1830 / 348 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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um eine Aenderung in dem Protokolle der Sißung des vor- hergehenden Tages zu bewirken. Er behauptete, daß er an diesem Tage das Wort verlangt habe, um seine Meinung

über den ten Art, des Geseß-Entwurfes in Betreff der Aus-

hebung der 80,000 Mann abzugeben, daß dasselbe aber, statt ihm, dem Obersten Paixhans zuerkannt wordén sey, und daß, nachdem dieser gesprochen, man ihn nicht weiter habe hôren wollen ; ‘er fühle sich dadur bei seinem Rechte gekränkt und verlange, daß des Umstandes im Protokolle erwähnt werde. Die Bemerkung ciniger Deputirter, daß die Kammer berech- tigt sey, nach jedem einzelnen Vortrage die Berathung zu schließen, beruhigte Hrn. Petou keinesweges ; er erflárte viel- mehr wiederholt, daß er auf die Verzeihnung des Umstandes im Protokolle bestehen müsse, damir die Welt erfahre, daß seine Rechte verleßt worden seyen und=ein-ähnlicher Sfkan- dal im Schoße der Kammer sich nécht erneuere. Mehrere Stimmen verlangten hierauf, daß der Redner zur Ord- - nüng verwiesen werde, üúnd der Präsident machte ihm be- merfklich, daß, wenn Jemand ein öffentliches Aergerniß gebe, er (Hr. Petou) allein es sey; er verdiene, dieserhalb zur Ordnung verwiesen zu werden, und er ‘(der Präsident) verweise ihn auch dazu. Als Hr. Petou tobend und lärmend nach seinem Plaße zurückkehrte, rief ihm der Präsident zu: „Jch ersuche Sie, Hr. Petou, sich ruhiger und anständiger gegen die Karamer zu ‘benehmen !// Diese Ermahnung hin- derte aber Hrn. Petou nicht, noch mit lguter Stimme zu rufen: ¿Jch erkläre es ofen, daß die Rednerbühne der De- putirten -Kammer im Jahre 1824 freier als im Jahre 1830 war.‘ So’ {loß dieser Auftritt. Hr. Daunan t berich- tete sodann über dea Gesetz -Entwurf wegen Abschaffung der beisibenden Richter und Räthe und stimmte sür die Annahme desselben mit dem von der Pairs-Kammer in Antrag gebrach- ten Amendement, wonach die beistbenden Räthe nichr sofort abgeschafft , sondècn bis zu ihrer Beförderung, Abdankung oder ihrem Tode beibehalten werden sollen. Die Versamm- lung wollte sich am folgenden Tage mit diesem Gegenstande beschäftigen. Hierauf stattete'der Graf v. Möosbourg den Kommissions-Bericht über den (in Nr. 341. d. St.-Z, mit- getheilten) Geseß-Entwurf wegen Einzichung des gemeinsamen Indemniräts -Fonds und der Verwendung desselben zu den öffentlichen Ausgaben ab. Nachdem der Berichterstatter die im 1sten Artikel des Geselzes verfügte Einziehung jerie« Fonds als nothwendig und gerécht dargesteltt ‘hatte, kußerte ex sich über die zweite Forderung, dem Ministerium “eine Summe von gleichem Betrage vorschußweise zur Bestreitung der De- dürfnisse des Landes zu bewilligen, folgendermaßen: „„Die Art. 2,3 ‘und 4 des Geseß-Entwurfes haben dagegen Jhrer Kommission nicht ganz in der Ordnung geschienen, indem da- nach ‘fúr eine unbestimmte Zeit die zu dem Jndemniräte- Fonds bewilligten Renten und diejenigen, deren Einschreibung die Regierung zur Deckung der Staats - Ausgaben von uns verlangt, neben einander fortbestehen würden. Die etsteren föônnen nämlich nichr eher annullirt werden, als bis die allge- meine Liquidation der Emigranten - Entschädigungen beendigt ist und die restirende Summe sîch genau bestimmen läßr. Wenn dieser Rest zu außerordentlichen Staats - Bedürf- nissen verwendet werden. soll, wozu ihn alsdann an- nulliren? Viel einfacher ist es, wenn man ihn bloß überträgt, und dies ist der Vorschlag, den wir Jhnen hier- mit machen. Da indessen dieser Rest fich gegenwärtig noch nicht genau angeben läßt, so wünschen wir, daß Sie die Mi- nister vorläufig zur Uebertragurg ciner Summe von 3 Mil- lionen Renten autorisiren. Diese Renten-Summe repräsen- tirt ein Kapital von 100 Millionen und kommt fonach der- jenigen gleich; die der Minister sich als Rest nach dem Schlusse der Liquidation verspricht, die aber ohne Zweifel noch höher ausfallen wird, wenn man erwägt, daß von den noch nicht liquidirten Reclamationen die meisten ohne Zweifel bedeutende

Reductionen erleièèn rwoerden. Um endlich zu einem Abschlusse

zu fommen, trägt die Kommission zugleih darauf an, da# die ‘Regierung den 1. Juli 1831 als peremtorischen Termin für die Einreihung von Emigranten-Entschädigungs-Ansprü-. chen feststelle, Die Kommission hat übrigens die obigen Beschlússe nicht gefaßt, ohne sich zu sragen, ob es úbèr- haupt angemessen sey, dem “Ministerium einen außer- ordentlichen Kredit zu bewilligen, bevor uns dasselbe nicht eine Uebersicht" von den Ausgaben gegeben hat, wozu es denselben verwenden will. Zu jeder andern Zeit würde diese Betrach- tung uns beroogen haben, mit umern Vorschlägen Anstand zu nehmen; aber die loyalen Aeußerungen des“ Präsidenten des Minister-Raths über unsere politischen Verhältnisse zurn Auslande haben uns hinlänglich von der Nothwendigkeit über- zeugt, der Regierung die Mittel zur Bestreitung äußeror- dentlicher Ausgaben zu bewilligen. Wir glauben, daß es bei

der Lage der Umstände unerläßlich sey, dem Könige, unter der Verantwortlichkeit seiner Minister, die Sorge zu über- lassen, die der Regierung bewilligten Summen auf die zweck- mäßigste Weise zu verwenden. ir Alle wollen den Frieden, und das Ministerium ist fest úberzeugt, daß er nicht gebro-

chen werden wird; da indessen andere Staaten , die, nicht

minder friedlich als wir gesinnt sind, nichtsdestoweniger Zu- rüstungen machen, so muß Frankreich seinerseits ebenfalls auf Vertheidigungsmittel bedacht seyn. Ein gegenseitiges Mißtrauen kann hiernach dahin führen, daß mehrere Regierungen völlig unnüße ‘Anstrengungen machen und ihre Unterthanen ohne irgend eine gegründete Veranlassung belästigen: «Die Sache läßt sich indeß nicht ändern, und wir schlagen Jhnen daher vor, deu von den Ministern vorgelegten Geseß-Entwurf mit den obigen Ainendements“ anzunehmen.“ Die Versammlung beschloß hierauf nach einigen Erörterungen , daß die Bera- thungen über diesen Entwurf, bei der Dringllchkeit desselben, noch vor denen über die Orgaaisation der National - Garde, mithin am nächsten Donnerstag (9ten) beginnen sollten. Hr. Bernard stattete sodann einen dritten Bericht über den (in Nr. 342. der Staats-Zeitung mitgetheilten) Geseb- Entwurf wegen einer in der Zusammenseßung der Assisenhöfe zu bewirkenden Aenderung ab und trug auf mehrere wesent- liche Amendements in demselben an, die sich Un Laufe der Berathungen därüber näher ergeben werden. Nach ihrn bestieg Hr. v. Mörnay die Rednerbühne und entwickelte seine Proposiczon wegen Entschädigung derjenigen Einwoohner Frankreichs, die bei cinem etwanigen Kriege Verluste an ih- rem Eigenthum erleiden möchten, Die Kammer beschloß nah

einer unerheblichen Diskussion, diesen Antrag in Erwägung

zu ziehèn. Nachdem hierauf der Präsident ein Schrei- ben des Herzogs v. Crussol vorgelesen, worin dieser Depu- tirte des Gard, nachdem er seinem Vater in der Pairswürde gefolgt, seine Entlassung einreichte, statteten die Herren. v. Sade und Sappey zwei Bittschriften-Berichte ab, die in- dessen, bis auf einen über 72 ziemlich. gleihförmige Beschwer- de)crifien mehrerer Weinbergsbesiber und Weinhändler über die Getránf - Steuer ; die dem Finanz - Minister überwiesen wurden, für das Ausland von keinem Interesse sind.

Paris, 8. Dezember. Der König hielt gestern einen áAlstúndigen Minister-Rath und arbeitete dann mit den Mi-

* nístern des Krieges und des öffentlichen Unterrichts.

Der Moniteur enthält folgende Bemerkung: „„Die Tribune behauptet in ihrer heutigen Nummer, daß im Mis- nisterium Über die Frage des Krieges eine Spaltung bestehe. Sie geht in Details über diesen Gegenstand ein, die wir nicht wiederholen wollen ; wir sind aber ermächtigt, dieselben, so wie die Nachricht von ciner angeblichen Spaltung im Mi- a úber diese Frage, für vôllig ungegründet -zu er-

ren.“

Das nämliche Blatt wiederholt einige Artifel aus

der Revue vendéenne, einem ‘neuen in Bourbon- Vendée er-

scheinencen Blatte, welche ein erfreulihes Bild von dem jebigen Zustañde -der Vendée geben. Die“ National - Garde wird dort mit Thätigkeit organisirt und ist vom besten Geiste beseelt. Die Regierung ist ihrérseits bemüht, den Wohlstand dieser Provinz, wo die früheren Bürgerkriege tiefe Spuren zurückgelassen haben, durch Anlegung von Straßen und Con- cession von Steinkohlen - Minen, woran dieselbe sehr reich ist, au Privatleute zu befördern.

Die Gesellshaft des „„Bulletin universel‘/ hielt vore- gestern unter dem Vorsibe des Herzogs von Doudeauville eine Versammlung, in welcher Herr von Vatimesnil den ziveiten Theil eines von ihm verfaßten Berichts über den Zustand des öffentlihen Unterrichts in Franfkreih vorlas, welcher allgemeines Juteresse erregte. Dieser Bericht wird im Druck erscheinen. - N

Gestern Abend is! die Nachricht von dem Ableben des Papstes Pius VIU. hier eingegangen. Ra

Der JZustiz- Minister hat eine Kommission eruannt, die sich mit einer veränderten Organisation der Königl. Buch- druckerei beschäftigen soll, Dieses Jnstitut nimmt bis jeßt alle Drucksachen sür die Ministerien, so wie r E er” waltungs: Behörden in Paris und den Departements, in Be- schlag. Die Kommission besteht aus dem Deputirten Herr Daunou, als Prásiventen , dén Staatsräthen du Chatel und- Allent, den Deputirten Firmin Didot, Humann und Sal- verte, dem gewejenen Buchhändler Renouard dem Vater, und dem Buchdrucker Gratiot.

Der Semaphotre de Marseille enthält folgendes: Schreiben des General Cigusel aus dem R Aus dem Rúcken des Atlas vom 21. Nevember um i0- Uhr Abends: „Nach einem vierstündigen hartnäckigen Kampse hat die

nachdem ich diesen Barbaren gezeigt habe, was die Armee

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Expeditions-Armee den Uebergang über den-Atlas erzwungen ; der Kampf endete erst mit der Nacht. Jch stehe 4 Stunden weit von Medeah. Morgen früh werde ich einige Einwoh- ner, die an der Vertheidigung des Atlas Theil genommen haben, streng bestrafen, und mih Nachmittags der Stadt Medeah nähern, von- wo ih nah Algier zurückkehren werde,

gegen sie vermag.“ Demselben Blatt zufolge hat der General hierauf folgenden Tagesbefehl erlassen : „„Soldateu! Die Wachtfeuer Eurer Bivouacs , die auf den Gipseln des Atlas in diesem Augenblicke mit dem Sterneulichte zusam- menzufließen scheinen, verkünden Afrifa den Sieg, deu Jhr über seine fanatischen und barbarischen Vertheidiger davonge- tragen habt, so wie das Loos, das ihrer wartet. Ihr habt wie Riesen gekämpft, und der Sieg ist Euch geblieben. Sol- daten! ZJhr seyd vom Stamme der Tapfern und die wahren Nacheiferer der Krieger der Revolution und des Kaiserreichs. Empfanget die Beweise der Zufriedenheit, Achtung und Liebe Eures Ober-Befehlshabers. Clausel.‘

Der France meridionale zufolge hat die Stückgieße- rei zu Toulouse Befehl erhalten, im Laufe des nächsten Jah- res 150 Kanonen zu liefern. i ta

Das Kriegs-Ministerium soll eine neue Organisation ex- halten; drei General-Lieutenants, ein General-Jutendant und ein Requeten-Meister sollen die Chefs der ver|ciedenen Sec- tionen werden. i ; '

‘Jn der vorgestrigen Sißung der Akademie der Wissen- \chaften las der Freiherr Alexander v. Humboldt eine Ab- handlung úber das System der Gebirge und Vulkane des innern Asiens vor. : j

Der Verfasser der vor einigen Tagen im hiesigen Buch- handel erschienenen Hroschüre „Manuscrit trouyé aux Tui- leries’ ist der Graf Thieffries de Beauvois.

Aus Toulon schreibt man unterm 2ten d. M.: „Die Infantin Donna Anna von Portugal, Gemahlin des Marquis v. Loulé, wird von Paris hier erwartet, um sich auf der Fre- gatte „Herminie‘/, deren Befehl dem Schisss-Capitain Ville- neuve Bargemont anvertraut ist, zu ihrem Kaiserlichen Bru- der nah Brasilien zu begeben. Diese Fregatte wird, nach Ausschiffung der Prinzessin, mit den Briggs „„Alerte/‘/ und „„Griffon‘/ in der Súdsee stationiren.‘‘

“Eine am Zten d. in Bordeaux eingegangene telegraphi- he Depesche ermächtigt die dortigen General-Einnehmer, die Billets der Bank von Bordeaux füx baares Geld anzunehmen.

Straßburg, 9. Dez. Der General- Jnspektor der Universität von Frankreich, Herr Letronne, ist vorgestern hier eingetroffen und -der General - Lieutenant Brayer, Comman- deur der 5ten Militair-Division, heute früh nah Paris ab- gereist.

Nach stehendes ist der Bericht, den der Graf:von Bastard im Namen der mit der Jnstruction des ‘Prozesses gegen die an- geklagten Minister beauftragten Kommission *) in der Sißung des Pairs-Hofes vom 29. Nov. abgestattet hat :

Sp Ae U (0

Meine Herren! Junmitten der grdßten Ereignisse, deren Ge- vächtniß die Geschichte jemals bewahren kann, führt die Depu- tirten-Kammer in Ausübung eines ihrer. ersten Rechte die Rath-

eber der Krone vor den Pairs-Hof. Als Erbin der s{önsten rinnerungen, als Theilnehmerin an allem und jedem Ruhme des Vaterlandes, Ubt die Pairs-Kammer heutzutage in Frank- rei iene politische Gerichtsbarkeit, deren Nothwendigkeit alle Rationen begriffen. hahen. Zu allen Zeiten und bei allen Völkern gab es große Körperschaften, denen es zustand, auf die (Beseßge- dung einen bedeutenden Einfluß A und den freien Lauf der Gercchtigkeit, dieses erste Bedürfniß der Völker wie der Kd- nige, in seiner ganzen Ausdehnung zu sichern. Permanent im- al- ten Römischen Senate, beweglicher, aber nicht weniger absolut, im Tribunal der Amphiktyonen, in der Pairschaft Großbritaniens und in dem alten Pairs-Hofe Frankreichs auf ferde Hdhe. e- hend, findet diese doppelte Gewalt sih allenthalben wieder, siets leich hoch gestellt und in gleichem Grade geachtet. Zu allen Zeiten haben die Gesetzgeber erkannt, daß diese Vereinigung der Vollmachten in einer und derselben Körperschaft allein der Ge- sellschaft wie den Angeklagten bei jenen großen Prozessen, die nur von Fahrhunderten zu Jahrhunderten zum Vorschein kommen, und au die sich das Geschick der Nationen zu knüpfen scheint, alle Bürgschaften der Einsicht, dexr Macht, der Kraft und. des Muthes gewähren, deren Bedürfniß die Gerechtigkeit in solchen Fällen besonders lebhaft fühlt. Die Kammer der Pairs von Frankreich allein war durch ihren hohen Standpunkt in der Hierar- chie der Staatsgewalten , durch die Unabhängigkeit, welche thr cine bestimmte Existenz sichert, durch die Anzah! threr Mitglicder,

*) Dieselbe bestand aus dem Baron Pasquier, als Prâsïiden- ten, den Grafen v. Bastard und v». AariGesane “und oi Bas

ron Seguier.

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dur die Gewohnheit und Pflicht, sich alliährlich mit den größ- ten teil cs Landes zu: bc châftigeit, geeignet. den obebüein: Ger Manet Frankreichs zu bilden; sie allein konnte durch ihren politischen und gerichtlichen Charakter jene Justiz-Behörde- hô= - hern Ränges bilden, welche fähig is, die großen Prozesse“ zu begreifen und zu entscheiden, und zugleich dem Lande und den Angeflagten Zutrauen einsldßen. Sie allein hat die Macht und das Recht, sich von den engen Vorschriften des geschriebenen Ge- sehes zu befreien und nur die ewigen Gesehe. der Billigkeit und der Vernunft zu hôren, kein Verbrechen unbesirgft zu lassen, son- dern jedem die verdiente Strafe zuzuerkennen, den Forderungen dex Staatsgewalt zu widerstehen und sich audererseits eben so we- nig von den Parteten fortreißen zu lassen, kurz, nur das Wohl des Vaterlandes und das Jnteresse der Gerechtigkeit im Auge zu behalten, welcher die Natiôónen nie ungestraft untreu geworden sind. Dies is, meine Herren, in der Gegenwart wie in der Zu- funft Frankreichs die erhabene Rolle des Pairs« Hofes, von die- ser Ark isl sein dermaliger Auftrag. Der Pairs- Hof wird dem- selben treu bleiben, und jedes seiner Mitglieder wird sich zur Höhe seinex Functionen zu erheben wissen. Je wichtiger aber die leßte- ren und je sirenger- die Verpflichtungen sind, welche sie aufe-le- gen, desto mehr empfindet das Gewissen des rechtlichen Mannes das Bedúrsniß, durch das Gefühl seiner Pflicht gestärkt zu werden. Mit erhöhtem Eifer forscht er dann der Wahrheit nach; er fühlt die Rothwendigkeit, Alles, die geheimsten Gedanken, die verborgen- fien Beweggründe, die leisesten Zögerungen fennen zu lernen , er wünscht, Alles zu erwägen; er möchte bis in die innerste Seele der Menschen dringen, in ihrem Gewissen lesen und auf diese Weise üver die großen Fragen, die ex als Richter und Staats- maun zu entscheiden berufen is, eine so genaue Kenntniß erlan- gen, daß ex niemals Gewissensbissen oder der Reue kuMejedi wav den fônne. Wie groß auch die Anstrengungen der Kömmission gewesen scyn mögen, unsere Arbeit wird dieses so wünschenswer- the Ziel nur unvollkommen erreichen können. Wir haben wenig- stens nichts verabsäumt , um dahin zu gelangen und uns die Auf- chlüsse zu verschaffen, welche die Fnitruction uns gewähren konnte und wollen Jhnen nunmehr das Resultat der Prüfung, welche wir unternommen, #9 wie die Betrachtungen mittheilen, zu de- nen uns jede der Fhnen vorzulegenden Fragen veranlaßt hat. Schon mehrmals, so wußte man, waren unter der Verwal- tung, welche der des Fürsten von Polignac voranging, Versuche gentacht worden, um ihn gn die Spiße der Staatsgeschäfte zu bringen. Diese Pläne verwirälichten sich endlich, und jene Ver- waltung, deren Loyalität wir die vollständige Befreiung der Presse und die Unverfälschtheit der Wahlen verdanken , wurde am 8. August 1829 durch: eine andere erseßt. Jeder von Ihnen, m. H., erinnert sîch des schmerzlichen Eindrucks, den diese Veränderung

guf ganz Frankreich hervorbrachte, so wie der Besorgnisse für die

Zukunfk, womit es durh die Wahl der neuen Rathgeber der Keone erfüllt wurde. Welchen Antheil nahm der gnertannte Chef des neuen Kabinets an der Bildung desselben? Herr von Polignac versichert, daß er, seit langer Zeit vom Boden Frank- reichs entfernt und ïaum von einem shweren Krankenlager er- standen, der ersten Zusammenseßung des Conseils fremd geblieben sey und fich auf die Bitte beschränkt habe, daß man ihm die Herren von Montbel und von Courvoister als Kollegen beigebe. Gleich von vorn herein müssen wir, m. H., bekennen, daß die Wahl der lehteren Minister, so wie die des Herrn von Chabrol, voraussehen ließ, daß dieses unter so unruhigen Auspi- cien gebildete Ministerium gleich bei seinen ersten Schritten und hei icedem gewaltsamen Entschlusse auf Hindernisse stoßen würde. Auch konnte es in der That nicht Úber ein gemeinsames Symbol eins werden, welches das politische Gewissen aller sciner Mitglie- der gebunden hätte. Es theilte sich bald, und nach dem Aus scheiden des Grafen von la Bourdonnaye wurde der Fürst von Polignac Präsident des Minister - Raths. Welches waren aber in dieser ex{en Periode seiner- Existenz die Pläne des Ministe- riums gewesen? Hatte man gleich von Anfang: an den Plan ge- faßt, unsere Freiheiten zu - beeinträchtigen , und wurde die Aus- führung desselven nux durch die einsihtsvolle Opposition einiger Mitglieder des Conseils ver baer, die ein solches Attentat zurüÜck- wiesen? Kein Umstand in den Prozeß Akten berechtigt zu dieser Vermuthung. Um diese Zeit wurde der Graf von Guernon- Ranville mit dem Portefeuille des dentlichen Unterrichts beauf tragt Seiner Aussage zufolge glaubte er, vor der Annahme desselben dem Fürsten von Polignac anzeigen zu müssen, daß die Charte (wir wiederholen hier seine eigenen Worte) scin politisches ErrEA te lium sey, daß feine Vernunft wie seine Gens an den verfa

sungsmäßigen Grundsäßen festhalte, an deren Erhaltung das Wohl Frankreichs geknüpft sey. Dieses Glaubensbekenntniß war keines-

| weges ein Hinderniß gegen seinen Eintritt ins Ministerium. Fnzwi-

chen verlangten die Fournale, die man dem Ministerium und insbe- sonderedem Präsidenten des Minister-Raths ergeben glaubte, laut die gewaltsamsien Maaßregeln und bemühten sich, dic Regierung aufdie gefahrvolle Bahn der Staatsstreiche fortzureißen. Wenn diese Blätter nicht die Organe des ganzen Ministeriums waren, so warett sie wenig- stens die Organe derjenigen Partei, welcher, wie man glaubte, die einfluÿreichste Fraction des Kabinets angehörte. Auch that man nichts, um zu beweisen, daß man diese verbrecherischen Cinflüste- rungen zurückweise, und gans France mußte mit Grund glau- ben, daß man die entschiedensien Pläne zum Umsturze der este- henden Ordnung gefaßt habe. Wenn diese Plâne auch nicht im Conseil erörtert wurden, so beschäftigten sie doch dergestalt die Gemüther, und man kündigte sie mit solcher Bestimmtheit an