1830 / 277 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Wed, 06 Oct 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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um, dieser leßkterer willen nicht bereits Karl X. verjagen müssen. Freilich weiß ih, daß nah dem Buchstaben der Charte die Minister allein verantwortlich sind; aber die Charte sagt auch, daß der König unverleßlih sey. Nichts- destoweniger: haben Sie aber diesmal, m. H., den König sür die Verbrechen seiner Minister verantwortlich gemacht ; diese hatten die Verordnungen unterzeichnet, und der Monarch hakt dafür mit dem Verluste des Throns búßen müssen. Das Urtheil ist sonach bereits gesprochen, das Verbrechcn bereits gestraft, und es bleibt Jhuen nur noch übrig, die huldigen Ve-mittler frei zu sprechen; denn ohne Zweifel ijt es nit

Jhre Absicht, die Unverleßlichkeit des vorigen Königs wieder herzustellen; dies wúrde aber offenbar der Fall seyu, wenn, Sie jeßt noch nachträglich die Ex - Minister zur Rechen-

schaft ziehen wollten. Vergessen wir nicht die Worte, die der Mann, dem Frankreich seine Rettung verdanft, von die- ser Rednerbühne herab, nach der lebten Krise, zu uns sprach. /, ¡Diese Revolution‘ ‘‘,. sagte er, ,, „hat cinen eigenthüm- lichen Charafter; zu dem Muthe hat fich die Großmuth ge- sellt ; es ist unsrer würdig, daß wir die nächsten Tage durch große Handlungen der Menschenliebe bezeichnen.// ‘/ Cine fsolhe Handlung steht jeßt in unserer Macht. Wie könnten Sie nach jenen Worten, und nahdem Sie selbst die ‘Propo- sition des Herrn von Tracy in Erwägung gezogeza haben, eine- Anklage auf Leib und Leben anstellen? Man sagt uns, das Volk verlange einc solche Anklage. Wäre dies der Fall, o würden Sie sie gewiß zurückweisen. Aber dem ist uicht aiso. Sie wissen, meine Herren, daß unsere vielleicht etwas zu eifrige Jugend der Meinung gewesen ist, daß sie dem An- denken ihrer vor aht Jahren für das Vaterland gesalle-

lung der Todesstrafe abfasse. Lassen Sie uns daher ge- ret, aber au großmüthig seyn. Jch schlage vor, die Anklage folgendermaßen abzufassen: Die Minister sind an- geklagt, 1stens ihre Gewalt gemißbraucht zu haben, um die Wahlen zu verfälschen und die Bürger der freien Ausübung

fár ihre polirischen Ansichten und in Folge eines in mehre- droht oder sie wirklih abgeseßt zu haben.“ H

queville unterstüßte die Anträge der Kominission. Er ließ sich vornehmlich über die Feuersbrünste in der Normandie

vernehmen, die er lediglih der Partei der Contre-Revolution |

zur Last legte, und gab den Wunsch zu erkennen, daß man den Urhebèru dieser Verbrechen auf die Spur kommen möge, um sie der Strèuge der Geseße überliefern zu können. Nach ihm bestieg Herr Berryer die Rednerbühne.

„Fn dem tiefen Stillschweigen//, begann er, „womit Fhre

Versammlung den Bericht der Änklage-Kommission angehört hat, schien sich eine so allgemeine Zustimmung kund. zu geben, daß es den meisten unter Fhnen als eine Art von Verwegenheit erschet- nen muß, von dieser Rednerbühne herab den in Antrag gebrach- ten Beschlu zu GUR Aber gerade dann, wenn unter 10 ernsten Umständen die Gemüther sich mit Gewalt zu einer und derselben Ansicht hingezogen fühlen, gebietet die Pflicht des un- erschrodtenen Mannes, die entgegengesebte Ansicht, die er aus sci- nem Gewissen und seinem Verstande schöpft, nur um so lauter auszusprechen. Jch verhehle mir nicht, daß diese Lage, die unter allen Umständen eine schr schwierige seyn würde, der Schwierig- keiten noch mehr für mich als für ieden andern darbietet. Meine

Worte müssen Jhnen bei dieser Gelegenheit verdächtig erscheinen.

Das Band derx Freundschaft, das mich scit langen Jahren an mehrere Mitglieder des vorigen Ministeriums knüpfte, ist Jhnen Allen bekatint, und vielleicht wird man nur den beguftragten Ver- theidiger der Angeklagten in mir zu hôren glauben. Wahrlich, nicht am Tage des Unglücks angeklagter Freunde werde ih Ge-

fühle verläugnen, dic ihren Ursprung in glücklicheren Tagen ha-

ben; aber eîn geschickterer und cinflußreicherer Mann hat die Vertheidigung dersclben übernommen. Geben Sie daherdem Glauben Raum, daß ih bei dieser feierlichen Berathung, den Grundsäz- zen getreu, die mich bewogen haben, in Jhrer Mitte zu bleiben, mich Über meine Privat-Neigungen zu erYc cn, die

loyalen Deputirten zu erfüllen und das uns heute obliegende hohe Richteramt zu verwalten wissen werde. Es is keinesweges meine Absicht, de Bericht Fhrer Kommission in seinen Einzelnheiten

zu beleuchten: ein großer Theil dieser Arbeit wartet auf die einsihtsvolle und unparteiische Prüfung der Nachwelt ; ich will

Jhnen nur einige allgemeine Betrachtungen Über den die vorigen Minister betreffenden Beschluß vorlegen. ///,,Es war ein Bedürf- niß für Frankreich (so hat Jhr Berichterstatter fich geäußert), der Welt eine Uebersicht seiner Beschwerden gegen eine Regierung, die nicht mehr ist, vén darzulegen. Alle Völker Europa s richten ihre Blickeaufuns .… ..//// Lassen Sie uns auf diesem hohen Standpunkte, und diesen zahllosen Zuhdrern gegenüber verharren; lassen Sie uns als (Heseßgeber und -Richter Gefühle unterdrücken, die um so lebhafter wirken, - weil fie noch neu sind; lassen Sie uns allen

Grolf/ alle Trauer, alles Leid yergessen und cin Benchmen !

verurtheilen? Man verlangt, Sie: jollen die

icht cines

nahme, Er habe-gewollt, verlangt, befo

und eine Sprache beobachten, denen alle Zeiten und alle Men- schen Beifall zollen müssen; dies ist ohnehin cine Bedingung der Gerechtigkeit, deren Gesche ewig und unwandelbar sind. Ein gewaltiger Kampf erhob sich zwischen Frankreich und scinem Kd- nige. Der Krieg hat entschieden, ruft man Jhnen zu. Der Fürst, zu welchem die Deputirten noch vor wenigen Monga- ten sagten, die heiligen Rechte seiner Krone seyen die sicherste Bürgschaft für unsere Frciheiten, und Jahr-

hunderte hätten, zum Glúcke Frankreichs, setnen

Thron in eine den Stürmen unzugängliche Regèon gestellt, derselbe Fürst hat in wenigen Stunden seine Krone uttd jein Vaterland verloren! Mit seiner Königlichen Nachkommet- schaft ist er in das Land der Verbannung geschickt worden. Der Krieg hat entschieden! Und jeßt macht man den Siegern den Antrag, die besiegten Minister dieser aufgelösten Regierung anzu- flagen und zu richten. Bet mehr als einem Volke und mehr als cinmal hat sich der Welt in dem langen und traurigen Verlaufe des Zwiespalts unter den Menschen ein solches Schauspiel dar-

| geboten , aber auch immex hat die gerechte Geschichte die in sol-

chen Fällen von der siegreichen Partei getroffenen gerichtlichen Zarüstungen getadelt und wird fle guch ferner tadeln. Fch

spreche hier, m. H./ einen Gedanken gus, der ticf-in mein Herz

gegraben ifi, und dett ich, verzeihen Sie mir den Ausdruck, eini= ges Reeht habe, mit Vertrauen zu äußern. Schon im Jahre i815, also zu. einer Zeit, wo die politischen Leidenschaften in allen Gemüthern aufs höchste gespannt und wo sie auh in mir. mit aller Gluth der Jugend erwacht waren’, ‘sagte ich zu mir, von Gefühlen bescelt, die nur mit meinem Leben in mir erlöschen werden: „Ein Giftmischer, cin Sträßenräuber , ein Vatermörder sind stets Verbrecher und müssen zu allen Zeiten und in allen Länderit verurtheilt werden. Anders is es mit den Staatsver- brechern; man gebe ihnen andere Richter; die Zeit bringe ver-

| Leßte Futeressen zum Schweigen, mildere die Leidenschaften,

“i / aden | j E. “und ihr Leben, ja vielleicht sogar ihre Ehre werden geborgen seyn. nea Freunde nicht besser huldigen könne, als weun sie Mit dieser Ansicht nahm ich zur Seite meines Rate als Ver-

sofort am Richtplaße selbst eine „Bittschrift zur Abstei- | theidiger des Marschalls Rey Plat, und es gelang mir, wenigstens

das Leben der Generale Debelle und Cambronne zu retten! Jeßt

| m. H./ hat sich eine neue und völlige Umwälzung unter uns zu- getragen ; das Volk hat im Kampfe strenge Rache an denen ge-

nommen, die Über dasselbe herrschten: alle Gewalt in der bürger-

Tichen Gesellschaft is in die Hände der entgegengesehßten- Partei

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ie ¿ ¿ e, het , , ibrer búrgerlichèn Rechte zu berauben ; 2tens deu Beamten ; Übergegangen; die früher bedrängten Ansichten haben den Sieg

gerliche chte z 3 ! davon getragen ; die bisher verlebten Interessen sind jeßt die herr- ren Departements verabredeten Planes mir Absebung ge- | schenden; und Ste, meine Herren, könnten glauben, daß unter

r. v. Bri: | keit angeaessen wäre, die Urheber der politischen Maaßregeln, die

solchen Umständen es der Würde, Unbefangenheit und Gerechtig-

jener ungeheuren Umwälzung unmittelbar vorangegangen sind, zu Í x =ck Minister des Hochverraths anflagen! Des Hochverraths, gegen wen? gegen den König, der von dem Thron gestürzt worden ist, oder gegen den, der von Fhnen auf denselben berufen worden is; gegen die Ordnung der Dinge, welche das Volk umgestoßen hat, oder gegen die von Fhnen neu- geschasfene; gegen die Charte, deren Grund-

: prinzip Ste selbs aufgehoben, deren Charakter und Besktimmun-

gen Sie verändert haden? Nein, meine Herren, am 7. August, wo Sie in Fhrer Declaration vorweg erklärten , daß in Folge der Verleßung derx Charte der Thron- Karls X. dem

- Rechte und der That nach erledigt sey/ an dem Tage, wo aus JFhrex Mitte erwählte Kommissarien diesen Fürsten und seine

Familie bis jenscit der Französischen Gränze geleiteten, haben Sie sich des Rechts begeben, die Minister Karls X. um derselben Handlungen and derselben Verleßungen der Charte willen anzu- kiagen. Erlauben Sie mir, hier an eine Bestimmung der Verfassung zu erinnern, aus welcher Folgerungen zu zichen sind, welche Jeder-

mannin dieAugen springen müssen. DieCharte sagt: diePer son des

Königs ist unverleylich und heilig, und seine Minister

“allein sind verantwortlich. Dieje beiden Prinzipien sind forrelativ, hängen von cinander ab, sind eines vom andern un-/, trennbar. Die Verantwortlichkeit der Minister i die Bürgschast für die Unverleßlichkeit des Königs, und dtese Unyvckleßlichkeit der Königlichen Person is umgekchrt der Grund der Verantwort- lichkeit ihrer Beamten. Ohne die Verantivortlichkeit der Mitti= - | fter würde die Unverleßlichkeit des Fürsten ein bequemer Vor-

wand und ein leicht zu handhabendes Mittel der Tyrannei seyn; andererseits würde" ohne die Unverlehlichkeit des Königs die Verantwortlichkeit der Minister den Weg zu unaufhörlichen Unordnungen und zur Anarchie bahnen. ie Ausübung des

“Rechts der Anklage in Folge der Verantwortlichkeit der Minister ‘ift in dem naturgemäßen Gange einér verfassungsmäßigen Re-

gierung und in dem Kreise der regelmäßigen Wirksamkeit der Staats-Geschße legitim und nothwendig; ste is ungerecht und das Maaß Úberschreitend nach jenen gewaltigen Umwälzungen, i

dencn die Ordnung der Dinge im Staate verändert worden, die

Geseße untergegangen sind und das Scepter den Händen, die es trugen, entfallen ist. Jndem Sie den Thron fúr erledigt er- flârten, den König selbst dur den Verlust seiner Rechte, sogar für seine Nachkommenschaft, straften , gingen: Bie von der- An-

S ; i lat hlen, aus, und sónach kôn- nen Sic jeßt nicht scine Minister auch noch für ihren Gehor- sam bestrafen wollen! Die von * Fhnen vollbrachte Revolü- tion hat die politische Ordnung vernichtet, “welche auf- recht zu erhalten und zu“ rächen, allcin der Grund ei- ner Anklage der Minister scyn könnte. Jch will mich nicht bei dex Untersuchung aufhalten, welche geschliche Folge-

| sich befinden, bei icdem Schritte aufhalten.

- diese Anträge auf.

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rungen sich in Betref der Ausdehtkung der Rechte der vorige Regierung aus der von Jhnen gesirichenen Einleitung der Charte, o wie aus dem von Jhnen veränderten Artikel 14 und aus den jeßt noch geltenden Bestimmutigeétt unserer Gesebe, wodurch je- der Angriff gegen die angestammten Rechte des Königs zu Ver- chen gestempelt werden , ziehen lassen könnten. Noch weniger ann es mir in den Sinn kommen, dte Minister als völlig vor- rourfsfrei zu betrachten. Ach! nur zu gerechte Klagen gegen ste werden nicht allein von denen erhoben, die auf deren Verurthci- lung dringen! Die schönste Krone der Welt if vom Haupte des Erben so vieler Könige gefallen! Der Charakter eines rechtlich gesinnten und meyschlichen: Kdnigs if auf cine #0. schmerzliche

Weise blosgestellt und - #0. heftigen Anklagen Preis gegeben wor=

den! Dex lange Frieden und die Wohlfahrt cines großen Volks sind von fo betrúbendem Unheil bedroht gewesen! Fa, dic meisten sind schuldig ! aber nicht Ste, m. H., können sich zu Anklägern der- selben aufwerfen, und auch keine sonstige Richter kann ich für sie in unserem Lande finden. Wem wollen Sie die Anklage vorle- gen, m. H.? Wer soll über das Geschick der Ex - Minister ent- {cheiden ? Der Pairshof? Gut! F| aber dicses für Prozesse der höheren politischen Gerichtsbarkeit gegründete Tribunal heute noch dasselbe, wie zu der Zeit, wo die Minister dem Ur- theile desselben mit Fug und Recht unterworfen waren? Fst es noch dasselbe, wie an dem Tage, wo die Anklage Fhnen vorgelegt wurde? Seitdem sind 43 Patrs von Frankreich von Th- nen der Rechte der Pairschaft beraubt worden. Als die Anklage schon bei Fhnen anhängig gemacht wordén war, veränderten Ste den Gerichtshof und vertrieben eine so große Anzahl von Rich- tern von ihren Sißen! Jh mag nicht aufs neue bekämpfen, was von Fhnen einmal entschieden ifi. Jene Maaßregel war vielleicht cin durch den Lauf der Revolution, die Sic vollbracht haben, nothwendig gewordenes Ereigniß. Beweist dieses Fgtum aber nicht hinlänglich, daß Sie nach einer in ihren Ergebnissen so um- fassenden Revolution nicht, ohne alle Gerechtigkeit und Moral zu verleben, wegen früherer Handlungen eine Anklage erheben und dieselbe eben so wenig vor Richter bringen können, dte ste sich gleichsam zur Verurtheilung vorbehalten haben? Es ist unmöglich, meine Herren , daß diese Betrachtungen sich nicht schon Jhnen von selbsi dargeboten haben sollten. Wenn diese Berathung, bet der es sich um Tod und Leben handelt, peinlich für Sie it, so if nicht das Gefühl der Menschlichkeit die alleinige Ursache davon ; ernsie Gedanken beschäftigen Jhre Seele. Betrachtungen aller Art müssen JFhre Berathung in der hohen Sphäre, wortn Sie êFhr talentvoller Be- richterstatter hat diese Betrachtugen weise angedeutet, ehe er dîe Rednerbühne verließ. Gerechtigkeit, aber keine Rache, #0 sagte er, if der Wunsch aller Herzen. Jn diesem wichtigen Augenblicke schäße ich alle Pläne, Drohungen - Leidenschaften

4 und vergängliche Fnteressen der Politik gering und rufe im Na-

men der Gerechtigkeit die ewigen, stets mächtigen, moralischen

Ï Gesebe an, derer Verleßung sh immer, früher oder später, auf Erden rächt.

Rur von -dem Gefühle meiner persdnlichen Ehre, #o wie der Ehre der Kammer und meines Landes, geleitet , stimme

ih aus Ueberzeugung und freier Ein U ohne Zuneigung und ohne‘ Furcht, gegen den Antrag auf die

N nister. // : : ¿ai

Nach Hrn. Berryer, auf dessen Rede eine ziemlich lebhafte | 6

| strafe abzuschaffen,in welcherBeziehung er erklärte, daß er auch jeßt

nflage der Ex - Mi-

Bewegung folgte, wourde die Sißung momentan unterbro-

J chen. Der Baron v: Podenas las demnächst eine lange L ; i fúgteer hinzu, habe aber mit dem Gegenstande der gegenwärtigen

Rede ab, worin er das vorige Ministerium des Hochverraths für schuldig erklärte und sonach für die Anträge der Kom- mission stimmte. Hr. v. Lardemelle trat sodann gegen

der Welt, die das Land wegen der Bürgschaft welche ste ¿hm durch das Prinzip der Legitimität gewährt, noch lange

Y \chmerzlich vermissen werde, untergraben hätten; hierutn

handle ês si aber in dem gegenwärtigen Falle nicht, fon-

M dern blos darum, ob ‘die vorigen Minister sich durch die Un- A terzeichnung“ der Verordnungen vom 25. Juli des Hochver- F raths schuldig gemacht hätten ; er seinerseits könne nicht glau- ; ven, daß sie wirklich die Absicht gehabt , den König und das "J Land zu hintergehen ; eher hätten sie vielleicht gedacht, durch ihre

Auslegung des láten Art. der Charte Frankreich vor drohen-

den Gefahren. zu bewahren ; er beflage die traurigen Ereig-

nisse, die jene Verordnungen herbeigeführt hätten ; doch fönne er um so weniger für die Anklage stimmen, als in der Wahl-

À Kammer 130 Deputirte fehlten und die erbliche ‘Kammer | | auf den dritten Theil ihrer Mitglieder reducirt sey.

Hr. Enouf äußerte sich ganz in demselben Sinne, wie Herr

N v. Brigueville. Der’ Graf Arthur von la Bourdon-

na ye erklärte, es sey nicht seine Absicht, die vorigen Minister

zu entschuldigen; eben jo wenig föônne er aber für die Anträge . selb Wahlen zu verfälschen und die Bürger an der freien Aus-

der Kommission stimmen; säße Carl X. noch auf dem Throne, so würde er (der Redner) feinen Augenblick Anstand nehmen, Männer, die ih eine fo offenbare Verlezung des Grund- Vertrages hätten zu Schulden kommen lassen, der ganzen Strenge der Geseke Preis zu geben; dieser Grundvertrag selbst aber bestehe jeßt niht mehr, und mit ihm sey eine

| selben, vernehmen ließ. feiner Rede auch des von thm herrührenden Antrags, die Todés-

Wenn man, meinte er, blos seinem | Grolle Gehör geben wolle, so sey es unmöglich, Minister |! nicht fúr strafbar zu haîiren, welche bie schönste Monarchie |

dern Punkte: s | waltsam verändert; daß er sich emes Komplotts gegen die

| Dynastie verschwunden, deren Schicfsale durch aht Jahrx-

hunderte mit denen Frankreichs eng verknüpft gewesen wären ; von einer Bestrafung der Minister könne, nachdem die von der Charte ausbedungene Unverleblichkeit des Königs umge- stofien worden, keine Rede mehr seyn. -„„Sie haben fein

Recht,“ so {loß der Redner, „die Rathgeber eines Königs,

den ‘sie wie einen abso!ucen Souverain behandelt haben , als verfässungsmäßige Minister zu bétrachten. Mögen diese Mi- nister den Boden Frankreichs, das ihnen so gerechte Vorwürfe zu machen hat, verlassen; mögen sie in fremden Ländern ihr Betragen abbüßen ; mögen sie durch ihre baldige Entfernung uns eine Berathung, vielleicht gar eine Handlung, ersparen, worunter die dffentliche Würde und die National-Großmuth nur allzusehr leiden würden.“ Herr Mercier ließ sich hauptsächlih über die Feuersbrünste in den Departements des Calvados und des Kanals, so wie in dem Departement der Orne, vernehmen und erinnerte bei dieser Gelegenheit an die von dem vorigen Großsiegelbewahrer verlangte Ein- seßung von Prevotal-Gerichtshdfen. Als Deputirter der Normandie, äußerte er, sey es seine Pflicht, die Aufmerksam-

| feit der Kammer auf diesen Gegenstand ganz besonders hin-

zulenten, dessen nähere Aufklärung sich nur von einem Pro- zesse der Ex-Minister vor dem ‘Pairshofe erwarten lasse. Er stimmte sonach für die Anträge der Kominission. Hr. von Francheville sprach in dem Sinne des Herrn von la Bourdonnaye. Es zieme der Kammer nicht, meinte er, einer Anklage wegen eines Verbrechens Folge zu geden, dax man bereits die vorige Dynastie das Opfer ministe- rieller Unfähigkeit habe entgelten lassen. Hr. Labbey de Pompières hielt zu Günsten der Anträge der Kom- mission eine Rede, die bei der Schwäche seines Organs für den größern Theil der Versammlung verloren ging. Der Graf von Lamézan beschränkte sich auf die Vertheidigung des Barons von Montbel , dén er als cinen seiner ver- trautesten Freunde bezeichnete. „„Der Name dieses Mi- nisters ,‘/ äußerte “er, „erinnert uns an die Rechtlich- feit ‘und vielleicht allzu große Güte, die derselbe feit dem Anctritte seiner parlamentatischen Laufbahn fiets be- wiesen hat: ich fenne die edlen und. rührenden Gründe, die ihn verhinderten, vor der leßten Katastrophe aus dem Mini- sterium auszuscheiden. Gewiß ist, daß Herr von Moutbel die unseligen "Verordnungen niemals unterzeichnet haben würde, wenu er geglaubt hätte, daß ‘sie sein Land irgend it Gefahr bringen könnten. Vergessen wir ja niht, m. H., daß in der Politik oftmals die besten Absichten unter gewisse Umständen die verderblichsten Folgen häben können. Mein Wahlspruch wird stets seyn: Mäßigung und Großmuth im Siege.“ Hr. v. Tracy war der leste Redner, der sich über die Anträge der Kommission, und zwar zu Gunsten: der- Er gedachte unter Anderm im Laufe

noch das Leben des Menschen für unverleßlich halte. Diese Ansicht,

Berathung nichts zu schaffen ; die Gerechtigkeit müsse vorerst

| ihren Lauf haben, und späterhin lasse sich immèr noch be-

stimmen, in welcher Weije der Rechtsspruch etwa zu modift- ziren seyn möchto Nachdem hierauf Herr Bérenger die Diskussion zusammengefaßt hatte, ‘entspann sich ein Streit über die Frage, ob die Kammer über die Verjekung in den Anklagestand jedes einzelnen Ministers, oder sämmtlicher Minister auf einmal, abzustimmen- habe. Der Präsident sprach sih für die erstere Alternative aus. Eben so die Herren Persil, Daunant, Schonen , Alex. von Laborde, vön Montigny und Andere. Mehrere andere Deputirte erklärten sich dagegen für die zweite Alternative; man bemerkte darun- ter die Herren v. Tracy, Demarçay, v. Saunac, v. Clarac, Thouvenel, v. Lameth, Villemain und Andere. Leßterer mathte den Vorschlag, ‘daß die Karamer-nur im Allgemeitien darüber; ob sie die vorigen Minister des Hochverraths für schuldig * haite oder nicht, abstimme, sich aber in feine nähere Be- zeichnung dec Vergehen, worin der Hdöchverrath bestehe, ein- lasse. Dieser Antrag wurde indeß verworfen. Ein Gleiches

‘geschah hinsichtlich des obigen Vorschlages des Hrn. v. Larochèfou-

cauld; die Versammlung beschloß dagegen, über jedenMinister und jeden Aufklage-Punkt einzeln abzustimmen. Zuerst beschäftigte man sich mit dem. Fürsten von Polignac. Der erste Auklage- puakt: „daß derselbe seine Gewalt gemißbraucht habe, um die

übung ihrer bürgerlichen Rechte zu hindern,“ wurde von der linfen Seite und den beiden Centris für begründet erflärt. Mir gleicher Majorität entschied die Kammer die drei an- ¡daß er die Verfassung willkührlich und ge-