1830 / 296 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Mon, 25 Oct 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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zu erflären; ein äußerster Ent\schluß, den ich nur mit Leid- wesen fasse. Da inzwischen die Umstände ihn schlehterdings erheischen, bitte ih Sie, meine Herren, den Einwohnern zu

befehlen, daß sie sih auf einen Monat mit Lebensmittein

verschen. Bald wird eine Depesche hierüber Jhnen die förmliche Erflärung des Belagerungs-Zustandes diejer Festung anzeigen. Nur Ruhe und Stille bei den Einwohnern fônn- ten mich bewegen, die Vollziehung dieser strengen TMaaßrege! noch auf einige Tage zu verschieben. Der General - Lieute- nant Baron Chaf|é.‘‘

Heute erging folgender Tagsbefehl an das Heer: vSe. Königl. Hoheit der Prinz von Oranien geben den Truppeu zu erfennen , daß die Trennung der National - Belgier und Holländer Corpsweise in furzem stattfinden und General van Geen erwartet wird, um sie zu bewerkstelligen. “Die Belgi- schen Truppen werden in Belgien und unter Befehl des Prinzen bleiben. Se. K. H. fordern demnach die Offiziere, Unter -Offlziere und Soldaten anf, in Ruhe die Zeit zu er- warten, wo diese Maaßregci zur Ausführung kommen wird. Auf Befehl Sr. K. H. des Prinzen von Oranien, der Graf v. Crucquembourg, Oberst, Adjutant Sr. K. H.“

Die feste Haltung des Militairs hat auf die hiesige Be- vôlferung einen günstigen Eindrucê gemacht, und seir gestern Abend, wo am Mechelner Thore ein Auflauf stattfand, bei welchem mehrere Menschen getödtet und verwundet worden, ist hier Alles ruhig geblieben. JFnzwischen rúcken die Jusur- genten unserer Stadt immer näher, und Mecheln ist von den Königlichen Truppen bereits geräumt worde. Der Aus- fall des bei Lier stattgefundenen Gefechtes i| noch nicht be- fannt geworden. Hier in der Stadt ijt die Brabanter Fahne: zwar noch nicht aufgesteckt, doch wird bereits von mehreren Einwohnern die Brabanter Kokarde getragen. Man glaubt nicht, daß unsere Stadr, falls die Brüsse!er hier er- scheinen sollten, diejen einen besondern Widerstand bieten werde. Bereits sind zu Kandidaten für den National - Kon- greß folgende Personen hier erwählt worden: H. Cogels, P. van den Nest, V. Serruys, Cassiecs Ainé, van den Ho- ven - Verluysen, Claes (Advokac), Vermeuien Ogez (Advokat) Verdussen und de Haen. Allgemein glaubt man, daß die Holländischen Truppen bald zuräckgeschiét werden dürften ; Se. Königl. Hoh. der Prinz v. Oranien fährt inzwischen fort. ein Belgisches Heer zu organisiren.

Gent, 17. Oft. Dem Journal des Flandres zu- folge herrscht jeßt die vollkommenste Einträcht zwischen der hiesigen Bürger-Garde und dem Pariser Freicorps. Der Oberst v. Pontécoulant soll sich ganz besonders um die Auf- rechthaltung des guten Vernehmens verdient gemächt und un- ter Anderm die hiesigen Arbeiter von der Errichtung einer Barrikade gegen die Bürger abgemahnt haben. Um die Spri- Benleute für sih zu gewinnen, hat er sich bei ihrem Corps als Gemeiner einschreiben lassen.

Eben dieses Blatt sagt, daß in der Nacht vom 14. ft. ein Versuch gegen das Leben des Hrn. von Cop- pens, Commissairs der provisorischen Regierung, gemacht worden sey. |

_Nachdem/ gestern Abends ein lebhaftes Gewchrfeuer zwischen der Besaßzung der Citadelle und dem Pariser Frei- corps stattgefunden, wobei von dem Lebteren- Mehrere ver- wundet worden, sollen heute Capitulations - Unterhandlungen angeknüpft worden seyn. j

Brüssel, 18. Oft. Unsere heutigen (das Datum vom 19ten tragenden ) Blätter enthalten die (vorgestern von uns mitgetheilte) Proclamation Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Oranien, und das Journal de la Belgique giebt zum bessern Verständniß derseiben einen Wieder - Abdruck der da- rin erwähnten Proclamation des Prinzen vom 5tcn d. M. (Vergl. Nr. 285 d. St.-Zeit.) |

Sempst und Campenhout sind gestern von den Königl. Truppen verlassen worden. i

Von Alost ist gestern eine Frei - Compagnie nach Gent aufgebrochen.

Man will hiex wissen , daß die Citadelle von Gent be- reits fkapitulirt habe.

Der Oberst - Lieutenant Niellon und der Kammandant der Löwener Bürgergarde, Deneef, stnd mit ihrer Truppen- Abtheilung in Lier eingerückt.

Die mit Entwerfung eines neuen Grundgeseßzes be\schäf- tigte Kommission seßt ihre Arbeiten fort. Das monarchische Prinzip, so wie die Errichtung einer erblichen Pairs-Kammer, ist e M O rwoorden.

Da gegen den teuerbetrag, dessen Zahlung nach der ersten Bestimmung der provisorischen O für N gemeinden als Bedingung aufgestellt war, um an der Wahl

besagte Regierung sich dadurch veranlaßt gefunden , di / iesen Steuerbetrag oder Wahl - Census um die Hälfte Hi

den. 2) Îun der ‘Provinz Limburg 25 Gulden. 3) Jn der Provinz Lüttich 37 Gulden 50 Cents. 4) Jn Ost u

gau 59 Guld.

den Zten, nun auf den 8. Novbr. festgeseßt.

_ Herr Gendedien ist neuerdings in einer diplomatischen Mission von hier abgercist. wird Herr Kockaert , erster Präsident des hiesigen Gerichts- hofes, 1m Justiz-Comité den Vorsiß führen. Unsere Blättex

ihm von der provisorischen Regierung übertragene Präsidium dieses hohe Amt einzutreten.

nicht zu Stande bringen fonnte, da wohl Se. Königl. Ho- heit der Prinz von Oranien, nicht abex auch Se. Königl. Hohcit der Prinz Friedrich), mit den gemachten Vorschlägen: sich cinverstanden zeigte. :

| Lüttich, 19. Oft. Es is Herr Charles de Brou-: ckère, ehemaliger Arcillerie - Offizier, der zum Militair - Kom- mandanten uäserer Provinz ernannt worden ist, Zum ‘Prä- sidenten des hiesigen Ober - Gerichtshofes hat man Herrn ‘P S. Nicolay ernannt.

D Uran L

_ Dresden, 20. Ofc. Se. Königl. Majesiät und des Prinzen Mitregenten Königl. Hoheit Gaben Ad Ges wogen gefunden, den Konferenzminister und Wirklichen Ge- heimenrath, Freiherrn von Manteuffel, unter Enthebung vow seiner bisherigen Function als Präsident * des Geheimen Fi-. nanz-Kollegiums und dem damit verbundenen Beisiße im Ge- heimen Rathe, zu Hôchstdero Gesandten am Deutschen Bun-: E B E ten zu ernennen.

Der Hof- und Justizrath und zeitheriger Geheimer Ne- ferendar, Dr. Maximilian Günther, ift G O De binetsrath und der Hof- und Justizrath, Karl Friedrich Schaarschmidt , zum Geheimen Referendar ernannt worden.

Die Untersuchung gegen die hierselbst bei den tumul- tuarijhen Auftritten verhafteten Personen gezc rasch vor- wärts und ist gegen mehrere bereits beendigt. Gegen drei. derselben ist auf Zuchthauejirafe, gegen neun auf Gefängniß. nah Verhältniß ihrer Schuld bis zu sechs Wochen erkannt wotdea. Dagegen sind auch viele, in Ansehung deren eit: Verdacht sich nicht begründete, der Haft wiederum entlassen. Leipzig, 21. Oft. Die lebte hiesige Michaelis - Messe“ war eitie der merkwürdigsten, welche man jemals hier erlebt hat. Auf feiner unjerer vorigen Messen sah man so viele Orientalen, Griechen , Armenier Uud jelbst alte Meßfreunde- aus Brody, Warschau und Moskau; aber sie drachten we- nig Geld mit und. desto mehr Wechsel, besonders auf Wierr u. st. w., weil sie auf der Reise, zu besseren Preisen als- sonst, Geld, in der Messe hier zahlbar, hatten kaufen fkön-

nen. Das war eine natárlice Folge der ungewissen Zeit,

wo Alles eilt, baar Geld zu machen; den guten Leuten leuch-

tete aber nicht ein, daß eben daher die Wechsel in Leipzig s{hwerer umzuseßen seyn würden, was sie hier denn bald er-

fuhren, da sie frúh eintrafen und rasch zu faufen anfingen,

aber ihre Papiere jelten los werden konnten, als bei einigen- alten Bekannten unter den Verkäufern. Diejenigen, die nun-

unter der Bedingung des Kredits oder der Abrechnung durch

angenommene Wechsel verkaufen konnten oder wollten, haben-

große Geschäste gemacht und theuer verfauft. Die Fremden--

die sich Kredit in Wien zutrauten, reisten mit der Eilpos\t

nah Wien, verschassten sich dort baar Geld oder folche Wech-

sel, die man hier disfontiren wollte, und kauften dann

starke Massen von Waaren. Die Andern mußten, ohne eit

Geschäft gemacht zu haben, zurückreisen. So unglücklich

aber dieser Zufall auch ist, so erhellt doch daraus , wie sehr der Geshma der Europäischen Fabrifáte, die sie zum Theil, eigens bestellen müssen, in der Levante, im innern Asien

0.

der Doputirten zum National - Kongresse Theil nehmen zu

uad in Rußland zunimmt. Jm Ganzen ist sonach allerdings

fönnen, vielfache Reclamationen erhoben worden, so hat die

Um Wähler seyn zu können, genügt es demnach, wenn ein Einwohner einer Landgemeinde an direkten Steuern folgende Quoten bezahlt: 1) Jn der Provinz Süd - Brabant 50 Gul-

75 Guld. 5) Jn West Flandern 75 Guld. 6) Jm Henne- 3a d. 7) Jn der Provinz Namür 25 Guld. 8) In der Provinz Antwerpen 37 Guld. 50 Cents. Da hiernach cine Reform der WahlListen nôthigist, so ist die Schließung dieser Li- sten bis auf den 31. Oft. hinausgejeßt, und die Wahien felbst wer- den erst am 3. Novbr. ihren Anfang nehmen. Eben fo ist hiernacs denn au) die Eróffnung des National - Kongresses, statt auf

Während feiner Abwesenheit

erzählen, daß der Lebtgenannte sich lange Zeit geweigert, das

des Gerichtshofes anzunehmen, und nur durch die dringenden. Bitten seiner zahlreichen Freuude bewogen worden sey, in.

Herr Dücpetiaux ist aus Antwerpen zurückgekommen, wo: er, wie es heißt, die gewünschte Auswechselung der Gefangenen.

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von den Haupthändlern sehr viel verkauft worden, aber die Mehrzahl der Verkäufer fand sich sehr unbefriedigt, und viele Deutsche Einkäufer erschienen aus Besorgnisse wegen der Zeitverhältnisse entweder gar nicht, oder kauften sehr wenig. Das Ende der Messe ergab zwar weniger Fallissemente, als man erwartet hatte, aber leider doch mehr, als man ertragen fonnte, denn alles Zutrauen der Kaufleute und Banguiers unter einander ist jet \ehr problematisch! Dennoch wurde sehr viel wollene Waare verkauft, aber bei aller Güte dersel- ben zu niedrigen Preisen. Die meisten Verkäufer in der Messe waren wiederum Preußen, woraus sich die steigende Fabrik - Jndustrie în Preußen, besonders aus dem Bergischen, darlegt. Die Englischen Fabrikate fanden einen sehr bedeutend geringeren Absaß, als in voriger Herbstmesse. Nach dem Orient ging weniger Seidenwaare. Der Diskonto war ofr úber 10 Procent.

S panien.

Der Englische Courier enthält folgendes Privatschrei- ben aus Madrid vom 4. Oft. : „In der vorigen Woche kam von Cadix aus innerhalb 50 Stunden ein Courier hier an mit der Nachricht von der dort erfolgten Ankunft eines Fran- zöfischen Schisses mit aus Frankreich fommenden Spanischen Emigranten, welche von den Bewohnern auf das freundlichste aufgenommen worden wären. Es hat sih aber seitdem aus- gewiesen, daß die Person, die den Courier abfertigte, falsch unterrichtet gewesen; das wahre Sachverhälcniß war, daß das Erscheinen eines Schisfes mit dreifarbiger Fahne ledig- lih durch den Reiz der Neuheit die Einwohner von Cadix in Bewegung geseßt hatte.

Das genannte Blatt giebt auch aus einer Mor- gen- Zeitung ein Schreiben aus Paris vom 17ten’ d. M., wo- nach dort aus Bayonne die Nachricht eingegangen , daß der General Valdez, einer der Häuptlinge der an der Spanischen Gränze versammelten constitutionvellen Spanier, mit seiner Abtheilung nach Viduo vorgerúckt ist und von da aus un- term 13ten d. M. eine aufrührerische Proclamation erlassen habe, in welcher er namentlich die Spanischen Soldaten zur Desertion und zur Theilnahme an seinem revolutionnairen Be- ginnen auffordert. -— Der Courier äußert in dieser Bezte- hung, daß dur einen solchen Einfall einer Handvoll Jnsur- genten in Spanien zwar allerdings neue Drangsale für die- ses Land verursacht werden fônnten, sonst aber gewiß fein weiterer Erfolg fúr die Pläne der Ersteren zu erwarten stehe. „„Wir finden“‘-, sagt derselbe, „feine besondere Anzeige, daß die Spanische Nation mit der jeßigen Regierung unzuxrrieden sey; man fann nicht umhin, zu gestehen, daß Lebtere ganz so libe- ral ist, wie die Beschassenheit des Volks es zuläßt. Ein sol- her Bürgerkrieg wird deshalb durch nichts gerechtfertigt, und

wir müßten denselben um so mehr bedauern, da wir glauben,

daß es nur noch wenig Zeit bedurft hätte, um alle vernunst- gemäßen Hofssnungen der Freunde der Unabhängigkeit zu er- füllen, ohne daß die Ruhe des Landes gestört würde.“

Bwl a fb

Berlin, 24. OŒt. Aus Düsseldorf vom 14. d. M. wird gemeldet : Gestern Nachmittags ging das shône für die Preußisch - Rheinische Dampfschisss - Gesellschaft zu Rußhrort durch die Werkstätte der guten Hoffnungs - Hütte erbaute Dampfschiff, nach einer, dem Vernehmen nach, ganz befriedi- genden Probe-Reise, hier vor Anker. Heute Morgens bestiec- gen daselbe Se. K. H. der Prinz, Friedrich von Preußen, unser Regierungs-Chef-Präsident Hr, v. Pestel und mehrere andere hohe Personen , welche einer furzen Probe - Fahrt stromauf- und abwärts beizuwohnen und dem vortrefflichen Ganze des Schiffes sowohl, als der äußerst reichen und ele-

anten Bauart und herrlichen innern Einrichtung, ihren vollen Beifall zu zollen geruhten. Das Schiff fuhr alsdann Abends um 5 Uhr wieder zurü nach Ruhrort, wo die lete Hand ur gänzlichen Vollendung an dasselbe gelegt werden wird, um innen 8 bis 10 Tagen an scine Bestimmung auf den Mit- telrhein abgehen zu fönnen. Es verdient bemerkt zu werden, daß an dieses erste in Rhein-Preußen erbaute Dampfschiff nur Sea der vaterländischen Jndustrie verwendet worden ind. i

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Kaspar Hauser.

Der unter diesem Namen bekannte Jüngling hat dur seine außerordentlichen, ja einzigen Schicksale die Au merksamkeit nicht nur von Deutschland, sondern auch von Europa auf sich gezogen. Min is uzit Recht erstaunt gewesen, daß so etwas, als allen Rachrichten zufolge mit ihm bis zu seinem Erscheinen auf dem

Markte von Rürnberg vorgegangen, mitten in der civilisicten Welt hat geschehen können. Der Schleier , welcher Über die er= îen vierzehn Fahre scines Lebens gezogen worden, ist bis jeßt #o wenig gehoben, daß man nux von thm selber weiß, wie seine Be- handlung von der ersten Kindheit an aus allen Bahnen gewichen, und man darauf hin sich berechtigt schen mußte, zu vermuthen, es habe irgend einc große Missethat fich dahinter zu verhüllen nöthig gefunden. Was denn diese barbarische Weise, wie man mit ihm verfahren , besonders merkwürdig und für die moralische Seelen- funde interessant macht , is der Widerspruch zwischen Wille und Gefühl in denen , welche sich in der Nothwendigkeit befanden, ihn in diescr Weise den Augen der Welt zu entzichen. Die Ab= sicht war wohl, sein Dascyn zu verheimlichen, mochte dies auch die Folge haben , ihn physisch und geistig zu verderben, oder die Natur zuleßt solchen Anstrengungen der Bosheit unterliegen und seinem Leben ein Ende machen. Da indeß dieser Haß weniger gegen ihn als nux gegen scin Dascyn gerichtet und dieses mehr für cin Unglúck, gls für seinc Schuld anzuschen war / #0 ist an- dererseits die Menschlichkeit des Gefühls nicht zu verkennen, wel- che es troß der beständigen angstvollen Flucht vor ihm und der chweren Last mit ihm es nicht úber sich hat erlangen können- seinem Leben auf dem fürzesten Wege ein Ende zu machen , #\0n=- dern, da aus Ueberdcuß fo langwoiertiger e und bei zunch=- menden Fahren des Eingekerkerten das Ge cimniß nicht länger mehr wohl zu verbergen war, nun, um thu auf einmal los zu werden , ihn zuleßt einer Oeffentlichkeit preisgab - woelche gegen seine. frühere tiefe _Verborgenheit einen auffallenden Abstich macht. Die Wahrheit dessen, was/ scinen dürftigen Aussagen nach, bis dahin mit ihm vorgegangen war, ward durch setne ganze damalige Erscheinung bestätigt , 10 daß diese die an ihm began- gene leibliche und geisige Berkrüppelung nux zu sehx bewtes und selbs in den vorsichtigsten Beurtheilern cin Verdacht gegen die Wahrheit sciner Aussagen wohl guffommen, aber sich nicht behaupten konnte. Verdacht und Mißtrauen ist bei der gegen- wärtigen Bildung der Welt, so oft sich etwas Außerordentliche® in ihr begiebt, das ersie, was in den Gemüthern zu entsichen pflegt; es is das, was jeder Verständige und Scharfsichtige Allem entgegenseßt, was sich dem Wunderbaren nähern will; hierbet liegt einerscits zu Grunde das ldbliche und wohl begründete Be- treben aller Kritik, die Wahrheit gus dem Meere von Frrthü- mern herauszuheben , womit die Lügenhaftigkeit und Leichtgläu- bigkeit sie umgiebt, nichts Unbewiesenes an sich kommen, nichts geiten zu lassen, wgs, ohne cerfanut und begriffen zu scyn, fich für sth geltend machen und behaupten will. Sind Zweifel, Verdacht und Mißtrauen also das ersie, w0- mit sich auch iede Erzählung von Kaspar Hagusers Geschichte on= hôrt , -und insofern etwas allgemein vorkommendes, auch wohlhe- rechtigtes, weil dadurch allein der Weg ‘gebahnt wird, früher oder

später hinter die Wahrheit zu kommen, 9 ist der Zweifel doch andererseits selbst zu bezweifeln in setner Nothwendigkeit und Kechtmäßigfeit , und das Mißtrauen selbs zum Gegen] ande des gerechten Mißtrauens zu machen, wenn dadurch nichts bewiesen und aufgeklärt, vielmehr gegen bestimmte Thatsachen verstoßen wird und die darauf gegründete Versicherung doch nur ein Vor- und nicht ein End - Urtheil is. i i

Es ist dies der Fall mit einer so eben erschienenen Schrift unter dem Titel: Kaspar Hauser, nicht unwahrscheinlich ein at 00 dargestellt vom Polizeirath Mexrter. Berlin bei Rúf- er. 1830.

Was bis jeßt Über Kaspar Hauser nächst einigen Zeitungs= Nachrichten bfentlich bekannt war, ist die fleine sehr lesenswerthe Schrift von Hanfstengel: Skizze der bis jeßt bekannten Lebens= momente des mexkwürdigea Findlings Kaspar Hauser in Nürn=- berg (Kempten 1830), und cin ganz intercssanter Aufsaß des Hrn. von Pirch, vom Hen. Kriminal - Direftor Hitig bckannt ge- macht. Beide Schriften sind in der gegenwärtigen wieder abge- druckt und durchgängig nur mit Glossen, Zweifeln, Fragen Vermuthungen, Folgerungen U. \. f, welhe zuleßt no cinmal alle in einer ausführlichen Anmerkung kürzlich wie- derholt verden, begleitet. Alle Notizen über diese ¡noch schr im Dunkeln liegende Begebenheit‘, woie der Hr. Verfasser sie nennt , werden von thm so gewendet und angeschen, daß sie das auf dem Titel angeführte Resultat geben. Je herber nun dieses Resultat ist, und ie mehr ich es beflagen muß, den meiner Ucberzeugung nach schuldlosen Jünglin als einen Betrüger vor der Welt uen zu sehen, welches Schicksal von allen seincn bittern Schicksalen gewiß das bitterste is, und je weniger ich wün=- schen kann, daß in dem größeren Publikum sich ein so unbegrün- detes Urtheil über ihn bilde, um so mehr unternehme ich es, wes nigstens auf das Schwierige eines solchen Urtheils aufmerksam zu machen. Am Endc sciner Schrift antwortet der Hr. Verf. selbst auf die gerechte Frage, jedes Lesers: „Aber wer ist der Find- ling, und nas kounte er bei einem Betruge beabsichtigen, wenn man auch annehmen wollte, daß ein solcher von thm getrieben warde? Dies fragt man mit Recht; Folgendes: „Schwer ee dies vielleicht sclb| denjenigen beantworten werden, die Gele- genheit haben, die Untersuchungsakten mit S durch mia ju fönnecn. Dhne genaue Kenntntß der Verhandlungen erschei

¡e Acußerung ieder Vernzthung etwas sehr Gewagtes.// S. 29. Aber der Vorrede nach is schon Alles entschieden. Das Erschei- nen Kaspar Hausers in Nürnberg erregte hon lange meine Aufmerksamkeit, und indem ich dem Gange des vermeinten Phâ- nomens folgte, hat fich mir ¿immer wehr die Ueberzeugung eines

| vorliegenden Betruges aufgedrungen.// Wir vermissen billig gleich