1830 / 321 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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und in den darcus herfließenden staatsrechtlichen Grundsäßen soll an denjenigea Orten, wo es Hochschulen giebt, in sämmt- lichen Königl. Gymhasien ertheilt werden und einen integri- renden Theil des Studien - Plans dieser Gymnasien in den Klassen für Rhetorik und Philosophie ausmachen. Der Lehr- Kursus dauert 4 Monate in einem jeden der beiden Schul- jahre für Rhetorif und Philosophie. Jm erstern Jahre be- {ränkt er sich auf die einfache Auslegung der Charte und der Re- präsentativ - Regierung; im zweiten soll er zum Gegenstande haben, die Repräsentativ-Regierung wie sie aus der Charte herfließt, mit den andern ältern und neuern Regierungsfor- men zu vergleichen, den Vorzug des Repräsentativ - Systems hervorzuheben und die für. jeden Bürger daraus entsprin-

enden Rechte und Pflichten, namentlich in Bezug auf die Maelbing des Wahlrechts, zu lehren.‘ Hr. v. St. Priest wollte diese beiden Vorschläge in der Sißung vom 12ten näher entwickeln. An der Tages - Ordnung war hierauf die Fortse6ung der Berathungen über die Proposition des Hrn. Bavoux, und namentlich über den Zusahz - Artikel des Hrn. B. Constant, wonach den neuen Zeitungen zur Cau- tionsleistung eine zweimonatliche Frist gestellt werden sollte. Hr. Salverte unterstüßte nicht bloß diesen Antrag, soudern verlangte sogar, daß die Frist auf drei Monate ausgedehnt werde. Hr. v. Bricqueville benußte diese Gelegenheit, um sih mißbilligend über das vorige Ministerium auszuspre- chen. „„¿Der König‘, äußerte er unter Anderm, „„verlangt nichts, als das Wohl seines Landes ; er is entschlossen, jeden fremden Angri} zurúcfzuweisen und innere Unruhen, wenn dergleichen ausbrechen sollten, im Keime zu erstiéen. - Er wird feinen Krieg scheuen, wenn die Würde und das In- teresse Frankreichs ihn erheischen ; aber er wird auch-die ab- soluten Regierungen jeden Krieg unternehmen lassen, der zur Bewahrung ihres Ruhmes erforderlich ist. Wie war es möglich , daß bei einem so festen Willen, Gutes zu thun, das vorige Ministerium nicht einig bleiben konnte, um die hochherzigen Absichten des Monarchen zu un- terstüzen. Wir haben gesiern das Haupt der divergirenden Meinung (Hrn. Guizot) mehr oratorisches Talent entwickeln hôren, als es des Talences in der Ausführung bedurft hätte, um Alles zu fonsolidiren. Weil diese Herren den Geist - der

Revolution von 1830 nicht begreisen, oder vielmehr, weil sie

wollen, daß die Nation und der König sie \o begreifen , wie sie, haben sie ihren Posten in einem Augenblicke verlassen, wo es nicht ohne Gefahr für Franfkreih war, eïnen Zwie- spalt im Minister-Rathe zu zeigen. Das Betragen dieser ‘Herren erflärt den schwankenden und provisorischen Zustand, worin- sich seit drei Monaten die verschiedenen Zweige der Verwaltung befinden; sie haben faum Zeit genug gefunden, um die dffentlichen Aemter ihren Freunden, so wie denen zu üÜber- tragen, die sih einem Ministerium immer in die Arme wer- fen, wie es im Uebrigen auch regieren mag. Sie sind sogar so weit gegangen daß sie behauptet haben , Frankreich ver- danke ihnen die Anerkennung der jebigen Regierung von Sei- ten der fremden Mächte. Es sey mir erlaubt, hieran zu ziveifeln, Haben wohl Männer, die die Thronbesteigung des ‘jeßigen Königs aus dessen Verwandtschaft mit der“ vorigen Dynastie erklären, dec Sache unsrer Reévolucion wesencliche ‘Dienste leisten kdnnen? Sollte eine solche Auslegung nicht vielmehr ein indirefkter Vorwurf seyn, daß Frankreich nécht den Herzog von Bordeaux proflámirt hat? Was ‘mich und meine gleichgesinnten Freunde anbetrifft , so werden wir den König und: die Minister, die auf ihrem Posten ge- bliében siad und” die dfentliche Meinung richtig erkannt ha- ben, nit verlassen. Frankreich und der König mögen über unser frúheres Verhalten, und inwieweit sie fünstig auf die Kammer rechnen fönnen , Richter seyn.// Als hiécauf über die obenerwähnte Proposition des Hrn, Benjamin Constant ab: gestimmt. werden jollte," erhob sih- zuvörderst eine. Diskussion über die Frage, ob derselbe unter neuen Zeitungen blos ‘die schon jetzt bestehenden oder die künftig noch zu stiftenden : gémeint: habe. Hr. Constant erflärte, daß er nur die erste- ren im Sinne gehabt: habe. Hr. Odier bemerkte hierauf, ‘daß es ‘ihm angemessener -scheine, eine solche. Vergünstigung : den künstig noch herauszugebenden Journalen zu Theil wer- ‘den zu’ lassen, als- dem Gesehe eine rückwirkende Kraft zu geben: Hr. Barthe unterstüßte diese Ansicht, indem er darauf aufmerksam machte, daß: von den neu erscheinenden Zeitungen einige die’ Caution geleistet hätten, die andern nicht, und daß „diése deshalb | gerichtlih verfolgt würden, vielleicht auch ¿zurn Theil schon fondemnirt wären. Hr. Mauguin trug "gus diesem Grunde auf die nachstehende Abfassung des Con- s Amendements an: „Den gegenwärtig bestehenden

eitungen, die die geseßliche Caution noch nicht geleistet ha- ben, wird zu diesem Behufe eine 2 monatliche Frist bewil-

¿ das Bedür niß, Thnen, m. H., furzén Aufschlüsse zu geben. | ‘den; um, so viel die Vorsicht es erfordert, die Rolle anzudeuten-

Zeit zus

ligt.// Dieser Antrag wurde indeß verworfen. Eben so erging es einem zweiten des Hrn. Corcelles , wonach die fis- falischen Bestimmungen des vorliegenden Geseß - Entwurfs nur bis zur nächsten Session in Kraft bleiben sollten. Es sollte’ jeßt über diesen Entwurf selbst, wie er von der Kom- mission amendirt worden ist *) abgestimmt werden. Zuvor verlangte indeß der Präsident des Minister-Rathes das Wort und äußerte sich folgendermaßen :

¡Es ist eine {chöône Eigenschaft der Repräsentativ-Regierung,- daß sie den Staatsmana dazu beruft, scine Gesinnungen, sein Be- tragen und seine Beweggründe ofen und im Angesichte des gan- zen Landes darzulegen. Auch ist es ein schônes Zeichen unserer Zeit, daß man fich, wie solches gestern hier geschehen, sagen kanu, daß man nach verschiedenen Ansichten denke und handele, gletch- wohl aber nicht aufhdre, sih gegenseitig zu achten und zu ehren.

wir uns ebenfalls über unsere Gelnnunges und unser Betragen zu erkläre: wir werden dabei kurz und búndig seyn. Es hatten sich im Conseil Meinungsverschiedenheiten erhoben, nicht etwa, wie man vielleicht glauben möchte, um einerseits die Anarchie herbeizuführen und andererseits das Bestehende zu erhalten; nein, meine Herren, dem war nicht also; Jedermann im Minisicr-Rathe wußte und glaubte, daß die Freiheit mit der Ordnung Hand in Hand gehen müsse, und daß die unaus esehte Vollzichung der Gesehe bis zu deren Reform unumgänglich nöthig sey, wenn man feine allgemeine Verwirrung hecbeiführen wolle; bei Jedermann waren noch die Erfahrungen, die die Revolution von 1789 der Welt vermacht hat, in frischem Andenken; Jedermann wußte, daß die Revolution von 1:39 in einer gewissen Gränze gehalten wer- den, und daß man, um ihr Europa geneigt zu machen, zu der Würde eine anhaltende Mäßigung hinzufügen müsse. Ueber alle diese

unkte war man einverstanden, weil es im Minister-Rathe blos luge und verständige Männer gab; aber Über die Art und Weise, wie die Revolution von 1839 zu ‘verstchen. und zu leiten scy- theilten sich die Ansichten. Jm Allgemeinen claubte man nicht daß sie so bald in Anarchie ausarten' würde, und daß man sich so frühzeitig gegen sie mit BVorsichts-Magaßregeln zu waffnen und thr mißtrauisch und feindselig e Ae Een brauche; mit Aus- nahme dieses allgemeinen Gesichtspunktes wichen aber die Mit- glieder des vorigen Kabinets in ihrent Systeme nicht wesentlich von einander ab. Bei dieser Lage der Dae konnte das Staats- vuder Niemanden reizen. Späterhin werden sich ohne Zweifel eie Prätendenten finden; denn wir hoffen, daß Frankreich ald ruhig und glücklich seyn werde. Aber heutiges Tages hat die Macht etwas Abschreckendes und nichts La von beiden Seiten erbot man sch, sie aufrecht zu erhalten B len der Verwunderung). Nachdem man sich Über die Sache sclbst géeiaigt, bestand die Verschkedenheit nur noch in der mehr oder minder vertrauensvo!len Stimmung der Einen odex der Ande- ren; beide Theile konuten s{ch also des Stgatsruders. bemächtigen. Fch wiederhole es, man becilte sich, dasselbe zu ergreifen; aber man hat uns gesagt, man hat uns wiederholt und uns zuleht genb- thigt-zu glauben, daßdas Vertrauen in die Revolution ein besserer An- soruch und cine bessere Bedingung sey, umdieselbe zu leiten; vielleicht hatte man Recht; vielleicht war es besser, um die Revolution richtig zu verstehen und sie gehdrig zu beherrschen, wenn man sie nicht gefürchtet , sich nicht vor“ ihr entseßt hâtte; - vielleicht kön- nen die Begriffe der Ordnung, die wahren Maximen- der Regte- ‘rxung, mit gewissen Namen leichter populair werden, als mit ge- wissen andern. Wir sind nicht stolz genug, zu glauben, daß f ches mit den unsrigen möglich sey; doch hat man uns genöthigt, dies zu glaube, da man uns am Staatsruder gelassen und uns tausendmal versichert hat, daß es uns cher möglich sey, Gutes zu wirkea, als Andern; wir haben dies lebhaft bedauert, sind aber als getreue und ergebene Unterthanen îin der mon des Kd- nigs geblieben. Man hat unsern Ansichten zum Troßbe geglaubt, daß wir allein der Ordnung den Sieg zuwenden könnten; man hat uns genöthigt, auf unsre Gefahr. hin den Versuch damit zu machen. Wohlan denn! wir übernehmen dieses gefahrvolle Geschäft und werden es- mit Muth und Entschlossenheit erfül- len. ie Ordnung. und die Freiheit werden siegen, die (Be-

sehe werden vollzdget werden; nur dann erst, wenn sie von -Jh-

nen, m. H.- umgeshmolzen wörden, werden sic aufhbóren, tn Kraft zu scyu. Wir werden dic Aufgabe lbset, die uns zu Th geworden is; als Bürgen dafür haben wir. das Vertrauen des Ködnigs, unsere innige Einigkeit und die Mitwirkung der guten Bürger. Vorzüglich rechnen wir. auf die Fhrige; weil Sie wissen, daß es nicht hinreichend i, cinem Minifterium Stärkc g wütischen, soudern, daß man. ihm auch, durch-den Beistand der

ational-Repräsentation dazu. behülflih seyn muß. Jh fühlte im Namen meiner Kollegen diese Fch hofé , daß sie hinreichen wer-

die einem Jeden bei den Ereègnissen- welche sich in der neueren etragen. haben, gebührt. /

ach dieser Erflàarung- wurde der obige Gese: Entwurf

mit 142 gegen 95 Stimmen: angenommen. Herr. Karl

v. Lame th bestieg hierauf die Rednerbühne, um die Ver:

«S. das vorgestrige. Blatt dex Staatszeitung; C'eite 2467. Spalte 2. Zeile 8 L 23, wo es indessen in der vierten Zeile statt

300 Fr. 3000 Fr. heißen muß.

Als Mitglieder der vorigen und der jeßigen Verwaltung haben » E

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sammlung von einer ihn persónlich: betressenden Angelegenheit zu unterhalten. Bekanntlich ist derselbe von dem Jnstruc- tions-Richter des Tribunals 1ster Jnstanz citirt worden, um sih über die in der Sißung vom 6ten abgegebene Erklärung, daß eine Menge seit zwei Monaten begangener Preßverge- hen unbestraft geblieben, näher zu äußern. Herr v, Lameth theilte nun die ihm dieserhalb zugefommene Vorladung, so wie einen Befehl des Jnstructions-Richters und zwei Schrei- ben des Königl. Prokurators, Herrn Comte, in derselben An- gelegenheit der Versammlung mit, indem er bemerkte, wie er es einerseits sehr seltsam finde, daß Jemand, von dem er Aufschlüsse zu verlangen befugt sey, es sich herausnehme, der- gleichen von ihm zu erfordern ; wie er andererseits aber der Kammer die Anzeige schuldig zu seyn glaube, daß er sich auf die Vorladung nicht gestellt habe. Der Baron Lepelle- tier d'Aulnay äußerte sich dahin, daß der vorliegende Fall ihm ganz besonders die Aufmerksamkeit der Kammer zu ver- dienen scheine; die Abgabe einer Meinung von der Red- nerbühne herab sey dem Gerichtszwange feines Tribu- nals irgend einer Art unterworfen ; er wolle hoffen, daß der Profurator keine bôse Absicht gehabt, sondern daß er bloß aus übertriebenem Eifer gefehlt habe ; wahr|chein- lich habe er nit gefühit, daß es einer Unte: behdöcde nicht zufomme, sih in eine Prüfung der Rechte der Kammer ein- zulassen z-er (der Redner) verlange daher auch, daß man im Protokolle ausdrücflich verzeichne , Hr. v. Lameth sey nah Dar- legung des Sachverhältnisses von der Kammer jelbst aufge- fordert roorden, sich niht zu stellen ; Úberdies trage er darauf an, daß die von diesem Lebtern vorgelegten Aktenstücke dem Großsiegelbewahrer zugestellt würden. Hr. Dupont v. d. Eure ergriff sofort das Wort und erflärte, daß der Profu- rator ohne Zweifel bloß die Absicht gehabt habe, von Hrn. v. Lameth Aufschlússe zu verlangen, daß er indessen allerdings besser gethan haben würde, wenn er sich dieselben mündlich und nicht in amtlicher Form von ihm erbeten hätte. „Jch versprehe übrigens, ‘/ fügte der Minister hinzu, /-daß ich die Sache untersuchen ‘und der Kammer - Genugthuung verschaffen werde. Zugleich benuße ih diese Gelegenheit, um Jhnen, m. H., bemerklich zu machen - daß, wenn ‘Preß-

vergehen begangen worden, sie nicht immer ungeahndet ge-

blieben sind. Die Quotidienne ist für zwei solcher Vergehen angeschuldigt worden, und der Geschäftsführer dieses Blattes wird binnen furzem vor dem Assisenhofe erscheinen. Auch gegen den Grafen von Kergorlay, so wie gegen die Quoti- dienne und die Gazette de France, ist eine gerichtliche Pro- zedur eingeleitet worden, weil der Graf in diese Zeitungen einen aufrührerischen Brief hatte einrúcken lassen. Da der Königl. Gerichtshof sich für. inkompetent erflárt hat, so wird jeßt der Pairs-Hof über die Sache entscheiden.’ (S unten Paris) Herr Karl Dupin war wil dieser Erklärung noch nicht - zufrieden und verlangte, daß die Justiz - Beamten, die sich gegen die Kammer vergan- gen, vor deren Schranfen geladen und dort ôffentlich von .dem Präsidenten zurechtgewiesen würden. Der Redner fügte hinzu, er werde bei diesem Antrage von feiner persôn- lichen Betrachtung, sondern allein von dern Wunsche geleitet, die Würde und Unabhängigkeit der Kammer zu bewahren ; er halte dies fúr um jo nôthiger, als ein Pariser Blatt sich nicht scheue, beroits seit 3 Monaten dem Ansehen der Kam- mer dadurch zu nahe zu treten, daß es dieselbe beständig als bloß provisorisch bezeichne; die Kammer dürfe bei dergleichen gehässigen Aeußerungen nicht gleichgültig bleiben, sondern sey es sich selbst schuldig, sie in den Gränzen der ihr zustehenden Befugnisse zu ahnden. Hr. v. Tracy widerseßte sich dem Antrage des vorigen Redners den Prokurator Hrn. Comte und den Juftructionsrichter Hrn. Piguerel vor die Schranken der Kammer zu laden, und bezeéchnete denselben als cine unzeitige und úbereilte Maaßregel, die dur die Tagesordnung besci- tigt werden müsse. Hr. Bourdeau hielt ebenfalls die von Hrn. Dupin vorgeschlagene Maaßregel fúr zu streng und glaubte, daß die Debatte selbst, wozu die Vorladung des Hrn. v. Lameth- Anlaß degerew) hinreichend sey, um ähnlichen Un- schicflichkeiten: von Seiten der Justiz-Behörde für die Folge vorzubeugen. Hr. Caxl Dupin wollte hierauf seine. Propo- ition zurücknehmen. Diesem widerseßten sich aber die Hrn.

gier und Voyer d’Argenson und behaupteten, dep-Ge- genstand gehe die Würde der Kammer zu nahe an, als da man so leicht darüber hinweggehen könne. Hr. Viennuet war der Meinung, daß die Sache sich. nicht dgzu eigne, den Königl. Profkarator vor die-Barre der Kammer zu laden, daß man aber das Verhalten des Hrn. v. Lameth gegen denselben, und seine Weigerung, sich zu stellen; dffentlich billigen músse. S Madier de Montjau trug auf die Ernennung einer

ommission an, Hr. Girod äußerte sich in dem Sinne des

Hrn. Bourdeau und stimmte sonach_ für die Tagesordnung. Hr. v. Vatimesnil theilte die Ansicht des A0 Viennet. Hr. Odilon-Barrot trat dagegen zur Vertheidigung des Königl. Profurators auf. Wenri, meinte er, von der Redner- bühne herab irgend ein Vergehen näher bezeichnet worden sey, so bleibe. der Justiz - Behörde kein andres Mittel übrig, als die Sachezu untersuchen und zu diesem Behufe denjenigen De- putirten, der von einem solchen Vergehen Kenntniß zu haben be- haupte, zu vernehmen ; die Pflicht des Justizmannes lasse sich hier mit der Unverleßlichkeit des Deputirten sehr wohl vereinigen; wollte ein Deputirter sih auf seine Privilegien berufen, um eine Aussage vor Gericht zu verweigern, so würde er sich in die Lage eines Geistlichen verseßen, der die Unverleßlichfeit des Beicht -Geheimnisses geltend machen, oder in die eines Advokaten , der die Unverleblichkeit der Mittheilungen seines Klienten fár sich in Anspruch nehmen wollte; in allen drei Fällen fônne man sich auf ein Privilegium berufen, was in- zwischen die Justiz- Behörde nicht hindere, den Einen wie den Andern als Zeugen zu vernehmen. Wenn, fügte Herr Odilon - Barrot hinzu, aus der Vorladung des Hrn. Comte die bôse Absicht hervorleuchtete, das Ansehen eines Deputir- ten zu schmälern, so wúrde die Handlung allerdings strafbar seyn; so aber, und da Hr. Comte überall für einen Ehrenmanu gelte, bleibe nur übrig, úber den Antrag des Hrn. Dupin zur Ta- gesordnung zu schreiten. Eine ungemeine Bewegung that sich hiers auf in der ganzen Versammlung kund. Der See-Minister mache derselben dadurch ein Ende, daß er selbst die Redner- búhne bestieg: „Die Unabhängigkeit der Rede‘/, äußerte er, „ist das edelste und wesentlichste Vorrecht , das die Charte einem Deputirten zugesichert hat. Durch die beregte Afte wird, man muß es einräumen, dieses Vorrecht beein- trächtigt, und die Kammer ist daher befugt, si Genugthuung zu ver\chasfen. Nur fragt es sih, wie dies geschehen solle. Zwei Mittel scheinen mir dazu geeignet. Niemand in dieser Versammlung hat die Gesinnungen des Prokurators in Zwei- fel gezogen; und der Umstand, daß en Deputirter wegen einer von ihm abgegebenen Meinung vor den Instructions- Richter geladen worden, fommt sonach lediglich auf Rechnung einer Verkennung der Amtsbefugnisse. Die Kammer fann also entweder den Vorschlag des Herrn Viennet annehmen und dem Betragen des Herrn Lameth öffentlich ihren Beifalt zollen, oder sie fann die ganze Sache einèr Kommission zur Prúfung überweisen. Beide Vorschläge sind der Regierung recht. Als der Minister die Rednerbühne verlassen hatce, bemerften einige Stimmen, die Sache gehe das Mis nisceriuum gar nichts an. Auf die Frage, ob der Graf Se- bastiani als Deputirter oder Minister gesprochen , erwiederte derselbe, daß seine Beitcitts-Erklärung sich nur auf diejeni- gen Mitglieder des Ministeriums beziehe, die zugleich Depu- tirte wären. Nachdem och die Herren Dupin der Ael- tere, Benjamin Constant und von Salvandy ihre Meinung abgegeben hatten, fam es endlich zur Abstimmung, worauf der Antrag des Hrn. Madier de Montjau, eine Kommission zu ernennen, die sih mit der Prüfung der Hrn. Lameth zugegangenen Pieceu beschäftige und demnächst einen Bericht darüber an die Kammer erstatte, fast einstimmig an- genommen wurde. Die Ernennung dieser Kommission sollte am folgenden Tage, wo auch die Wahl des Präsidenten dex Kammer zu erwarten steht, in den Büreaus stattfinden.

Paris, 11. Nov. Der König arbeitete gestern mit dem Präsidenten des Minister-Raths und dem See- Minister und ertheilte dem Spanischen Botschaster, Grafen Ofalia, so wie dem Königl. Würtembergischen Gesandten Grafen vou Múlinen, Privat-Audienzen. |

Der heutige, Moniteur enthält nachstehende Königliche Verordnung vom vorgestrigen Datum : „Wir Ludwig Phi- lipp Kdnig der Franzosen u, s, w. haben in Betracht, daß der Graf von Kergorlay, Ex -Pair von Frankreich, und die Der ren Brian, Genoude und Lubis, als Urheber und Mitschul- dige des im Art. 4 des „Gesekzes. vom 25. März 1822 gedach- ten Vergehens verfolgt werden, so wie nah Einsicht des Ur- theils vom 5.- Nov. d. J. -, wodurch der Königl. Gerichtshof von Paris sich e infompetent erklärt hat, den Grafen vou Kergorlay und seine Mitangeschuldigten zu rihten, weil der Erstere scine Eigenschast als Pair von Frankreih zur Zeit

daß |-des ihm Schuld gegebenen Vergehens noch nicht verloren

hatte, und auf den Bericht Unsers Großsiègelbewahrers und _Miníster Staats-Secretairs im Departement der Justiz ver- ordnet uud verordnen, wie folgt: Art. 1. Der Pairs - wird zusammenberufen. Die von Paris abwesenden Pairs siad gehalten, sich unmittelbar dort einzufinden, wenn sie ihre Entfer-

„nungnicht durch ein rechtsgültiges Hinderniß rechtfertigen können. Art. 2. Dieser Hof wird unverzüglich zur Fällung ‘des Urtheils