1899 / 120 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 May 1899 18:00:01 GMT) scan diff

Niederlande. i und die Königin-Mütter sind gestern Nachmittag von Haus Baden wieder im Haag eingétroffen. Wie „W. T. B.“ meldet, hai der Kaiser von Rußland der Nu den Kotharinen-Orden in Brillanten verliehen. Die Versammlung aller ersten Delegirten zur Konferenz hat gestern Vormittag im „Huis ten Bosch“ statt- gefun: In derselben wurden die getroffenen Vercinbarunaen ekannt gegeben. Hierauf traten die Delegirten zu ciner Plenarlivurg zusammen, in welcher die Wahlen der Präsidenten und dec Bureaux formell angenommen wurden. Wie sich aus der offiziellen Wahlliste ergiebt, sind die Ehren- Präsidenten der ersten Kommission der deutshe Bot- schafter in Paris Graf zu Münster und der amerikanische Bot- schafter in - Berlin White, der Präsident isst Beernaert (Holland), der Vize-Präsident. Karncbeek. Diese Kom- mission theilt sich in zwei Abtheilungen , die des Kriegs und die der Marine. Zu Vize-Präsidenten der Kri egs- abtheilung wurden der türkische General Abdullah Pafcha, der britishe General Ardagh und der Französische General Monnier gewählt, zu Vize-Präsidenten der Abtheilung für die Marine der britishe Admiral Siber, der französische Admiral Péphau und der deuische apitáan zur See Siegel. Ehren-Präsidenten der ¿weiten Kommission find der Herzog von Tetuan, Turfkhan Pascha und Graf Welsersheimb. Auch diese Kom- mission, deren Präsident der russische Geheime Rath von Martens ist, besteht aus zwei Abtheilungen: der vom „Rothen Kreuz“ und einer zweiten, welche sich mit den Verhandlungen der Brüsseler Konferenz von 1874 über Kriegegeseße und Kriegs- gebräuche zu beschäftigen hat. Vize-Präsidenten der ersteren sind der schwedishe General Thaulow und der shweize- rische Gesandte Dr. Noth- V ize-Präsidenten der zweiten der Professor Dr. Freiherr von Stengel und der italienische General Zuccari. Ehren-Präsidenten d-r dritten Kom- mission find Graf Nigra und Sir John Pauncefote, Prä - fident ist Léon Bourgeois, Vize-Präsidenten sind Baron de Bille (Dänemark), d'Estournelles (Frankreich), Méêrey von Kapos (Oesterreich), Graf Macedo (Portugal), Papiniu (Ru- mänicn) und Professor Dr. Zorn (Deutschland). Die drei Kommissionen haben gestern Nachmittag ihre erste Sißung abgehalten. Die nächste Sißung findet am Freitag statt.

Die Königin

Rumänien.

Bci der gestern erfolgten Einweihurg des neuen Gebäudes für den Rehnungsbof in Bukarest hielt, dem „W. T. B.“ zufolge, der König eine Ansprache, in welher Allerhöchsts derselbe den wohlthätigen Einfluß des Rechnungshofs auf die Staaisfinanzen betonte und hervorhob, daß eine strenge Kontrole von seiten des Rehnungshofes gecignet sci, zur Kon- solidierung der Staatsfinanzen beizutragen.

Afien,

Ein aus Allahabad der „Times“ zugegangenes Tele- gramm berichtet, daß nach glaubwürdigen erihien aus JFarkand (Chinesish-Ostturkesian) ein Angriff auf zwei in Kaschgar ansässige shwedische Missionare Hogberg und Naquette und deren Frauen stattgefunden habe. Der britische Agent Mac Cartney sei ohne militärische Begleitung zu deren Nettuna herbeigeeilt. Später habe der russische General- Konsul eine Kosaken - Eskorte für die Ucberfallenen gesandt. Die Frauen hätten sich zu ihrem Schuße nah dem russischen Konsulat begeben, während die Vissionare selbst im Missions- hause geblieben seien.

Afrika.

Wie die „Agence Havas“ aus Pretoria berichtet, hat der Volks raad beschlossen, der Regierung die Ermächtigung zur Veröffentlihung der neuen Vorlage, betreffend die Ver- leibung der bürgerlichen Rechte, zu ertheilen, damit die Bürger in der Lage seien, ihre Vertreter hirsichtlih der von diesen R Eee See Haltung bei der in der nächsten Session statt- findenden Abstimmung über jene Vorlage zu instruieren.

Nr. 20 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 19. Mai, bat fol» genden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ernennungen; Ecmächtigung zur Vornabme vor Zivilstandsakten. 2) Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen des Reichs vom 1. April 1599 bis Ende April 1899. 3) Zoll- und Steuerwesen: Aenderung von Tarasägen; Be- stimmungen über den zollfreien Ginlaß der von dem interuationalen landwirtbschaftlichen Maschinenmarkt in Wien zurückgelangenden deutshen Güter; Errichtung eines Freibezirks in Steitin sowie Eröffnung des errichteten Freibezirts bei Neufabrwasser. 4) Marine und Schiffahrt : Eriéeinen des ersten Nachtrags zur Amtlichen Liste der Schiffe der deutshen Kricg8- und Hantelsmarine für 1899. 5) Polizeiwesen: Autweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Nr. 39 tes „Eentralblatts8 der Bauverwaltung“, heraué- gegeben im Mirvisterium der öffentlichen Arbeiten, vom 20. Mai, kat folgenden Inhalt: Amtliches : Erlaß vom 23. März 1899, betreffend Aenderung der Grundsätze für die Berechnung der Reise- und Umzugs- kosten der preußishen Staatsbeamten. Dienstnachrichten. Nicht- amtlibes : Runsenverbauungen in Böhmen (S(luß.) Aus de: Geschichte der Technischen Hocbschule in Berlir. (Fortseßung.) Eisenbahn- Vorarbeit-n. Vermisht:s: Beutbpreisbewerbung für 1829 im Barliner Verein deutsher Maschinen-Ingenieure. Aus- stellung der Entwürfe des Wettbewerbes um die Biaêmarcksäulen. Wettbewerb um Ertroûrfe für ein neucs Bibliothekgebäude in Hagenau i. E. 40. Haurtversammlung des Vereins dzutscher Ingenieure in Nürnberg. Grundfteinlegung ¿um Neubau des South Kensington-Museums in London. Die Schneeverwehungen in den Felsengebirgen von Nord-Amerika.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Die Gemeindesteuern in den Mittel- und Großstädten Deutschlands,

II

Finden nach den Auéfübrungen in der gestrigen Nummer d. BL, die sih auf die Zahlenangaben der im xeuesten (7.) Jabr- gang des „Statistishen Jahrbuchs deuts@er Städte“ ent- haltenen vergleidenden Gemeinte - Firanzstatiftik stügten, die in- direkten Gemeindefteuern in Süddeutschland im allgemeinen eine breitere Verwer. tang als in Norddeutschland, fo ift hier, insbesondere in F en, ter Antheil der direkten Steuern an der Deckung der ftädtishen Finanzbedürfnifse entsprechend größer als dort.

Die direkten Kommunalsteuern sind entwer Gemeinde-Realfteuern oder Gemeinde - Einkommer steuer. Während erstere sowohl als Zu- {läge zur staatlich veranlagten Grund-, Gebäude- und Gewerbe- steuer, wie als selbständige von Grundbesiß und Gewerbetetrieb erhobene Kommunalsteuern vorkommen, darf leßtere, die Gemeinde- Ginkommensteuer, in der Regel nur in der Form von Zusch!ägen zur staatlihen Einkommensteuer erhoben werden. Als städtische Steuerquelle kommt daker die allgemeine Einkommensteuer nur in denjenigen Staaten in Betracht, in denen dieselbe als Staatêfteuer besteht Es besaßen demgemäß in “dem bisher betrahteten Jahre 1896/97, vem lehten, für welhes das vorgenannte Jahrbuch ver- cTeichbare Angaben über die Leistungen der Bevölkerung der größeren Städte Nord- uxd Süddeuts(lands an Kommunalsteuern macht, die Gemeinden Bayerns, Würitembergs und Elfaß-Lothringens keine allge» meine, wobl aber statt diefer die bay:rischen und die württembergischen eine vartielle Einkommensteuer in Fozm von Zuschlägen zur ftaatliten Steuer von Lobn und Berufseinkommen und zur staatliden Kapitalrenten- steuer. Der Antkcil der in den norddeu: {en Städten erhobenen all- gemeine: Einkemmensteuer an dex Befriedigung der Finanzbedürfnisse war sehr verschieden je nach dem Maße, in welhem die anderen Sieuern, namentlid die Gemeinde-Realstenern, berangezogen wurden. Einschließlich der Erträgnisse der Mietbstcuec von Wohnungen, Geschäftéräumen, die 1896/97 von den deutsWen Srof- und Mittelstädten nur no& Berlin (13 392 #), Dan':ig (190 931 46), Frankfurt a. M. (354 909 #) und die elsaß-lothrir gischen erhoben, und der in einigen sächsiîten Stätten (Dresden, Ctemnit, Zwickau) ebenso wie in Stuttgart und Met vorkommenden Einwohner- und Bürger- fteuer lieferte die allgemeine Gemeinde-Einkommenfteuer in dem gerannten Jahre in Klammern find die Ziffern für 1893/94 beigefügt, um den ir fluß der in Preußen am 1. April 1895 ins Leben getretenen Gemeivdefteuerrescrm zu zeigen in Dortmund ca. 63 (91) 9% des städtishen Gesammtsteuerertrages, in Barmen 61 (93), Krefeld 60 89), Elberfeld 59 (91), Liegnitz 524, Frankfurt a. M. 58 (89), rankfurt a. O. 58 (83), Halle a. S. 57+ (78), Bohum 57 (86), Danzig 56 (78), Cfsen 55 (85), Magdeburg 54 (85), Duisburg 93, Düfieltorf 524 (75), Königéterg 52 (83), Erfurt 50 (82), Charlotti:n- burg 495 (86), I 49 (87), Kiel 47 (64), Berlin 46 (81); Kol h. 4G (83), Hannover 44 (79), Stettin 434 (83), Potédam 42 (99), Spandau 41, Pofen 41 (70), Breélau 40 (64), Caffel 40 (55), Aachen 38 (61), Altona 32 (43) °/s, —- dagegen in Dretden 57, in Chemniß 734, ‘in Leipzig 75, in Zwickau und Plauen je 84, in Brauns&weig sogar rund 96 °/g des gesammten städtischen Steuerertrages.

Die Städ1e mit einem boken Antheil der Einkommensteuer an der Besfriediaung der Gemeindebedürfrisse sind zum theil diejentgen, welche kcine Verbrauchè steuern erboben (Frankfurt a. M. ohne Bocken- beim, Danzig, Dortmund, Krefeld, Liegniy, Leipzig, Zwickau und Braunschweig); umgçekehrt begnügten ih die Städte, welche bobe Einnahmen an Verbrauchsabgaben hatten, mit niedrigerer Einkommen- ficuer (in Preußen Breslau, Aachen, Cassel, Posen und

otátam). Eine bemerken8werthe Auénahme hiervon maten {ltona und Stettin, die weder Verbrauchsaktgaben noch eire bobe Einkommersteuer erhoben. In diefen Städten wurden naturgemäß die Realsteuern entsprehend stärker herangezogen, während Braunshweig und Plauen auf die Erhebung jeder Realsteuer (abgesehen von einer geringen Garerveftcuer von Wantergewerben in Braunschweig) verzihteten, Leipzig, Dreéden und Chemniß wenigstens keine Gewerbestezer von ftehenden Betrieben und vo1 Gast- und Swankwirthshaften erboten und die süddeutschen Städte diese leßteren, die Gast- und Scankwirtbschafien, frei von Gewertefteuer ließen. Die in allen deutshen Groß- und Mittelstädten mit FTusnahme vou Braun- {weig und Plauen als widtige ftädtisde Einnabmequelle vorkommende Grund- und Gebäudesteuer lieferte die böchsten Erträge in Berlin (rund 15 848 000 4), Altona (2318 000 #4), Breslau (2 256 000 M), Frarffurt a. M. (2 157 000 M), München (2 085 0C0 4), Köln a. Rb. (2065 000 #), Leipzig (1 557 000 A6), Stuttgart (1462 0(0 #4), Charlottenburg (1 373 C00 4M), Magdeburg (1 179 000 4), Hinnover (1 133 000 4), Düsseldorf (1 118 000 M), Stettin (1 039 000 M), Königsberg (945 000 ), Elberfeld (828 000 M), die niedrigsten Erträge unter den Städten mit mehr als 100000 Einwohnern in Straßburg i. E. (172 000 4), Krefeld (494 000 4) und Dortmund (496 000 Æ). Die Gewerbesteuer von stehenden Betrieben erbrahte in Ber!in rurd 6 548000 (A, München 1 429 000 #4, Stuttgart 1 367 000 #, Breslau 948 000 A Köln 919 000 4, Frankfurt a. V. 889 000 Æ, Nürnberg 659 000 #4, Magdeburg 9519000 4, die Gewerbe- feuer von Gast- und Schankwirtbschaften Betriebs- steuer in Berlin 255 000 4, Breslau über 46 000 Æ, Köln 46 000 M, Frankfurt a. M. 36 0€0 #4, Hannover 30.000 M, Magde- burg 29 000 Die Steuer von Wandergewerben, welche in 31 deutschen Groß- und Miitelftädten erhoben wurde, ergab nirgends nennencweribe Erträgnisse (in Berlin 1600 A Danzig 4336 4, München 5741 4).

In der folgenden Uebersicht seien die Prozentsäße staatlich veranlagter Stéuern ü zutreffenden Ausdruck meist „Gemeindestcuerzu!chläge“ genannt} zu- sammengestellt, welchze die größten preußisen Städte für das Jahr 1898/99 erhoben baben. Es betrugen nah dem „Statiftishen Jahr- bub deutsder Städte“ die gemeindlihen direkten Steuern in Pro- zenten der staatlih veranlagten : E

Fins

E:N Grund- Gebäude- Gewerbe- Betriebs- steuer steuer steuer steuer E

150 150 150 150 100 138 138 138 109 119 Köln 125 125 189 135 100 Franffurt a. M. : 100 100 70—100 Magdeburg 139 139 139 139 117 Hannover _ ; ¿ e AIN 115 115 115 100 Düffeldorf. . . 1665 1668 190/1668 196 146 Königsberg . . 160 160 169 160 170 c O f 100 100 110 GIAUR 40ck Act 171 171 100 114 Gib . . . 163 163 163 163 176 Charlottenburg . y é 97 100 97 Barmen «L. y i»: 19 159 159 159 168 Danzig 182 182 144 150 188 Halle a. 145 145 145 145 120 185 185 188 175 158 145 145 180/135 135 100 143 143 165 165 155 200 200 200 209 180 150 230 150 150 180 136 136 136 100 96 | i 22s O 140 140 140 116 Wiesbaden . 112f 1124 112} 1124 90 Polen ._Â 132 132 132 200 132 uisburg . , 200 200 200 200 200 O «ers cie 135 135 200 90 Frankfurt a. O... 156 156 156 100 156 otédam ¿450 150 100 100 100 Spandau . .… . 180 180 180 1380 180 Diejenigen preußischen Große und Mittelstädte, wele die höchsten Zuschläge zur Staatéeinfommersteuer erhoben Duisburg (200 9/0), Danzig (188 9%), Effen, Kiel, Spandau (je 180 9/6), Elberfeld (176 9/0), Königéberg (170 9/0), Barmen (168 %/o), Dortmund (158 °/s), rankfurt a. O. (156 9/0), Krefeld (155 9/6), Bochum (150 °/o), ¿. - Gladba (145 %/o), Düfseldorf (140 0/0) —, haben au die ftaailich veranlagte Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer sehr ftark (mit 143 bis 230 9/9) belastet, entspcehend der Vorschrift der neuen Kemmunalsteuergeseßgebung, daß im Interesse der Ver- bütung einer zu starken anziehung der Einkommensteuer die vom Staate veranlagten Realsteuern in der Regel mindestens ¡u dem gleichen (und bôhstens zu einem um die Hälfte höheren) Prozentsage heranzuziehen find, als Zuschläge zur Staats-

in

Berlin Bresiau . .

(mit einem nur für die Einkommensteuer-

éinkomrnensteuex erboben werden ; Uu von dieser Vorschrift bedürfen der staatliwen Genehmiging. Niedrigere Zuschläge zur Ein, fommenfteuer und hohe Grund- und Gebäudefteuer haben vor allem Altona, dann Stettin, Berlin, Potédam, Halle a. S., Aachen, Erfurt, Magdeburg, Breslau, Cassel und Görliy erboben. Diese Städte zogen mit Ausnahme von Altona und Potédam auch die Ge- werbefteuer, die übrigens in Aachen ebenso wie in Düsseldorf ver: schieden (in 4 Klassen) abgestuft ift, mit bohen Prozentsäßen zur DeEung der Gemeindebedürfnisse heran. Weniger als 100% der Staatseinkomwmensteuer erboben von“ den Städten von über 50 900 Ein- wobnern nur Frankfurt a M. (wo der für die Stadtgemeinde erhobene Prozentsaß der Einkowmensteuer einer besonderen Skala von 70 bis 100 folgt), Wiesbaden, Görlitz (je 90 °/e), Caffel (96 9/s) und Charlcttenbura (97 9/0) als Gemeindeeinkommensteuer; 1009/0 beirug sie in Berlin, Köln, Hannover, Aachen, Potsdam und Liegniß. In Frankfurt a. M. und Danzig erhöhen fih die für die Einkommen- und die Gewerbesteuer angegebezen Drogerie um die entsprechenden Säge der daselbst noch erbobenen Wohn- und Miethsteuer, die nach §8 283 und 572 des Kommunalabgabengesetzes theils auf die Einkcmmensteuer, theils (nämlich foweit sie gewerblid benußte Räume trifft) auf die Gewerbesteuer zu ver- rechuen ist, sodaß ih z. B. in Danzig nach Hinzunahme der Mieth- steuer der Prozentsaß bei der Einkommen#euer auf etwa 207, bei der Gewerbesteuer auf 182 stellte. Die unter „Betriebsfteuer“ an- E Zahlen sind die Summe des nah § 13 des Gesetzes wegen

»fheburg direkter Staatssteuern für die Kreise (also auch für die Städte als Stattkreise) erhobenen Vollbetrages der fiaatlih ver- anlagten Betriebesteuer und der städtischen Zuschläge.

In mehreren A Städten bestehen an Stelle der staatlich v:ranlagten Steuern besondere direite Gemcindesteuern; für diese ist in die oben gegebene Uebersicht, soweit möglich, derjenige Prozent- say der fstaatiih veranlagten Steuern eingeseßt worden, welchen das Gesammt-Veranlagungsfoll der befonderen Gemeindefteuer auëêmaht. So erbebt stati ter ftaailich veranlaaten Grund- und Gebäudesteuer Berlin eine Gemeinte-Gruntfteuer nah besonderer Einschäßung des Nvtertrags, Charlottenburg und Köln eíne folhe na% dem gemeinen Werth der bebauten und der unbebauten Grundstucke, Altona und Halle a. S. wieder eine fiädtishe Grundftcuer vom NußungêEwerthe, Frankfurt a. M. eine . Landsteuer“ vom gemeinen Werth der in ver- schiedene Lageklafsen eingetbeilten unbebauten Grundstücke und eine Haut steuer vom Robertrag, Köln scit dem 1. April 1898 au eine besondere städtische Gewerbesteuer an Stelle der ftaatlih veranlogten. In Altona, wo. auch die Erhebung der Einkommensteuer für die Stadtgemeind? nach einem eigenen, die niedrigeren Ein- kommen verhältnißmäßig stärker belaftenden Tarif geschieht, betrug die ftädtis&e Grundsteuer 1209/0 des nach besonderen Grundsätzen fest- gestellten Nußwerths der vorzugsweise zum Gewerbebetrieb benußten Gebäude und 16 °/% von den übrigen Grundstücken, das Grunbsteuer- Veranlagungsfoll niht weniger als 600 bis 4C0 % der ftaatlih ver- anlagten Steuer.

Auch nah dem Inkraftireten des Kommunalabgabengesetes vom 14. Iuli 1893 und der Novelle vow 30. Juli 1895, mit dem das Gemeindefteuerwesen in Preußen in eine völlig neue Entwidckelung eintrat, besteht also keineswegs eine gleihmäßige Regelung desselben in allen preuß!shen Städten. Gemeinsam ift ihnen die Heranziehung der Ein- kommen-, der Grund- und Gebäude-, der Gewerkte- und Betriebêsteuer als städtischer Einrabmeguellen, und zwar prävalieren in der Mehr» zabl der Städte die Zuschläge zu den vom Staat veranlagten direften Steuern. Aber die Betheiligung der Einkommen-, der Grund- und Getäude-, Gewerbe- und Betriebssteuern wie die von Verbrauhs- und Aufwandssteuern an der Befriedigung der Gemeindefinanzbedürf- nisse erfolgt in den hier betrateten Vèittel- und Großstädten in sehr verschiedenem Maße ; den Gemeinden ist die Möglichkeit einer ibren B-dürfnissen entsprehenden Ausgefstaltung ihres Steuersystems gegeb?a.

Zur Arbeiterbewegung.

_In Viersen kündigten am Sonnabend, der e Rh.-Westf. Zt“ zufolge, sämmtliche Arbeiter, annähernd 1000, der Aktien gefsell- \chaft für Flahsspinnerei (vgl. Nr. 117 d. Bl.). Es war den Arbeitern cine Lohnerhöhung von 5 °% zugebiliigt worden; biermit gaben si dieselben aber nicht zufrieden. Sie ernannten N um bei ibrem Arbeitgeber eine weitere Lohnerhöhung zu erzielen.

__ Zur Einführung des zehnftündigen Arbeitstages, der von den au?- ständîgen Riemendrebern der Firma Molineus u. Münz in Barmen (vgl. Nr. 113 d. Bl.) angestrebt wird, hat die dortig: Handelskammer, wie die „Rh.-Westf. Zta." mittheilt, eir- stimmig folgenden Beschluß gefaßt: „Die Handelskammer erklärt nah eingeheider Erwägung aller in Betracht kommenden Verbältniffe, daß die neuerdings in Arbeiterkreisen erhobene Forderung auf Einführung deé zehnstündigen Arbeitstages eine Maßregel von so einschneidender Bedeutung für die gesam. mte Industrie Barmens ist, daß fie der reis‘ lichen Ueberlegung bedarf. Die Handelskammer wird die Frage, ob der zebnftündige Ärbeitstao für die Barmer Industrie oder für eine zelne Zweige zur Einführung ewmpfohien werden fann, mit allen Interessenten, auch aus Arbeiterkreisen, gemeinsam beraihen und inner“ halb der nächsten drei Monate ihre Stcllung öffentlich kundgeben. Die Handelskammer erwartet, daß die zur Zeit autständigen Riemendreher- ges llen wie auch die gesammte Arbeitershaft Barmens den Verlauf dieser Verhandlungen abwarten und nicht durch Verharren im Aus- stand oder durch Herbeiführung weiterer Arbeitseinstelungen unab- sehbare verbängnißvolle Folgen für die Arbeiter felbst wie für die Industrie Barmens herbeiführen werden."

Der Theilausstand der Spängler Münchens (vgl. Nr. 111 d. Bl.) ist den „M. N. N.* zufolge, nunmehr beendet, nachdem die betreffende Firma die Forderungen der Gehilfen bewilligt hat. In einer Versammlunzg, die am Sonnabend Abend veranstaltet worden war, wurde u. a. mitgetheilt, daß in 14 Werkstätten noh länger als 94 Stunden gearbeitet wird. Es wurde beshlofsen, an diese Firmen die Forderung zu stellen, daß unverzüglih die 9 ftündige Arbeitszeit eingeführt werde. _ : | In Hamburg ist, wie die „Köln Zig.“ erfährt, der Ausstand der Bootsleute der Binnensciffahrt (vgl. Nr. 118 d. Bl.) nad Bewilligung der Forderungen am Sonnabend beendet worden. ie Ausständigen haben die Arbeit wieder aufgenommen.

Zur Lohnbewegung der böhmischen Textilarbeiter (vergl. Nr. 109 d. Bl.) wird dim „W. T. B.“ vom gestrigen Tage aus Brünn gemeldet: Der Ausstand if hier unverändert. In Nachod herrscht bei den Ausftändigen die Neigung vor, die Arbeit wieder aufzunehmen. Die Führer der Bewegung fordern nur noch eine Entschädigung für den Ausfall des Lohnes während des AuS- tandes, welche die Fabrikanten verweigern. In Eipel und Hronow ist die Sachlage unverändert. Ï

In Kopenhagen ist, dem „W. T. B“ zufolge - die am 19. d. M. beschlossene Arbeitersperre (vgl. Nr. 118 d. BL), welche das gesammte Baugewerbe und die ganze Eisenindustrie Dänemarks trifft, heute überall ina Kraft getreten.

Kunst und Wifseuschaft.

Große Berliner Kunstausftellung 1899.

I. Saal 2 bis.4.

L K. Wer an Mittelmäßigkeiten vorübergeht, kant Manderung durch die diesjährige Ausstellung nell vollenden. es Auswahl des wirklih Auéstelungswerthen würde vielleicht zwet 0 drei Säle füllen. Vielen unter den Ausftellungsbesuchern freilih ein die Vielbeit des Dargebotenen lieber sein als eine Auslese, bei der, ner jedes Werk eingebende Aufmerksamkeit beanspruht. Die Berechtigung “isen den Bedürfnissen der Masse angepaßten Kunst wird in Künstlerkre! ih nur allzu bereitwillig anerkannt; wer das Publifum nicht ¡1 tes heraufzuzieben vermag, fteigt oft, ohne fih dessen bewußt zu Een, zu ihm hinab. Diese Parterrekunft wird niemals ganz verswl! der auch aus unferen großen Ausstellungen nicht, so lange man a

räumlihen Ausdehnung derselben als einer Nothwendigkeit feft4ält. Jn sozialer und volkêw irtbschaftlicher Beziebung kann man aus den dier zu Lage tretenden Erscheinungen Rückschlüfse zieben, die für die Reorganisation unserer Kunstpflege nicht übersehen werden dürfen. Im ersten, dem früher sogenannten Ehrensaal des Mittel- trafts der Ausftellung sind einige Bilder größeren Maßstabes ver» einigt, darunter ein PVotivaltar des aus Mes nach Wien Üüber- gesicdelten Tiroler Malers Alois Delug. Das Mittelbild ftellt die Madonna dar, der sh die Kinder des Stifterpaars zutraulih nävern. Nah dem Vorbild älterer Kunstepoczen sind die Stifter selb auf die Flügel des Altarwerks verwiesen. Troy diefer etwas absictlihen Anlebnung wirkt das Ganze bescheiden und natürli, die Vercinigung modern gekicidcter Gestalten mit dem Heiligenbilte is von dem Maler bewerksteliigt, obne daß man etwas von äußerem Zwong empfindet, Die Porträts der Stifter unt ihrer zahlreihen Kinderschaar find ausdrucksvoll im vornehmen Stile Canons gekalten. Troß der großen Maße is die Intimität eincs für eine Familienkapelle geschaffenen Konstwoerks gewahrt. Fa starkem Gegenfaß dazu steht die große biblische Komposition 7Emmaus“ von Rudolf Eichstädt an der gegenüberliegenten Wand des Saales; die Schlihtheit der Auffassung, die gerade diesem Vor- wurfe gut anstehen würde, ift einer 1e Brillanz der Farbengebung geopfert. Das Histori:nbild von Car Beer „Aus Venedigs Blüthes- zeit" œruthet wie die nur in Nebensachen geänderte Redaktion eines âlteren Entrourfs ap. Eine Marine: und eine Abendlandshaft von den Holländern H, M esdag. und Hendrik Jansen fallen durch ge- sund-s und kräftiges Naturgefühl, ein Erbtbeil der heimishen Schule a:6 dem siebzebnten Jahrhundert, auf während Andreas Dirks- Düsseiderf seinen Sylter Hafen vor einem Bilde Achentach's gemalt baben fönnte: fo nahe steht seine Art der Auffassung der seines be- rühmten Landsmarns. Der Antrwoerpner P. Î. Dierckx hat seine „Nast in der Steppe“ im Sinne Henry Luyten's und andrer flämisher Maler des sozialen Elends auf ernste dunkle Tône ge- stimmt, in der Malweise aber die allzuderbe Fl:ckigkeit seiner Norbilder vermieden. Unter den Skulpturen des ersten Saals drängt ch durch feine ‘überlebentgreßen Maße und die monumentale Strenge der Auffafiung zuerst die in Bronze gegossene Votivstatue des Kardinals Fürsten Schwarzenberg von dem Prager Bildhauer Fosef Myslbek dem Besucher auf, eine bemerkenéwerthe Talent- drobe eines außertalb seines engeren Vaterlandes noch wenig bekannten instlers. Ein charaktervoller Porträtkcpf von August Heer ficht wirkung8voli gegen die zwar lebendigen, aber allzu fkleinlih durh- geführten Büsten von F. Harter ab. Von Werken der Kleinplaftik jeten noch eine Gips ruppe von Adolf K ürle (1456) und eine far-

bige Holzfigur im Stil des sehzehnten Jahrhunderts, der „Strauch-

dieb* von Ignaz Taus chner in München er:vähnt. Den Eingang zu Saal 3 flankieren zwei ausgeführte Bleistift- zeihnungen von Adolf von Menzel (1303, 1304), deren eine dem Schöpfer des Kaiser Wilbelm-Denkmals Reinhold Begas von der Akademie der Künste zugeeignet ist: Ausschnitte aus dem Leben von geiftsprühender Lebendigkeit der Gharakteriftik. Die zablreihen Bild- nisse Franz von Lenbach's in diesem Saale sind von ungleichem Merth. Bei vielen Arbeiten namentli bei einigen Frauen-

orträts überwiegt die dekorative Woblgefälligkeit zum Schaden d.8 individuellen Ausdrvck3. Die souveräne Manier, mit der Lenbah die äußere Aehnlichkeit der Dargestellten vernachlässigt, kann man allenfalls ver!beidigen unter dem Gesichtëpunkt, daß ihn das Streben nah seclisher Wiederbelebung oft zur Willkür verleitet. Die Art aber, wie einzelne dieser Geftalten bald nach dem dekorativen Geshmackékanon eines Van Dyck, bald nah dem Tizian’s, Reynolds' oder Gains- borcugh's einfach zurecht gestugt werden, shmeckt stark nach hand- fertigem Virtuo}enthuwm, während doch andere Bildrifse, wie z. B. das eines gealterten Herrn (604), beweisen, daß Lenbach auch heute no& die Kraft besißt, sich tief in das Wesen feiner Modelle zu ver- senken. Gegen die Shwüle, die über den meisten dieser Arbeiten ausgebreitet ift, wirkt die Porträtauffassung Max Koner's, die solide Technik mit \{lichter Ebrlichkeit verbindet (522), erfrishend wie ein Luftzuä im Treibkause. Auch im folgenden Saal 4 ist Koner mit gelungenen Arbeiten vertreten und behauptet sich neben fo bervorragenden Porträtleiftungen, wie Laver y’'s Dame mit dem \{war;en Fächer und Herkomer's Iohn Ruskin mit Ehren. Die Hauvtanziebung aber bildzn hier drei treffliche Studien von Wil- belm Leibl, die bei \s{cheinbar nüchterner Wiedergabe des Ge- \shauten mit allen Mitteln einer forosam fläubelnden Technik so unendlich viel Gemüth in si bergen. Das empfindet man deutli bei ibrem Vergleih mit dem Bilde von A, von Menzel (689), um das sie gruppiert find, Menzel’ Bild, das unter der Glasscheibe, mit der man es zu shüßzzn für gut befand, {wer zu würdigen ist, verzichtet arsheinend auf jede koloristishe Belebung; nur Licht- und Scattenführung interessieren den Meister, der hier die dunkelsten Tône seiner Palette für Hintergrund und Beiwerk wählte, um den Kopf mit seinem wirren Runzelwerk recht bedeutsam hervortreten zu lafsen. Dieser Kopf erzählt von den Sorgen und Erfahrungen, die das Leben der greifen Botenfrau umrankten, aber all seine eredsamkeit ist fixiert unter dem Blick und dur die Hand des Malers, während in den Köpfen Leibl's trey des subtilen Einzelvorirages niht selten die Erregung, das unsichere Empfinden des Augenblicks zu vibrieren scheint. Hans Thoma wiederum faßt in seinem in Tempera ge- malten Selbstbildniß alles Einzelne zu geshlossenen Formen zu- sammen, giebt gewifsermaßen einen gedrängten Auszug aus seiner Persönlichkeit. So finden wir in diesem Saal die verschiedenen Lösungen der gleichen Aufgabe lehrreih nebeneinander gestellt.

_ AlmaTadema?'s , rüblingsfeier“ (9) zeigt den vielbewunderten virtuosen Künstler-Arhéologen in brillantem Licht; freilih wirkt das effeftvolle Zurschaustellen aller kleinen Künste und Kniffe als auf- dringlihes Nebeneinander, das den Gesammteindrvck des Bildes stört. Au wirken die Gestalten eher wie zu Fealletimäßigem Spiel auf- gezogene Puppen als wie fünftlerisch wiederbelebte Wesen des Alterthums. Der melancholishe Grundzug polnisher Genre- malerei is in Josef Mehoffer's_ „Gespräh“ (678) nicht zu verkennen; aus s{unimrigem Halbdunkel des Interieurs tauben die Köpfe der um einen Tisch versammelten Gesellschaft geisterhaft auf. Dazu paßt der träumerische Ausdruck der

bysiognomien, der mit gutem Gelingen festgehalten ist. Das Be- treben, alle Schatten in Farben aufzulö!en, charafterisiert das inter- Ce von einer Ausstellung im Künstkerhause bereits bekannte

ilden von M üller-Mün ster (767), das auf die weitere Ent- widelung seines Schövfers neugierig macht. ‘Auch A. Achtenhagen?s „Felswinkel“ interessiert durch feine originelle und stimmungßvyolle Karbengebung, die nur allzusehr auf Kosten der Seide und Raum- wirkung bevorzugt is. Arthur Brisöt, ein Holländer, folgt etwas zaghaft den Spuren feines großen Landsmanns Iosef Israels (110), ohne doch dessen Kraft des Ausdrucks zu erreichen.

Neben zwei großen Marinen von Hans B ohrdt und Carl Salzmann der erstere stellt die sieghafte Heimkehr der Hamburger lotte aus dem Kampf gegen den Seeräuber Störtebecker mit großem ufwand an Kenntnissen dar, der andere den Eisgang der Unterelbe sind in diesem Saal noh ein Fridericianishes Schlachtenbild von Röchling und ‘eine stimmungsvolle Gipsfelsenlandschaft von Konrad Lessing zu nennen.

Bauwesen.

Aus einem engeren Wettbewerb für den Neubau zweier evangelishen Kirchen in Krefeld, zu welhem die Architekten Arnold in Nienburg a. d. W.,, Cornehls u. Fritsche in Elberfeld, Doflein und Geheimer Regierungs-Rath, Professor Oben in Berlin, Professor H. Stier in Hannover und Ludwig

ofmann in Herborn eingeladèn waren der leßtgenannte S Sieger hervorgegangen. Seinem Entwurf für die Kirche (A Norden der Stadt wurde mit Einstimmigkeit der erste fue t 46) zuerkannt (dem Preisgeriht gehörten außer zwei Nicht- cGnikern die Architekten Bauräthe D. Mar und F. Slhwehten in erlin und Stadt-Baumeister von Seggern in Krefeld an). Für die

Kir@he im Süden wurde der (2500 4), ebenfalls einstimmig, unter die Herren Stier und Arnold vertheilt und beschlossen, diese beiden sowie den - Verfasser des Entwurfs „Süd“ zu einem noch- maligen Wettbew-rb zu veranlafsen. | f

ur Erlangung eines S EURKPLHTEHE für die Lände: reien des früheren Parks Wißleben bei Charlottenburg ift von der Terrain-Aktiengeselschaft Park Wißleben, der Eigenthümerin vicses um den Lietzensee gelegenen Geländes, unter den Mitgliedern des Architektenvereins zu Berlin und der Nereicigung Berliner Architekten eine Pretsbewerbung eröffnet worten. Als Unterlage wird den Bewerbern auf deren Antrag vom Bureau dec Geseüschaft, Berlin NW., Unter den Linden 40, cin Lageplan geliefert, durch den die von den beizen Vereinen ausgegebenen Programme ergänzt werden, und unter defsen Benußung die Entwürfe aufzustellen sind. Letztere find bis zum 20. Juni d. I. an das genannte Bureau einzureihen. Für die drei besten Pläne find ein erster Preis von 1000 A und zwei zweite Preise von je 500 au8geseut ; der Ankauf weiterer Ent- würfe tür je 300 A ift vorbehalten. Preisrichter sind die Herren Bauraib W. Böckmann, Direktor W. Eichmann und Professor F. Wolff in Berlin, Garten-Direktor Geitner, Professor Bruno Schmiß und Stadtrath Töbelmann in Charlottenburg, Stadt-Bau- rath a, D. Brix in Wiesbaden und Stadt Baurath Genzmer in

“Halle a. d. S. Das Gutadten des Preisgerihts wird seiner Zeit in

einer Sitzung der beiden Vereine bekannt gemacht werden.

Land- und Forstwirthschaft. Die Verbreitung der Reblauskrankheit in Deutschland.

Nach der soeben vom Reichsamt des Innern veröffentlichten „Zwanzigsten Denkschrift, betreffend die Bekämpfung der Reblaus- kranfheit“ wiesen im Jahre 1897, was zunächst Preußen anbelangt, in der Rheinprovinz die Revisionen der in den Vorjahren zer- stôrten Herde das gewohnte günstige Ergebniß nach. Nur auf wenigen Herden, wo die Wirkung der Desinfektionsmittel durch steinigen oder besonders abschüsfigen Boden beeinträchtigt wurde, zetaten fch in ge- ringer Zahl und meist an den Herdgrenzen Stockausfchläge. Lebende Rebläuse an noch im Boden befindliten Rebtheilen konnten dieies Mal nirgends nachgewiesen werden. Die Untersuchungen und Begehungen führten zur Auffindung von 94 Herden mit 5684 be- fallenen und 96 099 gesunden Stöcken auf Flähen von insgesammt 1094 a 58 qm. Während die ganz überwiegende Mehrzabl diefer B in bereits verseuchten Gemarkungen oder doch in unmittelbarer

ähe solher liegt, gehöri der größte der aufgefundenen Herde mit 3268 franken und 46 843 gefunden Stödcken auf einer Fläche von 442 a 49 qm dem bisher für reblausfrei gehaltenen Kreise Kreuznach an.

Die Herde der Provinz Hessen-Nassau aus den Jahren 1890 bis 1896 wurden im Juni und Oktober 1897 mit dem günstigsten Erfolge revidiert. Die Zahl der Steckausshläge war ganz ering, leber.de Rebläuse wurden nirgends aufgefunden. Die Untersuchungen fübrten in den hon seit langer Zeit verseuchten Gemarkungen Nocern und St. Goarshausen zur Aurdeckung von drei unbedeutenden neuen Hzrden mit 48 éranfen und 2940 gesunden Stöcken auf Flächen von zusammen 31 a, während in der 1896 erst als befallen aufgedeckten Gemarkung Lorch ¡wei neue größere Herde in unmittelbarem Anschluß an die vorjäbrigen mit zu)ammen 469 kranken vnd 9165 gefunden Stôdcken auf Flächen von 47 a 17 qm nachgewiesen wurden. Die übrigen Theile der über 200 ha Meinland umfassenden Gemarkung Lori erwiesen si als reblausfrei. In der Provinz Hefsen-Naffau ist troy der räumlihen Austehnung des _Seucbengebiets die Größe der von der Reblaus befallenen Flächen fast ständi zurüdckfgegangen ein Bewcis für die ausgezeichnete Wirkung des Abenta burccbeefübiten Vernichtungsverfabrens.

Auch in der Provinz Sachsen hatte die Revision der älteren Herde ein gutes Ergebniß. Im Kreise Querfurt wurden 13 neue Reblausherde mit 1015 frankfen und 5874 gesunden Stöcken auf Flächen von zuiammen 43 a 22 qm, im Kreise Naumburg ein Herd mit 3 kranken und 70 gesunden Stöcken auf einer Fläche von 51 qm aufgefunden. Außerdem wurden im Kreise Querfurt zwecks Beseitigung des koffnungslos verseuhten Distrikts Schweigenberge 39 056 Stöcke auf einer Gesammtflähe von 2 ha 75 a 24 qm vernichtet.

Die Infektion in der Pfalz if auf die Gemarkung Saufen- heim beschränkt geblieben, wo 5 neue Herde mit zusammen 22 franfen und 7949 gesunden Rebsiöcken auf einer Gesammifläche von 81 a 4 qm aufgefunden worden sind.

Im Königreih Sachsen hatte die Revision der verniteten Neblausherde ein durhaus befriedigendes Ergebniß. Neue Reblaus- berte wurden in den Gemarkungen Wahnsdorf, Nieder- und Ober- lößniß, sowie Oberau (Amtshauptmannschaft Meißen) aufgefunden.

In Württemberg wurde die vollständige Desinfektion der Herde aus dem Jahre 1896 nageholt, da sich dieselben bei der Revision noch stark mit Rebläufen beseßt zeigten. Die Untersuhungs8- arbeiten führten zur Auffindung von 32 neuen Reblausherden, wobei der vorauésichtlihe Ursprung der Verseuhung in dem Ober- amtsbezirke Neckarsulm in Herden der Gemarkung Kochendorf entdeckt

wurde. Auch in Sachsen-Weimar wurde am 1. September 1897 in Reblaus entdeckt. Die erforder-

einem Weinberge bei Jena die i I DIPRS E RIENREs gegen eine Verbreitung des Insekts wurden getroffen.

Bei den Untersuhungéarbeiten im Elsaß zeigten sh die früher befallenen Gemarkungen Lutterbah, Pfastatt und egenheim reblaus- frei, während in Rufah, Thann, Alt-Thann und Steinbach neue Herde entdeckt wurden. Das Gleiche gilt in Lothringen von den Gemarkungen Vallières, St. Julien, Vantoux, Ancy a. d. Mofel, Scy-Chapelles, Longeville, Châtel:-St. Germain, Leffiy.

Die von den Bunde8regierungen in Reblausangelegenheiten bis zum Schlusse des Etatsjahres 1895/96 oder des Kalenderjahres 1896 auf- gewendeten Kosten beliefen sich nach der leßten (19.) Denkschrift auf 6124555 A Im Etatsjahre 1896/97 und im Kalenderjahre 1897 haben die Koften 784 627 A betragen. Es ergiebt dies eine Ge- fammtausgabe von 6 909182 M Auferdem find vom Reiche seit dem Jahre 1879/80 bis zum Schlusse des Etatsjahres 1896/97 rund 58 100 Æ aufgewendet worden.

Im Jahre 1897 sind vier zur Bestrafung gebrahte Fälle der Medea ana gegen die auf den Verkehr mit Reben bezüglichen

orschriften der Reich8gesezgebung bekannt geworden. j;

Ueber die Beobachtungen und Versuche betreffs der biologishen Verhältnisse der Reblaus wird in der Denk- rift des Reichsamts des Innern Folgendes mitgetheilt: Die un- gewöhnlich nafse und kühle Witterung im August und September 1896 beeinträchtigte die Forienuna der in den Vorjahren begonnenen Beobahtungen über die Von geflügelten Rebläusen konnte nicht ein einziges Exemplar im É Ebenfowenig gelang es, die Nachkommen der geflügelten Thiere durch Züchtungen in Gläsern zu erhalten. T egen wurden am 21, 28. und 31. August, fowie am 2, September 1896 “in den Spinngeweben des Bersuchs- weinberges je eine geflügelte Phylloxera corrinea gefangen, wele unzweifelhaft von oberhalb der Weinberge befindlichen Eichen berstammten. August und September 1897 lieferten befsere Ergebnisse.

war trat auch in dieser Zeit vielfah ungünstiges, regnerishes

etter ein ; dasselbe hinderte aber infolge der günftigen Boden- und Größenverhältnifse des Versuchsfeldes die Beobachtungen nit in dem Maße, wie im Jahre zuvor. Es hat sich indessen der hemmende Einfluß regnerisher und kühler Sn auf das Auftreten und insbe- sondere auf das Fliegen der geflügelten Rebläuse auh 1897 deutlich erkennen Lesen: eiter hat fih gezeigt, daß solches Wetter das Erscheinen der geflügelten Rebläuse an der rdoberflächhe nicht in ebenso hohem Maße, wie das Fliegen, hindert. - Beobathtungen, welhe über das Heraus- kommen der geflügelten Rebläuse aus dem Boden angestellt wurden, ergaben, daß diese Insekten nicht nur die Wurzeln und den Stamm der Reben als Wege zur Auswanderung aus dem Boden benußten, sondern daß sie an den verschiedensten Punkten der Oberfläche eines

Freien gefunden werden.

ebens8weise der Reblaus erheblich.

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Meblausberdes an bas Tageslicht gelangen. Es hat ih ferner in Uebereinstimmung mit früheren Beobachtungen gezeigt, daß die Um- wandlung. der Nympbe in das geflügelte Infekt zum theil über, vielfah aber au unter der Erdoberflähe vor sich gebt. Die Untersuhung der oberirdishen Rebenthbeile, insbefondzre zahlreiher Blätter, nah geflügelten Rebläufen führten in keinem einzigen Fall zur Auffindung eines solhen Insekts. Im Ganzen wurden vom 23. August bis zum 99. September 1897 im Freien 103 geflügelte Rebläuse gefunden. Von diesen zeigten sich 58 unmittelbar an der Erdoberfläche, während 45 in wehr oder wzniger großer Höhe über dem Erdboden gefangen wurden. Die Zeit ihres Austretens fiel hauptfähli® in die Stunden von 9—6 Ubr Nachmittags. Die Verfuche des Jahres 1897 zur Anzucht der Geschlehtsthiere find in einigen Fällen erfolgreih gewesen. Sie haben indessen, wie im Jahre 1895, nur MWeibchen geliefert. Als besonders bemerkenêwerth ift hervorzubeben, daß die Entwickelung der Gesthlechtsthiere im Jahre 1897 am Rhein eine außerordentliche Ver- ¿ôgerung erfahren hat. Die Zeit von der Ablage des Eies dur das geflügelte Insekt bis zum Verlafsen des Playes durch das entwickelte E betrug in den beobachteten Fällen fast volle vier oen.

Endlich sei noch weier Versuche gedaht, wele die Prüfung bon zur Vertilgung der Reblaus empfohlenen Mitteln zum Zwede haîtten. Das eine dieser Mittel, als „Ampeloigea Adreani“ bezeichnet, war eine

lüssigkeit, wele als hauptsächlich wirksamen Bestandtt-eil Schwefel- oblenstof enthielt. Mehrere in ges{lofsenen Giäsern ausgejührte Versuche bestätigten die insektentödtendeWirkung des Mittels, wenn in verhältniß- mäßig großen Mengen angewendet wurde. Ein Versuch im verseuchten Weinberg mißlang dagegen vollständig, obaleih auf den Quadratmeter Bodenflähe im Ganzen 409 cem des Mittels verwendet worden waren. ine ebenfalls als Mittel gegen die Reblaus enipfoblene Ab- kobung von Preßrücständen der Samen von Camellia oleifera er- wies sich als unwirksam.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs» Makßregelu.

Triest, 24. Mai. (W. T. B.) Für die Provenienzen aus Egypten sind die gleichen Maßreg eln angeordnet worden, wie für die aus Indien kommenden Dampfer.

Grand-Bassam (Elfenbeinküste), 23. Mai. (W T. B.) Das gelbe Fieber wüthet hier noch immer mit besonderer Heftigkeit (val. Nr 118 d. Bl.). Bisher sind fünfzehn Todesfälle festgestellt. Die Stadt i von den Bewohnern geräumt worden, welche nach Unigerex Quarantäne an verschiedenen Punkten der Küste untergebracht werden.

Theater und Musik.

Im Königlihen Opernhause findet morgen auf Aller- bôhsten Befehl bei aufgehobenem Abonnement eine Fest - Vorstellung für die Mitglieder des Kongresses zur Bes- kämpfung der Tuberkulose als BVolkskrankheit statt. Zur Aufführung gelangt Richard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ in folgender Beseßung: Walther Stolzing: Herr Kraus; Gya: Fräulein Hiedler; Magdalena: Frau Göße; David: Herr Lieban; Hans Sachs: Herr Bachmann; Pogner: Herr Msdlinger ; Beckmesser: Herr Krasa. Ein Billetverkauf findet nur für den IL, TII. und 1YŸ. Rang statt. Die Vorstellung beginnt um 7 Uhr:

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Hugo Lubliner's Lustspiel „Das fünfte Rad“ unter Mitwirkung der Damen Schramm, Sperr, Sandow und der Herren Vollmer, Kraußneck, Herter, Keßler, Hartmann und Krüger gegeben. :

Im Neuen Königlichen Overn-Theater is morgen keine Vorstellung. Im Garten findet jedo von 54 Uhr ab großes Militär- Konzert ftatt. :

Im Berliner Theater wird Philippi’'s Schauspiel „Das Erbe* am Sonnabend zum leßten Mal in dieser Spielzeit gegeben.

Das Theater des Westens wird si vor Schluß seiner Winter- faison nohmals in den Dienst der Wohblth ätigkett stellen, indem es am Montag eine Vorstellung giebt, deren Erträgniß für die Kinder- Nolksküchen Berlins bestimmt ist, Zunächst haben si zur Mitwirkung in der genannten Vorstellung bereit erklärt Fräulein Franceshina Prevosti, Herr und Frau Lieban und Frâuletn Destinn von der Königlichen Oper sowie Herr Max Hofpauer. Zur Auf- führung gelangen das Lustspiel „Dir wie mir“, die Operette „Pas de deux“ und die Oper „Cavalleria rusticana“.

Bei dem morgen, Donnerstag, Abends 7 bis 8 Uhr, in der Heilig-Kreuz-Kirche (am Blücherplatz) stattfindenden Kirchen- konzert des Organisten Herrn Bernhard Irrgang werden mitwirken: Fräulein Marie Lindow (Sopran), Fräulein Alda Ulffax aus Stocckholm (Mezzosopran) und Fräulein Gertrud Japsen (Violine). Die Orgel spielt Organist Irrgang. Der Eintritt ist frei.

JFagd.

Der vortragende Rath im Ministerium für Landwirth\{ckfft 2c.,

Geheime Oter-Regierungs-Rath Freiherr von Seherr-Thoß untersucht im „Preußishen Verwaltungsblatt" (1899, Nr. 34) die Frage, ob und in- wiefern die in Preußen geltenden Bestimmungen über Wild schaden mit der Einführung des Bürgerlichen Geseßbuhs am 1. Januar 1900 eine Aenderung erleiden. Für den Geltungsbeceih des Wildschaden- gesetzes vom 11. Juli 1891 gelang er zu dem Ergebnif, daß sih wit dem 1. Januar 1900 materiell nihts ändert. Nachdem er sodann noch den Rechtszustand in der Provinz Hannover und im ehemaligen Kurfürstenthum Héssen unter)ucht hat, faßt er sein Urtheil in fol- enden Säßen zusammen: „Alles in allem kann man sagen, daß das Snkrafttreten des Bürgerlichen Gesetbuches für das preußishe Wild- shadentrecht nahezu ohne Bedeutung ist; es enthält nur solche Vor- schriften, die in Preußen, insbesondere im Gebiete des Wildschaden- geseßes vom 11. Juli 1891, bereits in Kraft sind. Deshalb ift es erflärlih, wenn die Begründung zu_ dem preußischen Ausführung8- Gesetzentrwourf für das Bürgerliche Geseßbu ein Bedürfniß, die Ein- wirkung der reih8geseßlihen Vorschriften auf den bisherigen Rechts- zustand landesgeseßlich flarzustellen, nit anerkennt.“

Mannigfaltiges.

Der Kongreß zur Bekämpfung der Tuberkulose als Nolkskran kheit wurde gestern Abend mit etner zroanglosen Begrüßung der Kongreßtheilnehmer in der strablend erleuchteten Wandelhalle des Reichstagsgebäudes eingeleitet. Als Vorsitzender des Organisations- Comités empfing der Herzog von Ratibor die Delegirten, während deren Damen der Prinzessin Elisabeth zu Hohenlohe - Schillings- fürst, der Vorsitzenden des Damen-Comits3, vorgestellt wurden. Die Kapelle des erften Garde-Feld-Artillerie-Regiments fonzertierte; das von ihr ausgeführte Programm enthielt Kompositionen von Ton- künstlern aller hervorragenden E: Viel Beachtung fanden die in der Rotunde und in dem anstoßenden Saale ausgestellten Pläne von Heilftätten-Anlagen. Die von dem Baurath Schmieden arrangierte Ausftellung giebt ein anshaulihes Bild der Einrichtungen von 43 An- stalten. Eine zweite, von Professor Krönig besorgte Sonder- ausftellung, welche die Lungenspiten-Perkussion betrifft, befindet fich im zweiten Stockwerk des Nordflügels. Mit der Führung der offiziellen Bertreter der fremden Staaten ift der Sohn des Unter-Staatssekretärs Dr. von Bartsch, Oberleutnant von Bartsch, Adjutant im Königin Elisabeth Garde-Grenadier-Regiment, betraut worden, der sich bereits geftern die Orientierung der Herren in zuvorkommendster Weise an- gerener sein ließ. Für die Damen ist eine Reihe gemeinschaftlicher

usflüge und Besichtigungen vorgesehen. Heute Nachmittag werden die Damen der Kongreßtheilnchmer im ranenklub empfangen werden ; morgen Nachmittag findet eine Besichtigung des Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinder-Krankenhaufes, am Freitag. u. a. eine Besichtigung des Lettehauses statt, Am Sonnabend Nachmittag will Frau Ellen