1830 / 320 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Thu, 18 Nov 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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Wohnungen. sehr rar und theuer , jeßt stehen dazegen mehr als 1500 Häuser ganz leer. Jeder Bürger , ob CEingeborner oder nicht, muß alle zwei Tage auf die Wache ziehen und hat dessen ungeachtet sein Haus voll Einquartirung. Die sogenannten Pariser oder anderen Freiwilligen bestehen aus dem schlehtesten hergelaufenen Gesindel, das in den Häu- sern selbst, wo es Wohnung, Essen und Trinken erhält, stiehlt und wie der ärgste Feind sich beträgt. Bettler, die früher gar nicht geduldet wurden, durchziehen shaarenweise die Stra- ßen, und wehe dem Hause, wo ste ohne Gabe abgerdiesen werden ; der Eigenthümer desselben kann gewiß darauf rechnen, daß ihm feín einziges Fenster ganz gelassen wird. Viele Haus- bewohner sind genöthigt, auf diese Weise 10 bis 20 Gulden täglich an die herumziehenden Bettler zu vertheilen, wenn sie auch nur jedem einen Cent verabreichen. Was aber jeßt hauptsächlich die Leute, die dort ansässig sind, zum Auswan- dern veranlaßt, ist eine vielleicht nahe bevorstehende Kata- strophe in dem Verhältnisse der wohlhabenden Bürger zu dem zügeliosen Pöbel. Erstere kônnen ihr noch nicht verlorenes Eigentham nur sicher stellen, wenn sie sih vereinigt dem ‘Pd- del bewaffnet gegenüberstellen, und schauderhaste Scenen, wie man sie in andern Städten Belgiens bereits erlebt hat, vürf- ten dann unauebleiblih seyn. Dieser schreckliche Augenblick fann sich um so schneller nähern - als die Noth an Lebens- mitteln und an Geld ständlih größer wird. Leider scheint es auch nur allzugewiß, daß einflußreihe Männer in Paris die Sache des Belgischen Pöbels unterstüßen und die Gäh- rung, die der Wohlgesinnte gern unterdrücken möchte, immer mehr anfachen. Es fragt sich nun, welchen Cinfluß der Na- tional - Kongreß auf dieselbe ausüben wird, und ob nicht die Verhandlungen desselben zum Ausbruche offener Thätlichkeiten eher Anlaß geben, als die Unruhe der Gemüther beschwichtigen werden.

Deutschmland.

Schwerin, 10. Nov. Nach der hier kürzlich beendig- ten Voifszählung beträgt die Zahl der hiesigen christlichen Einwohner 12,575; im vorigen Jahre betrug sie 12,224; fie hat sih sonach um 351 vermehrt ; und die der jüdischen 314; im vorigen Jahre 292; Zunahme 22. Die Gesammt-Bevôl- ferung beträgt mithin jeßt 12,889; im vorigen Jahre war sle 12,516; Zunahme 373. :

Braunfchweig, 13. Nov. Aus Blankenburg vom Wten d. wird gemeldet: „Am 7ten d., Abends gegen 7 Uhr, wurden wir durch die Ankunft unsers geliebten Herzogs auf das freundlihste úberraschte. Kaum hatte sih das Gerücht davon verbreitet, als Alt und Jung nach dem vor der Stadt belegenen Fürstlichen Lusthause, dem Absteige-Quartier Sr. Durchlaucht, hinaus eilte, um wo möôglih noch den Anblick des verehrten Fürsten zu genießen. Bald rwourde auch dieser Wunsch erfúllt; indem der willkommene hohe Gast aus dem Palais zu der versammelten Menge hinaus trat, sih huld- voll mit vérschiedenen Personen unterhielt , die Reihen der aufgestellten Bürger- Garde durchging und in freundlichen Worten für die Beweise der Liebe dankte. Tages darauf musterten Seine Durchlaucht die Bürger - Garde und äußer- ten Jhre Zufriedenheit mit derselben, nahmen die Umge- bungen der Stadt und das ehrwürdige Schloß, den Sis glorreicher Ahnen, in Augenschein ‘und gaben Nachmit- tags in dffentliher Audienz Jedermann Gelegenheit, sih Jh- nen vertrauensvoll zu nahen. Am Abend war die Stadt, so gut es sich in der Cile hatte veranstalten lassen, festlih er- leuchtet. Leider verließ uns der hohe Gast schon am Dien- stage wieder, begleitet von den Segenswünschen seiner treuen Blankenburger, die zu hoffen wagen, daß ihnen in der Folge dfter das Glück zu Theil werden möchte, Se. Durchlaucht în ihrer Mitte zu sehen.

Se. Durchlaucht sind am 10ten Nachmittags von der obgedachten Reise glücklich wieder in Richmont eingetoffen.

__Die-Stadt-Verwaltung von Hasselfelde widerspricht in öffentlichen Blättern den in Umlauf gekommenen Gerüchten, daß die Ruhe. und Ordnung daselbst gestôrt worden sey.

Tr tei,

Die Allgemeine Zeitung giebt folgendes Schreiben aus Triest vom ten Nov. „Briefe aus Syra vom 4ten

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Oft. melden die Ankunft einer Abtheilung der Aegyptischen Expedition mit 4000 Mann in Kandien. Gleichzeitig wurde dajelbst eine Proklamation des Vice-Königs bekannt gemacht, welche allen im Jnsurrectionsstande befindlichen Griechischen Einwohnern dieser Jnsel, die sich unterwerfen würden, die besten Verheißungen macht, den Widerspenstigen aber .die größte Strenge androht. Mit dem Beispiele der Jnvasion von Morea dur die Arabischen Horden vor Augen, Jh! fast zu erwarten, daß die ohnehin friegerisch gestimmten Kan- dioten sich zum äußersten Widerstande entschließen- werden.“

Königliche Schauspiele.

Mittwoch, 17. Nov. Jm Opernhause: Der Kapellmeis- ster aus Venedig, musikalisches Quodlibet in 1 Aft. Hierauf : Die neue Amazone, Feen-Ballet in 3 Abtheilungen, von Ph. Taglioni. (Dle. Fanny Elsler wird hierin die Partie der Arsene ausfúhren, und Dlle. Therese Elsler tanzen.)

Im Schauspielhause: 1) Philippe, drame - vaudeville en 1 acte. 2) Le vieux mari, vaudeville en 2 actes,

Königstädtisches Theater.

Mittwoch, 17. Nov. Philipp, Drama in 1 Aft nach Scribe, von Fr. Genée. Hierauf, zum erstenmale wiederholt : Künstler-Liebe, oder: Die moderne Galathee, Lustspiel in 1 Aft, von W. F. Seidel. - Zum Beschluß, zum erstenmale : Der Faßbinder, komische Pantomime in 1 Aft, ausgeführt von der Familie Kobler.

Donnerstag, 18. Nov. - Die beiden Nächte, fomische Oprr in 3 Aften; Musik von Boyeldieu.

Bersl1ner Bre:

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Den 16. November 1830. Amil. Fonds- und Geld-Cours-Zettel. (Preufs. Cour.) M [77 Brief. [Geld] [Z}. [Brief Geld.

St.-Schuld-Sch. &84 f[Ostpr. Ptandbrt.| 4 | 94 Pr. Engl. Anl. 18 951 Pomm. Ptandbrf.| 4 [102 Pr. Engl Anl. 22 Kur- u.Neum. do.| 4 [102 4

Pr. Engl. Obl. 30 Schlesische do. 1025 | Kurm.OVb.m.l.C 853 IRkst. C.d.K.-u.N. 61 Neum Int. Sch.d. 852 IZ.-Sch.d.K.- u.N. 62 Ber!. Stadt - Ob. Königsbg. do. Elbinger do. Holl. vollv. Duk. Danz. do. in Th. Neue dito VVestpr. Pfdb. Friedrichsd’or . Grosshx.Pos. do. 22 Disconto . . .. E QEECIHI E F BN S E A V2 T E r A SE E S E I E ZERE iu 1 I E L TRAA R E R ECE D Q RI I L T D S LL I E IRA E ri Br S L P DEIN E : Preu/s.Cour. Wee olret C f

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Brief. | Geld. T: 1402

Amen N, 250 VL Kurz dito 250 Fl. 2 M Hambarg Ik. | Kurz 149# dito i «42M. 1148 London 3, Mt, 5 21/16 212 Paris 2 Mt. T9 xe Wien in 20 Xr 2 L 1003 Augsburg 2 Mt. arun 3reslau 2 Mit. 9‘ 99 Leipzig . « 8 Tage |— Franktuikt «. 2 Mt; a Petersburg BN. 3 Woch. 30 Warschau Kurz 997

Auswärtice Börsen.

Amsterdam, 11. November. Niederl. wirkl. Schuld 39. Kanz-Billets 165. Oest. 5proc- Metall. 86. Russ. Engl. Anl. 85. Kuss. Anl. Hamb. Cerl. 85-

Hierbei Nr. 78 des Allgemeinen Anzeigers.

Neueste Bôrsen-Nachrichten. Oesterr. 5proc. Metall. 915. 91.

Frankfurt a. M., 13. Nov.

4proc. 822-. 825. proc. 48. 1proc. 204. B.

Bank-Actien 1251. 1249. Partia!¿Oblig. 1167. Loose zu 100 Fl. 1654. B. Poln. Looje 524. 92.

imilanis R em B P N

Gedruckt hei A. W. Hayn.

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Redacteur John. Mitredacteur C ott el.

Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

Me 320,

Amtlihe Nachrichten. Feruüntkf des Tages;

Des Königs Majestät haben den bisherigen Regierungs- Assessor Bauer zum Regierungs - Rath bei dem Regierungs- Kollegium zu B-omberg Allergnädigst zu ernennen geruht.

Bei der am 16ten d. M. angefangenen Ziehung der 5ten Klasse 62steë Königl. Klassen - Lotterie fiel 1 Gewinn von 5000 Rthlr. auf Nr. 57,704 nach Thorn bei Kaufmann ; Z Gewinne zu 2000 Nthlr. fielen auf Nr. 22,408. 29,124 und 44,701 in Berlin bei Borchardt und bei Gronau und nah Halle bei Lehmann; 21 Gewinne zu 1000 Rthlr. auf Nr. 5236. 5240. 5504. 7036. 10,846. 12,894. 14,528, 14,837. 27/664. .37,182, 41,487. 42,882,55,975. 58,768. - 59/3714. 78,322. 79,091. 82,786. 84,283. 85,076 und 88,371 in Ber- lin bei Burg, bei Grack, bei Jsrael, 2mal bei Mabdor} und Zmal bei Seeger, nach Breslau bei J. Holschau jun. und bei Schreiber, Bunzlau bei Appun , Crefeld bei Meyer, Danzig bei Rokboll, Halle 2mal bei Lehmann, Krakau bei Fie. Magdeburg bei Roch, Neisse bei Jäkel, Sagan bei Wiesenthal, Schweidniß bei Scholz und nach Zeiß bei Zürn; 21 Gewinne zu 500 Rthlr. auf Nr. 1109. 9833. 16,874. 1037. 419,865. 20,761. 21,213. 21,226. 21,436. 26,165. 38,058. 35,525. 37,727. 39,936. 49,311. 52,645. 56,747, 60,448. 78,703, 79,484 und 87,458 in Berlin Zmal ‘bei Alevin, bei Mestag und bei Seeger, nach Beeskow bei Grell, Breslau bei Löwenstein und bei Schreiber, Bunzlau bei Appun , Danzig bei Roßoll, Elberfe!d bei Heymer, Elbing bei Helle, Frankfurt bei Kleinberg, Glogau bei Bamberger, Königsberg i: Pr. bei Burchard und bei Heygster, Naum- burg a. d. S. bei Kayser, Neisse bei Jäkei, Ratibor bei Steiniß, Sagan bet Wiesenthal und nah Stralsund bei Trinius; 36 Gewinne zu 200 Rthlr. auf Nr. 6051. 9022. 10,943. 14,040. 16,125. 18,163. 19,907. 23,692. 23,959. 27,292, 27,939. 32,473. 32,588. 33,041. 33,368. 35/035. 46,163. 47,086. 50,739. 51,955. 52,286. 52,608. 53,524. 55,132. 64,574. 72,905. 75,951. 78,568. 79,522. 80,755. 83,580. 84,143. 84,560. 84,595. 89,059 und 90,819.

Die Ziehung wird fortgeseßt.

Berlin, den 17. November 1830.

Königl. Preußische General -Lotterie-Direftion.

Zeitungs-Nachrichten. Ausland,

Frankrei.

Pairs-Kammer. Jn der Sißung vom 9. No- vember theilte zuvörderst der Präsident den von dem Gra- fen Guilleminot aus Konstantinopel eingesandten schriftlichen Eid mit. Demnächst erfolgte die Aufnahme und Verei- digung des jüngst zum Pair erhobenen Admiral Baron Du- perré. Sodann entwickelte der Graf Dejean seinen An- trag auf Ernennung einer Kommission, die sih mit den Fra- gen beschäftige, wozu die Verweigerung eines Eides von Sei- ten eines Paírs Anlaß geben kann. „Der Kammer“/, äußerte er unter Anderm, „„steht allein das Recht zu, diese Fragen zu lôsen; und scheint es mir, daß dies möglichst bald geschehen Und daß man nicht so lange warten müsse, bis der Fall einer Eides-Verweigerung selbst eintritt. Folgendes wären die Fra- gen, womit die Kommission , auf deren Ernennung ich an- trage, sih vorzugsweise zu beschäftigen haben würde. Sind diejenigen Pairs, die seit der Einseßung ihrer Pairswürde an den Sibungen noch nicht Theil genommen, und dieje-

Berlin, Donnerstag den 18ten November

1830.

nigen, die die Pairswürde ererbt haben und 25 Jahre zählen, von der Kammer aber noch niht aufgenommen sind, in dem Geseß mitbegriffen, das die Eidesleistung innerhals eines Monats verlangt, und sind sie sonah des Rechtes , an den Sibßungen Theil zu nehmen, verlustig oder nicht? Sind die noch nicht aufgenommenen Pairs von weniger als 25 Jahren verbunden, den Eid einen Monat, nachdem sie das 25sstte Jahr zurückgelegt, zu leisten, oder können sie sich nah Belieben dieserhalb bei ‘der Kammer melden? Mússen die Söhne der seit dem leßten Gesebe über die Ei- desleistung verstorbenen oder der künftig mit Tode abgehenden Pairs den Eid cinen Menat nah dem Tode ihres Vaters leisten? Müssen die künftig zu ernennenden Pairs den Eid innerhalb eines Monats nach ihrer Ernennung leisten? Sol- len die Söhne derjenigen Pairs, die den Eid verweigert ha- ben, sofort oder erst nah dem Tode ihres Vaters von der Kammer aufgenommen werden? Sind sie im erstern Falle ge- halten, sich innerhald eines Monats bei der Kammer zu mel- den, und geht, wenn sie sih niht melden, ihre Pairswürde sofort auf ihre Kinder oder Brüder über? Haben Kinder, die erst nach der Eides-Verweigerung von Seiten eines Pairs geboren werden, ein Recht auf die Würde ihres Vaters? Sind die Pairs, die den Eid verweigern, als ausgeschieden zu betrachten und veriieren sie sonach alle mit der Pairswürde verbundenen Rechte, oder gehen sie bloß des Rechts verlustig, an den Sibungen Theil zu nehmen? Sind die unter der Re- gierutig Karls X. erfolgten Subjtitutionen als Ernennungen zu betrachten, die dieser König vorgenommen hat? Dies wä- reù so ziemli die vornehmsten Fragen, die die Kammer zu lôseu haben würde, an die sih jedoch noch eine große Menge anderer fnúpfen mag. Alle sind in- hohem Grade wichtig; es ift daher nothwendig, daß die Kammer [sie schon jeßt ent- scheide und vorläufig eine Kommission zur Erörterung dersel- ben ernenne.‘ Mit Gench:nigung der Versammlung wurde diese Kommission von dem Präsidenten selbst in folgender Weise zusammengestellt: die Herzoge von Crillon, v. Choiseul und Decazes und die Grafen Dejean, von Argout, v. Saint- Aulaire und Tascher.— Der Graf v. Breteuil stattete jeßt einen Bericht über 13 von der Deputirten - Kammer bereits angenommene Geseß-Entwürfe ab, wodurch eben soviel De- partements zur Erhebung ciner außerordentlichen Steuer, Behufs der Vekbesserung ihrer Landstraßen, ermächtigt wer- den, und stimmte für die Annahme derjelben. Den Be- schluß der Sikang machten ‘die Grgfen v. Germinÿ und v. St. Priest mit zwei Petitions - Berichten, deren Jnhalt jedoch von feinem erheblichen Jnteresse war und größtentheils Privat-Reklamationen betraf. Die Kammer vertagte sich sodann bis auf den nächsten Sonnabend.

Deputirten-Kammer. In der Sibung vom 9. Nov. wurden, nachdem die Aufnahme mehrerer neugewählter Deputirten erfolgt, die Berathungen über die Proposition des Herrn Bavoux wegen des Zeitungswesens fortgeseßt. Nach- dem in der Sißung vom vorhergehenden Tage“ sowohl die Herabseßung der Caution auf den vierten Theil ihres gegen- wärtigen Betrages als die Ermäßigung des Stempels ver- worfen worden ;. hatte man sich jeßt noch mit dem dritten Punkte der Proposition, nämlih mit der Verminderung des

Post-Porto’s von 5 auf 2 Centimen für jedes Blatt, zu be-

schäftigen. Der Graf Alex. von Laborde sprach sich zu Gunsten derselben aus; er berief sich dabei auf das Beispiel Englands, rôo der Zeitungsstempel zwar sehr hoch, das Post- Porto aber ganz abgeschafft worden sey. Auch die Herren Bizien du Lezard und Viennet unterstüßten den Antrag des Hrn. Bavoux. Als es zur Abstimmung darüber kommen sollte, fand es sih, daß die Versammlung nicht zahlreich ge- nug war. Die Sibung mußte daher eine Zeit lang unter- brochen werden. Mittlerweile erfolgte die Aufnahme und