1830 / 333 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Wed, 01 Dec 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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Berlin, 29. Nov. Der Messager des Chambres vom 99. d. giebt einen Artikel aus dem Courrier de Pays-Bas, dem zufolge von Seiten Sr. Majestät des Königs, unseres Herrn, der Vorschlag gemacht worden seyn soll, aus Belgien und den jenseits des Rheins gelegenen früher Französischen Pro- vinzen des Preußischen Staats ein einziges Reich unter dem Scepter Sr. Majestät des Königs von Sachsen zu bilden und dagegen das Königreich Sachsen mit Preußen zu veret- nigen. Wir dürfen mit voller Zuverlässigkeit versichern, daß jener Vorschlag in allen seinen vorangegebenen Bezie- hungen erdichtet ist und nicht minder, als so viele andere Gerüchte, zu den Erfindungen gehört, mit denen bald die Niederländischen Blätter die Französischen , bald dieje jene in freundnachbarlichem Wohlwollen zu bereichern pflegen.

In den Gesammt - Sigungen der Königl. Afademie der Wissenschaften sind im Oktober und November d. J. folgende Advhandlungen gelesen worden,

Am 21. Oft. Hr. Bekker, übèr den Artikel im Pro- vengçalischen.

Am 28. Oft. Hr. Weiß, fortgesebte Beobachtungen über das anomale Lagerungs - Verhältutß des Syenit- und Granitgebirges gegen den Pläner Kalk und Quadersgudstein in der Gegend von Meißen und Hohenstein.

Am 4. Nov. Hr. v. Olfers, úber ein merfwürdiges . Grab bei Cumá und die in demselben enthaitenen Bildwerke.

Am 11. Nov. Hr. Seebeck, Fortseßung seiner Ab- handlung über das Verhältniß zwischen Eleftricität und Mag- netismus in thermomagnetischen Ketten.

Am 18. Nov. Hr. Wilken, Fortsekung und Beschluß seiner Abhandlung über die Verhältnisse der Byzantiner zu den Russen, vom neunten bis zum zwölsten Jahrhunderte.

Am 25. Nov. Hr. Link, úber die Pflanzenthiere über- haupt und die dazu gerechneten Gewächse insbesondere.

Aus Köln wird gemeldet: Durch das {dne Wetter begünstigt,- ist die Bestelluig der Winterfrucht fast überall im Regierungs - Bezirke glücklich vollbracht, und die auffeimende Saat berechtigt zu freudigen Erwartungen. - Nur in dgn Niederungen haben die Schnecken bedeutende Verwüstungen in der jungen Saat angerichtet. Die Kartossel-Ccnte ijt fast úberall gut ausgefallen. Die Fruchtpreise bleiben noch im- mer auf ihrer vorigen Hôhe, dagegen sind die Kartosse{u, in Folge der kürzlich beendigten reichlien Ernte, etwas herabge- gangen. Die Rheinschifffahrt ist im Monat Oktober fast eben so bedeutend gewesen, wie in den beiden vorigen Mo- naten. Die Dampfschiffe versehen fortwährend und regel- môßig ihre Dienste. Von den Kohlen, welche von Seiten des Ober - Bürgermeisterei - Amtes zur Deckung des Winterbedarfs für die unbemittelte Kiasse der hiesigen Ein- wohner auf der Ruhr eingefauft worden, sind bereits 2 Ladungen hier angekommen. Die Preise sind seitdem noch _sehè gestiegen, und man kann um so weniger erwarten, daß fie vor Beendigung der diesjährigen Schifffahrt wieder sinken werden, als die Erlaubniß der freien Einfuhr nach Holland die Preise der Ruhrkoh!en nofhwendig bedeutend steigern muß. Nach dem Beispieie Kölns und anderer bevölkerten Städte der Provinz hat sich auch in Bonn ein Verein zur Anschaffung von Korn - Vorräthen uud Kartoffeln für die Stadt, auf den Fall der Theurung, gebildet, welcher von E der Königl. Behörde alle mögliche Unterstüßung er- M

Zu Gütersloh hat sich in Verbindung mit dem Ar- menvorstande ein besonderer Hülfs - Verein gebildet und vor- láufig den Ankauf von 1500 Berliner Scheffeln Kartoffeln be- schlossen, die der geringen Klasse der Einwohner im Frühjahre zum Einkaufspreije,' den Armen aber. zu noch niedrigern Preisen und nach Verhältniß der vorhandenen Mittel unent- geltiich überlassen werden „sollen. Auch im Kreise Halle hat sich ein „Korn - Verein// gebildet, dem sich viele Vater- lands\freunde aus Halle, Versmold, Werther und Borgholz- haujen angelchlossen haben, um der Noth ihrer ärmeren Mit- bürger vorzubeugen.

Nachrichten aus Minden zufolge ist es dem mit leb- haftem Jnteresse und unermüdeter Thätigkeit für den Wege- bau wirtsamen Landrathe Freiherrn v. Metternich, unter Mitwirkung der Wegebau- und Verwaltungs-Behörden, durch

| Gewährung bedeutender Geldmittel vom Staate und- die frú-

heren unentgeltlichen Arbeitsleistungen der Gemeinde gelun- gen, den bisher 600 Ruthen langen höchst beschwerlichen Hohlweg vor der Stadt Höxter zu verlegen und ‘in eine schône Kunststraße zu verwandeln, die sih jeßt im ununter- brochenen Zusammenhange bis zur Lippeschen Gränze erstreckt. Ín gleicher Art wird noch in diesem Herbste die neue Chaussee nach Godelheim und weiter hinaus nah Blankenau hin voll- endet werden.

Königliche Schauspiele. Dienstaa, 30. Nov. Jm Opernhause: Ottavio Pinelli, oder: Schimpf und Rache, großes pantomimisches Ballet in 3 Aufzügen, von Paul Samengo; Musik von Robert Gra-

fen von Gallenberg. Für die hiesige Königl. Bühne in den

Tänzen und Arrangements eingerichtet und in Scene geseßt von den Dlles. Therese und Fanny Elsler. (Dlle. Therese Elsler wird hierin die ‘Partie der Giuletta, und Dlle. Fanny Elsler! die Partie der Amalie ausführen.) Vorher: Das Ge- heimniß, Singspiel in 1 Akt; Musik von Solie.

Preise der Pläße: Ein Plab in den Logen des ersten Ranges 1 Rthlr. 10 Sgr. 2c.

Mittwoch, 1. Dez. Jm Opernhause: Fra Diavolo, Oper in 3 Abtheilungen, mit Tanz; Musik von Auber.

Königstädtisches Theater. Dienstag, 30. Nov. 5 Aften,

Berliner Börse. Den 29. November 1830. Amtil. Fonds- und Geld-Cours-Zettel. (Preuss. Cour.)

__|Zf.|Bricf.| Geld. [Zf. [Brief T Geld. St.-Schuid-Sch. 904 | 905 [Ostpr. -Ptandbrf. Is | Pr, Engl. Anl, 18 985 | 985 Pomm. Pfandbrf. 1025 Pr. Engl Aufl. 22 9 }Kur- u.Nenm. do. £617 Pr. Engl: Obi. 39 852 | 85x TSchlesische do. 102 Kurm.Öb.in.L.C 89 Rkst. C.d.K.-u.N.| | 61 Nenm Int.Sehb.d. 897 - Z.-Sch.d.K.- u.N. 62 Berl. Stadt - Ob. 921 Königsbg. do. 94 Elbinger do. 93 Woll. vollw. Duk. Dauz. do. in Th. 35 Neue dito VVestpr. Pfdb 922 25 Triedrichsd'or . : 1275s

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Auswärtige Börsen. Frankfurt a. M., 25. November. 5praoc. Metallig. 91. 907. 4proc. 815. 805. Z2z¿proc. 475. 1proc. 264. Brief. Bank-Actien 1248. 1245. Part.-Otlig. 1175 1162. Locse zu 100 FI. 1652. Brief. Poln. Loose 524. 52.

Hamburg, 27. November. Oesterr. 4proc. Metall. 814. Bank-Actien 1068. Engl. Russ. Anl. 93. Russ. Anl, Hamb. Cert. 92 6Gproc. Pap. Insc. 665. Dän. 69. Pola. pr. 30. Nov. 108. Engl. Neap. —. Falc. 65.

London, 22. November. Cousols 82}.

Paris, 22. November. 5proc. Rente pr. compt. 92 Fr. 75 C. fin cour. 92 Fr. 80 C. 3proc- fin cour. 62 Fr. 70 C. -S5proc. Neap. 67 Fr. 5proc. Span. Rente perp. 504. f ;

St. Petersburg, 19, November. Hamburg 3 Îon. 945: Silber-Rubel 379' Kop. S5proc. Insc.

in Silber 983.

Wien, 24 November. 5proc. Metall, 927. 4proc. 82. 23proc. 473.

1preoc. 21. Part.-Oblig. 119. Bank-Actien 11004. L.

Frankfurt a. M., 26. Nov.

Neueste Börsen-Nachrichten. Oesterr. 5proc. Metall. 907.

4proc. 8015. G. 2Fproc. 475. 1proc. 205. B.

_ Bank-Actien 1241. Partial-Oblig.. 1163, G, Loose zu 100 Fl. 165. B. Poln. Looje 517. G.

Gedruckt bei A, W. Hayn.

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Redacteur Foh un. Mitredacteur Cottel.

Die Kreuzfahrer, Melodrama in

Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

M 333.

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Bei der am 29sten d. M. beendigten Ziehung der 5ten Klasse 62ster Königl. Klassen - Lotterie fielen 2 Gewinne zu 2000 Rtólr. auf Nr. 10,731 und 19,436 in Berlin bei Burg und nah Magdeburg bei Koch; 10 Gewinne zu 1000 Rthlr. auf Nr. 3954. 9980. 22,374. 31,314. 41,223. 42,060. 47,611. 51,126. 62,936 und 66,007 nach Breslau bei Löwenstein, bei Prinß und bei Schreiber, Bunzlau bei Appun, Danzig bei Reinharz und bei Noboll, Königsberg i. P. bei Heigster, Liegnilz bei Leitgebel; Magdeburg bei Brauns und nach Stet- tin bei Rollin; 8 Gewinne zu 500 Rthlr. auf Nr. 7198. 11,310. 16,127. 23,613, 33,513. 41,187. 43,949. 62,894 in Berlin bei Burg und bei Seeger, B 3mal bei Lehmann, Jauer bei Gürtler, Magdeburg bei Roh und nach Quedlin- burg bei Dammann; 11 Gewinne zu 200 Rthlr. auf Nr. 2312. 5439. 24,203, 27,025. 28,024. 35,228. 45,817. 58,485. 61,167. 78,600 und 84,810.

Berlin, den 30. Nov. 1830. f j

Königl. Preuß. General-Lotterie-Direction.

Angekommen: Der Königl. Dänische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister am Kaiserl. Oester- reichischen Hofe, Graf von Bernstor}ff, von Kopenhagen.

Zeitungs-Nachrichten. Ausland.

Frankrei ch.

« Pairs- Hof. Am 22sten d. M. begannen vor der Pairs - Kammer, nachdem dieselbe sich als Gerichtshof fkonsti- tuirt hatte, die Verhandlungen in dem Prozesse des Grafen v. Kergorlay, so wie der Geschäftsführer der Quotidienne und der Gazette de France. Die dffentlichen Tribunen waren bereits bei guter Zeit mit einer großen Anzahl von Zuhörern aus den ersten Klassen der Gesellschast, worunter auch viele Damen , angefülle. Jn dem Gange zur linken Seite des D befand sich eine Barre und hinter derselben ein

ureau für die Advokaten. An der Stelle, wo gewöhnlich die Minister siben , hatte man einen Tisch für den General- Profurater, Hrn. Persil, und den General - Advokaten beim Pairs - Hofe, Hrn. Berville, aufgeschlagen. Hinter dem Bu- reau des Präsidenten waren Bänke für die Sühne der Pairs, deren vorbehaltene Tribune von mehreren Reihen von Damen eingenommen war, angebracht worden. Um 1 Uhr gingen die Thüren auf, und die Pairs, ihren Präsidenten an der Spike, traten in den Saal. Der Graf v.-Kergorlay, in schwarzem Fra, nahm seinen Plaß neben seinem Anwalte, dem Advokaten Berryer. Nach ihm kamen Hr. v. Brian, Geschäftsfüh- rer der Quotidienne, und die Hrn. v. Genoude und Lubis, der Eine Geschäftsführer, der Andre Haupt- Redacteur der Gazette de France, begleitet von ihren Advokaten, den Bere Hennequín und Guillemin. Nachdem die Session erôffnet worden, erklärte der Graf von Kergorlay auf Befragen: „Jch heiße Ludwig Florian Paul Graf v. Kergorlay, bin Pair von Frankreich, 61 Jahr alt, in Paris geboren und wohne in der Straße St. Dominigue Nr. 102.// Der Bar: n v. Brian gab sein Alter auf 40, Hr. v. Genoude das seinige auf 38 und Hr. Lubis auf 30 Jahr an. Den drei Defensoren der Angeschuldigten schärfte der Präsident zuvor ein, daß sie nichts vorbringen dürften, was ihrem Gewissen oder der den Geseßen gebührenden :Achtung zuwiderlaufe, und daß sie sich

Berlin, Mittwoch den 1e Dezember

1830.

mit Anstand und Mäßigung auszudrücken Fätten. Hier- auf erfolgte zuvörderst der Namens - Aufruf der anwesenden Pairs, deren Zahl sich beinahe auf 200 belief, worunter je- doch feiner der drei Minister. Die Versammlung zog sich demnächst, dem Gebrauche gemäß, in die Raths - Kammer. zurü, um über ihre Kompetenz zu berathschlagen. Wäh- rend dieser Zeit verließen auch die Angeschuldigten und ihre Advokaten den Saal. Um 27 Uhr wurde die Siz- zung wieder eröffnet, und der Präsident verlas einen Be- \chluß, wodurch die ‘Pairs-Kammer sih für kompetent erklärte. Nachdem der Graf von Kergorlay sich als Verfasser des in die Quotidienne vom 25. und die Gazette vom 27, Septbr. inserirten Schreibens befannt, auch eingestanden , daß er die Junsertion selbst veranlaßt habe, erklärten die Herren von Brian und v. Genoude auf Befragen, daß sie, da der ge-- dachte Brief an den Prôsidenten der Pairs-Kammer gerih- tet und von dem Graten v. Kergorlay unterzeichnet gewesen, die Jnsertion desselben nicht verweigern zu / dürfen geglaubt E Hr. Lubis dagegen wies jede Verantwortlichkeit von ich, da sein Name früher in der Gazette de France nur als Haupt: Redacteur, nicht aber als Geschäftsführer aufgeführt gewesen sey, er auch die Jnsertion des mehrerwähnten Schrei- bens nicht verfügt habe. Hr. v. Genoude bestätigte diese An- adi und erflärte, daß, wenn diese Jnsertion ein Vergehen ey, ihn allein die Strafe dafür treffen müsse. Der General- Profurator Hr. Persil machte hierauf sein Requisitorium in

: folgender Weise :

¿„Méine Herren! Eine große Revolution hat sich unlängs vor Jhren Augen zugetragen und nah vielem Unglück die Wänsche der großen Mehrzal der Franzosen erfüllt, zugleich aber die FJnteressen und die Eigenliebe einiger Personen verleßt und thr Gewissen beunruhigt. Einige , von der neuen Ordnung der Dinge mit Zuversicht für das Land künftiges Glü erwartend, haben sich ihr, nicht ohne Schmerz, aber ofen angeschlossen; An- dere, beständiger in ihren Neigungen und einzig durch die Erin- nerung an die Vergangenheit geleitet, haben sich nicht für verpflichtet - gehalten , ihr treu zu bleiben, ohne aber ihre Mißbilligung der neuen Ordnung der Dinge anders, als durch Stillschweigen, zu erkennen zu geben; diese werden ihr hoffentlich später beitreten. Noch Andere endlich haben, durh ih weiß nicht welches Fnter- esse und welche Leidenschaft getrieben, niht Anstand genommen, als die erklärten Feinde der Revolution aufzutreten, und thun jeßt, nachdem die Gefahr vorüber ist, durch ihre Schriften und Be- fanntmachungên in den Journalen das, was sie am Lage der Niederlage ihrer Partei mit den Waffen in der Hand nicht zu thun wagten. Fricde sey mit denen, welche alte Neigungen t der Stille bewahren, ohne etwas zu thun, um ihnen Kredit oder den Sieg zu verschaffen, denn die Toleranz sibt im Rathe des neuen Königs; aber Krieg, und zwgr Krieg auf Tod und Leben, mit denen, welche die Freiheit und Toleranz nur dazu gebrauchen, den neuen König anzugreifen, falsche Lehren zu verbreiten und der vorigen Regierung Anhänger zu verschaffen. Unter den küh- nen Vertheidigern der alten Dynastie und der frühern Ordnung der Dinge werden Sie nicht ohne Os einen chemaligen

air bemerkt gaben, der das Geschehene beklagen und bedauern onnte, der ein Recht hatte, in das Privat-Leben A und si stillschweigend von Jhnen zu. trennen , der es aber vor- gezogen hat, auf cine Aufsehen erregende Weise und durch die

rgane der Oeffentlichkeit die That Frankreichs, so wie die erha- bene Person des Monarchen, anzugreifen, welche, an die Spibe des Staates gestellt, Ansprüche auf die Verehrung aller Seglgee sen erlangt hat. Dieser ehemalige Pair von Frankreich ist der Graf Florian von Kergorlay. Am 23. Sept. d. J. zeigte er dem

râstdenten der Pairs-Kammer schriftlich an, daß er den tee ichen Eid nicht leisten werde. Sein Schreiben war ohne Zwe fel dem cdlen Vorsißer so ungeziemend e E, daß dieser es, ungeachtet der ausdrücklichen Bitte des Grafen von Kergorlay, dasselbe in das Sißungs- Protokoll aufnehmen zu lassen, für scine Pflicht hielt, zu scinen Kollegen niht dffentlih davon zu sprechen. Dieses wohlwollende und theilkehmende Ver- fahren hätte dem Grafen Kergorlay theils das Ungeziemende seines Schreibens, theils die Gefahr, dex er sih dadurch aussebte,

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