1921 / 59 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Mar 1921 18:00:01 GMT) scan diff

bereits in der Zeit ihren Ursprung genommen hätten, als er selbst das Reichsamt des Innern geleitet hätte, und er hat sich damit entschuldigt, daß vie Verhältnisse damals * stärker gewesen wären als er. Jch gebe ihm das duxchaus zu und mache ihm daraus kéinen Vorwurf. Aber wenn der Herr Abgeordnete v. Delbrück das für ih und die Zeit des Krieges in Anspruh nimmt, als wir immer- hin noG in einem gefestigten, noch wenig ershütterten Deutschland lebten. und wenn der Herr Abgeordnete v. Delbrück in den Jahren seiner Amtszeit in den ersten Kriegsjahren diese Organisationen hat wachsen sehen und wahjen lassen müssen, ohne és verhindern zu können, so wird er, glaube id, auch mir ein flein wenig Ent- \{uldiguna dafür einräumen, wenn in diesem einen Jahre, in dern i das Neichsministerium des Jnnern verwalte und in dem, wie ich doh auch wohl fagen darf, die Aufgaben, die die Reichsregierung be- schäftigt haben, niht gerade leiht, sonden zum großen Teil do überaus niederdrüdend gewesen sind, ich sage: er wird es ent- shuldigen, wenn in dieser Zeit die Notwendigkeit dieser Lösung zwar erkannt und auch zu einem sehr großen Teil durchgeführt, aber noch nicht endgültig hat beendigt werden fönnen. Hier wird ‘die neu einzuseßende Kommission eine wesentlihe Hilfe zu leisten haben, und ih bin überzeugt, sie wird dort gute Arbeit leisten können.

Der Herr Abgeordnete v. Delbrück ist dann in seinen Aus- führungen auf das Verhältnis der Reichsregierung zu Preußen ge- kommen und hat erklärt, daß die neue Verfassung insofern versagt habe, al3 das Nebeneinanderarbeiten des Reichs und Preußens in vielfacher Beziehung kein glüdliches gewesen sei Meine Damen und Herren! Es wäre falsch, das leugnen zu wollen. Aber zunächst ist diese Schwierig- keit nicht erst unter der neuen Verfassung hervorgetreten, sondèrn auch die alte Verfassung hai das Nebeneinander von Reich und Preußen nit gerade in allen Dingen und zu allen Zeiten als glücklih erscheinen lassen. (Sehr rihtig! bei den Deutshen Demokraten.) Jch erinnere daran, daß es schon zu jenen Zeiten einen Reichsminister gegeben hat, der z. B. in der Frage des Wohnungsgeseßes ' die Flucht in die Oeffentlichkeit hat antreten müssen, weil es ihm nicht gelungen war, die preußishen Ressorts dafür zu gewinnen, auf diesem Gebiete rasche Arbeit zu machen. (Lebhafte Zustimmung bei den Deutschen Demokraten und Sozialdemokraten.) Dieser Minister, der die Flucht in die Oeffentlichkeit während des alten Regimes angetreten hat, waï der heutige Abgeordnete v. Delbrück (hört, hört! und Heiterkeit), der si vorhin über das heutige Verhältnis zwishen Reih und Preußen geäußert hat. Jch will aber damit nicht leugnen, daß die Verhältnisse auf Grund der neuen Verfassung keineswegs besser, sondern eher noch schwieriger geworden sind. (Abg. Dr. Schücking: Aufteilen!)

Meine Damen und Herren! Das hängt damit zusammen, daß es unmöglich war, in der neuen Verfassung die Hegemoniestellung Prerßens, wie sie die alte Verfassung kannte, beizubehalten. Die Bei- behcltung einer Hegemoniestellung Preußens in der neuen Verfassung wäre auf den lebhaften und zähen Widerstand aller übrigen Länder und auh der Mehrheit des Reichstages gestoßen. (Sehr rihtig! bei den Derischen Demokraten und Sozialdemokraten.) Was man hätte tun können und was man noch tun kanm, ist, die Zusammenarbeit der beiden Kobinette dadur. zu verbessern, daß män zum mindestens Ptinister ohne Portefeuille in beiden Ministerien glèihzeitig fißen läßt, oder die eine oder andere Stellung in beiden - Ministerien: vereint, um dadur zu erreichen, daß Reibungen nicht immer erst dann einem Heilprozeß unterzogen werden, wenn sie entzündlih werden, sordern daß sie bereits frühzeitig erfannt und frühzeitig abgestellt werden. Jch hoffe, daß man an diese Frage in abschbarer Zeit herangehen wird und herangehen muß.

Fch betone dabei ausdrüdlih, daß die Schwierigkeiten in dieser Beziehung niht etwa allein in der verschiedenartigen parteipolitishen Zusammensezung der Reichsregierung und der’ preußishen Regierung beruhen; sondern ich habe dieselbe Schwierigkeit oder ähnliche Schwierigkeiten bereits gekannt, als ih den Kabinetten Bauer und Müller angehörte und damals die Koalition im Reiche und in Preußen dieselbe war. Diese Schwierigkeiten liegen eben darin begründet, daß die Dinge je von dem Standpunkt, den der einzelne zu bearbeiten hat, vershiedenartig angesehen werden, und daß die im Einheitsstaat ge- gebene Viöglichkeit, innerhalb ein und desselben Kabinetts diese ver- schiedenen Anschauungen rechtzeitig auszutragen und auszugleichen, nit gegeben ift.

Man fann diese Schwierigkeiten auG niht dadurch beseitigen, daß man eiwa sagt, es möge sih nur jeder hübsch in dem Rahmen seiner Zuständigkeiten halten, dann würden solhe Schwierigkeiten von vornherein nicht aufireten können. Es bedeutet eine Ueberschäßung bürokratisher Einrihtungen, wenn man glaubt, daß man durch strenge Snnehaltung der Zuständigkeiten dieser Schwierigkeit Herr werden Fönnte. Jm Gegenteil: man kann im Rahmen seiner Zuständigkeit verwalten, man fann aber nicht im Rahmen seiner Zuständigkeit Politik machen, und alle die großen Fragen, die heute zu erörtern sind, wie ¿. B. die Behandlung des beseßten Gebietes, das Verhältnis Deutschlands zur Kurie, die Erhaltung Oberschlesiens für das Reich, der Schuß unserer Ostgrenze, sind Fragen, die das Neich und Preußen beide in gleiher Weise interessieren, und in denen beide si zusammen- finden müssen, wenn sie überhaupt gelöst werden. sollen. Kein Reichs- minister des Jnnern kann an der preußischen Politik und an den preußischen Verwaltungsmaßnahmen im Rheinland und in Ober- \chlesien gleichgültig vorübergehen, und kein preußischer Minister kann es seinerseits dulden, daß die Maßnahmen, die er für die Rheinlande und Oberschlesien für erforderlich hält, etwa dur eine verkehrte Wirt- \hafts- oder Innenpolitik des Reichs ihm durhkreuzt werden. Also der Gedanke, daß man durch Innehaltung der Zuständigkeiten Abhilfe schaffen könnte, ist verfehlt. O

Die Ueberschäßung dieses Gedankens ist es doc vielleicht au gewesen wenn ih das sagen darf —, die im Kriege dazu geführt hat, daß wir niemals zu der Ausbildung eines einheitlichen politischen Willens innerhalb der deutshen Regierung gelangt sind (sehr rihtig! bei den Deutschen Demokraten), und wenn wir nicht dazu gelangen, auf diesen großen politishen Gebieten eine einheitlihe Willensauf- fassung durch das Reih und durch Preußen durchzusehen, dann sehe i allerdings für die Stoßkraft Deutschlands in allen diesen großen Fragen überaus s{chwarz. Jch halte also daran fest, daß versucht werden muß, eine engere Fühlung zwishen dem Reih und Preußen in allen diesen Fragen zu gewinnen.

Jch weise es aber weit ‘von mir, meine Damen und Hecren, diese Frage dur eine Zershlagung Preußens zu lösen! (Sehr gut! rechts.) Wenn Herr von Delbrück gesagt hat, daß die Reichsregierung jeßt an einer Zershlagung Preußens Interesse gezeigt habe dur das Arbeits prôógramm, das ich der neuen Kommission habe zugehen lassen, so Tann ih nur sagen, daß das Arbeitsprogramm ehwoas derartiges nah meiner Auffassung in keiner Weise enthält, Nein, meine Damen und

Herren! Jn einem Augênblide, die Truppen Unserer Gegner im Rheinlande siten, in einem Augenblide, wo: sie neuerdings die Hand wieder nah neuem deutshen Gebiet ausgestreckt haben, ist es ganz unmögli, staatspolitishe Fragen, wie die einer Neugliederung Preußens im Rheinland oder fonstwo, zum Austrag bringen zu wollen, (Lebhafte Zustimmung rechts,) In einem. -\olhen Augenblick haben wir alle Veranlassung, niht Verwirrung in unsere deutshen Verhält- nisse Hineinzubriñ@en (ertéute Zustimmung rechts), fondern dafür zu sorgen, daß wir nicht eher einreißen, als bis wie die Sicherheit haben, daß wir wieder aufbauen können. (LÆbhafte Zustimmung rechts,) Darüber hinaus alaube ih, daß für cine so große Reform im gegen- wärtigen Augenblick überhaupt keine Möglichkeit besteht. Wir können in den zucklenden Körpér unseres deutshen Wirtschaftslebens in diesem Augenblick niht noch mit allen möglichen weiteren Reformen hinein- \schneiden, sondern wir müssen eine Zeitlang dafür sorgen, daß die Verhältnisse sch beruhigen und seben, ehe wir versuchen, große Probleme zu löfen, die dann wahrscheinlich, etwas entfleidet der politishen Leidenschaft, auch leihter zu lösen sein werden, als es heute der Fall fein würde. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

In diesem Zusammenhang hat der Herr Abgeordnete v. Delbrü die Frage aufgeworfen, ob nicht der Gedanke, die Landesfinanzämter zu Bezirksverwaltungsbehörden aufzubauen, auch nach der Richtung eines Einheits\taates hinzielte. Jh bemerke zunächst, ‘daß dieser Gedanke nicht von der Reichsregierung oder den Neichsministern aus- gegangen ist, sondern daß es eine der Hauptfragen ist, die der Präsident Carl in seiner Denkschrift aufgeworfen hat und die, wenn die Neichs- regierung sich nit dem in der Oeffentlichkeit ihr gegenüber erhobenen Vorwurf ausseßen will, als ob sie über diese Denkschrift hinweg- ginge, dem neuen Auss{chuß überwiesen werden mußte, damit der Aus- chuß in die Lage kommt, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Per- fönlih stehe ih durchaus auf dem Standpunkt, daß in fast allen Fragen, die das Reich außerhalb seiner Zentralstellen zu entscheiden hat, niht Reichsbezirksbehörden, sondern Landesbehörden und Ge- meindebehörden die berufenen Träger der Erekutive zu sein haken. (Sehr richtig! bei den Deutschnationalen.) Es gibt allerdings das wird der Herr Abgeordnete v. Delbrück mir zugeben einige Fragen, in denen eine so lebhafte Jnteressenkollision zwischen den Ländern und dem Reiche besteht, daß es nihi möglich ist, sie den Landesbehörden als Richtern in eigener Sache zu überiragen, “Wir haben ja während des Krieges zum Beispiel in Ernähvungsfragen hinreichend mitein- and gelernt, daß, wenn es sich darum handelt, das Interesse des eigenen Bezirks sei es nun eine Gemeinde, sei es ein Land bz zuwägen gegen das Interesse des Reichs, die Neigung, zunächst für sih selbst zu sorgen und durch Absperrungsmaßnahmen oder sonstwie zu- nächst die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ehe män ans große Ganze denkt, gerade in der deutshen Bürokratie aller Länder und Gemeinden übrigens auch des Reichs, da, wo es sich um Ressort- abgrenzungen der einzelnen Vinisterien gegeneinander handelt vor- handen ist; und Herr Abgeordneter v. Delbrü, der ja Oberbürger- meister gewesen ijt wie ih, weiß, daß wir auch in den Städten in folhen Fragen häufig in der Lage gewesen sind, zuerst die Ver- pflihtung zu fühlen, dafür zu sorgen, daß unsere eigenen Bürger nicht in Not-hineingerieten. - Jn solchen: Fällen ist: eine kontrollierende

Instanz des Reichs. unvermeidlich, ‘und "das is nach ‘meiner Ansicht *

das einzige, was: die Landesfinanzämter zu leisten haben. Sie zu Verwaltungsbehörden zu machen, trage ih Bedenken.

Jch bin ein viel zu großer Fteund davon, daß Fragen, die nicht die Zentrale unmittelbar bexühren, in einem engeren Gremium dex Selbstverwaltung oder Landesverwaltung gelöst werden, als daß ih mich dazu entshließen fönnte, den Macht- bereih der Reichsregierung noch ohne Not auszudehnen. Jch bin vielmehr dex Ansicht, daß das Reich alle Veranlassung hat, sich daxauf zu beschränken, die große politishe Führung in die Hand zu nehmen. Da, meine Damen und Hexren, soll allerdings die Reichsregierung niht mit sihch reden lassen. Es geht nit, daß wir in Zeiten zurücffallen wie etiva die des alten Deutshen Bundes, indem eine Verfügung der Reichsregierung vor der Ausführung seitens der Länder nohmal3 darauf wiedex nachgeprüft wird, ob sie sih mit ihren JFuteressen und Anschauungen verträgt. Jn dem Sinne bin ih allerdings und ih erinnere da an Fragen wie Einwohnerwehr und Orgesh —. Unitarist vom rein¡ien Wasser. Wir kommen in einer Zeit, wo außenpolitishe Rüdsihten und Schwierigkeiten unsere ganze innere Politik mit behercshen müssen, nicht duxch, wenn es uns nicht gelingt, dafür zu sorgen, daß der einheitliche Wille der Reichsregierung und des Reichstags in den großen politishen Lebensfragen des Reiches sich gegenüber den Ländern und den Gemeinden rüc{sichtslos durchseßt.

Also Unitarist in allen notwendigen Dingen, aber Dezentrali- sation überall da, wo kein unmittelbar starkes politishes Fnteresse eine Mitwirkung des Reiches verlangt. Als alter Selbstverwal=- tungsbeamtier werde ich in allen diesen Fragen die Tätigkeit meines Ressorts und, soweit ih darauf Einfluß habe, der Reich3- regierung dahin einrihten, daß im Wege der Dezentralisation an Lander und Gemeinden alles abgegeben wird, was die oberste Leitung dés Reiches nicht verlangt; und das ist sehr viel. FJch behaupte, daß wix in unserer Gesezgebung nicht etwa erst. nah dem Kriege, sondern da muß ih Herrn Abgeordneten v. Del- brück widersprehen auch vor dem Kriege dîese Grenze immer inhegehalten haben, und daß wir in Zukunft auf diesem Gebiete vernünftiger werden arbeiten können, als es bisher der Fall ge=- wesen ist.

Wos s{hließlih die Frage angeht, ob in meinem Ministerium gespart worden wäre oder niht und ob überhaupt in der Reihs= regierung im allgemeinen, niht nur. in der Behördenorganisation, sondern auch sonst eine Tendenz zur Vexshwendung einseße, so hat ja der Ausshuß des Reichstages wenigstens meinen Etat einer sehr sorgfältigen Prüfung unterzogen. Fch muß sagen: îch biu mit mehr Bangen hineingegangen, als ich aus diesen Be- ratungen wieder herausgegangen bin; denn herausgekfommen ist aus diesen Versuchen, an Einrichtungen und an Aufgaben zu sparen, innerhalb meines Etats außerordentlich wenig. So sehr

ih anerkenne, daß die Behördenorganisationen des Reiches verein-

faht werden kann, so wenig kann ih arterkennen, daß alle Auf- gaben, die das Reih auf ih genommen hat, heute etiva will» fürlih und aus einem gewissen Uebermut oder Uebereifer auf das Reih übernommen seien, sondern ih muß behaupten, daß diese Aufgaben fast durchweg infolge einer zwangsläufigen Ent- wicklung an das Reich übergegangen sind. Wenn ich z. B. von dem Ernährungswesen ausgehe, sd wissen wix alle, daß das eine Aufgabe gewesen ist, die uns der Krieg auferlegt hat, und die nur

allmählih hat beseitigt werden können. Jh erinnere an die geheure Aufgabe, die fast das ganze Arbeit3ministerium erfü das Kriegsversoxgungswesen, die einfach eine Folge des Kri i gewesen ist und die niemand von uns aufgeben möchte. tes erinnere an die große Arbeit, die uns Oberschlesien, die beseht Gebiete auferlegen, an die Unterbringung der Beamten, die na los geworden sind durch die Abtretung von Elsaß-Lothringen dur die Verringerung unseres Heeres, unserer Flotte usw, v erinnere an die umfassende. Schlichtungstätigkeit, die das Reiz, arbeit3ministerium entfaltet. Alles Aufgaben, die nit etwa ohne Not auf das Reih gekommen sind, sondern infolge des Kriege infolge des Friedens und infolge der veränderten Verhältnis, die die Nachkriegszeit mit sih gebracht hat. f

Wenn speziel in meinem Ministerium eine Kulturabteily entstanden ist und wenn in diesem Zusammenhange außerhalh dis Reichstages, weniger hier im Hause, häufig behauptet worden it diese Schulabteilung könne wiéder beseitigt werden, da daz Sul. wesén' eine Angelegenheit der Länder sei, so muß ich auÿ hier fesistellen, daß der Zustand der Vorkriegs3zeit, wonah daz Reid fih um das Schulwesen niht kümmerte, heute und für alle Zeiten vorüber ist und vorüber sein muß. (Sehr richtig! bei den Deutsden Demokraten und links.) Das ist allein {hon de8wegen erforderliÿ weil sonst unser Schulwesen je nah der parlamentarischen Zw sammenseßung der Regierung der Länder völlig auseinanderfallzh würde; denn das ist ganz klar, die bürokratischen Regierungen der Zeit vor dem Kriege bewegten sih alle mehr oder minder in einer gewissen mittleren Linie. Parlamentarische Regierungen sind ihrerseirs aber genötigt oder geneigt, das Programm ihrex eigenen Partei oder der Parteien, aus denen fie zusammengeseßt sind, zy; Durlhführung zu bringen. Wenn das Reich es nicht auf sig nréhmen würde, einheitlihe Grundsäße auf dém Gebiete des Sul: iresens aufzustellen, so würden wir allerdings bald erleben können daß unser Sthulwesen in Deutschland so bunt und so versthich.y. artig aussähe, daß überhaupt kein Vater mehr, der von cinen Ort zu dem eines anderen Landes verzöge, seine Kinder in sas, gemäßér Weise in der Schule des anderen Landes unterzubringen in der Lage wäre, und wir würden wohl erleben, was not vi wichtiger ist, daß die einheitlihe Bildung und die einheitliche Kultur unseres Volkes rettungslos in Scherben ginge. (Ehr richtig!)

Wir sind deshalb genötigt, auf diesem Gebiete zu arbeiten, und es ist ganz eigenartig auch das muß ih gegenüber der Rete

noh einmal betonen —, daß so häufig die Forderung erbobq.

wird, daß ih diese Gebiete den Ländern überlassen sollte, daß man aber im einzelnen auf der rechten Seite immer auch dann n: nicht zufrieden ist, wenn ih einmal bei einer Detailfrage erkliy, daß diese nun tatsählich niht mehr vom Reiche einheitlih ge regelt zu werden brauche, sondern rechtwohl den Ländern übe lassen werden könne. Jch erinnere / zum Beispiel an die Frag des Religionsunterrihts, wo ich auf Grund der Verfassung den Standpunkt eingenommen habe, daß die Entscheidung darüber, 0

diejenigen Kinder, die den Religionsunterriht besuchen sollten,

oder diejenigen, die ihm fernbleiben sollten, eine Erklärung ah: zugeben hätten, den Ausführungs8bestimmungen der Länder übt lassen werden sollte, weil ich mix sagte, daß die Verfassung dieser Rihtung hin keine Vorschriftèn macht (Widerspruch rets), während von seiten der Rechten zu meinem Etat der Antra gestellt ist, die Angelegenheit in der Weise zu regeln, daß fes geseßt wird, daß nur diejenigen Kinder eine Erklärung abzugebet haben, die den Religionsunterricht niht besuchen wollen, (Sehr richtig! rets.) Meine Damen und Hexren! Fch sage das ja vou läufig nur in dem Zusammenhange, daß Sie selbst von der Rehau den Standpunkt einnehmen, daß es ohne das Reih auf allt diesen Gebieten einfah nicht mehr geht. Wenn Sie von mir be langen, daß ich sogar eine. solhe Einzelheit und eine solche Kleinig keit —- (Zuruf von den D. Nat.: Kleinigkeit?!) Het Abg. Mumm, es ist eine Kleinigkeit gegenüber der großetit Frag, ob überhaupt Religionsunterriht in den Schulen gegeben werdeu joll, eine Kleinigkeit gegenüber den großen Grundfragen, die tir verfassungsrechtlich regeln, im übrigen verkenne ich die Bedeutuig

dieser Frage niht. —. Wenn also verlangt wird, daß au de

artige Einzelheiten reihsgeseßlih geregelt werden sollen, so dürja Sie si, Herr Abg. Mumm, nicht einige Tage darauf darüber bo flagen, daß Schulfragen überhaupt vom Reiche behandelt werdet, anstatt sie in altbewährtex Weise den Ländern zu überlassen. Di widerspricht sih durhaus.

Jh betone also nohmals: Es mag noch so wünschenswet sein, daß das Reih auf dem Gebiete des Schulwesens in det Einzelheiten seiner Gesezgebung niht zu weit geht; mann sind die Verhältnisse stärker als ih, die Notwendigkeiten stärker als die grundsäßlichen Anschauungen der Herren von der Reijten, Auch von der Rechten werde ih auf diesem Gebiete nicht zurü gehalten, sondern ih werde von ihr gedrängt. Ueber die einzelit Frage, die ih hier als Beispiel vortrug, werden wir uns spät! im Detail weiter unterhalten können. Bemühen werde ih miß immer, in der Einmischung in Einzelheiten des Schulwesens ih! zu weit zu gehen.

Meine Damen und Herren! Die Blüte unseres Shulwest

beruht in lebter Linie auch darin, daß die freudige Anteilnahn! der Eltern am Schulwesen, die man so häufig vergißt, dadur gesichert ist, daß die Ausgestaltung unseres Schulwesens in sein! Einzelheiten eine Angelegenheit kleinerer Gremien, leßten Endes

eine Angelegenheit der Gemeinden gewesen ist. Fch möchte untl |

keinen Umständen auch in Zukunft bei der Verwaltung unsect Schulwesens die sorgende Hand der Gemeinden entbehren, die, l! Sie mir alle zugeben werden, einen großen Anteil daran hab

wenn wir das Schulwesen zu so hoher Blüte gebraht hab

Wir kommen also au hiex dazu, eine Arbeitsteilung einzuführtn

die die Regelung der großen Grundfragen im nteresse eintf j

einheitlihen deutshen Kultur dem Reiche zuweist, die da

hinaus die Aufsicht und die Verwaltung des equl e

mittelgroßen Fragen in die Hand der Länder legt und es { den Gemeinden überläßt, alle die leßten Dinge zu regeln, é sich doch bei dem Schulwesen um die Angelegenheit der

und im Zentr.) Nun haben die Herren Abgeordneten Dr, Braun und

brück noh einige Einzelfragen angeschnitten, der Herr Mhgeortntt

von Delbrück namentlich au die Frage des Reichswanderungant | Es ist ja interessant, daß das Reichswanderungsamt nach e j

sorgfältiger Prüfung das einzige Opfer gewesen ist, das der

Kinde der einzelnen Gemeinden handelt. (Sehr richtig! bei den a 2 von d

zu sparen, ges{lachtet werden sollte. An einer Stelle hat der Ausschuß 1a umgekehrt einen Abstrih des t6 in meinem Etat seinerseits wieder bergestellt. Bezüglich 2 zwanderungsamts liegt es nun so, daß dieses Amt, wie der Ihceordnete von Delbrück mit Recht hervorgehoben hat, nit : Zit entstanden ist; es ist auch nicht zur Zeit der Nevolution Z sondern es ist eine Einrichtung, die man während des iq haffen hat, weil man glaubte, die Auswanderung in die h ehiete des Ostens in großzügiger Weise betreiben zu sollen. 4e diese Einrichtung vorgefunden, ich kann sie aber niht als fia bezeichnen. Die Gefahr, daß eine Auswanderung in einem f} einem Jahrhundert nit bagewesenen Ausmaß in Deuts{- eder einsehen wird, ist ganz gewiß vorhanden. Je - shmaler hrungéspielraum in Deutschland ist, um so größer ist die Ge- ; Auswanderung. Nun mag ja derjenige, der vielleicht glaubt, L io Deutschland nicht in der Lage sein wird, die 60 Mil- zu ernähren, die bisher dort Nahrung und Obdach gefunden auf den ersten Blick glauben, daß eine solche Auswanderung ¡é für Deutschland sein fönnte. Das ist aber in keiner Weise 1, Die Auswanderung, die wir in Deutschland ¿u erwarten (st keine Auswanderung mehr, wie sie im Anfang des vorigen nderts stattgefunden hat, wo der Bauernknecht oder der jüngere cines leinen bäuerlihen Besißers auswanderte, um seine dazu -zu benuben, sih eine Bauernstelle draußen, außerhalb {chen Grenzen, zu schaffen, sondern die Auswanderung von st, da der Boden in der ganzen Welt mehr oder minder ver- vorden ist, die Auswanderung von Technikern, von Qualitäts- rn, von Gelehrten, die ihre Gelehrsamkeit in irgendeiner Form 4 verwerten können, wie z. B. die Chemiker; kurz es ist die nderung derjenigen, die wir für den Wiederaufbau unseres 1ndes in allererster Linie notwendig haben. Es ist deshalb ) erforderlich, daß das Reich die Srage der Auswanderung gsamsten Bearbeitung unterwirft, einex Prüfung, nicht etwa Richtung einer Förderung der Auswanderung schlechiweg, vielfah auch einer Bearbeitung dahin, daß versuht werden je Auswanderung solcher qualifizierten Kräfte zu verhindern nigstens auf ein Notmaß zurü@zuführen, (Sehr richtig! bei ytshen Demokraten.) ¿wegen, meine Damen und Herren, brauchen wir ein panderungsamt, wie es während des Krieges geschaffen ist, unter den ganz veränderten Verhältnissen für ganz Aufgaben auch jeyt noch, und es ist ja interessant, daß igene Auffassung, die während dex Beratungen im Aus= oh in keiner Weise feststand ih habe im Aus\s{huß aus= ) erklärt, daß ih für dieses Amt mih noch nicht voll ver- llih fühle, da es vor meiner Zeit geschaffen worden sei —, h bestärkt worden ist durch die Meinungsäußerung eines Kreises von Sachverständigen und Fnteressenten, die ih Zwischenzeit vorgenommen habe und bei der ih in der sten Weise vorgegangen bin. Es3 wird dabei besonders den Abgeordneten Dr. Braun interessieren, daß. namentlih der 11 des Deutschen Gewerkshaftsbundes mit der allergrößten und Schärfe und sogar mit einer lebhaften Kritik gegen éshuß des Reichstags den Standpunkt eingenommen hat; einen Abbau des Reichswanderungs8amts unter keinen den herangegangen werden dürfe. (Zurufe des Abgeord- r, Braun [Franken].) Geiriß, Herr Dr. Braun, ih mute. leine Unterwerfung unter den Willen des Gewerkschafts- zu, aber ich darf diese Tatsache Jhnen doch zur Erwägung ‘iten, weil wir doch gewiß alle auf dem Standpunkt daß die Stimme des Vertreters des Gewerkschaftsbundes, lionen von Arbeitern und Angestellten repräsentiert, dex 1 Veachtung wert ist. (Abg. Dr. Braun [Franken]: Das e persönliche Auffassung des Vertreters.) Der Gewerk» nd war eingeladen, er hat im Namen des Gewerkschaft3« die Erklärung abgegeben, Herr Dr. Braun, und nicht sônlihe Auffassung vertreten. Aus diesem Grunde bin genötigt, meine ursprüngliche Meinung, als ob auch auf Gebiete Abstrihe leiht möglih wären, einer gewissen t zu unterziehen und es“ für notwendig zu erklären, daß ‘nander noch einmal diese Frage einer eingehenden Prü- terziehen. Es handelt sih dabei niht ‘nur um. den Ge- ftsbund, es handelt sich- dabei um die Vertreter allex è an Fragen der Auswanderung, des Gewerkschasts- der Sozialpolitik interessierten Kreise. Jch erinnere zum nur an den evangelischen Hauptverein, an den Raffael- uin die christlihen Gewerkschaften, an alle die Ver- gen und Sachverständigen, die Siedlungsfragen ‘und Fragen landsdeutshtums als Gegenstand ihrer Tätigkeit ansehen. it im ganzen gegen das Reichswanderungsarzt und seine t in dieser Beratung überrashend wenig vorgebracht Es ist auch hervorgehoben worden, daß der Abbau der fen lediglih zur ‘Folge haben werde, daß an Stelle Vveigstellen private Organisationen treten müssen, die, Samen und Herren, wenn sie die Aufgaben diesér Zweig- ernehmen wollen, nach allen Erfahrungen keineswegs sind, auf die Dauer umsonst zu arbeiten, sondern die verden, daß das Reih ihre Tätigkeit unterstüyt. Bei jribaten Organisationen kommt dann immer wieder in ah sie ganz verschieden arbeiten je nah den Kreisen, ‘aus ! hervorgegangen sind, und je nah den Kreisen, für die len. Es ist ;. B, interessant, daß ih die Absicht hatte, D deutschen Uuslandsinstitut die Errichtung der Zweig- k its und daß si sofort aus Köln, aus Zentrums- E „tinptovinz ein Sturm des Protestes dagegen er- Mga das Verlangen gestellt worden ist, daß man nit is D G dort zu der Arbeit heranziehen solle, i e er eine eigene Zweigstelle in Köln schaffen oder E Bedürfnissen besonders gerecht werdende lle nftêstelle gründen solle. Also die Möglichkeit, die k ohne weiteres zu beseitigen, scheint mix nit gegeben V9 hoffe und glaube, daß wir uns bei einer nohmaligen a Gh: über diese Frage näher verständigen Vir daß sih der Reichstag entschließen möge, hier Mus Ds Beschluß zu fassen, sondern eine nohmalige derr Cs vorzunehmen. L sh Mens Dr. Braun und der Herr Abg. v. Delbrü as F mit den Polizeifragen meines Ministeriums wer in muß ih sagen: Es kommt sehr häufig die èêm Reihstag heraus und Herx v. Delbrü

jusshusses,

Damen und herren is tute fe atn Hnnie. Aber, meine amts ; te, einmal flarzumachen, in welhem 9 von allen Parteien des Reichstags fast täglich kleine Anfragen gerade auf polizeilichem Gebiete an mich i pnfragen gerade auf z Gebie geriÓtet en. Keine Tätigkeit des Reichsministeciums des JFnnern erfreut sih einer so lebendigen Anteilnahme des Reichstags als gerade die polizeilihe, und zu meinem lebhaften Bedauern liegen zurzeit die Verhältnisse so, daß die Möglichkeit einer polizeilihen Betätigung seitens des Reich3ministeriums des Innern fast durchweg fehlt. Sie sehen, daß jede kleine Anfrage auf diesem Gebiete von mir dahin beantwortet wird, daß E betreffende Landesregierung die und die Auskunft q b j bas die M l gegeben habe, und 8 eihsregierung mangels eigener Organe nit in der Lage sei, diese Auskunft nachzuprüfen. Wir haben keine Polizei von Reihs wegen, und ih glaube, daß wir auch nah iches Richtung in kurzer Zeit spüren iverden, wie groß die Gefahr ist daß unsere Reihseinhe1t und die Ordnung im Reich auseinander- fällt, wenn dem Neich nicht ein gewisses Maß von Mitwirkun in polizeilichen Angelegenheiten eingeräumt wird. Jch toerde ja in leßter Zeit in nicht unerheblichem Umfang Sevontinendin gemacht für alle möglichen Dinge, die auf polizeilihem Gebiete geshehen. Fch werde verantwortlih gemacht von der Linken und von der Rehten. Jch kann in diesem Zusammenhange nur noch einma! fesistellen, daß ich, solange niht irgendwo im Reiche ein Ausnahmezustand besteht, überhaupt keine Möglichkeit habe polizeiliche Anordnungen zu treffen oder die Anschauungen des Reiches auf dem Gebiete der öffentlichen Sicherheit dibilsaufziiai, Es ift grundfalsch, wenn ich sum Beispiel verantwortlich 98: macht werde für das Tempo und die Art, mit der die Orgesch behandelt wird, oder für die Art, mit der der Kommunismus in Deutschland bekämpft wird. Ich kann nur sagen, daß ich irgendwelche Zuständigbeiten überhaupt nit habe, daß i nicht einmal die Möglichkeit polizeilicher Ermittelungen auf diesem Gebiete habe. Was auf diesem Gebiete früher von Reichs wegen geschehen ist, in der ersten Zeit nah der Revolution, ift inner- halb des Reichswehrministeriums geschehen auf Grund der besonderen und vielfach bekämpften Organisationen, die das Reich8wehrministerium sih zugelegt hatte. Diese Organisationen sind fast durhweg beseitigt, und es fehlt heute im Reich irgend- éine Möglichkeit der Einwirkung auf diesem Gebiete. Jch muß also im Gegensaße zu Herrn Delbrück sagen, daß wir nicht zuz viel polizeiliche Befugnisse im Reiche haben, sondern zu wenig. y Wir werden nicht nur auf politischem Gebiete, fondern auch im Kampfe gegen das internationale Verbrechectum in Deutsch» [and überhaupt nicht mehr durhkommen, wenn man uns nicht in die Lage seßt, duxch eine Reichskriminalpolizeibehörde inter- nationale Verbrecher unter Kontrolle zu nehmen und von Reichs ivegen zu verfolgen. Da ist die Gntwicklung über die Landeshoheit eben weit hinau8gegangen. Der moderne Verbrecher bekümmert sich auch nicht mehr um die Lande3grenzen, sondern \sudcht dort seinen Gewinn zu erzielen, wo es ihm vorteilhaft erscheint, (Heitere Zustimmung.) Und bei allem Bestreben, den Födera- lismus im Reiche aufvechiguerhalten, werden wir in unserer Bekämpfung des Veêrbrechertums unter den Schlitben geraten, wenn wiLüns nicht vön Reirhs ‘wegen um diese Angelegenheiten füminern. j j j Was nun meine Sünden auf diesem Gebiete angeht, freue ih mi, dœß der Herr Abg. Bvaun, wenn auch noch etwas ¿ögernd, meine Nede in Bremen niht als etwas Unerlaubtes hingestellt hat. Jch habe ja dieselbe Auffassung im Aus- huß zu meiner Freude von Herrn Abg. Bauer entgegeit- nehmen können. Wenn Sie im parlamentarischen Regime nicht zulassen wollen, daß die Reichsminister dort öffentli Stellung nehmen, wo sie glauben, daß ein wertvolles und wichtiges Interesse des Reiches gefährdet sei, dann sabotieren Sie das parlamentarisdhe System. Dieses Recht wird jedem Minister auch in Zukunft eingeräumt werden müssen. Die Frage, ob von meinem Ministerium aus überhaupt keinerlei Mitwirkung der Gewerkschaften bei der Einstellung von Beamten geduldet werde, muß ih mit aller Entschiedenheit ver- neinen. Es ist ganz unausbleiblich, daß, wenn Beschwerden an die Rejch3regierung von exnsthafter Seite ergehen, diesen Beshwerden nahgegangen wird, und daß in solhen Fällen Anfragen an die Landesregierung gerihtet werden. Fn diesem Falle ging die Bez schwerde darauf, daß aus\{chließliG vor der Zustimmung der Ge- werkschaften die Einstellung in die Sicherheitspolizei abhängig ge- macht würde. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß, wenn eine solhe Beschwerde ergeht, eine Anfrage an die beteiligten Minister gerichtet werden muß, und der zuständige Minister hat sich mir zu einex persönlichen’ Besprehung in dieser Frage in den nächsten Tagen angeboten. Fch bin überzeugt, daß auch ohne diese Er- örterung hier im Reichstag die Frage zu gegenseitiger Befriedi gung würde gelöst werden können. Ebenso, meine Damen und Herren, muß ich den Vorwurf zu- rückweisen, als wenn in meinem Ministerium beim Reichs=- wassershuß in der Frage des Kapp-Putsches und der Verfolgung der Unreh{tmäßigkeiten, die während des Kapp-Putsches begangen worden si1.d, irgendwie eine zögernde Haltung obgewaltet hätte. Der Fall, den der Herr Abg. Braun mir mitgeteilt hat, ist mir bisher niht bekannt gewesen. Jh werde feststellen lassen, ob er in meinem Ministerium cingegangen ist, was der zuständige Dezer- nent beute bereits bestreitet. Jch kann aber dem Herrn Abgeordneten Braun erklären, daß anläßlih des Kapp-Putsches eine ganze Reihe von Disziplinierungen und Dienstentlassungen auf Grund einer sorgfältigen und objektiven Untersuhung beim Reichswasserschuß stattgefunden hat. Fch glaube, daß meine Haltung bei dem Kapp- Putsch mih vor dem Vorwurf {üßzen sollte, als wenn ich beab- sihtigte, eiwa mit verschiedenem Maße nach rechts und links zu messetri. Meine Damen und Herren! Meine Aufgabe in dieser shweren und gefährlichen Zeit kann es nur sein, sowohl nach rechts wie na links, überall da, wo einzelne Wirrköpfe oder auch eine größere Zahl von solchen eine gewaltsame Umstürzung unserer Verfassung si zum Ziele sehen, gleihmäßig mit Entschiedenheit die Verfassung aufrechtzuerhalten. Jch bin niht der Meinung, daß eine Verfassung, die im Willen der großen Mehrheit unseres Volkes gegründet ist, überhaupt noch von der einen oder anderen Seite mit Gewalt um- gestürzt werden kann. J bin aber der Meinung, daß unser Wirt- faftsleben auch Versuche auf diesem Gebiete heute niht mehr

in der Lage bin, auch in Zukunft darin sehen, solchen Gemwalttätig- keiten, unbefümmert, woher sie kommen, entgegenzutreten.

Schließlich hat der Herr Abgeordnete v. Delbrü dann noch die Frage der beseßten Gebiete und der Behandlung der Beamten im beseßten Gebiet angeschnitten. Meine Damen und Herren! Auch da darf ih eine Einigkeit dieses Hauses feststellen, indem ih fkonsta- tiere, mit welch berechtigter Entrüstung das Haus davon Kenntnis nimmt, daß die Uebergriffe der interalliierten Kommission gegenüber pflihtgetreuen Beamten der Reichsregierung und der Länder in der leßten Zeit nicht im Abnehmen, sondern in rashem Wachsen be- griffen sind. (Allseitige lebhafte Rufe: Hört, hört!) Es ist zum Beispiel völlig unerträglich, die Neichsvermögensverwaltung im be- seßten Gebiet in der Form zu führen, daß die Beamten der Neichs- vermögensverwaltung nicht mehr das Necht haben sollen, übertriebenen Forderungen der Besabungsbehörde sich zu widerseßen. (Hört, hört! und Sehr wahr!) Wenn das der Fall wäre, so würde die Meögs- lichkeit für diese Beamten, auf die Rete der Neichsvermögens- verwaltung hinzuwirken und sie zu s{chüßen, überhaupt nicht mehr gegeben sein. Wir müssen also hier, wie bei den übrigen Ueber- griffen, die sich gegenüber den pflihtgetreuen Beamten im beseßten Gebiete die Entente hat zuschulden kommen lassen, niht aufhören, dagegen zu protestieren, und wir haben immer wieder zu betonen, daß das Rheinlandabkommen, das lediglih die Sicherheit und den Unterhalt der alliierten Truppen zu gewährleisten bestimmt ist, nit die geringste Handhabe dazu bietet, in die Verwaltung des Reiches und der Länder fortwährend mit rauher Hand in einer Form ein- ¿ugreifen, die darauf berechnet is, unsere Beamten einzuschüchhtern. (Lebhafte Zustimmung.) Meine Damen und Herren! Jch bin troßÿz- dem überzeugt, daß unsere pflichttreue Beamtenschaft sich in ihrem Benehmen und in ihrer Haltung dadur nicht beeinflussen läßt, und ih schließe, indem ih der gesamten Beamtenschaft des beseßten Gebiets unseren Dank für die \{chwere, aber wertvolle Arbeit zum Ausdruck bringe, die sie in diesen, neuerdings noch mehr ershwerten Verhältnissen im Interesse unseres Vaterlandes geleistet hat, was ¡ihr unvergessen bleiben soll, (Lebhafter Beifall!)

89. Sißung vom 10. Mörz 1921, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).)

Die allgemeine Aussprache über den Haushalt des Reich8ministeriums des Fnnern wird fortgeseßt. ._ Abg. Dr. Schreiber (Zentr.): Der Etat des Innern bietet einen Vlick in die Herzkammer des deutschen Volkes, er is ein Gradmesser der deutschen Volkswohlfahrt, der Volksbildung und Volkspflege, der Sittli@keit und der Volksgesundheit. Die Au3- gaben für die Bekämpfung der Tuberkulose und der Säuglings- sterblichkeit sind ein ershütternder Hinweis auf die Schwächung unserer Volksfvraft. Der Etat des Innern is weiter ein Wert= messer für die geistige Kulturhöhe des Volkes und auch für den Verfassung3willen unseres Volles. Das Jugendtvohlfahrtsgeseß ist L a wir begrüßen es im Jnteresse der Jugend, die der sittliGen Gefährdung unterliegt, wie nie zuvor. Eine riesen- hafte Welle des Materialismus3 geht durch das ganze Volk. Er E sih aus in Schiebertum, Wuchertum, Luxus und Ent- ittlihung. Dieser Materialismus gefährdet nicht nur die Jugend und die Familie, sondern auch den Staatszweck. Wir wissen woyl, daß ein Gesey als solches mit seinen Paragraphen noch kein Besserung. schaffen kann, aber wir legen Wert darauf, daß der Wille des Gesetgebers/ und der Geist des Geseßes mit ernstem Nachdruck gegen den materialistishen Geist sih einstelle, und daß es Gesebe von einer starken moralis{chen Unterstüßung des olfes getragen sind. Der Staat muß Fühlung nehmen mit den religiösen und kulturellen Organisationen. Jn diesem Sinne bez érlifèn wir das Jugendwohlfahrtspflege-Vesey und andere Matk- nahmen, die vorbercitet werden, auch das kommende Geseß gegen die Shmubß- und Schundkiteratur. Wir müssen bedauern, daß ein ernstes Berliner Blatt sich am 15. Februar als Wächter gegen die Anschläge einer dunklen Gesebgebung auf dem Gebiete der Kunst aufspielt, und von einer neuen Lex Heinze vedet. Das sind Uebertveibungen. Glaubt man etwa im Ernst, daß dieses Mini= sterium des Jnnern, in dessen Etat die Forderungen für die Wissenschaft so erheblich erhöht worden find und das einen Reichskunstwart angestellt hut, etwas gegen tiz Kunst unbernehmen werde? Es handelt sih um leere Schlagworte. Heute sollten wix alle zusammenstehen, um unser Volk auf sittlicher Höhe zu halten. Die Einmütigkeit bei Verabschiedung de2 Lichtspielgeseßes war erfreulich, und das kommende Geseß zur Bekämpfung der Schund- und Schmußliteratur is nur eine Konsequeng des Lichtsviel= geseßes, Die Voraussagen. daß dieses Geseß den Ruin der Lichts pielindustrie bedeuten ‘vürde, sind nicht eingetroffen. Unsers ilmindustrie kann den Kampf mit vem Ausland sehr wohl auf= nehmen. Immerhin muß der Film noch auf ein höheres kultur- förderndes Niveau gebraht werden, der Kultur- und Le“riilm muß alle anderen überwinden. Den Entwurf des NReich3\{chul- geseßes werden wir mit Ruhe und Sachlichkeit,. aber auch mit allem Nachdruck daraufhin prüfen, ob er dem Sinn und dem Geist der Verfassung von Weimar gerecht wird. An den Vereins barungen von Weimar darf nicht gerüttelt werden, weder im Freistaat Sachsen noch anderswo. Angesichts der Pariser For- derungen und der {weren Wiedergutmachnngslesten bravHt unser deutsches Volk im Jnnern RuHe und Sammlung und die Zusammenfassung aller seiner Energie und Lebenskräfte. Wa3 wir aber jeßt nicht gagebvauchien können, ift der innere Kampf, die gegenseitige Zerfleishung, wenn eine Weltanshmuung gegen * die andere, eine Fulturpolitisße Auffassung aegen die andere steht. Wir haben in dieser Beziehung in Elsaß Lothringen und Oberschlesien s{chmeraliches Lehbraeld bezaßlt. Die Schulpolitik eines außenpolitisch gefährdeten Volkes verlangt das größte Maß von Bedachtsamkleit und Toleranz. Wenn in einzelnen Gliedstaaten das Verständnis hierfür nur gering sein sollte, so hat das Reich von sich aus ausgleichend zu. wirken, mit jener Energie, mit jenem Ernst und Verantwortungsgefühl, die sich daraus ergeben, daß die Fnnenpolitik nie und nimmer die außenpolitishen Zusammenhänge übersehen darf. Die Bestimmung der Verfassung, wonach der Wille der Erziehungsberechtigten zu berüdsihtigen ist, ruft die Familie zur Anteilnahme an der Schul= gestaltung und am Schulbetriebe und damit zur Anteilnahme am offentlihen Leben überhaupt auf. Das ist ein großer Gewinn, denn dadurch wird das staat3bürgerliche Selbstbewußtsein aewedckt. Die Privatshulen haben ein großes Stück Erziehungs- und Kultur- arbeit geleistet, und besonders auf dem Gebtete der MädHonerzie=- hung wird den Privatschulen ein ehrender Plaß gesichert bleiben. Die Privatshulen befinden sich zurzeit in finanzieller Bedrängnis. Es wäre bedauerlih, wenn das blühende S a infolge der finanziellen Krisis eine Verkümmerung erfahren würde. No bedauerliher wäre es, wenn die Privatshulen in den beseßten Gebieten ihre erfolgreiche Tätigkeit nicht weiter würden au2üben können. Gerade diese Schulen haben Tausende von Zöglingen aus dem inneren Deutschland erzogen, gerade diese Schulen haben Taufende von kulturellen Fäden nach Jnnerdeutshland gesponnen. Daher wäre auf das tiefste zu beklagen, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit der rheinishen Privatschulen E geschwächt würde, daß sie nicht in demselben Umfange wie früher Kögnlinge aus Jnnerdeuts{land aK#fnehmen könnten. Ein solcher NKütgang wäre geradezu als ein politishes Defizit zu buhen. Die katho- lischen Schulen in den beseßten Gebieten haben hervoxragende

erträgt, und ih werde deshalb die Aufgabe meines Ministeriums,

" Vieder Ausdrueck gegeben —, als wenn das Reich

foweit ih bei der beshränkten Zuständigkeit des Reiches dazu heute

“*) Mit Ausnabme der Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben werden.