1830 / 347 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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amte in den großen Rath gelangen können, nebst mehreren andern in der Foige vorzunehmenden Abänderungen in ver- ‘schiedenen Geseßzen.“‘ : |

Am Q2ten d. hat sch zu Freiburg der große Rath des Kantons versammelt. Man ‘erwartete- mit Ungeduld das Ergèbniß seiner Berathungen. Gegen 3000 Landleute wogtken durh die Straßen in der Nähe des Rathhauses. Viele Bittschriften wurden eingereiht, sie hatten taujende von Un- terschriften, die meisten waren im Sinne derjenigen von Murten abgefaßt. Nach langer Berathung wurde endlich der Schluß gefaßt, day eine Revision der Verfassung statt-

finden solle. Alles war’ hierauf beruhigt.

Die Oesterreichischen Mauthen an der Tessiner Gränze *

sind mit Truppen verstärkt. Man giebt gewaltsame Contre- bande als Grund an.

J'taliën.

Rom, 2. Dez. Das Diario enthält nächst der Mel- duñg von dem Ableben des Papstes nach einem Krankenla- ger von 13 Tagen folgende biographische Notizen über den- selben: „Pius VIlI, frúher Franz Xaver Graf von Casti- glioni, stammre aus einer der ersten Familien der Mark An- cona her und ward am 29. November 1761 geboren. Pius VII, ernannte ihn im Jahre 1800 zum Bischof von Mont- alto; im Jahre 1808 wurde er mit mehreren sciner Mit-

brüder nach der Lombardei verwiesen. Als jedoch im Jahre

1815 die Päpstliche Regierung im Kirchenstaat wiederher- tan wordèn, fehrte der Bischof Castiglioni zu seinem

ischofssibe zurúck. Von dort verselte Pius VII, ihn zur Kirche von Cesena, indem er ihn zu gleicher Zeit (am sten März) zum Kardinal mit dem Titel von St. Maria in Tra- spontina ernannte. Dieses war nach dem Frieden die erste Promotion, bei welcher auch Hannibal della Genga, später Papst Leo XIl., den Purpur erhielt, so wie Anton Gaßriel Severoli, dessen General - Vikar für das Bisthum Fano Cas: stiglioni gewesen war. Jm Jahre 1821, nach dem Tode des Kardinals von Pietro, erwählte man ihn zum Groß-Pôniten- tiar und úbertrug ihm das Biethum von Frascati. Nach dem Ableben Leo's X11. wurde er endlich am 31. März 1829 als Pius VIIL. auf den Päpstlichen Thron erhoben. Nach einer Regierung von 1 Jahr und 8 Monaten, während wel- cher er 6 Kardinäle ernannt hatte, starb er in einem Alter von 69 Jahren und 10 Tagen.“

Das Kardinals-Kollegium. besteht dermalen aus 55 Per- sonen, indem 15 Stellen unbesebt sind; von jenen- 55 sind 6 Kardinal-Bischdfe, 49 Kardinal -Priester und 10 Diakone. In Rom selbst sind 27 Kardinäle anwesend, zwölf andere be- finden sih in dem Päpstlichen Staat, sechs in andern Thei- len von Jtalien. Während -des Pontifitkats Pius VIII. find acht Kardinäle mit Tode abgegangen.

Portugal.

Paríser Blätter melden aus Lissabon vom 20. Nov. „¡Vorgestern kam der in der Portugiesishen Armee sehr be- fannte General-Major Sir George Elder am Bord eines

afetboots von Falmouth hier an. Mit wichtigen Depe- chen für den Vicomte v. Santarem beauftragt, begab er si nach dem Hotel dieses Ministers, und beide fuhren dann nach Queluz. Ueber den Geger stand dieser diplomatischen Mitthei- lungen hat noch nichts verlautet.‘‘ :

E M L T N. Li

Die Allgemeine Zeitung giebt folgendes Schreiben aus Konsantinopel vom 10. November: „Alles ist hier bei befriedigendem Gesundheitezustande vollfommer ruhig, und wir wären ohne irgend eine Besorgniß, hörten wir nicht täglich von den großen Verheerungen , welche die Cholera ín den südlichen Russischen Provinzen anrichten soll, und wäre dadurch nicht die ganze, sowohl Europäische als Astatische, Küste des s{hwarzen Meeres mit der Ansteckung bedroht. Die Re- gierung nimmt zwar Maaßregeln dagecen , und an verschie- denen Punkten ist ein Cordon gezogenck Allein man hat hier noch feinen flaren Begriff von anitätsanstalten , und so. möchte die Cordonsanordnung mehr für einen Beweis, daß man sich den Sitten der Europäischen Völker immer mehr zu nähern und ihre Erfahrungen zu benußen wünscht, als fúr eine wirkliche Sicherheitsmaaßregel angesehen werden. In politischer Hinsicht ist Alles beim Alten; die Angelegen- heiten im Westen spannen hier, wie in ganz Europa, die allgemeine Aufmerksamkeit, und nah Aeußerung einiger wich- tigen diplomatischen Perionen hält man einen Krieg für wahrscheinlich: Graf Guilleminot steht in größtem Ansehen bei der Pforte und ist bemüht) sich ihr auf alle mögliche Weise gefällig zu machen, Hr. v. Ribeaupierre, welcher nach

Friedens.

Neapel abreist, hat den Gesandschaftssecretair Rückmann, welcher bei den frühern Verhandlungen des Grafen Orlof die Feder führte, in der Eigenschaft cines K. Russischen Ge- schäftsträgers zurückgelassen. Aus Aegypten lauten die Nach- richten günstig. Der Vicefkdnig scheint dem Großherrn treu ergeben und schickt: fleißig Subsidien. Die nach Kandien eingeschifften Truppen sind auf dieser Jnsel gelandet und haben von mehreren Hauptpositionen Besiß genommen.//

A

Berlin, 14. Dez. Jn der gestrigen Sibung des Vereins für Gewerbfleiß war der Hauptgegenstand der Berathung die Gewinnung der ausgeseßren Preise, die Stcllung neuer und die Beibehaltung der alten Preis - Aufgaben, so wie die Anerkennung gemachter Mittheilungen. Vorgetragen wurde demnächst ein Bericht der Abtheilung für Mathematik und Mechanik, úber die Resultate der Versuche, welche Herr Dünnweg über den Effekt unterschlächtiger Wasser-Räder an- gestellt hat; ein Bericht der Abiheilung für Manufakturen, über die von der naturforschenden Gesellschaft zu Görliß ein- gesandten Seiden-Cocons; eine Mittheilung der Schrift des

errn Bolzani: „¿; Wêègweiser zum Seidenbau‘/, durch des

errn Ministers des Junern für Handel 2c. Excellenz; eine Mittheilung des Herrn R. R. Werneburg in Erfurt, über die Streichriemen des dortigen Riemer - Meisters Dufa ; ein Schreiben des Eibinger Gewerbe- Vereins , die Ausdildun angehender Gewerbtreibenden und den Zimmermannschen frahn betreffend ; Mittheilung des Herrn Majors Blesson, uber Bli - Ableiter ; des Gewerbe- Vereins zu Sagan, über seine Statuten; des Herrn Grafen Henfel von Donners- mark, úber einige von ihm gesammelte gewerbliche Notizen ; des Bau - Conducteurs Herrn von Hartmann in Westheim, über die Anwendung eines dort vorkommenden Kalksteins zum Steindruck; des Herrn Fontane, über den Krapp - Karmin des Herrn Streccius. Der Herr Hauptmann Dr, Meyer hielt einen Vortrag über eine Erleuchtung, besonders bei Ver- messungen brauchbar; der Herr Bau - Conducteur “Vaduen trug eine Ucberseßung der vom Herrn Professor Palmstedt in Gothenburg mitgetheilten Notizen über die dortige Ge-. werbschule vor. Vorgezeigt wurde ein Strohhut aus der Fa- brif des Herrn Riß, wozu das. Band mit einfacher meha- nischer Vorrichtung geflochten war; Nordamerifanische Wolle aus der Kolonie des bekannten Rapp zu Economy.

Die Posener Zeitung enchált ein Umlaufsschret- ben des erwählten Erzbischoss von Gnesen und Posen, Gee neral-Verwesers des genannten Erzbisthums, Hrn, v. Dunin, an die Geistlichkeit und die fatholishen Einwohner der Erze Didces Posen, worin derselbe, mit Hinsicht auf die beflagens- werthen Ereignisse im Königreiche Polen, ihnen die treue Erfüllung ihrer Unterrhanen-Pflichten einschärft und nament- lich die Geistlichen auffordert, ihren Pfarrkindern die nöthi- gen Vorhaltungen in diesex Beziehung zu machen und ste zur Ruhe und zum Gehorsam gegen-die Obrigkeit zu ermahnen. „„Es steht zwar nicht zu besorgen‘, heißt es darin, „daß die Bewohner des Großherzogthums Posen, eingedenk der trau- rigen Schicksale der Polnischen Nation, von ähnlichen Drangs- salen bedroßt würden ; da jedoch die Neuerungssucht und das unglückselige Streben nah Umwälzung der bestehenden Ord- nung der Dinge heut zu Tage so sehr überhand genommen, da von dergleichen Stürmen auch andere Länder Europas

heimgesuchr worden, deren friedliebende Bewohner in einem

Augenblicke um ihre Freiheiten, um ihr Eigenthum, Viele sogar um ihr Leben gekommen sind; so Mila wir nicht umhin, unjerer Pflicht gemäß, Euch, geliebte und getreue Brüder in Christo, zu warnen, Euch den Einflüsterungen Uebelwollender hinzugeben. Unser Gott ist fein Gott der Unruhen , sondern cin Gott der gegenseitigen Liebe und des Seinem Gebote gemäß sollen wir den Nächsten lieben und die Obrigkeit ehren; laßt uns daher seinen hei- ligen Willen erfüllen, und sein gdttliher Segen wird uns nie verlassen.‘ j

Aus Köln vom 10ten d. wird gemeldet : Jm Monat

November ist die Schifffahrt in Folge der gewöhnlichen Herbst - Versendungen sehr lebhaft gewesen. Die Zahl der angefommenen Schisfe betrug 289, und die. der abgegangenen 204. Es verdient dies um so mehr bemerft zu werden, da durch einen lange anhaltenden Súd-Ostwind und durch den niedrigen Wasserstand viele Schisse in den Niederländischen Gewässern aufgehalten wurden, und da die Unterbrechung der Verbindung mit Antwerpen sehr nachtheilig auf den Handels- zug auf dem Rheine eingewirkt hat. Die Getreide-Pretse sind nicht weiter gestiegen, da es an Zufuhr nicht fehlt und

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die Furcht vor einem etwanigen Mangel nachgelassen zu ha- ben scheint. Die Preise des Thrans sind in die Höhe fe angen, die der Kolouialwaaven haben eine feste auf Er d- Tung deutende Haltung angenommen , dagegen sind die der vegetabilischen Fettwaaren , namentlich des Nüböls, etwas heruntergegangen. Jm Wechselhandel zeigte: sich noch immer Nachfrage nach baarem Gelde; daher waren die fremden Valuten, mit Ausnahme der eben so begehrten als selten ge: wordenen Antwerpener, fortwährend am Markte. i

Seit dem leßten Drittheil des Novembers wetteifern französische Blätter, einen Krieg mit den Mächten des- festen Landes als unvermeidlich , nahe drohend, leicht und glorreich darzustellen. Mit glühenden Farben schildern sie, wie zahl- reiche Heere - der Feinde der Freiheiten, des Glückes und des Ruhmes von Frankreich seinen Gränzen nahen, wie sie schon bereit stehen, in sein Gebiet einzufallen , es zu plúndern, zu zerreißen, zu vernichten. Aber sie mögen nur kommen : Frank- reich fürchtet sie niht. Sieggewohnte Heere, eine Mtllion

Nationalgarden erwartet sie: der französische Boden starrt

von Bajonetten. Und wer ist es, der dieses einmüthige freie Volk zu bekämpfen fommt? Es sind niht mehr die Männer vom Jahre 1814, welche heran eilten , Einfälle in ihre Hei- mat, Störungen ihres häuslichen Friedens zu rächen, ausge- rüstet mit den Schäßen Britanniens , gestählt durch Ahnvn- gen einer bessern Sit nach so viel Tagen der Schmach und des Jammers. ie Begeisterung ist_ verflogen : die Gold- quellen des -Britischeu Reichs sind verschlossen: die Morgen- rôthe der Freiheit und des Wohlstandes, die auch ihnen leuch- tete, ist spurlos verschwunden. Unter shmählihem Drucke erliegend harren jeßt die Völker des festen Landes nur des Rauschens der -dreifarbigen Fahne und des Klanges des mar- seiller Marsches, um ihre Ketten zu brechen. Franfreich wird unschuldig sein an bem Sturme, der über den Häuptern sei- ner Widersacher ausbricht. Solcher Aufruf durchfliegt Franf- reich; sein gemilderter Nachhall tônt selbst în der Depurir- ten-Kammer unter lebhafter Theilnahme.

Es ist gewdhnlich, daß Zeitungsschreiber Heere marschi- ren lassen; wenn einzelne Bataillone ihre Garnijonen ändern, und daß sie drohende Rüstungen verkünden, wo mäßige Vor- sicht, die nimmer rasten sollte, den sorglosen Schlummer der Sicherheit -unterbricht. Jn Ländern, wo jährlich Quartfer-

listen von allen Truppentheilen gedruckt und im offenet Büch/'

handel verkauft werden; wo die Ergänzung des Heeres und seine Verpflegung ein Gegenstand öffentlicher Verhandlungen ist; wo jeder gebildete Mann zum Kriegsdienste berufen Kennt- niß von allen Einzelheiten der S Heeres nimmt in solchen Ländern ruht überall kein Zeheimniß über ihrer Bereitschaft für die Stunden der Gefahr, und es ist unzwei- felhaft, daß auch die französische Regierung gründlicher hier- über unterrichtet scin wixd, als die Zeitungs schreiber ihrer Nation. Sie wird nach dieser Kenntniß erwägen, ob würf- lih drohende Stellungen sie umgeben, und nah ihrer Ueber- eugung in freier Selbstständigkeit verfügen, was ihre Sicher- eit zu erfordern scheint. Alle Regierungen bedienen sich ierin des gleichen Rechtes: verständige Vorsicht kann nur chtung erwerben, und es bedarf feiner schmählihen Wehr- losigkeit, um den Argwohn, der im Finstern schleicht, zu ent- wasnen.

Minder leicht is es, den Geist der Verfassungen und die Neigungen und Wünsche der Völker zu erkennen. Nicht auf Körperliches, nicht auf mechanisch Zähl-, Mess: und Wäg- bares kommt es hier an. Der Geist will geistig gewürdigt sein. Aber die Macht der Erziehung, die Gewdhnung an volksthúmliche Formen von Jugend auf, trübt hier den Bli, und nur zu leiht wird das Wesen_ ver- mißt, weil es nicht in der bekannten Gestaltung er- scheint. Wir- wollen nicht verleßende Vergleichungen ziehn; wir wollen niht den Maaßstab deutscher Denkart und deut- scher Sitten an Frankreichs Eigenthümlichkeiten legen: aber wir fordern die gleiche Achtung unserer Institutionen mit dem gleichen Rechte.

Indem die thätigsten Regierungen am unabläßigsten be- schäftigt sind, die Geseße zu verbessern, und ihre Vollziehung zu sichern, geben sie selbst Zeugniß, daß noch immer Unvoll- fommenheiten abzustellen, Hindernisse der öffentlichen Wohl- fahrt wegzuräumen , Mängel zu ergänzen , Irthumer zu be- richtigen sind. Es ist-die Zweckmäßigkeit des Strebens zum Bessern, cs ist das Verhältniß der Fortschritte zu den Miit- teln, sie zu fördern, was gewürdigt seyn will. Auch hier werden nicht einzelne Schritte, ‘die zufällig ein Straucheln

menschlicher Schwäche behaften möchte, sondera die Richtung der Bahn und der auf ihr zurückgelegte Weg entscheiden.

Kann die Sorgfalt einer Zentralregierung in weitläufti- gen Ländern nicht die. gleiche Thätigkeit und das gleiche Wohl- wollen der Verwaltung in allen Landestheilen sichern: so wird noch weniger in einem Staatenbunde, worin acht und dreíî- ßig Regierungen selbstständig neben einander stehn, úÚberall der gleiche Adel in. der Richtung, die gleiche Kraft in der Leitung des politischen Lebens erreichbar seyn. Der Geist, welcher die Masse belebt, die Stufe der Bildung und des Wohlstandes, worauf das Ganze steht, wird allein das ge- rechte Urtheil bestimmen. Nur mit solcher Ruhe und Milde sich gegenseitig durchschauend werden die Regierungen und die Völker sich richtig würdigen, und dem edlen Selbstver- 41 die nicht minder edle gegenseitige Achtung beizusügen wissen.

Zunächst lebt in dem größesten Theile Deutschlands eine Sorgfalt für den Unterricht des Volfs, die Lesen, Schreiben und Rechnen, Pflicht- und Ehrgefühl zum allgemeinen Eigen- thume der aufblühenden Generation zu machen strebt. Ein Wohlfcilmachen der Erziehung auf Kosten der selbstständigen Ausbildung, ein mechanisches Abrichten statt Entwickelung der, eigenen Greistesfraft, genügt uns nicht: und wir harren mít Zuversicht der Früchte dieser Saat. Bedarf es höherer Ei- genschaften des Geistes und des Herzens, um den höhern Stufen des geselligen Lebens willige Achtung ihres Ansehns und treue Anhänglichkeit der niedern auf innige Ueberzeu-

ung gegründet zu sichern, wenn auch der Untergebne sittlich s steht: so werden wir darin nicht eine Erschwerung der . Verhältnisse eines wohlgeordneten Lebens, sondern nur die edle Frucht eines Stammes erkennen , der aus solchen Wur- zeln sproßt. ;

Wie verschieden auch der Grad der religidsen Bildung seyn möge, der die niedern und die höhern Klassen der Ge- sellschaft, der das Volk und seine Lehrer durchdringt , die Skfandale der Unduldsamkeit, die sich anmaaßt Todtengerichte zu halten, die Versagung des Gebets für den Landesherrn, das Auflehnen an heiliger Stäte gegen obrigfkeitliche Verord- nungen, fennen wir längst nicht mehr aus eigner Ans@anung- Weit entfernt aus dem Kreise dessen, was nach unsrer Denk- art möglich scheint , liegen diese Erscheinungen , deren Fort- dauer wir- jebt nur noch aus den Zeitungen ersehn. |

Unverkennbar sind die Fortschritte der Geseßgebung da- hin gerichtet, die Verwendung der erlangten allgemeinen Bil- dung für die öffentliche und Privat-Wohlfahrt überall hervor- zurufen. Auch hier von unten aufbauend sind es zunächst die Ortsgemeinen, wofür diese Bildung in Anspruch genom- men wird. Ein beträchtlicher Theil Deutschlariès hat bereits eine städtische Verfassung, welhe darauf “beruht, daß díe Stadtgemeinen aus ihrer eigenen Mitte zahlreiche, jährlich zu einem Drittheile durch ihre Wahl erneuerte Repräsentanten die Stadtverordneten bestellen, unter deren Beirath Zu- stimmung und Kontrolle ein von ihnen gewählter Magistrat

‘die Angelegenheiten der Skadt verwaltet. Der Einfluß der

Regierungen beschränkt in diesen Gemeinen si darauf, die Erreichung allgemeiner Polizeizwecke und die Erhaltung der dffentlichen Ordnung zu sichern. Solche Anstalten auf Pro? vinzen, welche ihrer noch entbehren, zu úbertragen, und den ländlichen Gemeinen in gleihem Geiste Verfassungen zu ge- ben, wie ihr Bedürfniß sie erheischt, und ihre Bildung sie erträgt, das eben ist die Aufgabe des Tages.

Es fann nicht in den Gränzen eines Zeitungsartifels liegen, die einzelnen Anstalten der deutschen Staaten einzeln zu würdigen. Aber darauf muß hingewiesen werden , daß Regierungen sih der Rechtlichkeit und Billigkeit ihrer Ab- sichten wohl bewußt sein müssen, deren ganze Richtung dahin führt, ihre Kraft auf die Bildung des Volkes zur lebendigen Theilnahme am öffentlichen Wohle zu gründen. Wer diese Länder fennt, wird, wie überall, manchen unbefriedigten Wunsch, aber wahrlih keine Neigung zum Aufstande, und am wenigsten ein Harren fremder Hülfe wider die Regierun- gen finden. / :

Als Europa nach den Julitagen der neuen Regierung Frankreichs seine Anerkennung nicht versagte, knüpfce das neue Band ein Vertrauen, daß diese Regierungsänderung seine Sicherheit und seine Wohlfahrt nicht gefährden werde. Dies Vertrauen ward begründet durch das ernste Bestreben, die Bewegung der Gemüther auf ein flar erkanntes Ziel zu beschränken. Spätre Eräugnisse konnten besorgen lassen, daß der redliche Wille der französischen Regierung dem widerstre- benden Partheigeiste nicht überall überlegen sein dürfte.

Wie gänzlih verschieden von den Veranlassungen und Zwecken der Regierungsänderung in“ Frankreich die Veranlas-