1899 / 126 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 31 May 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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D B R E I Ä Bi B ¿t E Bz R

L FO R L A

\Lied bewilligt. Heinicke, L. im 5. Inf. Regt. Prinz Friedrich August Nr. 104, zu den Offizieren der Res. dieses Negts. übergeführt. Sonntag, charakteris. Major z. D. und Bezirks-Offizier beim Landw. Bezirk Dreóden-Altst., kommandiert zum Kriegs-Ministerium, unter Enthebung von dieser Stellung, Foitgewährung der geseßlichen Dent und mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform des Fuß- é L, Nr. 12 mit den vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied ewilligt. j Im Beurlaubtenstande. 2%. Mai. Bührdel, Oberlt. der Inf. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Dresden-Altst., Dr. S teg- li; Oberlt. der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Dreëden- Alt, Weber (Paul), Kunten, Oberlts. der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Leipzig, Andreae, Graf, Greif, Schüttel, Oberlts. der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Beiirks Plauen, Schrag, Lt. der Jnf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Dresden - Altst., Welcker, Lt. der Inf. 2. Aufgebots . des Landw. Bezirks Leipzig, Dr. SéHneidewind, Lt der Fuß-Art. 2. Aufgebots desfelben Landw. Bezirks, Meine, Oberlt. des Trains 2. Aufgebots desfelben Landw. Bezirks, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Aufgebots der Abschied bewilligt Fm Sanitäts-Korps. 25, Mai. Dr. Lange, Ober-Stabs- arzt 1. Kl. und Regts. Arzt vom 2. Königin-Hus. Regt. Nr. 19, unter Verleihung des Charakters als Gen. Oberarzt, in Genehmigung seines Abschiedagesuhes mit Pension und der Erlaubniß zum Fort- tragen der bisherigen Uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen zur Diép. gestellt. Dr. Langer, Ober-Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt vom 12. Inf. Reat. Nr. 177, ¡um Ober-Stabsarzt 1. KL. bes fördert Dr. Wilke, Ober-Stabsarzt 2. Kl. vom Pion. Bat. Nr. 12, kommandiert zur Wahrnehmung des regimentsärztlihen Dienstes bei dem 2. Königin-Hus. Regt. Nr. 19, als Negts. Arzt zu diesem Regt, Dr. Scherner, Stabs- und Bats. Arzt vom 2. Bat. 10. Inf. Regts. Nr. 184, zum Pion. Bat. Nr, 12, Dr. Martin, Stads- und Bais. Arzt vom 3. Bat. 5. Inf. Regts. Prinz Friedrich August Nr 104, zum 2, Bat. 10. Inf. Regts. Nr. 134, verseßt. Dr. Näther, Oberarzt vom d. Inf. Regt. Prinz Friedrih August Nr. 104, zum Stabs- und Bats. Arzt des 3, Bats. dieses Regts. befördert. Dr. Vetter, Oberarzt vom Pion. Bat. Nr. 12, in das 5. Inf. Regt. Prinz Friedrih August Nr. 104 versezt. Dr. Maue, Ast. Arzt vom 12. Inf. Regt. Nr. 177, zum Oberarzt befördert. Dr. Poleck, Königl. preuß. Assist. Arzt der Ref. a. D., im aktiven Sanitäts-Korps ais Assist. Arzt bei dem 10. Inf. Regt. Nr. 134 mit Patent vom 24. Juni 1898 C angestellt. Renken, Schneider- Zeußius, Assist. Aerzte der Res. des Landw. Bezirks Plauen, zu Oberärzten, Dr. Stahr, Unter- arzt der Res. des Landw. Bezirks Meißen, Dr. Böhmig, Unterarzt der Res. des Landw. Bezirks Dresden - Neust., Dr. Friedrich, Dr. No enber, Unterärzte der Ref. des Landw. Bezirks Leipzig, zu sist. Aerzten, befördert. Klien, Stabsarzt der Nes. des Landw. Bezirks Leivzig, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Aufgebots, Dr. Stärker, Stabearzi der Landw. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Plauen, der Abschied bewilligt.

Nichtamtliches. Deutsches Neidée.

Preußen. Berlin, 31. Mai.

Seine Majestät der Kaiser und König führten bei der gestrigen Parade des Garde-Korps, welcher Jhre Majestät die Kaiserin und Königin sowie Seine Kaiser- lihe und Königliche Hoheit der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich-Este, Seine Königliche Hoheit der Prinz Johann Georg von Sachsen, Seine Königliche Hoheit der Herzog Nikolaus von Württemberg und die Bier eingetroffenen ósterreichishen Offiziere beiwohnten, bei beiden Vorbeimärschen das zweite Garde-Regiment z. F. Jhrer Majestät der Kaiserin und der Erzherzog Franz Ferdinand hierauf das Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiment, à la suite dessen Höchst- derselbe gestellt worden war, Seiner Majestät dem Kaiser vor. Nah dem Schluß der Parade ritten Seine Majestät in Begleitung des Erzherzogs L Ferdinand an der Spiße der Fahnen-Kompagnie nah dem Königlichen Schlosse.

Nachmittags nahmen Seine Majestät die Vorträge des Chefs des Zivilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus und d:s Kriegs - Ministers, Generalleutnants von Goßler entgegen.

Nach der Vorstellung im Opernhause geleiteten Seine Majestät der Kaiser den Erzherzog Franz Ferdinand nach Höchstdessen Absteigequartier im Hotel Bristol und kehrten als- dann mit Jhrer Majestät der Kaiserin nah dem Neuen Palais zurü.

Heute Vormittag um 10 Uhr nahmen Seine Majestät der Kaiser im Lustgarten zu Potsdam die Parade über die dortige Garnison ab. Der Parade wohnten ZJhre Majestät die Kaiserin vom Stadtschlosse aus, Jhre Königlichen Hoheiten der E etonn Georg von Sachsen und der Herzog Nikolaus von Württemberg im Gefolge Seiner Majestät bei.

Nach der Paradetafel im Stadtschlosse reisten Jhre Kaiser- lihen und Königlichen Majestäten Nachmittags um 2 Uhr von der Station Wildpark nah Kiel ab.

_ Bei der Paradetafel, welche gestern Nachmittag um 6 Uhr bei Jhren Kaiserlichen und Königlichen Majestäten im Weißen Saale des hiesigen Königlichen Schlosses stattfand, erhob Sich Seine Majestät der Kaiser und König Ln Trink- Aeu in roelchem Allerhöchstderselbe, dem „W. T. B.“ zu- olge, jagte:

Mit Freude habe Ihn der Anblick Seiner Kaiserlien und Königlichen Hoheit des Erzherzogs Franz Ferdinand an der Spitze des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments erfüllt, des Regiments, das mit Stolz den Namen des hohverehrten Kaiserlichen Herrn trage, und das sich so vieler Beweise der Gnade und der Für- forge seitens seines Chefs zu erfreuen habe. Er erblicke in dem gefrigen Tage eixen neuen Beweis für die treue alte Waffen- rüderschaft, die beide Heere und beide Häuser verbinde, und Er ver- einige Glückwunsh und Willkommensgruß für Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und das gesammte Kaiserliche Haus. „Seine Majestät Kaiser Franz Ioseph Hurrah! Hurrah! Hurrah !“

Die Musik intonierte danach die österreihishe Hymne.

Hierauf erhob sih Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Franz Ferdinand und erwiderte:

Er sprehe im Namen seines Kaisers und in feinem Namen den Dank aus für die gnädigen Worte des Kaisers und den gnädigen Empfang, der ihm hier bereitet worden. Mit besonderer Freude habe es ihn erfüllt, daß ihm gestern Gelegenheit geboten worden, der herrlihen Parade des Garde - Korps beiwohnen zu können, und nicht minder mit Stolz und reude, demselken nun auch anzugehören. Er erhebe sein Glas und leere es auf das Wohl Seiner Majestät des Kaisers und Ihrer Majeftät der Kaiserin. „Seine Majestät Kaiser Wilhelm und Ihre Majestät Kaiserin Auguste Victoria hoh! hoh! hoh!“

Die Musik stimmte hierauf die Hymne „Heil Dir im Siegerkranz“ an.

Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenarsißung, Vorher beriethen .… die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und E und für Handel und Verkehr, sowie die vereinigten Ausschüsse für Rehnungswesen und für Elsaß-Lothringen.

Kiel, 31. Mai. Jhre Königlichen Hoheiten der Groß- herzog und die Großherzogin von Baden find heute Vormittag hier eingetroffen.

Vayern.

Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent is mit Jhren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Therese, Mathilde und Hildegard gestern früh von Wien wieder in München eingetroffen.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Jn der heutigen Sißung des gemeinsamen Landtags der Herzogthümer Coburg und Gotha führte, wie „W. T. B.“ berichtet, bei der Etatsberathung der Abg. Liebetrau aus, daß die Frage der Thronfolge in den Herzogthümern Coburg und Gotha über die Grenzen derselben hinaus in weiten Kreisen eifrig und ernst be- \sprohen werde, wozu niht zum geringsten manche be- fremblihe Acußerung der englischen Presse den Anlaß gegeben habe. Der Landtag weise das vorgeschlagene Ein- greifen der Reichsinstanz zurück und lege dagegen Ver- wahrung ein, als könne Land und Volk von Coburg und Gotha als ein todtes Familienerbstück betrachtet werden. Nach 8 4 der Verfassung habe der Herzog seinen wesentlichen Auf- enthalt im Staatsgebiet zu nehmen, um mit den Zuständen des Landes und den Bedürfnissen des Volkes vertraut zu sein. Dieser Gesichtspunkt sei auch für den Thronfolger geltend, der seinen , wesentlihen Aufenthalt im Lande nehmen müsse, Nach dieser Richtung hätte die Staatsregierung längst eine beruhigende Erklärung erlassen sollen. Er glaube im allgemeinen Einverständniß zu handeln, wenn er diese hoch- bedeutsame Frage anrege und der Staatsregierung Gelegenheit zur Aeußerung gebe, bevor dieser Angelegenheit an Wichtigkeit nachstehende Fragen bei der Etatsberathung besprochen würden. Hierauf brachte der Abg. Arnold folgenden Antrag ein: „Der gemeinsame Landtag wolle die Herzogliche Staats- regierung ersuchen, an hocster Stelle darauf hinzuwirken, daß der nach menschlihem - Ermessen dereinst zur Thronfolge berufene Prinz Arthur von Connaught baldmöglichst seinen wesentlihen Aufenthalt in den Herzog- thümern Coburg und Gotha nehme, daselbst- cine deutsche Erziehung erhalte und sih mit den Verhältnissen seiner neuen Heimath aus eigenen Anschauungen vertraut mache“. Diesen Antrag wollte der Staats - Minister von Strenge an die Kommission verwiesen wissen, um dort Erklärungen abzugeben, die sih der Oeffentlichkeit entziehen sollten. Der Landtag beschloß jedoch die sofortige Abstimmung und nahm den Antrag gegen die Stimmen der Sozialdemokraten an.

BDefterreih-Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern Nachmittag den Minister des Auswärtigen Grafen Goluchowski, den Reichs-Finanz- Minister Baron von Kallay und den ungarischen Minister- Präsidenten von Szell in Audienz. Die ungarischen Minister werden heute Nachmittag nah Budapest zurükkehren.

In einer gestern in Prag abgehaltenen Versammlung beschlossen die deutscchfortschrittlihen Abgeordneten pa böhmischen Landtag, ihre Mandate nicht nieder- zulegen.

Frankreich.

Der Senat genehmigte gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Vorlage, betreffend das british-französishe Niger- Abkommen, nahdem der Minister des Auswärtigen Del- S die Vortheile desselben dargelegt hatte. Das Budget lie dec Senat wieder der Deputirtenkammer zugehen. Diese genehmigte nicht alle Abänderungen des Senats, sandte deshalb ihrerseits das Budget an den Senat zurück und vertagte sih bis 91/2 Uhr Abends, um das Budget aus dem Senat zurück zu erwarten. Der Senat lehnte noch- mals einige von der Deputirtenkammer vorgenommene Ab- änderungen des Budgets ab und vertagte sih bis 101/, Úhr Abends. Nah der Wiederaufnahme der Sißung der Deputirtenkammer vekämpfte der Deputirte Pelletan von neuem die vom Senat beschlossenen prinzipiellen Abänderungen des Budgets. Der Minister- Präsident Dupuy und der Unter-Staatssekretär Mougeot betheiligien sih an der Debatte und traten für die Abände- rungen ein. Schließlih nahm die Kammer das ganze Budget mit 459 gegen 44 Stimmen an und unterbrach hierauf die Sißung, um die weiteren Beschlüsse des Senats abzuwarten. Wenige Minuten vor Mitternaht wurde die Sißung des Senats wieder eröffnet. Der Finanz-Minister A brachte das Budget von neuem ein und erklärte, daß er angesichts der entgegenkommenden Haltung der Deputirtenkammer auf den übrigen streitig gebliebenen Forderungen nicht be- stehe. Hierauf nahm der Senat das ganze Budget einstimmig an und vertagte sih sodann bis Dienstag. Kurz nah Mitternacht wurde die Sigung der Deputirtenkammer wieder eröffnet. Der Präsident theilte mit, daß der Senat nunmehr das Budget in Uebereinstimmung mit dem leßten Beschluß der Kammer angenommen habe. * Hierauf vertagte sih die Kammer bis morgen.

Jn der gestrigen Sißung des na LENENSROIEE fuhr Ballot-Beaupré in seinem Berichte fort und erklärte, er werde nun die Gründe prüfen, welhe gegen die Revision sprähen. Er crkannte an, daß die i ter im Prozeß von „1894 bei der Unterlassung einer Mittheilung dér geheimen Aktenstüke an den Angeklagten und seinen Vertheidiger in gutem Glauben gehandelt hätten, aber die Echtheit sämmtlicher Schriftstücke der geheimen Akten sei anzweifelbar, und dicse bildeten kein Hinderniß für - die Revision. Ballot - Beaupré begründete dann seine Ar- sicht, daß die Prüfung sich einzig und allein mit der E und dem Papier, welhe das Bordereau aufweise, befassen müsse, und erklärte, er sei wegen der Aehnlichkeit des Papiers und der Handf rift im Bordereau mit der von zwei auf sehr feinem Papier ge riebenen Briefen, als deren Verfasser sich Esterhazy bekannt habe, zu der Ueber- eugung gelangt, daß Esterhazy das Bordereau geschrieben abe, Ballot-Beaupré spra sich zum Schluß für die Revision und Verweisung anein neues Kriegsgericht aus. Sodann ergriff der

General-Prokurator Man au das Wort, um seine Anträge zu begründen. Er erhob Einspruch gegen die Beschuldigung der Parteilichkeit und betonie seine Liebe fär die. Armee, deren Interesse es sei, sich der Verräther zu entledigen. Das Borderéau bilde die Hauptfrage des Prozesses. Dasselbe rühre in Wirklichkeit aus dem August her und nicht aus dem April oder Mai, wie man anfänglih angenommen habe. Das neue Datum bilde unstreitig ein neues Faktum, dur das noch überdies weitere neue Thatsachen geschaffen würden. Manau bezeichnete die Expertise Bertillon’s als unbegreiflich, besprah die übrigen Gutachten und führte auf Grund der- selben aus, daß das Bordereau von Esterhazy herrühre. Manau besprah sodann die verdächtige Haltung Esterhazy's und meinte, die Expertise vom Jahre 1897 sei fehlerhaft ge- wesen und habe die Nichter im Jahre 1897 ebenso täuschen fönnen, wie sie die Richter im Fahre 1894 getäusht habe. Um 5 Uhr wurde die Sitzung ohne Zwischenfall aufgehoben. Manau wird seine Rede heute fortseßen.

Vor dem Schwurgericht wurde gestern die Verhandlung gegen Déroulède und Habert fortgescßt. Bei Beginn der Sißung erklärte Déroulède, um die Bemerkungen gewisser Blätter richtig zu stellen, daß er keineswegs eine Dynastie, sondern eine plebiszitäre Republik wünsche. Die als Zeugen vernommenen Generale Hervé, Lannes, Barrès und Lemaitre hoben den Patciotismus Déroulède’s hervor. Quesnay de

Beaurepaire tadelte dic Haltung Loubet’s in der Panama-An--

gelegenheit und gab dann einen Rückblick auf die Geschichte derselben, spendete Déroulède und Habert lebhaftes Lob und erklärte, sie hätten sih großer Opfer, aber keiner shlechten Handlung fähig gezeigt. Sie hätten sih als Männer von zu hohem Sinn Lr ihre Zeit erwiesen. Es folgte die Ver- nehmung von Mérillon, Provost de Launay, Henri Houfssaye, Détaille und Carolus Duran sowie einiger weiterer Zeugen, die sich günstig für Déroulède aussprachen. Die Auésagen mehrerer anderer Zeugen waren ohne besonderes Jnteresse. Um 4 Uhr wurde die weitere Verhandlung auf heute vertagt. Der Kreuzer „D’Assas“ mit dem Major Marchand an Bord traf gestern Mittag in Toulon ein. Marchand wurde unter lebhaften Begrüßungen von seiten der Be- völkerung nach der Marine - Präfektur geleitet, wo ihn der Vize - Admiral de la Zaille beglücwünshte und will- fommen hieß. Marchand sprach dem Admiral seinen Dank aus. Die Admiralität und die Generalität ließen so- dann auf dem Quai die Expedition Revue passieren, und Vize- Admiral de la Jaille überreihte unter dem Beifall der Menschenmenge Marchand das Kommandeurkreuz der Ehren- legion. Darauf begab sich Major Marchand in das Stadt- haus, wo er von den Gemeindebehörden begrüßt wurde.

Rußland.

Die außerordentliche Session des finländishen Land- tags ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern durch den General- Gouverneur, welcher die betreffende Kaiserlihe Verfügung verlas, geschlossen worden.

Ftalien.

In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer wurde die Wahl des Präsidenten vorgenommen. Der von der Regierung unterstüßte Deputirie Chinaglia wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, mit 2283 Stimmen zum Präsidenten ge- wählt. Zanardelli erhielt 193 Stimmen. Außerdem wurden 16 weiße und 3 ungültige Stimmzettel abgegeben. Sodann seßte die Kammer die Berathung der Tagesordnungen be- züglih der Erklärungen der Regierung fort.

Die großen Manöver, an denen die beiden ersten Armee-Korps nebst einer aus vier Jnfanterie-Neaimentern und zwei Bersaglicri-Bataillonen bestehenden Mobil-Miliz-Divifion und einer zusammengestellten Kavallerie-Division theilnehmen, finden vom 28. August bis 8. September einschließlich statt; die Feldmanöver im Divisionsverbande bei den übrigen Armee- Korps zu derselben Zeit. Belagerungsübungen finden vom 1. bis 23. August stait! die näheren Bestimmungen sind noch vorbehalten. Die Kavallerieübungen sind folgender- maßen festgescht: 1) Beim TIL., V. und X. Armee-Korps (Mai- land, Verona und Neapel) übt je eine Kavallerie-Brigade im September 15 Tage lang nah näherer Anordnung des General- Kommandos. 2) Die Regimenter Piemonte Reale cavalleria (Nr. 2), Lancieri di Aosta (Nr. 6), Cavalleggieri di Caserta (Nr. 17) und Cavalleggieri Umberto T. (Nr. 23), die den drei ersten Kavallerie-Brigaden angehören und in Oberitalien stehen, treten am 16. August im Lager von Cameri zu einer Division zusammen und üben in diesem Verbande bis zum Beginn der großen Manöver, an denen sie theilnehmen. 3) Die Cavallegieri-Regimenter di Monferrato (Nr. 13), di Alessandria (Nr. 14), di Lucca (Nr. 16) und di Catania (Nr. 22) halien in der zweiten Hälfte des August bei Gelegenheit des Garnisonwechsels im Bereih des IX. Armee - Korps (Rom) Uebungen im Aufklärungsdienst und im gemeinsamen Exerzieren ab. Kadremanöver werden nah den kürzlih aufgestellten Grundsäßen in diesem Jahre beim L, TL, VI., VIIL, IX. und RXI. Armee - Korps statifinden, Kadre-Belagerungs- übungen beim IV. und V. (Piacenza und Verona) unter Be- theiligung von Offizieren des IIT. und VII. (Mailand und Ancona), Kadre - Kavallerieübungen im Gelände des Ÿ, Armee - Korps durch die in Verona und Padua stehende 4 und 5. Brigade.

Spanien.

Der Ministerrath hat, dem „W. T. B.“ zufolge, das Kriegsbudget und die an die Cortes zu richtende Königliche Botschaft enchmigt. Die Königin-Regentin unter- zeichnete ein Dekret, dur welches der Marschall Campos zum Präsidenten des Senats ernannt wird.

Niederlande.

Die Originalfassung der russishen Vorschläge über das Schiedsgericht ist, wie das „Reuter'she Bureau“ aus dem Haag meldet, gestern veröffentliht worden. Die Vorschläge sind im wesentlichen folgende: Jm Falle ernster Meinungs- verschiedenheiten oder eines Zerwürfnisses sollen die Signatar- Mächte, bevor sie zu den Waffen greifen, soweit die Umstände es gestatten, die guten Dienste oder die Vermittelung einer oder mehrerer befreundeten Mächte in Anspruch nehmen. Wenn die Zerwürfnisse Fragen von politishem Interesse betreffen, bieten die bei dem Konflikt niht betheiligten Mächte aus eigener Jnitiative den streitenden Mächten ihre guten Dienste zur Herbeiführung einer freundschaftlihen Lösung an, welche die Interessen der übrigen Staaten nicht verlegt. Vermittelung und gute Dienste haben einzig und allein den Charakter cines freundschaftlichen Rathes und nicht etwa den eines bindenden

Zwanges. Falls sih der Streit auf Rechtsfragen bezieht, findet unächst eine Jnterpretation oder A der be tehenden Beriräge statt. Das Schiedsgericht wird als das wirksamste und gerechteste Ausgleichsmittel anerkannt. Die Mächte ver- ues ih, sich an das Schiedsgericht zu wenden, sofern die strittigen Fragen nicht die vitalen Jntercssen oder die nationale Ehre der streitenden Parteien berühren. Das

. Schiedsgericht i} dagegen obligatorish, wenn sich die

Differenzen oder die. wistigkeiten auf pekuniäre Ent- schädigungen beziehen, oder falls die Meinungsverschieden- heiten auf die Jnterpretation oder Auslegung der in ‘den russishen Vorschlägen einzeln aufgeführten Verträge und Kon- ventionen Bezug haben. Die Zahl der angeführten Verträge wird noch durh Uebereinkommen der Signatar-Mächte erhöht werden können. Jede einzelne Macht wird außerdem noch mit einer anderen Macht ein besonderes Abkommen treffen können, um das Schiedsgericht obligatorisch zu machen. Fu alle übrigen nicht erwähnten Fälle ist das Schiedsgericht rein afultativ. Eine internationale Untersuhungskommission wird die Umstände fest- stellen, welche das betreffende Zcrwürfniß herbeigeführt haben, und dur eine unparteiishe Prüfung der Thatsachen über die Ur- sahen Aufschluß geben. Jede der beiden interessierten Regie- rungen ernennt zwei Mitglieder, und diese vier wählen ein fünftes, welches zugleich Präsident der Kommission ist und einen Bericht zu erstatten hat, der in keiner Weise einen Schieds\pruch bedeutet, sondern die Möglichkeit gewährt, ein Abkommen zu schließen oder an das Schiedsgericht zu appellieren. Den Vorschlägen ist ein vollständiger Kodex für das Schiedsgericht beigefügt. 8 | i Die Sektion der Il. Kommission, welche sich mit der Akte der Brüsseler Konferenz von 1874 zu beschäftigen hat, hielt, dem oben genannten Bureau zufolge, gestern eine Sißung ab und nahm in zweiter Lesung die Fassung der Artikel 23 bis 34, betreffend die Kriegsgefsangenen, an, über welhe in der vorigen Sigzung ein Ein- verständniß erzielt war. Dann ging die Sektion zur Be- rathung der Fragen über Parlamentäre, Kapitulation und Waffenstillstand ‘über, welche in den Artikeln 43 bis 52 ein- \chließlich enthalten sind. Man kam auch hier zu einer Ver- ständigung und wird die Artikel in der nächsten Sizung einer weiten Lesung unterziehen. Die andere Settion der il. Kommission trat gestern ebenfalls zusammen und berieth in erster Lesung über die Zusagartikel zur Genfer Kon- vention von 1868, betreffend die Ausdehnung dieser Konvention auf den Seekrieg. Diese Zusagartikel von 1868 erfallen in drei Kategoricn, betreffend das Material, das Nersonal und allgemeine Dispositionen. Gestern wurden die Artikel über das Material berathen und mit einigen gering? fügigen Aenderungen in erster Lesung genehmigt.

Belgien.

Wie „W. T. B.“ aus Brüssel meldet, trat die inter- nationale Konferenz zur Regelung der N von Alkohol und des Verkaufs von Spirituojen in Afrika gestern zu einer Plenarsizung zusammen. Der Bericht der zur Vorberathung der Frage gewählten Kom- mission wurde genehmigt und die verschiedenen Artikel des Entwurfs eines Abkommens angenommen, bis auf wei, über welche in der morgigen Sißzung berathen werden l. Wenn auch über diese Punkte ein Einvernehmen erzielt wird, so dürfte das Abkommen in den ersten Tagen der nächsten Woche unterzeihnet werden.

Afrika. s Aus Pretoria wird gemeldet, daß der Präsident Krüger gestern von dori nah Bloemfontein abgereist sei.

Nr. 21 der „Veröffentlihungen des Kaiserliden Ge- sundbheitsamts“ vom 29. Mai hat folgenden Inhalt: Personal- Nachrichten. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest Aus dem Sanitätsbericht über die bayerishe Armee, 1894/96. Mittheilungen aus Neu-Süd- Wales, 1895/96. Desgl. aus Victoria, 1896. Desgl. aus Queensland. Desgl. aus Neu-Seeland. Geseßgebung u. f. wo. Preußen.) Aerztlihe Verordnungen. (Reg.-Bez. Breslau.) Kind- (tiber. (Reg.-Bez. Lüneburg.) Leichenfeierlichkeiten. E (Bayern.) Beförderung von Geflügel. (Württemberg.) Geheim- mittel. (Braunschweig.} Tollwuth. (Hamburg.) Arznei- mittel, (Ztalien.) Dünger, Boden, Wein 2c. Gang der Thierseuhen im Deutschen Reich, 15. Mai. Detgl. in Bosnien und der Herzegowina, 1893. Desgl. in Großbritannien, 1. Vierteljahr. Zeitweilige Maßre geln gegen Thterseuchen. (Deutsches Reich, Preußische Reg.-Bezirke Merseburg, Bayern, Mecklenburg- Strelitz, Oesterreih, Malta). Verhandlungen von geseßgebenden Körperschaften. (Neu-Süd-Wales8.)- Tuberkulose. Geschenklifte. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutshen Diten mit 40 009 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Deégl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Gerichtliche Entscheitungen zum Nahrungsmittelgeseb (Maul- und Klauenseuche, Blutzersetzung, infektiöse Lähme 2c.).

Statistik und Volkswirthschaft.

Untericheidung der Brandverluste in Preußen im Jahre 19 g 1895 nah Gegenständen. Gai

Stat. Korr.) Die Hauptergebnisse der preußischen Brandstat für r: Fahr ros Die La jeder Gemeindegruppe find vor kurzem mitgetheilt worden.*) Vertheilt man die Verluste naß Gegen-

standsgruppen, so ergeben sich Lausen D n n

Gemeindegruppen | y Land- größere kleinere ge- Guts- | zusam-

für Berlin Städte Städte nene bezirke | men

Immobilien 3 633 8021 30442 6153| 49 198 6 172 29 131| 709

E n 120 80 762 408| 1277

landwirthshaftl.

dukt

kte 463 1047 6801 3 790 12 069 Brennmaterial . . . - 2 29 36 262 311 360 gewerblihe Rohstoffe . 577 606 676 1599 711 3529 fertige Waaren . . « - 692 1571 1171 2422 208] 6064

ausrath 319 1314 1437 5797 592| 9460 rbeitsmaschinen . 974 1205 1018 83312 876] 6 685

ni b. 162 495 87 2234| 1748 M E 28627 9004 13982 52254 12 323| 90 390

|

*) S. Nr. 18 d. Bl. vom 16. Mai d. I.

Aus den Verlustwerthen lassen sich einige Verhältnifßzahlen berehnen, welch- die wee bli sehr bedeutenden Abweichungen von einer Gemeindegruppe zur anderen deutlih vor Augen führen. Fm Jahre 1895 fielen Hunderttheile VeN E Beer anes

n

z gröôße- fiecine- Land» Guts- Bedin 20 e bi [en Städ- Städ- mein- ¡rfen | \ammen luft ten ten bén

a vom Gesammtverluste auf Immobilien . . 33,593 40,39 57,37 58,26 49,93 | 54,43 b. vom Verluste an Im- mobilien auf fest- stehende Motoren 0,00 4,02 215 085 2113| 1/44 c. yom Verluste an Mo-

bilien an Vieh Mos 0,30 0,37 1/34 350 6,61 3,10

landw. Produkte .. 0,48 8,62 17,57 31,18 60,78 | 29,30 Brennmaterial ... 0,11 0,54 0,60 1/20 051 | 0,88 gewerbliche Rohstoffe 30,71 11,29 11,34 7,33 1,19 8,57 fertige Waaren .. . 36,82 2926 19,66 1110 3,37 | 14,72 Hausrath 1702 2447 24,11 2658 9,59 | 22,97 Arbeitsmaschinen . . 14,57 22,43 17,08 15,18 14,20 16,23 niht unterschiedene . 302 831 3,93 3,79| "4/24

Die diesjährige Generalversammlung des Deutschen Syarkassen-Verbandes findet am Sonnabend, den 3. Juni, Vormittags 11 Uhr, im Geschäftshause des Kreises Teltoro, Nifktoriasiraße 18, hierselbst statt. Die Tagesordnung lautet: 1) Erledigung der im § 14 der Verbands - Saßungen vor- geshriebenen Geschäfte, nämlich: a. Erstattung des Geschäfts» berichts, b. Festitelung des Haushaltsplans für das Jahr 1899, c. Vorstandswakhlen, d. Entlastung wegen der Vereins- reGnungen für 1897 und 1898, fowie Neuwahl der Rechnungs- Revisoren. 2) Geschäftliche Mittheilungen. 3) Kontokorrent- und Checkverkehr bei den Sparkassen. Berichterstatter: Regierungs - Rath Dr. Seidel: Wiesbaden und Sparkassenverwalter Lefer-Lahr. 4) Das Bürgerliche Geseßbuh nah seiner Wirkung im Geichäftsbereich der öffentlichen Sparkass:n. Berichterstatter : Landgerichts-Rath K Schneider- Cassel und Stadtsyndikus Götting - Hildesheim. 9) Das R:chnungs- jahr der Sparkassen. Berichterstatter: Stadtrath Kunckel-Königsberg,

Zur Arbeiterbewegung.

Zur Lohnbewegung der Riemendreher in Barmen erfährt die „Rh.-Westf. Ztg.*, daß troß der Beschlüsse in der Textilarbeiter- versammlung von Sonnabend Abend (val. Nr. 125 d. Bl ) und troß der Warnungen ein Theil der Arbeiter der Firma Bartels, Dierichs v. Co. am Montag Nachmittag die Arbeit eingestellt hat. Die Ausftändigen verlangen den 10 stündigen Arbeitêtag. Die Firma will den 10 stündigen Arbeitsrag im Laufe des Jahres einführen, hat aber die Forderung der Strikenden, dies \chriftlich zu bestätigen, ab- elehnt.

7 e Ausstand der Steinbruchsarbeiter in Gommern (val. Nr. 113 d. Bl) meldet die „Magd. Ztg.*, daß alle Ginigungs- versube gescheitert seien, der Ausstand also unverändert fortbestehe. Die kürzlich dort angelangten fremden Arbeiter sind wieder abgereist.

Hier in- Berlin haben die ausftändigen Steinfegzer (vgl. Nr. 123 d. Bl.) beschlossen, das Gewerbegeriht als Einigungsamt anzurufen, und find, der „D. W.* zufolge, geîtern in den allgemeinen Ausstand eingetreten, um auf diese Weise der angedrohten Aussperrung dur die Arbeitgeber zuvorzukommcn. Ueberall da, wo _ die Forde- rungen der Gesellen neunftündige Arbeitszeit bei einem Stundeulohn von 65 A noch nit bewilligt sind, foll sofort die Arbeit nieder- gelegt werden. Wie in einer Montag Abend abgebaltencn Verfammlung mitgetheilt wurde, arbeiten voa den 800 Berliner _ Steinsetzern bereits nahezu 200 zu den neuen Bedingungen. Durch Schreiben der hiesigen Steinsetzer-Innung an den Gesellenaus\chuß vom 26. d. M. wird der Innungsbes{chluß fundgegeben: „1) sobald die Zrwoangsinnung ein- geführt ist, mit dem Gesfellenausschuß über die Arbeits- bedingungen zu verhandeln, .2) von jeßt ab keine neuen Gesellen mehr einzustellen, und 3) falls der Strike bis 31. d. M. niht beendet sein sollte, einen Generalstrife der Meister eia- treten zu lassen und sämmtliche Gesellen so lange auszusperren, bis die Arbeit in vollem Umfange wieder aufgenommen wird.“ Die Zahl der Ausständigen ist auf 350 gestiegen, In den Straßenarbeiten ift ein nahezu vollständiger Stillstand eingetreten. Die Berliner Stein- sezer-Firma H. Hein hat, ebenso wie die Firma Siemens u. Halske, die beim Hochbahnkau gleichfalls eine Anzahl Steinsetzer besck@äftigt, die Gesellenforderungen bewilligt. : : i i

Zum Bergarbeiter-Ausstand în Lothringen wird der „Köln. Ztg.“ unter dem gestrigen Tage aus Saarbrücken gemeldet : Die heute Vormittag von etwa 150 ausstandigen Bergleuten der Privatgrube Spittel besuchte Versammlung în Lauterbach besloß, daß heute Nachmittag fämmtlicze jüngeren Bergleute ihre Abkehr und Auslohnung verlangen sollea, ura anderweitig Arbeit zu suchen. Heute feiern 422 Mann, 144 arbeiten. Eine gestern im Walde bei Lauter- bach geplante Versammlung wurde durh die Polizei verbindert, worauf etwa 150 Mann nah Karlingen vor die Direktorwohnung zogen, wo gesungen und geredet wurde; Ausschreitungen kamen ait vor. L

s Fn Bremen haben, einer Nachricht der „Voss. Ztg.“ zufolge, fämmtlihe Dachd eckergehilfen gestern die Arbeit einge tellt. :

In Leipzig beschlossen, wie die „Lvz. Ztg." mittheilt, die Studateurgehilfen ineineram Montag abgehaltenen Versammlung, am Dienstag in den allgemeinen Ausstand einzuireten. Am Sonntag hatten die Gehilfen beschloffen, von einem Ausftand abzusehen, wenn die am Montag einberufene Innungsversammlung wenigstens die Einführung der 84 flündigen Arbeitszeit für den 1. April 1900 bindend zusihern würde. Das scheint nitt ges: hen zu sein; denn gestecn früh is der Ausstand ausgebrohen. ] :

Zur Lohnbewegung der böhmischen Textilarbeiter (vgl, Nr. 109 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ vom gestrigen Tage aus Brünn telegraphiert : Heute fand hier eine Versammlung der Woll- waarenfabrikanten statt. Es wurde teschlossen, weiter einig gegen die Forderungen der Arbeiter zusammenzustehen. Es verlautet, daß für pie nächste Zeit die Schließung zweier Fabriken mit 1000 Arbeitern bevorstehe. L :

Der allgemeine Ausstand in den Werken von LeCreuzot (vgl. Nr. 125 d. Bl.) ist, dem „W. T, B.° zufolge, troy der Be- mühungen der Behörden, die Streitigkeiten beizulegen, ausgebrochen. Eine Anzahl Ausständiger schleuderte Steine gegen die Gebäude. Ein Gendarm wurde S Ei Negiment Kavallerie wurde zur Aufrechterhaltung der Ordnung herbeigeruten. :

ia jan Arbeiterunxuhen in Riga (rgl. Nr, 119 und 122 d. Bl.) entnimmt „W. T. B.“ einer Korrespondenz der „St Peters- burger Zeitung“ folgende Mitiheilungen : Beim Zusammenstoß der Arbeiter der Waggonfabrik „Phönix“ am 17. d. M. und der Arbeiter anderer Fabriken mit der Polizei und dem Militär wurden sieben bis aht Perfonen getödtet und 20 verwundet, wenn man nur diejenigen zählt, die noch an demselben Tage im staatlichen Krankenhause verbunden werden mußten. In der Nacht vom -18. zum 19. wurden 13 öôffentlihe Häuser in der St. Petersburger und Moskauer Vorstadt von Arbeitern theilweise in Brand gesteckt und einige voliständig demoeliert; sämmtliche 13 Häuser sind gänzli unbewohnbar gemaht worden. ÎIn der folgen- den Nacht seßten die Arbeiter die Vernichtung der öffentlichen Häuser in der Moskauer Vorstadt fort. Am 29. Nachmittags wurden zwei fehr große derartige Häufer in der St. Petersburger Vorstadt völlig vemotiert. Bis zum 20. richteten sich die Angriffe der Arbeiter und des Pôbels nur gegen die öffentlihen Häuser und einige Schankrwirthschaften niedrigsten Ranges in der Moskauer Vorstatt. Ju der Nacht vom

90, auf den 21. Mai wurde das 6 Werst von Riga an der Pcters-

burger Chaussee gelegene Vergnügungslokal Villa Nova völlig demeliret isse 99 ab begannen die Arbeiter auch die Fabriken an- zuzünden und zu zerstören, Das Operationéfeld wurde nun auf die Mitauer Vorstadt, auf dem linken Düna-Ufer, verlegt, wo viele Fabriken stehen und militärishe Hilfe s{hwer zu erlangen ist. Dort haben die Fabriken seit dem 22. d. M. Tag für Tag unter der Zerstörungs- wuth der Arbeiter und ihrer Anstifter zu leiden gehabt, wobei es zu einer fleinen Stlaht fam. Die Kosaken sollen energisch vorge- gangen sein. Das Beamtenpersonal einer Fabrik mußte, bis mili- tärishe Hilfe eintraf, mit den Waffen in der Hand sein Leben ügen. In etner anderen Fabrik, in welcher sich auch tie Wohnung des technischen Direktors befand, wurde außer dem gesammten Fabrifk- mobiliar auch das in der Privatwohnung des Direktors befind- liz Mobiliar zertrümmert. Die Hauptwaffen der Angreifenden warcn Pflastersteine, die in der Mitauer Vorstadt im Gange befind- liver Pfl:sterungen halber jeßt bequem zu haben sind. Allem Anscheine nach handelt es fic in Riga um sozialistishe und anarchistishe Arstiftungen. In Arbeiterkleidern fteckende Personen betheiligen ih an den Unruhen. Die Leiter der Bewegung, die mit rein anarchistishem Charakter zu Tage tritt, sind bisher nit ermittelt. Wohrscheirlih kamen sie aus anderen Städten des MNeiches, von woker notorische Emissare nah Riga ausgesandt wurden; vor einigen Tagen wurde ein mit Arbeitern stark be- seßter Zug (es sollen einige hundert Mann gewesen sein) angehalten, sodaß diese Leute Riga nicht erreichen konnten. Es \chckchcint, daß der Plan der ganzen Bewegung darauf hinauéläuft, Unzufriedenheit unter den Arbeitern zu errezen und sie zur Verwüstung von Fabriken an- zustaheln. Man lebt in Riga augenblicklih in einem Zustande der Anarchie. Das {ständige Militär ist vor einigen Tagen ins Lager ausgerüdckt, und die vorhandenen paar hundert Maun Kosaken fönnen die weit ausgedehnte Stadt unmögli} überall por hbeimtüdishen Angriffen und Brandstiftungen süßen. Auch die tüchtige Berufs- und freiroillige Feuerwehr kann nit leisten, was sie sonst könute, weil sie bei ihrer Löschthätigkeit durch kleine Jungen gehindert wird, welche, wie das in diesen Tagen vorkam, den Sprigenschlauch zerichneiden und dann spurlos unter die sie shübende Menge vershwinden. Am 26. Mai fand nah einem Privatbriefe cines fehr zuverlässigen Gewährsmannes aus Riga zwischen auéstärdigen und nichtausständigen Arbeitern einer grcßen Gummiwaarenfabrik eine Schlägerei stait. Mit welhem Ecfolge, ift nicht bekannt.

Kunst und Wiffenschaft.

Das Fürstenthum Montenegro hat bei dem schweize- rischen Bundesrath seinen Rücktritt von der am 9. September 1886 zu Bern geschlossenen Uebereinkunft, betreffend die Bildung eines internationalen Verbandes zum Schuße von Werken der Literatur und Kunft (R.-G--Bl. 1887 S. 493 ff.), und somit auch von den am 4. Mai 1896 in Paris zu dieser Uebereinkunft getroffenen Zusagübereinkommen, nämlich einer Zusagzzakle und einer Deklaraiion (R.-G.-Bl. 1897 S. 759 ff. und S. 769 ff.), an-

ezeigt.

M Bnfolge dessen wird die genannte Uebereinkunft nebst den Zusazabkommen im Verhältniß zu dem Fürstenthum Montenegro am 1. April 1900 außer Kraft treten.

Land- und Forftwirthschaft.

Für die diesjährige, in den Tagen vom 38. bis 13. Juni in Franfk- furt a. M. stattfindende Wanderau€éstellung der Deutschen Landwirthshafts-Gesellichaft ist tros maner Bestimmungen dêc Schauordnung, die auf eine Beschränkung der Beschickung hin- wirken, doch wiederum die hohe Zabl von 1228 Rindern zum Wett- bewerb um die ausgeschriebenen Preife angemeltet worden. Die Höhenschläge mit 859 Stück überwiegen bei weitem die Niederungs- ichläge (373); fie stammen ¡um größten Theil (633) aus Süd- devtschland und sind aus Ostelbien gar nicht, aus Westelbien nur durh Hessen-Nassau, Waldeck, Westfalen und Rheinland vertreten. Unter den einzelnen Schlägen steht das große Fleckvieh (Simmenthaler) mit 338 obenan; es folgen das gelbe einfarbige Rind (Schein- felder, Franken, Glan) mit 176, das _graubraune Gebirgsvieh (Allgäuer, Schwyzer) mit 120, das einfarbig rothe mii 86. Das Niederungsvieh (373) f\tammt zur kleineren Hälfte aus Oftelbien (141) mit 69 rothbunten Holsteinern und 61 {warz weißen Rindern (Holländer, Ostfriesen u. |. w.), die größere Hâlfte aus Westelbien mit 128 s{chwarz-weißen, 13 rothbunten, 31 Landrindern, meist aus Westfalen Zur Zugprüfung find außer 10 Bullen und 32 Kühen 26 ODWhsen angemeldet, davon 22 aus Bayern. Im Ganzen werden also 68 von 1228 ausgestellten Rindern ibre Zugbrauchbarkeit zu erweisen haten.

London, 31. Mai. . (W. T. B.) Nah einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Winnipeg (Canada) wird die Menge des noch in den Händen der Farmer befindlißen Weizens auf 5 Millionen Bushels und des in den Silos im Innern lagernden Weizens ebenfalls auf 5 Millionen Bushels ge\chägt. Das Wetter ist für die Saaten günstig.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und AbsperrungsS- Maßregelu.

Der Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche ist dem Kaiserlicen Gefundheitsamt gemeldet worden vom Schlacht-Viebhofe zu Essen a Ruhr am 29. Mai, das Er- [ô\chen der Seue vom Viehbofe zu Bremen am 30. Mai, das Erlöschen der Seuche unter den Rindern vom Zentra!l-Viehhofe zu Berlin an demselben Tage,

Portugal.

Zufolge Verfügung des Königlich portugiesishen Miuistertums des Innern vom 23. d. M. finden die unter dem 14. April 1897 zur Verhütung der Einschleppung der Beulenpeft angeordneten Maßnahmen auf alle Herkünfte aus Alexandrien Anwendung. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 97 vom 26. April 1897.)

Verdingungen im Auslande.

Britisch-Indien.

6, Juni, 12 Uhr. Henry W. Notman, managing-director of the South Indian Railway OESTe 55 Grace-church street, London E. C : Sieferung folgender Waaren: 1) Eisen-Kurz- waaren, Eisen, Vietalle, Lederwaaren, Dele und Farben, Hanf- und Baumwollartikel, Glas u. a. m. 2) Radreifen für Lokomotiven, Achsen, Springfedern, Kupferplatten, Stahlblech für Kessel, Puffer. 3) Negister, Papier und Buregubedarf. Lastenheft im Bureau der Gesellschaft gegen 1 Pfd. Strl. für jedes Loos erhältlich. Ï

7, Suni. Henry S. King u. Co., 65 Cornhill London : Lieferung von gußeifernen Röhren, sonftigen Stückea und Zubebör für die Wasserleitung in Trichinopoly (Madras). Näheres bei obiger ‘Adresse.

Italien Nächstens. Mittelmeerbahnen: Beschaffung des metallenen Betrieb8materials für das ReSnungsjahr 1899/1900, und zwar: 6670 t Stahlschienen, 101 300 Schienenlashen aus Stahl, 668 000 Bolzen aus bomogenem Eisen, 796 000 gewöhnliche Platten, 15 000 besondere Verbindungspylatten, 430 000 Schraubenftifte, 1 677 000 eiserne Krampen, 23 500 Unterlagsplaiten, 81 000 eiterne

Nägel. VE Juni, 9 Ubr. Genie - Direktion îm A:seval zu Neapel:

Lieferung von eisernen Bolzen, Anschlag 40 000 Lire; Kaution 10 a.