch der Einflußnalane von einem Aktio- nr oder von einem Dritten ausgeht. § 101 bestimmt daher, daß, wer zu dem Zweke, für sich oder einen andeven gesell- schaftsfremde Sondervorteile zu erlangen, vorsäßlich unter Ausnußzung seines Einflusses auf die N ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats dazu bestimmt, zum Schaden dex Gesellschaft . oder ihrex Aktionäre zu handeln,

_1937

zum Ersaß des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist. Da weder von einem Aktionär noch von einem Dritten verlangt werden kann, daß er seine berechtigten Belange zurücfstellt und allein auf das Gesellschaftswohl bedacht ist, bestimmt Abs. 3, daß die Ersaßzpflicht nicht eintritt, wenn der Einfluß benuzt wird, um einen Vorteil zu erlangen, der shubwürdigen Belangen dient. Damit hat die Rechtsprechung die Möglichkeit, Fnteressenkonflikte gegeneinander abzuwägen. Die schußwürdigen Belange brauchen außerdem nicht nots- wendig eigene Belange des Handelnden zu sein. Es können auf Grund dieser Vorschrift z. B. auch Konzerninteressen berücksichtigt werden. Die Stimmrechtsausübung unter Haftung zu stellen, 1 l

lehnt dexr Entwurf ab 101 Ab{. 7). Eine folche Bestim mung würde den Grundlagen unseres Aktienrechts widers- sprechen. Dennoch ist die Freiheit dex Aktionäre bei der Ab stimmung keine schrankenlose. Sucht ein Aktionär mit der Stimmrechtsausübung vorsäßlich für sich oder einen anderen gesellschaftsfremde Sondervorteile zum Schaden der Gesell schaft zu erlangen und ist der Besckiluß geeignet, diesem Zwecte zu dienen, so ist ex anfechtbar 197 Abs. 2).

Metlen T M Att Hauptversammlung (S 102—124) 1. Allgemeines

Die Vorschriften über die Hauptversammlung tragen der veränderten Stellung der Hauptverscmmlung gegenüber dem Vorstand und dem Aufsichtsrat Rechnung. Während die Haupts versammlung bishér in allen Fragen des wirtschaftlichen Lebens der Aktiengesellschaft die entscheidende Stelle war, beschließt sie jeßt nux noch in den im Gesetz oder in der Satzung ausdrüctlich bestimmten Fällen 103 Abs. 1). Über eine Frage der Geschäftsführung, die bisher auch threr Ent- scheidungsbefvgnis unterlag, fann sie nur noch entscheiden, wenn der Vorstand ihr die Frage unterbreitet und ihre Ents- scheidung verlazet 103 Abs. 2). Eine sonstige Stellung- nahme der Hauptversammlung zur Geschäftsführung ist für den Vorstand unverbindlich. Er kann ihr folgen, braucht es aber nicht. Duxch die Saßung kann der Hauptversammlung eine Über § 103 Abs. 2 hinausgehende Entscheidungsbefuagnis in Fragen der Geschäftsführung nicht übertragen werden. 8 103 Abs. 2 ist insoweit zwingendes Recht. Der Wirkungs- kreis der Hauptversammlung beschränkt sih danach auf alie mit dem wirtschaftlichen oder rechtlichen Aufbau dex Aftien- gesellschaft zusammenhängenden Fragen. Fm einzelnen be- [ließt sie namentlich über

1. Saßungsänderungen (8 145) einschl. der Maßnahmen

der Kapitalbeschaffung oder Kapitalherabseßung 149, 153, 159, 169, 174, 175, 192),

. die Auflösung der Gesellschaft und die Fortseßung der aufgelösten Gesellschaft 203 Abs. 1 Nr. 2, § 215),

. die Verschmelzung und Umwandlung der Gesellschast (S8 234, 247, 257),

. die Vermoögensübertragung und (S8 253—256),

. die Bestellung und Abberufung des Aufsichtsrats und seine Vergütung (ch8 87, 98),

. die Entlastung der Verwaltuncsträger 104),

. die Geltendmahung und den Verzicht auf Ersaßans sprüche gegen die Verwaltungsträger und die Gründer (S 122 124. 48);

. die Bestellung der Abschlußprüfer und Sonderprüfer (88 136, 118),

. die Gewinnverteilung (§8 126), Über den Fahresabschluß beschließt sie nur im Falle des § 125 Abs. 4. (Näheres Seite 82 f.)

Die Vorschriften über die, Einberufung der Hauptvers- sammlung (§8 105, 109) beseitigen einige Mängel des gelten den Rechts. Die Saßzung kaun nicht mehx die Form der Ein= berufung bestimmen. Die Einberufung muß vielmehr dur Veröffentlihung in allen Gesellschaftsblättern, mindestens also im Deutschen Reichsanzeiger (8 18), erfolgen und be- stimmten Mindestforderungen genügen (§105 Abs. 2). Fbre Verleßung macht die gefaßten Beschlüsse nichtig 195 Nr. 1). Auch der Streit, ob die Hauptversammlung an jeden Ort des Deutschen Reichs einberufen werden kann, wird durch 8 105 Abs. 3 beseitigt. Grundsäbßlich soll die Hauptversammlung am Siß der Gesellschaft stattfinden. Bei Aktiengesellschaften, deren Aktien an einer Börse zugelassen sind, kann sie auch am Sig dieser Börse abgehalten werden. Fn beiden Fällen kann die Sàazung etwas anderes bestimmen. Fn der Praxis hat es sich weiter als erhebliher Mißstand herausgestellt, daß keine Einigkeit darüber bestand, welche Bedeutung einex Ein- berufung zukommt, die von einem Vorstand ausging, dessen Bestellung nichtig oder dér bereits abberufen war. § 105 Abs. 1 Say 2 erklärt nunmehr Personen, die als Vorstand im Handelsvegister eingetragen sind, als zur Einberufung befugt.

Das Verzeichnis dex Teilnehmer (8 110) hat eine weitere Aufgliederung erfahren. Zunächst wird ausdrücklich festgestellt, daß außer den Namen der erschienenen Aktionäre und der Ver=- treter von Aktionären auch der Name der vertretenen Aktio- nävre in das Verzeichnis aufzunehmen ist. Diese Änderung entspricht der bereits für § 258 HGB. von der herrschenden Lehre vertretenen Auffassung. Neues Recht bringt jedoch § 119 Saß 2 für die Legitimationsübertragung. Sie trat bisher im Verzeichnis nicht zutage, da der Legitimationszessionar sein Stimmrecht im eigenen Namen ausübt. Nunmehr muß jeder, der im eigenen Namen das Stimmrecht für Aktien ausüben will, die ihm nicht gehören, den Betrag und die Gattung diefer Aktien besonders im Verzeichnis angeben. Diese Vorschrift be- zweckt eine Offenlegung der wahren Besißverhältnisse an den Aktien. Der Vorstand, die Gesellschaft und ihre Aktionäre haben ein Recht zu wissen, ob derjenige, der Stimmrechte aus=- übt und damit entscheidend in die Verhältnisse der Gesellschast eingreift, seine Machtstellung aus eigenem oder frenmdem Aktienbesiß herleitet. Fhre Einstellung gegenüber den An- sprüchen eines Aktionärs kann durch diese Kenntnis grund- legend beeinflußt werden. Die Vorschrift wird sih hauptsäch- lih für das vom Entwurf unter bestimmten Bedingungen zugelassene Bankenstimmrerht auswirken. Fhre Befolgung ist durch eine Strafbestimmung sichergestellt 300 Nx. 4).

Gewinngemeinschaft