1921 / 66 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 Mar 1921 18:00:01 GMT) scan diff

Neichsverkehrsministeriums für das Rechnung3sahr 1921 bewilligt.

Dann folgt die Beratung des Haushaltsplans für das NReihspostministerium und die Reich3sdruckerei für die Rechnungsjahre 1920 und 1921. i

Bei dieser entspinnt sih eine längere Aus\prache über die Entlassung uneheliher Mütter unter den Be- amtinnen der Neichspostverwaltung, an der sich die Abgeordneten Frau Zieß (U. Soz.), Frau Neuhaus (Zentr. ), Frou Schröder (Soz.), D. Mumm (D, Nat.), Malgahn Komm.), Barß (U. Soz.) sowie der Reichspostminister Giesberts beteiligen.

Der Reich3postminister Giesberts, der zweimal das Wart ergreift, führt in seiner ersten Rede aus :

Meine Herren und Damen! J bin recht unvorbereitet, weil ih geglaubt hatte, es bestände ein Uebereinkommen der Parteien, daß niŸt geredet werden soll. Aber ih will versuchen, so gut ich es Tann, dem Herrn Vorredner aus dem Handgelenk zu antworten, Was die bayerishen und württembergischen Sonderetats anlangt, fo werden die im nähsten Jahre verschwinden. Jn diesem Fahre mußten sie noch hineingebracht werden, weil die übernommenen Bestimmungen auf Grund der Staatsverträge noch niht: in vollem Umfange erledigt sind. Also im nächsten Jahre werden wir cinen einheitlihen Reich3postetat bekommen.

Fch; freue mi, daß der Herr Vorredner das Defizit bei der

Neichsrostverwoltung gewürdigt hat, Es ist tatsächlich ein unge- sunder L1stand, daß cine Verwoltung, ‘die früher dem Reiche 6) und 80 Millionen Mark Uebershuß brachte, heute mit 4 Milliarden Defizit dasteht. Aber, meine Herten, wix - haben uns \{chon bei sräherer Gelegenheit über die Ursachen dieser Dinge geäußert. Wir hoffen, durch die Gebührenvorlage wenigstens die Hälfte dicses Defizits 2bzubürden ‘und die Abstoßung der übrigen Hälfte durch Gesundung unserer inneren wirtshaftlißhen Ver= hältnisse und gwoecktmäßige Einteilung des Betriebes allmählich zu erveuhen. __ QDG glaube, mit dein Etn Vorredner einig darüber zu sein, daß unsere Veoügrenordnuns, die außerordentlich maßvoll gehalten ist die VerkehrsverhZktnisse schr berüclsichtigt. Wir werden ‘darüber noch reden, wenn die Gebührenvorkage noch selbst beraten wird. ZFch bin der“ Ansicht, daß man das Desizit durch eine einmalige Erhöhung der Gebühren nit abdecken kann, ohne den Verkehr gewaltsam zu erdrosseln. Das wollen wix aber doch nit tun. Wix leben immer noch in einem Uebergangsstadium, noch in keinen abgeklärten, ruhigen wirtshafstlihen Verhältnissen, in denen man Wechsel auf lange Sicht machen kbönnte.

Was das Leistungs3maß anlangt, so ist bei der Postverwaltung das Bestreben, den Achtstundentag 'niht zu durchbrehen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Aber darin bin ich allerdings bisher sehr energish getiresen, die 48-Stunden-Woche durhzuhaälten. Fh bin au einig mit den Vertretecn der Beamtenverbände und der acwerkschaftlihen Organisationen darin: wenn wir den Acht- stundentag reiten wollen, müssen wix innerhalb des AGtstunden- iges auch das fun, was wir leisten können. (Sehr ribtig! bei den: Sozialdemoktaten.) - Soüst geht die Wirtschaft ‘zugrütide. 22 756

7 Bezüglich der etwas sonderbaren Bemerkung, däß-mittlere und. höhere Beamte sih nicht an die Dienstpläne Halten, -möhte ih ein3 sagen. Soiceit ich Erfahrung im Reichspostgebiet habe, vor allem beîm Ministerium selbst, leisten gerade die höheren - Beamten weit mehr als die 48 stündige Arbeitswoche, Das kommt zwangs3- läufig dur das außerordentlihe Maß von. Arbeit, das durch die Verhältnisse eingetreten ist. Jch darf wohl sagen: ih habe eine ganze Reihe pslichteifriger, treuer, tüchtiger höherer Beamtzn, die hier im Hause hohe Achtung genossen, zu Grabe tragen sehen, von denen ich überzeugt bin, daß-sie durh- den Hunger des Krieges und durch die unmäßige Arbeit, die ihnen während des Kricges auferlegt war, cigentlich den Tod gefunden haben. Meine Herren und Damen, ih möchte niht den Verdacht aufkommen lassen, als ob in bezug auf Pflichttreue und Arbeit3eifer die Höheren Beamten hinter anderen Gruppen zurüdckstehen. Die meisten der Herren, wenn sie auch nicht aht Stunden auf dem Büro sißen, nehmen ihre Arbeit mit nach Hause. Eine ganze Reihe Herren müssen sich aus deur Umt retten, weil sie dort nit zur vernünstigen Arbeit kommen bei den Besuchen und sonstigen Dingen. Es hat au gar keinen Sinn, die höhere Beamtenschast- nah der Richtung hin gewisser- maßen zu verdächtigen. Wir kennen keinen Unterschied zwischen oberen und unteren, alle sind ‘verpflichtet, 48 Stunden in der Woche nach Möglichkeit durchzuhalten.

Wos dann die Entlossungsfrage anlangt, so möchte ih wieder- Folen, was ich früher schon. einmal gesagt habe, daß. wohl kaum éine Verwalturig diese s{chwierige Frage so human durchzuführên versucht hat wie die Reichspostverwaltung. ;

Was der Herr Vorredner wünscht, daß wir möglichst ium Ein- vernehmen mit den Organisationen handeéln, ist schon bisher ge- schehen. Nun kann ih es selbstverständlih keinem Gewerkshaft3- vertreter zumuten, daß er offiziell Enilassungen, die notwendig sind, zustimmt. Das ist aus bestimmten Gründen für einen Ge- werkshaft3führer niht tragbar. Abér die leßte Verfügung, die wir herausgegeben haben, ist sowohl mit den Organisationsvertretern wie auch mit den Betriebsräten durchgesprohen worden, und die Herren Haben erkannt, daß wir nit. dauernd dieses große Pêr- sonal mitschleppen können. Wir haben aber in diesem Jahre wie auch im vorigen Fahre das Unglüc, daß in dem Moment, wo wir die Ver- fügung herau8gaben, ein Rückschlag auf dem Wirtschaft3markte er- folgte, die Arbeits8losigkeit gesteigert wurde und dadurch die Durch- führung dieser notwendigen Maßnahme ershwert wurde. Deshalb habe ih die Anweisung gegeben, auch ‘diese Verfügung möglichst s{onend durhzuführen und Entlassungen' nah Möglichkeit zu ver- hindern.

Aber wenn wir auf der einen Seite einen leistungsfähigen ‘Be trieb haben wollen, dann muß ih bvoh sagen, daß die Beibehaltung* überflüssiger Kräfte auf die Dauer vorübergehend für drei Vionate oder ein halbes Fahr läßt sih das noch ertragen —, Fahre hindur, im allgemeinen zu einer Herabminderung des Leistung3- maße3 führt, die wirtschaftlih nicht tragbar ist. Das müssen wir verhindekn Es soll auch in Zukunst möglichst s{onend vor- gegangen werden.

Mit den Scheckämtern liegt die Sache sehr cigentümlih. Als wir die Demobilmachung vor uns hatten, wurde die Reichspost- und Telegraphenverwaltung gezwungen, Massenentlassungen von weiblihen Arbeitskräften vorzunehmen, die uns -im Kriege treue

Beiriebz- denn eingeätbelteis Kröfté mußten ckchgeslhobeit werden, und nicht eingearbeitete Kräfte mußten wir“ annehmen. Das wax der Zwang der Verhältnisse.

Nun aber müssen wir doh die Betriebsarten, die si für die weibliche Beschäftigung besonders eignen, auh- möglihst für die Frauen reservieren. (Abg, Giebel: Jn normalen Zeiten!) Ja, Herr Kollege - Giebel, ih Yomme -gléih darauf. Deshalb haben wir mit dét Verband der Beanitinnèn bei BespreGung dér Pet» sonalien un3 dahin geeinigt, daß nicht etwa die hematische Gleich-

Da müßten wir ja auch jedes Jahr bei den Anwärtern die Hälfte weiblicher und die Hälfte männlicher Anwärter einstellen. Damit ständen sich die Frauen bedeutend besser, aber für die männlichen Anwärter wäre es unerträglih. Jch habe den Frauen in ihrem Jnteresse geraten, sich diejenigen Zweige, die sich besonders für sie eignen, besonders reservieren zu lassen, und dazu“ gehört zweifello3 der Dienst am Scheckamt. Wenn ih den Grundsay ausstelle, soll er nit rücksihislos durchgeführt werden. - Wir verhandeln —+ das möchte- ih dem Vorredner -sagen —-noch heute fortgesegt mit den Organisationen, um einen Weg zu finden, der möglichst Härten

flüssigen Kräfte einführt und nit cine plözliche Entlassung.

bestehen; denn wenn in Orten wie-Dresden, Essen und Dortmund ein neues Postsheckamt eingerihtet wird, sieht man sich veranlaßt, nah diesen Grundsäßen weibliche Arbeitskräfte einzustellen, weil diese Arbeit dem weiblihen Geshleht außerordentli“ liegt, vie alle diejenigen bestätigen werden, die einmal in einem Postsheck- amt tâtig waren. ‘Dann kommt es vor, daß weiblihe Arbeits- kräfte. gesuht werden müssen, während an männlichen Arbeits-

steht, Ein richtig kausmännisch und bankmänuniscz “durchgebildeter Angestelltex wird niemals sein Leben lang im Schedamt die meha- nische Arbeit machen. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) Fch bin überzeugt, das will ex auch gar nicht. Es kommt dann aber die Schwierigkeit, die Leute nahhex zu entlassen, Herr Kollege Giebel. Wir sehen dann, daß die Leute, obwohl wir es ihnen hundertmal gesagt haben, nit daran denken, wegzugehen, sondern sogax die Forderung stellen, mittlere Beamte zu werden. Und an dem Grundsay muß ich doch festhalten: wer die Beamtenlaufbahn beshreitet, muß die allgemeinen Vorschristen beobachten und den Eingang so nehmen wie die übrige Beamtenschast auch, (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Darin liegt die Schwierigkeit der Dinge. Sobald sih unsex Wirtschastsmarït bessert, kommen wir, davon bin ih überzèugt, über diese Schwierigkeit hinweg, Jm übrigen ih habe mit Hexrn Kollegen Giebel bereits dieser Lage perjónlih darüber gesprohen werden wir mit den Organis sationen den Weg suchen, der die hier angesührten Härten mög- lichst permeidet.

Nun die. Frage der Beschästigung der unehelihen Mütter. Ja, warum scneidet man dgs zufällig gerade bei der Post an? (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Bitte schr, Herr Kollege Steinkopf,. ih darf wohl darauf verweisen, nmelche Aniwort das

Lewald folgendermaßen beantwortet: :

Ob die Entlassung unehelicher Müttéxc aus dem“ Dicnst gerechtfertigt ist, hängt, abgesehen von- der- Frage, ob dic unehe» lihe Mutter ihren dienstlihen Verpslichtungen im vollen Um- fange nahkommen könnte, besonders von der Beantwortung

der Frage ab, ob die Betreffenden dié Verpflichtung, sich durch

ihr Verhalten dex Achtung, die ihr Beruf erfordert, würdig

au geigen, verxleyt Haben. Diese Frage allgemein zu verneinen,

ist schou mit Rücksicht darauf nicht möglich, daß große Beamten-

verbände, wie der Verband der Reichspost+- und Telegxrapheri=-

beamtinnen, der - Eisenbahnbeamtinnen und - der Volksschul-

lehrerinnen- den entgegengeseßten Standpunkt certreten. | Meine Damen und Herren! Wenn ‘allgemein “die Reihsregierung zu der Auffassung kónimt, daß das Beamtengesez in diesex Rich- tung geändert werden muß, werde ih mih dem al3“Reichspost- minister fügen. Wenn allgemein die Reichsregierung zu der Auffassung lommt, daß das Beamtengeseß in diesex Richtung hin geändert werden muß, werde ih mich dem als Reihspostminister fügen. Gegenwärtig aber habe ih mit dem Zustand zu rechnen, daß der Verband dexr Post- und Telegraphengehilfinaen geschlossen auf dem Standpunkte. steht. (Unruhe bei den Sozialdemokraten und den Unabhängigen Sozialdemolraten.) “Nun sagen Sié, das seien reaftionáâre Frauen was übrigens “nicht zutrifft. Ja, meine Herren, ‘was ‘kann ih als Minister añderes tin, ‘als die guständige Berufsorganisation hier als Autorität aufmarschieren zu lassen? (Sehr richtig! rechts. Zurufe von den Sozialdemo- kraten. Abg. Giebel: Sie ‘tun doch sonst niht das, was ‘die Berufsorgauisationen . wünschen!) Ja, Herr Kollege Giebel, his jeßt ist mir der maßgebendste, größte und gesGhlossenste Vex=- band, dex seit Jahren bestcht, der Verband der Post- und Tele- graphengehiltinnen, in dem nah meiner Kenntnis alle Partei- richtungen vertreten sind. Jch kann do nicht gegen diesen Ver- band etwas beschließen. Das wäre -nicht bloß undemokratish (oho! bei den Sozialdemokraten), das würde sogar zu ungesunden Zuständen führen. (Abgeordneter Giebel: Wir werden Sie bei einer andexen Gelegenheit beim Worte nehmen!) “e Fh verstehe die Zwischenrufe nicht,“ die mir. hier gemaht werden, aber wenn eine große Berufsorganisation, die bisher al3 einzige Vertreterin dieser Gruppen aufgetreten ist, sih dagegen sträubt?! Und, meine Herren, die Grlinde“ sind wirklih niht von dex Hand zu weisen. (Aha! links.) Ja, selbstverständlich, Frau Zieh! Warum wollen Sie denn die Posigehilfinnen anders behandeln al3 die Eisen-- bahngehilfinnen, ‘die Lehrerinnen, die Hebammen? (Widerspruch

link3.) Dann. müssen Sie die. Sache nit, beim Posietat an--

shneiden. - Das ist eine allgemeine Frage, die allgemein: zu regeln: ist. Vorläufig haben wir im Postministerium die Praxis geübt, besonders ‘in den Fällen, die im Kriege passiert sind; init ‘größter- Nachsiht vorzugehen. Ez ist nicht richtig, “bäß 1edè uneheliche Mutter befi uns entlassen worden ist. (Zuruf rou den Sogialdemo- kratèn: Der Fall Dresden ist cin Kriegsfall!) Wern mix der! Fall vorher mitgeteilt worden wäre, Hätte ih Erkundigungen cin“ gezogen und könnte Fhuen darauf antiporten. (Abgeordneter Giebel: Er hat Jhnen s{riftlich vorgelegen, und das Postminisie- rium hat: ablehnenden Bescheid gegeben,) —- Herx Köllege Giebel,

und gute Dienste geleistet hatten, Vas war sehr bitter sür den

wenn das Postministerium einen ablehnenden Bescheid gegeben hat

berechtigung der Frau auf Grund der Verfassung durchgeführt ‘wixd; |? Metschen, die anderer Auffassung sind. (Lebhafter Widersprug

vermeidet und der wenigstens ein allmählihes Absterben der ühers

Es- scheint mir- aber auch,-daß-hier-und-da-falshe Auffassurgen

kräften Ueberfluß ist. So ist dex Zustand, dex, gegenwärtig bes.

Reichsmiaisterium, des Jnnern,- das für diese ’allgêmetüen Bes: amtensragen doch zustäñdig ist, auf eine kleine Anfrage seiner--- seits. exteilt: hat, - Diese feine Anfrage: hat -der--Staatsselretär -

und Sie die Absicht habert, das hier zur Sprache zu Bringen, y wäre es das richtige, Sie teilten mir das vorher mit, dan b ih, die Ukten da und kann Zhnen an Hand der Akten antworten Aber aus dem-Sitegreif känn mán auf einen solchen Fall y eingehen. “(Sehr “richtig? rets.) Fch erinnere mich woh die Betreffende al3 Helferin eingestellt war untd verswiegen he daß sie unehelihe Mutter war. (Zurüfe ‘von den Sozialdems,

fräten “und“den“ Uttabhänzigen“ Soziäldetbkrätén: M das sagen? Unerhört!) D Das ft Jhre Auffassung G

und Unruhe bei den Sozialdemokraten. denten.)

_JY muß den Herren schon anheimgeben, zu versuchen, die Sathe auf dem Boden des Beamtengeseßes zu ändern. Jh muß mir aber verbitten, däß mar die Post- und Telegraphengehilfinnen hier vorz nimmt und uns gzu ‘solchen Maßregeln zwingen will. “Wenn dez bei allen Beamten im Reiche géschieht, muß ih mich deu fügen

Was die Diebstähle bei der- Post anlangt, so haben wir in de leßten Zeit bei den leinen Diebstählen eine Minderung zu bey zeihnen. Allerdings mehren sich die Fälle, wo Raubüberfälle auf Post- und. auf, Geldtransporte versuht werden. Jh habe sogar bie Absicht gehabt und auch Schritte dahin unternommen, wenigsienz in den gefährliheu Gebieten, die. Postbeamten, die Wertsaheu mi Postwagen befördern, zu bewaffnen. Wir sind davon abgefommen, weil ‘wir glauben, daß unsere inneren Zustände bald wieder (0 gesund sein werden, daß solhe Raubüberfälle selten werden, Wenn sich -dás- allerdings nicht ändert, dann müssen wir zu Maßnahmen greifen, die die Postbeamten in die Lage verseßen, sich gegen sol Ucberfälle zu: wehren. L

Auf das Fernsprehwesen. will ih heute nicht näher eingehen Der Reichstag wird nah den Osterferien von uns eine Denshijt befonimen übér den Ausbau des Fernsprechwesens und gleichzeitig auch die neue Fernsprehgebührenvorlage. ‘Die beiden werden wohl dann zweckdmäßig zusammen behandelt und beraten werden, Eis werden daraus erkennen, daß wir den Mißständen und Unzulänge lichkeiten, die si eingéshlihen haben, mit allen Mitteln zu begegnen versuchen. Fch mache aber darauf aufmerksam, daß, wenn wir unser Fernsprehwesen in Ordnung bringen wollen, so daß es unseren Perkehsrsbedürfnissen, genügt, wir große, ih möchte sagen, Riesén- [ummen in dieses Géschäft hineinstecken müssen. Heute besteht kein Personalmangel, sondern die Einrichtungen genügen dem gestei- gerten Verkehr nicht mehr. Unsere Einrichtungen sind während dez Krieges nicht vervollkommnet worden, sie haben sehr gelitten und neue Verbindungen konnten nicht hergestellt werden. Der Fern: sprechverkehr dagegen ist gegénüber der Vorkriegszeit ganz geivaltig gesticgen. Wir haben die Absicht, den Fernsprechverkehr so voll: fommen auszubauen, wie es nux irgendmöglich ist. |

Auf die Autofrage will ih bei dex vorgerückten Zeit nicht ein- gehen; sie fann zwedmäßig auch später bei einem Nachtragseiat einmal behandelt werden. Fedenfalls sind wir bemüht, den Wün: schen des Publikums dur Neueinrichtung von Postautolinien naÿ Möglichkeit Rechnung zu tragen.

Jum Schluß hat der Hèrr Abg. Taubadel zwei Fragen gestellt

locke des Prèji

tresfen, beabsichtige. ih nit.

Was die Uebernahme ‘von: Posibeamteu in die Finanzverwal: tung anlangt, so ist diesé Frage heute dadurch erledigt, daß das Neichsfinanzministerium wohl. einen genügenden Beaumtenapparat hat. Es hat sich leider niht ermöglichen lassen, eine größere An- gahl mittlexer und höherer“ Beamten bei der Reichsfinanzverwal- j Untergubringen. Auf die Gründe will ih nicht näher eins

gehen.

i Dann hat der. Herr Abg. Taubadel. einen Fall vorgeiragen, wonach inden Postämtern bei den Drucktsachen Wahlagitation für die Deutsche Volkspartei getrieben wurde. Meine Herren, zufällig bin ih auch ‘einer dèrjenigen, der der sozialdemokratischen Agita- tion in dieser Beziehung zum Opfer gefallen ist. (Heiterkeit) Jh habe leider das Original nicht hier, bin aber bereit, es den. Herren zuzustellen. Da war in die Drucksachen, die von det Zentralstelle des Vereins sür Volk8wohlfahrt ausgehen, ein kleiner vicredckiger Zettel eingefügt worden, auf dem: die Beamten auf: gefordert wurden, sogialdemokratisch zu wählen, (Heiterkeit) Ulso, es wird hier-gesündigt und dort, ‘hüben und drüben; An sich bin ih aber mit dem Herrn Abg. Taubadel vollständig einiz, daß die Post’ zu -irgendwelchên“ politischen Wahlzweckden nicht benußt wer den darf. Jh werde den Fall untersuchen und dementsprehend ' Anweisung ergehen lässén. - :

¡q ‘Damit habe. ih die Fragen des Herrn Abg. Taubadel sozien- lich beántwortet. Jm übrigen werden wix ja-bei der Gebühren! vorlage Gelegénheit haben, den guten Willen zu zeigen, die Post auch wirtshaftlih auf die Höhe ‘zu bringen. Dann wird auc das eintreten, was Herr Taubadel wünscht, daß unsere Postverwaltung wieder mit der alten Pünktlihkeit und Sorgfalt arbeitet. (Vravo!, im Zentrum.) O9

Im weiteren Verlaufe der Aussprache zum zweiten Male das fer Ö

Wort ergreifend, führt der Neichspostminister Giesb er ts aus: Meine Damen und Herrèn! Wie. ih persönli zu der Fragt der unehelichen Muttexschaft stehe, kann niht Gegenstand der É örterung - beim Postministerium sein. (Zurufe links: Und wi stehen Sie zur Verfassung?) Wo ih Gelegenheit gehabt habe, üt Fällen, "bie mix“ unterbreitet wörden: sind, mildernd efnzuwirlet

Und Härten zu-‘verhîiñdeïn, habé“ ih“ das getan. Ji dem Falle,

den die Vorredierin- angéführt hat ih denke wenigstens, de der eine Fall“ gêweset “ist —, ist’ die Betréfferide nicht entlt worden, sondern sie wird nö&j “heute als Helferin weiterbeshüstig (Zurufe links: Als . Helferin! Degradiert!) Meine Damen u

Herren! Wenn aus ‘der bisherigen prafktishen Uebung heraus und

aus ‘der grundsäßlihen Stellungnahme - heraus“ von: der Reihs regierung’ eine’ Erklärung ergangen ist, dann bîn ih gar nit t der Lage, anders zu handeln. (Zuruf links: Sie haben sie [dox verteidigt!) Da. habe ih gar nichts zu verteidigen und. nih. verwerfen, Jch habe mit der Tatsache zu- rehnen, daß diele klärung der Reichsregierung ergangen ist, ‘und ‘auf Grund dis Erklärung habe ih zu. handeln. (Abg. Frau Zie: Und des soldungsgesch? Zuruf. von den Deutschen Demokraten: Vethett die männlichen Beamten, die uneheliche Kinder habet, au lasséri?) Fräuléin Lüders, ih will &hnen nur folgendes. [1% Beamte, die uneheliche Väter werden und. ihre Pflichten nit

füllen, werden vom Neichspostministerium mit aller Schärfe

begüglih bér Hipanigspensiouierung. Wir. haben uns bisher an die Vorschriften des: Beamtengesebes -gehalten und werden daz: auch in-Zulunft-tun. „Jn meinem diesjort besondeïe Maßregel zu

„anheit gur Einhaltung threr Verpflichtungen angehalten; / auh solche Fälle. schon zu behandeln gehabt.- (Zurufe ver diese Beamten shämen sich nit, ein Mädchen zu ver- "4 das eine Moral?) Das hat mit Moral absolut nichts Unter Umständen ist die: uncheliche Mutter ein moralische- venkind als diejenige, die das Glück hat, keine Kinder y g: Frau Ziet: Dann dürfen Sie ‘aber nicht so gc bitte Sie, do eins zu berüsihtigen. Wenn wir e herauskommen wollen, dann müssen Sie nach der qhin einen Beschluß der Reichsregierung für die gesamte (haft herbeiführen. (Zurufe links: Und das Beamktens- Bèsoldung3geseß!) Bitte sehr, Frau Zieh, auf das - ufen sich ja gerade die Beamtinnen, - nämlich ih, der von der. notwendigen Standesehre und ; handelt. (Abg. Frau. Zie: Und das Besoldung3geseß?) " Gie das Veamtengeseß dementsprechend, dann werde ih andeln. (Abg, Frau Zie: Das Besoldungsgesey, habe ih Zuruf von den Vereinigten Kommunisten: Da ant- a niht darauf!) Ja, meine Damen und Herren! Die- Peamtinnent und Helferinnen, die bei uns beschäftigt sind der hahen, bekommen ganz genau wie -in allen Verwal- die Kinderzulage. Meine Damen und Herren! Jh bitte diele Frage gur Entscheidung zu bringen; dann je Sache allgemein für: das Reich3gebiet geregelt 3h: persónlih füge. mich einem solhen Beschluß n froh, wenn ih diese Schwierigkeiten los. bin. neter Steinkopf: Gehen Sie mit gutem Beispiel - voran!) sollege Steinkopf! Gegen dic Bestimmungen der Reich3- ng und ihre Gesinnung bin ih nicht berechtigt zu handeln. gieh: Die Gesebe müssen Sie aber befolgen!) Sie haben (hrsetat heute behandclt, und ih bin überzeugt, daß beim nministerium au ähnliche Fälle vorgekommen sind. Die gelten für das Eisenbahnministerium genau so wie für das sterium. “Jm übrigen glaube ih, daß die Erregung dar- 11 niht so sehr am Plage ist. (Widerspruch links.) Lassen doh mal aussprechen! Wenn ih gewußt hätte, daß diese hier behandelt würde, würde ih natürlih dafür Vor- ngen getroffen haben. Jch habe s{hon längere Zeit den ns Auge gefaßt, speziell die Damen aus dem Reichstag zu esprechung einzuladen, um gerade diese Frage zu erörtern itel und. Wege zu suchen, wie wir an diesen harten Be- ngen vorbeiklommen, (Frau Zie: Das Gesey selbst be- ‘eiwas anderes!) Das Gesey sagt gar nichts darüber. ¡h versuchen wollic, mich mit den Damen dieses Hauses en Parteien zusammenzutun, um einen Weg zu suchen, wie e Auffassung der Beamtinnen und die hier vertretene ver- fônnen, ‘zeigt das doch, daß ih meinerseits die gute Absicht

| ic Frage zu lösen. Mit dieser Debatte, wie sie hier geführt

mmen wir nicht zum- Ziele. Jch werde aber veranlassen, ind der Debatte nunmehr diese Frage einmal grundsäßlih n, Dabei sollen sih die Frauen aussprechen. Es ist mir privurs gemacht. worden, daß ih die Beamtenorganisationen p behandle wie die Bcamtinnenorganisationen. Meine

t und Herren, wenn-eine Organisation- der- Beamten- mir}

eine Fordérung vertritt, die ihre Standesehre betriff{,” diese Organisation zur Beurteilung des Falles auss{ließ- dßáchend: Und ebenso ist das bei den Beamtinnen. j

M .

as die Gehaltsfrage anlangt, so sind wir darüber einig, daß hwierigkeiten bei den weiblihen und männlihen Beamten : geartet sind. Wenn es sih aber um Ehren- und Standes- l handelt, sind für mih die Meinungen der Mehrheit der nvertretungen und Organisationen ausshlaggebend. Mehr h als Postminister auch in dieser Frage niht tun. (Beifall ntrum und rets.)

r Haushalt des Reichs postministeriums und eihsdruderei für 1920 und 1921 wird bewilligt.

\es Haus erledigt ferner ohne Aussprache noch andere alte für 1920 und 1921, darunter den Haushalt der ¿huld und der allgemeinen Finanzverwaltung die Etat3geseße für 1920 und 1921. z

dann tritt das Haus dem Vorschlag des Präsidenten ntèr Verkürzung der geshäftsordnungsmäßigen Frist die Lesung der Reich3haushaltspläne für 1920 und 1921 onnabend vorzunehmen. 200544 A n 11 Uhr 10 Minuten Nachts wird bei Anwesenheit d Abgeordneten Vertagung auf Freitag, 11 Uhr, be-

8 Sizung vom 18. März 1921, Vormittags 11 Uhr. ht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.) väsident L ö b e eröffnet die Sizung um 114 Uhr. luf der Tagesordnung stehen zunächst 5 Anfragen. ha: Berndt (D. Dat.) bringt zur Sprache, daß in. den agen in Bremen und Hamburg englische Handelsdampfer ufen sind, die mit 10,5-Zentimèeter-Geshüßen bewaffnet h, die (Guß ertig auf die Stadt gerichtet waren. Es wird ge- vas die Reich3regierung gegen diese Verleßung des Völker- und gegen die Nichtachtung der deutschen Hoheitsrehte ver- hat bzw. veranlassen wird. e Antwort des Regierungs3vertreters bleibt für tihterstattung völlig unverständlich. : sident L öbe bittet das Haus um-Ruhé und ‘ersucht um lauteres Verlesen der Antworten, damit die Presse imstande 16 dabon Notiz zu nehmen. V Däumig (emu) Bringt în einer: Anfrage die Maß- ing des Angestellten Jwan Kah durch den Magistrat von “er gur Sprache. Dieser Angestellte habe als Bürgervor- wegen eines von ihm im „Volksrecht“ mit seiner Unterschrift

nenen Artikels seine Entlassung erhalten. inisterialrat von Jaco di arwwibartz Der Vürgervorsteher

Kab ift in der zweiten Hälfte des November 1918 vom Magi-.

gent worden, und zwar ohne s{tiftlichen Anstellung8ver- ne Vereinbarung einer Kündîgungsfrist und gegen eine „h nahträglich zahlbare Vergütung. In dem von Kab ge- nen Artikel „Aus der rechtssogialistishen Lebensmittel wirtshaft in Hannover“ hat der Magistrat wegen der darin 4 Barfen Angriffe einen wihtigen Grund für die Ent- Me en. Es hätte dem Kah freigestanden, L in des Betriebsrätegeseßes eine Entscheidung der gustäns- ten darüber herbeizuführen, ob die Kündigung zu rect Lu von hat er aber feinen Gebrauch gemacht. Die zu- hre Mtsbehörde und der Minister des Jnnern haben das ie f, des Magistrats nicht bemängelt, und bei dieser Sachlage bri regierung feinen Anlaß, ihrerseits in der Angelegen» tie zu tun.

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v Simon - Schwaben (Soz.) fragt an, ob es zutrifft,

+

nach den Be-

glied der Bayerishen Volkspartei: erklärt hat, daß die Reichsregie- rung über di ntwort der - Bayerischen Regierung in e Éin: wohnerwehrfrage ihre Befriedigung ausgesprochen Dat.

Staatsseketär Lewald: Diese Behauptung entbehtt jeder Begründung. Jm. 28. Ausschuß ist: gestern der bezüglihe Noten- wechsel mitgeteilt worden. - j : ;

Abg. Kershbaum (Dem.) verlangt s{leunigen Eingri der Reichsregierung ‘in die Mißstände, die dadurch entstanden sind; daß záählreihe - Großgrundbesiver ‘aus dem verbilligten Mais größere Mengen erhalten, als sie zur Viehfütterung benötigen; in einzelnen Fällen wird mit diesem Mais ein schwunghafter Hande!

etrieben, und es würden sogar die Bezugsscheine deveits an der / R gehandelt. 6 Die Tat

Regierungsrat Hey n:î § : Die Tatsache ist der Reichsregierun bekannt; es kommen besonders Betriebe mit eni Getreides bau und {wacher Viehhaltung in Betracht. Eine Beschränkung der Maiz3abgabe auf den Futterbedarf der eigenen Wirtschaft. läßt sih praktish nicht durchführen; eine solhe Beschränkung würde au den eigentlichen Zweck der Maisabgabe, die Förderung ‘der iu- ländischen Getreideerzeugung und die Verminderung der hohen Kosten der Einfuhr von Auslandsgetreide beeinträhtigen. Land=- wirte, die Mais zur Viehmast niht ausreihend erhalten, können 62 verbilligten Mais dadurch verschaffen, daß sie sich an den S weinemastverträgen beteiligen, wonach für jedes abzuliefernde Schwein im Gewicht von zwei Zentnecn 7 Zentner Mais zu- gewiesen werden. i ;

Abg. D. Mumm (D. Nat.)- fragt, ob die Reichsregierung bereit. ist; auf Grund der gemachten Erfahrungen die Verordnung des Reich8arbeit3ministeriums vom 25. April 1920 über die Frei- machung von Arbeitsstellen während der Zeit der wirtshaftlihen Demobi machung aufzuheben oder doch weitgehend einzuschränken.

Ministerialrat eigert: Dié Verordnung hat nach der Auffassung der Reichsregierung mit sehr gutem Erfolge dazu bei-

etragen, die Wirkungen der Kriegswirtshaft auf dem deutshen

rbeit3markt auszugleihen. Sie entspriht aber auch. nah der Meinung der Reichsregierung . niht- mehr. den veränderten wirt= testiGen Wg Durch Verordnung vom 5. März 1921 ind de3halb die Befugnisse zur Freimahung von Arbeitsstellen vom 15. März 1921 an auf Orte beschränkt, die mehr als hundert- tausend Einwohner ‘haben und in denen die Anzahl der Empfänger von Erwerbslosenunterstüßung regelmäßig mehr als 1%4 Prozent der Bevölkerung beträgt. :

Abg. D. M u m m verweist e Ergänzung der Anfrage auf den Fall eines auf Grund der Verordnung arbeitslos gemachter kranken Dienstmädchens. Der Fall habe sih in Groß Berlin schon L Res exeignet, und noch bis heute sei keine Entscheidung erfo

: Eine weitere Antwort erfolgt vom Regierungstische niht. Die inzwischen der Presse zugänglih gemachte Antwort auf die Anfrage V ern dt lautet wie folgt: Der Reichsregierung ist bekannt, daß in der leßten Zeit in deuishe Häfen britische Handels- schiffe eingelaufen sind, die mit einem ‘Geschüß bewaffnet waren. Das dadur von britisher Seite zum Ausdruck gebrachte Prinzip ist von großer Tragweite; es hat die ernsteste Beachtung der Re= gierung gefunden. Ueber die Haltung der Regierung und die von ihr zu ergreifenden Maßnahmen schweben zurzeit noch Verhandlungen.

Die Beratung des Haushalts des Reichs-

chaßgmini ft eriums, wird bei den Ausgaben für die Reichsbekleidungsämter fortgeseßt. Hierzu beantragt der Hauptausshuß Entschließungen, wo- nah die Reichsbekleidungsämter nur so weit fortbestehen dürfen, als sie durch Bekleidungsaufträge für die Reichswehr und die Schußpolizei oder duxch Aufträge von -Gemeindever= waltungen ausreichend beschäftigt seien. Die Reichsregierung

tellten: Und-Boäautena in-der ¿P

fe ferner dafür -forgen, die- zu. entlassenden Arbeiter, Ange=- #1 F: Zahlen: irgendwelche, Rütschlüssarziehen - kanu, weil. diese Zablen in

ivatindustete unterzubLingën,

und von einer P U .des Reichsbekleidungsamts Wils- í E T S

helmshaven-Rüstringen. Abstand nehmen.

Die Deutschnationalen beantragen ;in Entschließung die Worte „oder durch Aufträge von Ge- meindeverwaltungen“ zu streihen. Dié Sozialdemokraten Giebel und Gen. beantragen, die Reichsbekleidungs- ämter ‘bestehen zu lässen, die Kündigungen der Arbeiter und Angestellten zurückzunehmen und die Rentabilität der Aemter dadurch sicherzustellen, daß neben Uniformen für die Wehr- macht und: die Sipo- auch Kleidungsstückte für Reihs- und -Staatsbeamte und die Zivilbevölkerung hergestellt werden.

Dieselben Abgeordneten beantragen ferner, unbedingt davon abzusehen, daß Bekleidungsämter wieder dem Reichs- wehrministerium unterstellt werden. S

- Abg. Simon - Franken (U. Soz.): Nach einem Beschluß der Nationalversammlung sollten die Bekleidungsämter in ren- table, modcrne Fabrikbetriebe umgestaltet werden, und neue moderne Maschinen sind dafür angeschafft worden. Die Be- kleidungsämter der Schuhfabrikation haben gute Stiefel viel billiger herstellen können als die Privatindustrie. Daß die Be- fleidungsämter dem Mittelstand Konkurrenz machen, daß sie nur durch Zubußen des Reichs existiecren können, daß sie niht genug u tun haben und daß die Beamten E und Stiefel aus den Doll eiblicaFäriten niht tragen wollen, alles das ist fals. / Die , Aemter sind nur vielfach von der Regierung verhindert worden, Privataufträge anzunehmen, und . die Beamtenorganisationen 1e niht auf dem Standpunkt, daß die Beamten solhe Uni- ornien nicht tragen wollen. Allerdings hat das Reih den Be- fleidungsämtern sür die Zuweisung von Tuchen und Materialien F hohe Preise gestellt, daß sie nicht Fuge llene Beine für ihre

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abrikation fkalkulieren konnten. Ein Teil. der Privatindustrie leferte minderwertige Ware, durch die die Käufer betrogen werden. Deshalb ist es A, daß das Réich 4 mit solchen “Unternehmungen niht beshästigen und alles der Privatindustrie überlassen soll. Nun sollen von «den noch bestehenden 12 Be- fleidungsämtern vier eingestellt. und nur aht ausschließlich für die Reichswehr und die Sipo erhalten bleiben. Dann muß die Bele ielt bis auf die Hälfte oder ein Drittel ‘reduziert werden, die B inen werden überflüssig und die Bekleidung3ämter un- rentabel. Jm Kriege hat man die Arbeiter mit Gewalt in die Bekleidungs8ämter gezogen, ja sogar kommandiert. y Münster sind auch viele Kriegsbeschädigte beschäftigt. Wo sollen die Ar- beiter in der Privatindustrie unterkommen. Viele entlassene Ar- beiter werden sich ‘selbständig machen und damit erst recht dent Mittelstand und dem Handwerk Konkurrenz machen. Jm Aus- chuß wurde dex Antrag Burlage (Bentr.) angenommen, daß an

telle des Bekleidung8amtes Kiel das Amt Wilhelmshaven erhalten bleiben soll. Die Regierung erklärte, .wenn Wilhelms= háven bleibe, ‘müsse Kiel aufgehoben werden, die Stadt Kiel hat aber einen Anspruch darauf, dort find allein 700 Nähfrauen be- schäftigt. Jm nteresse .des Reichs selbst müssen dié Bekleidungs- ‘amter U bleiben, sie können Ueberschüsse ‘abwerfen, aber man will eben keine Stelle ‘haben, die fähmännishe Kalkulation aufstellen kann, aus der man gz. B. ersieht, ‘wieviel ein Paar Stiefel kosten können. - Nehmen Sie deshalb ‘den Antrag der

S Odem perasn an und zeigen Sie Jhr warmes Herz für die rbeiter. i | :

Abg. Ersing (Zentr.): Angeblich pr es fi ‘bei der Auf- Hebung der BVekleidungsämter um Antisozialismus harideln. Wenn es sih in. einem Staat wie dem großen Deutschland bei der Auf- rechterhaltung . oder der Aufhebung von ein paar Bekleidung ämtern um eine sozialistishe od nihtsozialistishe Maßnahate handeln soll, so möchte ih den Herren Kollegen von der doch: etwas mehr volkswirtschafülicheu Zeitblik : wünschen. Jn Weimar haben wir beschlossen, daß 12 Bekleidungsämter weiter- eführt werden sollten. Für die Weiterführung der Aemter wurde

in dieser

Linken -

z s zu produzieren wie die Privatindustrie, wobei die Vorauñ« U

dieselbe soziale und steuerlige Belastung gewahrt. bleibt“. Diesen Vorausseßungen. wurde . damals ‘auch von sozia- sistisher Seite nicht widersprochen. . Nun ist aber Tatsa bak

die Bekleidungsämter troy starker Begünstigung durch den Staat

großen Arbeitsmangel haben. Nah Mitteilungen des Pojt.niniste-

riums und Eisenbahnministeriums ist nicht damit zu rechnen, daß

le in absehbarer Zeit neue größere Aufträge bekommen. Man kann

em Reih doch nicht zumuten, diese Betriebe mit Verlust weiterzu- , figen, da o chon Darlehen vom Reiche gegeben worden

ind. (Hört! hört!) Die Allgemeinheit ist benahteiligt worden.

Uebrigens sollen ja die Aemter gar niht völlig aufgehoben

werden. Merkwürdig ist, daß die Herren von der Linken sih ait

einem Male auf die Christlihen Gewerkschaften berufen, nahdem

fie jahrelang über diese in rücksihtslosester Weise hinweggegangen

sind. (Beifall im entra.

_ Abg. Ba ry (Komm.): Durch die Auflösung der Bekleidungs ämter würden wirtschaftlihe und soziale Schäden entstehen, die

ng ist, da

, in gar keinem Verhältnis stehen zu dem Nußteffekt, den sich die

Herren von der Rechten von der Aufhebung versprehen. Nicht nur der Deutsche Gewerkschaftsbund, sondern auch die Den Gewerkschaften haben verlangt, daß die Aemter weiterbestehen bleiben. Fch möchte darauf hinweisen, daß in diesen Aemtern Tausende von früheren selbständigen Handwerkern beschäftigt sind, die thre Selbständigkeit durch den Krieg- verloren haben, ebenso ein großer Teil Kriegsbeschädigter, und ferner sind Kriegerwitwen darauf angewiesen, ihre Existenz durch Näharbeiten bei den

Aemter zu bestreiten. Die Herren von der Rechten wollen aber

niht, daß durch die billigeren Preise der Erzeugnisse der Aemter der Profit der Privatindustrie geschmälert wird. Es paßt ihnen niht, daß die Bekleidung3ämter einen Druck auf die Preise aus=- üben und die Ausplünderung des Volkes verhindern. Fm Gegen- say zu dem Beschluß des Ausschusses auf Abbau der Aemter ver- langen wir einen Ausbau der Bekleidungsämter.

Neichsshatzminister von Raumer: Meine Damen und Herren! Im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Abg. Ersing möchte ih Ihnen einige Zahlen über die Bilanz geben. Die Bilanz ist zunächst einmal eine Halbjahresbilanz und gibt deshalb nur einen sehr unvollkommenen Ueberblik. Die Angaben, die der Herr Abg. Ersing gemacht hat, sind zutreffend. Die Verzinsung für das Darlehen. des. Neichs erfolgt mit 6 9/90. - Die Mieten für die Gebäude sind auch mit 6 %/% berechnet. Jm übrigen ist auf die Warenbestände hingeroiesen worden, die mit 266 Millionen Mark zu Buche stehen. Auf diese ist eine innere Abschreibung von 17 9/9 gemaht worden. Man .kann aber meines Erachtens heute weder nach der einen noch nach der. anderen Nichtung ein Urteil über die Rentabilität abgeben, und zwar aus folgendem Grunde: Zunächst einmal müssen wir für das Geschäftsjahr, das vom 1, April 1920 bis zurn 31. März 1921 läuft, auf sehr starke Ver- luste an den Beständen rechnen (fehr rihtig! rechts), wie das in der ganzen Textilindustrie der Fall ist. (Zustimmung rechts.) Sebst- verständlih haben diese Betriebe unter der Konjunktur und unter der: Entwertung der Kriegswaren genau fo zu leiden, wie alle anderen Betriebe. Jch nchme an ich habe ja die Abschlüsse noch nicht vorliegend —, daß alle die Faktoren, also Verluste an Kriegsbeständen , die Minderbeschäftigung in den leßten Monaten usw. dazu führen werden, daß wir aus dem Jahre 1920/21 keinen Uebershuß herauswirtschaften, vielleiht sogar mit einer . Unterbilanz ab- schließen. (Hört, hört!) Aber ih möchte wiederum feststellen, daß man weder nah der einen noch andern Nichtung aus diefen

“einer Zeit der Krisis úewonnen sind, die alle privaten und öfssentlichen :

Betriebe: in gleicher Weise «ergreift. - S : s

Ich möchke dann“ noch' eins bemerken. Es ist Bezug genommen worden auf die Stellungnahme des preußischen Ministers des. Innern. Ich habe den Eindruk, daß der Herr Minister des Innern nach Nah« rihten, die mir heute ‘dur die Referenten zugekommen sind geneigt ist seine Stellungnahme insofern zu ändern, als er grundsäßlich bereit ist, die Aufträge für die Bekleidung der Sipo ten Reichsbekleidungs:- ämtern zu übertragen. : :

Fm übrigen möchte ih auf die Frage niht eingehen, inwieweit die Bekleidungsämter Privataufträge annehmen sollen oder nicht Meine Damen uud Herren! Das ift eine Frage, die niht die Ver« waltung entscheiden kann, fondern eine Frage politisch-wirtshaftlicher Prinzipien, über die die Majorität dieses Hauses entscheiden muß.

(Zustimmung rets.)

Abg. Giebel (Soz.): Der Geschäftsgang der Bekleidung3- ämter hat sih durhaus günstig entwickdelt. Es ist nicht Ug, weun man von Bullen spricht. Die Aemter haben nur Darlehn be- kouminen, die sie verzinsen und zurückzahlen. Es ist bei den- Preis3- s{wankungen wohl möglich, daß buhmäßig eine ungünstige Bilauz in die Erscheinung tritt, aber von Verlusten kann deshalb immer noch nicht geroen werden, weil die Warenvorratswerte ent- sprechend reduziert werden müssen. Unrichtig ist es, daß die Be- amtenschaft die Reichsbekleidungsämter nit haben will. Der Bund deutsher Beamten im Bereiche der Reichsshaßverwaltung hat sich ausdrüdlih für die Beibehaltung der Reichsbekleidungsämter au3- gesprochen .und wünscht, daß für seine Mitglieder Bekleidungsstüce und Schuhwerk sowie Reparaturen dort gefertigt werden. Die bestehenden Werke müssen beibehalten und ausgebaut werden. Wenn sie verkauft oder verpachtet in Privathand übergehen, dann werden die vorhandenen Werke unbekümmert um die Konkurrenz mit deut Kleingewerbe ausgerußt werden. Von einer Konkurrenz des-Hand- werks kann keine Rede sein; die Allgemeininteressen, die auf dem Spiele stehen, sind groß. i

Abg. S imon - Franken (U. Soz.): Abg. Ersing hat bemängelt, daß die Bekleidungsämter nur 6 % Zinsen auf das vom Reich vor-

eshossene Kapital bezahlen, Private müßten 8 % geben. Da ließe fd Aenderung schaffen. Die tatsählihe Kenntnis der Dinge gegt dem Abg. Ersing ab. Wo bekommt man heute ein Paar Stiefel zu 150 M, das Rohmaterial kostet mehr. Die Betriebe dürfen nicht eingeshränkt werden. j :

Abg. Dr. Ober fohren (D. Nat.) wendet sih gegeneine Ent4 \chließung des Mus, der sich gon die Auflösung des Reichs- befleidungsamtes Wilhelmshaven-Rüstringen ausspricht, dieses Amt ne durchaus rentabel.

bg. Burlage (Zentr.) wünsht die Auflösung des Amtes Wilhelmshaven, da da ganz besondere Verhältnisse vorliegen. Abg. Ho ch (Sogz:): Es ‘ist niht möglich, in irgendeiner Stadt aus persönlichen Gründen ein Bekleidungsamt zu beseitigèn und sagen; Hebt es auf, die an anderen Orten laßt bestehen. Was ilhelmshaven gilt, muß überal gelten.

Béi der Abstimmung wird ' der st o ialdemokrat tishe Antrag ‘auf unbeschränktes Weiterbestehen der Reichsbekleidung8ämter abgelehnt. Der Antrag der Deutshnationalen, aus der Entschließung, die das Fortbestehen der Reichsbekleidungsämter für Zwede der Reichs8wehr, der Schußpolizei und der Gemeindeverwal- tungen fordert, die Gemeindeverwaltungen zu streichen, wird im Wege des Hammelsprungs mit 159 gegen 118 Stimmen angenommen, und damit die dane Entschließung d°8 Aus\chufses. Die Entschließung auf Beibehaliung des Reich3- bekleidungsamtes Wilhelmshaven-Rüstringen wird gleichfalls angenómnten. :

für

n Weimar als Bedingung ‘angeführt, Ss és im E M o

: Haushaltsaus\chuß des Bayerischen Landtages ein Mit

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‘der Allgemeinheit liegt und soweit der Lage sind, ‘genáu

‘Dex Antrag Giebel, daß die Vekleidungsämiex nit