1830 / 348 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

“Völker, deren gebildete und wohlhabende Masse fein

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sungen und Zwecke der gewaltsamen Bewegungen sind, welche seitdem in verschiedenen Ländeën entstanden : so kommen sie doch alle in der Wahl der Mittél überein. Ueberall sind dies Aufstände des Volks wider die bewafnete Macht der Regie- rung. Fanden solche anch in allen Jahrhunderten statt, ohne eben eines neuen Vorbilds zu bedürfen : so deutet do ihre An- hâäufung seit den Julitagen nicht zweifelhaft dahin, daß dic- sen Erscheinungen der Zeit die Begebenheiten zu Paris als Muster vorgeleuchtet haben.

Es wúrde sehr unbillig sein, die französische Regierung verantwortlich dafür zu machen, wenn Frankreichs Beispiel ohne ihr Zuthun anregend gewürkt hat. Auch entschuldigt es sich selbst, wenn eine neue M H nicht mit vollem Erfolge zu verhindern vermag, daß Bewegungen, welche sie im Junern bekämpft ,- sich dem Auslande mitthei- len; und daß Privatunternehmungen, von ihrem Gebiete aus- gehend , die Ruhe fremder Staaten geféhrden. Französische Blätter haben selbs wiederholt , daß Paris nicht Frankreich und die Stimme einiger pariser Zeitschriften nicht die Mei- nung des französischen" Volkes sei; und es mag aus dieser Ansicht nur für eine Zeitungsphrase gelten, wenn solche Schriften Volksaufstände, im Auslande durch Frankreichs Beispiel angeregt, als eine eigenthümliche Vertheidigungs- waffe der französischen Verfassung bezeichnen. Mag endlich éine Drohung, die der Lebhaftigkeit des Redners entshlüpfte, und eine theilnehmende Bewegung, die seine Zuhörer über- rashte, auch für uns mit dem Augenblicke verhallen , der sie erzeugte. Aber eben diese wohlwollende Aufnahme von Be- gebenheiten, die leiht einer andern Deutung fähig wären, berechtigt auch an die alte Bemerkung zu mahnen, daß Frank: reich, so reih ausgesteuert durch Natur, Wissenschaft und

; Kunst, mit allen Elementen der Größe und des Glücks, kei- 2X nen verderblichern Feind hat, als sich selbs. Nur wenn

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Frankreich selbs ernstlich und beharrlih die Meinung auf- dringen wollte, daß die bloße Existenz seiner jeßigen Verfas- sung ein Schreckbild für das feste Land von Europa sei, und daß es nur von ihm abhänge, die Thronen desselben durch Erregung von Volksaufständen umzustürzen, würde das Wohl- wollen vershwinden müssen, das bisher mitten unter den Vorsicht gebietenden Bewegungen der Zeit die Fortdauer der Segnungen des Friedens verbürgte. “Nichts aber könnte tie- fer, als’ dies, das innerste Jnteresse Frankreichs selbst ver- leben : und wie richtig die Regieruyg selbst diese Ver ältnisse würdigt, ist so eben in der Deputiktenkammer ausge vchen, und mit lebhaftem Beifalle anerkannt worden.

Mur die ungläcklichen , die mit sich selbst zerfallnen Völ- fer, oft nur die Schuld der Väter büssend, die Völker , in deren Schooße feindselige Gewalten und unvereinbare Forde- rutigen einander bekämpfen , enthalten einen Zunder, der zur Flamme des allgemeinen Aufstandes auflodern fann. Ee ropres Eiend zu ‘denken vermag, als die Aufiôsung der ge elligen Ordnung, deren Schube sie den Genuß aller Güter ihres Le- bens verdanken, vereinigt nihts würksamer zur Vertheidigung, als ein Versuch, den Feuerbrand des Aufruhrs in ihre fried liche Heimat zu werfen. 2

Gestúst auf diese sittlihe Kraft, behutsam ohne Arg- wohn , friedlich ohne Furcht, möge das wirthliche Ufer auch j Pee ein Meer umgränzen, das sich nach dem Sturme nur

angsam abzustillen vermag. 5

Königliche Schauspiele.

_ Mittwoch, 15. Dez. Jm Opernhause, auf Befehl: Oberon, König der Elfen, romantische Feen - Oper in J Ab- theilungen, mit Ballets ; Musik von C. M. v. Weber. (Hr.

Ballotte, erster Tänzér des K. K. Theaters zu Mailand, wird hierin tanzen.) N

Preise der Pläße: Ein Plak in den Logen des ersten Ranges 1 Rthlr. 10 Sgr. 1c.

Donnerstag, 16. Dez. Im Schauspielhause: Philipp, Drama in 1- Aft, nah dem Französischen. Hierauf: Der Zeitgeist, Possenspiel in 4 Abtheilungen, von E. Raupach.

Königstädtisches Theater.

Mittwoch, 15. Dez. Zum erstenmale wiederholt : Sol- daten-Liebe, Liederspiel in 1 Aft, nah dem Französischen, bear- beitet von Fr. Genée. Vorher: Die Erbschaft, Schauspiel, in 1 Aft, von Koßebue. Zum Beschluß: Der junge Werther oder: Qualen eines gefühlvollen Herzens, Posse mit Ge- sang in 1 Aft.

Donnerstag, 16. Dez. Zauberspiel in 2 Akten.

Sonntag, 19. Dez. Zum erstenmale: “Das Kloster von Tonninugton, oder: Die Pensionairin, Melodrama in 3 Af- ten, nah dem Französi])chen des Vicror Ducange, frei bear- beitet von Fr. Genée.

Der Diamant des Geisterfönigs,

B ô-r 8 e. Dep 14. Dezember 41830.

Berliner

Amt]. Fonds- und Geld-Cours-Zettel. (Preufss. Cour.)

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.|Brief.| Geld.

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„Brief. Geid. 532 { 835 fVstpr. Pfandbrt. b 97 Ponmun. Pfandbrf. 1017 942 Kur- n.Neunu do, 101i T5¿ Schlesische do.| 4 | 83 TRkst. C.d.K.-u.N. 58

83 Z.-Sch.d.K.-u.N. 59

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Auswärtige Börsen.

London, 4. Dezember. 3proe, Cons. auf Rechnong 824. 3 Brasil. 575, 587. 583, Mexic. 353. Russ. 935.94. Span, 15.

Dün.

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Gedruckt bei A. W. Hayn.

Redacteur Foh n. Mitcedacteux E otte.

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Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

N 348.

Amtlihe Nachrichten. Kronik des Tages.

Des Königs Moa haben geruht, den Ober - Landes- gerihts- Assessor von chlebrügge zu Hamm zum Rath bei dem Ober - Landesgerichte zu Breslau zu etnennen.

Des Kduigs Majestät haben die erledigte Landrathsstelle des Trebniber Kreises, im Regierungs-Bezirk Breslan, dem Ae von Poser auf Pannewib zu verleihen geruht. -

Ahre Majestät die Königin und Jhre Königl. Hoheit die Prinzessin Friedrich der Niederlande find aus

dem Haag hier eingetroffen.

Zeitungs-Nachrichten.

A usland.,

Frankrei.

Pairs-Kammer. Die Sißung vom 7. Dez. er- öffnete der Marquis v. Malleville mit einem Berichte über den Geseß- Entwurf wegen der Zettel - Anschläger und dffentlichen Ausrufer, worin er auf die unveränderte Annahme dieses Entwurfes antrug. Die Berathung daruber sollte am folgenden Tage stattfinden. Der Graf v. Sussy, so-wie nach ihm eiv zweiter Pair, berichteten jodann über einige bei der Kammer eingegangene Bittschriften von keinem erheb- lichen Juteresse. Hierauf begann die Diskussion úber den Geseß-Entwurf wegen der Zeitungen und sonstigen periodischen Schriften. Man wird sich erinnern, daß der Herzog von Broglie als Berichterstatter in dieser Sache in der Sibung vom 3. Dezember (s. Nr. 344: d. St. Z.) darauf angetra- gen hatte, nicht blos die künftig von den Zeitungs-Schreibern zu bestellende Caution „“ soudern auch den Stempel und das Postporto für die Zeitungen zu ermäßigen. - Zugleich aber hatte er auch verlangt, daß hinführo der verantwortliche Ge- äftsführer einer Zeitung allein tger Eigenthümer der zu be- stellenden Caution seyn - sollte, Der See- Minister er- flárte jeßt , daß die Regierung auf den obigen Vorschlag we- gen Ermäßigung der Caution auf die in Antrag gebrachten Sábe eingehe , daß sie dagegen dieser lekteren estimmung nicht beipflichhten tônne. Nach dem Geseße vom Jahre 1819 hätten die Geschäftsführer nur den Besi des vier- ten Theils der zu leistenden Caution nachzuweisen ge- braucht; je6t schlage die Kommission vor, daß man von dem Geschäftsführer den Gesammt -Betrag der Caution ver- lange; das Ministerium könne den Nußen dieser Neuerung nicht wohl einsehen ; allerdings sey es nothwendig, daß der fúr die Redactiou verantwortliche Geschäfcsführer auch bei dem ganzen Unternehmen interessirt und mithin Eigenthümer eines Theils der Caution sey; weshalb er aber alleiniger Ei- genthúmer der Caution seyn solle, leuhte dem Ministerium nicht recht ein. Der Herzog v. Broglie erwiederte, daß er die Gründe, warum die-Kommission den Gesammt - Betrag

der Cautions-Summe von den Geschäftsführern verlange, in |

seinem Berichte ausführlich entwickelt habe; der Zweck der Cautionsstellung sey nämlich nicht blos, den Geschäftsführer einer Zeitung für die Geldbußen in Händen zu haben, zu de- nen er etwa bei einem Preßmißbrauche fondemuirt werden möchte, sondern zugleich dem Lande die Gewißheit zu gewäh- ren, daß diejenigen, die eine Zeitung schreiben oder vielinehr stiften, durch ihr Vermögen und ihre ganze gesellschastliche Stellung gewissermaßen" eine€ Bürgschaft für ihre sittliche und geistige Ausbilkung geben. Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet

Berlin, Donnerstag den - sten Dezember

1830.

sey das Princip der Cautionsstellung etwa dasselbe, was das Princip des Census von 300 Fr. fúr die Wähler und von 1000 Fr. für die Wählbaren sey. Der Herzog v. Montes bello theilte diese Ansicht vorzüglih aus dem Grunde nicht, weil es unter den gegenwärtigen Geschäftsführern Manchen geben möchte, der nicht im Stande wäre, die verlangte Cau- tion allein zu stellen, und dessen Existenz sonah aufs Spiel gesekt werden würde. Nach einigen Bemerkungen des See- Ministers in demselben Sinne trät der Herzog v. Broglie zum zweiten Male zur Behauptung der Ansichten der Kom- mission auf. Der Graf v. St. Aulaire vertheidigte die- selben , wogegen der See-Minister sich zum dritten Male der Aunahme derselben widerseßte. ach ihm ergriff der Herzog Deceazes das Wort und äußerte sih in dem Sinne des Herzogs v. Montebello; auch er war der Meinung, daß der Vorschlag der Kommission eine rückwirkende Kraft auf die bestehenden Journale habe; man könne von einem Ge- häftsführer nicht verlangen, daß, nachdem er bisher nur den vierten Theil der geseßlichen Caution mit 1500 Fr. entrich- tet, er plôblih die ganze Caution mit 2400 Fr. stelle; Der Reduer trug sonach darauf an, daß man fünftig nur die Hälfte der Cautions-Summe von dem Geschäftsführer verlange. Die Minister stimmten diesem Antrage bei. Als es indeß zur Abstimmung fam, wurde derselbe mit 58 gegen 40 Stimmen verworfen und der betreffende Artikel in der- seben Abïossung, wie die Kommission sie vorgeschlagen hatte, anger. aaen. Dieser Artikel lautet nunmehr also:

_ Art. 1. Wenn eine: Zeitung oder periodische Schrift dfter als zweimal in der Woche, es sey an bestimmten Ta- gen oder lieferungsweise und unre elmäßig, erscheint, so soll die zu leistende Caution 2400 r. Renten betragen. *) Sie soll drei Viertheilen dieses Sabes gleichkommen, wenn die Zeitung oder periodische Schrist nur 2mal wöchentlich herausfommt; der Hälfte, wenn das Blatt nur einmal wöcheutlih, und dem vierten Theile, sobald dasselbe nur einmal monatlih erscheint Die Caution für die- jenigen Tagesblätter , die in den Departements, mit Aus- nahme derer der Seine und der Seine und Oise, erscheinén, soll 800 Fr. Renten “*) in Städten von: 50,000 Seelen und darüber, 500 Fr. Renten ***) in den übrigen Städ- ten, und resp. die Hälfte dieser beiden Summen fär dieje- nigen Zeitungen. und periodischen Schriften betragen , die in minder furzen Zwischenräumen erscheinen. Der verants- wortliche Geschäftsführer der Zeitung muß den Gesammt- Betrag der Cautions- Summe eigenthümlich besißen. Giebt es zwei -oder drei verantwortliche Geschäftsführer, so muß ein Jeder derselden resp. die Hälfte oder den dritten Theil der Cautions- Summe ‘eigenthümlich besißen. Der Caus- tions - Betrag, der úber die obigen Säbe hinaus bereits enttichtet worden, soll zurücferstattet werden.“ ©

Der. Baron Mounier hatte noch einen Zusaß in- An- - trag gebracht, wonah den Geschäftsführern der bereits bes stehenden Zeitungen zur Erfüllung der in dem neuen Geseße aufgestellten Bedingungen eine 6 monatliche Frist bewilligt werden sollte. Auch dieser Antrag wurde angenommen, jedoch Behufs einer neuen Abfassung- zuvor noch einmal an die Kommission verwiesen. Die Fortsezung der Berathung wurde sodann auf den folgenden Tag verlegt.

Deputirten-Kammer. Die Sibung vom 7. De- zember begann mit einer sehr lebhaften Scene, wozu Herr Petou Anlaß gab. Dieser bestieg nämlich die Rednerbühne,

*) Sie Ie sich bisher guf 6000 Fr. Die Deputirten-Kam- mer hatte sie auf 3000 Fr. herabgeseßt. ref Die Deputirten-Kammer hatte iene Caution auf 1000 Fr. feslgesetßt. j - fi L Die Deputirten - Kalumer hatte sle auf 600 Fr. be- immt.